Ich mach mir die Welt

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WAHRNEHMUNG GEGEN DEN STROM

Das Erkennen von Potenzial ist nicht selbstverständlich – gerade in einer Welt der Sensationen und Newsstürme. Stellt man im Silicon Valley ein Software Update, ist das wie bei einem Rockkonzert. Showtime, viel Licht und enormes Getöse. Unweigerlich schaut man hin. Unweigerlich glaubt man Zeuge einer Zukunft zu sein. Was wir aber wirklich sehen, ist Marketing. Gut gemacht, unterhaltsam und voller Ehrerbietung. Durchgeführt wie Gottesdienste in der Zukunft. Doch das stimmt nicht. Es bleibt Werbung.

Ähnlich verhält es sich mit den Großkundgebungen der Technologie-Szene: Events wie das SXSW in Austin oder das Web Summit in Lissabon. Abertausende Menschen pilgern dorthin, um dabei zu sein, wenn Zukunft passiert. Aber Achtung. Diese Veranstaltungen sind gar nicht so viel Zukunft, wie man glauben könnte. Vielmehr sind sie Showoffs der Technologie-Szene und Prognosen auf Basis dieser. Das ist spannend und zugleich aufregend und vor allem sehr gut gemacht.

In Sachen Zukunftskompetenz sind diese Events nur Randerscheinungen. Die Zukunft zeigt sich üblicherweise nicht im grellen Licht, sie kreuzt eher an unerwarteten Plätzen und Momenten auf. Oder wo haben Sie Ihre Partnerin fürs Leben kennengelernt?

Es ist eine ganz besondere Qualität, wenn es gelingt, in solchen Situationen das Zukunftspotenzial zu erkennen. Dafür sollte es Ihnen gelingen, sich nicht von Scheinwerfern und großen Guru-Ansprachen blenden zu lassen. Sie erkennen dadurch Möglichkeiten, wo die allermeisten nichts Besonderes wahrnehmen. Das ist Zukunft. Das ist eine ganz spezielle Form der Beobachtungsgabe.

MÖGLICHKEITEN NUTZEN: DAS NOCH-NICHT-WISSEN

Das Fundament des Möglichen ist das Noch-nicht-Wissen, das nicht zu berechnen ist. Was wir dafür brauchen, ist diese trainierte Beobachtungsgabe. Eine Art Intuition für das Kommende. Damit beginnen Sie vieles an Zukunft in der Gegenwart zu erkennen. In Garagen, Versuchslabors oder mitten unter uns, diese können Türöffner in ein Wissen sein, das wir noch nicht haben. Daher lebt die Zukunft von dem Erkennen von Möglichkeiten. Am ehesten kennt man diesen Zugang, wo es darum geht, Talente zu entdecken. Wie im Sport. Schon ganz früh will man diejenigen erspähen, die einmal Top-Skiläuferin oder -Fußballer werden sollen. Ein wahrer Boom der Talentescouts ist in den letzten Jahren entstanden. Die Potenzial-Sucher versprechen sich Ähnliches wie ich in Berlin: Man will die Zukunft entdecken: in einem Hinterhof in Nizza oder auf einem Futsal-Platz in Salvador. Man sieht einen talentierten, jungen Menschen. Man kann sich vorstellen, dass dieser alles hat, was man braucht. Potenziell. Daher wird man versuchen, dieses Talent zu fördern. So ist es auch mit Potenzialen im Leben: ob in Form einer Architekturrichtung oder einer flüchtigen Begegnung. Sie können lernen zu erkennen, ob es sich um ein Potenzial handelt oder eben nicht. Was Sie dafür brauchen: eine im ersten Moment wertfreie Beobachtungsgabe und ein Gespür für sich selbst. Denn unser bewusstes Denken stellt nur einen Bruchteil unserer Verarbeitung von Informationen dar. Wenn es um Potenziale geht, brauchen wir ein Vertrauen in den unbewussten Teil unseres Denkens. Gemeinhin würde man sagen, dass man sich auf sein Bauchgefühl verlassen sollte. Doch das wäre mir zu wenig. Es ist wesentlich mehr als Bauchgefühl. Potenziale zu erkennen bedeutet die Verbindung aus Denken und Fühlen. Vor allem wenn es um Möglichkeitsräume für Zukünftiges geht. Dann erschließen wir Noch-nicht-Wissen. Das kann man lernen; durch das Vermeiden von schnellen Wertungen einerseits. Durch das Denken in Zusammenhängen andererseits.

