Winterkuss

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Kapitel 3

Dass der Stadtjunge aus dem Café in Arthurs Haus aufgetaucht war – in Marcus' Bettchen, wie Arthur belustigt angemerkt hatte –, war so eine grausame Wendung des Schicksals, dass Marcus sich halb fragte, ob Paul und Arthur ihre Finger im Spiel hatten. Nur, dass sie nicht in seine stummen Nörgeleien darüber, wie sehr Frankie ihn an Steve erinnerte, eingeweiht gewesen waren, und außerdem sah er keine Möglichkeit, wie sie das hätten hinbekommen sollen. Offensichtlich war das Ganze ein dummer Zufall. Und ein gefährlicher noch dazu. Der Kerl hätte sterben können. Wenn er seinem Elch später begegnet wäre, hätte er viel weiter laufen müssen, um Zuflucht zu finden. Arthurs Hütte war die letzte für eine lange Zeit.

Arthurs Hütte hatte auch einen beschissenen Stromanschluss und der Strom war schon wieder ausgefallen. Ohne Zweifel war die Leitung zum Haus von einem Ast oder, Scheiße, vielleicht von einem ganzen Baum heruntergerissen worden. Die Heizung war ausgegangen und das Haus war kalt genug, um den Schluss zuzulassen, dass sie schon vor ungefähr einer Stunde den Geist aufgegeben hatte, wahrscheinlich kurz bevor ihr unerwarteter Gast eingetroffen war. Die Küche war ein Schweinestall, womöglich weil Paul wütend war, dass er immer aufräumen sollte, und wie üblich nahm Arthur das gar nicht wahr. Da er als Erster zur Arbeit aufgebrochen war, war Marcus für dieses Chaos nicht verantwortlich, aber er war ziemlich sicher, dass er es beseitigen würde. Und das auch noch mit kaltem Wasser.

Leise grummelnd packte er sich warm ein und ging zum Schuppen hinaus, um den Generator zu dem beweglichen Überstand neben dem Haus zu ziehen, wo er ihn an den Transferschalter anschloss. Normalerweise half Arthur ihm bei dieser Arbeit, aber dieses Mal nicht.

Als Marcus zurück ins Haus ging, saßen Arthur und Paul links und rechts von Frankie auf dem Sofa, wärmten sich an einem glühenden Feuer und unterhielten sich mit dem Jungen aus der Stadt, als gäbe es nichts auf der Welt, um das man sich sorgen müsste.

»Stylist?«, fragte Paul, als Marcus seine Winterklamotten an einen der Haken neben der Tür hing. »Du meinst, du bist einer dieser ausgefallenen Berater für Filmstars?«

Frankies Lachen war leise und melodisch und schnitt wie ein Messer in Marcus' Körper. »Nein. Das ist eine übertriebene Art zu sagen, dass ich Haare schneide, obwohl ich viel Übung darin habe, wie man bestimmte Looks zusammenstellt. Ähnlich wie bei Filmstars, denke ich, aber eher für Geschäftsleute und Nachrichtensprecher.«

Marcus biss die Zähne zusammen und ging in die Küche hinüber und schaltete das Licht an, von dem er wusste, dass es Teil des Stromkreises des Generators war, bevor er das verkrustete Geschirr in Angriff nahm. Himmel, Frankie klang sogar wie Steve, außer dass der Stimme ihres Schneeflüchtlings im Gegensatz zu seinem Exfreund ein leiserer, melodiöser lispelnder Klang anhaftete. Der einzige Unterschied war, dass in Steves Stimme immer ein verspielter Tonfall mitgeschwungen war, der sich am Ende in einen bissigen und harten verwandelt hatte. Frankie wirkte eher verhalten, fast schon prüde.

Er war Friseur, er lispelte und ein Blick durch den Raum zeigte ihm die femininen Gesten, die er erwartet hatte. Dazu kam, dass Frankie Marcus' Blick ach so sorgfältig ausgewichen war. Wenn dieser Kerl nicht schwul war, würde Marcus den angetrockneten Haferbrei essen.

Schwul und er saß für die Dauer eines Sturms, der laut Radiobericht Tage dauern würde, hier mit ihnen fest – und dabei ging es nur um die Dauer des Schneesturms, nicht um die Aufräumarbeiten.

Verdammte Scheiße.

Nicht, dass Arthur oder Paul das als Problem ansahen. Sie schmeichelten sich bei Frankie ein, als wäre er ihr lange verschollener bester Freund.

