Hans Fallada – Gesammelte Werke

Tekst
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

16

Ich ste­he in St­rümp­fen auf der Die­le mei­nes Hau­ses, die Schu­he habe ich schon im Vor­platz ge­las­sen. Es ist noch dun­kel, aber nun tas­tet mei­ne Hand nach dem Schal­ter, ein lei­ses Knacken, und es wird hell. Ja, hier bin ich wie­der bei mir zu Hau­se, hier ge­hö­re ich her, in die­se Ord­nung und Sau­ber­keit! Mit ei­ner fast an­däch­ti­gen Scheu be­trach­te ich die­se klei­ne schmu­cke Die­le mit dem re­se­da­far­be­nen Tep­pich, von dem längst die häss­li­chen Spu­ren je­ner No­vem­ber­nacht ge­tilgt sind; ich sehe den Klei­der­stän­der an, an dem or­dent­lich auf Bü­geln ne­ben­ein­an­der Mag­das grü­ne Ko­stümja­cke und ein bläu­li­cher Som­mer­man­tel hän­gen …

Und nun schlei­che ich mich zum Spie­gel, zu dem großen, lan­gen Spie­gel, in dem man sich von oben bis un­ten se­hen kann, und ich be­trach­te mich von oben bis un­ten. Und ein fürch­ter­li­cher Schre­cken packt mich, wie ich mich da ste­hen sehe in mei­nen aus­ge­beul­ten, be­schmutz­ten Klei­dern, mit dem grauschwar­zen Hals­kra­gen, dem stopp­li­gen fah­len Ge­sicht, den rot­ge­rän­der­ten Au­gen.

›Das ist aus mir ge­wor­den!‹, schreit es in mir, und mein ers­ter Im­puls ist es, hin­über­zu­stür­zen zu Mag­da, vor ihr auf die Knie zu fal­len und sie an­zu­fle­hen: ›Ret­te mich! Ret­te mich vor mir selbst! Birg mich an dei­nem Her­zen!‹ Aber die­se Re­gung ver­fliegt; ich lächle mein Spie­gel­bild lis­tig-ver­schla­gen an. ›Das möch­te sie‹, den­ke ich. ›Und dann ab mit dem Mann in eine Trin­ker­heil­an­stalt und rein in Ge­schäft und Ver­mö­gen!‹

Lis­tig sein. Im­mer lis­tig sein. Und ich rücke mir ei­lig einen Stuhl an den großen Klei­der­schrank in der Die­le, ich lan­ge hin­auf und hole mir einen Hand­kof­fer her­un­ter, den bes­ten Hand­kof­fer, den wir be­sit­zen, einen voll­rind­le­der­nen; ei­gent­lich ge­hört er so­gar Mag­da, ich habe ihn ihr ein­mal zum Ge­burts­tag ge­schenkt. Aber dar­auf kommt es jetzt nicht an, au­ßer­dem – ge­hört nicht Ehe­leu­ten al­les ge­mein­sam?

In der nächs­ten Vier­tel­stun­de ent­fal­te ich eine fie­ber­haf­te Tä­tig­keit, ich pa­cke mei­nen Man­tel ein, zwei An­zü­ge, Wä­sche. Aus dem Ba­de­zim­mer hole ich mein Toi­let­ten­zeug. Mag­da wird sich mor­gen früh wun­dern! Aus dem Schuh­schrank hole ich zwei Paar Schu­he, Haus­schu­he – ich rich­te al­les wie zu ei­ner großen Rei­se. Und jetzt ist mir wirk­lich so, als wür­de ich eine große Rei­se an­tre­ten, viel­leicht, viel­leicht ist Eli­nor dies­mal zu­gäng­li­cher.

Nun bin ich mit all die­sen Din­gen fer­tig, und ehe ich jetzt an das Schwers­te gehe, set­ze ich mich einen Au­gen­blick auf die Die­le, trin­ke und ruhe mich aus. Ich mer­ke doch sehr, wie schwach ich in den letz­ten Wo­chen ge­wor­den bin, dies biss­chen Pa­cken hat mich über Ge­bühr an­ge­strengt, mein Herz flat­tert, ich bin von Schweiß be­deckt.

Dann ma­che ich mich wie­der ans Werk. Bis jetzt ist al­les aus­ge­zeich­net ge­gan­gen, ich habe kein Geräusch ge­macht, das einen nor­ma­len Schlä­fer er­we­cken könn­te, nichts fiel mir aus den Hän­den. Aber, wie ge­sagt, das Schwers­te steht mir noch be­vor. Ich zie­he die Schub­la­de un­ter dem Spie­gel auf, und sie­he, da liegt wirk­lich die elek­tri­sche Ta­schen­lam­pe! Ich knip­se, und sie­he, sie brennt tat­säch­lich! Es geht doch nichts über einen gut ge­ord­ne­ten Haus­halt – heil dir, Mag­da!

