Winterfeuer

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Kyle kannte Queer Eye vage. Carson musste der blonde Kerl sein, der ein wandelndes schwules Klischee war. »So schlimm bin ich nicht. Ich… spiele es nur ein bisschen auf, weil das die Dinge einfacher macht. Die Leute erwarten das. Es ist wie eine Mauer.«

»Ja. Reiß sie für Paul ein.«

Allein der Gedanke drehte Kyle den Magen um. Er schlang seine Arme darum und sackte in sich zusammen. »Und wer soll ich dann sein? Wag es nicht du selbst zu sagen.«

»Nun, für was soll er sich denn interessieren?«

Kyle zog die Schultern höher. »Das war hauptsächlich ich, als er mich dabei erwischt hat, wie ich den Penis gebaut hab. Er ist nicht interessiert, egal, was oder wer ich bin.«

Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Mit einem Finger tippte Gabriel auf den Schreibtisch, während er über etwas nachgrübelte. »Ich gebe zu, ich habe keine Ahnung, wie genau ich helfen kann. Oder eher, ich habe eine Ahnung. Aber ich warne dich. Es besteht keine Möglichkeit, diese Waffe zurück in den Schrank zu schließen. Und wenn ich Waffe sage, meine ich eine Belagerungswaffe.«

Kyle zog die Augenbrauen hoch. »Eine Belagerungswaffe?«

Gabriel wackelte mit den Augenbrauen. »Wie gut kennst du Arthurs Mutter?«

Kapitel 3

Paul lag auf dem Rücken, den Kopf zur Seite gelegt, während er eine Schraube an der Unterseite eines beschissenen Fertigschreibtischs anbrachte, als die Glocke über der Eingangstür zum Geschäft läutete. Er schluckte einen Fluch herunter, weil er mit diesem verdammten Teil beinahe fertig geworden war, und lächelte die Spanplatte an, damit sein Tonfall nicht verärgert klang. »Ich bin sofort bei Ihnen.«

»Oh, keine Eile, Schätzchen. Lass dir Zeit, wir warten.«

Das war die Stimme von Corrina Anderson. Arthurs liebevolle, aber bestimmende Mutter. Mit einem wir.

Paul legte den Bohrer und die Schraube zur Seite und glitt unter dem Schreibtisch hervor. »Wie kann ich dir helf…?«

Die Worte erstarben auf seinen Lippen.

Man musste Kyle zugutehalten, dass er sich sichtlich unwohl fühlte. Schwach lächelte er Paul an, bevor er seinen Blick umherschweifen ließ, um alles andere außer dem Mann vor sich anzusehen. Corrina, die das entweder nicht bemerkte oder nicht interessierte, fuhr auf ihre lebhafte, herrische Art fort.

»Ich habe wundervolle Neuigkeiten. Jane Parks hat Kyle dazu überredet, uns beim Projekt Winter Wonderland zu unterstützen. Er ist so ein großartiger Künstler – er kann diese hübschen Verzierungen aus der skandinavischen Volkskunst zeichnen, anstatt sie zu schablonieren.«

Kyle hob eine Hand. »Eigentlich müssen sie trotzdem noch schabloniert werden. Aber ich kann die Vorlagen entwerfen, ja.«

Corrina strahlte. »Siehst du? Deshalb brauchen wir einen echten Künstler im Team. Und da du für den Bau verantwortlich bist, Paul, möchte ich, dass ihr zwei euch so schnell wie möglich zusammensetzt, um eure Pläne abzustimmen.«

Paul geriet in Panik. »Der Bau? Wann wurde ich zum Verantwortlichen dafür ernannt?« Ich kann mich nicht mit Kyle treffen.

»Oh, Schatz, das bist du immer gewesen. Hat Arthur dir das nicht gesagt?« Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie sagen: Das ist ja mal wieder typisch mein Sohn.