Als hätten sie sich nicht schon tausend Mal mit Marcus betrunken und sich über schwule Stereotypen ausgelassen und darüber, wie dumm sie waren, genau wie die Schwulen, die sie erfüllten. Die schwulen Stereotypen, für die Frankie praktisch ein Aushängeschild war. Als hätten sie Steve nicht gemeinsam mit Marcus gehasst, als das mit ihnen auseinander gegangen war, vielleicht sogar noch mehr. Trotz all dem schmeichelte sich dieses Paar von Verrätern jetzt geradewegs bei dem Eindringling ein und fragte ihn über sein Leben in der großen Stadt aus.

»Ursprünglich komme ich aus einem kleinen Ort nördlich von Mankato«, erklärte Frankie, als Marcus mit einem Pfannenwender die Reste aus der Haferbreipfanne meißelte. »Nicht so klein, wie dieses Dorf zu sein scheint, aber ich bin nicht in den Cities geboren. Ich glaube, viele aus kleineren Ortschaften ziehen dorthin wie Migranten.«

»Marcus war mal –«, setzte Arthur an und Marcus knallte die Pfanne auf die Arbeitsfläche.

»Arthur Anderson, halt deine verdammte Klappe«, grollte Marcus.

Arthur schnaubte. »Marcus war mal ein Mensch, aber dann hat er sich in einen großen griesgrämigen Bären verwandelt.«

»Ja, ungefähr zu dem Zeitpunkt, an dem ich anfangen musste, diesen Saustall zu beseitigen, um den du dich nicht kümmern konntest«, schoss Marcus zurück.

»Ich war nicht an der Reihe, die Küche sauber zu machen«, sagte Paul fast wie aufs Stichwort.

Arthur wandte seine Aufmerksamkeit wieder Frankie zu und ignorierte die anderen beiden. »Deine Familie lebt also in Duluth. Gefällt es ihnen?«

»Ja, obwohl ich mich frage, ob sie das auch noch sagen können, nachdem sie den Winter erlebt haben.« Frankie biss sich auf die Unterlippe. »Da wir gerade von meinen Eltern reden, ich muss sie anrufen und sie wissen lassen, dass es mir gut geht. Genauso meine Mitbewohner und meinen Chef und die Frau aus dem Café, weil ich es ihr versprochen habe. Aber zuerst hatte ich keinen Empfang und dann habe ich mein Handy im Schnee verloren.«

Eigentlich hätte es ziemlich lustig sein sollen, wie Arthur und Paul sich vor Enthusiasmus regelrecht überschlugen, um Frankie als Erster ein Handy zu reichen, und als Frankie dann gestand, dass er keine Nummer auswendig wusste, kämpften sie auch noch um Pauls Smartphone, um die Nummern nachzuschauen. Es war schwer zu sagen, ob sie einfach nur wie üblich stritten oder ob sie tatsächlich mit Frankie schlafen wollten. Der Gedanke ließ Marcus einen Moment innehalten. Die Vorstellung ihres Dreiers war gleichzeitig erregend und machte ihn wütend.

Er ist nicht Steve, ermahnte Marcus sich. Werd verdammt noch mal erwachsen.

Das Problem war nur, dass Frankie auf so viele Arten doch Steve war. Marcus kämpfte mit dem Stapel Geschirr und die Ähnlichkeiten schossen durch sein aufsässiges Gehirn wie Kugeln aus Pauls Gewehr. Die gleiche Körpergröße. Die gleiche Kleidergröße. Die gleiche Stimme. Die gleiche Oje, ich will niemandem zur Last fallen-Art, mit der verzweifelte Männer so leicht zu manipulieren waren. Das gleiche Jungfrau in Nöten-Verhalten. Die gleichen wunderschönen Augen, die gleiche ansprechende, feminine Art, die nicht so verführerisch sein sollte, aber verdammt, für Marcus war sie das nun mal.

Als er die Arbeit in der Küche beendete, dachte Marcus, zu was für einem Narren er sich wegen Steve gemacht hatte, was Steve für einen Narren aus ihm gemacht hatte. Er rief sich ins Gedächtnis, wie Steve so süß und unschuldig gewirkt hatte, nebenbei jedoch einige von Marcus' engsten – damaligen – Freunden gevögelt hatte. Er sah den Wimpernaufschlag und das kokette Lächeln vor sich. Er erinnerte sich auch an ihre gemeinsame Zeit im Bett und zwang sich dazu, diese intimen Momente mit dem Betrug zu verbinden. Er suhlte sich in seinem Schamgefühl, bis er sein dummes, selbstzerstörerisches Interesse an ihrem Hausgast wieder unter Kontrolle hatte.