Ich knip­se al­les Licht aus und schlei­che mit der Ta­schen­lam­pe in un­ser Wohn­zim­mer. Es liegt di­rekt ne­ben dem Schlaf­zim­mer und ist von ihm nur durch eine zweiflüg­li­ge, mit bun­ten Glas­schei­ben ver­zier­te Tür ge­trennt, durch die je­der Licht­schein und je­des Geräusch drin­gen. Im Dun­keln tas­te ich mich zum Schreib­tisch hin, in des­sen Mit­tel­fach in ei­ner klei­nen Geld­kas­set­te un­ser Bar­geld liegt. Im All­ge­mei­nen ist dort nur das für den Haus­halt not­wen­di­ge Geld, also nur we­nig; ha­ben wir abends aber noch Ein­nah­men im Ge­schäft ge­habt, die zur Bank zu brin­gen es zu spät war, so nah­men wir das Geld mit hier­her. Ich war doch sehr ge­spannt, wie viel ich fin­den wür­de.

Es ge­lang mir, das Fach ohne je­des Geräusch zu öff­nen und die Kas­set­te her­aus­zu­ho­len; ich brauch­te nicht ein­mal die Ta­schen­lam­pe an­zu­knip­sen. Eben­so fand ich im völ­lig Dunklen das ne­ben der Kas­set­te lie­gen­de Scheck­buch. Ich schob es in die Ta­sche und trug die Kas­set­te be­hut­sam Schritt für Schritt in die Die­le, setz­te sie erst ab, schloss die Tür und knips­te das Licht an.

Es klingt selt­sam, aber ich habe so et­was wie ein Ge­bet ver­rich­tet, ehe ich die Kas­set­te auf­schloss. Ich be­te­te zu dem so lan­ge ver­ges­se­nen lie­ben Gott, er möge es doch be­wir­ken, dass recht viel Geld in der Kas­se sei. Viel Geld, um die­ses Le­ben zwi­schen Trun­ken­heit und Übel­keit noch lan­ge fort­zu­set­zen, noch viel mehr Geld, um Eli­nor, la rei­ne d’al­cool, zu ver­füh­ren, mit mir auf Rei­sen zu ge­hen. Mit kei­nem Ge­dan­ken be­schäf­tig­te mich die Lage, in die ich mein ei­ge­nes Ge­schäft durch solch eine Ent­nah­me brin­gen wür­de. Ja, ich glau­be, wenn ich dar­an ge­dacht hät­te, ich hät­te umso mehr frohlockt, je grö­ßer der Scha­den für mei­nen ei­ge­nen Be­trieb ge­wor­den wäre.

Ich hat­te also mein Ge­bet ver­rich­tet und öff­ne­te die Kas­set­te. Ich hob das obe­re Fach an, in dem nur Hart­geld lag, und sah gie­rig nach den Schei­nen. Mei­ne Ent­täu­schung war gren­zen­los. Nur ganz we­ni­ge Schei­ne la­gen da; als ich sie durch­zähl­te, wa­ren es nicht viel mehr als fünf­zig Mark.

Ich sehe mich noch da­ste­hen, die we­ni­gen Schei­ne in der Hand, ein ei­si­ges Ge­fühl im Her­zen. ›Dies ist das En­de‹, dach­te ich, ›das reicht we­der für Eli­nor noch für Po­la­kow­ski. In zwei, drei Ta­gen ist dies Geld zu Ende, und dann gibt es nur er­ge­ben, zu Kreu­ze krie­chen, die Kalt­was­ser­heil­an­stalt, die end­gül­ti­ge Auf­ga­be al­ler Hoff­nun­gen.‹ So stand ich da, den Tod im Her­zen, lan­ge, o so lan­ge …

Dann kam wie­der Le­ben in mich. Ich sah wie­der Po­la­kow­skis gelb­li­ches Ge­sicht vor mir mit dem dunklen Voll­bart; ich hör­te sei­ne sanf­te Stim­me et­was von Schmuck und Sil­ber flüs­tern … Schmuck kam nicht in­fra­ge. Das biss­chen Schmuck, das Mag­da be­saß, war kaum et­was wert, au­ßer­dem be­wahr­te sie ihn im Toi­let­ten­tisch des Schlaf­zim­mers auf. Aber Sil­ber – ja, Sil­ber hat­ten wir. Schö­nes, schwe­res, al­tes Ta­fel­sil­ber, ein Ge­le­gen­heits­kauf auf ei­ner Auk­ti­on. Im Kof­fer war noch Platz ge­nug …

Ich trank schnell und viel, ich trank die gan­ze Fla­sche auf ein­mal leer. Es war noch gut ein Drit­tel in ihr ge­we­sen. Ei­nen Au­gen­blick über­schwemm­te die plötz­li­che star­ke Al­ko­hol­zu­fuhr mei­nen Kör­per wie mit ei­ner ro­ten Woge, ich schloss die Au­gen, ich zit­ter­te. Wür­de ich bre­chen müs­sen? Aber der An­fall ging vor­über, ich hat­te mich wie­der in mei­ner Ge­walt.

