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Tausend Und Eine Nacht

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»Unglücklicher«, antwortete hierauf der Derwisch, »ich bin gewiß nicht schuld, daß du in dieses Elend gefallen bist; übrigens hast du nur, was du verdienst, und die Verblendung deines Herzens hat dir die Blindheit deiner Augen zugezogen. Es ist wahr, ich besitze Geheimnisse, wie du dich in der kurzen Zeit unseres Beisammenseins hast überzeugen können; doch habe ich keines, dir dein Gesicht wiederherzustellen. Wenn du glaubst, es gebe ein solches, so wende dich an Gott, er allein kann dich wieder heilen. Er hatte dir Reichtümer verliehen, deren du unwürdig warst; jetzt hat er sie wieder genommen, und wird sie durch meine Hände an Menschen gelangen lassen, die nicht so undankbar sind wie du.«

Der Derwisch sprach kein Wort mehr, und ich wußte ihm auch nichts zu erwidern. Er ließ mich voll Bestürzung und in unsäglichem Schmerz versenkt stehen, trieb meine achtzig Kamele zusammen und zog mit ihnen seine Straße fort nach Baßrah.

Ich bat ihn, er möchte mich doch in diesem elenden Zustande nicht verlassen und wenigstens bis zur nächsten Karawane begleiten; allein er blieb taub gegen meine Bitten und Wehklagen. Auf diese Weise meines Augenlichts und alles dessen, was ich in der Welt besaß, beraubt, hätte ich vor Gram und Hunger sterben müssen, wenn mich nicht am anderen Tage eine Karawane, die von Baßrah zurückkam, mitleidig aufgenommen und nach Bagdad zurückgeführt hätte.

Vor wenigen Augenblicken noch in einer Lage, wo ich mich, wenn auch nicht an Macht und Gewalt, doch in Beziehung auf Pracht und Reichtum Fürsten gleichstellen konnte, sah ich mich nun auf einmal hilflos am Bettelstabe. Ich mußte mich entschließen, um Almosen zu betteln, und das habe ich auch bis jetzt getan. Um aber meine Missetat gegen Gott abzubüßen, legte ich mir zugleich die Strafe auf, von jeder mildtätigen Person, die sich meines Elends erbarmen würde, eine Ohrfeige zu empfangen.

Siehst du, o Beherrscher der Gläubigen, das ist der Grund zu dem Benehmen, welches dir gestern so seltsam vorkam und mir vielleicht deinen Unwillen zugezogen hat. Ich bitte dich noch einmal, als dein niedrigster Sklave, um Verzeihung und unterwerfe mich gern der Strafe, die ich verdient habe. Willst du indes über die Buße, die ich mir auferlegt habe, dein Urteil sagen, so bin ich überzeugt, daß du sie viel zu leicht für einen solchen Frevel finden wirst.Dem Leser wird nicht entgangen sein, daß diese Erzählung manche Ähnlichkeit mit der des Greises und der Gazelle und der des ersten Kalenders hat.

Als der Blinde seine Geschichte vollendet hatte, sprach der Kalif zu ihm: »Baba Abdallah, deine Sünde ist groß, aber Gott sei gelobt, daß du es selbst eingesehen und dir bis jetzt die öffentliche Buße deshalb aufgelegt hast. Nun aber ist es genug damit, du muß jetzt deine Bußübungen im stillen fortsetzen und Gott in jedem Gebet, das du den Pflichten der Religion gemäß den Tag über zu ihm schicken mußt, um Verzeihung bitten. Damit du aber durch die Sorge um deinen Lebensunterhalt nicht davon abgehalten wirst, setze ich dir für dein ganzes Leben ein Almosen aus, nämlich vier Silberdrachmen für den Tag, die mein Großvezier dir ausbezahlen wird. Bleibe also hier und warte, bis er meinen Befehl vollzogen hat.«

Bei diesen Worten warf sich Baba Abdallah vor dem Throne des Kalifen nieder, und als er wieder aufgestanden war, dankte er demütig und wünschte ihm Glück, Heil und Gottes Segen.

Der Kalif Harun Arraschid, dem die Geschichte Baba Abdallahs und des Derwisches wohlgefallen hatte, wendete sich sofort an den jungen Mann, der seine Stute zu mißhandeln pflegte, und fragte ihn nach seinem Namen, wie er auch den Blinden gefragt hatte. Der junge Mann antwortete, er heiße Sidi Numan.

