Czytaj książkę: «Versiegelte Unterwelt»
Heinrich und Ingrid Kusch
VERSIEGELTE
UNTERWELT
Das Geheimnis der
Jahrtausende alten Gänge …
V. F. SAMMLER
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Abbildungsverzeichnis: Abb. 30 (Seite 36) und Abb. 145 (Seite 118) Bildautor unbekannt (mit freundlicher Genehmigung der Familien Schweighofer / Pongrazen und Wanke / Graz); Abb. 133 (Seite 108) Dr. Johannes Riegl / Horn; Abb. 200 (Seite 160) Archiv Bad Pirawath / NÖ; Abb. 206 (Seite 167), Abb. 215 und Abb. 216 (Seite 174) Dr. Arbeo Scherer-Ottenfels / Klosterneuburg; Abb. 109 (Seite 88) Christa Kainer / Pöllau; alle übrigen Fotos stammen von Mag. Dr. Heinrich und Ingrid Kusch / Graz.
Grafiken: Abb. 7 (Seite 18) aus Pfarrchronik 1883, Kaindorf; Abb. 8 (Seite 18), Abb. 12 (Seite 21), Abb. 14 (Seite 23), Abb. 27 (Seite 34), Abb. 28 (Seite 35), Abb. 43 (Seite 43), Abb. 86 (Seite 75) Mag. Dr. Heinrich Kusch / Graz; Abb. 65 und 66 (Seite 55) sowie Abb. 67 und 68 (Seite 56) DI Dr. Paulo Jorge Mendes Cerveira / Eisenstadt; Abb. 87 (Seite 75), Abb. 118 (Seite 96), Abb. 141 (Seite 112) Prof. Peter Holl / Graz; Abb. 112 (Seite 91) aus Globus (1902); Abb. 134 (Seite 109) Dr. Johannes Riegl / Horn; Abb. 147 (Seite 119) BSc Sascha Speil / Graz; Abb. 205 (Seite 166) Archiv Bad Pirawath / NÖ; Abb. 204 (Seite 165) Fritz Messner / Feldkirchen und Abb. 229 (Seite 187) Monika Messner / Feldkirchen.
Umschlagfoto Vorderseite: Innenansicht der Felskammer in der Franzosenhöhle bei Miesenbach und Kopie einer alten Abschrift aus dem Jahre 1580 aus Klosterneuburg.
Umschlagfoto Rückseite: Lochstein in der Gemeinde Riegersberg und unterirdische Anlage bei Stubenberg.
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ISBN: 978-3-85365-272-5
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© Copyright by V. F. SAMMLER, Graz, 2. Auflage 2020
Druck und Bindung: Livonia Print SIA, Lettland
INHALT
Einleitung
Kapitel 1:
Dogma – Versiegelte Unterwelt
Kapitel 2:
Zum vermutlichen Alter der aus Trockenmauern errichteten unterirdischen Anlagen
Kapitel 3:
Gab es nacheiszeitliche unterirdische Bergsiedlungen?
Kapitel 4:
Die prähistorischen Steinsetzungen in der Oststeiermark
Kapitel 5:
Neue Forschungsergebnisse aus dem Augustiner Chorherrenstift Vorau
Kapitel 6:
Déjà-vu beim Augustiner Chorherrenstift Klosterneuburg
Anhang
Weiterführende Literatur
Danksagung
Ortsregister
„Es besteht wohl kein Zweifel, dass in Steiermark eine grössere Anzahl solcher Höhlen (= Erdstall, Anm. des Verfassers) existirt.
Viele davon dürften wegen ihres gänzlichen Verfalles der Forschung entzogen, viele hingegen noch zugänglich sein, und sind bisher nur deshalb wenig beachtet worden, weil man in der Beurtheilung ihres Alters und Zweckes auf falscher Fährte war.
Es würde der vaterländischen Geschichtsforschung ein grosser Dienst erwiesen, wollte man das Vorkommen solcher Erdbauten zur öffentlichen Kenntnis bringen; denn jede neue Entdeckung und Untersuchung ist ein Baustein, der zur Vollendung des geistigen Gebäudes, welches über diese geheimnisvollen Räume endgültigen Aufschluss gibt, beiträgt.”
