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Harald Winter

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Blauwelt

Landung

Tauschhandel

Nahrung

Energie

Politik

Flucht von Blauwelt

Impressum neobooks

Blauwelt

Als ich die Augen öffnete blendete mich das grelle Licht das meine Kabine bis in den letzten Winkel durchflutete. Mein … Unmut über die Techniker, die für die Beleuchtung in unserem Schiff verantwortlich zeichneten nahm mit jedem neuen Tag weiter zu. Natürlich waren diese Techniker nicht an Bord. Keiner der Konstrukteure nahm an der Reise teil. Das hätte ich auch nicht getan, wenn ich am Bau des Dings in dessen Inneren wir Lichtjakarta um Lichtjakarta zurücklegten beteiligt gewesen wäre. Dummerweise war ich der Kapitän. Ich konnte das Schiff fliegen verstand aber kaum wieso es sich überhaupt bewegen ließ. Meine Fähigkeiten lagen auf anderen Gebieten. Das behauptete zumindest das Oberkommando. Man hatte mich zum Vorgesetzten eines Haufens von Wahnsinnigen gemacht, die ausgesandt worden waren um Kontakte zu unbekannten Zivilisationen zu knüpfen. Meiner Meinung nach hätte dieses Vorhaben nicht mal eines Starts bedurft. Jedenfalls glaubte man, ich könnte der Situation Herr werden und das Unternehmen zum Erfolg führen. Wer diesen Unsinn warum in die Welt gesetzt hatte war mir nicht bekannt. Jedenfalls war an Bord unseres Schiffes eine Menge unbekannt. Jedoch kaum irgendetwas zivilisiert. Wahrscheinlich sollten wir deshalb auch außerhalb der dicken Wände, die uns vor dem Vakuum das die öde Dunkelheit weiter entleerte beschützten, nach Trägern von zielgerichteter Intelligenz suchen.

Meine Finger fuhren durch mein dichtes, grünes Haar. Seufzend erhob ich mich von meiner Liegestatt. Immer wieder beschäftigten mich dieselben Gedanken. Ich begann bereits, einen Besuch in unserem Geistesmedizinischen Zentrum in Erwägung zu ziehen. Der Kommandant eines Raumfahrzeugs, dessen Entwicklung Unsummen verschlungen hatte, in Behandlung bei den Seelenverschlingern. Ich musste mich zusammenreißen.

Ein in grellem Rot blinkendes Lämpchen riss mich aus meinen Grübeleien. Jemand oder etwas bedurfte meiner Aufmerksamkeit. Wahrscheinlich der diensthabende Offizier. Das Schiff selbst benachrichtigte die Zentrale, wann immer der Kapitän seine Ruheperiode beendete. Es dauerte oft nur Jaazuras, bis sich daraufhin jemand berufen fühlte Meldung zu machen. „Guten Morgen Sir! Während ihrer Abwesenheit haben wir nichts gefunden.“ Das war es, was ich immer und immer wieder zu hören bekam. Immerhin war dies eine vom Militär durchgeführte Mission. Das Ausbleiben einer Meldung kam da einer Auflösung jeglicher Ordnung in Chaos und Panik gleich.

Ich fixierte einen Punkt direkt neben dem blinkenden Licht. Die Schaltung sprach an. „Guten Morgen Sir! Während ihrer Abwesenheit wurde ein möglicher Zielplanet entdeckt.“ Die Stimme klang, als würde ihr Besitzer vom Auffinden von Wasser in einem Ozean berichten. „Was? Wo? Warum?“ entfuhr es mir. Ruhig, ruhig. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren. „Ein Planet mit einem relativ hohen Wasseranteil in der gemäßigten Zone seines Systems. Drei Lichtjakartas von hier in Sektor 3DF. Wahrscheinlich ein spontaner Akt der Schöpfung“. In gelangweiltem Ton hatte mein Gesprächspartner meine Fragen militärisch exakt beantwortet. „Zeedle?“ fragte ich. Das konnte nur der Bordphlegmatiker sein. Oder ein Roboter. „Jawohl Kapitän, Sir!“ Zeedle schaffte es, selbst kürzeste Sätze bis an die Grenzen des Machbaren zu dehnen. Wenn ich wieder einmal nicht einschlafen konnte, würde ich diesen Kerl an meinen Com holen und das zabalonische Rechtssystem diskutieren. Für den Fall, dass es mir gelang über die Begrüßung hinaus wach zu bleiben. „Richten sie dem Diensthabenden aus, dass ich auf dem Weg zur Brücke bin. Ende!“ Zeedles Erwiderung wartete ich nicht mehr ab. Ich wollte die Zentrale erreichen, bevor wir uns auf dem Rückflug in die Heimat befanden. Außerdem fragte ich mich zum Wiederholten Male, warum ich gerade Zeedle zu meinem Adjutanten gemacht hatte. Eine Antwort fand ich nicht. Zumal meine Gedanken immer wieder um das Wort „Zielplanet“ kreisten. Aufgewühlt betrat ich die Waschzelle meiner Kabine. „Normaler Dienst“ sagte ich nachdem die Tür sich geschlossen hatte. Etwas summte. Für einen Augenblick wurde es dunkel. Die Zelle entließ mich gepflegt und vollständig eingekleidet. Da sollten die Technikfeinde noch einmal behaupten, das Leben wäre früher einfacher gewesen. Blödsinn.