KONTEXTE SIND DIE LANDKARTEN DES UNBEKANNTEN

Erinnern wir uns noch mal an die Geschichte in dem Institut in Berlin. Bewerten wir die Situation zu schnell, drehen wir uns um und sind enttäuscht. Dann sehen wir die Zusammenhänge nicht. Was bedeutet das? Bleiben wir noch einen Augenblick in Berlin: Gesundheit hat einen riesigen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Viele Menschen leiden an chronischen Krankheiten: ein Drittel zum Beispiel an chronischen Schlafstörungen, ein weiteres Drittel hat Schlafprobleme – beides mit steigender Tendenz. Außerdem wird die Gesellschaft älter. Und wir leben in sehr verdichteten Wohneinheiten bei gleichzeitig steigender Einsamkeit. Alles Faktoren der Gegenwart. Wenn wir diese Zusammenhänge erkennen und mit der Idee von heilender Architektur verbinden, sehen wir Potenziale. Es sind die Kontexte, die uns helfen eine Situation einzuschätzen. Welche Kontexte beziehen sich auf das, was wir beobachten? Welche Arten von größeren Zusammenhängen können wir heute schon sehen? Können wir daraus Rückschlüsse ziehen auf das, was wir gerade beobachten?

Ein kleiner Tipp: Achten Sie sowohl auf Details wie auf das große Ganze – den Kontext. Die meisten Informationen dazwischen sind Allgemeinwissen, und daher wenig potenziell. Viel zu schnell wird unsere Aufmerksamkeit von Allgemeinplätzen verbraucht. Wenn ein Talentescout einem jungen Burschen beim Fußballspielen zusieht, achtet er nicht darauf, ob dieser das Tor trifft. Er schaut darauf, wie er sich bewegt, welche natürlichen Laufwege er nimmt. Er achtet auf Blickkontakte und Gesten. Kleinigkeiten, die für den normalen Zuschauer kaum auszumachen sind. Aber für den Scout machen diese Dinge den Unterschied. Zugleich sieht er das größere Bild, das er in seine Entscheidung mit einbezieht: Welche Talente werden gesucht, welche Clubs suchen welchen Stil? Wohin hat sich der Sport in den letzten Jahren entwickelt? Welches Talent kann den Unterschied machen? Details und Kontexte! Darauf kommt es an. Das Denken in Kontexten ist für viele Menschen schwer, es wird unseren Kindern sogar abtrainiert. Eine junge Mutter hat mir unlängst von ihrer Tochter erzählt. Diese sei ein sehr lebhaftes Kind und besucht die Volksschule. Ein Gespräch mit der Lehrerin des Kindes schilderte mir die Mutter so:

»Ihre Tochter ist sehr lebendig und wissbegierig.«

»Ja, das weiß ich. Auch zu Hause fragt sie mir ständig Löcher in den Bauch.«

»Tatsächlich denkt sie sehr vernetzt. Sie bringt in jeder Unterrichtsstunde Erfahrungen aus anderen Fächern mit.«

Eine kurze Pause.

»Aber gut. Wir werden sie trotzdem irgendwie durchbringen!«

Die Mutter war sehr aufgeregt. Sie konnte diesen Befund kaum fassen. War es nicht genau das, was wir in der modernen Arbeitswelt von den Menschen verlangen? Eigenständiges vernetztes Denken! In dieser Volksschule jedenfalls war es ein Problemfall. Ich vermute, das ist kein Einzelfall. Spielerisch zwischen Kontexten wechseln zu können, ist Basiswissen für das 21. Jahrhundert. Lassen Sie niemals zu, dass man Ihnen oder Ihren Kindern das abtrainiert.