Er ist ein Kerl, der in einem Schneesturm stecken geblieben ist und aussieht wie Steve. Vielleicht benimmt er sich auch wie er und genau das ist der Grund, warum du ihn nicht ficken wirst. Du wirst nicht flirten. Es ist dir sogar völlig egal, wenn die Jungs es hinkriegen, ihn mit nach oben ins Bett zu nehmen. Du bist kein Idiot. Nicht mehr. Sei zivilisiert und freundlich und schon bald wird er verschwunden sein.

Das war ein guter Plan. Marcus schnappte sich ein Glas und füllte es mit Wasser, bevor er beim Gefrierschrank hielt und sich etwas Eis holte. Freundlich war es, ihrem Gast eine Erfrischung anzubieten. Woran er sich erinnern konnte, weil er nicht flirtete.

Als er es anbot, schüttelte Frankie den Kopf. »Was ich eigentlich brauche, ist ein Badezimmer.«

Arthur zeigte quer durch den Raum. »Klar. Genau da, neben der Treppe. Handtücher sind im Schrank, falls du sie brauchst. Könnte sogar sein, dass im Hängeschrank eine Ersatzzahnbürste ist.« Er zwinkerte und grinste anzüglich. »Ich behandle dich besser als Marcus mit seinem lausigen Glas Wasser, wenn du zurück bist. Mal sehen, ob du dich heute Nacht an mich oder an Paul kuschelst.«

Marcus wollte glauben, dass er nur was sagte, weil ein Anflug von Panik auf Frankies Gesicht trat, aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, war er seit Arthurs verdammtem Zwinkern bereit gewesen, sich einzumischen. »Du kannst keine drei Leute in dein verdammtes Doppelbett stopfen.« Unwirsch nickte er zur Couch. »Das Schlafsofa ist Queensize. Frankie kann sich bei mir aufs Ohr hauen.«

Es schmerzte mehr, als er zugeben wollte, dass diese Ankündigung Frankie noch mehr zu verängstigen schien als die Aussicht, sich das Bett mit Paul und Arthur zu teilen.

***

Frankie sah zu, wie Marcus Gesicht sich verdunkelte, und sein Bauch zog sich wieder zusammen. Er ist schwul oder kommt zumindest mit zwei schwulen Mitbewohnern klar, sagte er sich, aber es fiel ihm schwer sich vorzustellen, dass es sicher war, neben jemanden zu schlafen, der so wütend war. »Niemand muss für mich auf sein Bett verzichten. Ich schlafe auf dem Boden.«

 

Paul und Arthur versuchten, sich in ihrem Protest gegenseitig zu übertönen, aber Marcus schnitt ihnen in seinem ruhigen Papa-Bär-Modus das Wort ab. »Wir haben nicht mehr Decken und die, die du mitgebracht hast, ist noch feucht. Es wird heute sicher nicht wärmer als 10 Grad. Du wirst dir mit irgendeinem von uns das Bett teilen müssen.« Er setzte einen finsteren Blick auf und Frankie war sich nicht sicher, ob Marcus die Idee hasste, dass sie sich ein Bett teilen würden, oder ob er Frankie verbieten wollte, die Treppe mit den anderen beiden nach oben zu gehen.

Vielleicht war er hoffnungslos verklemmt, aber Frankie wollte nicht auf ihr eindeutiges Angebot eines Dreiers eingehen. Es war nicht so, dass er etwas gegen Dreier hatte – er hatte selbst schon ein paar gehabt und sie waren nicht schlecht gewesen –, aber er war sich nicht sicher, ob Arthur und Paul die beste Kombination abgaben. Fast die ganze Zeit über schienen sie wütend aufeinander zu sein und es gab Anzeichen von Schmerz, der stumm von beiden Seiten ausgestrahlt wurde. Frankie wollte buchstäblich nicht dazwischen geraten. Diese Entschuldigung klang auch ziemlich verklemmt, aber er war müde und überwältigt und dachte gerade nicht wirklich an Sex. Was sich anfühlte, als würde er den schwulen Ehrenkodex brechen, gefangen im Schneesturm mit drei stämmigen Bären, die wirklich Bären waren, und nicht willens, mit ihnen einen Amateurporno durchzuexerzieren. Das war irgendwie Frankies Lebensgeschichte: Er war nicht einmal gut im Schwulsein.