Rasch ging ich ins Spei­se­zim­mer und knips­te dort den Kron­leuch­ter an. Die eben noch so ängst­lich ge­wahr­te Vor­sicht brauch­te ich nun nicht mehr. Ich schloss das Bü­fett auf und nahm das Sil­ber, das dut­zend­wei­se in Fla­nell­fut­te­ra­len steck­te (wir brau­chen es nur bei fest­li­chen Ge­le­gen­hei­ten), her­aus. Ich häuf­te es erst ne­ben mir auf, dann trug ich es fort, große Löf­fel, Mes­ser und Ga­beln, die klei­nen Be­ste­cke, die Fisch­be­ste­cke … Ich stopf­te al­les in den Kof­fer, wie es kam. Nun fehl­ten nur noch die sil­ber­nen Auf­fülllöf­fel, das Salat- und das Tran­chier­be­steck, die lose in ei­ner be­son­de­ren Schieb­la­de la­gen. Ich nahm sie ei­lig her­aus; plötz­lich hetz­te mich et­was, ich muss­te fort aus die­sem Haus! Ein Löf­fel fiel klir­rend zu Bo­den, ich fluch­te laut, griff nach ihm und ließ einen zwei­ten Löf­fel fal­len.

Un­ge­dul­dig riss ich an der Schieb­la­de, um sie ganz her­aus­zu­zie­hen und das Ein­zel­sil­ber in ihr zum Kof­fer zu tra­gen. Die Schieb­la­de gab über­ra­schend schnell nach und fiel pol­ternd auf das Sil­ber­ge­schirr, das hell er­tön­te. Ich raff­te al­les zu­sam­men, wie ich es fas­sen konn­te, jetzt ohne jede Rück­sicht auf den Lärm, den ich mach­te, und eil­te da­mit zum Kof­fer. Im Ge­hen fie­len zwei, drei Löf­fel. Ich warf das Mit­ge­brach­te oben­auf in den Kof­fer und lief zu­rück, das Ver­lo­re­ne zu ho­len.

Wie an­ge­wur­zelt blieb ich ste­hen und starr­te auf Mag­da, die mit­ten im Spei­se­zim­mer vor ih­rem auf­ge­ris­se­nen Bü­fett stand!

17

Sie wen­de­te den Kopf und sah mich an, lan­ge. Ich merk­te, wie sie er­schrak, wie sie schnell at­me­te, sich zu sam­meln ver­such­te. »Er­win«, sag­te sie dann mit sto­cken­der Stim­me, »Er­win! Wie siehst du aus!? Wo kommst du her in die­sem Zu­stand? Wo bist du so lan­ge ge­we­sen? Ach, Er­win, Er­win, wie ich mich ge­ängs­tigt habe um dich! Dass wir uns so wie­der­se­hen müs­sen! Er­win, den­ke dar­an, dass wir uns ein­mal lieb ge­habt ha­ben! Zer­stö­re doch nicht al­les! Komm wie­der zu mir. Ich will dir hel­fen, so gut ich kann. Ich will so ge­dul­dig sein, nie wie­der wer­de ich mich mit dir strei­ten …« Sie hat­te im­mer schnel­ler ge­re­det, atem­los hielt sie inne und sah mich fle­hend an.

Mich aber be­weg­ten ganz an­de­re Ge­füh­le. Mit Zorn, mit Hass, mit Ab­nei­gung sah ich auf die­se ge­pfleg­te, vom Schlaf ge­röte­te Frau in ih­rem sei­de­nen blau­en Schlaf­rock, ich, der aus­sah, als hät­te ich mich in der Gos­se ge­wälzt, ich, der stank wie ein Wie­de­hopf. Ich glau­be, es muss die Mah­nung an un­se­re Lie­be von ehe­mals ge­we­sen sein, die mich in eine so sinn­lo­se Wut ver­setz­te. Ihre Wor­te, statt mich zu rüh­ren, hat­ten mich nur den Ab­stand ge­gen das längst ver­sun­ke­ne Da­mals füh­len ge­macht. Wir wa­ren gleich­ge­stellt, und da stand sie und hat­te al­les, und hier war ich, ein Kan­di­dat des Nichts.