Noch wesentlicher ist das beim Erspüren von Potenzialen. Darauf werden wir kaum sensibilisiert. Es lohnt sich, dieses vernetzte Wahrnehmen zu trainieren. Das können Sie jederzeit tun. Auch jetzt.

DREI KLEINE ÜBUNGEN FÜR ZWISCHENDURCH

Aus einem Arbeitsbuch des Zukunftsinstituts stammen die folgenden drei Übungen. Diese sind kleine Augenübungen. Das Visuelle ist unser primärer Sinneskanal. Über die Augen nehmen wir am meisten Informationen auf. Wir interpretieren auch visuell, indem wir Bilder im Kopf entwickeln. Die folgenden visuellen Übungen trainieren den Sehsinn, um Zusammenhänge besser erkennen zu können. Lehnen Sie sich zurück und machen Sie den Spaß mit.

Peripheres Sehen: Erweitern Sie Ihr Blickfeld, indem Sie bewusst auf Randphänomene achten, die sich eigentlich nur in Ihren Augenwinkeln ereignen. Unser Blickfeld ist weiter, als wir das normalerweise nutzen. Im Alltag fokussieren wir häufiger, als wir loslassen. Daher: Lassen Sie den Fokus los und verlassen Sie sich auf Ihr ganzes Blickfeld. Sie werden erstaunt sein, was sich in der Peripherie alles abspielt.

Wenden Sie es auf eine Situation an, die Ihnen wichtig ist. Gehen Sie in den breiten Blick. Könnten sich dort, in Ihrem peripheren Sichtfeld, Dinge abspielen, die für Sie eine unerwartete Relevanz entwickeln könnten?

Langsames Sehen: Nehmen Sie sich Zeit und betrachten Sie die Welt, ohne direkt an Pflichten, Nutzen und Interpretationen zu denken. Blicken Sie nicht nur auf das unmittelbar um Sie Liegende, sondern auch in die weitere Ferne. Worauf verweilt Ihr Blick, wenn er nicht gelenkt wird?

Defokussiertes Sehen: Haben Sie den Mut, Ihren Blick zu entschärfen und ihm die Klarheit zu nehmen. Zum Beispiel, indem Sie die Augen etwas zukneifen. Was sehen Sie Neues, wenn Sie sich die Freiheit nehmen, sich beim Blick auf ein Detail nicht sofort das Gesamtbild hinzuzudenken? Wenn Sie Vorannahmen und vermeintliches Wissen über Bord werfen?

Kontexte und Zusammenhänge sieht man besser in Unschärfe, im Nicht-Fokus. Die meisten Menschen sind in ihrem Alltag darauf angehalten, fokussiert zu sein. Wer kennt das nicht: Jedes Meeting muss sofort ein Ergebnis haben, jeder Tag ein Ziel erfüllen. Andererseits sind wir auch sehr schnell abgelenkt: Soziale Medien zerren unsere Aufmerksamkeit in die Belanglosigkeit. Dazwischen einen Raum des stillen Wahrnehmens von Zusammenhängen zu finden, ist nicht leicht, aber für die Zukunft essenziell: Leidlich erfahren habe ich das vor mehr als zehn Jahren, als ich in einer solchen Unschärfe das Thema »Sharing« am Radar hatte. Ich hatte zu dieser Zeit viel mit der Tourismusindustrie zu tun. Mehrfach versuchte ich meine Trend-Wahrnehmung mit Menschen aus der Branche zu besprechen, das ging dann wiederholt etwa so:

»Sharing wird vermehrt zu einer Haltung und einer Kultur. Gerade junge Menschen springen auf diese Idee an. Sie wollen Dinge benützen, nicht besitzen.«