Ludwig STAMPFER (1887), Stadtpfarrkaplan von Hartberg
EINLEITUNG
Bevor wir zur eigentlichen Einleitung dieses Buches kommen, möchten wir uns bei den vielen Tausenden Lesern unseres Sachbildbandes „Tore zur Unterwelt“ bedanken, dass sie sich sowohl für dieses außergewöhnliche Thema als auch für unsere Forschungen interessiert haben. Sie sorgten dafür, dass das Buch nach nur drei Wochen nach seinem Erscheinen in den vordersten Rängen (zweiter und dritter Platz) der Bestsellerlisten präsent war. Wir waren vom internationalen medialen Echo auf unser Buch sehr überrascht, denn wir hatten ja nur ein eng begrenztes lokales Gebiet der Steiermark mit seinen archäologisch interessanten Steinsetzungen und unterirdischen Anlagen behandelt und dabei erstmals aufgezeigt, welches Potenzial die weitere Erforschung und Bearbeitung dieser in Vergessenheit geratenen Objekte vielleicht haben könnte. Die archäologischen Fundstätten waren ja seit Jahrtausenden vorhanden, aber der Fachwelt nicht bekannt, sieht man von einigen wenigen Einzelpersonen ab. Wir erhielten in der Folge viele Rückmeldungen aus der Schweiz, Türkei, Russland, Rumänien, Bosnien, Deutschland, Italien, Frankreich, England, Schottland, Irland und den USA, wo es ähnliche Kulturdenkmale gibt und deren Ursprung ebenso ungeklärt ist wie von jenen, die wir in unserem Buch aufgezeigt haben. Viele in- und ausländische Rundfunk- und Fernsehanstalten berichteten über unsere Forschungen und das Thema des Buches wurde gleich viermal verfilmt. Wir waren überrascht von den vielen Hunderten positiven Rückmeldungen (Briefe, E-Mails, Anrufe usw.), die uns neue Informationen lieferten und zu diesem Zeitpunkt unbekannte unterirdische Objekte beschrieben, die wir dann in der Folge auch untersuchten. Viele interessante Anregungen, was unsere Forschungen betraf, haben wir ebenfalls von Kollegen und vielen bis dahin uns unbekannten Personen erhalten. Erfreut waren wir auch von den über 500 positiv verfassten Rezensionen des Buches. Natürlich gab es auch, wie nicht anders zu erwarten war, tendenziös verleumderische Kritiken von Einzelpersonen, die, obwohl sie nie zuvor in der Steiermark Forschungen durchgeführt hatten und die Gebiete bzw. Objekte auch persönlich nicht kannten, unsere Arbeit sofort verurteilten.
Wir stützen unsere heutigen Erkenntnisse und Auswertungen auf ein Wissen, das wir in unserer jahrzehntelangen Praxis bei Forschungs- und Ausgrabungstätigkeit im In- und Ausland erworben haben, und lassen auch die weltweit vorliegenden neuesten wissenschaftlichen Forschungsergebnisse aktuell einfließen. Damit ist jenes Wissen gemeint, das uns heute global nicht nur im Internet (?), sondern vor allem in publizierter Form vorliegt und auf dem wir systematisch aufbauen konnten. Meist hat man früher neue Forschungsergebnisse so interpretiert, dass man sie an die bestehenden Theorien angepasst hat. Im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen darf es keine wie auch immer ausgeformten Einschränkungen geben, denn dann würde die Forschung stagnieren und man würde auch zu keinen neuen Resultaten gelangen. Sehen wir uns einmal das letzte Jahrhundert an: Hätte man ständig Neuforschungen egal in welche Richtung blockiert, gäbe es heute keine technischen Wirtschaftszweige, keine Pharma-, keine Auto- oder Elektroindustrie, keine Flugzeuge, keine Handys und vieles andere mehr. Die meisten Grundlagen von bedeutenden Entdeckungen, egal in welchem Bereich der Wissenschaft auch immer, entsprangen dem Zufall und vor allem der offenen bzw. freien Denkweise der Forscher bzw. Wissenschaftler und daran wird sich auch in Zukunft wenig ändern. Uns geht es bei unseren Forschungen ausschließlich um den geschichtlichen Hintergrund und hier vor allem um die Wurzeln bzw. den Beginn der kulturellen Leistungen der Menschen in unserer Heimat und um die Frage, wer wann und zu welchem Zweck die unterirdischen Anlagen, dazu zählen auch die Erdställe, das erste Mal aus dem Gestein bzw. Untergrund gehauen hat. Dies lässt sich natürlich nicht in einem kurzem Zeitraum klären, aber es besteht die Möglichkeit, wie in einem Puzzle auffällige Einzelteile herauszusuchen, zu prüfen und richtig aneinanderzufügen, um letztendlich irgendwann in Zukunft ein klares Gesamtbild zu bekommen.
