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Tausend Und Eine Nacht

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Kurze Zeit, nachdem der afrikanische Zauberer in der Unternehmung gegen Alaeddins Glück den Tod gefunden hatte, wollte sein jüngerer Bruder, der seit Jahr und Tag keine Nachrichten von ihm hatte und sich nicht in Afrika, sondern in einem sehr entlegenen Land aufhielt, erfahren, an welchem Ort der Erde er lebe, wie er sich befinde und was er treibe. Wie sein Bruder hatte er überall, wo er ging und stand, sein Punktierviereck bei sich. Er nahm nun dieses Viereck, ordnete den Sand, machte die Punkte, zog die Figuren und Linien und stellte die Nativität. Indem er nun alle einzelnen Figuren durchlief, fand er in der einen, daß sein Bruder nicht mehr auf der Welt, in der andern, daß er vergiftet worden und plötzlich gestorben sei, in der dritten, daß dies in China, in der vierten, daß es in einer Hauptstadt Chinas, die an dem und dem Orte liege, geschehen, und endlich, daß der, welcher ihn vergiftet, ein Mann von niedriger Abkunft sei, der eine Prinzessin des Sultans geheiratet habe.

Als der Zauberer auf diese Art das traurige Ende seines Bruders erfahren hatte, verlor er keine Zeit mit nutzlosem Jammern, das seinen Bruder doch nicht ins Leben zurückgerufen hätte, sondern beschloß augenblicklich, seinen Tod zu rächen, stieg zu Pferd und begab sich auf den Weg nach China. Er mußte über Ebenen, Flüsse, Berge, Einöden, und nach langer Reise kam er endlich, nachdem er sich unterwegs nirgends aufgehalten, unter unglaublichen Beschwerden nach China und bald darauf in die Hauptstadt, die er durch seine Punktierkunst ausgemittelt hatte. Da er gewiß wußte, daß er sich nicht getäuscht und dieses Königreich mit keinem anderen verwechselt habe, so blieb er in dieser Hauptstadt und nahm seine Wohnung daselbst.

Den Tag nach seiner Ankunft ging der Zauberer aus und spazierte in der Stadt herum, nicht sowohl um ihre Schönheiten zu betrachten, die ihm höchst gleichgültig waren, sondern um sogleich auf Maßregeln zur Ausführung seines verderblichen Planes zu denken; er ging daher an die besuchten Orte und lauschte begierig auf alles, was man sprach. An einem dieser Orte, wo man sich mit allerlei Arten von Spielen die Zeit vertrieb, und wo, während die einen spielten, die anderen sich von den Neuigkeiten des Tages oder auch von ihren eigenen Geschichten unterhielten, hörte er gar merkwürdige Dinge erzählen von der Tugend und Frömmigkeit, ja selbst von den Wundertaten einer von der Welt abgeschiedenen Frau, namens Fatime. Da er nun glaubte, diese Frau könne ihm bei seinem Vorhaben vielleicht in irgend etwas behilflich sein, nahm er einen von der Gesellschaft beiseite und bat ihn um nähere Auskunft über die heilige Frau und über die Art von Wundern, die sie verrichte.

»Wie!« sagte der Angeredete zu ihm, »du hast diese Frau noch nie gesehen und auch nicht von ihr sprechen gehört? Sie ist durch ihr Fasten, ihre strenge Lebensweise und das Beispiel, das sie gibt, Gegenstand der allgemeinen Bewunderung in der ganzen Stadt. Außer montags und freitags geht sie nie aus ihrer kleinen Einsiedelei heraus, und an den Tagen, wo sie sich in der Stadt sehen läßt, tut sie unendlich viel Gutes, auch heilt sie jeden, der mit Kopfschmerzen behaftet ist, durch Auflegung ihrer Hände.« Der Zauberer verlangte über diesen Punkt nichts mehr zu wissen, sondern fragte bloß noch, in welchem Teile der Stadt die Einsiedelei der heiligen Frau wäre. Der Mann beschrieb ihm genau die Stelle; der Zauberer aber, nachdem er diese Erkundigungen eingezogen und den ruchlosen Plan, von dem wir bald sprechen werden, gefaßt und entworfen hatte, beobachtete, um seiner Sache noch gewisser zu sein, gleich am ersten Tage, wo sie ausging, alle ihre Schritte und verlor sie nicht aus dem Auge bis zum Abend, wo er sie in ihre Einsiedelei zurückkehren sah. Als er sich nun den Platz gut gemerkt hatte, begab er sich an einen der schon oben erwähnten Orte, wo man ein gewisses warmes Getränk zu sich nahm, und wenn man Lust hatte, auch die ganze Nacht dort zubringen konnte, besonders bei großer Hitze, wo man in diesen Ländern lieber auf Matten, als in Betten schläft.