 

»Ich versuche zu verstehen, was Sie mir sagen. Nur kann ich mit dem Blick auf unsere Branche da keine Zukunft erkennen. Im Gegenteil: Das hat mit uns nichts zu tun.«

»Aber es handelt sich um einen Wandel in der Haltung. Es werden Angebote folgen, auch wenn diese heute noch nicht klar sind.«

»Das sehe ich anders. Das wird an uns vorübergehen.«

In einem »Stern«-Interview vom 19. September 2013 hat Nathan Blecharczyk, einer der Gründer von Airbnb, im Grunde dasselbe gesagt: »Uns hat niemand ernst genommen.« Heute sieht das anders aus. Nach Angaben des Unternehmens vermittelt Airbnb zwei Millionen Übernachtungen täglich! Man kann nicht mehr behaupten, dass dies nichts mit der Tourismusindustrie zu tun hat. Aber wie heißt es so schön: Im Nachhinein ist man immer klüger. Aber darum geht es hier. Wie gelingt es, dass man in seinem eigenen Leben nicht nur im Nachhinein klüger ist? Das Erkennen von Kontexten und Zusammenhängen ist eine essenzielle Qualität genau dafür. Verschaffen Sie sich Blick für Potenziale. Üben Sie sich im Erfassen von Kontexten – das sind Grundsteine für das Arbeiten mit Möglichkeiten.

MUTIG VORAN

Die dritte Zutat zum Erkennen von Möglichkeiten ist der Mut. Oder genauer formuliert: der Zukunftsmut. Zukunft erfordert, dass wir uns auf das Ungewisse und Unsichere einlassen. Die Zukunft per se ist unbekannt. Prognosen helfen uns dabei zu erkennen, welche Entscheidungen heute anstehen könnten. Aber sie sagen nicht die Zukunft voraus. Potenziale geben uns Hinweise darauf, welche Möglichkeiten sich in Zukunft realisieren könnten. Doch diese sind keine Garantie. Also bleibt uns Menschen der Mut. Dabei ist Mut nicht mit Wagemut zu verwechseln. Mutig ist jeder Mensch, der sich über seine gewohnten Komfortzonen hinwegsetzt und sich selbst überwindet. Mut hat nichts zu tun mit Heldentum. Es ist eine klare Entscheidung für sich und seine Zukunft. Peter Sloterdijk hat dafür einen ganz hervorragenden typologischen Begriff entwickelt. Er spricht von »Zukunftsprovokateuren«. Damit meint er Menschen, die sich auf die Zukunft einlassen wollen. Der potenzielle Möglichkeitsraum ist groß, aber eben nicht schicksalshaft vorgezeichnet. Um Möglichkeiten zu erkennen, sollte man sie auch ergreifen wollen. Denn ob es eine Möglichkeit ist oder nicht, ergibt sich oft erst durch das Tun oder durch das Provozieren von Zukunft. Potenziale zu erkennen, ist das eine. Sie zu entfalten, das andere.

Boyan Slat, ein junger Mann aus den Niederlanden, wollte eigentlich Astronaut werden, doch stattdessen hat er ein Verfahren entwickelt, um das Meer von Plastik zu befreien. Die vorausgehende Beobachtung hatte er bei einem Familienurlaub in Griechenland im Jahr 2011. Bei Tauchgängen fiel ihm der Müll auf, er wollte etwas tun. Das Potenzial entdeckte er dann im Labor. Er entwickelte ein Verfahren, um das Plastik aus dem Meer zu fischen. Niemand hielt es für möglich. Aber er fasste Mut und fing an. Heute hat er sein eigenes Unternehmen – The Ocean Cleanup. Und er reinigt. Ein wahrer Zukunftsprovokateur.