»Corrina, ich würde sehr gerne helfen, aber wir sind bis oben hin mit Aufträgen ausgelastet und wenn Weihnachten –«

»Aber ist das nicht offensichtlich? Deshalb ist Kyle hier.« Mit einem stolzen Strahlen klopfte sie beiden auf die Schulter. »Ich habe Kyle bereits deine Handynummer gegeben, damit ihr eine Zeit ausmachen könnt, um euch zu treffen und die Einzelheiten zu diskutieren. Ich dachte, vielleicht wäre das Café ganz gut geeignet. Oh, Kyle, Schätzchen, schick Paul eine kurze Nachricht, damit er deine Nummer hat.«

Kyle zog sein Handy hervor und schrieb gehorsam eine SMS. Paul spürte, wie sein eigenes Handy in seiner Hosentasche vibrierte.

»Hervorragend.« Corrina rieb ihre Hände aneinander. »So, ich muss noch ein paar Einkäufe erledigen, bevor der Supermarkt leer gekauft ist. Ihr zwei schmiedet eure Pläne. Aber, Paul, halt Kyle nicht zu lange auf. Er muss an seine Schwester drüben in der Bibliothek denken.«

Corrina winkte ihnen über die Schulter zu, zog die Kapuze ihrer Jacke über den Kopf und eilte zur Tür hinaus. Und ließ Kyle und Paul zurück, die sich gegenseitig anstarrten. Verlegen.

Kyle durchbrach die Stille mit einem schweren Seufzen. »Sorry. Wenn ich gewusst hätte, wohin sie mich schleppt, hätte ich mir eine Ausrede einfallen lassen, um nicht herzukommen.«

Paul blinzelte. Das hätte er getan? »Oh, schon okay. Ich weiß, wie Corrina ist.«

Die Röte auf Kyles Wangen stand ihm gut, was Paul nie zuvor aufgefallen war. Warum er also jetzt damit anfing, war ihm schleierhaft. »Es ist nur, dass ich noch nicht weiß, wie ich mich bei dir entschuldigen soll. Für… alles.«

Er wollte sich entschuldigen? Paul runzelte die Stirn. »Schon okay«, sagte er automatisch, nicht ganz sicher, was er damit eigentlich beiseite wischen wollte. Es war nicht okay, dass Kyle ihm Sexnachrichten schickte und Penisse auf seiner Veranda zurückließ. Allerdings verwirrte es ihn, dass Kyle sich deswegen mies fühlte.

»Nein, ist es nicht.« Kyle nahm seine Schultern zurück und richtete sich auf, womit er durch und durch wie ein Schuljunge aussah, der seine verdiente Strafe entgegennahm. Nur… nein. Ausnahmsweise schien Kyle nicht jungenhaft zu sein. »Wenn wir zusammenarbeiten, will ich nicht, dass es zwischen uns unangenehm ist. Ich entschuldige mich dafür, dass ich dich so bedrängt habe und mich unangemessen verhalten hab, als du nicht interessiert warst. Ich hab dich übervorteilt und das tut mir sehr leid.«

Über…vorteilt? Bedrängt? Nun, ja, aber… »Es liegt nicht daran, dass ich nicht interessiert bin, aber du bist zu jung für mich –«

Kyle hob eine Hand. »Bitte. Schon gut. Du musst keine Entschuldigungen finden. Ich bin ein großer Junge. Ich komme damit klar, wenn ein Mann nicht auf mich steht.«

»Aber das ist es wirklich nicht, es ist nur –«

Kyle ballte alle Finger bis auf einen zur Faust und zielte mit dem Zeigefinger auf Paul. Und zwinkerte.

In seinem Inneren verspürte Paul einen seltsamen Ruck.

Kyle hob beide Hände und lächelte traurig. »Es ist in Ordnung. Wenn du nicht zu sauer auf mich bist, muss nichts weiter darüber gesagt werden, und ich verspreche, dass es nicht noch mal vorkommen wird.«

Paul fühlte sich schwindelig und aus der Bahn geworfen. »Ich bin überhaupt nicht sauer, aber ich will nicht, dass du denkst…« Paul wusste nicht, wie er seinen Satz beenden sollte.

