Der größte Irrtum der Weltgeschichte

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Gesicherte Erkenntnisse – gibt es so etwas?

Woher können wir eigentlich wissen, wie lange wichtige Ereignisse zurück liegen? Besteht denn überhaupt eine Chance, zuverlässige Erkenntnisse über das Vergangene zu gewinnen? Zum Einen können wir uns auf Überlieferungen verlassen, wobei wir annehmen, die Darstellung entspräche zumindest weitgehend der Wahrheit und auch das Datum sei korrekt auf unsere Zeitrechnung umgerechnet. Zum Anderen lassen sich Artefakte und Ereignisse in vielen Fällen mit naturwissenschaftlichen Verfahren datieren. Aber auch die beruhen auf Grundannahmen. Messungen können ungenauer sein, als es die Fehlerabschätzung vermuten lässt. Schließlich besteht die Gefahr von Zirkelschlüssen, wenn unbeabsichtigt ein erwartetes Ergebnis die Untersuchung beeinflusst.

Eine die reale Welt betreffende Aussage oder Hypothese unmittelbar als wahr zu beweisen, ist prinzipiell nicht möglich. Das Gegenteil schon eher – sofern Einigkeit über die Prüfkriterien besteht. Deshalb besteht eine Kernforderung der modernen Wissenschaftstheorie in der prinzipiell möglichen Falsifizierbarkeit einer Aussage, d.h. anhand von experimentellen oder empirischen Befunden müsste es möglich sein, sie ggf. zu widerlegen. Leider lassen sich irrige Schlüsse aus der Beobachtung unserer Welt jedoch nicht streng widerlegen, da praktisch jede Vermutung durch zusätzliche Hypothesen als irgendwie doch möglich dargestellt werden kann. Nach Karl Popper1 ist deshalb die 'konventionalistische Wendung', d.h. die Immunisierung eines widersprüchlichen Befundes durch Ad hoc-Hypothesen ausdrücklich verboten.

Der Philosoph Imre Lakatos modifizierte allerdings Poppers Methode.2 Theorien müssen bei ihm nicht durch bessere ersetzt werden, wenn sie falsifiziert wurden, sondern sie dürfen unter gewissen Bedingungen mit einem Schutzgürtel aus Ad hoc-Hypothesen versehen werden. Dieser muss dazu dienen, bewusste oder auch unbewusste Grundüberzeugungen im Kern der Theorie zu schützen, die ein so genanntes Forschungsprogramm oder Paradigma bilden. Die Grundüberzeugungen, die den Kern eines Forschungsprogramms ausmachen, können und sollen nach Lakatos erst dann aufgegeben werden, wenn das Forschungsprogramm sich degenerativ entwickelt und durch ein besseres Forschungsprogramm ersetzt werden kann. Die Auffassung, dass Theorien sogleich aufgegeben werden müssten, sobald sie von experimentellen oder empirischen Resultaten widerlegt werden, verwarf Imre Lakatos als „naiven Falsifikationismus”.

Werden solche Überlegungen der Situation des forschenden Wissenschaftlers gerecht, oder sind etwa auch sie naiv? Wissenschaftliche Motivation gilt vorrangig der Entdeckung bislang unbekannter Zusammenhänge, deren Einordnung in das große Theoriegebäude gern den weniger kreativen Fachkollegen überlassen wird. Einen Widerspruch zwischen Beobachtung und Theorie wird man zunächst einmal als Entdeckung von etwas Neuem, bis dahin nicht Beobachtetem sehen – als Erfolg der Arbeit des Forschers. In diesem Sinne wird jener nach einer erklärenden Hypothese suchen. Der Gedanke, dass er zum Schutz der allgemein anerkannten Theorie nun einer Ad hoc-Hypothese bedürfe, oder dass seine Erklärung des Beobachteten als eine solche angesehen werden könnte, dürfte den meisten Forschern wesensfremd sein und auch ihrem Sinn für wissenschaftliche Redlichkeit widersprechen.