Gegen Mitternacht bezahlte der Zauberer dem Wirt seine kleine Zeche und ging geraden Wegs nach der Einsiedelei Fatimes, der heiligen Frau; denn unter diesem Namen war sie in der ganzen Stadt bekannt. Er öffnete ohne Mühe die mit einer bloßen Klinke verschlossene Tür, trat hinein und machte die Türe ganz leise wieder zu; drinnen erblickte er bei hellem Mondschein Fatime, die an freier Luft auf einem mit einer schlechten Matte überdeckten Sofa schlief und gegen ihre Zelle hingelehnt dalag. Er näherte sich ihr, zog einen Dolch, den er an seiner Seite trug, und weckte sie.

Als die arme Fatime die Augen aufschlug, erschrak sie über die Maßen beim Anblick eines Mannes, der im Begriff war, sie zu erdolchen. Er setzte ihr den Dolch auf die Brust, machte Miene zuzustoßen und sagte zu ihr: »Wenn du schreist, oder nur das mindeste Geräusch machst, so bist du des Todes; steh aber jetzt auf und tue, was ich dir sagen werde.«

Fatime, die sich in ihren Kleidern niedergelegt hatte, stand zitternd und bebend auf. »Fürchte dich nicht«, sagte der Zauberer zu ihr, »ich verlange bloß dein Kleid, gib es mir und nimm dafür das meinige.« Sie vertauschten ihre Kleider, und nachdem der Zauberer das Kleid Fatimens angezogen hatte, sagte er zu ihr: »Jetzt färbe mir das Gesicht gleich dem deinigen und zwar so, daß ich dir ähnlich sehe und die Farbe sich nicht verwischt.« Da er sah, daß sie noch immer zitterte, sagte er, um sie zu beruhigen, und damit sie mit um so größerer Zuversicht seinen Wunsch erfüllen möchte, abermals zu ihr: »Fürchte dich nicht; ich schwöre dir bei dem Namen Gottes, daß ich dir das Leben lasse.« Fatime hieß ihn in ihre Zelle treten, zündete ihre Lampe an, nahm einen Pinsel und einen gewissen Saft, den sie in einem Gefäße stehen hatte, rieb ihm damit das Gesicht ein und versicherte ihm dann, die Farbe werde nicht ausgehen und sein Gesicht sei jetzt durchaus ganz wie das ihrige. Hierauf setzte sie ihm ihre eigene Kopfbekleidung aufs Haupt nebst ihrem Schleier und zeigte ihm, wie er sich auf seinem Gang durch die Stadt das Gesicht damit verhüllen müsse. Endlich, nachdem sie ihm noch einen großen Rosenkranz, der ihm vorne bis auf den Gürtel herabhing, um den Hals geschlungen, gab sie ihm denselben Stab, den sie gewöhnlich trug, in die Hand, hielt ihm dann einen Spiegel vor und sagte zu ihm: »Da blick einmal hinein und du wirst sehen, daß du mir gleichst, wie ein Ei dem andern.« Der Zauberer fand alles nach Wunsch, hielt aber der guten Fatime den Schwur nicht, den er ihr so feierlich geleistet hatte. Damit man keine Blutspuren sehen möchte, wenn er sie erstäche, so erwürgte er sie, und als er sah, daß sie den Geist aufgegeben hatte, schleppte er ihren Leichnam an den Füßen zum Wasserbehälter der Einsiedelei und warf ihn da hinein.

Nach Vollführung dieser verruchten Mordtat brachte der als heilige Fatime verkleidete Zauberer den Rest der Nacht in der Einsiedelei zu. Am anderen Morgen ging er, obgleich dies kein gewöhnlicher Ausgangstag für die heilige Frau war, dennoch aus, denn er glaubte, es würde ihn niemand darum fragen, und wenn man ihn fragte, so würde er schon zu antworten wissen. Da er sich bei seiner Ankunft vor allen Dingen nach Alaeddins Palast erkundigt hatte, und da er dort seine Rolle spielen wollte, so nahm er sogleich seinen Weg dahin.