Kyle hatte sein Handy hervorgezogen und wischte über das Display seines Smartphones. »Ich entschuldige mich im Voraus für meinen Terminkalender. Viele Nachtschichten. Für mich wäre der Dienstagabend am besten, aber wenn du da andere Pläne hast, kann ich sicher noch ein Zeitfenster finden.«

Nein, Paul hatte keine verdammten Pläne. »Dienstag passt.«

»Toll. Wäre sieben okay? Etwas spät fürs Abendessen, tut mir leid, aber ich muss bis sechs arbeiten.«

»Okay.« Es kam ihm vor, als wäre alles, was er Kyle zu sagen hatte, okay und in Ordnung.

»Du stehst jetzt in meinem Kalender. Wo willst du dich treffen? Im Café, wie Corrina vorgeschlagen hat?«

Das schien sicher und neutral zu sein und war ein öffentlicher Ort. »Klar.«

Kyle steckte sein Handy weg und zog seine Handschuhe aus den Hosentaschen. »Super. Ich kann einen Großteil der Schablonenausschnitte zu Hause machen und wenn das erledigt ist, könnte den Rest jeder andere auch schaffen. Oder ich könnte vorbeikommen, wenn du nicht arbeitest.«

Jetzt kam sich Paul wie ein Arsch vor. »Keine große Sache.«

Kyle war verlegen, zurückhaltend und… süß. Worauf Paul jetzt nicht länger achten würde. »Danke. Das ist… nett von dir.«

Trotz seiner Panik darüber, welcher Schalter in ihm umgelegt worden war, dass er Kyle unangemessen attraktiv fand, konnte Paul es nicht ertragen, wie unbehaglich sich Kyle fühlte. »Ehrlich, das ist es nicht. Die Skulpturen waren umwerfend. Und die…« Er errötete, als er sich selbst das Wort abschnitt, bevor er sagen konnte, dass die Sexnachrichten heiß gewesen waren. »Es ist in Ordnung. Schon okay. Im Ernst.«

Jetzt funkelten Kyles Augen auf geheimnisvolle, wissende Art, die ihn wie den Typ Mann erscheinen ließ, der Paul Textnachrichten darüber schickte, wie er ihm einen blasen würde, bis er sich nicht länger auf den Beinen halten konnte. Ein Lächeln, das Paul leicht hart werden ließ und all seine Ermahnungen, Kyle nicht süß zu finden, augenblicklich aus seinem Kopf verbannte. Das hier war nicht süß. Das war… heiß.

Es war nicht möglich, dass der tuntige Kyle Parks heiß war, aber, Scheiße, genau das war er.

Kyle salutierte und zwinkerte. »Bis Dienstag.« Er verließ den Laden.

Ein wenig erregt und verwirrt zog Paul sein Handy hervor und sah, dass er eine neue Nachricht von einer unbekannten Nummer hatte. Es war ein Emoji – eins dieser Bilddinger, die Frankie manchmal verschickte. Ein kleiner Schneemann.

Warum zum Teufel das ausreichte, um Paul am Ende doch hart werden zu lassen, konnte er nicht einmal im Ansatz erklären.

***

Sobald Kyle außer Sichtweite der Eingangstür war, tauchte Corrina unter dem Überhang des leeren Gebäudes neben Logan Design and Repair auf. Sie grinste ihn an, als wäre er mit einem Sack Bargeld entkommen. »Also. Das lief doch gut, denkst du nicht?«

Kyle war nicht sicher. Er rieb über den Handrücken seines Fäustlings, während er über die Schulter zum Gebäude sah. »Hat sich komisch angefühlt. Im Grunde hab ich gelogen.«

 

»Ach, pst. Paul erfordert ein wenig Arbeit, das ist alles. Du lügst nicht. Du legst eine Spur.« Sie nahm seinen Arm und lehnte sich verschwörerisch zu ihm, während sie durch den Schnee zur Bibliothek stapften. »Jetzt ist es Zeit für Phase zwei.«