 

Zor­nig stol­per­te ich auf Mag­da los, ich fiel da­bei bei­na­he über einen sil­ber­nen Auf­fülllöf­fel, sah mich wü­tend nach ihm um, tat einen Schritt zu­rück und zer­trat ihn. Mag­da schrie lei­se auf. Ich aber eil­te auf sie zu, hob mei­ne Fäus­te ge­gen sie und schrie: »Ja, das möch­test du, dass ich zu dir zu­rück­kom­me! Und was wird dann? Was wird dann?!« Ich schüt­tel­te die Fäus­te nahe vor ih­rem Ge­sicht. »Dann bringst du mich ins Bett und siehst schön zu, dass ich schla­fe, und wenn ich erst schla­fe, dann lässt du die Ärz­te kom­men und lässt mich weg­brin­gen, für Le­bens­zeit in eine Trin­ker­heil­stät­te, und dann lachst du dir ins Fäust­chen und tust mit mei­nem Ei­gen­tum, was du willst. – Ja, das möch­test du.«

Ich starr­te sie an, auch ich jetzt atem­los. Und Mag­da sah mich wie­der an. Sie war jetzt sehr blass ge­wor­den, aber ich sah wohl, dass sie trotz mei­nes wil­den Ge­ba­rens und Dro­hens kei­ne Angst vor mir hat­te. Plötz­lich schlug mei­ne Stim­mung um; mei­ne Er­re­gung war ge­wi­chen, und kalt und ru­hig sag­te ich: »Ich will dir sa­gen, was du bist. Ein ganz ge­mei­nes Aas bist du, ins Ge­sicht sage ich dir das.«

Sie zuck­te nicht, sah mich nur an.

»Eine Ver­rä­te­rin bist du, un­se­re gan­ze Ehe hast du ver­ra­ten, als du die Ärz­te hin­ter mir her­schick­test. Ins Ge­sicht müss­te ich dir spei­en, pfui Dei­bel!«

Wie­der sah sie mich an. Dann sag­te sie rasch: »Ja, ich habe die Ärz­te hin­ter dir drein­ge­schickt, aber nicht um dich zu ver­ra­ten, son­dern um dich zu ret­ten – wenn das noch mög­lich ist. Wenn du noch einen Fun­ken Ver­nunft hät­test, Er­win, müss­test du das ein­se­hen. Du müss­test ver­ste­hen, dass du so nicht einen Mo­nat wei­ter­le­ben kannst, viel­leicht nicht eine Wo­che mehr …«

Ich un­ter­brach sie. Ich lach­te höh­nisch. »Nicht einen Mo­nat mehr? Kei­ne Wo­che? Noch Jah­re kann ich so le­ben, ich hal­te al­les aus, und ge­ra­de dir zum Trotz wer­de ich so wei­ter­le­ben, ge­ra­de dir zum Trotz.« Ich beug­te mich ganz nahe zu ihr. »Soll ich dir sa­gen, was ich tun wer­de, wenn ich das nächs­te Mal ganz be­trun­ken bin? Dann wer­de ich vor dein Fens­ter zie­hen, und ich wer­de es vor al­len Leu­ten aus­schrei­en, dass du eine Ver­rä­te­rin bist, ein gie­ri­ges Aas, gie­rig nach mei­nem Geld, gie­rig nach mei­nem Ver­re­cken …«

»Ja«, sag­te sie böse, »das glau­be ich wohl, dass du dazu im­stan­de bist. Dann aber wirst du nicht nur in eine Heil­an­stalt, son­dern so­gar in ein Ge­fäng­nis kom­men – und ich weiß nicht«, sag­te auch sie jetzt sehr höh­nisch, »ob dir das nicht sehr gut wäre.«

»Was?«, schrie ich, und mei­ne Wut war jetzt auf dem Hö­he­punkt, »jetzt willst du mich auch noch ins Ge­fäng­nis brin­gen?! War­te, das sollst du nicht noch ein­mal sa­gen! Ich will dir zei­gen …« Ich fass­te nach ihr, ich sah rot. Ich woll­te nach ih­rem Hal­se grei­fen, aber sie wi­der­setz­te sich kräf­tig. Sie war wirk­lich fast eben­so stark wie ich, und in mei­nem jet­zi­gen Zu­stand war sie viel­leicht so­gar er­heb­lich stär­ker. Wir ran­gen mit­ein­an­der, es war ein sü­ßes Ge­fühl, die­sen einst so ge­lieb­ten Leib nun feind­lich, aber doch so nahe zu spü­ren, jetzt die Brust, einen sich ge­gen mich stem­men­den Schen­kel.

Der Ge­dan­ke schoss mir durch den Kopf: ›Wenn du sie jetzt plötz­lich küs­sen, wenn du ihr Lie­bes­be­teue­run­gen ins Ohr flüs­tern wür­dest! Ob du sie her­um­be­kämst?‹ Ich flüs­ter­te ihr ins Ohr: »Nächs­te Nacht kom­me ich und brin­ge dich um. Ganz lei­se kom­me ich …«

Laut rief Mag­da: »Nein, nein, es ist gut, Else, ich wer­de schon al­lein mit ihm fer­tig! Ru­fen Sie Dr. Mans­feld an und die Po­li­zei­wa­che, ich hal­te ihn hier schon!«

Ich dreh­te mich über­rascht um. Wirk­lich, da stand Else, vom Geräusch un­se­res Kamp­fes her­bei­ge­lockt, bild­hübsch an­zu­se­hen; und jetzt ver­schwand sie in der Die­le zum Te­le­fon.