Jedermann hielt ihn für die heilige Frau, und so wurde er bald von einer großen Menschenmasse umringt. Einige empfahlen sie seinem Gebet, andere küßten ihm die Hand, andere, die noch ehrerbietiger waren, küßten bloß den Saum seines Kleides, und noch andere, die entweder wirklich Kopfweh hatten, oder sich nur dagegen verwahren wollten, neigten sich vor ihm, damit er ihnen die Hände auflegen möchte, was er auch tat, indem er einige gebetähnliche Worte murmelte; kurz, er ahmte die heilige Frau so gut nach, daß jedermann ihn dafür ansah. Nachdem er mehrere Male unterwegs stehen geblieben war, um solche Leute zu befriedigen, die von dieser Art Händeauflegung weder einen Nutzen noch einen Schaden hatten, kam er endlich auf den Platz vor Alaeddins Palast, wo sich noch mehr Volk versammelt hatte, so daß es große Mühe kostete, sich ihm zu nähern. Die Stärksten und Eifrigsten drängten sich mit Gewalt durch das Gewühl, und darüber erhoben sich Klagen und ein solches Geschrei, daß man es in dem Saal mit den vierundzwanzig Fenstern, wo die Prinzessin Bedrulbudur war, hören konnte.

Die Prinzessin fragte, was der Lärm bedeuten sollte, und da es ihr niemand sagen konnte, befahl sie nachzusehen und ihr Bericht abzustatten. Eine ihrer Frauen sah, ohne den Saal zu verlassen, durch ein Fenster und meldete ihr sodann, der Lärm komme von der Volksmenge her, welche die heilige Frau umgebe, um sich durch ihr Handauflegen das Kopfweh vertreiben zu lassen.

Die Prinzessin, die schon lange Zeit viel Gutes von der heiligen Frau gehört, sie aber noch nicht gesehen hatte, wurde neugierig, ihre Bekanntschaft zu machen und mit ihr zu sprechen. Sobald sie etwas davon verlauten ließ, sagte der Obere der Verschnittenen, der zugegen war, zu ihr, wenn sie es wünsche, so wolle er sie heraufkommen lassen, sie dürfe nur befehlen. Die Prinzessin genehmigte es und er fertigte sogleich vier Verschnittene ab mit dem Befehl, die angebliche heilige Frau heraufzubringen.

Sobald die Verschnittenen zum Tore von Alaeddins Palast herauskamen und auf den Punkt, wo der afrikanische Zauberer stand, zugingen, so wich die Menge auseinander, und als dieser sich nun frei und die Verschnittenen auf sich zukommen sah, so ging er ihnen mit um so größerer Freude ein Stück Wegs entgegen, da sein Schelmstück ihm einen guten Anfang zu nehmen schien. Einer von den Verschnittenen nahm das Wort und sagte: »Heilige Frau, die Prinzessin wünscht dich zu sprechen; komm und folge uns.« – »Die Prinzessin erzeigt mir viele Ehre«, antwortete die angebliche Fatime; »ich bin bereit, ihr zu gehorchen.« Mit diesen Worten folgte er den Verschnittenen, die schon auf dem Rückwege nach dem Palast waren.

 

Als der Zauberer, der unter dem heiligen Kleide ein teuflisches Herz verbarg, in den Saal mit den vierundzwanzig Fenstern eintrat und die Prinzessin bemerkte, begann er mit einem Gebet, das eine lange Reihe von Wünschen für ihr Wohlbefinden, ihr Glück und die Erfüllung alles dessen, was sie nur begehren könnte, enthielt. Hierauf entfaltete er all seine trügerische und heuchlerische Beredsamkeit, um sich unter dem Mantel großer Frömmigkeit ins Herz der Prinzessin einzuschleichen, was ihm auch um so leichter gelang, als die Prinzessin in ihrer natürlichen Gutherzigkeit die Überzeugung hatte, alle Leute müßten ebenso gut sein, wie sie, besonders aber diejenigen Männer und Frauen, die es sich zur Pflicht machten, Gott in der Einsamkeit zu dienen.