Voller Elan sprang ich vom Transportband. Wir gingen nicht zu Fuß. Außer es gab keine andere Möglichkeit. Energiebänder durchzogen das Schiff in jede Richtung die in einem 3-Dimensionalen Raum mathematisch beschrieben werden konnte. Man stellte sich darauf und ließ sich zu seinem Ziel tragen. Natürlich konnte man auf den Bändern auch gehen oder laufen. Aber wozu? Die Dinger waren schnell genug für jeden Zweck. Das Schiff prüfte meine Identität und öffnete die Zentralschleuse, als es zu dem Schluss kam, dass nicht nur mein Gesicht dem des Kommandanten entsprach. Ein verkleideter Saboteur würde wohl bereits als Wolke voneinander gelöster Teilchen verwehen. „Sir!“ Die Schleusenwache riss die Hand in einer exakten Bewegung nach oben. Die Finger berührten den rechten Mundwinkel. Lässig winkte ich ab und betrat die Zentrale des Schiffs.

Der Anblick war immer wieder erstaunlich. Blinkende Lichter, Bildschirme und eine ganze Menge Crewmitglieder, die überaus geschäftig wirkten. Ich wusste es besser. Die Mannschaft war eigentlich nur hier um ein Auge auf das Schiff zu haben. Den Rest besorgte das Schiff unabhängig von seinen biologischen Mitreisenden. Die Intelligenz, die uns alle durch den Raum trug war jedem ihrer Passagiere überlegen. In allen Belangen, die für die Mission von Bedeutung waren. Es wäre allerdings schwierig gewesen wäre, die Mittel für eine Expedition aufzutreiben, bei der eine künstliche Lebensform die Hauptrolle spielte und darum waren wir hier. Darum trafen wir die Entscheidungen, die das Schiff viel schneller und sicherer hätte treffen können.

