Der größte Irrtum der Weltgeschichte

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Der Untergang der Villa Augustea am Vesuv

Um 1930 begannen die Ausgrabungen der Villa Augustea, eines prächtigen, mehr als 18 Meter weiten Gebäudes, bei dem es sich um die Altersresidenz des Kaisers Augustus gehandelt haben soll, an der nördlichen Flanke des Vesuv beim heutigen Ort Somma Vesuviana. Dort wurden damals mehrere kostbare Marmorstatuen gefunden, die Kunsthistoriker dem frühen 1. Jh. n. Chr. zuordnen konnten.

Vor einigen Jahren wurden nun die Ausgrabungen von einem italienisch-japanischen Team von Archäologen wieder aufgenommen.2 Dabei konnte anhand des Vulkanauswurfs nachgewiesen werden, dass das Gebäude nicht durch den Vulkanausbruch von 79 AD verschüttet wurde (wie bislang angenommen), sondern offenbar erst durch die gewaltige 'Pollena'-Eruption1 des Jahres 472 AD. Allerdings war die Villa zu diesem Zeitpunkt bereits eine Ruine. In den Trümmern eines Küchenherdes fanden sich jedoch verkohlte Holzreste, deren kalibrierte C14-Datierung auf das Jahr 425 weist.2 Ohne Kalibrierung bezeichnen diese Radiokarbonwerte etwa das Jahr 334 u.Z.

Die Archäologen folgerten aus dem Messergebnis, dass die Villa Augustea noch Jahrhunderte nach dem Untergang Pompeis bewohnt wurde. Dies erscheint jedoch nur schwer vorstellbar: Wird doch das nur geringe Ausmaß der überlieferten Schäden durch die Eruption von 472 AD damit begründet, dass die Gegend um den Vesuv aufgrund des Ausbruchs von 79 immer noch weitgehend verwüstet war und daher praktisch unbesiedelt3.

Zudem beträgt der Abstand von der Villa zum Gipfel des Vesuv nur etwa 5 Km, wohingegen das verschüttete Pompei dreimal soweit entfernt liegt. Die hohe Gefährdung des Anwesens (die sich im Jahre 472 dramatisch bestätigte) dürfte jedermann klar gewesen sein. Wer in aller Welt hätte nach der Katastrophe von Pompei und Herkulaneum ausgerechnet an diesem Ort die Beschaulichkeit eines reichen Landsitzes genießen wollen?

Der dort gemessene C14-Wert stimmt jedenfalls verblüffend genau mit dem Ergebnis überein, das zu erwarten ist, wenn die römische Chronologie um drei Jahrhunderte jünger wäre als überliefert und das nach dem Ausbruch von 79 AD höchstwahrscheinlich beschädigte Gebäude verlassen blieb und verfiel. Ein direkter Vergleich mit Radiokarbondatierungen aus dem nahen Pompei könnte hier sicher weiteren Aufschluss schaffen. Der Untergang dieser Stadt ist auf Tag und Stunde genau dokumentiert (24. August 79 AD). Meine Recherche nach veröffentlichten C14-Datierungen von Holzresten des verschütteten Pompei blieb leider ohne greifbares Resultat. Zu vermuten ist, dass Altersbestimmungen mit C14 dort 'unbrauchbare', weil offenbar zu junge Ergebnisse lieferten.

Ara Coeli – Der Tempel auf dem Kapitol

Der Legenda Aurea zufolge, soll die Seherin Sybilla von Tibur den Kaiser am Tag der Geburt des Herrn auf eine Himmelserscheinung aufmerksam gemacht haben: Hinter der Sonne erschien die Jungfrau mit dem Kind auf einem 'Himmels-Altar'.


Konstellation 23.9.297 [Stellarium]

Wie schon erwähnt, wurde Augustus am Tag der herbstlichen Tagundnachtgleiche, dem 23. September geboren. Sein aktuelles Geburtstagshoroskop dürfte ihn besonders interessiert haben. An diesem Tag stand die Sonne im Sternbild Virgo direkt neben Spica, dem 'Kind der Jungfrau'. Am 23.9.297 zeigte sich jedoch eine besondere Konstellation im Sternbild Virgo: Zu beiden Seiten der Sonne standen die Planeten Jupiter und Venus. Zusammen bildeten sie eine strahlende Figur, die leicht als Altar (Opfertisch) zu interpretieren war.