Seit dem Erscheinen des ersten Buches waren wir in den letzten fünf Jahren jede Woche oft mehrmals im Gelände unterwegs, um unsere Kenntnisse von unserer Heimat und der Vergangenheit zu erweitern. Wir wurden nicht enttäuscht. Es gelang uns in weit über 1.000 Arbeitstagen und Forschungseinsätzen in der Oststeiermark, viele Hundert neue archäologische Fundplätze wiederzuentdecken. Durch unsere Feldforschung kennen wir heute mehr als 750 unterirdische Anlagen und über 400 Menhire und Lochsteine allein im oststeirischen Raum (Forschungsstand 2014). Vor allem mit der Unterstützung von Hunderten einheimischen Grundstücksbesitzern, Forstleuten, Jägern, Wanderern, interessierten Einzelpersonen, vielen aufgeschlossenen Mitarbeitern, Studenten, Kollegen, Universitätsprofessoren und Experten aus spezifischen Universitätsinstituten gelang es uns, einen kleinen Anteil an unserer steirisch-österreichischen und somit der mitteleuropäischen Vor- und Frühgeschichte weiter zu erhellen und unsere vorerst vermuteten Annahmen aus dem Sachbildband „Tore zur Unterwelt“ teilweise zu bestätigen. Die Ergebnisse übertrafen alles, was wir uns erwartet hatten. Jedoch sind noch viele Fragen, die wir uns damals stellten, unbeantwortet geblieben und es sind wieder eine große Menge neuer Fragen aufgetaucht. Aber dies war nicht anders zu erwarten, denn unserer Meinung nach gibt es hier noch viel mehr zu erforschen und zu entdecken, als allgemein angenommen. Wir bringen mit dieser Dokumentation, symbolisch gesehen, nur die Spitze eines überaus hohen Eisberges an die Öffentlichkeit, der Rest liegt im wahrsten Sinne des Wortes derzeit noch unberührt und geschützt tief unter der Erde! Natürlich galt es für uns auch, die eine oder andere zeitliche und finanzielle Hürde zu überwinden, aber die Forschungsergebnisse nahmen kontinuierlich zu und die zigtausenden Daten ergaben letztendlich ein derzeit vorläufiges Geschichtsbild, das für die steirische Vor- und Frühgeschichte eine völlig neue Grundbasis aufzeigt und jetzt von uns, unserem Team und bekannten steirischen und ausländischen Wissenschaftlern weiterführend im Detail untersucht wird.
Das Spannende an der Forschung ist, dass wir im Rahmen unserer Untersuchungen durch die Informationen von Einheimischen ständig auf neue unterirdische Anlagen stoßen, deren Zugänge aber in den meisten Fällen durch die Natur oder durch den Menschen selbst wieder verschlossen wurden. Besonders interessant war für uns im Herbst des Jahres 2012 die Wiederentdeckung von prähistorischen unterirdischen Siedlungsspuren auf insgesamt 10 Berghängen rund um Vorau, die bis zu diesem Zeitpunkt der Bevölkerung und auch der heimischen Wissenschaft unbekannt waren. Mittels TCN-Datierung belegt, sind vermutlich vor über 10.000 Jahren an den Berghängen mit großem Aufwand Schutzräume von Menschen der Nacheiszeit errichtet worden. Es könnte sich hier, wie bereits im Buch „Tore zur Unterwelt“ angekündigt, um eine megalithische Kultur handeln, die im mitteleuropäischen Raum in den nacheiszeitlichen Epochen vor rund 10.400 bis etwa 14.000 Jahren vor heute vielleicht angesiedelt und präsent war. Speziell in diesem Fall bekamen wir gezielte Informationen von der einheimischen Bevölkerung, die uns letztlich zu den richtigen Erkenntnissen verhalfen. Gewundert haben wir uns schon seit Jahren, dass es, bis auf wenige Ausnahmen, wie Terrassen, Einebnungen an Berghängen usw., keine Hinweise auf prähistorische Siedlungsplätze gab. Wir kannten nur die Streufunde aus jungsteinzeitlichen Epochen, die von der Bevölkerung hin und wieder gemacht wurden. Umso überraschter waren wir, als wir erkennen mussten, dass wir diese Plätze ständig vor unseren Augen hatten, wir sie hundertfach wahrgenommen und auch manchmal fotografiert hatten, aber die Wahrheit einfach nicht erkennen konnten, weil diese wohlbehütet tief unter der Erde lag. Vermutet hatten wir unterirdische Siedlungen schon länger, wir haben dies ja in unserem ersten Bildband im Text angedeutet und die relativ große Anzahl an künstlichen unterirdischen Anlagen lieferte ja schon Hinweise auf diese Möglichkeit, aber wir mussten, wie man so schön sagt, erst mit der Nase darauf gestoßen werden, um die Tatsachen auch zu erkennen.