Als die falsche Fatime ihre lange Anrede vollendet hatte, sagte die Prinzessin zu ihr: »Meine gute Mutter, ich danke dir für deine schönen Gebete, ich habe großes Vertrauen darauf und hoffe, daß Gott sie erhören wird. Komm näher und setze dich zu mir.« Die falsche Fatime setzte sich mit heuchlerischer Bescheidenheit. Hierauf nahm die Prinzessin wieder das Wort und sagte: »Meine gute Mutter, ich bitte dich um etwas, das du mir bewilligen mußt und nicht abschlagen darfst, nämlich darum, daß du bei mir bleibst, mir die Geschichte deines Lebens erzählst und mich durch deine guten Beispiele lehrst, wie ich Gott dienen soll.«

»Prinzessin«, sagte hierauf die angebliche Fatime, »ich bitte dich, verlange nichts von mir, worin ich nicht willigen kann, ohne mich ganz zu zerstreuen und von meinen Gebeten und frommen Übungen abzukommen.« – »Das darf dich nicht beunruhigend, erwiderte die Prinzessin, »ich habe mehrere Zimmer, die nicht bewohnt sind, wähle dir eins daraus, welches dir am besten zusagt, dann kannst du deine Übungen ebenso ruhig verrichten, wie in deiner Einsiedelei.«

Der Zauberer, der keinen anderen Zweck hatte, als in Alaeddins Palast zu gelangen, wo es ihm viel leichter sein mußte, sein Schelmstück auszuführen, wenn er unter Begünstigung und dem Schutz der Prinzessin daselbst wohnte, als wenn er immer von der Einsiedelei in den Palast und von da wieder zurück hätte hin und her gehen müssen, machte jetzt keine großen Einwendungen mehr gegen das verbindliche Anerbieten der Prinzessin und nahm es an. »Prinzessin«, sagte er zu ihr, »so fest auch der Entschluß einer armen und elenden Frau, wie ich, sein muß, der Welt und ihrer Pracht zu entsagen, so wage ich es doch nicht, dem Willen und Befehl einer so frommen und mildtätigen Prinzessin zu widerstreben.«

Auf diese Antwort des Zauberers stand die Prinzessin auf und sagte zu ihm: »Stehe auf und komm mit mir, ich will dir meine leeren Zimmer zeigen, auf daß du darunter wählen kannst.« Er folgte der Prinzessin Bedrulbudur und wählte unter ihren Zimmern, die sämtlich sehr schön und prächtig ausgestattet waren, dasjenige, welches am wenigsten schön war, indem er mit heuchlerischem Tone sagte: es sei noch viel zu gut für ihn und er wähle es bloß der Prinzessin zu Gefallen.

Die Prinzessin wollte den Schurken in den Saal mit den vierundzwanzig Fenstern zurückführen, damit er bei ihr zu Mittag speisen sollte. Da er aber beim Essen sein bis jetzt immer noch verschleiertes Gesicht hätte enthüllen müssen, und da er fürchtete, die Prinzessin möchte merken, daß er nicht die heilige Frau Fatime sei, für die sie ihn hielt, so bat er sie so inständig, ihm dies zu erlassen, indem er bloß Brot und trockene Früchte esse, und ihm zu erlauben, seine kleine Mahlzeit auf seinem Zimmer zu sich zu nehmen, daß sie es ihm bewilligte. »Meine gute Mutter«, sagte sie zu ihm, »es steht ganz in deinem Belieben, du kannst tun, wie wenn du in deiner Einsiedelei wärest. Ich will dir zu essen bringen lassen; aber vergiß nicht, daß ich dich zurückerwarte, sobald du deine Mahlzeit eingenommen haben wirst.«

Die Prinzessin speiste zu Mittag, und die falsche Fatime unterließ nicht, sich wieder bei ihr zu melden, sobald sie ihr durch einen Verschnittenen hatte sagen lassen, daß sie von der Tafel aufgestanden sei. »Meine gute Mutter«, sagte die Prinzessin zu ihr, »ich bin hoch erfreut, eine heilige Frau, wie dich, zu besitzen, die diesem Palast Segen bringen wird. Ei, wie gefällt dir denn der Palast? Ehe ich dir aber Zimmer für Zimmer zeige, so sage vor allem, was hältst du von diesem Saale?«