Nicht jeder Mensch ist zu jeder Zeit dazu in der Lage oder auch bereit. Die Möglichkeiten herauszufordern, ist keine ganz simple Aufgabe. Nicht umsonst verbreitet sich eine vermehrte Diskussion über Fehler. In einer Null-Fehler-Umgebung werden wir uns nicht dem Möglichen zuwenden, sondern immer nur dem statistisch Belegten. Doch Wahrscheinlichkeiten, so haben wir gelernt, zeigen nicht die Zukunft. Sie helfen uns, rückwirkend zu behaupten, nichts Falsches gemacht zu haben. Wer mutig ist, wird auch Fehler machen. So viel steht fest. Daher ist es schlau, sich auf Fehler einzustellen. Zum Leben gehört die Ungewissheit. Sie ist unser ständiger Begleiter. Ungewissheit ist die Quelle des Möglichen.

UNMARKIERTE BEOBACHTUNGEN UND NEUE BEGRIFFE

In der Trendforschung beschäftigt man sich mit den vorher beschriebenen Potenzialen. Die Basis dafür bilden Beobachtungen. Dafür werden unterschiedlichste Quellen herangezogen: wissenschaftliche Untersuchungen, öffentliche Meinungsentwicklung, Datenauswertungen und Expertenwissen; ebenso wie ein ständiger Dialog mit Vordenkern und Pionieren. Die Vielfalt der Quellen ist wichtig. Es entsteht eine differenzierte Wahrnehmung der Welt. In den Korrelationen dieser Beobachtungen erkennen Trendforscher Muster. Diese werden markiert, aber noch nicht benannt.

Hier ein Beispiel solcher Beobachtungen: 1. Immer mehr Menschen leiden daran, dass sie ihre Aufmerksamkeit nicht mehr selbstbestimmt einsetzen können. Die ständige Flut der Social Media fordert ihren Preis. 2. So viele Menschen wie nie zuvor besuchen Yogastudios und buchen Entspannungskurse. 3. Immer mehr Unternehmen setzen auf Maßnahmen, die nicht die Effizienz, sondern das Wohlfühlen steigern sollen. 4. Ein soziologisches Buch von Hartmut Rosa zu »Resonanz« landet auf den Bestsellerlisten.

Diese vier Beobachtungen haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun, dennoch erkennt man darin ein Muster. Jede der Beobachtungen erzeugt eine Distanz zur klassischen Leistungsidee unserer Gesellschaft. Die Frage, die unscharf zu erkennen ist: Wie gelingt es Menschen, in einer Zeit der Beschleunigung ruhig und selbstwirksam zu bleiben?

In der Trendforschung markieren wir diese Entwicklungen und schauen eine Zeit lang zu. Ohne zu werten, ohne zu kommentieren. Bis zu dem Moment, an dem klar wird, dass all diese Entwicklungen einen größeren, gemeinsamen Kontext haben. Erst dann benennen wir diese Veränderung. In dem beschriebenen Beispiel haben wir das »Die neue Achtsamkeit.« genannt: Durch die Begriffsgebung entsteht nun eine Wahrnehmung für den größeren Zusammenhang. Der Begriff »Achtsamkeit« wird zum Griff für den Möglichkeitsraum. In ihm drückt sich ein Trend aus. Wir erfassen durch den Begriff das Potenzial für Zukünftiges. Begriffe wie diese nehmen nichts vorweg. Sie sagen nicht: »So ist die Zukunft«, aber sie erzählen die Geschichten, die der Wandel bereithält, und machen Möglichkeitsräume begreifbar.

Dieses Vorgehen lässt sich auf den persönlichen Umgang mit Möglichkeiten übertragen. Dazu ein kleiner Leitfaden:

Seien Sie aktiv neugierig und interessiert an dem Wandel der Welt.

Nutzen Sie Prognosen als das, was sie sind: Hinweise.

Achten Sie auf Potenziale. Diese zeigen sich meist unerwartet.

Seien Sie sensibel für Details. Sie machen den Unterschied.

Beobachten Sie die Kontexte. Überblicken Sie das größere Bild.