Mit ei­nem Ruck riss ich mich frei. »Mich be­kommst du noch lan­ge nicht, Mag­da!« Ich gab ihr einen Stoß, dass sie rück­lings hin­fiel. Lau­fend raff­te ich die noch ver­streu­ten Sil­ber­sa­chen auf, auch den zer­bro­che­nen Auf­fülllöf­fel, und rann­te auf die Die­le. Ich warf al­les in den Kof­fer und müh­te mich ab, den De­ckel zu schlie­ßen.

Schon war Mag­da wie­der da. »Die Sa­chen schleppst du nicht weg! Mein Sil­ber bleibt hier, das ver­säufst du nicht auch noch!«

Ei­nen Me­ter ab te­le­fo­nier­te Else eif­rig. Ich hör­te den Satz: »Er will sei­ne Frau er­mor­den!«

›Gott, du Kind!‹, dach­te ich.

Wir bei­de ris­sen am Kof­fer. Dann ließ ich ihn über­ra­schend los, und wie­der tau­mel­te Mag­da zur Erde. Ich riss den Kof­fer aus ih­rer Hand, schlug ein- oder zwei­mal nach ihr, rann­te auf den Vor­platz, fass­te mei­ne Schu­he und lief in St­rümp­fen auf die Stra­ße. Ei­nen Au­gen­blick stutz­te ich …

»Ge­ben Sie mir den Kof­fer, Herr!«, sag­te die ein­schmei­cheln­de sanf­te Stim­me Po­la­kow­skis. »Ich lau­fe im­mer schon vor. Los, da kom­men die Frau­en!« Ganz me­cha­nisch gab ich Po­la­kow­ski den Kof­fer, er lief los, und ich rann­te hin­ter ihm drein, in die Nacht hin­aus, auf St­rümp­fen …

18

Po­la­kow­ski rann­te mit dem Kof­fer, er wich vom nächs­ten Wege ab, stürz­te sich in die Alt­stadt, lief durch Gas­sen und Gäss­chen, wo­bei er über­ra­schend um Ecken bog; ich lief ihm nach. Es war sehr dun­kel, nur weil er Schu­he trug und da­durch beim Lau­fen Lärm mach­te, konn­te ich ihm über­haupt fol­gen. Ich bin ganz si­cher, dass Po­la­kow­ski die Ab­sicht ge­habt hat­te, mit dem gan­zen Kof­fer erst ein­mal völ­lig zu ver­schwin­den und mich hilf­los auf der Stra­ße zu las­sen, und er glaub­te ja auch wirk­lich, mich ab­ge­schüt­telt zu ha­ben: Mei­nen lei­sen Schritt auf St­rümp­fen hat­te er nicht ge­hört. Aber als er schließ­lich atem­ho­lend doch still­stand, war ich ne­ben ihm und frag­te ihn, warum er denn so sinn­los ge­lau­fen sei, es wäre uns ja doch nie­mand nach­ge­lau­fen!

Der Schur­ke war nicht einen Au­gen­blick ver­le­gen, wuss­te auch sei­ne Ent­täu­schung über mein Auftau­chen gut zu ver­ber­gen und frag­te da­ge­gen: »Es hat doch Krach mit den Wei­bern ge­ge­ben? Die Wei­ber ha­ben doch ge­schri­en? Was ha­ben Sie den Wei­bern ge­tan?«

»Nichts, was Sie mir nicht ge­ra­ten ha­ben, Po­la­kow­ski«, lach­te ich. »Ich habe sie auf eure ›Ar­bei­ter­ar­t‹ zu ängs­ti­gen ver­sucht, näm­lich mit Schlä­gen. Aber es ist nicht viel draus ge­wor­den. Üb­ri­gens ist es wohl selbst­ver­ständ­lich, dass eine Frau sich wi­der­setzt, wenn man ihr das Sil­ber fort­nimmt. Ich habe das Sil­ber, Po­la­kow­ski.«

»So, ha­ben Sie es?«, ant­wor­te­te der Ab­ge­feim­te. »Nun kommt es drauf an, ob es auch et­was bringt. Das meis­te Sil­ber ist leicht und hohl, oder die Fas­son ist un­mo­dern. Sil­ber, das nur zum Ein­schmel­zen taugt, ist kaum ein paar Mark wert.«

»Sie brau­chen sich dar­um nicht zu sor­gen, Po­la­kow­ski«, sag­te ich böse. »Ich wer­de mein Sil­ber ohne Sie ver­wer­ten – wenn ich es über­haupt ver­kau­fe, was ich noch nicht weiß. So, und nun möch­te ich mei­nen Kof­fer al­lein wei­ter­tra­gen.«