Die falsche Fatime, die um ihre Rolle besser spielen zu können, bisher immer mit gesenkten Augen dagestanden war und ihren Kopf weder rechts noch links hingewendet hatte, hob ihn endlich bei dieser Frage empor, durchmusterte den Saal von einem Ende zum andere, und als sie ihn genugsam betrachtet hatte, sagte sie: »Prinzessin, dieser Saal ist wahrhaft bewundernswürdig und ausgezeichnet schön. Indes däucht es mir, soviel eine Einsiedlerin, die sich auf das, was in der Welt für schön gilt, nicht versteht, beurteilen kann, daß eine einzige Sache daran fehle.« – »Und was denn, meine gute Mutter?« fragte die Prinzessin Bedrulbudur; »ich beschwöre dich, sage es mir. Ich für meinen Teil habe immer geglaubt und auch sagen gehört, daß er in allem vollkommen sei. Wenn aber etwas daran fehlt, so will ich diesem Mangel abhelfen lassen.«

»Prinzessin«, erwiderte die falsche Fatime mit vieler Verstellung, »verzeih, daß ich mir so viel Freiheit herausnehme. Meine Meinung, wenn dir etwas daran liegen könnte, wäre nämlich, daß wenn oben von der Mitte dieser Kuppel ein Rockei herabhänge, dieser Saal in allen vier Teilen der Welt seinesgleichen nicht haben und der Palast ein Wunder der Welt sein würde.«

»Meine gute Mutter«, fragte die Prinzessin, »was für ein Vogel ist denn der Rock, und woher könnte man wohl ein Ei von ihm bekommen?« – »Prinzessin«, antwortete die falsche Fatime, »es ist dies ein Vogel von bewundernswürdiger Größe, der auf der höchsten Spitze des Berges Kaukasus wohnt; der Baumeister von diesem Palast wird dir schon ein solches Ei verschaffen.«

Die Prinzessin Bedrulbudur dankte der falschen Fatime für ihren, wie sie glaubte, guten Rat, und unterhielt sich mit ihr noch über eine Menge anderer Gegenstände; doch vergaß sie das Rockei nicht, und nahm sich vor, mit Alaeddin darüber zu sprechen, sobald er von der Jagd zurückgekehrt sein würde. Er war nämlich seit sechs Tagen fort und der Zauberer, der dies recht gut wußte, hatte seine Abwesenheit benützen wollen. Alaeddin kam noch an demselben Tage abends zurück, als die falsche Fatime sich soeben von der Prinzessin verabschiedet und auf ihr Zimmer begeben hatte. Er ging sogleich ins Zimmer der Prinzessin, die soeben dahin zurückgekehrt war, begrüßte und umarmte sie; allein es schien ihm, als ob sie ihn etwas kalt empfinge. »Teure Prinzessin«, sagte er zu ihr, »ich finde dich nicht so heiter wie sonst. Ist in meiner Abwesenheit etwas vorgekommen, das dir mißfallen und Verdruß oder Mißvergnügen verursacht hätte? Ich beschwöre dich bei Gott, verhehle es mir nicht, denn ich werde alles aufbieten, deinen Wunsch zu erfüllen, wenn es in meiner Macht steht.« – »Es ist bloß eine Kleinigkeit«, antwortete die Prinzessin, »und die Sache kümmert mich so wenig, daß es mir unbegreiflich ist, wie du auf meinem Gesichte hast etwas bemerken können. Da du jedoch wider mein Erwarten eine Veränderung auf demselben wahrgenommen hast, so will ich dir die Ursache davon mitteilen, obgleich sie nicht von Bedeutung ist.

»Ich hatte«, fuhr die Prinzessin Bedrulbudur fort, »wie du auch, bisher immer geglaubt, unser Palast sei der herrlichste, prachtvollste und vollkommenste auf der ganzen Welt. Doch muß ich dir jetzt sagen, was mir bei genauer Besichtigung des Saals mit den vierundzwanzig Fenstern für ein Gedanke gekommen ist. Meinst du nicht auch, daß nichts zu wünschen übrig bleiben würde, wenn mitten im Kuppelgewölbe ein Rockei hinge?« – »Prinzessin«, antwortete Alaeddin, »sobald du findest, daß noch ein Rockei daran fehlt, so finde ich diesen Fehler auch, und aus dem Eifer, womit ich diesem Mangel abhelfen werde, sollst du dich überzeugen, daß es nichts gibt, was ich nicht dir zuliebe tun würde.«

Alaeddin verließ augenblicklich die Prinzessin Bedrulbudur, ging in den Saal mit den vierundzwanzig Fenstern, zog die Lampe, die er seit der Gefahr, worin ihn die Vernachlässigung derselben gestürzt, überall, wo er ging und stand, bei sich trug, aus seinem Busen hervor und rieb sie. Sogleich erschien auch der Geist. »Geist«, sprach Alaeddin zu ihm, »es fehlt dieser Kuppel noch ein Rockei, das mitten in ihrer Vertiefung hängen muß: Ich befehle dir nun im Namen der Lampe, die ich in der Hand halte, daß du diesem Mangel abhilfst.«