Gerade in der wissenschaftlichen Feldforschung sind es oft der Zufall und die Erfahrung des Sachbearbeiters, welche eine große Rolle spielen. Meist sind es nur Kleinigkeiten, die die Aufmerksamkeit des Forschers erregen und ihn auf eine neue Spur führen. Wir hatten das Glück, dass wir in den letzten 40 Jahren in Mittelamerika, Europa, Asien und Afrika weit über 4.000 künstliche unterirdische Anlagen, wie beispielsweise Bergwerke, Grabkammern, Tempelkomplexe und Gänge aus allen Kulturepochen, untersuchen und studieren konnten, um uns auf diese Weise genug Erfahrungswerte anzueignen, was die frühe jahrtausendealte Bearbeitung von Felsgestein und dessen Erscheinungsbild betraf. Dadurch waren wir auch sofort in der Lage, die unterschiedlichen Bearbeitungsoder Werkzeugspuren, die wir an den Wänden in den Kammern und Gängen der unterirdischen Anlagen bei Vorau fanden, erstmals vorsichtig zu deuten. Das Interessante daran war, dass die ältesten Werkzeugspuren offensichtlich diejenigen waren, die sich durch eine sehr hohe Präzision in der Arbeitsweise und – art auszeichneten. Das Problem für uns war aber die zeitliche Zuteilung, die wir bis jetzt nur mit „Unbekannte Zeitstellung“ umschreiben konnten. Wir wussten zwar, dass diese Spuren aus dem prähistorischen Zeitraum stammten, weil andernorts Tausende solcher unterirdischen Objekte, durch Funde belegt, manchmal ein Mindestalter von über 7.000 Jahren aufwiesen und auf die gleiche oder ähnliche Art gefertigt worden waren. Wir konnten aber damals, vor rund 5 Jahren, unsere unterirdischen Anlagen nicht eindeutig einer Zeitepoche zuweisen sondern nur Vermutungen zum Alter äußern, in unserem Fall war es die Bronze- und Jungsteinzeit. Dies scheint nun überholt zu sein und wir können, durch Datierungen belegt, vorläufig ältere Richtwerte für einzelne Objekte angeben.
Und was uns persönlich am meisten freut, ist, dass wir durch unsere Arbeit und dieses Buch unserer Heimat und auch der Wissenschaft einen möglicherweise sehr weit zurückreichenden Geschichtsabschnitt von Mitteleuropa übergeben können, den es allerdings noch im Detail aufzuarbeiten und zu erforschen gilt. Wir möchten auf alle Fälle durch die zahlreichen Informationen, die wir von der Bevölkerung und speziell im letzten Jahr von kirchlicher Seite her bekommen haben, die schier unglaubliche Unterwelt der Nordost- und Oststeiermark weiter erforschen und mit neuen Datierungsserien das vorläufig ermittelte Alter stützen oder bei Bedarf korrigieren.
Mag. Dr. phil. Heinrich Kusch und Ingrid Kusch
September 2014
Kapitel 1
Dogma – Versiegelte Unterwelt
Ansicht des Streblganges in Puchegg.