Ich hat­te wäh­rend un­se­rer Un­ter­hal­tung mei­ne Schu­he an­ge­zo­gen und nahm jetzt den Kof­fer auf, trotz der fle­hent­li­chen Pro­tes­te Po­la­kow­skis. End­lich hat­te ich ge­ra­de den rech­ten Ton ihm ge­gen­über ge­trof­fen, der Al­ko­hol, der ja im­mer neue, im­mer an­de­re Stim­mun­gen her­auf­spült, hat­te ihn mir ein­ge­ge­ben. Jetzt war Po­la­kow­ski wie­der ganz Ohr­wurm, er be­teu­er­te, er sei nur ein ar­mer Ar­bei­ter, un­fä­hig, mit ei­nem wirk­lich ge­bil­de­ten Men­schen um­zu­ge­hen. Na­tür­lich wür­de mein Sil­ber gut sein, sehr gut, ich möge es sei­ner Dumm­heit zu­gu­te­hal­ten, wenn er ge­glaubt habe, ein Mann wie ich kön­ne min­der­wer­ti­ges Sil­ber ha­ben. Ich ver­harr­te in ei­nem vor­geb­li­chen fins­te­ren Schwei­gen, das ihn im­mer un­ru­hi­ger mach­te, über das ich mich selbst aber in­ner­lich vor La­chen schüt­tel­te. Zu Hau­se an­ge­kom­men, trug Po­la­kow­ski, ohne sich erst bit­ten zu las­sen, die wirk­lich be­reit­ge­hal­te­ne Fla­sche Korn her­bei; ich griff in die Ta­sche und frag­te nur: »Wie viel?«

»Zwei Mark fünf­zig«, flüs­ter­te er, sehr de­mü­tig.

»Hier ha­ben Sie Ihr Geld, und dass Sie mir nie wie­der einen so schlech­ten Fu­sel brin­gen! Habe ich sonst noch was zu zah­len?«

Er ver­si­cher­te, dass al­les be­gli­chen sei.

»Gut, dann ma­chen Sie, dass Sie her­aus­kom­men! Ich will jetzt schla­fen.«

Er schob sich aus der Tür, ich hat­te es fer­tig­ge­bracht, ihn ver­le­gen und de­mü­tig zu ma­chen.

Mir aber war we­der nach Schla­fen noch nach Trin­ken zu­mu­te. Der Durst nach Be­täu­bung hat­te aus­ge­setzt, ich be­kam aus rät­sel­haf­ten Grün­den eine kur­ze Schon­zeit, wäh­rend der ein Stück des tä­ti­ge­ren Men­schen, der ich einst ge­we­sen, wie­der auf­tauch­te. Vi­el­leicht kam das von der eben über­stan­de­nen Sze­ne mit Mag­da, die mich doch sehr auf­ge­wühlt hat­te – frei­lich müh­te ich mich, so we­nig wie nur mög­lich an sie zu den­ken.

Eine Wei­le saß ich grü­belnd auf dem Sofa. Mit un­er­bitt­li­cher Klar­heit stand vor mir, dass ich nach dem Ge­sche­he­nen nie wie­der nach Hau­se kom­men konn­te. Mein al­ter Plan, mich selbst des Al­ko­hols zu ent­wöh­nen und als ein Ge­sun­der vor Mag­da und die Ärz­te zu tre­ten, war end­gül­tig zu­sam­men­ge­bro­chen – üb­ri­gens hat­te ich in mei­nen nüch­ter­nen Stun­den selbst nie recht an ihn ge­glaubt. Es war aber auch un­mög­lich, es wi­der­stand mir bis zum Ekel, hier noch län­ger bei Po­la­kow­ski zu hau­sen; das Ende konn­te nur Irr­sinn hei­ßen. Ich muss­te einen an­de­ren Weg fin­den, und ich glaub­te, auch eine Ah­nung von der Art die­ses We­ges zu ha­ben. Vie­les muss­te ich wa­gen in den nächs­ten vier­und­zwan­zig Stun­den, nicht als be­rausch­ter Mann durf­te ich an mein Werk ge­hen.

Es mag mor­gens zwi­schen drei und vier Uhr ge­we­sen sein, als ich von mei­nem Sofa auf­stand und an­fing, den Kof­fer aus­zu­pa­cken. Ich wusch mich dann von Kopf bis zu Fü­ßen, zog mich halb an und ra­sier­te mich mit größ­ter Sorg­falt. Al­les ging un­end­lich lang­sam. Das Zit­tern mei­ner Hän­de war so stark, dass ich ein paar­mal dar­an ver­zwei­fel­te, mich ra­sie­ren zu kön­nen, aber schließ­lich ge­lang es doch. Aus un­be­kann­ten Ur­grün­den mei­nes Seins war eine neue Ener­gie in mir auf­ge­stie­gen, sie ließ mich aus­hal­ten, sie gab es nicht zu, dass ich mehr als ganz klei­ne Schlu­cke in lan­gen Zeitab­stän­den zu mir nahm.