Kaum hatte Alaeddin diese Worte ausgesprochen, als der Geist ein so lautes und entsetzliches Geschrei erhob, daß der Saal davon erbebte und auch Alaeddin taumelte. so daß er beinahe zu Boden stürzte. »Wie, Elender!« sagte der Geist in einem Tone zu ihm, der auch dem unerschrockensten Manne Furcht eingeflößt haben würde, »ist es dir nicht genug, daß meine Gefährten und ich dir zuliebe alles getan haben? Mußt du auch noch mit einer Undankbarkeit, die ihresgleichen nicht hat, befehlen, daß ich dir meinen Meister bringen und mitten in diesem Kuppelgewölbe aufhängen soll? Dieser Frevel verdiente, daß du samt deiner Frau und deinem Palast auf der Stelle in Staub und Asche verwandelt würdest. Zu deinem Glück bist du jedoch nicht selbst auf diesen Gedanken gekommen, und er Wunsch geht nicht unmittelbar von dir aus. Du mußt nämlich wissen, daß er von dem Bruder des afrikanischen Zauberers, deines Feindes, herkommt, den du vertilgt hast, wie er verdiente. Er befindet sich in deinem Palast im Anzug der heiligen Frau Fatime, die er ermordet, und er hat deiner Frau das verderbliche Verlangen eingegeben, das du gegen mich geäußert hast. Seine Absicht ist, dich umzubringen, sei daher wohl auf deiner Hut.« Mit diesen Worten verschwand er.

Alaeddin verlor keines von den letzten Worten des Geistes. Er hatte von der heiligen Frau Fatime sagen gehört und wußte recht gut, wie sie dem allgemeinen Glauben zufolge das Kopfweh heilte. Er ging nun aufs Zimmer der Prinzessin zurück, und ohne ein Wort von dem zu sprechen, was ihm soeben begegnet war, setzte er sich nieder, stützte seine Stirne auf die Hand und sagte, es habe ihn plötzlich ein heftiges Kopfweh befallen. Die Prinzessin befahl sogleich, die heilige Frau zu rufen, und während sie geholt wurde, erzählte sie Alaeddin, wie sie in den Palast gekommen sei und wie sie ihr darin ein Zimmer eingeräumt habe.

Die falsche Fatime kam, und sobald sie da war, sagte Alaeddin zu ihr: »Komm her, meine gute Mutter, es freut mich, dich zu sehen, du bist zu meinem Glücke hierhergekommen. Ich bin soeben von einem abscheulichen Kopfweh überfallen worden, und im Vertrauen auf deine Gebete bitte ich dich um Hilfe, denn ich hoffe, daß die Wohltat, die du schon so vielen mit dieser Krankheit Behafteten erwiesen hast, auch mir nicht abschlagen werdest.« Mit diesen Worten stand er auf und bückte den Kopf; die falsche Fatime näherte sich ihm, indem sie zugleich mit der Hand nach einem Dolche griff, den sie unter ihrem Kleide am Gürtel stecken hatte. Alaeddin aber, der sie genau beobachtete, fiel ihr in die Hand, noch ehe sie vom Leder gezogen hatte, und durchbohrte sie mit seinem Dolche, so daß sie tot auf dem Fußboden zusammenstürzte.

»Mein teurer Gemahl, was hast du getan?« rief die Prinzessin voll Angst, »du hast die heilige Frau getötet!« – »Nein, geliebte Prinzessin«, antwortete Alaeddin mit großer Ruhe; »ich habe nicht Fatime getötet, sondern einen Schurken, der mich ermordet hätte, wenn ich ihm nicht zuvorgekommen wäre. Dieser Bösewicht, den du hier siehst«, fuhr er fort, indem er ihn enthüllte, »hat die wahre Fatime erwürgt und sich in ihre Kleider gesteckt, um mich zu erdolchen; mit einem Wort, er war der Bruder des afrikanischen Zauberers, deines Räubers.« Alaeddin erzählte ihr hierauf, auf welche Art er diese Umstände erfahren hatte, und ließ sodann den Leichnam wegschaffen.