Josh war absolut begeistert gewesen, als Frankie ihm gesagt hatte, wo er gelandet war. Frankie war in die am weitesten entfernte Ecke des Raums gegangen, während er mit seinem Mitbewohner telefoniert hatte. Er hatte ihm einen schnellen Überblick über die Situation und über die sexuelle Orientierung seiner Retter gegeben.

»Volltreffer«, hatte Josh gesagt. Hätte er von den potentiellen Gruppenaktivitäten gewusst, wäre er sicher in Jubelschreie ausgebrochen.

Gott, Frankie war so armselig. Er sah zum Dachgeschoss hoch und gab sich eine letzte Chance, um nicht langweilig zu sein, aber am Ende wählte er den Weg des Feiglings und flüchtete ins Badezimmer.

Er hatte vorgehabt, sich Zeit zu lassen, aber es war verdammt kalt hier drin, also beeilte er sich. Er pinkelte, wusch sich das Gesicht mit lauwarmem Wasser und putzte sich die Zähne mit einem Finger und etwas Zahnpasta, die er in einer Schublade gefunden hatte.

Auf der anderen Seite der Tür konnte er Streit hören. Arthur wurde laut, Marcus knurrte und Paul schwankte zwischen Gereiztheit und dem Versuch, vernünftig zu bleiben. Gegen den Lüftungsschacht gelehnt, wartete Frankie, bis es stiller wurde. Als er Schritte auf der Treppe hörte, öffnete er die Tür.

Marcus stand auf der anderen Seite des Raums und hielt ihm eine Trainingshose und ein Sweatshirt entgegen.

»Die gehören Paul, aber sie werden trotzdem etwas zu groß sein.« Er musterte Frankie von oben bis unten und runzelte die Stirn. »Wird wohl das Beste sein, wenn du sie über deine Kleidung ziehst. Du siehst halb erfroren aus.« Er drückte Frankie die Klamotten in die Hände und wandte sich ab. »Ich werde das Feuer anfachen.«

Obwohl seine tief verwurzelte Minnesotahöflichkeit wollte, dass er protestierte und Marcus sagte, sich keine Umstände zu machen, war Frankie wirklich halb erfroren, also schluckte er die Höflichkeit hinunter und zog wie befohlen Sweatshirt und Trainingshose über Shirt und Jeans, ehe er wieder zum Kamin eilte. Die Couch war ausgezogen und in ein Bett verwandelt worden, auf der sich einige Decken stapelten. Frankies Steppdecke aus dem Wagen war über zwei Stühle in der Nähe des Feuers ausgebreitet, das Marcus mit einer großzügigen Menge Feuerholz anreicherte.

Er nickte zur trocknenden Decke. »Wenn dir heute Nacht kalt wird, dann schnapp sie dir. Sie sollte in ein paar Stunden trocken sein. Aber vielleicht ist dir warm genug, immerhin sind wir zu zweit unter der Decke.«

Diese Beobachtung ging mit einem finsteren Blick einher und Frankie wünschte sich inständig, er könnte damit davonkommen, auf dem Boden oder zumindest in dem Lehnstuhl zu schlafen. Alles, nur nicht neben Kapitän Stinkstiefel schlafen.

»Es tut mir so leid, euch derartige Umstände zu machen.«

»Was, hast du dein Auto etwa absichtlich in den Graben gesetzt?«

Wieso war dieser Kerl so wütend und wieso wurde er immer wütender, je mehr Frankie sich entschuldigte, weil er ihm zur Last fiel? »Es tut mir einfach leid, das ist alles.«

Marcus zuckte mit den Achseln, grummelte etwas in sich hinein und ging in Richtung Badezimmer.

Frankie war sich nicht sicher, auf welcher Seite er schlafen sollte, also nahm er einfach die, die ihm am nächsten war, hob die Decken an und kletterte schnell darunter.

Das ausgeklappte Sofa war größer als die meisten, auf denen Frankie bisher geschlafen hatte, aber als er sich hinlegte, merkte er, dass Klappsofas doch irgendwie alle gleich waren. Egal wie gut die Matratze auch war, man konnte doch die Stange in der Mitte spüren, die sich in den Rücken bohrte. Aber immerhin war es so warm, wie Marcus versprochen hatte, besonders als der größere Mann neben ihn kroch. Frankie hoffte nur, dass er sich in der Nacht nicht wie eine Rakete, die auf Wärme reagierte, an seinen Schlafpartner kuscheln würde.