Der Kaiser opferte, so die Überlieferung, auf die Eröffnung der Sibylle hin Weihrauch im Tempel auf dem Capitol – am Ort der heutigen Kirche Maria Ara Coeli.

Entstand die Sonnenuhr des Augustus vor 1700 Jahren?

Um das Jahr 10 v. Chr. ließ Kaiser Augustus auf dem Marsfeld in Rom eine riesige, ausgeklügelte Sonnenuhr errichten – angrenzend an sein Mausoleum und die Ara Pacis Augustae. Als insgesamt 100 römische Fuß hoher Gnomon (Schattenstab) diente ein eigens aus Ägypten herbeigeschaffter Obelisk.1 Am Tag der Tagundnachtgleiche wanderte der Schatten der auf der Spitze des Obelisken montierten vergoldeten Kugel in gerader Linie über das mehr als 120 Meter weite Anzeigefeld auf den Altar zu.2 Die Sonne, so sollte es scheinen, erwies dem Kaiser ihre Reverenz. Zur Mitte der elften Tagesstunde erreichte der Schatten schließlich das Portal des Friedensaltars. Für den Rest des Tages (symbolisch: des Zeitalters) war mit Augustus der Friede eingekehrt.

Dass die Sonnenuhr mit dem julianischen Kalender übereinstimmte, gilt als sicher – aber zu welchem Zeitpunkt war dies der Fall? Zur Zeit ihrer Errichtung oder erst später?3 Augustus hatte (so die Überlieferung) den von Julius Cäsar eingeführten Kalender überprüfen und nachjustieren lassen: Dreimal (in den Jahren 5 v. Chr., 1 v. Chr. und 4 n. Chr.) habe er Schaltjahre ausfallen lassen, damit der Frühlingsbeginn wieder auf sein traditionelles Datum fiele, den 21. März (nach moderner Zählung der Tage). Damit wurden, so heißt es, die eigenartigen Schaltfehler berichtigt, die offenbar den für die Ausrufung der Schaltjahre zuständigen Pontifices nach Cäsars Tod unterlaufen waren. Obwohl die Schaltregel Cäsars eindeutig war und eindeutig jedes vierte Jahr („quarto quoque anno“) als Schaltjahr vorsah, wäre zunächst in jedem dritten Jahr geschaltet worden (In den 33 Jahren von Cäsars Kalenderreform bis zum Jahr 12 v. Chr. hätte es anstatt 8 demnach 11 Schalttage gegeben – unter der Regentschaft des Augustus!).

Im Laufe der folgenden Jahrhunderte kam es dann allerdings wiederum zu einer Verschiebung des Datums der Tagundnachtgleiche gegen den Jahreslauf: Da die Länge des mittleren Sonnenjahres 365,232 Tage beträgt, bleibt auch nach der Einfügung eines Schalttages alle vier Jahre noch eine geringe Abweichung, die sich in 128,2 Jahren zu einem ganzen Tag aufsummiert.

Gregors Kalenderreform: 3 Tage zu wenig?

Diese Abweichung wurde bald erkannt. Es dauerte jedoch bis zum Jahre 1582, bevor unter Papst Gregor XIII. eine Kalenderreform ins Werk gesetzt werden konnte, welche den aufgelaufenen Fehler korrigierte und für künftige Zeiten eine verfeinerte Schaltregel festlegte. Im Vorfeld dieser Reform hatte der Papst bei den führenden Wissenschaftlern angefragt, wie viele überzählige Schalttage zu berücksichtigen seien. Die Gutachter hatten zu einer Korrektur von mindestens 12 Tagen geraten, um die rund 16 Jahrhunderte zuvor bestehenden Verhältnisse zwischen Jahreslauf und Kalender wieder herzustellen.1 Sie waren dabei vom Jahr -44 u.Z. für die julianische Reform ausgegangen.

Nach kirchlicher Tradition war jedoch für den Frühlingsbeginn, der die Basis der Osterrechnung bildete, stets der 21. März maßgebend gewesen. Papst Gregor erkannte den Widerspruch: 1600 Jahre zuvor wäre das Äquinoktium (Tagundnachtgleiche) jedoch auf den 24. März gefallen. Hiervon war aber nichts überliefert. Genau so wenig wie von einer Korrektur um drei Tage in frühchristlicher Zeit.