Als wir 2009 begannen, unsere wissenschaftlichen Untersuchungen zu intensivieren und auf Grund von Hunderten von Zuschriften aus dem In- und Ausland, Telefonaten und E-Mails jährlich bis zu 160-mal im Gelände Feldforschung (archäologische Prospektion, Abb. 173) zu betreiben, ahnten wir noch nicht, was auf uns zukommen würde. Die Unterstützung der einheimischen Bevölkerung, von interessierten Personen, Wissenschaftlern, Universitäten, den Augustiner Chorherren und Firmen war einfach einzigartig. (Abb. 1–3) Wir gingen jedem einzelnen Hinweis nach und gelangten auf diese Weise im Rahmen unserer Forschungen zu Ergebnissen, die grenzübergreifend auch international von Bedeutung sind. Zur Erinnerung für jene, die unseren ersten Sachbildband „Tore zur Unterwelt“ noch nicht kennen, wollen wir hier noch einmal kurz gerafft den Inhalt zusammenfassen.
In unserer Heimat, und hier speziell im oststeirischen Bereich, war bisher kaum etwas über künstliche unterirdische Anlagen bekannt, sieht man von einigen Bergwerken und wenigen Erdstallanlagen ab. Durch Zufall stießen wir auf eine Fotokopie einer Abzeichnung (Kopie) einer offensichtlich schon älteren Karte, die um 1976 beim Entfernen der alten Dachkonstruktion eines alten Gehöfts nahe Vorau im Inneren eines neuzeitlichen Hohlbodengeschosses gefunden wurde. Wir fanden die Originalkopie erst Monate später durch Zufall in der Bibliothek des Augustiner Chorherrenstiftes Vorau wieder und ließen sie danach im Steiermärkischen Landesarchiv untersuchen und in der Steiermärkischen Landesbibliothek restaurieren. Wir konnten mit Ausnahme des ursprünglichen Alters des Originals und dessen Verbleib alles über diese Karte in Erfahrung bringen, was notwendig war, um diesen alten Lageplan auch richtig beurteilen zu können. Auf dieser Kopie war im vorigen Jahrhundert durch einen Schüler, den Sohn des Besitzers, mit einem Tintenblei noch ein Wort hinzugefügt und einzelne Striche nachgezogen worden. Auch stand neben einer Signatur, die einen Strich darstellte, das Wort „Gang“ als Erklärung. Wie schon gesagt, es war eine Abzeichnung bzw. Kopie eines älteren, uns bis heute nicht zugänglichen Originalplanes, der sich ursprünglich und auch wohl heute noch im Stift befinden müsste. Denn wie wir in der Zwischenzeit erfahren hatten, wurden solche Pläne, die „Fundamental- und Grundlinien“, also unterirdische Verbindungen, anzeigten, ausschließlich in kirchlichem Besitz aufbewahrt, darüber gibt es heute noch Dokumente. Offensichtlich handelte es sich um einen Lageplan aus dem 15. bzw. 16. Jahrhundert, der laut der Legende unterirdische Verbindungen anzeigte. Es wäre gut möglich, dass diese Skizze aus einem Buch stammte, das über die unterirdischen Anlagen unter dem Stift berichtete. Denn es soll tatsächlich in der einstigen Propstbibliothek von Vorau eine fast DIN-A4 große gebundene Handschrift über die von uns vermuteten und durch mehrere Zeitzeugen teilbelegten unterirdischen Gänge unter dem Stift gegeben haben. Dieses Buch zeigte der vorletzte Propst Gilbert Prenner (Amtszeit 1953–1970) einem ihm gut bekannten Zeitzeugen, der heute noch lebt und der uns dieses Dokument beschrieben hat. Es scheint aber nach Auflösung der Propstbibliothek im vorigen Jahrhundert offensichtlich nicht mehr vorhanden bzw. zugänglich zu sein. Unsere Suche danach blieb bis heute trotz Unterstützung des derzeitigen Propstes Herrn Mag. Gerhard Rechberger bedauerlicherweise ohne Erfolg.
Abb. 1 Gespräch mit Frau Josefine Almer aus Kleinmirthof (Piregg), die im Keller unter ihrem Haus eine sekundär überbaute unterirdische Anlage besitzt. Sie erklärt gerade, wie die Anlage aussah, die drei Fortsetzungen besaß und 1978 zugeschüttet wurde. In Nischen standen mit Lehm überzogene Figurinen, was auf periodische Überflutungen hinweist.