Der Wind erschütterte die Hütte, brachte das Holz zum Knarren und wehte harte Schneekügelchen gegen die Fenster. Wenn es in der Stadt schneite, dann waren die Nächte fast so hell wie der Tag. Die weiße Schneedecke reflektierte die Straßenlichter. Hier gab es überhaupt kein Licht und in der Hütte war es pechschwarz, abgesehen von dem sanften Leuchten des Feuers, das Marcus entzündet hatte. Frankie dachte, wie dunkel es gewesen wäre, wenn er immer noch in seinem Auto gefangen wäre, und zitterte. Seine Fantasie ergänzte den Gedanken, wie kalt es dort draußen wahrscheinlich inzwischen war, und Frankie zitterte noch mehr.

Die andere Seite des ausgeklappten Betts bewegte sich, als Marcus sich umdrehte. »Alles okay?«

Frankie fühlte sich wie ein Idiot, als er nickte. »Ja, entschuldige. Ich hab nur daran gedacht, wie kalt und dunkel es in meinem Auto jetzt ist und was für ein Glück ich habe, dass ich einen Schlafplatz für die Nacht gefunden habe.«

Für Frankie war das ein verletzlicher Moment der Beichte und er erwartete, dass Marcus sich erweichen lassen und ihm vielleicht »Du bist jetzt in Sicherheit« oder etwas ähnlich Harmloses entgegen brummen würde, das als Eisbrecher funktionierte. Doch anstatt aufzutauchen, wandte Marcus Frankie wieder den Rücken zu und klang gereizt, als er sagte: »Wird viel länger sein als eine Nacht. Das ist ein Albtraum von einem Sturm.«

Verletzt und verwirrt drehte auch Frankie sich weg. »Ich werde morgen eine Möglichkeit finden, zu einem Hotel zu kommen, damit ich euch nicht weiter zur Last falle.«

»Das nächste Hotel ist in Eveleth. Da kommst du so schnell nicht hin.«

Frankie wünschte, er wäre die Art von Arschloch, die sich dazu entscheiden konnte, solange wie möglich bei Marcus zu bleiben und ihm dafür aus Rache auf die Nerven zu fallen. Aber das war er nicht. »Dann finde ich eben etwas anderes in der Stadt.«

»Du bleibst hier. Jetzt sei still und schlaf, denn ich bin ziemlich sicher, dass morgen interessant wird.«

Frankie kuschelte sich tiefer in seine Decken, schloss die Augen und schluckte hart. Er befahl sich, nicht zu weinen. Damit würde er diesem großen Idioten auf der andere Seite des Betts nur die Genugtuung geben zu sehen, wie leicht seine Gehässigkeiten wirkten. Er schwor sich, dass er mit Arthur über das Angebot, das Bett mit ihm und Paul zu teilen, reden würde. Natürlich war ihm klar, dass das Angebot mit Sex einherging. Das kam ihm jetzt aber nicht mehr wie eine Strafe vor. Er würde jeden vögeln, um von Marcus und seiner Fähigkeit wegzukommen, ihm jedes Mal dann, wenn er gerade einen festen Stand gefunden hatte, den Boden unter den Füßen wegzuziehen.

Frankie war halb eingeschlafen und tröstete sich mit einer Softpornofantasie, in der er von zwei sanftmütigen Holzfällern umschmeichelt wurde, als er von einem lauten Krachen geweckt wurde.

Blitzschnell saß er aufrecht und drehte sich zum Fenster um. Er erwartete, dass er draußen einen gespaltenen Baum sehen würde, aber dann erfüllte ein zweiter, scharfer Knall die Luft, gefolgt von einem tiefen, erotischen Stöhnen. Das Geräusch, realisierte Frankie, kam von oben.

Arthurs Stimme drang zu ihm herunter, gedämpft durch den Wind und den Boden, aber es gab keinen Zweifel an dem, was er sagte. »Genau so, du heißer, kleiner Mistkerl. Hoch mit dem Arsch, damit ich ihn dir versohlen kann.«

Als eine ganze Reihe von Schlägen und Stöhnen im Dachgeschoss erklangen, legte Frankie sich vorsichtig wieder hin und starrte mit großen Augen an die Decke. Seine ganze Hoffnung auf Schlaf war verschwunden, als er dem gedämpften, ziemlich expliziten Soundtrack eines BDSM-Streifens lauschte. Arthur rasselte einen steten Strom Dirty Talk herunter und kommentierte, wie faszinierend Pauls Anus war – Schau dir dieses heiße, kleine Loch an – und was er nicht alles für Arten von Oralsex damit geplant hatte – Ich will meine Zunge darin versenken und dich lecken, du kleine Schlampe.