»Sidi Numan«, sagte hierauf der Kalif zu ihm, »ich habe in meinem Leben schon viele Pferde zureiten gesehen und bin selbst viel geritten, aber eine solche Unmenschlichkeit, wie du gestern auf öffentlichem Platze deine Stute plagtest, ist mir noch nie vorgekommen; auch hat es zum großen Ärgernis der Zuschauer gereicht, die laut darüber murrten. Ich selbst ärgerte mich ebenfalls darüber und wenig fehlte, so hätte ich mich gegen meine sonstige Absicht zu erkennen gegeben, um diesem Unwesen zu steuern. Gleichwohl kündigen deine Gesichtszüge keinen rohen und grausamen Menschen an; ja ich will glauben, daß du begründete Ursache hast, so zu handeln. Da ich weiß, daß es nicht das erste Mal ist, und du schon seit geraumer Zeit deine Stute so plagst, so verlange ich den Grund zu wissen, und habe dich kommen lassen, damit du mir ihn mitteilst. Sage mir daher die Sache ganz wie sie ist, und halte mir nichts verborgen.«

Sidi Numan begriff leicht, daß er nicht ausweichen konnte. Es kam ihm sehr hart an, den verlangten Bericht zu geben, mehrere Male wechselte er die Farbe und verriet unwillkürlich, wie groß seine Verlegenheit war. Gleichwohl mußte er sich entschließen, die Gründe seines Benehmens auseinanderzusetzen. Er warf sich daher, bevor er zu sprechen anfing, vor dem Throne des Kalifen nieder, und als er wieder aufgestanden war, wollte er beginnen, um die Neugierde des Kalifen zu befriedigen, blieb aber ganz verdutzt und sprachlos stehen, weniger durch die Majestät des Kalifen, vor welchem er sich befand, als durch den Inhalt der Erzählung, die er preisgeben sollte, entmutigt.

So ungeduldig nun auch der Kalif immer augenblicklichen Gehorsam verlangte, so ließ er dennoch keinen Unwillen über Sidi Numans Schweigsamkeit blicken; denn er sah, daß es ihm nur an Kühnheit vor ihm fehle, oder daß er durch den Ton, worin er ihn angeredet, eingeschüchtert worden sei, oder endlich, daß seine Erzählung Sachen enthalten könnte, die er lieber verschweigen möchte.

»Sidi Numan«, sagte daher der Kalif in beruhigendem Tone zu ihm: »Fasse dich und stelle dir vor, du habest nicht mir, sondern irgend einem Freunde, der dich darum bittet, irgend etwas zu erzählen. Wenn in deiner Erzählung Sachen vorkommen, die dich in Verlegenheit setzen und von denen du glaubst, daß ich mich dadurch beleidigt fühlen könnte, so verzeihe ich es dir im voraus. Banne also deine Besorgnisse, sprich offen mit mir und verhehle mir nichts, gleich als ob du deinen besten Freund vor dir hättest.«

Sidi Numan, den die letzten Worte des Kalifen beruhigt hatten, nahm endlich das Wort und sprach: »Beherrscher der Gläubigen! So bestürzt und befangen auch jeder Sterbliche sein muß, der der Majestät und dem Glanze deines Thrones naht, so fühle ich mich doch stark genug, um zu glauben, daß dieses ehrfurchtsvolle Zagen mir nicht den Mund verschließen wird, wenn ich vor dir sprechen soll; denn ich weiß, welchen Gehorsam ich dir schulde und daß es meine Pflicht ist, dir nicht nur über das, was du jetzt verlangst, sondern auch über alles andere Auskunft zu erteilen. So wenig ich es wagen kann, mich für den vollkommensten Menschen zu erklären, so bin ich doch nicht schlecht genug, um etwas gegen die Gesetze zu begehen oder nur begehen zu wollen, das mich nötigen würde, ihre Strenge zu fürchten. Aber bei der besten Absicht sehe ich wohl ein, daß ich von den Fehlern, die man aus Unwissenheit macht, nicht frei bin. In diesem Falle nun befinde ich mich, und ich will mich nicht auf die Verzeihung berufen, die du in deiner Gnade mir zugesagt hast, ohne mich anzuhören, sondern unterwerfe mich im Gegenteil deiner Gerechtigkeit und jedweder Strafe, die ich verdient habe. Ich gestehe, daß die Art und Weise, wie ich seit einiger Zeit meine Stute behandle und wie du selbst mit angesehen hast, sonderbar, grausam und ein sehr schlechtes Beispiel ist; ich hoffe aber, daß du meine Gründe zureichend und mich selbst mehr des Mitleids, als der Strafe würdig finden wirst. Doch ich darf deine Erwartung nicht länger durch eine langweilige Rede spannen. Höre also, wie es mir ergangen ist.«

