Und wenn die Welt voll Teufel wär ...

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In dieser Popularisierung und Verharmlosung des Okkulten liegt eine große Gefahr. Das Feld der Parapsychologie erstreckt sich ja durchaus bis in die Bereiche der Magie und des Spiritismus. Wer meint, auf diesem Terrain als neutraler wissenschaftlicher Beobachter zu fungieren, täuscht sich in den meisten Fällen. Das Okkulte erweist sich eben in vielen Fällen als »der Okkulte«, als Satan mit einer attraktiven Maske.

Jeder, der heutzutage wachen Auges die geistesgeschichtliche Entwicklung in Europa verfolgt, wird eingestehen müssen, dass die Konfrontation mit den verschiedensten Formen und Ausprägungen der Esoterik sowie die zunehmende Verbreitung des modernen Okkultismus die Frage nach einem zukunftsfähigen Weltbild neu aufgeworfen hat.

Zudem wird von einer ganz anderen Seite die Auseinandersetzung mit der so genannten unsichtbaren Welt gefordert: Seit etwa fünf Jahrzehnten berichten Christen unterschiedlichster Konfessionen verstärkt von übersinnlichen Erfahrungen. Da es hierbei auch vielfach um Erlebnisse im Zusammenhang mit den Geistesgaben geht, sprechen wir auch von der »charismatischen Bewegung«. Gegenwärtig zählen sich etwa 600 Millionen Christen weltweit zu dieser Frömmigkeitsrichtung. Sie umspannt sowohl Christen in den bekannten großen Denominationen als auch in einer Vielzahl unabhängiger Gemeinden und Hauskirchen.

Es ist Aufgabe der Kirche und der Theologie, diese Erfahrungen zu deuten und zu einem biblisch fundierten Umgang damit zu verhelfen. Auf keinen Fall dürfen übersinnliche Erfahrungen einfach als ein Relikt mittelalterlichen Aberglaubens abgetan oder ignoriert werden. Die Welt, in der sich der heutige Mensch befindet, ist auch eine Welt mit übersinnlichen Erfahrungen.

3. Biblische Grundaussagen zu einer ganzheitlichen Weltsicht

Wie bereits desöfteren erwähnt, tun sich die meisten Theologen der Gegenwart schwer mit den durch die neue Religiosität aufbrechenden Fragen nach der Bedeutung des Unsichtbaren oder auch der übersinnlichen Erfahrungen. Die westliche Theologie hat sich in den letzten Jahrhunderten, spätestens jedoch seit der Aufklärung, in ihrer Sprache, ihren Werten und ihren Fragestellungen einer Weltsicht verpflichtet gesehen, die für Übersinnliches, Unsichtbares nur wenig Interesse hat. Welche Bedeutung aber hat diese Dimension der Wirklichkeit in der Bibel? Ist es überhaupt legitim, von einem Weltbild, einer Weltanschauung oder einer Weltsicht der Bibel zu sprechen? Vermittelt die Bibel ein eindeutiges Weltverständnis?

Zunächst einmal gilt es, klarer zu fassen, was wir meinen, wenn wir von einer Weltsicht sprechen. Verschiedene Philosophen und Autoren haben versucht, hierzu verbindliche Erklärungen zu geben. Der Anthropologe Paul G. Hiebert (1932–2007) ging davon aus, dass eine Weltsicht (worldview) die fundamentalen und wertenden gemeinsamen Ansichten einer Menschengruppe oder eines Volkes in einer bestimmten Kultur ausmache.19 Den kulturellen Hintergrund berücksichtigend, beschrieb er die moderne westliche, dualistische Weltsicht, in der sich Seele und Körper, Geist und Sache, Heiliges und Weltliches gegenüber stehen und getrennt voneinander beschrieben werden. Diese Wirklichkeit finde auf zwei Ebenen statt, die Hiebert als die höhere Ebene der Religion und die Basisebene der Wissenschaft beschrieb. Diese dualistische Weltsicht unterscheide sich nach Hiebert jedoch wesentlich von der nicht-westlicher Kulturen. Dort sei eine dreifache Sicht der Wirklichkeit anzutreffen: Neben der obersten Ebene der Religion und der Basisebene der Dinge und Fakten gebe es eine mittlere religiöse Ebene, die Hiebert als eine Ebene menschlicher Kultur und niedriger Religion bezeichnete (Folk and low religion). Diese Ebene der Wirklichkeitswahrnehmung und -deutung gehe davon aus, dass jede menschliche Existenz unmittelbar mit beeinflusst wird von Geistern, Mächten, Dämonen, Sternen oder anderen kulturell bedingten religiösen Überzeugungen. Außerdem – so der Anthropologe – werde in nicht-westlichen Kulturen eher davon ausgegangen, dass alle Ebenen der Wirklichkeit miteinander verbunden sind und auch aufeinander reagieren. Auch Pflanzen, Berge und Dinge könnten »beseelt« sein. Diese stärkere holistische (ganzheitliche) Sicht der Wirklichkeit sei inzwischen auch in den esoterischen Kreisen westlicher Kultur anzutreffen.