Schon bald hörte das Gerede auf und Frankie konnte nur vermuten, dass Arthur seinen Worten Taten folgen ließ. Oder zumindest, dass er Pauls Arsch auf so eine Art leckte, wie Frankie es nur durch seine gespreizten Finger gesehen hatte, als sein Mitbewohner versucht hatte, sich mit ihm Hardcorepornos im Internet anzusehen. Pauls Schreie waren abwechselnd gequält und erregt, manchmal bettelte er Arthur an aufzuhören, dann genau das nicht zu tun. Hin und wieder knurrte Arthur etwas und brachte Paul damit zum Wimmern oder entlockte ihm eine wütende Antwort, aber meistens stöhnte Paul, besonders als das richtige Vögeln begann, was darauf hindeutete, das Pauls heißes, kleines Loch eine wesentlich aktivere Form der Behandlung erfuhr. Eine harte, unbarmherzige Behandlung, die Paul beinahe Schluchzen ließ.

Frankie versuchte, nicht zu atmen oder sich zu bewegen. Sein Schwanz war unter den Decken zu voller Aufmerksamkeit erwacht, aber er wusste jetzt, dass er eher für den Rest seines Lebens Marcus' Reizbarkeit ertragen würde, als sich zum dritten Gespielen bei dieser Art von Sex zu machen, die da oben vor sich ging. Sein Mitbewohner hatte ihm beigebracht, harten Sex zu respektieren, aber ihr gemeinsamer, zaghafter Ausflug in diese Welt hatte Frankie klar gemacht, dass er nur ein BDSM-Beobachter war.

Er hätte nie gedacht, dass er einmal so nah und intim daran beteiligt sein könnte.

Besonders nicht mit komplett Fremden.

In einer Hütte im Schneesturm.

In einer Hütte im Schneesturm, in der er offensichtlich tagelang festsitzen würde.

Dieses Mal versuchte Frankie angestrengt, sein Zittern zu unterdrücken. Er wollte wirklich nicht noch zusätzlich zu seinem eigenen Schock Marcus' Verachtung provozieren, doch als sich die Aktivitäten oben ihrem Höhepunkt näherten und Frankies Zittern stärker wurde, bewegte sich das Bett und Marcus' dunkles, bärtiges Gesicht tauchte über Frankie auf.

»Bist du okay?«

Hastig nickte Frankie. Er wollte, dass Marcus ihm glaubte, aber Paul schrie auf, als würde er ausgeweidet werden, und Frankies ganzer Körper verkrampfte sich daraufhin.

Zu seiner Überraschung wurde Marcus' Miene sanfter. »Ist schon okay. Ich weiß, sie spielen hart, aber Paul hält mehr aus, als du glaubst. Er sagt Arthur, wenn er etwas nicht will, und Arthur hört zu.« Marcus zog eine Grimasse, aber dieses eine Mal schien sein Unmut nicht Frankie zu gelten. »Die beiden sind ein verdammt mieses Paar und sie versuchen ständig, jemand Neues zu finden, aber sie sind schon ewig Freunde und irgendwie war es immer Teil ihrer Freundschaft, sich gegenseitig zu ficken.«

Seine Gesichtszüge wurden wieder weicher und für einen Moment wurde Marcus der sanftmütige Holzfäller aus Frankies Fantasie. »Mit dir hätten sie nicht so gespielt, wenn du mit ihnen ins Bett gegangen wärst. Nicht, wenn du es nicht gewollt hättest, aber sie hätten es versucht. Du scheinst nicht der Typ für so etwas zu sein, deswegen habe ich sie dich nicht da hoch zwingen lassen. Ich dachte, du hättest für heute genug zu verarbeiten, auch ohne ihre Sid-und-Nancy-Routine.«

»Danke«, flüsterte Frankie, unfähig etwas anderes zu sagen.

Mit einem knappen Nicken legte Marcus sich wieder hin. Frankie blieb noch einige Zeit lang nach dem Ende der oben stattgefundenen Darbietung wach. Während er auf dem Bett lag, eingehüllt in die Wärme, die Marcus' Körper unter der geteilten Decke ausstrahlte, schwamm Frankie in einem Meer der Reizüberflutung und Verwirrung.

 
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