Diese rätselhafte Plankopie war für uns ausschlaggebend, dass wir in Vorau und Umgebung zu suchen begannen, und wir konnten hierdurch gleich neun Zugänge bzw. zerstörte Erdstallfragmente und längere bereits verfüllte Gangteile ausfindig machen. (Abb. 4 und 5) Nun würde dieser Plan ziemlich isoliert dastehen, wenn wir nicht wieder durch Zufall in den letzten Jahren auf zwei weitere solcher Pläne, die unterirdische Verbindungen dokumentieren, gestoßen wären, die allerdings nicht im Stift Vorau archiviert sind, sondern sich im Besitz des Augustiner Chorherrenstiftes von Klosterneuburg befinden. Die beiden Karten sollen mittelalterliche bzw. neuzeitliche Kopien von – der Kirche wohl gut bekannten – älteren Karten sein und die bereits erwähnten unterirdischen „Grund- bzw. Fundamentallinien“ anzeigen, was direkt, wie uns erklärt wurde, mit den so genannten „Schratteln“ – dies ist die mittelalterliche Bezeichnung der Kirche für die kurzen Erdställe und langen unterirdischen Gangpassagen – zu tun hat. Wir werden später noch im Detail darauf zurückkommen. Also existieren derzeit bereits drei solcher Landkarten, die vermutlich aus dem Mittelalter oder aus dem 15. und 16. Jahrhundert, also der Neuzeit, stammen und mit unterirdischen Gängen bzw. Verbindungslinien zwischen den damals bekannten Erdstallplätzen, über denen in dieser Zeit Kirchen, Klöster, Burgen und Häuser errichtet worden sind, übereinstimmen. Allerdings soll noch mindestens eine weitere große „Erdstallkarte“ vom gesamten mitteleuropäischen Raum existieren, wie uns vom ehemaligen Archivar des Chorherrenstiftes Klosterneuburg mitgeteilt wurde. Die uns derzeit bekannten regional begrenzten drei Kartenabschnitte sollen laut diesem renommierten Kirchenvertreter nur Auszüge aus dieser größeren Karte sein.
Abb. 2 Eine Originalaufnahme aus dieser bei Piregg befindlichen Anlage, die in den 1970er-Jahren offen war und heute nicht mehr zugänglich ist.
Abb. 3 Herr Gottfried Wagner zeigt uns die Stelle am Ringkogel, wo vor Jahrzehnten ein unterirdischer Gang auf dem Grundstück der Familie Ferstl eingebrochen ist. Dieser war über 50 m weit mit einer Verzweigung offen begehbar, aber von seinem Vater am nächsten Tag wieder verfüllt worden. Der Felsgang wurde von Herrn Wagner bis zu einem Schlupf begangen. Allein auf diesem Grundstück gibt es vier unterirdische Objekte, davon drei Einbrüche in Gänge und ein offener Schacht.
Abb. 4 Herr Johann Albert, der Besitzer eines Gasthofes in Strallegg, steht genau an jener Stelle, wo man vor Jahrzehnten beim Hauszubau mit einer Schubraupe in 3 Metern Tiefe in einen Gang eingebrochen war. Er erklärt und demonstriert, wie er, gebückt in Richtung Pfarrhof, dieses 1,5 m hohe und 0,7 m breite offene Gangstück begangen hat.
Abb. 5 Der rote Pfeil kennzeichnet die Stelle, an der sich einst die Öffnung zu einem sehr langen Gang befand. Die Stelle in der Mauer ist durch den Austritt der Feuchtigkeit, die aus der unterirdischen Anlage kommt, verschimmelt. Herr Adolf Fleck in Zeil bei Pöllau hat diesen langen Gang selbst untersucht. Er war früher Bergmann in der Schweiz und kennt sich daher mit Stollen gut aus.