Ich versuchte mich unerkannt an den Diensthabenden, diesmal der erste Offizier, heranzuarbeiten. Nur um zu sehen, was er zu tun pflegte wenn er sich unbeaufsichtigt fühlte. Zum wiederholten Male gelang mir das nicht. „Kapitän anwesend!“ brüllte jemand zu meiner Rechten. Alle die dazu in der Lage waren, veränderten schlagartig ihre Körperhaltung. Verbissene Gesichter wandten sich mir ruckartig zu. Ich ließ mir Zeit. Bedachte jeden einzelnen mit einem strengen Blick. Einige schienen bereits unter Atemnot zu leiden. Militärische Haltung ist nun einmal nichts für Schwächlinge. „Weitermachen!“ rief ich. Ich hatte mich sattgesehen an Ehrerbietung. Das Geräusch, als 50 Atmungsorgane wieder zur Tagesordnung übergingen verlieh mir ein Gefühl von Größe. Für einen kurzen Augenblick. Drei Crewmitglieder stürmten auf mich zu. Als wollten sie mich zwischen ihren Körpern zerquetschen. Der erste Offizier, der Analytiker und der Stratege. Drei Arme zuckten. Zwei Stimmen brüllten. „Schon gut. Was gibt es?“ sagte ich, das Klingen in den Ohren ignorierend. „Der Planet trägt Leben! Das Schiff wertet gerade die Daten der Fernanalysatoren aus. Es gibt Anzeichen dafür, dass wir auf echte Intelligenzen treffen werden.“ Dienstbeflissen und irgendwie ölig. Der Erste war ein Schleimer. Hatte die Akademie mit Auszeichnung absolviert und eine makellose Karriere hingelegt. „Danke Erster!“ sagte ich. „Wann werden wir die Umlaufbahn des Planeten erreichen? Und … was mir viel wichtiger erscheint … werden die uns bemerken?“ Der Analytiker hob die Hand. Er legte dabei eine Agilität an den Tag, die ich ihm niemals zugetraut hätte. Jeder wollte in dieser wichtigen Angelegenheit einmal das Wort ergreifen. „Die Beantwortung dieser Frage ist auf Basis der momentan vorliegenden Daten nicht möglich. Das Schiff wird noch ungefähr drei Zeiteinheiten für die notwendigen Analysen benötigen. Sobald die Daten vorliegen, kann ich ihnen detailliert darlegen, ob es uns möglich sein wird unsere Anwesenheit vor den potentiell intelligenten Bewohnern des Planeten zu verbergen Sir.“ Zufrieden sah Zerg mich an. Selbst die zurückhaltende Mimik dieses Rationalisten konnte nicht verbergen, dass er wie jeder Offizier auf das wohlwollende Lob seines Vorgesetzten aus war. Immerhin. Er hatte mir wortreich erklärt, dass wir absolut gar nichts wussten. „Wunderbar. Ich warte dann auf ihren erweiterten Bericht Zerg.“ Ich lächelte ihn an. „Mal sehen, ob der Stratege noch einen draufsetzen kann“. Ich biss mir auf die Zunge und hoffte, dass ich die Worte nicht laut ausgesprochen hatte. Tongs Blick löste etwas in mir aus, das sich anfühlte, als wäre ich in einem Windkanal gelandet. Mit nasser Kleidung. Unser Stratege war hart wie zyponischer Stahl. Sein ganzes Wesen wirkte, wie aus diesem einen Material gegossen. Seine Augen erinnerten mich an die, einiger Lebewesen, die ausgestattet mit unglaublich vielen Zähnen, in den Tiefen unserer Meere lebten. „Tong?“ Ich gab mir Mühe meiner Stimme einen erwartungsvollen Klang zu verleihen. „Nun Kapitän. Keine Daten, kein Schlachtplan. Sir.“ Wie immer hatte der Stratege die Pause, die er vor jeder Ehrenbezeugung äußerst penibel einhielt, strategisch platziert. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass nur ein ungnädiges Schicksal die Ursache dafür war, dass er nicht an meiner Stelle stand und ich ihn mit Sir anzureden hatte. Vielleicht zu Recht. Meine hochrangigsten Offiziere hatten mir wieder einmal berichtet, dass es nichts zu berichten gab. Zum falschen Zeitpunkt gefragt. Ein Kommandant sollte ein Gespür für die Mannschaft und die Abläufe entwickeln. „Ich danke ihnen. Zurück auf ihre Posten. Und ich möchte sofort Meldung erhalten, wenn sich neue Gesichtspunkte ergeben. Wegtreten!“ Mit militärischer Exaktheit versuchte ich den Mangel an Führungsqualitäten zu überspielen. Die Mundwinkel des Strategen bewegten sich fast unmerklich. Zumindest er hatte mich sofort durchschaut. „Jawohl … Sir!“ sagte er. „Jawohl!“ brüllte Zerg. Der Erste enthielt sich einer Äußerung, salutierte aber mit einer Inbrunst, die mich um den Fortbestand seiner körperlichen Gesundheit fürchten ließ.