Kyle kam immer noch nicht darüber hinweg, wie militärisch diese Kampagne war. »Informationsbeschaffung, richtig? Ich bin immer noch nicht sicher, was du damit meinst.«

»Ich meine damit, dass du einen Crashkurs über Paul Jansen nehmen musst. Zu lernen, was ihm gefällt und was nicht.«

Das war schwer anzufechten, insbesondere da Kyles gewöhnliche Taktik von Mach einen auf nett und flirte ihn nirgendwohin gebracht hatte. Andererseits hatte er fast geglaubt, dass Paul eben doch interessiert war, besonders zum Schluss. »Okay. Wo fangen wir an?«

»Das meiste kann ich dir in einer E-Mail schicken, aber für das Wichtigste brauchen wir die Bibliothek.«

»Die Bibliothek?«, wiederholte Kyle, doch Corrina drängte ihn vorwärts, als würde das, was auch immer sie erwartete, verschwinden, wenn sie nicht rechtzeitig kämen.

Als sie das Gebäude betraten, erhob sich Gabriel von der Ausleihtheke und grinste sie an, als sie sich den Schnee von den Jacken klopften. »Und? Wie ist es gelaufen?«

»Ein exzellenter Start.« Corrina legte ihre durchnässte Mütze in das Regalfach über den Jacken und Mänteln. »Hast du vorbereitet, worum ich dich gebeten habe?«

»Das habe ich in der Tat und sie in Kyles Namen ausgeliehen.« Gabriel bedachte Kyle mit einem Blick über den Rand seiner Brille. »Allerdings kann ich sie dir nicht aushändigen, bis du die Gebühr bezahlt hast, da sie zehn Dollar überschreitet. Bibliotheksvorschrift.«

»Was willst du mir denn geben?«, fragte Kyle.

»DVDs.« Corrina tätschelte Kyles Schulter. »Paul liebt die Filme von Lifetime das ganze Jahr über, aber zu Weihnachten wird er besonders maßlos.«

»Corrina hat die Auswahl getroffen – ich möchte nicht, dass du denkst, ich würde den Datenschutz unserer Stammkunden untergraben, indem ich seine Lieblingsfilme selbst herausgebe.« Gabriel schürzte die Lippen. »Das mit der Gebühr meine ich übrigens ernst. Du schuldest mir sogar über zwanzig Dollar.«

Kyle zog seine Brieftasche hervor und reichte Gabriel einen Zwanziger. »Ich muss mir also einen Haufen kitschiger Liebesfilme reinziehen?« Und Paul mag die?

Linda Kay hatte, begeistert über ihre Sonderbehandlung, in Gabriels Büro einen Film geguckt, während sie auf Kyle gewartet hatte, und flirtete mit ihm, als sie sich verabschiedeten. Kyle verließ die Bibliothek mit seiner Schwester, seinem Stapel DVDs und der Quittung seiner Gebühren, wobei ein roter Kreis um die Bemerkung gezogen war, dass er noch $5,65 nachzuzahlen hatte.

Fürs Mittagessen hielten sie beim Café, in dem Linda Kay abwechselnd die Handlung des Kinderfilms, den sie angesehen hatte, während sie gewartet hatte, wiedergab und Melodien aus ihren Lieblingssendungen sang. Sobald sie wieder im Auto saßen und auf dem Weg nach Hause waren, wühlte sich Linda Kay durch die DVDs, die Kyle ausgeliehen hatte. »Warum hast du diese ganzen Filme?«

Kyle war nicht sicher, wie er das erklären sollte. »Gabriel wollte, dass ich sie mal ausprobiere.«

»Sehen langweilig aus.«

Da musste Kyle zustimmen. »Ich werde ihnen trotzdem eine Chance geben.«

Mit dem ersten Film begann er noch an diesem Abend, während er von der Arbeit an der Skulptur einer Märchenprinzessin (mit Zauberstab) auftaute, die zum Schneedrachen gehörte. Corrina sagte, dass The Christmas Card einer von Pauls fünf Lieblingsfilmen war. Kyle legte ihn in den DVD-Player ein und rollte sich mit einer Häkeldecke zusammen, bereit, seinen Schwarm näher kennenzulernen.