Auf diese Weise kann es geschehen (und die Chronologie, deren Kern die angenommene Stimmigkeit der Jahreszählung bildet, ist hier das beste Beispiel), dass eine ganze Reihe von unabhängigen Befunden, die dem Paradigma eigentlich widersprechen, als unabhängige Entdeckungen anerkannt werden – ohne dass irgendjemand auf die Idee käme, 'das Forschungsprogramm entwickle sich degenerativ'. Woran wäre dies denn überhaupt zu erkennen? Solange ein Paradigma akzeptiert ist, ist es nicht 'degeneriert'. Wird es von einem Großteil der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht mehr anerkannt, so wird man es schnellstens ersetzen. Werden jedoch mehrere Ad hoc-Hypothesen oder ihnen gleichwertige Erklärungen akzeptiert, so lässt sich der Wahrheitsgehalt eines Paradigmas nicht mehr bewerten. In diesem Falle verbleiben dem Wissenschaftler letztlich nur Aussagen unter Bezug auf den Erfahrungsschatz der Menschheit. Letzterer umfasst mit der kausalen Logik insbesondere das Wissen um den gerichteten, stetigen Verlauf der Zeit, sowie die Gesetze der Wahrscheinlichkeit.

Aussagen zur Chronologie müssen sich also ohne Zusatzannahmen als widerspruchsfrei erweisen, um glaubwürdig zu sein. Wie wir sehen werden, trifft dies für den uns überlieferten Ablauf der Geschichte jedoch nicht zu. Wo immer sich eine Möglichkeit zur Überprüfung bietet, stoßen wir auf Widersprüche und Vermutungen. So fehlen zu den für das Frühmittelalter überlieferten Personen und Ereignissen fast alle sicher datierbaren Artefakte. Dagegen finden sich zu einer Vielzahl von Berichten der Antike überprüfbare Bestätigungen – aber offenbar durchweg um drei Jahrhunderte verschoben. Bei diesem Befund erscheint nur eine Erklärung möglich: Unsere gebräuchliche Jahreszählung stimmt nicht mit den für das Römerreich tradierten Jahreszahlen überein. Allerdings haben sich in manchen Fällen neben den unstimmigen auch Hinweise auf das wahre Datum geschichtlicher Ereignisse erhalten. Zusammen mit den physikalischen Messwerten lässt sich aus diesen ein beweiskräftiges, überzeugendes Bild der Vergangenheit gewinnen.

Die extreme, von einigen Skeptikern vertretene Vorstellung einer etwa zur Zeit der Renaissance vollständig gefälschten Überlieferung ist dagegen unhaltbar, eben weil sie aller Erfahrung über menschliche Möglichkeiten und Motive widerspricht.

Und wer schließlich die Aussagekraft naturwissenschaftlich gewonnener Daten grundsätzlich anzweifelt, der muss sich fragen lassen, auf welche Weise sich seine Position dann überhaupt prüfen und bewerten ließe.

Darf man an der Chronologie denn zweifeln?

Unsere Jahreszählung erscheint sakrosankt. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe: Die Jahreszahlen beziehen sich auf die Geburt Christi. Auf den ersten Blick schließt daher der Zweifel an der Stimmigkeit der Zahlenfolge auch den Zweifel am zentralen Ereignis des christlichen Glaubens ein. Wem ist schon bewusst, dass mit dieser Art, die Jahre zu benennen erst viele Jahrhunderte nach den im Neuen Testament beschriebenen Ereignissen begonnen wurde, dass sie erst im 14. Jahrhundert erstmals in einer päpstlichen Urkunde benutzt wurde? Unsere Jahreszählung beruht jedenfalls auf einer Rückberechnung des Geburtsjahres Christi durch fehlbare Menschen!