Als ich schließ­lich völ­lig frisch an­ge­zo­gen und ge­wa­schen mich im Spie­gel mus­ter­te, war ich selbst er­staunt, wie gut ich noch aus­sah. Ge­wiss, mei­ne Au­gen wa­ren ge­rötet, mit steck­na­del­klei­nen Pu­pil­len, und die Ba­cken hin­gen et­was, aber nie­mand konn­te mir einen Trin­ker an­se­hen. Ich konn­te es mor­gen früh wa­gen, und ich wür­de es wa­gen.

Ich ging nicht mehr ins Bett. Ich schlug die De­cke um mich und setz­te mich auf das Sofa, den Mor­gen zu er­war­ten. Da­bei lausch­te ich in das Haus. Es war ganz still, aber ich hat­te die fes­te Über­zeu­gung, dass Po­la­kow­ski nicht schlief, son­dern mich be­lau­er­te. Nun, ich wür­de war­ten, und ich trau­te mir auch zu, ihn zu über­lis­ten.

Ich hat­te ein Was­ser­glas mit Korn ge­füllt, ehe ich mich auf das Sofa ge­setzt hat­te, und die Fla­sche mit dem gan­zen Rest in die ferns­te Ecke mei­ner Stu­be ge­stellt: Mit die­sem Was­ser­glas Korn muss­te ich bis zum Mor­gen aus­kom­men, hat­te ich be­stimmt. Aber ich nipp­te nur dar­an; nach der un­ge­wohn­ten Be­schäf­ti­gung die­ser Nacht war ich tod­mü­de, ich lehn­te mich zu­rück, und schon war ich ein­ge­schla­fen.

Ich er­wach­te von ei­nem lei­se klir­ren­den Geräusch. Ich öff­ne­te halb die Au­gen und blin­zel­te in die Stu­be, in der das Licht der Mor­gen­son­ne be­reits die Über­hand über den Schein der Glüh­lam­pe ge­won­nen hat­te. Über mei­nen Kof­fer ge­beugt stand Po­la­kow­ski, er hat­te aus ei­nem Fut­te­ral ein Ta­fel­mes­ser ge­zo­gen, mus­ter­te es kri­tisch und wog es in der Hand. Eine gan­ze Wei­le sah ich zwi­schen zu­sam­men­ge­knif­fe­nen Li­dern dem Schur­ken zu, wie er zwi­schen dem Sil­ber her­um­wühl­te, dann re­kel­te ich mich, gähn­te laut, wie je­mand, der eben er­wacht, und sah in mein Zim­mer: Es war leer. Eben sah ich noch, wie sich die Klin­ke der Tür in die Ru­he­stel­lung hob. Ein Blick in den Kof­fer über­zeug­te mich da­von, dass Po­la­kow­ski sich vor­läu­fig noch mit ei­ner Mus­te­rung des Sil­bers be­gnügt hat­te, das ei­gent­li­che Klau­en war wohl für be­trun­ke­ne­re Stun­den von mir vor­be­hal­ten.

 

Ich öff­ne­te das Fens­ter, sah über die Stadt und nach dem Stand der Son­ne. Sie hat­te sich noch nicht viel über den Ho­ri­zont er­ho­ben, es moch­te zwi­schen sechs und sie­ben Uhr sein. Ich rief aus der Tür nach Po­la­kow­ski; der gute Lis­ten­rei­che ließ sich eine gan­ze Wei­le Zeit, bis er sich mel­de­te. Ich rief ihm nur hin­un­ter, dass ich mein Früh­stück ha­ben woll­te. Er brach­te es sehr rasch, sei­ne zage, sonst fast schafs­mä­ßig sanf­te Mie­ne konn­te die­ses Mal doch ein Ge­fühl leb­haf­ter Beun­ru­hi­gung über mein völ­li­ges Verän­dert­sein nicht ver­ber­gen. Ich tat, als sähe ich nichts, und mach­te mich zum ers­ten Mal mit ei­ni­gem Ap­pe­tit ans Es­sen. Der Kaf­fee war über­ra­schend gut, die Sem­meln knusp­rig und die But­ter frisch und kühl – die­ser Schur­ke von Po­la­kow­ski ver­stand es ent­schie­den, zu le­ben.

Wäh­rend ich aß, brach­te Po­la­kow­ski den Wasch­tisch und mein Bett in Ord­nung, wo­bei er es nicht las­sen konn­te, im­mer wie­der heim­li­che Sei­ten­bli­cke auf mich ab­zu­schie­ßen. Dazu hüs­tel­te er im­mer häu­fi­ger. Die Korn­fla­sche, die er im Stu­ben­win­kel ste­hen fand, gab ihm end­lich den er­sehn­ten An­lass, ein Ge­spräch an­zu­knüp­fen. »Sie ha­ben ja fast gar nichts ge­trun­ken, Herr!«, sag­te er und hielt die Fla­sche be­wei­send ge­gen das Licht.