Was uns bei unseren jahrelangen Untersuchungen sofort aufgefallen ist, war die Tatsache, dass speziell mit Ende des 19. Jahrhunderts verschiedene Vertreter der Kirche in der Erdstallforschung stark präsent waren. Dies wäre ja nicht weiter auffallend, weil gerade der Klerus aus hochgebildeten Menschen bestand bzw. heute noch besteht, die sich ständig weiterbilden und von denen einige über ein erstaunliches weltliches Interesse und Wissensspektrum verfügen. Bei uns in der Steiermark war es Ludwig Stampfer, der ehemalige Stadtkaplan von Hartberg/Kaindorf, der um 1880 in der Umgebung von Kaindorf einen Erdstall, die Frauenhöhle bei Hinterbühel, vorsichtig freilegen ließ und seine Arbeit auch zukunftsorientiert mit einem Höhlenplan und detaillierten Beschreibungen auch von anderen unterirdischen Anlagen dokumentierte. (Abb. 6) Seine vor über 120 Jahren gezeichnete Planskizze gab den Verlauf der unterirdischen Anlage ziemlich gut wieder, wie der Vergleich mit einer modernen Vermessung zeigt. (Abb. 7 und 8) Die gesamte Erdstallanlage war damals über 100 m lang, beträgt heute allerdings nur mehr 90 m, weil man in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts im vorderen Eingangsbereich der Anlage die verfestigten sandigen Ablagerungen für einen Hausbau abbaute und so den ursprünglichen Zugangsbereich, der einst vom heute noch davor verlaufenden Hohlweg wegführte, abgrub und somit zerstörte. Die Anlage hatte früher, wie auf dem Plan von Stampfer unschwer zu erkennen ist, drei Rundgänge, davon sind heute nur noch zwei erhalten. Ursprünglich waren fast alle Gänge der Höhle stellenweise bis zur Decke mit feinen Sanden verfüllt, die durch die Ausgräber im 19. Jahrhundert vorsichtig herausgeholt worden waren. Durchschnittlich waren diese eingeschwemmten Ablagerungen 0,5 bis 1 m hoch. Allein diese Verfüllungen deuten schon auf ein hohes Alter der Anlage hin. Die ältesten Inschriften in diesem Erdstall stammen laut Ludwig Stampfer aus dem 15. und 17. Jahrhundert, wobei nur die letztere mit der Jahreszahl 1685 im vorigen Jahrhundert noch gut lesbar war. Sie wurde von Unbekannten in den letzten Jahren entweder absichtlich oder unabsichtlich zerstört. Die meisten Inschriften, die sich heute noch in der Frauenhöhle befinden, wurden erst nach der Freilegung der Höhle an den Wänden angebracht, denn sie alle stammen aus der späten zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und sind damit nur maximal 130 Jahre alt, also relativ jung! (Abb. 9) Auch wurden vor Jahrzehnten zahlreiche neuzeitliche Streufunde in der Frauenhöhle entdeckt, darunter auch ein Säbel aus den Napoleonischen Kriegen. Die einzigen älteren Gravuren befinden sich in der hintersten Kammer, sie zeigen gitterartige Strukturen und keine Schriftzeichen bis auf die drei Buchstaben MCC, die vermutlich Reste einer Datumsinschrift sind, aber zeitlich nicht eingeordnet werden können. Drei enge, nicht begehbare Gangabschnitte dieser Anlage wurden von Stampfer nicht freigelegt und konnten aber vor Kurzem mittels moderner Technik befahren und filmisch dokumentiert, d. h. digital, erforscht werden. (Abb. 10) Gerade in der näheren und weiteren Umgebung dieser Höhle gibt es über 10 weitere bekannte Objekte in ähnlicher Bauweise, die einst sehr lang gewesen sein sollen, aber durch Einbrüche von Traktoren und Verfüllungen beim Straßenbau nur mehr fragmentarisch erhalten sind. Die Bekannteste ist zweifelsohne die Frauenhöhle bei Hofkirchen nahe der Kirche St. Stefan, die heute als Erdstallfragment zu benennen ist, weil drei Fortsetzungen verschlossen sind. (Abb. 11) Eine wurde in der Vergangenheit abgemauert und die anderen zwei sind verfüllt. (Abb. 12)
Abb. 6 Hauptgang der Frauenhöhle bei der Familie Buchberger in St. Stefan/Hofkirchen. Der Gang wurde in verfestigten Sedimentablagerungen angelegt. Die Anlage wurde an einer Stelle im Keller des Hauses abgemauert und ist nach 16 m Länge verstürzt.
Abb. 7 Der Originalplan der Frauenhöhle von Hinterbüchel bei Kaindorf von Ludwig Stampfer aus dem Jahre 1883.
Abb. 8 Moderne Vermessung der Frauenhöhle von Hinterbüchl, Kaindorf.
Abb. 9 Eine von vielen rezenten Inschriften „Michael Pichler 1886“ aus dem 19. Jahrhundert in der Frauenhöhle bei Kaindorf.
Abb. 10 Modernste technische Geräte und Computer als Hilfsmittel im Einsatz, um nicht begehbare Gangteile in den Erdställen zu erkunden. HD-auflösende, funkgesteuerte Kamera auf einem fahrbaren Untersatz, um niedere, fast zur Gänze verfüllte Gangteile dokumentieren zu können.
Abb. 11 Der niedere Hauptgang in der Frauenhöhle bei St. Stefan in Hofkirchen.
Wohl einer der bekanntesten Erdstallforscher und -pioniere in Europa war der Benediktinerpater Lambert Karner, ein Mönch aus dem Stift Göttweig in Niederösterreich, der sich fast drei Jahrzehnte lang ausführlich mit dem Phänomen der künstlichen unterirdischen Anlagen beschäftigte. Es gab bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einige Personen und Forscher, die einzelne Erdstallobjekte in Mitteleuropa untersuchten, sie beschrieben und Vorträge darüber hielten. Aber keiner von ihnen konnte die wichtigste Frage beantworten, nämlich zu welchem Zweck und wann diese Anlagen eigentlich wirklich gebaut worden sind. Bis heute hat sich daran auch nichts geändert, denn auch wir besitzen bisher nur Richtwerte über ein Mindestalter der Anlagen. Erstaunlich sind Karners persönliche Aussagen zu diesen Anlagen, die heute noch Gültigkeit besitzen. Er war wahrlich seiner Zeit voraus und versuchte mit seinen persönlichen Erfahrungswerten, logische Schlussfolgerungen und Zusammenhänge mit dem ihm damals zur Verfügung stehenden Wissen herzustellen. So schrieb er in seinem 1903 erschienenen Standardwerk „Künstliche Höhlen aus alter Zeit“ im Abschnitt „Allgemeine Übersicht“ auf Seite 3 (2. Absatz) Nachstehendes:
Wie erwähnt, bildete der Vortrag in Krems im Jahre 1889 den Schluss meiner Publikationen. Wohl war durch dieselben die Kenntnis über die künstlichen Höhlen in weitere Kreise vorgedrungen, aber in Gelehrtenkreisen verhielt man sich gegen dieselben gewissermassen skeptisch und zwar insbesondere aus dem Grunde, weil ich keine Funde aufzuweisen hatte, die über Alter, Herkunft und Zweck der künstlichen Höhlen entscheidende Auskunft geben konnten. Tatsächlich hatte ich keine besonderen Funde gemacht, denn alle Höhlen, so viele ich deren gesehen, waren leer. Die landläufige Meinung, dass sie als Zufluchtsstätten zur Schweden- und Kurutzenzeit angelegt wurden, erhielt sich, indem man auf die Landesgrenzen von Böhmen und Ungarn hinwies; andererseits wurde doch die Meinung ausgesprochen, dass diese Höhlen vielleicht aus dem Mittelalter stammen könnten. Wenn ich nach zehnjähriger Forschung nichts anderes constatiert hätte, als die minutiöse Gleichheit der charakteristischen Merkmale der künstlichen Höhlen in Bayern, Österreich und Mähren, sowie die Gleichheit der Systeme, wenn auch die Form der Anlage variiert, so muss das allein jeden denkenden Forscher zur Überzeugung bringen, dass die Bewohner genannter Länder unmöglich von derselben Idee erfüllt sein konnten, sich künstliche Höhlen nach ganz gleichem System anzulegen, rein nur zu dem Zwecke, um sich vor den Hussiten, Schweden und Kurutzen zurückzuziehen. In der Anlage der Höhlen repräsentiert sich vielmehr eine Idee, die nicht mehreren Volksstämmen sondern nur einem einzigen eigen sein konnte. Dass die künstlichen Höhlen übrigens als Verstecke zur Feindeszeit vielfach benützt wurden, ist erwiesen. Ich werde darüber später noch weiteres erwähnen.