In ähnlicher Weise wie Hiebert definiert der Theologe Charles H. Kraft die Weltsicht als die Summe kulturell strukturierter Annahmen, Werte und Verpflichtungen, mit denen eine Menschengruppe die Wirklichkeit beschreibt.20 Kraft betont, dass es immer auch kulturell und zeitlich bedingte Anteile einer Weltauffassung geben wird. So gesehen erscheint es auch problematisch, von der Weltsicht der Bibel zu sprechen, da diese verschiedene kulturelle Zeitalter beschreibt. Dennoch sollte es auszumachen sein, dass Christen aus unterschiedlichsten Kulturen und Zeiten auch Gemeinsamkeiten in ihrer Weltwahrnehmung und -deutung haben. Dementsprechend muss es Aufgabe der Theologie sein, Basissätze für ein biblisch begründetes Weltbild zu formulieren. Diese Basissätze müssten übertragbar und interpretierbar in jede Kultur und in jedes Zeitalter sein. Ein solches Vorgehen setzt voraus, dass die Bibel selbst auch einem solchen Anspruch gerecht werden will, d. h. dass in dem biblisch dargelegten Wort Grundlagen eines Weltbildes gegeben werden, die für alle Menschen zu allen Zeiten Geltung haben.

Folgende Basissätze für ein derartig biblisch begründetes Weltbild sind meines Erachtens unverzichtbar:

a) Es gibt (nur) einen Gott

Die Verfasser der biblischen Schriften setzen voraus, dass es nur einen wahren Gott gibt. Er hat sich vorgestellt, geoffenbart als Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist und ist doch einer (Mt. 28,19; 2. Kor. 13,13); er ist der Heilige, der Liebende, der Ewige. Dadurch, dass Gott sich offenbart mit Namen, macht er sich erkennbar für den Menschen (2. Mo. 33,19). Wohl ist seine Existenz auch in der Existenz der Welt im Sinne einer natürlichen Gotteserkenntnis zu erahnen (Röm. 1,19); aber dieses Wissenkönnen um Gott ist nicht hinreichend, um sein Wesen auszumachen. Dazu bedarf es der Selbstkundwerdung durch sein Wort, seinen Geist und schließlich durch Jesus Christus (Hebr. 1,1–2).

b) Gott ist der Schöpfer der sichtbaren und unsichtbaren Welt

Ohne Zweifel belegt die Bibel von der ersten bis zur letzten Seite, dass diese Welt als eine Schöpfung Gottes zu verstehen ist. Sie ist nicht aus sich selber entstanden, sondern entspringt dem Willen und Wort Gottes (1. Mo. 1–2). Das bedeutet, dass diese Welt einen ganz konkreten Anfang genommen hat. Die Schöpfung geschieht durch den Gott, wie er sich in der Bibel offenbart, als Gott-Vater, Gott-Sohn und Gott-Heiliger Geist. Im Zentrum der Schöpfung steht Jesus Christus. »Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene aller Schöpfung. Denn in ihm ist alles in den Himmeln und auf der Erde geschaffen worden, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Gewalten oder Mächte: alles ist durch ihn und zu ihm hin geschaffen; und er ist vor allem, und alles besteht durch ihn« (Kol. 1,15–17). Der Schöpfungsakt Gottes beinhaltet also nicht nur die sichtbare Welt, nicht nur die kosmische Dimension, sondern auch die unsichtbare Wirklichkeit. Dabei handelt es sich nicht nur um die unterschiedlichen Äonen der Wirklichkeit, wie sie etwa in Hebräer 1,2 beschrieben werden. Das biblische Zeugnis verpflichtet, das Sichtbare von den unsichtbaren Wirklichkeitssphären zu unterscheiden. Die unsichtbare Welt geistlicher Realitäten ist genauso wirklich wie die Welt der empirischen Wissenschaften. Beide Sphären der Wirklichkeit finden ihre Bestimmung und Deutung in Jesus Christus. In ihm werden sie erkannt, unterschieden und aufeinander bezogen. Die Wirklichkeit wird wahrgenommen in ihrer Beziehung zwischen unsichtbarer und sichtbarer, gegenständlicher und unanschaulicher, zeitlicher und ewiger Perspektive.