Sodann bildet die Abfolge der historischen Ereignisse die Voraussetzung dafür, sich ihr mit den Mitteln der Logik zu nähern. Dort wo Vorher und Nachher nicht mehr zu bestimmen sind, lässt sich keine Kausalität erkennen und daher auch kein Verständnis gewinnen. Wer könnte sich auf so etwas einlassen?

Ganz offensichtlich lässt sich die Jahreszählung auch nicht um einen bestimmten Wert verändern, ohne dass dies weitere Unstimmigkeiten zur Folge hätte: Das Zusammenspiel von Schaltjahren, Wochentagen und Mondlauf wiederholt sich erst nach 532 Jahren. Hinzu kommen weitere, offenbar nie geänderte Zyklen wie die jüdische Jahrwoche oder die 15-jährige Steuerperiode der Römer.1

Schließlich bildet das, was wir von Eltern und Lehrern über die Vergangenheit gelernt haben, den Kern unseres gesicherten Wissens. Der Gedanke, dieses Wissen könnte der Korrektur bedürfen, ist vielen Menschen kaum erträglich – insbesondere dann, wenn davon auch noch ihre berufliche Reputation berührt wird.

Was aber hätte es zu bedeuten, wenn unsere Jahreszahlen nicht die Anzahl der seit der Geburt Jesu oder seit Kaiser Augustus vergangenen Jahre angäben? Etwas in uns sträubt sich gegen diese Möglichkeit. Worauf können wir uns dann überhaupt noch verlassen? Verständlich, dass fast jeder von uns erst einmal mit Abwehr oder gar mit Zorn auf eine solche Zumutung reagiert.

So stellt sich uns die Frage: Sind wir bereit, für unser Wissen – wenn es denn nötig ist –, uns von lieb gewonnenen Vorstellungen zu verabschieden und auch die dann nötige Trauerarbeit zu leisten? Wir müssten uns ja die Begrenztheit des Wissens einzugestehen, das wir vertrauensvoll von unseren Eltern und Lehrern übernommen haben. Zum Lohn dafür werden wir möglicherweise jedoch der Wahrheit ein Stückchen näher kommen.

Seit zwei Jahrzehnten sorgt die folgende These für Unruhe: »Zu Anfang des Mittelalters wurde die Jahreszählung des Abendlandes um fast dreihundert Jahre erhöht.«1 Was davor geschah, so die Konsequenz, läge daher weniger weit zurück als überliefert! Die durch diesen Eingriff neu entstandenen dunklen Jahrhunderte des frühen Mittelalters wären in der Folgezeit mit erfundenen oder schlicht geklonten Überlieferungen gefüllt worden.

Sie werden jetzt fragen: Gibt es denn für eine derartige Unstetigkeit der Jahreszählung irgendeinen konkreten schriftlichen Hinweis aus jener fernen Zeit? Ja, den gibt es tatsächlich! Ein Schreiben des kaiserlichen Sprechers Leo von Vercelli an Papst Gregor V. aus dem Jahr 998 gipfelt in der Anweisung: 'Auf Befehl des Kaisers bereinigt der Papst die Jahrhunderte'.1

Aber was wäre denn damals 'zu bereinigen' gewesen? Die Antwort fällt nicht schwer, wenn wir die überlieferte Geschichte des Oströmischen Reiches betrachten: Genau 304 Jahre beträgt der Abstand zwischen Herakleios I. und Konstantin dem Großen, den beiden bedeutendsten Kaisern Ostroms. Beide regierten mit jeweils 31 Jahren gleich lang. Gleich lang regierten auch ihre gleichnamigen Nachfolger, von denen, wie wir noch sehen werden, ebenfalls gleiche Taten berichtet werden. Geschichte wiederholt sich aber bekanntlich nicht! Die frühere der Überlieferungen (fast das ganze 4. bis 6. Jahrhundert der Geschichte Ostroms) erscheint als eine Verdoppelung der späteren. Nun gilt Konstantin der Große aber auch als einer der bedeutendsten Herrscher des Westens. Dessen Überlieferung musste durch sein zu frühes Erscheinen durcheinander geraten. Angesichts der geplanten 'Wiederherstellung des Römischen Reiches' bestand jedenfalls dringender Handlungsbedarf!