Geschichte des Sidi Numan

Beherrscher der Gläubigen – fuhr Sidi Numan fort – ich spreche nicht von meiner Herkunft, denn sie ist nicht so glänzend, daß sie einige Erwähnung vor dir verdiente. Was die Güter des Glücks betrifft, so haben mir meine Vorfahren durch klugen Haushalt so viel hinterlassen, als ich nur wünschen konnte, um als rechtschaffener Mann leben zu können, ohne Ehrgeiz und ohne jemandem zur Last zu fallen.

Unter solchen Umständen war das einzige, was ich mir noch zur Vollendung meines Glücks wünschte, eine liebenswürdige Frau zu finden, der ich meine ganze Zärtlichkeit schenken könnte, und die mich ebenfalls von Herzen liebte und mein Glück mit mir teilte. Allein es hat Gott nicht gefallen, mir eine solche zu gewähren; im Gegenteil gab er mir eine, die gleich am Tage nach der Hochzeit anfing, meine Geduld auf solche Proben zu stellen, daß nur diejenigen, die ähnliche auszustehen gehabt haben, sich einen Begriff davon machen können.

Da man unserer Landessitte zufolge heiratet, ohne die Person, mit der man sich verbindet, zuvor gesehen oder kennengelernt zu haben, so wird es dir nicht unbekannt sein, daß ein Ehemann keine Ursache hat, sich zu beklagen, wenn die ihm zugefallene Frau nur nicht abschreckend häßlich oder mißgestaltet ist, und wenn nur ihre guten Sitten, ihr Verstand und ihr Benehmen die kleinen körperlichen Unvollkommenheiten, die sie etwa haben mag, vergessen machen.

Als man mir nach den gewöhnlichen Zeremonien meine Frau ins Haus gebracht hatte und ich sie zum ersten Male mit entschleiertem Gesichte sah, so freute ich mich, daß ich in Beziehung auf ihre Schönheit nicht falsch berichtet worden war. Ich fand sie ganz nach meinem Geschmack und sie gefiel mir.

Am Tage nach der Vermählung trug man uns ein aus mehreren Gerichten bestehendes Mittagsmahl auf. Ich begab mich in das Zimmer, wo die Tafel gedeckt war, und da ich meine Frau dort nicht fand, so ließ ich sie rufen. Nachdem sie mich eine Zeitlang hatte warten lassen, kam sie endlich. Ich verbarg meine Ungeduld und wir setzten uns zu Tische. Ich begann mit dem Reis, den ich wie gewöhnlich mit einem Löffel aß. Meine Frau dagegen, statt wie andere Leute sich des Löffels zu bedienen, zog aus einem kleinen Besteck, das sie in der Tasche bei sich trug, eine Art Ohrlöffelchen heraus und fing an, damit Reis herauszunehmen, und ihn Körnchen für Körnchen – denn mehr konnte sie nicht darin fassen – zum Munde zu führen.

 

Über diese Art zu essen erstaunt, sagte ich zu ihr: »Amine, – denn so hieß sie – hast du in deiner Familie den Reis auf die Art essen gelernt? Tust du es etwa, weil du keine große Esserin bist, oder willst du vielleicht die Körner zählen, um nicht das eine Mal mehr zu essen als das andere? Wenn du es aus Sparsamkeit tust, und um mich von Verschwendung abzuhalten, so hast du von dieser Seite nichts zu befürchten, und ich kann dich versichern, daß wir uns dadurch nie zugrunde richten werden. Wir haben, Gott sei Dank, genug, um behaglich leben zu können und uns das Nötige nicht versagen zu müssen. Tu dir deshalb keinen Zwang an, meine liebe Amine, und iß, wie du mich essen siehst.« Da ich ihr diese Vorstellungen im freundlichen Tone machte, so hoffte ich wenigstens eine artige Antwort zu erhalten; allein sie sprach keine Silbe, sondern fuhr fort, auf dieselbe Art zu essen, und um mich noch mehr zu ärgern, aß sie von dem Reis nur noch in langen Zwischenpausen, statt aber von den übrigen Speisen mit mir zu genießen, begnügte sie sich, von Zeit zu Zeit einige Brosamen zum Munde zu führen, etwa so viel, als ein Sperling aufgepickt haben würde.