Angesichts dieses Dilemmas gab Gregor der kirchlichen Überlieferung den Vorrang und entschied sich richtigerweise (wenn auch mit falscher Begründung) für eine Anpassung von nur 10 Tagen, durch welche der kalendarische Frühlingsbeginn fürderhin wieder auf den 21 März fiel. In seiner Enzyklika 'Inter Gravissimas' (diese war, wie üblich, nach den Anfangsworten des Textes benannt) ordnete er unter Anderem folgendes an:

7. Um nun das Frühlingsäquinoktium, das von den Vätern des Konzils von Nicäa auf den 21. März (XII. Kal. Aprilis) festgelegt worden war, auf eben diesen Platz zurückzuführen, ordnen wir an und befehlen wir, dass von dem Monat Oktober des Jahres 1582 zehn Tage vom 5. Oktober einschließlich (III. Nona) bis zum 14. Oktober (pridie Idus) herausgenommen werden.

Auf die von Gregor vermutete Kalenderreform zu Nicäa gibt es keinerlei Hinweise. Andererseits war eine Begründung für die von der Empfehlung der Wissenschaftler abweichende Entscheidung des Papstes angezeigt. 10 Tage gleichen nun einmal die Kalenderabweichung von 1282 Jahren aus. Subtrahiert man diese vom Jahr 1582, so ergibt sich der Stand des Jahres 300 u.Z. Dieses liegt nun recht nahe am überlieferten Zeitpunkt des Konzils von Nicäa im Jahr 325, auf dem unter Anderem die Modalitäten für die Bestimmung des Osterdatums beraten wurden.

Für den Papst mögen andere Gründe hinzu gekommen sein, die den Ausschlag dafür gaben, sich gegen die Empfehlung der Wissenschaftler zu entscheiden und dann die entsprechende Begründung nachzuschieben: Es galt politische Verwicklungen zu vermeiden, die eine vom gewohnten 21. März abweichende Basis für die Osterrechnung, den Computus Paschalis mit einiger Sicherheit bewirkt hätte. Wie groß die Beharrungskräfte jedoch tatsächlich waren, die sich dennoch gegen seine Reform sträubten – teilweise bis in unsere Zeit hinein – konnte Gregor seinerzeit wohl kaum ermessen.

Festzuhalten bleibt: Mit der Gregorianischen Kalenderreform und ihrer Begründung ist seit dem Jahre 1582 der Widerspruch zwischen dem überlieferten Jahr der Reform Cäsars und dem damaligen Tag des Frühlingsanfangs für jedermann dokumentiert!

 

Warum aber, so ist zu fragen, konnte eine Kalenderreform von 10 Tagen zum traditionellen Datum für die Tagundnachtgleiche zurückführen? Ist es vorstellbar, dass die Sonnenuhr des Augustus nur aufgrund vorausgehender fehlerhafter Schaltungen zum Zeitpunkt ihrer Errichtung die Tagundnachtgleiche für wenige Jahre korrekt am 21.3. und am 23.9. anzeigte?

Oder fand tatsächlich zu Nicäa eine Korrektur um drei Tage statt? In diesem Falle wären der Geburtstag des Augustus und die Tagundnachtgleiche bei Errichtung der Sonnenuhr infolge der Fehlschaltungen nicht zusammengefallen.

Beides erscheint wenig wahrscheinlich. So verbleibt nur eine weitere Möglichkeit:

Die Zeitspanne zwischen Augustus und Gregor war rund 300 Jahre kürzer als es die Jahreszahlen vermuten lassen.

Da über die Ereignisse der römischen Kaiserzeit viele und auch glaubhafte Berichte vorliegen, die von Bodenfunden, Kunstwerken und Münzbildnissen gestützt werden, verschieben sich damit auch große Teile der Geschichte des römischen Kaiserreichs um drei Jahrhunderte. Welche weiteren Auswirkungen diese Annahme hat, ob sie auch das republikanische Rom betrifft, sowie andere mit Rom verknüpfte Reiche und ob auch die fränkischen Herrscher betroffen sind, bleibt abzuklären. Wir werden darauf zurückkommen.

Die Frage, ob die Geburt Jesu in die Regierungszeit des Augustus fiel, bleibt hiervon natürlich ebenso unberührt wie die Frage, ob dem Bericht des Lukas ein historisches Ereignis zu Grunde liegt.

Jahreszahlen und Epochen

»Der Weg zu den Quellen geht gegen den Strom.« Fritz von Unruh (1885-1970)

'Anno Domini' oder 'unsere Zeit' – AD oder uZ?