c) Die Realität des Bösen wird als antigöttliche Macht bezeugt

Die Bibel geht von der antigöttlichen Macht des Bösen aus. Sie wird unterschiedlich beschrieben. Jesus spricht vom Diabolos, dem Durcheinanderbringer, oder auch dem Satan, dem Ankläger. Der Satan ist der Feind Gottes, der sich gegen Gott und seinen Heilswillen auflehnt. Über den Ursprung dieser Macht wird in der Bibel nur andeutungsweise gesprochen (Hes. 28,1–17; Jes. 14,12–21); das Ende des Bösen wird hingegen in der Offenbarung des Johannes ausführlich dargelegt. Diese Macht des Bösen wirkt in unterschiedlicher Weise auf die Schöpfung Gottes ein. Die Aussagen der Bibel legen die Annahme nahe, dass dem Reich Gottes ein ganzes satanisches Machtsystem gegenübersteht (Eph. 6,1–10). Das Ausmaß dieser Einwirkung ist nicht zu unterschätzen, so dass der Satan auch als »Gott dieses Äons« dargestellt wird (2. Kor. 4,4). Primär versucht Satan, Menschen in seinen Machtbereich zu ziehen und für sich einzunehmen. Sein Machtanspruch wächst durch das Ausmaß der Sünde des Menschen. Erst durch die erlösende Macht Jesu Christi werden die Werke des Satans zerstört (1. Joh. 3,8). Die Macht Satans wird im biblischen Verständnis der Wirklichkeit niemals zu lösen sein von der Macht Gottes. Satan kann also nicht in einem für Gott unverfügbaren Machtvakuum agieren, sondern immer nur unter den »Augen« Gottes. Das Festhalten an der biblischen Sicht von Satan ist also nicht ein Zurückfallen in eine dualistische Weltsicht, die sich in gut und böse, in eine Welt Gottes und eine Welt Satans aufteilt, sondern sie bezeugt die souveräne Alleinherrschaft Gottes, der auch seinen letzten Feind überwunden hat.

 

d) Der Mensch ist für die Gemeinschaft mit Gott und Menschen geschaffen

Der Mensch ist nicht nur durch das Wort, sondern auch für das Wort und im Wort Gottes als ein geistleibliches Wesen geschaffen worden. Sein Personsein ist in seiner Verantwortlichkeit begründet. Seine Bestimmung ist es, sein Leben in einer Liebesbeziehung zu Gott und zu seinen Mitmenschen zu gestalten: »Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstand und deinen Nächsten wie dich selbst« (Lk. 10,27). Der Mensch soll nach den Maßstäben Gottes leben und die Welt in der Verantwortung vor ihm gestalten: »Man hat dir mitgeteilt, o Mensch, was gut ist. Und was fordert der Herr von dir, als Recht zu üben und Güte zu lieben und demütig zu gehen mit deinem Gott?« (Mi. 6,8). Das Leben auf der Erde ist für den Menschen endlich und unwiederholbar (Hebr. 9,27).