Diese Hartnäckigkeit ärgerte mich; doch wollte ich das Beste von ihr glauben, und um sie zu entschuldigen, nahm ich an, sie sei vielleicht nicht gewöhnt, mit Männern zusammen zu speisen; am wenigsten mit einem Ehemann, in dessen Gegenwart man sie wohl gar eine Zurückhaltung gelehrt habe, die sie aus Einfalt zu weit treibe. Auch glaubte ich, sie habe vielleicht schon gefrühstückt, oder wolle nachher allein und ungestört noch etwas essen. Diese Betrachtungen hielten mich ab, ihr noch mehr zu sagen, was sie hätte einschüchtern können, oder mein Mißvergnügen durch irgend ein Zeichen zu verraten. Nach der Mahlzeit verabschiedete ich mich von ihr ebenso freundlich, wie wenn sie mir nicht den mindesten Anlaß zur Unzufriedenheit mit ihrem seltsamen Benehmen gegeben hätte, und ließ sie allein.

Beim Abendessen ging es wieder so, desgleichen am folgenden Tage, überhaupt, so oft wir miteinander speisten, betrug sie sich ganz wie das erste Mal. Ich sah wohl, daß eine Frau unmöglich von so wenig Speise leben konnte, als sie zu sich nahm, und daß irgend ein mir unbekanntes Geheimnis darunter stecken mußte. Dies bewog mich zu dem Entschluß, mich zu verstellen. Ich tat, als ob ich auf ihre Handlungen gar nicht achtete, in der Hoffnung, sie würde sich mit der Zeit gewöhnen, so wie ich wünschte, mit mir zu leben. Allein meine Hoffnung war eitel, wie ich nur zu bald erfahren mußte.

Eines Nachts, als Amine mich in festem Schlafe glaubte, stand sie ganz leise auf und ich bemerkte, wie sie sich mit großer Behutsamkeit ankleidete, um kein Geräusch zu machen und mich nicht zu wecken. Da ich nicht begreifen konnte, aus welcher Absicht sie sich so um den Schlaf brachte, so war ich neugierig, zu erfahren, was sie wohl beginnen würde, und stellte mich fortwährend als ob ich fest schliefe. Sie kleidete sich vollends an und ging darauf ganz leise aus dem Zimmer. Kaum war sie draußen, so stand ich auf, warf mir ein Kleid um und konnte gerade noch durch ein Fenster, das auf den Hof hinaus ging, sehen, daß sie die Türe nach der Straße hin öffnete und sich hinaus begab.

Sogleich eilte ich auch an die Tür, die sie halb offen gelassen, und folgte ihr im Mondschein nach, bis ich sie in einen Begräbnisplatz, der unweit von unserem Hause war, hinein gehen sah. Ich schwang mich auf eine Mauer, die an den Begräbnisplatz stieß, und nachdem ich mich gehörig vorgesehen hatte, daß mich niemand bemerken konnte, erblickte ich Aminen bei einer Gule.Gulen sind nach dem Glauben der Mohammedaner eine Art von Gespenstern oder Hexen, und zwar meist weiblichen Geschlechts. Sie unterscheiden sich von den Vampiren dadurch, daß sie sich bloß vom Fleisch der Leichen nähren. während letztere sich mit dem Aussaugen des Bluts begnügen.

Du weißt, o Herrscher, daß die Gulen beiderlei Geschlechts böse Geister sind, die auf den Feldern umherschweifen. Sie bewohnen in der Regel alte verfallene Gebäude, von wo aus sie die Vorübergehenden überfallen, töten und ihr Fleisch verzehren. Können sie keine Lebenden erwischen, so gehen sie des Nachts auf Begräbnisplätze, wühlen dort Leichen auf und fressen ihr Fleisch.

Ich geriet in das größte Entsetzen, als ich meine Frau bei dieser Gule sah. Sie wühlten eine Leiche auf, die am selben Tage beerdigt worden war, und die Gule schnitt zu wiederholten Malen Fleisch davon ab, welches sie, auf dem Rande des Grabes sitzend, miteinander verzehrten. Sie unterhielten sich sehr ruhig während dieses greulichen und unmenschlichen Mahles, allein ich war zu weit entfernt, um etwas von ihrem Gespräch verstehen zu können; ohne Zweifel war es ebenso seltsam, wie ihre Mahlzeit, an die ich noch immer nicht ohne Schauder zurückdenken kann.