Ich habe das kleine Erlebnis in meiner Kindheit nie vergessen: Nur eine Zahl – 1950 – stand in fetten Ziffern auf dem Buch in der Auslage des winzigen Schreibwarengeschäfts, das in einer ehemaligen Garage gegenüber der Haltestelle 'Heidehofstrasse' der Straßenbahnlinie 18 in Stuttgart eingerichtet worden war. Die Buchstaben kannte ich damals noch nicht, aber Zahlen, auch recht große, waren mir schon vertraut: Jene bildeten, das hatte ich bereits verstanden, eine faszinierende, lückenlose, niemals endende Folge. Auf meine Frage, was es mit dem Buch im Schaufenster auf sich habe, erklärte mir mein Vater, dass es sich um einen Kalender handle, ein Buch in dem die Tage des kommenden Jahres aufgeführt seien, des 1950. Jahres seit der Geburt des Jesuskindes...

In der Tat erscheinen unsere Jahreszahlen so eindeutig, dass sich die Angabe einer Bezeichnung zumeist erübrigt. Ansonsten schaffen die Benennungen 'nach Christi Geburt' (n. Chr.), 'Anno Domini' (AD), 'Common Era' (CE) oder 'nach unserer Zeitrechnung' (n. u. Z. beziehungsweise u.Z.) Klarheit über die Zählweise.

Die Kennzeichnungen n. Chr. sowie CE gehen jedoch von gleich zwei Voraussetzungen aus: Zum Einen von einem Startjahr, dass durch ein bestimmtes Ereignis eindeutig bezeichnet ist. Schon hier kommen Zweifel auf, da weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass z. B. König Herodes I. bereits einige Jahre vor Beginn der AD-Zählung verstorben wäre. Die traditionelle Jahreszahl bezieht sich also eher nicht auf das Jahr der Geburt des historischen Jesus! Zum Anderen suggeriert die Angabe eines Epochenjahres, dass die Zählung seither fehlerfrei, also ohne Sprünge oder Doppelzählungen verlaufen wäre. Doch gerade dies wird erst noch zu überprüfen sein.

Um Missverständnisse zu vermeiden, sollen daher im Folgenden überlieferte Jahreszahlen der Antike mit 'AD' gekennzeichnet werden. Datierungen, die sich direkt auf die Geburt Jesu beziehen, werden dagegen ausdrücklich mit 'n. Jesu Geb.' gekennzeichnet. Die Bezeichnung 'u.Z.' (unsere Zeit) wollen wir dagegen benutzen, um einen Bezug zur Gegenwart herzustellen:1 Ziehen wir also von der gegenwärtigen Jahreszahl die Anzahl der Jahre ab, die ein bestimmtes Ereignis zurück liegt, so erhalten wir seine Jahreszahl 'u.Z.' Um die Jahreszahlen von Ereignissen anzugeben, die vor 1 AD bzw 1 u.Z. liegen, verwenden wir negative Zahlen, sowie die Null.2

Jahreszählungen

Aus dem Bedürfnis heraus, wichtige Ereignisse über Generationen hinaus geschichtlich zu ordnen, entstanden Jahreszählungen, zumeist einfach durch Weiterzählen der Regierungsjahre eines bedeutenden Herrschers. Im Lauf der Zeit entwickelten sich die unterschiedlichsten Zählweisen (eine Auswahl zeigt die Tabelle)1. Dass nicht nur nach dem Jahreslauf der Sonne, sondern auch nach je 12 Mondumläufen oder einer festen Anzahl von Tagen gezählt wurde, erschwert dabei den Vergleich.

Als Erstes müssen wir also herausfinden, wie die früher gebräuchlichen Jahreszählungen mit der unseren zusammenhängen. Das erscheint zunächst nicht weiter schwierig. So berichtet beispielsweise der arabische Astronom Ibn Yunus über die Sonnenfinsternis vom 24. Januar 1004, deren Datum durch Rückrechnung sicher bestätigt werden kann:

»Diese Finsternis fand statt in der Zeit vor Sonnenuntergang am zweiten Tag (der Woche) am 29. des Monats Rabi al-auwal des Jahres 394 nach der Higra, wobei dies der Tag 24 vom zweiten Kanun des Jahres 1315 nach Alexander dem Sohn des Philippos, des Griechen, war, der dem 28. des Tubah des Jahres 720 nach Diokletian entspricht, das heißt dem 10. des Bahman-mah des Jahres 372 nach Yazdagerd.«2