Zwanzig Minuten später hatte er es aufgegeben sich einzureden, dass der Film gar nicht so schlecht war, und versuchte nur noch mit aller Kraft, sich nicht zu übergeben. Als seine Mutter hereinkam und fragte, was er machte, schaltete er den Film hastig aus, als wäre er bei einem Porno erwischt worden.

Er beendete den Film in seinem Zimmer und würgte während der nächsten Tage den Rest hinunter. Am Dienstag gab er sie auf dem Weg von der Arbeit nach Hause zurück, zusammen mit dem Rest seiner Ausleihgebühr.

Gabriel war nicht anwesend, Corrina jedoch schon und sie strahlte ihn an. »Und? Was denkst du?«

Kyle versuchte, sich auf die Zunge zu beißen, aber nach Tagen voller Schrott hatte er keine Chance. »Was ich denke? Oh mein Gott. Sie sind grässlich. War das ein Witz?«

»Nicht im Geringsten. Das sind einige von Pauls Lieblingsfilmen. Ich habe sogar mit Arthur Rücksprache gehalten, obwohl ich ihm nicht gesagt habe, warum ich das wissen möchte.« Verschmitzt musterte Corrina ihn. »Was hat dir an ihnen nicht gefallen?«

Wo sollte er da nur anfangen? »Erstens war die Hälfte davon gruselig religiös. In die Kirche zu gehen, ist okay«, fügte er hastig hinzu, da Corrina ihn in der fünften Klasse der Sonntagsschule unterrichtet hatte, »und du weißt, dass ich hingehe, wenn ich nicht arbeite, aber die waren so… mit dem Holzhammer. Und kitschig. Und ohne Tiefgang. Diese Charaktere sind nicht mal Karikaturen. Und was soll das Ganze, dass ständig ein Verlobter oder ein Freund sitzen gelassen wird? Ich meine, das passiert in jedem einzelnen Film.« Er versuchte, es dabei zu belassen, konnte es jedoch nicht. »Warum um alles in der Welt sind das Pauls Lieblingsfilme?«

»Das ist etwas, worüber du nachdenken solltest, nicht wahr?« Corrina nickte zur Uhr. »Bist du heute Abend immer noch mit ihm zum Essen verabredet? Um sieben?«

»Ich fahre jetzt nach Hause, um mich umzuziehen.«

»Gut. Zieh etwas Hübsches an, aber nicht zu hübsch. Auch nicht zu eng, Kyle. Überlass manche Dinge der Fantasie.«

Kyle begann zu bereuen, dass er Corrina hinzugezogen hatte. »Ich hatte nicht vor, mich für einen Club rauszuputzen. Wir essen nur im Café zu Abend.«

»Genau. Aber denk dran, Schätzchen. Egal, was passiert, ich möchte nicht, dass du ihn heute Abend küsst.«

Kyle lachte. »Ich bin ziemlich sicher, dass das nicht im Bereich des Möglichen liegt.«

Sie richtete einen Finger auf seine Nase. »Ich meine es ernst. Kein. Kuss. Ihr könnt euch nahe kommen, aber das ist alles. Das ist von entscheidender Bedeutung.«

»Verstanden.« Es war definitiv ein Fehler gewesen, Corrina hinzuzuziehen. Er ließ sein verführerisches Lächeln aufblitzen und winkte. »Wünsch mir Glück.«

Es hatte zu schneien begonnen, während er in der Bibliothek gewesen war. Nur ein leichter Schauer, doch nach so viel Schnee war es entmutigend und verdoppelte seine Fahrtzeit nach Hause. Während des Schneesturms vor ein paar Jahren hatte sein Bruder ihn mit dem Schneemobil zur Arbeit gebracht und nach dieser Erfahrung hatte Kyle ebenfalls Geld auf den Tisch gelegt und sich ein eigenes Schneemobil gekauft. Bis jetzt hatte er es nur in seiner Freizeit benutzt, aber irgendetwas sagte ihm, dass sich das dieses Jahr ändern würde.