Als sie das gräßliche Mahl vollendet hatten, warfen sie den Rest des Leichnams wieder in das Grab und füllten es mit der Erde, die sie zuvor aufgewühlt hatten, wieder auf. Ich ließ sie gewähren und eilte nach Hause zurück. Beim Hereintreten ließ ich die Tür nach der Straße zu halb offen, wie ich sie gefunden hatte, ging sodann auf ihr Schlafzimmer zurück, legte mich wieder nieder und tat, als ob ich schliefe.

Bald darauf kam auch Amine ganz leise zur Türe herein, kleidete sich aus und legte sich wieder nieder, voll Freude, wie es mir vorkam, daß alles so gut abgelaufen war und ich nichts bemerkt habe.

Der Gedanke an eine so unmenschliche und abscheuliche Handlung, wie ich eben mit eigenen Augen gesehen hatte, und mein Entsetzen vor derjenigen, die sie begangen hatte und jetzt zu meiner Seite lag, ließ mich lange nicht wieder einschlafen. Doch gelang es mir endlich; ich schlief aber so leicht, daß ich bei der ersten Stimme, die sich hören ließ, um zum öffentlichen Gebete bei Tagesanbruch zu rufen, wieder aufwachte. Ich kleidete mich an und begab mich in die Moschee.

Nach dem Gebet ging ich zur Stadt hinaus und brachte den Morgen mit Spaziergängen in den Gärten und mit Gedanken zu, wie ich wohl meine Frau zur Veränderung ihrer Lebensweise vermögen könnte. Die gewaltsamen Mittel, die mir einfielen, waren mir zuwider, und ich beschloß, nur auf dem Weg der Güte sie von ihrer unglücklichen Neigung abzubringen. Unter solchen Betrachtungen war ich unbemerkt wieder vor meine Wohnung gelangt, in die ich gerade zur Mittagsstunde wieder eintrat.

Sobald Amine mich erblickte, ließ sie das Essen auftragen und wir setzten uns zu Tische. Da ich sah, daß sie nach wie vor den Reis körnchenweise aß, so sagte ich mit aller nur erdenklichen Mäßigung zu ihr: »Du weißt, Amine, wie sehr ich mich am Tage nach unserer Hochzeit wundern mußte, als ich dich nichts als Reis und zwar so wenig und auf eine solche Art und Weise essen sah, daß jeder andere Ehemann außer mir sich dadurch beleidigt gefühlt hätte. Du weißt auch, daß ich dir meinen Verdruß darüber bloß andeutete und dich bat, auch von den übrigen Speisen zu essen, dir immer auf die verschiedenartigste Weise zubereitet werden, damit sie womöglich deinem Geschmack zusagen möchten. Seit jener Zeit hast du unsere Tafel immer auf dieselbe Weise besetzt gesehen, nur mit einigen Abwechslungen in den Speisen, damit wir nicht immer das gleiche essen müssen. Meine Erinnerungen sind indessen fruchtlos geblieben, und bis auf den heutigen Tag hast du nicht aufgehört, fortwährend so zu handeln, und mir denselben Verdruß zu bereiten. Ich habe geschwiegen, weil ich dir keinen Zwang antun wollte, und es sollte mir leid tun, wenn das, was ich jetzt zu dir sage, dich im mindesten kränken würde; aber Amine, ich beschwöre dich, sage mir, ist das Fleisch, das man uns hier vorsetzt, denn nicht besser als Totenfleisch?«

Kaum hatte ich die letzten Worte gesprochen, als Amine, die sehr gut merkte, daß ich sie in der Nacht beobachtet haben mußte, in eine Wut geriet, die alle Begriffe übersteigt. Ihr Gesicht wurde feuerrot, die Augen traten ihr fast aus dem Kopfe heraus, ihr Mund schäumte.