Auf diese Art wurde also Alaeddin von der Verfolgung der beiden verbrüderten Zauberer befreit. Wenige Jahre darauf starb der Sultan in hohem Alter. Da er keine männlichen Nachkommen hinterließ, so folgte ihm die Prinzessin Bedrulbudur als gesetzmäßige Erbin auf dem Throne nach und teilte ihre Herrschaft mit Alaeddin. Sie regierten miteinander viele Jahre und hinterließen eine berühmte Nachkommenschaft.

»Herr«, sagte die Sultanin Schehersad, nachdem sie die Erzählung von den Abenteuern mit der Wunderlampe vollendet hatte, »du wirst ohne Zweifel bemerkt haben, daß in der Person des afrikanischen Zauberers ein Mensch dargestellt ist, den eine maßlose Begierde ergriffen, sich auf strafbare Arten Schätze zu erwerben, wodurch er sie auch entdeckt hat, aber doch nicht in ihren Besitz gekommen ist, weil er sich derselben unwürdig machte. In Alaeddin dagegen erblickst du einen Mann, der sich von niederer Herkunft bis zur Königswürde erhebt und zwar vermittelst derselben Schätze, die ihm, ohne daß er sie sucht, in die Hände fallen, und die er bloß dann begehrt, wenn er ihrer zur Erreichung seines höchsten Zweckes bedarf. An dem Sultan selbst kannst du ersehen, wie leicht selbst ein guter, gerechter und billigdenkender Monarch Gefahr läuft, seinen Thron zu verlieren, wenn er es wagt, durch eine Handlung schreiender Ungerechtigkeit und gegen alle Vorschriften der Billigkeit aus unverständlicher Übereilung einen Unschuldigen zu verdammen, ohne seine Rechtfertigung anhören zu wollen. Deinen höchsten Abscheu aber werden die beiden Schurken von Zauberern erregt haben, von denen der eine sein Leben opfert, um Schätze zu erwerben, der andere Leben und Religion zugleich, um einen Schurken, wie er selbst ist, zu rächen, beide aber den verdienten Lohn ihrer Bosheit empfangen.«

 

Der Sultan von Indien erklärte seiner Gemahlin, der Sultanin Schehersad, daß die Geschichte von den Abenteuern mit der Wunderlampe ihn sehr befriedigt habe, und überhaupt ihre nächtlichen Erzählungen ihm großes Vergnügen machen. Sie waren auch in der Tat recht ergötzlich und enthielten fast alle gute Sittenlehren. Er sah zwar wohl, daß die Sultanin sehr geschickt eine an die andere anreihte; indes war es ihm nicht unangenehm, daß sie ihm dadurch Gelegenheit gab, die Vollziehung seines feierlichen Schwures, kraft dessen er eine Frau nie länger als eine Nacht behalten und dann am anderen Morgen hinrichten lassen wollte, in Beziehung auf sie noch auszusetzen. Er war fast auf nichts so neugierig, als darauf, ob er es nicht endlich dahin bringen würde, daß ihr der Stoff ausginge.

Als er daher die Geschichte von Alaeddin und Bedrulbudur bis zu Ende gehört hatte, die von den bisher erzählten ganz verschieden war, so kam er am anderen Morgen beim Erwachen Dinarsaden zuvor, weckte sie und fragte die Sultanin, die ebenfalls gerade erwacht war, ob sie nun mit ihren Erzählungen zu Ende sei?

»Zu Ende, Herr!« rief die Sultanin; »das sei ferne von mir! Ich habe im Gegenteil noch so viele vorrätig, daß es mir selbst nicht möglich wäre, ihre Zahl genau anzugeben. Was ich allein fürchte, Herr, ist, daß du dich dabei zuletzt langweilen und meiner Geschichte müde werden möchtest, wenn ich noch auf lange Zeit Stoff genug dazu habe.« – »Darüber mach dir keine Sorgen«, antwortet der Sultan. »Laß jetzt sehen, was du Neues zu erzählen hast.«

Diese Worte des Sultans von Indien machten der Sultanin Schehersad neuen Mut, und sie begann folgendermaßen eine neue Geschichte zu erzählen: »Herr«, sagte sie, »ich habe dir schon mehrere Male von einigen Abenteuern gesagt, die dem berühmten Kalifen Harun Arraschid zugestoßen sind. Es sind deren sehr viele, aber zu den merkwürdigsten gehören gewiß folgende: