Zeil am Main
Lassen Sie sich von dem weitläufigen Industriegebiet um die Altstadt nicht täuschen, das Weinstädtchen am Main, von der Wallfahrtskirche Käppele überragt, zählt zu den schönsten Zielen zwischen Bamberg und Schweinfurt.
Im idyllischen Zentrum bildet der halbkreisförmige Marktplatz mit seinen Fachwerkhäusern und der Stadtpfarrkirche St. Michael samt eigenwilligem Kirchturm die gute Stube der Stadt. Der Platz ist wie schon vor Jahrhunderten noch immer ein Ort zum Handeln, Versammeln und Feiern, wie das Altstadtweinfest Jahr für Jahr beweist. Allerdings hat das Städtchen unter dem Durchgangsverkehr zu leiden.
Das Panorama des Zeiler Käppele hoch über dem Maintal
Zeil besitzt nicht nur wegen seines attraktiven Stadtbilds einen klangvollen Namen, sondern vor allem auch wegen seiner Weine. Bereits um 1018 pflanzten die Mönche des Bamberger Klosters St. Michael hier Reben. Ein gebürtiger Zeiler, der Ebracher Abt Alberich Degen, war es, der im 17. Jh. maßgeblich zur Verbreitung der aus Österreich stammenden Silvanerrebe in Franken beitrug: der Anfang einer Erfolgsgeschichte bis zum heutigen Tag. Er wurde im Zuge der Hexenverbrennungen aus Zeil vertrieben (→ Kasten).
Der Weinbau in Zeil erlebte in den letzten beiden Jahrzehnten einen neuen Aufschwung. Es werden insbesondere die Rebsorten Müller-Thurgau, Silvaner, Bacchus und Riesling angebaut. Doch in Zeil wird auch Bier gebraut: Die Dorfbrauerei Göller ist im Ort omnipräsent. Das Bier wird seit über 400 Jahren in der Brauereigaststätte „Zur Alten Freyung“ ausgeschenkt, doch auch die meisten anderen Lokale des Orts haben Göller im Angebot. Am westlichen Stadtrand kann man es im brauereieigenen Biermarkt (Wildgarten 12) als Flaschenbier kaufen.
Sehenswertes
Käppele: Das Wahrzeichen der Stadt steht auf dem 366 m hohen Kapellenberg. Als 39 Zeiler Söhne 1870/71 gegen Frankreich in den Krieg zogen, gelobten sie, im Falle einer unversehrten Rückkehr eine Madonna vergolden zu lassen. Tatsächlich kehrten alle 39 Soldaten wieder heim. 1894 wurde mit dem Bau der neuromanischen Kirche begonnen, die heute ein beliebtes Ziel für Wallfahrer und Ausflügler ist. Beachtenswert sind die kleine Mariengrotte und die Mirakelkammer mit Wachspuppen als Weihegaben. Vom Käppele kann man einen grandiosen Blick über das Maintal zum Steigerwald genießen. Ein herrlicher Kreuzweg mit Sandsteinfiguren von 1880 führt von der Stadt durch den Wald hinauf (Ausgangspunkt/Einstieg: am Ortsende von Zeil Richtung Bischofsheim auf der rechten Seite), Einkehrmöglichkeit im Berghospiz (Tel. 09524/1009).
Stadtpfarrkirche St. Michael: Bis heute beherrscht das auf einer Anhöhe gelegene Gotteshaus den Marktplatz. Der von einer teilweise erhaltenen Wehrmauer umgebene Bau wurde Anfang des 18. Jh. auf den Fundamenten einer mittelalterlichen Kirche errichtet. Das imposante Rahmenwerk des Hochaltars schuf der Bamberger Martin Walter, der auch später die Seitenaltäre fertigte. Beachtenswert ist die vermutlich aus dem 14. Jh. stammende Turmhalle, die als Taufkapelle diente. Sie beherbergt über 600 Jahre alte Fresken. An der Westwand sind die Bistumsgründer Heinrich II. und Kunigunde dargestellt, in den Händen der Bamberger Dom. An der schmucklosen Fassade der Kirche befindet sich eine Ölberg-Darstellung. Sie zeigt drei vom Schlaf überwältigte Jünger, während Jesus vor der Felswand zusammengesunken seinem Tod entgegensieht und ein Engel ihm den Kelch des Leidens reicht.
Die Kapelle St. Anna gegenüber der Pfarrkirche zählt zu den ältesten Bauwerken der Stadt (Weihe 1412). Einst war sie eine Totenkapelle mit Beinhaus. Sie wurde mit historischen Bautechniken renoviert. Im Inneren ein schlichter Rokokoaltar und Renaissancemalereien.
Marktplatz: Das dreigeschossige Rathaus am Marktplatz mit dem streng gegliederten Fachwerkobergeschoss ist ein Werk mehrerer Epochen. Das gotische Hauptportal lässt sich ins 14. Jh. datieren. Der Abschlussstein des Fachwerkgeschosses nennt 1540. Ein Kuriosum am Rathauseck: Neben der Bamberger Elle, die 67 cm maß, hat sich ein Relikt des mittelalterlichen Strafrechts erhalten, der Pranger. Gegenüber vom Rathaus das ehemalige Rosenbergische Zehnthaus, das dem Bamberger Barockbaumeister Küchel zugeschrieben wird.
Das nur wenige Meter unterhalb des Rathauses gelegene Jörg-Hofmann-Haus in der Hauptstraße 3 zählt zu den kunstvollsten Fachwerkhäusern in Franken. Der Zeiler Zimmermann Hofmann schuf innerhalb des Fachwerks stark plastische Formen, die man zu seiner Zeit nur aus Stein kannte. Die Holzarbeiten hatten damals auch einen praktischen Sinn: So sollten Schreckensmasken beispielsweise die bösen Geister vertreiben. Das 1689 erbaute Haus gab der wohlhabende Schwager Hofmanns in Auftrag.
Der Hexenturm
Die Stadt Zeil am Main stellt sich ihrer Geschichte: Das Fachwerkidyll, umgeben von Weinbergen, erlitt zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs traurige Berühmtheit als Hochburg der Hexenverfolgung im Bistum Bamberg. Mehrere hundert Frauen, Männer und sogar Kinder fielen dem Wahn zum Opfer. Deren Hintergrund war zum einen die Kleine Eiszeit im 17. Jh., die zu Missernten führte. Der zweite Grund für die Verfolgung, die in Franken ganze Städte entvölkerte, war pure Habgier. Die kirchlichen Hexenjäger bereicherten sich am Vermögen ihrer Opfer, die nach Kerkerhaft und Folter allesamt auf dem Scheiterhaufen endeten. Eine Dokumentation über diese dunkle Zeit hat die Stadt Zeil im Stadtturm, einem Originalschauplatz jener Zeit, und einem Haus an der Stadtmauer eingerichtet: dem Hexenturm. Unbedingt sehenswert (www.zeiler-hexenturm.de).
Fürstbischöfliches Schloss (heute Finanzamt): erbaut unter dem Bamberger Fürstbischof Lothar Franz von Schönborn (1693-1729).
Synagoge: Seit dem 14. Jh. gab es in Zeil eine jüdische Gemeinde. In der Judengasse 18 steht die ehemalige Synagoge (heute Privatbesitz). Bereits 1920 löste sich die jüdische Gemeinde aus Mangel an Mitgliedern auf und schloss sich den Glaubensbrüdern in Haßfurt an. Die beiden Thorarollen aus dem 18. Jh. wurden ebenfalls dorthin gebracht, wo sie beim Judenpogrom der Nazis 1938 vernichtet wurden.
Schloss Schmachtenberg: Außerhalb des Altstadtkerns im Stadtteil Schmachtenberg liegt in einer Talsenke versteckt das große Schloss, das im 16. Jh. erbaut und um 1700 für Jagdaufenthalte der Bamberger Bischöfe umgebaut wurde.
Wanderung 1: Auf den Spuren von Abt Degen rund um Zeil
Abwechslungsreiche Wanderung durch Weinberge, Wald und Schlucht.
Basis-Infos
Information Die Tourist-Information befindet sich in der ehemaligen Ratsdienerwohnung (Grohehäuschen) neben dem Rathaus, ist allerdings nur im Sommer an Wochenenden besetzt. Sonst Infos im Rathaus. Marktplatz 8, 97475 Zeil, Tel. 09524/9490 (Stadt Zeil) und Tel. 09524/94937 (Tourist-Info), www.zeil-am-main.de. April bis Okt. Fr 12-18, Sa 10-16, So 10-13 Uhr. Stadtführungen und Hexenführungen nach Absprache. Stadtturmbesteigung nach Vereinbarung bei Franz Hoffmann, Sander Str. 18, Tel. 09524/1441. Infos zum Weinfest unter www.zeiler-weinfest.de.
Verbindungen Bahn, Zeil besitzt einen Bahnhof und liegt an der Strecke Bamberg-Schweinfurt (Haltestelle der Regionalbahn).
Taxi, Gertrud Pfaff, Tel. 09524/1304; Taxi Will, Wildgarten, Tel. 09524/850905.
Übernachten/Essen & Trinken
Übernachten Hotel Kolb, Hotel mit Restaurant und schöner Weinstube mit handgefertigten Glasfenstern. Angenehme Terrasse, die abends stimmungsvoll beleuchtet wird. Funktionelle, komfortable Zimmer, schöne Themenzimmer, manche Zimmer sind etwas klein (oft einzeln stehende Betten). Übernachtung ab 50 € (EZ) bzw. 80 € (DZ). Krumer Str. 1, Tel. 09524/9011, www.hotel-kolb-zeil.de.
Altes Forsthaus, im schön gelegenen Ortsteil Bischofsheim liegt der traditionelle Gasthof mit fränkischer Küche. Von hier aus kann man zu schönen Wanderungen aufbrechen. Terrasse. DZ 50 €. Bischofsheim 18, Tel. 09524/1821.
Essen & Trinken Zur Alten Freyung, Brauerei zum Hirschen (Göller), eine fränkische Brauerei ohne Schnickschnack. Das preiswerte Wirtshaus im Zentrum von Zeil (unmittelbar an der Stadtmauer) ist im Sommer mit seinem riesigen Biergarten und der üppigen Speisekarte ein beliebtes Ziel für Einheimische und Touristen. Gutbürgerliche Küche, hervorragendes Bier; zu empfehlen: Steinhauerweizen (www.brauerei-goeller.de), Hausbrände. 9.30-1 Uhr, Di Ruhetag (in den Sommermonaten ohne Ruhetag). Speiersgasse 21, Tel. 09524/9554.
Bio/Regional Zur Sonne, das Weinhaus im Ortsteil Ziegelanger ist seit 1912 im Familienbesitz. In dem freundlichen und gemütlichen Gasthaus von Wolfgang Zimmermann werden fränkische Küche und Weine aus kontrolliert ökologischem Anbau angeboten. Besondere Spezialitäten sind gerupfter Käse, Brotzeiten (eigene Schlachtung), selbst gebrannter Schnaps und in der Saison Spargel. Übrigens werden auch Führungen durch die eigenen Weinberge angeboten. Ab 15 Uhr, Sa/So ab 10 Uhr, Mi/Do Ruhetag. Ziegelanger 19, Tel. 09524/5460, www.weinhaus-zimmermann.de.
Winzerhof Schick, im Stadtteil Ziegelanger gelegene Gaststätte mit hausgemachten Brotzeiten und gutem Essen, Eigenbauweine. Bergstr. 22, Tel. 09524/7892, www.schick-winzerhof.de.
Zeiler Esszimmer, überzeugt mit guten Speisen und schönem Biergarten. Kastanienbäume spenden hier Schatten. In der Nähe des Bahnhofs. Tel. 09524/2459195, www.schick-winzerhof.de.
Wein
In Zeil und dem Stadtteil Ziegelanger und vor allem jenseits des Mains (der hier auch eine Sprachgrenze ist: „Mee“ und „Maa“) in Sand gibt es zahlreiche Winzer- und Heckenwirtschaften.
Wir empfehlen neben den Weinen von Anton Nüßlein das Weingut Dr. Heigel, das für seine hochwertigen sortentypischen Weine aus den Lagen Zeiler Mönchshang und Randersackerer Sonnenstuhl bekannt ist. Auch Barrique-Weine und hausgemachte Gelees werden angeboten. Haßfurter Str. 30, Zeil, Tel. 09524/3110.
Dem Weingut Erich Martin gehört das Wahrzeichen von Ziegelanger: ein Weinberghäuschen (das „Gesichtshäuschen“), mit einem strahlenden Gesicht bemalt. Verkauf über die Weinstube Martinsklause in Ziegelanger.
Weingut A & E Rippstein, in Sand, mit Heckenwirtschaft. Der junge Winzer Mathias Rippstein hat sich als Sommelier und innovativer Winzer einen Namen gemacht (ausgezeichnet: seine „S“-Weine). Sandgasse 26, Tel. 09524/1341, www.weingut-rippstein.de.
Mein Tipp Das Weinhaus am Marktplatz, ein Wahrzeichen von Zeil. Von den Eigentümern mit viel Liebe renoviert und im Jahr 2011 durch eine edel-moderne Vinothek mit Probierstube erweitert, findet der Weinfreund in den schönen Verkaufsräumen alles, was das Herz begehrt. Aus den eigenen Weinbergen in Zeil bieten Anton und Roger Nüßlein ein breit gefächertes Sortiment vom vielfach ausgezeichneten Spitzenwein bis zum gefälligen Zecher-Schoppen an. Herausragend sind der Riesling, der sich durch Rasse und Frucht auszeichnet, und für Rotweinfreunde ein samtweicher Spätburgunder. Am häufigsten wird jedoch der Silvaner verkauft. Mit 6,50 € pro Flasche beginnt bei Nüßleins das Weinvergnügen. Es werden auch Weinproben in den Weinbergen angeboten. Der freundliche Service spricht für sich: Hier ist der Kunde König. Weinverkauf mit Weinprobe: Mo-Fr 9-18, Sa 9-16 Uhr und nach Vereinbarung. Marktplatz 1, Tel. 09524/279, www.weinhaus-nuesslein.de.
Haßfurt
Wer aus Bamberg kommt, hat Pech: Der unansehnliche Einkaufs- und Industriegürtel im Osten und im Westen Haßfurts wirkt nicht gerade einladend. Doch der erste Eindruck täuscht. Tatsächlich besitzt das über 750 Jahre alte Haßfurt eine malerische, historisch gewachsene Altstadt mit kunstvollen Fachwerkfassaden, alten Bürgerhäusern und sehenswerten Kirchen.
Das schmucke mainfränkische Städtchen zählt rund 14.000 Einwohner und ist Kreisstadt des Landkreises Haßberge. Der Ort wächst und viele pendeln aus dem Umland zum Arbeiten nach Haßfurt. Das Leben spielt sich in der sanierten Altstadt ab, begrenzt vom Oberen und Unteren Turm. Entlang der breiten Oberen Hauptstraße mit dem weitläufigen Marktplatz samt Rathaus reiht sich Laden an Laden. Sehenswert ist die Stadtpfarrkirche mit zwei Werken Tilman Riemenschneiders oder die frisch renovierte, spätgotische Ritterkapelle mit ihrem eindrucksvollen Westportal. Lohnend ist sicherlich ein Spaziergang zum alten Zisterzienserinnenkloster Mariaburghausen am Südufer des Mains (1,5 km vom Zentrum) - ein Musterbeispiel gotischer Kirchenbaukunst (Kirche normalerweise geschlossen, bitte anrufen im katholischen Pfarramt unter Tel. 09521/1484).
Sehenswertes
Relief an der Ritterkapelle in Haßfurt
Ritterkapelle: Im 15. Jh. wurde die Ritterkapelle zu Ehren Mariens errichtet, einer der bedeutendsten spätgotischen Kirchenbauten in Deutschland. Jedoch wurde sie in den nachfolgenden Jahrhunderten immer wieder verändert, beispielsweise durch den berühmten Architekten Karl Alexander von Heideloff. Beachtenswert an der einschiffigen Anlage mit eingezogenem Chor ist der an der Choraußenseite angebrachte dreifache Fries mit insgesamt 230 Wappen, zu denen noch weitere 25 Wappen an den Rippenkreuzungen im Chorinneren kommen - eine Art steinernes Adelsregister. Eindrucksvoll sind auch das Westportal mit dem aufwändigen Relief im Tympanon, das die Legende der Heiligen Drei Könige erzählt, und der bis heute rätselhafte „Viertugendmann“ im Gewölbe der Eingangshalle. Die gesamte Kirche wurde von 2006 bis 2010 hell und farbig saniert.
♦ Lesetipp: Die Ritterkapelle in Haßfurt, Verlag Schnell + Steiner, Regensburg 2012.
Pfarrkirche St. Kilian, Kolonat und Totnan: Noch immer ist die spätgotische Hallenkirche mit eingezogenem Chor zwischen den beiden Osttürmen der Mittelpunkt der Stadt. Berühmt ist das Gotteshaus am Marktplatz, das zuletzt Anfang der 1990er-Jahre renoviert wurde, wegen zweier um 1490 entstandener Plastiken von Tilman Riemenschneider: Johannes der Täufer und Maria mit dem Kind stehen links und rechts des Chors. Im Zentrum prunkt der neu geschaffene Hochaltar mit den drei Frankenaposteln und Namenspatronen Kilian, Kolonat und Totnan, die wohl aus der Werkstatt Riemenschneiders stammen.
Altes Rathaus: Gegenüber von der Stadtpfarrkirche steht das rechteckige, dreigeschossige Rathaus, das zu Beginn des 16. Jh. erbaut wurde. Hier befindet sich heute unter anderem das Bürgerbüro. Im Erdgeschoss befindet sich die ehemals offene Markthalle, in der heute Kulturveranstaltungen stattfinden.
Zehntscheuer (Stadthalle): Die einstige fürstbischöfliche Zehntscheune, ein mächtiger dreigeschossiger Bau mit Staffelgiebel, entstand im 15. Jh. und wurde im 17. Jh. erweitert. Ende der 1980er-Jahre wurde das Gebäude vom Architekten Alexander Freiherr von Branca zur Stadthalle umgebaut. Heute finden dort zahlreiche Kulturveranstaltungen statt (www.hassfurt.de).
Rathaus: gegenüber der Zehntscheuer das Amtshaus aus dem 18. Jh., das heute als Rathaus mit Tourist-Information dient.
Herrenhof: Das Gebiet des heutigen Herrenhofs gilt als die Urzelle der städtischen Besiedelung in Haßfurt (13. Jh.). Die frühesten Besiedelungsspuren überhaupt gibt es aber an der ehemaligen Mainfurt bei Haßfurt, sie stammen bereits aus dem 4./5. Jh. Das Gebäude diente schon vielen Zwecken, unter anderem war es das ehemalige fürstbischöfliche Amtshaus und beherbergte die Oberschule. Heute hat hier das Landratsamt seinen Sitz, historische Spuren sind teilweise noch zu erkennen.
Siebenmeilenstiefel
Helmut Kohl trug sie, ebenso Marcel Reich-Ranicki, die Königin von Holland und der König von Thailand: Die ganze Welt läuft auf Markenschuhen aus Haßfurt. Die Marke „Finn Comfort“ der „Waldi“-Schuhfabrik ist ein Exportschlager. 650 Mitarbeiter sowie 1400 Heimarbeiter fertigen täglich 6000 Paar Schuhe - komplett made in Germany, was in der Branche eine Seltenheit ist. „Waldi“ verzichtet überdies auf etwas, was sonst auch fast jeder hat: Die edlen Leisetreter bekommt man nur über den Fachhandel. Fabrikverkauf und Outlet gibt es in Haßfurt nicht, „weil wir keine Ware zweiter Wahl produzieren“, wie der Seniorchef Hans-Joachim Wolter selbstbewusst sagt.
Basis-Infos
Information Verkehrsamt, Bahnhofstr. 2, 97437 Haßfurt, Tel. 09521/688227, www.hassfurt.de. Mo-Fr 9-17.30 Uhr, Mai-Okt. auch Sa 10-14 Uhr, So 14-17 Uhr.
Verschiedene Angebote an Stadtführungen. Infos bei der Tourist-Information. Treffpunkt: Altes Rathaus am Marktplatz.
Verbindungen Bahn, Haßfurt liegt an der Strecke Bamberg-Würzburg, Fahrkartenausgabe Tel. 09521/3933.
Baden Haßfurt besitzt ein weitläufiges und sehr gepflegtes Erlebnisbad, das nicht nur verschiedene Pools bietet, sondern auch eine 127 m (!) lange Wasserrutsche, Wärmehalle und Dampfgrotte. Das Besondere: die Außenbecken (inkl. Schwimmerbecken) sind je nach Wetterlage bis mind. Ende Okt. geöffnet. Daneben befindet sich die Eissporthalle. Großer Anger 21, Tel. 09521/94570.
Flugplatz Verkehrslandeplatz Haßfurt, Flugplatzstr. 20, Tel. 09521/94990; Rundflüge, Fallschirmspringen.
Übernachten/Essen & Trinken
Meister Bär (ehemals Altstadthotel), das geschmackvolle 4-Sterne-Hotel im Herzen Haßfurts (bei der Pfarrkirche St. Kilian) steht an der Stelle der 1869 erbauten Volksschule und bietet alle Annehmlichkeiten eines modernen Mittelklassehotels. Teile der Schule wurden beim Bau 1997 jedoch erhalten. So stehen noch einige alte Wände und im Frühstücksraum findet man alte Schulbänke. Vor einigen Jahren wurden im Ort Bilder der ehemaligen Schulkinder aus Haßfurt gesammelt, die nun in einem Album angesehen werden können. Das Hotel hat außerdem einen Fitnessraum, ein Solarium und eine Sauna. Es gibt auch behindertengerechte Zimmer und spezielle Zimmer für Allergiker. Freundlicher, professioneller Service. EZ ab 69 €, DZ ab 89 €. Pfarrgasse 2, Tel. 09521/9280, www.mb-hotel.de. 2016 Besitzerwechsel und Renovierung.
Jüngling, nur aus ein paar Tischen besteht die ehemalige Weinstube der Bäckerei, die zu einem Café umgebaut wurde, in dem sich tagsüber viele Haßfurter treffen. Kleine Gerichte, feine Weinauswahl. Mo-Fr 5.30-18 Uhr, Sa bis 14 Uhr. Hauptstr. 26, Tel. 09521/1456.
Heuhotel, in einem Riesengarten mit zwei Eseln zwischen Stadtmitte und Freibad hat außer der Vier-Personen-Bettstatt (pro Pers. 5 €) ein Ferienhäuschen Platz (mit Küche, Bad, Terrasse, 2 Pers. 35 €). Bei Winfried Schreyer, am Wehrlein 3, Tel. 09521/952336 oder 0160/2056273.
Meehäusle (ehemals Naturfreundehaus), die idyllische Lage mit Biergarten direkt am Main ist der Trumpf dieses gemütlichen Gasthauses, das von Radfahrern und Einheimischen gerne besucht wird. Bootsanlegestelle mit Unterstellhalle, Zeltplatz, Kinderspielplatz. Gute Tagesgerichte, einfache und günstige Zimmer (EZ ab 18 €). Am Hafen 6, Tel. 09521/7155.
Bio/Regional Maintal-Obstindustrie, das Traditionsunternehmen ist vor allem für seine Hiffenmark-Marmelade (Hagebutten) bekannt. Am Mi und Do ist 9-17 Uhr, Sa 9-15 Uhr Fabrikverkauf. Industriestr. 11, Tel. 09521/94950, www.maintal-frucht.de.
Club Lokwerk, die Feierwütigen der Region treffen sich Fr und Sa im historischen Bahnhofsgebäude, direkt neben dem heutigen Bahnhof. Bis 22 Uhr Bar, danach Club. Bahnhofstr. 10, Tel. 09521/6219719, www.lokwerk-events.de. Kinderträume
Kinderträume
Viele Gestalten, die sich in den Büchern des bekannten Kinderbuchautors Paul Maar finden, sind Oberthereser. Denn der gebürtige Schweinfurter Paul Maar (heute Bamberg und Birkenfeld/Landkreis Haßberge) verbrachte einige Kinderjahre bei seinem Großvater in Obertheres, als Schweinfurt im Bombenhagel versank. Noch heute erinnert sich Paul Maar gerne an die Zeit im Dorf und erzählt immer wieder davon. Bekannt geworden ist Paul Maar vor allem durch die Geschichten vom Sams. Was nur wenige wissen: Paul Maar arbeitete eine Zeit lang als Bühnenbildner und Fotograf am Fränkischen Theater Schloss Maßbach (Landkreis Schweinfurt), das seine Tochter Anne Maar heute leitet. Anne Maar ist ebenfalls eine bekannte Kinderbuchautorin. Aus der gleichen Theaterfamilie stammt Michael Ballhaus, einer der gefragtesten Kameramänner in Hollywood („Das fliegende Auge“), der unter anderem mit Martin Scorsese Filme drehte und im Lauf seiner Karriere für drei Oscars nominiert wurde.
Rund um Haßfurt
Hungrige Wildgänse im Maintal
Interessant ist die kleine Kirchenburg in Prappach, und in Sylbach lockt die historische Hammerschmiedsmühle zu einer gemütlichen Einkehr (Mi bis So und an Feiertagen ab 18 Uhr, Tel. 09521/2277, www.hammerschmiedsmuehle.de). Außerdem ist das malerische Rathaus aus dem Jahr 1598 sehenswert.
Zisterzienserinnenkloster Mariaburghausen: Über die 1962/63 errichtete Mainbrücke, die an der Stelle eines Vorgängerbaus von 1867 Haßfurt mit dem südlichen Umland verbindet, gelangt man zum ehemaligen Nonnenkloster (1,5 km außerhalb von Haßfurt), das Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn 1582 der Universität Würzburg schenkte. Seitdem wird das Kloster schon nicht mehr von Ordensfrauen bewohnt, heute dient es als Hofgut. Beachtenswert ist die 1300 entstandene Klosterkirche, die Johannes dem Täufer geweiht ist und eine eindrucksvolle Gruft beherbergt. Leider ist das Gotteshaus normalerweise geschlossen; es kann jedoch nach Voranmeldung besichtigt werden.
♦ Informationen und Schlüssel: Katholisches Pfarramt Haßfurt, Pfarrgasse 8, Tel. 09521/1484.
Obertheres: Das einstige Kloster und heutige Schloss Theres, das an der Bundesstraße 26 liegt, die von Haßfurt nach Schweinfurt führt, ist heute in Privatbesitz. Die fast tausend Jahre alte Benediktinerabtei St. Stephan und Vitus prägte mit ihrem Reichtum die ganze Umgebung. In den Klosterdörfern wie Wagenhausen, Horhausen und Buch stehen noch heute Bau- und Flurdenkmäler von herausragender Bedeutung und selbst in der Nachbarstadt Haßfurt hatte das einst mächtige Kloster Besitzungen (ehemalige Renkersmühle). Mit der Säkularisation Anfang des 19. Jh. erlosch das Klosterleben jäh.
Obertheres ist die Heimat einer bedeutenden Bildhauerfamilie. Berühmtester Vertreter dieser Familie war Johann Peter Wagner (geboren 1730), der Sohn von Johann Thomas Wagner. Er schuf in ganz Franken Kunstwerke von überragendem Wert. Von seinem Geburtshaus steht heute nur noch die Toranlage. Wagner-Werke findet der Interessierte unter anderem in der Marienkapelle am Friedhof in Obertheres, in der Kirche im Nachbarort Untertheres sowie in der Kirche in Dampfach. Aus Obertheres stammt auch der spätere Mainzer Hofbildhauer Johann Sebastian Barnabas Pfaff, von dem sich ebenfalls Figuren in der Marienkapelle befinden.
Sehenswert ist auch das neugotische Schloss Ditfurth, das ebenfalls wie das ehemalige Kloster an der B 26 liegt. Es ist allerdings nicht zugänglich. Erbaut wurde die Schlossanlage 1857 von Georg Freiherr von Ditfurth, der übrigens der Bruder von Franz Wilhelm Freiherr von Ditfurth war. Dieser gilt als der bedeutendste Sammler fränkischer Lieder (www.theres.de).
Übernachten/Essen Familie Pfeiffer vermietet zwei liebevoll eingerichtete Zimmer in einem geschmackvoll restaurierten ehemaligen Gasthof in der Ortsmitte von Obertheres. Kahlberg 1, Tel. 09521/618045.
Mein Tipp Vino e Camino, stilvolle Vinothek und Weinhandlung im Schloss Obertheres, betrieben von der Italienerin Francesca Gräfin von Beust-Luti. Hier erhält man ausgewählte italienische Weine und kulinarische Leckereien. Unbedingt sehenswert. Geöffnet Do 15-19.30 Uhr und Fr 15-22 Uhr sowie bei Sonderveranstaltungen. Klosterstr. 1, Tel. 09521/954396, www.vinoecamino.de.
Wanderung 2: Durch das Tal der Wässernach
Einfache Rundwanderung in urtümlicher Naturlandschaft.
Wonfurt: Hier ist die klassizistische Kirche sehenswert, die 1817-1820 nach dem Vorbild des Pantheon in Rom errichtet wurde.
Übernachten/Essen Hotel Gasthof Zur Linde, das in der Ortsmitte von Ottendorf (am Mainradweg, steil oberhalb am Berg) gelegene fränkische Gasthaus bietet regio-nale, gute Kü-che (hauseigene Schlachtung) und einfache, aber gute Zimmer. Täglich geöffnet ab 17 Uhr, So ab 11 Uhr. EZ 50 €, DZ 70 €. Linden-platz 1, Ottendorf, Tel. 09727/91010, www.linde-hotel.de.
Mein Tipp Brauereigaststätte Ulrich Martin, in Franken sterben viele kleine Traditionsbrauereien, aber es geht auch anders: Im Schonunger Gemeindeteil Hausen hat Ulrich Martin die Dorfbrauerei wiederbelebt. Handwerklich gebrautes Bier und eine kleine, aber stets abwechslungsreiche Speisekarte machen das Wirtshaus mit Biergarten zu einem Geheimtipp. 12-23 Uhr, Fr/Sa bis 24 Uhr, So ab 10.30 Uhr, Di Ruhetag. Hausener Hauptstr. 5, 97453 Schonungen, Tel. 09727/403011, www.brauerei-martin.de.
Café Rohr, am Mainradweg in der Ortsmitte von Schonungen liegt das v. a. sonntags rege frequentierte Café, das hervorragende hausgemachte Torten anbietet. 6-19 Uhr, So ab 8 Uhr. Hauptstr. 36, Tel. 09721/59239.
Wanderung 3: Auf urtümlichen Wegen am Main entlang nach Schweinfurt
Leichte Streckenwanderung durch die Mainauen mit schönen Aussichten.
Schweinfurt
In Schweinfurt wird zwar immer noch Wein angebaut, doch bekannter ist die circa 54.000 Einwohner große Stadt am Main als wichtiger Industriestandort. Als Friedrich Fischer im Jahre 1883 die Kugelschleifmaschine erfand, war dies die Geburtsstunde der Wälzlagerfabrikation. Darüber hinaus gilt Schweinfurt als die Wiege des Fahrrads.
Skulptur eines Schweinehirten im Stadtteil Zürch
Weltweit tätige Firmen aus der Wälzlager- und Autoteilezubehör-Produktion, wie z. B. Schaeffler, Bosch Rexroth oder ZF Friedrichshafen AG (urspr. Sachs) prägen das Bild der Stadt. Eine schwere Strukturkrise in den 1990er-Jahren konnte mittlerweile überwunden werden. Noch ist der Strukturwandel in vollem Gange, das kulturelle Leben aber blüht: Historie und zeitgenössisches Kunst- und Kulturleben gehen eine interessante Mischung ein. „Industrie und Kunst“ lautet das Schlagwort und Namen wie das Museum Georg Schäfer, das Museum Otto Schäfer und die 2009 eröffnete Kunsthalle Schweinfurt spielen hierbei eine bedeutende Rolle. 2022 soll zudem ein Kulturforum eröffnet werden. Dementsprechend hat sich der Tourismus in Schweinfurt erheblich weiterentwickelt.
Die Industriestadt - heute mehrheitlich protestantisch - zählt zu den ältesten Orten Mainfrankens. Bereits 791 wurde Schweinfurt zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Die einstige freie Reichsstadt umfasste ein Territorium von gerade mal 53 km2. Erst 1802 verlor die Stadt durch die Annektierung durch Bayern ihre politische Selbstständigkeit. Leider haben sich nicht allzu viele historische Gebäude erhalten, denn als Zentrum der kriegswichtigen Wälzlagerindustrie in Nazideutschland wurde Schweinfurt zur Ruinenwüste bombardiert. Doch in den letzten Jahren wurden die verbliebenen Bereiche, beispielsweise der Zürch, Zug um Zug saniert und restauriert. So entstand auch eine große Fußgängerzone, die Schweinfurt mittlerweile als Einkaufsstadt interessant macht. Hier ist außerdem die weitläufige, 2009 eröffnete Stadtgalerie mit insgesamt 100 Geschäften zu nennen.
In den letzten 150 Jahren entwickelte sich die kleine Fischer-, Schiffer- und Handwerkersiedlung zu einer bedeutenden Industriestadt, die sich mit Kugellagern, Stoßdämpfern und Kleinmotoren europaweit einen Namen gemacht hat. Durch die wirtschaftliche Monostruktur haben hier konjunkturelle Krisen allerdings besonders hart zugeschlagen, vor allem in den 1990er-Jahren.
Denk’ mal
Der holländische Künstler herman de vries, der Eschenau im Steigerwald zu seiner Wahlheimat erkoren hat, setzt mit einem Denkmal in den Mainauen bei Schweinfurt/Oberndorf ein Zeichen gegen das Vergessen: Eine runde Steinbank, flankiert von drei Linden, erinnert an das Schicksal der Zwangsarbeiter, die im Zweiten Weltkrieg für die Schweinfurter Kugellagerindustrie schuften mussten. Die aus ganz Europa nach Deutschland verschleppten Männer und Frauen lebten unter menschenunwürdigen Bedingungen in einer Barackenstadt auf den Mainwiesen - fern der Heimat, unterernährt, misshandelt und den alliierten Luftangriffen auf die Industriestadt schutzlos ausgeliefert. Fünf Jahrzehnte war das Thema Zwangsarbeit in Schweinfurt tabu - jetzt stellen sich die Stadt und die Großbetriebe der Geschichte. Anders mainaufwärts in Haßfurt. Hier hat man lange verdrängt, dass Fritz Sauckel, einer der Hauptkriegsverbrecher der Nazizeit und bei den Nürnberger Prozessen zum Tod verurteilt, ein Sohn der Stadt ist. Sauckel hatte den Zwangsarbeitereinsatz im Dritten Reich organisiert. Er war für die Verschleppung und den Tod von Millionen Menschen zwischen 1939 und 1945 verantwortlich.
Sehenswertes
Museum Georg Schäfer: Nach den Plänen des Berliner Architekten Volker Staab wurde der kubische Bau in den Jahren 1998/99 errichtet und 2000 eröffnet. Er präsentiert die bedeutendste Privatsammlung der Kunst des 19. Jh. aus dem deutschsprachigen Raum. Mit Gemälden und Arbeiten auf Papier vom ausgehenden 18. bis zum Beginn des 20. Jh. bietet das Museum ein Panorama der unterschiedlichsten Kunstströmungen dieser Zeit, vom späten Rokoko über Klassizismus und Romantik bis hin zum Impressionismus. Zu den Meisterwerken des Museums zählen Franz Pforrs Gemälde „Sulamith und Maria“, Caspar David Friedrichs „Abend an der Ostsee“ oder Adolph Menzels „Cercle am Hof Kaiser Wilhelms I.“. Mit der weltweit größten Sammlung seiner Werke ist Carl Spitzweg vertreten: 160 Gemälde und 120 Zeichnungen. Von Adolph Menzel besitzt die Sammlung über 100 Gemälde, Gouachen und Zeichnungen. Weitere größere Werkblöcke gibt es von Caspar David Friedrich, Georg Ferdinand Waldmüller, Hans Thoma, Wilhelm Leibl und seinem Kreis sowie von Max Liebermann und Max Slevogt. Neben der großen ständigen Ausstellung finden hochkarätige Wechselausstellungen, Vortragsreihen, Führungen, Konzerte und Lesungen statt.