Dieser gräßliche Zustand, worin ich sie jetzt sah, erfüllte mich mit Entsetzen; ich war wie vom Donner gerührt und außerstande, mich gegen die schreckliche Bosheit zu schützen, die sie gegen mich im Schilde führte und worüber du staunen wirst. In der Hitze ihrer Aufwallung nahm sie ein Wassergefäß, das ihr gerade zur Hand war, tauchte ihre Finger hinein, murmelte einige Worte, die ich nicht verstand, zwischen den Zähnen, spritzte mir dann etwas von dem Wasser ins Gesicht und rief mir in wütendem Tone zu: »Elender, empfange die Strafe deiner Neugierde und werde ein Hund!« Kaum hatte Amine, die ich noch nicht als Zauberin kannte, diese teuflischen Worte ausgestoßen, als ich mich auf einmal in einen Hund verwandelt sah. Ich war über diese plötzliche und unerwartete Veränderung so erstaunt und überrascht, daß ich nicht daran dachte, alsbald auf meine Pflicht zu sinnen, und so hatte sie Zeit, einen Stock zu ergreifen und mich zu mißhandeln. Sie prügelte mich so entsetzlich durch, daß ich nicht begreife, wie ich nicht tot auf dem Platze liegen blieb. Ich glaubte mich vor ihrer Wut retten zu können, wenn ich mich in den Hof flüchtete, allein sie verfolgte mich auch dahin, und so gewandt ich auch von einer Seite zur anderen schlüpfte, um ihren Schlägen auszuweichen, so war ich doch nicht flink genug, um mich ganz davor zu schützen, und ich mußte ihre Hand noch schwer und grausam fühlen. Endlich wurde sie müde, mich zu schlagen und zu verfolgen, ärgerte sich aber nicht wenig, daß sie mich nicht hatte totschlagen können, und ersann ein neues Mittel, mich umzubringen. Sie öffnete nämlich die Türe nach der Straße zu ein wenig, um mich, wenn ich durchschlüpfen wollte, zu zerquetschen. So sehr ich nun auch zum Hunde geworden war, so merkte ich doch ihren verderblichen Plan, und da die Gefahr des Augenblicks manchmal unseren Verstand so schärft, daß wir uns dadurch retten können, so paßte ich meine Zeit so gut ab, indem ich ihre ganze Haltung und Gebärden beobachtete, daß ich ihre Wachsamkeit täuschte und schnell hindurch schlüpfte, um ihre boshafte Absicht zu vereiteln. Ich kam auch wirklich ohne weiteren Schaden davon, außer daß mir das Ende meines Schwanzes etwas eingeklemmt wurde.

Vor Schmerz darüber schrie und bellte ich die ganze Straße entlang, wodurch ich mir einige andere Hunde auf den Hals zog, die mich bissen. Um ihren Verfolgungen zu entgehen, flüchtete ich mich in den Laden eines Mannes, der gekochte Hammelköpfe, Zungen und Füße verkaufte. Der Mann nahm sogleich voll Mitleid meine Partei und jagte die Hunde weg, die mich verfolgten und in sein Haus eindringen wollten. Ich selbst versteckte mich in einem Winkel, wo sie mich nicht mehr sehen konnten. Indes fand ich auch hier den gehofften Schutz und Zufluchtsort nicht. Der Mann war nämlich einer von jenen frommen Leuten, die, weil die Hunde unrein sind, nicht genug Wasser und Seife bekommen zu können glauben, um ihre Kleider zu waschen, sobald nur ein Hund im Vorbeistreifen sie berührt hat. Nachdem also die Hunde, die mich verfolgten, wieder weggesprungen waren, bot er zu wiederholten Malen alles auf, um mich noch an demselben Tage aus dem Hause zu schaffen; allein ich hatte mich versteckt, so daß er mir nicht beikommen konnte. So brachte ich denn wider seinen Willen die Nacht in seinem Laden zu und ich bedurfte dieser Ruhe auch, um mich von der schlechten Behandlung, die Amine mir angetan, zu erholen. Um meinen Herrn und König nicht mit der Erzählung unbedeutender Dinge zu langweilen, will ich von den traurigen Betrachtungen schweigen, die ich damals über meine Verwandlung anstellte; nur so viel muß ich bemerken, daß ich am anderen Tage, als mein Wirt, der in aller Frühe auf frischen Einkauf ausgegangen war, mit Hammelköpfen, Zungen und Füßen beladen zurückkam, seinen Laden öffnete und die Waren auslegte, aus meinem Winkel hervorkroch, und da ich mehrere Hunde aus der Nachbarschaft, die der Fleischgeruch herbeigelockt, um seinen Laden herum versammelt sah, in der Hoffnung, er werde ihnen etwas zuwerfen, so mischte ich mich unter sie und nahm eine bittende Stellung an. Mein Wirt schien Rücksicht darauf zu nehmen, daß ich in seinem Hause noch nichts bekommen hatte, und zeichnete mich dadurch aus, daß er mir öfter und größere Stücke zuwarf, als den anderen Hunden. Als er seine müde Hand wieder geschlossen hatte, wollte ich in seinen Laden zurückgehen; ich wedelte freundlich mit dem Schwanze und sah ihn mit bittenden Blicken an, gleich als wollte ich ihn anflehen, daß er mir diese Vergünstigung noch einmal gewähren sollte; allein er war unbeugsam und widersetzte sich meiner Absicht mit dem Stock in der Hand und einem so unbarmherzigen Gesichte, daß ich genötigt war, mich davonzumachen. Einige Häuser weiter blieb ich vor dem Laden eines Bäckers stehen, der mir ganz das Widerspiel von dem sauertöpfischen Hammelkopfverkäufer und ein heiterer, gutgelaunter Mann zu sein schien, wie er es auch wirklich war. Er frühstückte eben, und obwohl ich noch durch nichts einen Hunger verraten hatte, so warf er mir dennoch ein Stück Brot zu. Ich fiel nicht gierig darüber her, wie andere Hunde, sondern machte mit dem Kopf ein Zeichen gegen ihn und wedelte mit dem Schwanze, als wollte ich ihm meine Erkenntlichkeit bezeigen. Diese Art von Höflichkeit gefiel ihm und er lächelte. Ich hatte zwar keinen Hunger, nahm aber doch, ihm zu gefallen, das Stück Brot und aß es recht langsam, um ihm bemerklich zu machen, daß ich es nur Ehren halber tue. Er bemerkte dies alles und war so gefällig, mich in der Nähe seines Ladens zu dulden. Ich blieb also sitzen und war mit dem Kopf gegen die Straße gekehrt, um ihm anzudeuten, daß ich für jetzt nur um seinen Schutz bitte.