Finden Sie einen Be-Griff für das, was Sie als Potenzial erkennen.

Haben Sie Zukunftsmut. Provozieren Sie das Mögliche.

IHRE ZUKUNFT STEHT AUF DEM SPIEL

Ich möchte um Ihre Faszination für Zukunft werben. Schließlich geht es um alles. Die Zukunft, die wir uns gestalten, ist die Gegenwart vom Heute und Morgen. Das trifft auf uns als Gemeinschaft zu. Das trifft auf Sie als Individuum zu. Ein wichtiges Fundament Ihrer Zukunft ist Ihre Neugierde. Wenn Sie diese wecken können, haben Sie schon viel erreicht. Darüber hinaus benötigen Sie eine gute Beobachtungsgabe, ein wahrnehmendes Bewusstsein, das über unser Alltagsbewusstsein hinausgeht. Unsere Gegenwart ist geprägt von Überforderung und Ablenkung. Wir sind eingebettet in eine Welt der Shows, Gigs und Sensationen. Daher ist es nur allzu leicht, dass man unsere Aufmerksamkeit verführt und ablenkt mit vermeintlichen Zukünften. Dann starren wir auf Produktshows aus dem Valley oder das Staatstheater in China. Und wir sagen dann: »Wow, dort ist Zukunft.« In den allermeisten Fällen ist es dies aber nicht. Wir müssten sagen: »Wow, was für eine Show.« Die wirkliche Zukunft verbirgt sich oft im Undeutlichen. Die spannenden Entwicklungen sind meist nicht die offensichtlichen. Aber gerade weil wir so eingebunden sind in ein Dauerfeuer von Prognosen und Zukunftspredigten, sind wir prognostisch verseucht. Zu erkennen, wo echte Potenziale liegen, ist alles andere als einfach. Umso wichtiger ist es, dass wir ganz bei uns selbst sind, wenn wir uns mit der Zukunft unterhalten. Damit wir unseren Kopf und unser Gefühl freibekommen für das, was wirklich zählt.


DIALOG MIT MEINER WELT

Hallo Welt.« »Hallo Du.«

»Sag mal, wie bist du eigentlich entstanden?«

»Ich bin mit dir geboren.«

»Wie mit mir? Du warst doch schon längst da. Auch vor mir.«

»Nein. War ich nicht.«

»Wie meinst du das?«

»Ich bin deine Welt. Ich bin mit dir geboren.«

»Aber meine Eltern waren schon vor mir da, und da hat es die Welt auch schon gegeben.«

»Nein, das war deren Welt. Ich bin erst da, seit es dich gibt. Cool, oder?«

»Quatsch. Du bist die Welt. Du bist die Erde, das Meer, das Internet. Das bin nicht ich.«

»Doch, das alles bist du. Du sagst es ja gerade. Wenn du nicht da wärst, wäre auch die Welt nicht da. Ich wäre nicht da.«

»Was willst du mir damit sagen?«

»Na ja, wie kann es die Welt geben, wenn es dich nicht gibt. Wer weiß dann, dass es eine Welt gibt?«

»Na, alle anderen, die dann da sind.«

»Ja, aber die kennen ja nur ihre Welt. Nicht die deine. Das ist was anderes. Die Welt, das bist du. Du machst dir deine Welt.«

»Ich mach mir meine Welt?«

»Ja, so ist das. Und weil du dir deine Welt machst, bist du auch Schöpfer, Gestalter, Verwalter. Du bist Autor, Regisseur und Produzent. Du bist auch Darsteller und Publikum. Alles bist du.«

»Du meinst im Film meines Lebens? Das kann ich verstehen. Aber noch mal: Da gibt es eine Welt unabhängig von mir.«

»Woher kannst du das wissen?«

»Aber bitte: Ich bin doch nicht dämlich. Schau raus aus dem Fenster. Da sind doch alle. Das Haus dort wird es auch geben, wenn ich nicht mehr da bin. Und es hat es auch schon vorher gegeben.«