 

Beruht unser Schulwissen auf einem Irrtum?

Nur auf den ersten Blick scheint die überlieferte Geschichte stimmig zu sein und im Einklang mit allen Beobachtungen und Zeitreihen zu stehen. Das muss auch nicht verwundern: Bei unrichtigen Voraussetzungen scheint sich manchmal auch eine falsche Hypothese zu bestätigen. Hinzu kommt der menschliche Faktor: Widersprechen die Beobachtungen einem sicher erwarteten Ergebnis, so liegt es nahe, Vermutungen anzustellen, um doch noch Stimmigkeit zu erzielen. Auch die Möglichkeit fehlerhafter Datenerfassung oder Interpretation kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

Wir wollen daher in den folgenden Kapiteln alle verfügbaren Beobachtungen auf ihre Aussagekraft hin überprüfen. Dabei wird sich zeigen, dass 'Beweisführungen' zu Gunsten der überlieferten Chronologie ohne Ausnahme auf unbewiesenen Annahmen beruhen. Mit jeder Zusatzhypothese zur Einordnung einer Beobachtung wird aber bekanntlich die Wahrscheinlichkeit geringer, dass die Ursprungshypothese den wahren Sachverhalt wiedergibt1.

Sodann wollen wir prüfen, inwieweit sich die verfügbaren Daten mit der alternativen Erklärung einer um drei Jahrhunderte verschobenen Jahreszählung vertragen. Nur wenn dies in jedem Fall gegeben ist, lässt sich sagen, dass diese Erklärung mit hoher Wahrscheinlichkeit die wahre zeitliche Abfolge der geschichtlichen Ereignisse widerspiegelt.

Ad hoc-Annahmen allüberall – ein Anfangsverdacht

»Es regnet – aber ich glaube es nicht!« In dieser Form wird Moores2 Paradoxon zumeist präsentiert. Hier stehen sich eine Sachaussage und eine diametral entgegengesetzte, auf Erfahrung begründete Meinung gegenüber. Eine solche Verknüpfung sich ausschließender Aussagen begegnet uns auch in dem Satz

»Naturwissenschaftliche Datierungen widersprechen der historischen Überlieferung – aber das ist völlig unvorstellbar!«

Ein solches unerträgliches Paradox kann nur dann mit dem Geglaubten versöhnt und damit aufgelöst werden, wenn sich stets eine Erklärung finden lässt, die im Einklang mit der Naturwissenschaft steht. Eine solche Ad hoc-Hypothese ist somit eine für den Einzelfall geschaffene wissenschaftliche Hilfskonstruktion mit dem Zweck, eine Theorie gegen die ihr widersprechenden Beobachtungen zu stützen. Solange keine überlegene, überprüfbare These vorliegt, – so der Zirkelschluss – 'muss' sie richtig sein, da nur sie den Widerspruch auflöst.

Ein paar Beispiele:

- Die meisten überlieferten Berichte über Sonnen- und Mondfinsternisse der Antike weichen nach Ort und Zeit von modernen Rückrechnungen ab. Alle stimmigen Berichte über das eindrucksvolle Ereignis einer totalen Sonnenfinsternis wären anscheinend verloren gegangen.

- Die direkte Datierung organischen Materials anhand des Radiokarbongehalts sei nicht möglich, da sich vor einigen Jahrhunderten offenbar der Anteil von C14 in der Atmosphäre geändert habe.

- Das Auszählen der Jahresringe von Jahrtausende alten Sequoias tauge nicht als Zeit-Referenz, da die Mammutbäume in Hunderten von Vegetationsperioden keine erkennbaren Ringe ausgebildet hätten.