 

Ich richtete meinen Blick auf den großen Bildschirm, der die vordere Front der Zentrale bildete. Ich starrte den Planeten an. Als könnte ich ihm auf diese Weise all seine Geheimnisse entlocken. Wie ein blauer Ball mit bräunlichen Flecken bewegte er sich durch die Leere des Raumes. Es stellte mit Sicherheit kein Problem dar, auf dieser Welt zu ertrinken. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Mein eigener Humor war mir mit Abstand der Liebste. Zackig wandte ich mich um und erfreute mich daran, einigen Besatzungsmitgliedern ein verräterisches Zucken abgerungen zu haben. Hin und wieder musste der Respekt, der einem entgegengebracht wurde überprüft werden. Nachdem ich die Moral der Mannschaft derart gestärkt hatte suchte ich nach weiteren Dingen, die meiner Aufmerksamkeit harrten. Zu meinem Leidwesen fand ich keine. Wieder einmal musste ich den Abgrund der Tatenlosigkeit überbrücken, der sich aus einem Mangel an Information ergab. Diese Stunden waren die schwersten im Leben eines Kommandanten. Beschäftigt zu wirken und die Würde zu bewahren, während die Langeweile an den Nerven zerrte war keine leichte Aufgabe. Mangels geistreicher Ideen verschränkte ich die Hände hinter meinem Rücken und begann in der Zentrale auf und ab zu gehen. Um die Darbietung noch etwas zu verfeinern richtete ich meinen Blick beinahe unmerklich nach oben und gestattete meiner Mimik keinerlei Bewegungsfreiheit. Bereits während meiner Ausbildung hatte ich gelernt, dass die kunstvolle Kombination dieser Faktoren bei einem Beobachter den Eindruck des scharfen Nachdenkens erweckte. Mit jedem Schritt kam ich dem Zustand eines hypnotisierten Kadleiers näher, während ich mich dabei ertappte, mir tatsächlich den Kopf über den blauen Planeten zu zerbrechen. Genaugenommen zerbrach sich mein Unterbewusstsein den metaphorischen Kopf. Meine bewusste Gedankenwelt bestand aus verschwommenen Eindrücken von Bildschirmen und Besatzungsmitgliedern.

„Kommandant!“ Wie ein Messer durchschnitt eine grässlich anmutende Stimme meine Meditation. Gekonnt verbarg ich die Rückkehr meines Bewusstseins in die Realität. Aus dem verschwommenen Fleck zu dem die Stimme gehörte wurde das Gesicht meines ersten Offiziers. „Meldung Erster!“ sagte ich, bevor der Karrierist die Möglichkeit erhielt meine Autorität zu untergraben. Ich kniff die Augen leicht zusammen, um dem Offizier zu verstehen zu geben, dass ich auf jede seiner Regungen achtete. Sluapur räusperte sich vernehmlich. „Die Analyse meldet das Vorliegen relevanter Daten! Oberoffizier Tong wurde von Oberoffizier Zerg in Kenntnis gesetzt. Beide Obere sind bereits auf dem Weg zur Zentrale um die Lage mit ihnen zu besprechen Sir.“ Der Erste salutierte. Es war mir nie gelungen, ihn davon abzubringen in jeder Situation militärische Verrenkungen zu vollführen. „Danke Erster“ sagte ich. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen nahm ich meine unterbrochene Tätigkeit wieder auf. Langsam legte ich die Strecke zwischen dem Sessel des Kommandanten zum Hauptbildschirm zurück, gab eine perfekte Drehung um 180 Grad zum Besten und Schritt den Weg den ich gekommen war in umgekehrter Richtung ab. Ich wartete, wie es sich für einen Kapitän gehörte. Ich fühlte, dass der Blick des Ersten ununterbrochen auf mir ruhte. Fortwährend suchte er nach einer Schwäche, einem Fehler. Mit Freuden würde er alles, was er für eine Abweichung von der Norm hielt protokollieren. Erst als sich die Schleuse der Zentrale öffnete unterbrach ich meine monotone Tätigkeit. Tong und Zerg bauten sich vor mir auf. „Leiter der Analyse zur Stelle Kommandant“ sagte Zerg. Sein nach Aufmerksamkeit heischender Blick war beinahe unerträglich aufdringlich. „Danke Zerg. Stehen sie bequem!“. Schnell wandte ich mich dem Strategen zu. Zergs Gesicht erstrahlte vor kindlicher Freude. Tongs kalte Augen erstickten das Lachen, das ich kaum unterdrücken konnte. Der Stratege berührte lässig seine Stirn und schwieg. Er hielt das augenscheinlich für eine ausreichende Ehrenbekundung. Es lag mir fern ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Winkend gab ich den Offizieren zu verstehen, dass sie sich am Kartentisch niederlassen sollten.

„Was sagen die Daten meine Herren?“ fragte ich als auch das Hinterteil des Ersten endlich seinen Platz auf einem Sessel eingenommen hatte. Es war gewiss nicht leicht sich zu setzen, wenn man sich ähnlich eckig bewegte, wie es die ersten Robotermodelle vor vielen tausenden Zeiteinheiten getan hatten.

„Die Denkmaschine sagt, dass auf dem analysierten Planeten intelligentes Leben existiert welches über Vernichtungswaffen der Stufe 11 verfügt“. Gelassen überhörte ich die Spitze die Oberoffizier Tong sich nicht hatte verkneifen können. Auffordernd sah ich den Analytiker an.

„Sir! Wie Oberoffizier …“. Ich trat einen Schritt auf den Tisch zu. „Fassen Sie sich kurz Zerg. Die militärischen Ehren der Herren Offiziere halte ich im Moment nicht für relevante Information“. Zerg verschluckte sich und versuchte einige Male vergeblich wieder zu Atem zu kommen. Schließlich gelang es ihm den Schock zu überwinden. „Ja … Ja. Sir. Die Intelligenzen auf dem Planeten entsprechen der Stufe 14 der Kralar-Skala. Sie sind Festlandbewohner. Das Festland macht 29 Prozent der Oberfläche des Planeten aus. Der Rest besteht aus Wasser mit einem hohen Salzgehalt.“ Zerg verstummte. Er hatte die Worte so hastig hervorgestoßen, sodass ihm anscheinend die Luft ausgegangen war. Bevor ich etwas sagen konnte krächzte er einen Satz, der alle die ihn hörten erstarren ließ. „Sie sehen aus wie wir … Sir“. Ein kurzer Moment der absoluten Stille wurde von einem unvorstellbaren Durcheinander an Stimmen abgelöst. Fast alle anwesenden tuschelten. Manche lachten. Ein Navigator weinte. Meine Gedanken versuchten sich gegenseitig zu überholen und scheiterten an diesem Unterfangen. Ungeachtet dessen musste ich Worte finden, die beruhigend auf die Mannschaft wirkten. Wilde Spekulationen brachten uns dem Ziel keinen Schritt näher. „Interessant!“ sagte ich. Da war sie wieder. Diese absolute Stille. Natürlich hätte ich dieses deutlichen Hinweises nicht bedurft, um die Profanität meiner Aussage zu begreifen. Ich hatte lediglich das erste Wort ausgesprochen, das mir in den Sinn gekommen war. Nun galt es die Aufmerksamkeit, die mir zuteilwurde zu nutzen. Ich straffte die Schultern und ersann eine Kette von Befehlen, die dazu geeignet waren, die Mannschaft für einige Zeit mit ausreichend ablenkender Beschäftigung zu versorgen. Noch einmal holte ich ausgiebig Atem. Niemand sollte die Möglichkeit erhalten mich zu unterbrechen. Ich war selbst aufgewühlt und hätte wohl schnell den Faden verloren. „Analyse! Bildmaterial sammeln und nach erkennbaren Unterscheidungsmerkmalen vorsortieren. Sichtung und Auswertung des medizinischen Datenmaterials in Abstimmung mit den Biologen und Medizinern.“ Die Gesichtszüge von Oberoffizier Zerg verschoben sich im Zeitlupentempo. Wenn ich unter Stress stand schien alles rund um mich langsamer abzulaufen. Langsam genug, um mir die Chance zu geben es aufzuhalten. „Oberoffizier Tong! Verteidigungsstrategie gegen bekannte Fremdbewaffnung vorbereiten und mit Waffenzentrale absprechen.“ Die kalten Augen des Strategen funkelten erwartungsvoll. „Offensivstrategie im Moment außer Acht lassen. Wir werden keinen Konflikt in Gang setzen!“ Nur die absurde Langsamkeit jeder Bewegung in meinem Blickfeld ließ mich etwas sehen das mir einen Moment der Genugtuung bescherte. Tongs Mundwinkel bogen sich für einen Moment nach unten, bevor seine Lippen wieder die charakteristische Linie formten deren Perfektion wohl auch modernsten Messmethoden getrotzt hätte. „Erster! Mit Strategie und Analyse klären, wie weit gefahrlos an den Planeten herangegangen werden kann. Landung mit Beiboot als Option in die Planung aufnehmen. Durchführung!“ Ein leichtes Schwindelgefühl erfasste mich. Unauffällig führte ich meinen Atmungsorganen neue Luft zu. Ich wusste, dass vielen Mitgliedern der Zentralbesatzung Fragen auf der Zunge brannten. Nicht ausgesprochene Meinungen verdichteten die Atmosphäre zu einem beinahe unangenehmen Spannungsfeld. Niemand getraute sich jedoch damit an mich heranzutreten. „Durchführung!“ war ein beinahe heiliges Wort. Ein Zauberspruch, der einen unkoordinierten Haufen von Individuen in eine gut funktionierende Maschine verwandelte. Ein Scheppern und Fluchen vertrieb die aufgestaute Energie und setzte diese Maschine in Gang. Die Welt um mich hatte wieder zu ihrem normalen Tempo zurückgefunden. Männer und Frauen hetzten umher, hämmerten auf Datenpads und schrien sich Informationen zu. Die Zentralschleuse schloss sich eben hinter Zerg, Tong und dem Ersten. Die Zentrale gehörte mir. Zumindest so lange, bis die Aufgaben abgeschlossen waren anhand derer ich sie aus meiner Nähe vertrieben hatte. Langsam ging ich auf den Kommandosessel zu und befreite meine Gedanken aus dem Gefängnis, das ich zur Wahrung meiner Autorität errichtet hatte. Viele Jakarta lang waren wir durch das Universum gerast und hatten nach Intelligenz gesucht. Nun, am Ende unserer Reise hatten wir Wesen gefunden, die einen Verstand besaßen, der über die rudimentären Bedürfnisse des Lebens hinausging. All das konnte ich begreifen. Das Aussehen der Bewohner dieses blauen Planeten am Rande dieser Galaxie allerdings ließ sich nicht mit den Lehren vereinbaren, die mir an der Akademie eingetrichtert worden waren. Die Gelehrten waren sich einig gewesen. Leben das anderswo entstehen mochte hatte dementsprechend auch anders auszusehen. Seltsamerweise hatten sich die an Bord befindlichen Kosmobiologen noch nicht zu Wort gemeldet. Mehr noch. Keiner von ihnen war mir in den letzten Stunden unter die Augen gekommen. Ich war sicher, dass es mir auch nicht gelingen würde, einen dieser Drückeberger per Com zu erreichen. Mit Sicherheit tauchte der Eine oder Andere wieder auf, wenn die Aufstellung eines Landetrupps begann. Bisher war nur ein Besatzungsmitglied für diesen Trupp nominiert worden. Ich.

„Sir!“ Erschrocken fuhr ich aus dem Halbschlaf auf, dessen Opfer ich wie schon so oft auf dem Kommandosessel geworden war. Die Techniker, die dieses Raumschiff geplant hatten, waren davon ausgegangen, dass dem Kommandanten ein Höchstmaß an Komfort zukam. Die möglichen Folgen waren allerdings nicht berücksichtigt worden. Der sanfte Schlummer eines Kapitäns konnte eine bedrohliche Situation in eine Katastrophe verwandeln. Bekanntlich pflegte ein Schiff in heillosem Chaos unterzugehen, wenn dessen Crew ohne die Befehle eines fähigen Kommandanten agieren musste. Zugegebenermaßen trugen auch die Anweisungen von weniger befähigten Kapitänen immer wieder zu Unfällen bei, die später als „unerklärlich“ in irgendeinem Informationsspeicher verschwanden.

Die Korrektheit der Aussprache, die das Wort in meinem langsam anlaufenden Denken wiederhallte machte es mir leicht, den Sprecher zu identifizieren. „Meldung Erster!“ sagte ich noch während sich das verschwommene Bild vor meinen Augen langsam schärfte. Das Blitzen in den Augen meines Stellvertreters verschwand nicht schnell genug, als dass ich es hätte übersehen können. Dem unfehlbaren Register in seinem Kopf war mit Sicherheit ein neuer Eintrag hinzugefügt worden. Sluapur wollte ein Kommando. Mit jeder Faser seines Körpers. Was er allerdings nicht zu begreifen schien – es würde nicht mein Kommando sein das er erhielt. Wenn es überhaupt einmal dazu kam. Man beförderte keine gefährlich ehrgeizigen Typen, die schnell zu einer Gefahr für die eigene Position wurden.

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