e) Die Sünde des Menschen und ihre Auswirkungen

Mit »Sünde« ist in der Bibel nicht etwas Moralisches gemeint, sondern der Zustand der Erlösungsbedürftigkeit des natürlichen Menschen. Jeder Mensch findet sich vor in dieser Erlösungsbedürftigkeit, egal welchen moralischen Stand er verkörpert (Römer 3). Hinter der Sünde steht die Macht der verführerischen Kraft des Bösen, die aber nie Grund für die Sünde ist. Die Sünde kommt dadurch zustande, dass Menschen sich dieser Macht geöffnet haben. Je mehr sich der Mensch mit der Sünde einlässt, desto mehr gerät er unter die Herrschaft – nicht nur der Sünde, sondern auch der dämonischen, teuflischen Mächte (Joh. 8,34). Der Bericht vom Sündenfall (1. Mo. 3) berichtet von den verheerenden Folgen der Sünde in psychologischer (Vers 3–7), sozialer (Vers 11–16) und ökologischer Hinsicht (Vers 17–19). Der Mensch als Sünder steht unter dem Zorn Gottes. Dieser Zustand wird auch als Verlorenheit des Menschen bezeichnet (Mt. 18,11; Röm. 2,12; 2. Kor. 4,3). Subjektiv erlebt er diesen Zustand im bösen Gewissen oder auch in der Angst vor Gott. Die Gottesgemeinschaft ist zerstört und mit ihr auch das von Gott gewollte Menschsein. Die menschliche Freiheit ist gebrochen und nur noch eingeschränkt gegeben. Die Auswirkungen der Sünde können nicht nur einzelne Menschen, sondern ganze Völker, ja die ganze diesseitige Welt mit ihren Systemen erfassen. Krankheiten, Katastrophen, Unfälle, sozialpolitische Unordnungen, Kriege, wirtschaftliche Zusammenbrüche und vieles andere kann als göttliches Gericht, als satanische Aktivität oder auch als Äußerung der menschlichen Sünde oder als eine Art Kombination dieser Faktoren gedeutet werden. Als letzte Folge der Sünde steht die Vernichtung des Lebens, der Tod und ein Weiterexistieren in ewiger Gottesferne (Röm. 6,23; Offb. 21,15). Der einzelne Mensch und die Verantwortungsgemeinschaft, in der er lebte, werden von Gott selbst gemäß seines Standes und seines Lebens vor Gott im »Jüngsten Gericht« beurteilt (Offb. 20,11–15; Mt. 25,32).

f) Die Erlösung durch Jesus Christus

Der Mensch ist nicht nur in seiner Erlösungsbedürftigkeit verloren, sondern durch das Kommen des Erlösers Jesus Christus befreit zum ursprünglichen Leben in einer Liebesbeziehung zu Gott und Menschen. Der Mensch selbst ist nicht in der Lage, sich aus der Macht der Sünde zu befreien. Gott hat einen Weg aufgetan, indem er Jesus Christus als Mensch in diese Welt sandte. Auf diesen von Gott Gesandten legte Gott stellvertretend die ganze Sünde der Menschen (Joh. 1,29; Jes. 53). Durch seinen Tod sühnte Jesus die Schuld der Menschen: »Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist. Vielmehr nun, da wir jetzt durch sein Blut gerechtfertigt sind, werden wir durch ihn vom Zorn gerettet werden. Denn wenn wir, als wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes, so werden wir viel mehr, da wir versöhnt sind, durch sein Leben gerettet werden« (Röm. 5,6–10).

Diese Möglichkeit zur Versöhnung mit Gott ist für alle Menschen gegeben (1. Tim. 2,4). Sie wird wirksam, indem der Mensch im Vertrauen auf Jesus darauf antwortet: »Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat« (Joh. 3,16).

Die Erlösung des Menschen durch Jesus Christus beinhaltet nicht nur die Vergebung der Schuld des Menschen, sondern auch die Möglichkeit einer neuen Lebensqualität, die auch als »ewiges Leben« bezeichnet wird. »Der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gnadengabe Gottes aber ewiges Leben in Christus Jesus, unserem Herrn« (Röm. 6,23). Dieses Leben wird bewusst empfangen durch die Umkehr des Menschen zu Gott (Buße), durch den Glauben des Menschen an Jesus Christus und durch den Empfang und Vollzug der Taufe sowie durch den Empfang der Gabe des Heiligen Geistes (Apg. 2,28). Der Heilige Geist bezeugt dem Christen seine Gotteskindschaft und die neue Autorität, mit der er auch der dämonischen Macht und missbrauchter menschlicher Autorität gegenüber auftreten kann.

»Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes. Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wieder zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater! Der Geist selbst bezeugt zusammen mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Wenn aber Kinder, so auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir wirklich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden« (Röm. 8,16–17).

Die neue Existenzweise des durch Christus erlösten Menschen entwickelt sich durch die Kraft des Heiligen Geistes und dadurch, dass der Mensch sich vollkommen in die Nachfolge Jesu Christi begibt. Die Transformation der menschlichen Existenz beginnt mit der Anfangserfahrung der Buße, der Taufe und des Geistempfangs und zieht sich durch das ganze weitere Leben. Der Christ lebt zunehmend in dem Bewusstsein, dass Jesus selber in ihm und durch ihn wirksam ist (Joh. 14–15). Der Heilige Geist entfacht in ihm Fähigkeiten und Gaben, die ihm durch das neue Leben geschenkt wurden und durch die er nunmehr das Wirken Jesu in dieser Welt weiterführen kann (Röm. 12,3ff; 1. Kor. 12). Dieses neue Leben kann dem Menschen nicht mehr genommen werden, es sei denn, er wendet sich selber bewusst und dauerhaft davon ab. Für die, die in Jesus Christus sind, gibt es »keine Verdammnis« mehr (Röm. 8,1). Im Endgericht wird ihnen ihr Glaube an Jesus Christus zur Gerechtigkeit gewertet, und sie werden in Ewigkeit mit Gott verbunden sein (Röm. 3,25; 1. Kor. 1,30; Offb. 19,8).