Dieser Aufzählung zufolge, entspricht hier die Jahreszählung nach Alexander derjenigen, die heute Seleukidenära3 genannt wird und deren Jahr 1 SE das Jahr -311 u.Z. bezeichnet.4

Auf Kaiser Augustus verweist auch die Spanische Era. Sie geht, so wurde vermutet, auf die Anordnung von Tributzahlungen und Erzlieferungen der Provinz Hispanien durch Augustus im Jahre -37 AD. zurück. Die Bezeichnung Era (oder Ära), die allgemein zur Bezeichnung einer Zeitrechnung verwendet wird, soll sich demnach vom lateinischen Wort aes ableiten, das für Erz, im übertragenen Sinne auch für eherne Zeiträume steht. Auf Era bezogene Datierungen wurden in großer Zahl in Spanien und Portugal gefunden. Die spanische Era wird bei Isidor von Sevilla1 erwähnt, der allerdings auch keinen schlüssigen Grund für ihre Einführung nennen kann. Allerdings wurden dem Isidor seit dem frühen Mittelalter viele Schriften fälschlich zugeschrieben, darunter die berüchtigten pseudoisidorischen Dekretalen. Aber selbst wenn die Erwähnung der Era durch Isidor korrekt wäre, könnte sie nur wenig zur Aufklärung beitragen, da die erhaltenen Era-Datierungen erst nach 500 Era einsetzen. Von diesen wurden allerdings die Meisten aufgrund ihrer Anachronismen schon längst als Fälschungen aus der Zeit nach der Rückeroberung Spaniens erkannt.

Die Kalenderreform des Gaius Julius Cäsar

Die Biografie des Gaius Julius Cäsar ist durch ihn selbst und durch andere Berichterstatter in so vielen Einzelheiten überliefert, dass an seiner Existenz nicht ernsthaft gezweifelt werden kann. Auch seine genaue Lebenszeit erscheint gesichert: Wie schon dem Astronomen Edmond Halley (1656-1752) auffiel, lässt sich sogar der genaue Zeitpunkt von Cäsars Landung in Britannien aus dem Bericht fast auf die Stunde genau bestimmen!

Drei Tage vor dem letzten Vollmond im Sommer des Jahres -54 AD, das wäre der 27. August, erreichte Cäsars Flotille am Nachmittag die Küste vor Dover.1 Der einsetzende Tidenstrom machte jedoch die Landung zunächst unmöglich und trieb die Schiffe einige Meilen nach Nordosten.

Nach Rechnung der Hydrologen ging der Strom jedoch an diesem Tag bis zum Abend in Richtung Südwest.

Nur durch Annahme eines Schreibfehlers und damit eines um drei Tage früheren Termins konnte D. Olson2 Bericht und Gezeiten in Einklang bringen. 297 Jahre später gibt es dagegen keinerlei Problem: Der letzte Sommervollmond des Jahres 243 u.Z. fiel auf den 16.9. und fand rund drei Stunden früher statt als jener -54 u.Z. Am Tage des Berichts setzte der Tidenstrom demnach gegen 15 Uhr ein und trieb die Schiffe wie berichtet nach Nordosten...

Der Julianische Kalender, so wird überliefert, geht auf den römischen Herrscher Gaius, aus dem Geschlecht der Julier zurück, der den Beinamen Cäsar erhielt. Dieser ersetzte den bis dahin in Rom geltenden Kalender, der bis dahin mit Hilfe von bei Bedarf eingefügten Schaltmonaten mit dem Jahreslauf abgeglichen worden war, durch einen Vierjahreszyklus. Nur zu oft waren bis dahin die Schaltungen aus wirtschaftlichen oder politischen Interessen manipuliert worden und so schließlich 'gänzlich ins Wilde' gelaufen.1

Cäsars Reform unter Anleitung des Astronomen Sosigines aus Alexandria sah vor, dass von nun an alle vier Jahre ein Schalttag das Auseinanderdriften von Kalender und Sonnenjahr verhindern sollte. Jahresbeginn sollte in Zukunft der 1. Januar sein. Um diesen Ausgangszustand herzustellen, seien im Umstellungsjahr 45 v. Chr., dem 'Jahr der Verwirrung' drei zusätzliche Monate mit insgesamt 80 Tagen eingefügt worden. Auf den 23. Februar folgten 23 Schalttage und zwischen dem 29. November und 1. Dezember wären die Schaltmonate Undecembris mit 33 Tagen und Duodecembris mit 34 Tagen eingefügt worden. Infolgedessen verschob sich der 21. März, der zuvor am Platz des heutigen 1. Januar im Jahreslauf2 lag, nun auf den traditionellen Jahresbeginn der Römer am Tag der Frühlings-Tagundnachtgleiche, wo er sich auch heute befindet.

Irgendwas stimmt auch hier nicht! Wenn der 21. März erst seit Cäsars Zeiten den Frühlingsanfang bestimmt, dann fand auch der 1. Januar seinen Platz erst nach der Umstellung. Davor wäre er, auf das Sonnenjahr bezogen, im Oktober gelegen. Cäsar hätte demzufolge zwar die Kalenderabweichung korrigiert, den Beginn des römischen Amtsjahres aber beibehalten? Wozu hätte das gut sein sollen?

Die Sonnenuhr des Augustus hätte, wie wir sahen, nur deshalb die Tagundnachtgleiche am 23. September angezeigt, weil zuvor irrtümlich geschaltet wurde? Und Augustus selbst hätte diese Abweichung vom julianischen Kalender später berichtigt, obwohl die Anzeige seiner monumentalen Sonnenuhr sich damit gegen den römischen Kalender verschob, sodass sein Geburtstag zur Tagundnachtgleiche nun auf den 26. 9. fiel? Wie man es auch dreht und wendet: Die Überlieferungen bleiben unvereinbar.


Könnte, möglicherweise, der 'julianische' Kalender auch auf einen anderen römischen Kaiser zurückgehen?1 Man mag's kaum glauben, aber fast drei Jahrhunderte nach dem Cäsar unserer Schulbücher lebte der Kaiser Gaius Julius Verus Maximinus Thrax. Nehmen wir einmal an, jener Kaiser hätte die Kalenderreform durchgeführt, sodass der Jahresbeginn auf die Tagundnachtgleiche fiel. Viel später erst wären dann Reformer samt Reform um dreihundert Jahre vorgezogen worden.2 Damit sich die überlieferten Datumsangaben nicht gegen den Jahreslauf verschoben, musste natürlich nach dem Sonnenkalender zurückgerechnet werden. Da jedoch vor der Reform keine regelmäßigen Schaltjahre begangen wurden, fehlten in 300 Jahren 75 Schalttage und der so errechnete 1. Januar -44 u. Z. lag entsprechend weit vor dem Frühlingsbeginn.

Durch die Restabweichung gegenüber dem Sonnenjahr von einem Tag alle 128 Jahre wäre dann aber die Sonnenuhr des Augustus ursprünglich um drei Tage vorgegangen. Damit dessen Geburtstag auf die Tagundnachtgleiche fiel, mussten zuvor eben drei Schalttage ausgefallen sein. Diese waren Cäsars Reform zuzuschlagen, sodass jene nun 78 Schalttage umfasste. So fehlen gerade noch 2 von den 80 Schalttagen der julianischen Kalenderreform. Mit denen wäre auch der in dreihundert Jahren aufgelaufene Fehler des julianischen Kalenders berücksichtigt und so die Selbsttäuschung perfekt. Cäsars Kalenderreform könnte also durchaus das Produkt einer Rückrechnung sein!1


Widersprüchliche Überlieferungen zum Julianischen Kalender

 

In diesem Falle hätte die spätere Korrektur Papst Gregors tatsächlich die Verhältnisse nach der Julianischen Reform wieder hergestellt – wenn auch mit einer falschen Begründung.

Damit wäre auch gleich das bei Titus Livius zu findende Datum des 11. Juli für die Sonnenfinsternis des Jahres 190 v. Chr. erklärt.1 Wie die astronomische Rückrechnung zeigt, fand diese jedoch am 14. März jenes Jahres statt. 'Der Kalender lief der astronomischen Zeit also um rund vier Monate voraus.' 2 Dies wäre umso erstaunlicher, als die Überlieferungen des folgenden Jahrhunderts auf weitgehende Übereinstimmung hin deuten.

Wurde jedoch über den angenommenen Beginn des Julianischen Kalenders hinaus ohne Schaltjahre rückgerechnet, so ergibt sich genau das genannte Datum. Und wenn es in den beiden Jahrhunderten vor Cäsar keinerlei Kalenderkorrektur gegeben hätte, wären zur Zeit des Sonnenfinsternis 37 Tage weniger als bei Cäsar aufgelaufen gewesen und nicht mehr!