Wer keinen Grund sieht, an der traditionellen Zählung der Jahre der Antike zu zweifeln, für den erübrigen sich alle weitergehenden Fragen nach der Art der Unstimmigkeit, nach der Weise ihres Zustandekommens und nach den Gründen hierfür.

Die These der Chronologiekritik besagt dagegen: »Die überlieferte Jahreszählung erscheint verfälscht.« Das klingt zunächst befremdlich und widerspricht unserem Schulwissen. So gehen nach wie vor die meisten davon aus, dass genau das Gegenteil richtig sei. Ihre Antithese lautet: »Unsere Zeitrechnung ist fehlerfrei – Beweise dafür liefern die Naturwissenschaften.« Diese Behauptung erweist sich jedoch rasch als unhaltbar. Und Beweise liefert sie schon gar nicht. Denn sie könnte nur unter den folgenden vier Bedingungen wahr sein:

1. Wenn Zeitreihen und Jahreszahlen stets irregulär verknüpft wären. Das erscheint zunächst einmal äußerst unwahrscheinlich. Tatsächlich verlangt das Verständnis der Messergebnisse (z.B. Äquinoxdatum, Eklipsen, Kometen, Tageslänge, 14C-Kalibrierung, Dendrochronologie) in jedem Fall Zusatzhypothesen, wenn wir von einer lückenlosen Jahreszählung ausgehen. Solche Ad hoc-Annahmen sind, wie wir bereits gesehen haben, hier jedoch nicht zulässig!

2. Wenn die folgenden unbewiesenen Annahmen namhafter Forscher allesamt richtig wären, die einzig dazu aufgestellt wurden, um Widerspruchsfreiheit zwischen den beobachteten bzw. gemessenen Werten und der überlieferten Chronologie zu erzielen:

- Die Abweichungen bei vormittelalterlichen Eklipsenberichten (Bedeckungsgrad, Jahr, Tag, Ort) gegenüber der Rückrechnung erklärten sich aus unterschiedlichen 'Verformungstendenzen'.1

- Erst auf dem Konzil zu Nicäa wäre der kalendarische Frühlingsbeginn dauerhaft auf den 21. März fixiert worden.2

- Bereits durch Kaiser Augustus wären drei überzählige, vor dem Bau seiner großen Sonnenuhr aufgelaufene, Schalttage korrigiert worden.3

- Die Erdrotation und damit die Tageslänge unterläge über Jahrtausende hinweg langfristigen periodischen Schwankungen.2

- Nach Jahrtausenden der Konstanz hätte sich im Mittelalter das mittlere 14C/12C Verhältnis der Atmosphäre innerhalb weniger Jahrhunderte vergrößert.3

- Auch das Verhältnis zwischen dem 14C-Gehalt von Atmosphäre und Meer hätte sich seit der Antike geändert.4

- Die 14C-basierte Dendrochronologie sei frei von historischen Prämissen! Sie widerlege daher alternative Dendrochronologien, auch wenn die sich auf Hölzer der Römerzeit im historischen Kontext beziehen.5

3. Wenn Befunde abseits aller statistischen Erwartung akzeptabel wären. Natürlich ist das zufällige Zusammentreffen auch mehrerer außerordentlich seltener Ereignisse nie auszuschließen. Allerdings werden damit auch die zugrunde liegenden Annahmen sehr unwahrscheinlich. Beobachtet werden z. B.:

- Nicht überlieferte Sonnenfinsternisse der Antike, die sich öfters um 300 Jahre minus 46 Tage nach jenen der Berichte genau an deren Ort ereigneten.

- Ein signifikanter Mangel an sicher datierbaren Bodenfunden aus dem 'Frühmittelalter' (im Vergleich zu allen anderen Zeiten).