»Solange du das glaubst, bin ich also nicht deine Welt. Dann bin ich irgendeine Welt.«

»Wie meinst du das schon wieder?«

»Wenn du glaubst, dass es eine allgemeine Welt gibt, so lange bin ich – deine Welt – nichts wirklich Besonderes. Aber hey, ich könnte was Besonderes sein. Ich bin echt cool. Deine Welt ist wirklich cool.«

»Meine Welt ist cool?«

»Ja, ich bin cool. Und außerdem: Ich weiß schon, was du meinst. Da sind Bäume, Häuser, Tiere; viele Menschen, Technologie; Flüsse, Meere und das Weltall. Und noch vieles mehr. Aber das alles interpretiere ich für dich. Ich bin deine Welt. Und ich bin nicht vollständig. Ich bin nie all das, was es geben könnte.«

»Hmm. Wenn ich auf ein Haus schaue, dann gefällt es mir oder nicht. Das ist meines. Und ich interessiere mich sehr für Tiere. Da kenn ich mich aus. Das ist meine Welt! Ach so, jetzt verstehe ich langsam, was du meinst. Das ist aber ein bisschen kompliziert, oder?«

»Ja, du bist nicht einfach gebaut. Aber du bist ja auch ein Mensch. Tiere können sich nicht ihre Welt machen.«

»So gesehen kann ich das nachvollziehen. Ich mach mir meine Welt.«

»Ja, genau. Und hier bin ich.«

»Aber dann kann ich dich ja beliebig formen. Super. Dann wünsch ich mir jetzt von meiner Welt …«

»Stopp, warte mal. So einfach geht das nicht. Ich bin mit dir entstanden. Und du hast mich schon sehr lange trainiert, zu sein, wie ich bin. Ein einfacher Wunsch hilft da nicht. Wenn du mich verändern möchtest, muss du schon was dafür tun.«

»Ah, anspruchsvoll auch noch, meine Welt?«

»Ja, so ist das nun mal. Ich bin auch nicht mehr die Jüngste. Wenn du meinst, ich müsse nun anders werden, dann bitte hilf mir dabei. Nicht wünschen.«

»Gut, das ist fair. Du, meine Welt. Ich würde mich gerne entwickeln. Wie muss ich dich ändern, damit das gelingt?«

 

»Bau dir eine Zukunft!«

»Du verwirrst mich schon wieder. Wie soll ich mir eine Zukunft bauen? Die kommt ja auf mich zu!«

»Nein. Zukunft baust du. In deinem Denken und Fühlen. Du musst daran arbeiten. Zukunft ist vor allem eine Vorstellung der Welt. Stell dir also mich vor, wie ich anders wäre.«

»Doch wünschen?«

»Nein. Dran arbeiten. Zukunft ist ein Raum voller Möglichkeiten. Da musst du durch. Deine Potenziale erkennen. Die Möglichkeiten realisieren. Sie für dich in Beziehung bringen mit den Welten der anderen. Dir Bilder entwickeln, was Zukunft für dich ist. Außerdem musst du Teile von mir loslassen. Ich bin dir vielleicht manchmal sogar im Weg, wenn es um Zukunft geht.«

»Meine Welt? Du bist mir im Weg?«

»Ja, nicht ganz und gar. Aber klar. Wir beide haben schon so manche Gewohnheiten entwickelt. Die könnten einer Zukunft im Wege stehen. Also: einer anderen Vorstellung von Welt. Ich bin bereit, du?«

»Autsch. Das ist aber schade. Ich mag dich eigentlich gern!«

»Ja. Zukunft tut manchmal weh, ist aber geil.«

»Hey, Zukunft tut weh, ist aber geil. Das hört sich super an.«

»Also. Was meinst du. Bist du bereit?«

»Bereit, wenn du es bist.«

»Ja. Lass uns Schwung holen!«

»Auf in die Zukunft!«

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