 

Er bewilligte mir dies nicht bloß, sondern streichelte mich auch und machte mir dadurch Mut, ins Haus zu treten. Ich tat es auf eine Art, die ihm andeutete, daß ich es bloß mit seiner Erlaubnis tue. Er nahm es nicht übel, sondern wies mir sogar eine Stelle an, wo ich mich hinlegen konnte, ohne ihm im Wege zu sein; ich nahm sogleich Besitz von diesem Platze und behielt ihn auch, solange ich in seinem Hause war.

Ich wurde hier immer sehr gut behandelt, und von jedem Frühstück, Mittag— und Abendessen bekam ich meinen hinreichenden Anteil; dagegen bezeigte ich ihm aber auch alle mögliche Anhänglichkeit und Treue, die er von meiner Dankbarkeit nur verlangen konnte.

Meine Augen waren fortwährend auf ihn gerichtet und er tat keinen Schritt in seinem Hause, ohne daß ich ihm auf der Ferse folgte. Ebenso machte ich‘s, wenn er Zeit hatte, in die Stadt zu gehen und seine Geschäfte zu besorgen. Ich war darin um so pünktlicher, als ich bemerkt hatte, daß meine Aufmerksamkeit ihm gefiel, und er nur oft, wenn er ausgehen wollte, ohne daß ich es bemerken konnte, mit dem Namen Rotbacke rief, den er mir gegeben hatte.

Bei diesem Rufe fuhr ich jedesmal schnell auf und nach der Straße hinaus, wo ich lustige Sprünge machte und vor der Türe hin und her lief. Diese Freudenbezeugungen hörten erst auf, wenn er herausgekommen war, und dann begleitete ich ihn treulich, indem ich vor und hinter ihm hersprang und ihn von Zeit zu Zeit ansah, um meine Freude zu bezeugen.

Ich war schon einige Zeit in diesem Hause, als eines Tages eine Frau kam, um Brot zu kaufen. Sie bezahlte meinen Wirt, gab ihm aber unter anderem gutem Gelde auch ein falsches Stück. Der Bäcker merkte es, gab es zurück und verlangte dafür ein anderes.

Die Frau weigerte sich, es wieder zu nehmen, und behauptete, es sei gut. Mein Wirt bestand auf dem Gegenteil und sagte im Wortwechsel unter anderem: »Dieses Stück ist so augenscheinlich falsch, daß ich überzeugt bin; mein Hund, der doch nur ein unvernünftiges Tier ist, würde sich nicht dadurch täuschen lassen. Komm her, Rotbacke!« fuhr er fort, mich beim Namen rufend. Auf seinen Ruf sprang ich behend auf den Zähltisch; der Bäcker warf die Geldstücke vor mich hin und sagte: »Sieh einmal, ob nicht ein falsches Stück darunter ist.« Ich sah alle Stücke an, legte dann die Pfote auf das falsche und schob es beiseite, indem ich meinen Herrn anblickte, als wollte ich es ihm zeigen.