- Urkunden aus dem 'Frühmittelalter', welche real vorhandene Bauten stets Jahrhunderte zu früh datieren.1

- Zeitlich verschobene und gestreckte Korrelationen (z.B. zwischen 14C und dem SO4 in Eisbohrkernen)

4. Wenn Geschichte sich durchaus wiederholen könnte. Dass sie dies nicht tut, ist sprichwörtlich. Im Abstand von je ca. 3 Jahrhunderten finden sich aberdutzende Verdopplungen, sowohl von spektakulären Ereignissen, als auch von ganzen Herrscherfamilien die vielfach untereinander verknüpft sind.

Es ist also offenkundig, dass die vier genannten Punkte nicht alle richtig sein können. Ist dies aber nicht der Fall, so spricht alles gegen die obige Antithese!

Wenn Sie mir bis hierhin gefolgt sind, dann können wir uns nun daran machen, die Geschichte zu entwirren. Es geht dabei zunächst um zwei Fragen:

1. Lässt sich die traditionelle Chronologie in wirklich jedem Einzelfall widerlegen?

2. Wie stellt sich die Vergangenheit dar, wenn wir die glaubwürdigen Überlieferungen stetig und widerspruchsfrei aneinander reihen?

Erst wenn diese beantwortet sind, dann stellen sich weitere Fragen:

- Wie konnte es zu dieser Unstimmigkeit kommen?

- Warum versagte hier bislang die Wissenschaft?

- Welche Auswirkungen könnte die Berichtigung haben?

Wann lebte Kaiser Oktavian Augustus?

'Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde...'

Wohl keine Zeitangabe gehört für mehr Menschen seit der Kindheit zum Fundament ihrer Weltsicht. Zum ersten Mal haben wir damals von jenem mächtigen Herrscher gehört. Auf dessen Regierungszeit bezieht sich der Verfasser des Lukas-Evangeliums, sowie auf dessen Erlass zur allgemeinen Steuerveranlagung.

Beginnen wir daher unsere kritische Reise durch die Geschichte mit Kaiser Augustus: Zunächst einmal scheint die Sache klar. Augustus Oktavian wurde am 23. September 63 v. Chr. in Rom geboren. Er starb am 19. August 14 n. Chr. in Nola bei Neapel. Ihm zu Ehren erhielt der achte Monat im Jahr den Namen August. Auch wenn später noch viele römische Kaiser den Titel Augustus (Der Erhabene) trugen, so ist bei Lukas mit Sicherheit der erste der römischen Kaiser gemeint. Dies ergibt sich schon aus den folgenden Nennungen des Statthalters Cyrenius der Provinz Syrien und des von Rom eingesetzten Königs Herodes.

Der ursprüngliche Name des großen Augustus liegt im Dunkeln: Von den römischen Geschichtsschreibern werden die Namen Thurinus und Kaipias genannt. Nach der Adoption durch seinen Großonkel Gaius Julius Cäsar soll er dessen Namen Gaius Julius übernommen haben, wohl auch den Namen Octavian, den er aber nie geführt hat. Nachdem er die Machtkämpfe im Bürgerkrieg um die Nachfolge Cäsars gewonnen hatte, verlieh ihm der Senat am 16. Januar 27 v. Chr. den Ehrentitel Imperator Caesar Divi filius Augustus.

Zuvor, im Jahr 31 v. Chr., waren in der Seeschlacht von Actium die beiden verbliebenen Rivalen Antonius und Kleopatra unterlegen, womit die Voraussetzungen zu einem dauerhaften inneren Frieden geschaffen waren. Später, bei der Neugestaltung des Forum Romanum wurde die alte Rednertribüne aus den Bugzieren (Rostra) eroberter Schiffe an ihren heutigen Platz versetzt. Diese waren, wie es heißt, bereits dreihundert Jahre zuvor bei der Seeschlacht von Antium erstritten worden. Seine eigenen, frisch eroberten Trophäen ließ Augustus einige Meter entfernt aufstellen, als (nicht mehr erhaltene) Rostra Divi Julii vor dem Cäsar-Tempel.1 2


Gaius Julius Caesar 100 BC – 44 BC


Gaius Julius Verus 173 – 238 (?) uZ.


Octavian Augustus 63 BC – 14 AD


Aurelian Augustus 214 – 275 (?) uZ.

Auffällig ist der Bruch in der Biografie des Augustus: Auf der Rückreise von einem Feldzug in Gallien nach Rom im Jahr 23 v. Chr. erkrankte Augustus so schwer, dass seine Umgebung bereits mit seinem Tod rechnete. Er überlebte schließlich, entschloss sich aber, seine Legionen künftig nicht mehr persönlich zu führen.3

Während er als junger ehrgeiziger Politiker im Kampf um die höchste Macht keinerlei Skrupel kannte, war seine spätere Herrschaft von maßvoller Klugheit. So konnte er die in den Jahrzehnten republikanischen Bürgerkrieges zerrüttete Ordnung wieder herstellen.4 Dabei vermied er es geschickt, sich als faktischer König und Imperator zu geben. Statt dessen war er stets darauf bedacht, sich als formal gleichrangig mit den Trägern der traditionellen Ämter der Republik darzustellen.

 

Seine Politik und seine Taten, durch die er das römische Reich bis nahe an den Gipfel seiner Ausdehnung führte, machten ihn zu einem der bedeutendsten Herrscher. Mit den 'res gestae divi augusti', seinem Tatenbericht, hinterließ Augustus gewissermaßen eine Zusammenfassung aller ihm wichtigen politischen Aktionen. Dort gibt er eine Reihe von Bauwerken an, die er entweder erbauen, vollenden oder wiederherstellen ließ.

Augustus war der erste römische Staatsmann, der wahre Unsummen von Geld nur für öffentliche Bauten verwandte. Dabei verfolgte er den Plan, die Stadt Rom vollkommen neu zu gestalten. So baute er auf dem Palatin-Hügel einen neuen Apollontempel und restaurierte den Jupiter-Feretrius-Tempel auf dem Capitol. Nach dem Tod des Antonius verwirklichte er sein riesiges Mausoleum. Außerdem renovierte er unzählige Tempel und baute schließlich das Forum Augustum.1 Es hatte zwar schon vor Augustus' Zeit Marmorbauten in Rom gegeben. Allerdings war der Baustoff seinerzeit in weit bescheidenerem Maß verwendet worden. Sein Biograph Sueton berichtet, Augustus habe sich zu Recht gerühmt, das damalige Rom aus einer Stadt aus Backsteinen in eine Marmorstadt verwandelt zu haben.

Auf den Tag 50 Jahre, nachdem er sein erstes Konsulat angetreten hatte, verstarb Augustus nach kurzer Krankheit in Gegenwart seiner Ehefrau Livia und etlicher herbei geeilter Würdenträger. Als ein Omen in Zusammenhang mit seinem Tod wurde eine Sonnenfinsternis in der Gegend von Nola bzw. Capri genannt, auf die Rückrechnungen in die Jahre um 14 u.Z. allerdings keine Hinweise liefern.1

Die wichtigsten Ereignisse im Leben des Augustus sind uns also aus vielen Quellen überliefert. Interessiert uns jedoch auch die Frage, wie lang diese Ereignisse zurück liegen, dann helfen die Berichte nicht weiter. Wir haben uns bisher darauf verlassen, dass die Jahreszählung keinen Fehler enthält. Dies jedoch ist nicht so selbstverständlich, wie es scheint. Deshalb sollten wir es überprüfen.

Aber wie? Augustus war der erste von mehr als 120 Kaisern der folgenden drei Jahrhunderte bis zu Diokletian, von denen die meisten innerhalb kürzester Zeit eines gewaltsamen Todes starben. Der nahe liegende Versuch, deren Abfolge und Regierungsdauer lückenlos abzuklären dürfte jedenfalls wenig aussichtsreich sein.