Er gab sich nicht zu viel Mühe, als er sich für sein Nicht-Date zum Abendessen umzog, achtete jedoch darauf, dass seine Haare nicht abstanden, dass er einen dunkelgrauen Pullover trug, der seine Augen betonte, und nur einen Hauch von Kenneth Cole Reaction auf seine Pulsstellen spritzte.

Seine Mutter wackelte mit den Hüften und ließ ein Wow vernehmen, als er durch die Küche flitzte. »Du hast gar nicht gesagt, dass du ein Date hast.«

»Hab ich auch nicht.« Kyle wandte sich ab und beschäftigte sich damit, seinen cremefarbenen Strickschal umzulegen und etwas hochzuziehen, damit er keine Mütze brauchte. »Ich hab ein Treffen wegen dieser Winter Wonderland-Sache.«

»Also machst du die alten Ladies verrückt, indem du so gut aussiehst und riechst. Verstehe. Aber du solltest schnell was essen. Ich habe dir einen Teller im Ofen zurückgestellt.«

»Das Treffen ist im Café. Ich werde da was essen.« Er gab ihr einen Kuss auf die Wange, während er sich seinen Schlüssel aus der Schale über der Mikrowelle schnappte. »Bis später, Mom.«

Er wünschte, er hätte ihr Essensangebot angenommen, denn als er in die Stadt fuhr, knurrte sein Magen. Sein einziger Trost war, dass sich das Café bis sieben bereits geleert haben würde, da die meisten um sechs oder sogar schon um fünf essen gingen. Allerdings fand er den Parkplatz zum Bersten gefüllt vor, als er dort einbog. Tatsächlich musste er sogar zwei Runden drehen, bevor er einen freien Platz fand.

Paul stand sichtlich durcheinander in der Eingangstür. Jeder einzelne Platz war besetzt und die Leute reihten sich an den Fenstern auf, während sie auf freie Plätze warteten.

Drei Viertel der Plätze wurden von Frauen mit roten Hüten eingenommen. Eine von ihnen war Corrina Anderson, die Kyle entdeckte und winkte. Oh. Nein.

Hilflos deutete Paul auf das Gedränge. »Die Red Hat Society hat ihr abendliches Treffen hierher verlegt und die Wartezeit beträgt vierzig Minuten. An einem Dienstag. Vorher gab es nie eine Wartezeit. Niemals.«

Kyles Schuldgefühle, unabsichtlich ein Teil dieses Komplotts zu sein, wurden von seinem nagenden Hungergefühl verdrängt. »Ich kann unmöglich vierzig Minuten mit dem Essen warten. Ich will nicht die Prinzessin raushängen lassen, aber das ist kein Scherz. Zum Mittag musste ich unterwegs einen Müsliriegel mitgehen lassen und das war um elf. Ich bin am Verhungern.«

»Wir könnten was zum Mitnehmen bestellen, aber unter diesen Umständen wäre das Essen erst Gott weiß wann fertig.«

Gottverdammt, Corrina. »Weißt du was, ich hab es nicht eilig. Wir können es an einem anderen Tag versuchen. Uns vielleicht in der Bibliothek oder so treffen.« Und dann würde er seinem Helferlein nicht sagen, wann das Treffen stattfand.