Der Bäcker, der sich bloß scherzweise auf mein Urteil berufen hatte, war über die Maßen erstaunt, als er sah, daß ich ohne allen Umstand das Wahre traf. Auch die Frau war jetzt von der Falschheit dieses Geldstücks überzeugt, sie wußte nichts mehr einzuwenden und gab dafür ein anderes gutes. Als sie fort war, rief mein Herr seine Nachbarn zusammen, erzählte ihnen, was geschehen war, und pries in den übertriebensten Ausdrücken meinen Verstand.

Die Nachbarn wollten sich selbst davon überzeugen und legten mir eine Menge falscher Münzen unter gute gemischt vor, allein jedesmal legte ich auf die falschen meine Pfote und schied sie von den guten ab.

Auch die Frau ihrerseits ermangelte nicht, allen ihren Bekannten, denen sie unterwegs begegnete, zu erzählen, was sie soeben erlebt hatte. So verbreitete sich in kurzer Zeit das Gerücht von meiner Geschicklichkeit im Erkennen des falschen Geldes nicht bloß in der Nachbarschaft, sondern sogar im ganzen Stadtviertel, ja zuletzt allmählich in der ganzen Stadt.

Es fehlte mir nun den ganzen Tag über nicht an Beschäftigung. Ich mußte allen denen, die bei meinem Herrn Brot kauften, aufwarten und meine Künste zeigen. Dies lockte nun alle Welt herbei und aus den entferntesten Stadtvierteln kamen die Leute, um meine Geschicklichkeit zu erproben; ja mein Ruf verschaffte meinem Herrn so viel Kunden, daß er sie kaum befriedigen konnte. Dies dauerte lange Zeit, und mein Herr konnte nicht umhin, seinen Nachbarn und Freunden zu gestehen, daß ich ein wahrer Schatz für ihn sei.

Indes brachte ihm mein bißchen Geschicklichkeit auch viele Neider auf den Hals. Man stellte mir nach, um mich ihm zu rauben, und er mußte beständig ein wachsames Auge auf mich haben. Eines Tages kam ein Frau, wie die anderen durch den Reiz der Neuheit herbeigelockt, und kaufte Brot. Mein gewöhnlicher Platz war auf dem Zähltisch; sie warf mir sechs Geldstücke zu, worunter auch ein falsches. Ich suchte es unter den übrigen heraus, legte die Pfote auf das falsche Geldstück und sah sie dabei an, als wollte ich fragen, ob dies nicht das rechte sei.

»Ja«, sagte die Frau, indem sie mich ebenfalls ansah, »es ist das falsche; du hast dich nicht geirrt.« Sie betrachtete mich dann fortwährend mit großer Bewunderung, und ich sah sie ebenfalls an. Endlich bezahlte sie das Brot, das sie gekauft hatte, und bevor sie fortging, gab sie mir, ohne daß der Bäcker es merkte, einen Wink, mitzukommen.

Ich hatte stets auf Mittel gedacht, eine so seltsame Verwandlung, wie die meinige, wieder los zu werden; auch war mir die Aufmerksamkeit nicht entgangen, womit mich diese Frau betrachtete. Deshalb dachte ich, sie habe vielleicht etwas von meinem Mißgeschick und unglücklichen Zustand gemerkt, und darin täuschte ich mich nicht. Gleichwohl ließ ich sie fortgehen und begnügte mich, sie anzusehen. Nachdem sie indes zwei oder drei Schritte gegangen war, drehte sie sich um, und da sie sah, daß ich ihr beständig nachblickte, ohne mich von der Stelle zu rühren. winkte sie mir zum zweitenmal, ihr zu folgen.

Jetzt schwankte ich nicht länger, und da ich bemerkte, daß der Bäcker eben damit beschäftigt war, seinen Backofen für ein neues Gebäck zu reinigen, und daß er nicht auf mich achtete, so sprang ich vom Zähltisch herab und lief hinter der Frau drein, die darüber sehr erfreut zu sein schien.

Nachdem sie eine Strecke gegangen war, kam sie bei ihrem Hause an, öffnete die Türe desselben, ging hinein und sagte, indem sie die Türe noch immer offen stehen ließ, zu mir: »Komm nur herein, es wird dich nicht gereuen, daß du mir gefolgt bist.« Als ich drin war und sie die Türe wieder verschlossen hatte, führte sie mich auf ihr Zimmer, wo ich ein junges Mädchen von seltener Schönheit dasitzen und sticken sah. Es war die Tochter der mildtätigen Frau, die mich mitgenommen hatte, und, wie ich bald merkte, in der Zauberkunst sehr geschickt und erfahren.