g) Das Reich Gottes und das Volk Gottes

Überall da, wo sich die Herrschaft Gottes ausbreitet, spricht die Bibel auch vom Reich Gottes. Damit ist nicht eine territoriale Ausbreitung gemeint, sondern die Einsetzung und Wirksamkeit des göttlichen Herrschaftsanspruches über die gesamte Schöpfung.

Gott erwählt sich das Volk Israel als ein Bundesvolk. Durch dieses Volk sollen alle Völker der Erde in den Herrschaftsbereich Gottes geführt werden und gesegnet sein (1. Mo. 12,1f). Dieser alttestamentliche Bund ist nach den Aussagen der Bibel durch das Neue Testament nicht aufgelöst. Gott jedoch nimmt eine »Erweiterung« seines Volkes vor, indem auch aus nichtisraelischen Völkern Menschen durch den Glauben an Jesus Christus zum Volk Gottes gehören (Röm. 9–11). Eine Deutung der Welt ohne die Berücksichtigung der gesonderten Stellung des Volkes Israel ist jedoch biblisch nicht möglich. Das Reich Gottes hat aber seinen Mittelpunkt nicht im Volk Israel, sondern in Jesus Christus.

Mit dem Kommen Jesu Christi in diese Welt ist auch das Reich Gottes zu den Menschen gekommen (Mt. 12,28). Die Herrschaft Gottes in dieser Welt wird deshalb immer auch mit dem Namen Jesu Christi verbunden sein. In seinem Namen wird gepredigt, geheilt, Dämonen werden ausgetrieben und Gefangene befreit. Dieses alles sind Zeichen des anbrechenden Reiches Gottes (Mt. 10). Dieses Reich Gottes wird zu seiner vollen Entfaltung kommen, wenn alle Macht des Bösen auf ewig gebunden ist (Mt. 16,28; Offb. 22). Aber auch jetzt schon wird es zeichenhaft sichtbar; geradezu ausschnittsweise wird erlebt, dass die Wirksamkeit des Bösen punktuell ausgeschaltet wird durch Heilungen, Totenauferweckungen oder andere Wunder (Mk. 16,15–20). Diese (An-)Zeichen des Reiches Gottes werden nicht nur in den Evangelien, der Apostelgeschichte und den neutestamentlichen Briefen bezeugt, sie gehören zur »normalen« Wirklichkeitserfahrung der Christenheit (1. Kor. 4,20; Apg. 2,22).

h) Der neue Himmel und die neue Erde

Es gehört zu den Basiselementen biblischer Weltsicht, dass die gegenwärtige Welt nicht für immer existieren wird. Sie wird vergehen (Mt. 24,35; 1. Kor. 7,31; Offb. 21,4) und die Erde wird verbrennen (2. Petr. 3,10). Vor diesem Ende wird es Anzeichen geben, u. a. auch eine Zunahme von Gottlosigkeit, von weltweiten Katastrophen oder auch von kosmischen Veränderungen (vgl. Mk. 13 par.).

Bevor Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen wird, wird der Satan ein für alle Mal gebunden sein (Offb. 20,7–10). Die Aussagen der Offenbarung des Johannes sprechen auch davon, dass es zuvor eine zeitlich begrenzte Bindung der satanischen Mächte auf dieser Erde geben wird:

»Und ich sah einen Engel aus dem Himmel herabkommen, der den Schlüssel des Abgrundes und eine große Kette in seiner Hand hatte. Und er griff den Drachen, die alte Schlange, die der Teufel und der Satan ist, und er band ihn tausend Jahre und warf ihn in den Abgrund und schloss zu und versiegelte über ihm, damit er nicht mehr die Nationen verführe, bis die tausend Jahre vollendet sind. Nach diesem muss er für kurze Zeit losgelassen werden« (Offb. 20,1–3).

Auch das Welt-Endgericht wird der Schaffung des neuen Himmels und der neuen Erde vorangehen (Offb. 20,11–15). Dann jedoch bezeugt der Seher Johannes: »Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer ist nicht mehr« (Offb. 21,1–2).