In einer befangenen Geste rieb Paul seinen Hinterkopf. »Es gefällt mir nicht, dich hungrig zu verabschieden. Wir könnten sie im Spirituosenladen dazu bringen, uns eine Pizza warm zu machen.«

Im hinteren Bereich des Spirituosenladens gab es eine Bar, an der man für einen lächerlichen Preis eine aufgewärmte Tiefkühlpizza aus einem selten gereinigten Tischbackofen unter dem Tresen bekam. Kyle verkniff sich eine Grimasse. »Ich werd zu Hause was auftreiben.«

Nachdem Paul mit gerunzelter Stirn in Richtung Küche gestarrt hatte, hob er eine Hand. »Gib mir fünf Minuten.«

Kyle wollte ihn darauf hinweisen, dass er in fünfzehn Minuten zu Hause sein und Müsli in sich hineinschaufeln konnte. Stattdessen nickte er und drückte sich gegen den Hutständer, inzwischen kläglich ausgehungert inmitten des Essens anderer Leute. Er wartete darauf, dass Corrina herüber kam, um sich zu erklären, weil es ihm unter den Nägeln brannte, ihr für ihre lächerlichen Pläne den Kopf abzureißen. Allerdings würdigte sie ihn nicht mal eines zweiten Blicks, zu beschäftigt damit, ihren heißen Rindfleischburger auf Texas Toast zu essen. Was genau das war, was er bestellt hätte. Was er immer bestellte. Er würde jetzt weniger als zehn Minuten davor stehen, genau das zu essen, wenn Corrina nicht hier aufgekreuzt wäre. Und warum zum Teufel sie das getan hatte, würde er nie –

»Hier.«

Kyle blinzelte, als Paul wieder auftauchte und ihm einen Stapel Styroporbehälter vor die Nase hielt. Der Geruch von Fett, Fleisch, Kartoffeln und Brot fuhr ihm direkt in den Magen. »Was… wie?«

»Bin in die Küche gegangen und hab einen Gefallen eingefordert. Zwei Leute werden fünf Minuten länger auf ihr Essen warten müssen, aber dafür können sie sich hinsetzen, also ist alles gut.«

Pauls besitzergreifender, selbstzufriedener Ausdruck ließ Kyle dahinschmelzen. »Aber wo werden wir essen?«

In diesem Augenblick erkannte er Corrinas Plan. Irgendwie hatte sie gewusst, dass es genau so kommen würde. Irgendwie hatte sie gewusst, dass ihre Belagerung des Cafés damit enden würde, dass sie in der Bar am Highway, im Spirituosenladen, dem Geschäft oder Pauls Haus essen würden. Oh, Corrina. Du bist eine Meisterin deines Fachs.

Allerdings konnte Kyle sehen, dass es Paul unangenehm war, ihn mit zu sich nach Hause zu nehmen. Ehrlich gesagt, war Kyle nicht sicher, ob er bereit war, auf den Stufen zu stehen, auf denen er so gründlich zurückgewiesen worden war. Er ignorierte die Stimme in seinem Kopf, die ihn warnte, dass Corrina mit der Zunge schnalzen würde, und kam Paul auf halber Strecke entgegen.

»Wäre es okay, zu deinem Laden zu gehen? Ich nehme an, dass du die Pläne sowieso dort hast.«

Paul strahlte Erleichterung aus. »Ja. Das ist eine gute Idee. Ich meine, noch habe ich keine Pläne. Ich verstehe kaum, was es mit diesem Wonderland überhaupt auf sich hat. Allerdings gibt es im Geschäft keine sehr bequemen Sitzgelegenheiten.«

 

Kyle verlagerte das Gewicht der Schachteln, damit er eine Hand hochheben konnte. »Ernsthaft, im Moment brauch ich's nicht ausgefallen. Ich könnte das hier mit Freuden ohne Besteck unter der Straßenlampe essen.«

»Ich kann dir auf jeden Fall mehr als das bieten.« Paul grinste und Kyles Herz schlug einen Purzelbaum. »Na los. Ich nehme dich mit und du kannst dein Auto nachher holen.«

Siehst du, Corrina? Ich kann sogar schlauer sein als du. Kyle strahlte. »Danke. Klingt toll.«