»Ja, mein lie­ber Herr Po­la­kow­ski«, sag­te ich spöt­tisch, aber in bes­ter Lau­ne und be­strich da­bei eine Sem­mel dick mit But­ter, »wenn du mir wei­ter sol­chen Fu­sel bringst, wer­de ich mir das Trin­ken noch ganz ab­ge­wöh­nen.«

Er nahm mein »du« ohne zu zu­cken an. »Es war ein Irr­tum, Herr«, knurr­te er, »ein Irr­tum vom Kauf­mann. So wahr ich hier ste­he, ich selbst habe vier Mark fünf­zig für die Fla­sche be­zahlt, der Kauf­mann hat sich ver­grif­fen. Aber ich habe Ih­nen na­tür­lich nur den wirk­li­chen Preis be­rech­net, ich selbst leg­te die zwei Mark drauf, ob­gleich ich nur ein ar­mer Mann bin. Ich bin ehr­lich, Herr …«

»Rede kei­nen Blöd­sinn, Po­la­kow­ski«, ant­wor­te­te ich grob. »Du bist so we­nig ehr­lich, wie du arm bist. Ein al­ter Gau­ner bist du, oder viel­mehr ein jun­ger, aber ge­ris­sen ge­nug für einen al­ten. Vi­el­leicht mag ich dich dar­um ge­ra­de ger­ne. – Nimm die Fla­sche mit«, schrie ich in plötz­lich ge­spiel­tem Zorn, »und sauf sie sel­ber aus. Und sor­ge da­für, dass in fünf Mi­nu­ten eine an­stän­di­ge Sor­te hier ist. Da hast du Geld!« Und ich warf ihm einen Schein auf den Tisch.

Er griff ei­lig nach ihm. »So­fort, wenn die Lä­den of­fen sind«, ver­si­cher­te er.

»Nein, nicht, wenn die Lä­den of­fen sind!«, schrie ich noch lau­ter, »son­dern jetzt, jetzt auf der Stel­le! Denkst du Idi­ot, ich will den gan­zen Tag hier wach sit­zen, nach die­ser Nacht? Ich will end­lich schla­fen kön­nen.«

Ich war auf­ge­sprun­gen in ge­spiel­ter Er­re­gung, hat­te schon das Jackett aus­ge­zo­gen und knöpf­te an mei­ner Wes­te. Ich muss­te ihn jetzt über­zeu­gen, sonst ging die Sa­che doch noch schief. So griff ich nach dem Was­ser­glas mit Korn, das noch im­mer fast voll auf dem Tisch stand, goss es hin­un­ter und schrie: »Da, gieß noch ein­mal voll! Mit dei­nem ver­damm­ten Fu­sel! Und nun mach, dass in fünf Mi­nu­ten ein an­de­res Ge­tränk hier ist; der Kauf­mann wird dich schon hin­ten­her­um rein­las­sen, einen so gu­ten Kun­den wie dich!« Ich hat­te mir die Wes­te vom Lei­be ge­ris­sen und knöpf­te schon an den Ho­sen­trä­gern.

»In fünf Mi­nu­ten!«, be­teu­er­te Po­la­kow­ski und eil­te aus der Stu­be. Un­schwer wa­ren aus sei­nen Wor­ten Er­leich­te­rung und Be­frie­di­gung her­aus­zu­hö­ren. Er hat­te Angst um sei­ne Melk­kuh ge­habt, aber jetzt soff ich wie­der. Gott sei’s ge­trom­melt und ge­pfif­fen!

Kaum hat­te ich die Haus­tür klap­pen hö­ren, war ich schon wie­der in mei­nen Klei­dern, schloss den Kof­fer, nahm ihn und lief die Trep­pe hin­ab. Es moch­te eine Frau Po­la­kow­ski ge­ben, auch Kin­der Po­la­kow­ski, von der glei­chen sanf­ten, ein­schmei­cheln­den, flüs­tern­den, ver­flucht schur­ki­schen Art, wie es ihr Va­ter war: Ich hat­te sie nie zu Ge­sicht be­kom­men. Ich sah sie auch an die­sem Mor­gen nicht. Un­an­ge­foch­ten kam ich auf die Gas­se. Hier, schon fast frei von mei­nem Pei­ni­ger, hät­te mir der Al­ko­hol fast noch einen Streich ge­spielt.

Plötz­lich er­in­ner­te ich mich dar­an, dass ich seit Wo­chen zum ers­ten Mal ohne »Pro­vi­ant« un­ter­wegs war, und noch dazu auf ei­ner so ge­fahr­vol­len, al­les ent­schei­den­den Rei­se, und dass oben in mei­ner Stu­be noch ein so­eben voll­ge­schenk­tes Glas mit Korn stand. Bei­na­he wäre ich um­ge­kehrt und da­mit wohl ziem­lich si­cher in die lang­fing­ri­gen Er­pres­ser­hän­de Po­la­kow­skis zu­rück­ge­lau­fen, dann aber sieg­te die in die­ser Nacht neu er­wach­te Ener­gie. Ich schüt­tel­te den Kopf und mach­te mich auf mei­nen Weg.