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Tausend Und Eine Nacht

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Das Unglück wollte, daß Alaeddin damals gerade auf acht Tage auf die Jagd gegangen und erst seit drei Tagen fort war; der afrikanische Zauberer erfuhr dies auf folgende Weise. Sobald er durch seine Punktierkunst die frohe Entdeckung gemacht hatte, wo die Lampe sei, ging er zum Aufseher des Chans, unter dem Vorwand, sich mit ihm unterhalten zu wollen, und er hatte sehr natürliche Gründe dazu, so daß er nicht weit auszuholen brauchte. Er erzählte ihm, daß er Alaeddins Palast gesehen, und nachdem er in den übertriebensten Ausdrücken alles gepriesen hatte, was ihm daran am bewundernswürdigsten vorgekommen, und was überhaupt jedermann am merkwürdigsten fand, setzte er hinzu: »Meine Neugierde erstreckt sich noch weiter, und ich werde mich nicht zufrieden geben, bevor ich den Herrn dieses wundervollen Gebäudes selbst gesehen habe.« – »Das wird dir nicht schwer werden«, antwortete der Aufseher des Chans, »denn solange er in der Stadt ist, gibt er fast jeden Tag Gelegenheit dazu; aber seit drei Tagen ist er auf eine große Jagd ausgezogen, die acht Tage dauern soll.«

Mehr verlangte der afrikanische Zauberer nicht zu wissen; er nahm Abschied von dem Mann und sagte bei sich selbst: »Der Augenblick ist günstig, ich darf ihn nicht hinauslassen.« Hierauf ging er in den Laden eines Mannes, der Lampen zum Verkauf machte, und sagte zu diesem: »Meister, ich sollte zwölf kupferne Lampen haben: Kannst du sie mir liefern?« Der Lampenverkäufer antwortete, es fehlen ihm zwar noch einige, wenn er sich aber bis morgen gedulden wolle, so könne er ihm ein volles Dutzend zu jeder beliebigen Stunde liefern. Der Zauberer war es zufrieden und empfahl ihm, sie müssen recht hübsch und blank sein; nachdem er ihm sofort noch eine gute Bezahlung versprochen hatte, ging er in sein Chan zurück.

Am anderen Tage wurde das Dutzend Lampen dem afrikanischen Zauberer abgeliefert, der, ohne zu markten, den verlangten Preis dafür bezahlte. Er legte sie in einen Korb, womit er sich zu diesem Behuf versehen hatte, ging mit diesem Korb am Arm nach Alaeddins Palast und fing, als er in der Nähe war, an zu rufen: »Wer will alte Lampen gegen neue austauschen?« Als die kleinen Kinder, die auf dem Platze spielten, dies hörten, liefen sie herbei und sammelten sich mit lautem Hohngelächter um ihn, denn sie hielten ihn für einen Narren. Auch die Vorübergehenden lachten über seine Dummheit, wofür sie es hielten. »Bei diesem Manne«, sagten sie, »muß es im Kopfhäuschen nicht richtig sein, sonst könnte er nicht neue Lampen für alte anbieten.« Der afrikanische Zauberer ließ sich weder durch das Gehöhne der Kinder, noch durch das, was die älteren Leute von ihm sagten, irre machen, sondern fuhr fort, seine Ware anzubieten und laut zu schreien: »Wer will alte Lampen gegen neue austauschen?« Er wiederholte dies so oft, auf dem Platze vor dem Palast und in der Nähe desselben auf— und abgehend, daß die Prinzessin Bedrulbudur, die gerade in dem Saale mit den vierundzwanzig Fenstern war, die Stimme des Mannes hörte; da sie aber wegen des Geschreies der Kinder, die ihm nachfolgten und deren Zahl sich mit jedem Augenblick vermehrte, nicht verstand, was er ausrief, so schickte sie eine ihrer Sklavinnen, die ihr am nächsten stand, hinab, um zu sehen, was der Lärm bedeuten solle.

Die Sklavin kam bald wieder mit lautem Lachen in den Saal. Sie lachte so herzlich, daß die Prinzessin bei ihrem Anblick ebenfalls lachen mußte. »Nun, du Närrin«, sagte sie endlich, »wirst du mir nicht sagen, warum du so lachst?« – »Herrin«, antwortete die Sklavin, immerfort lachend, »wie könnte man auch anders, wenn man einen Narren sieht, der einen Korb voll schöner, ganz neuer Lampen am Arm hat, aber sie nicht verkaufen, sondern nur gegen alte austauschen will. Der Lärm aber, den du hörst, kommt von den Kindern her, die ihn verhöhnen und in solcher Masse umgeben, daß er kaum von der Stelle kommen kann.«

Nach diesem Bericht nahm eine andere Sklavin das Wort und sagte: »Da von alten Lampen die Rede ist, so weiß ich nicht, ob die Prinzessin schon bemerkt hat, daß hier auf dem Kranzgesims eine solche steht. Der Eigentümer wird es wohl nicht übel nehmen, wenn er statt der alten eine neue findet. Wenn es der Prinzessin genehm ist, so kann sie sich den Spaß machen, zu erproben, ob dieser Narr wirklich verrückt genug ist, eine neue Lampe für eine alte zu geben, ohne etwas heraus zu verlangen.«

Die Lampe, von der die Sklavin sprach, war eben die Wunderlampe, die Alaeddin zu seiner Größe verholfen hatte, und er selbst hatte sie, bevor er auf die Jagd ging, auf das Kranzgesims gestellt, um sie nicht zu verlieren: Eine Vorsichtsmaßregel, die er jedesmal anwendete, wenn er zu diesem Behuf auszog. Aber weder die Sklavinnen, noch die Verschnittenen, noch die Prinzessin selbst hatten sie jemals während seiner Abwesenheit bemerkt. Außer der Zeit, wo er auf der Jagd war, trug er sie immer bei sich. Man wird nun sagen, diese Vorsicht Alaeddins sei recht gut gewesen, aber er hätte seine Lampe wenigstens einschließen sollen. Dies ist freilich wahr, doch dergleichen Versehen sind zu jeder Zeit begangen worden, werden noch täglich begangen und noch in Zukunft begangen werden.

Die Prinzessin Bedrulbudur, die von dem hohen Wert der Lampe nichts wußte, und sich nicht denken konnte, daß es für Alaeddin, der gar nie davon sprach, von so hoher Wichtigkeit sein könnte, sie unberührt zu lassen und aufzubewahren, ging auf den Scherz ein und befahl einem Verschnittenem, sie zu nehmen und umzutauschen. Der Verschnittene gehorchte, ging die Treppe hinab, und war kaum aus dem Tor des Palastes, als er den afrikanischen Zauberer bemerkte. Er rief ihn, und als er zu ihm kam, zeigte er ihm die alte Lampe und sagte: »Gib mir eine neue Lampe für diese da.«

Der afrikanische Zauberer zweifelte nicht, daß dies die Lampe sei, die er suchte, denn da alles Geschirr in Alaeddins Palast von Gold und Silber war, so konnte es darin nicht wohl noch eine andere solche geben. Er nahm sie dem Verschnittenem schnell aus der Hand, schob sie in seinen Busen und überreichte ihm dann seinen Korb, damit er nach Belieben eine auswählen könnte. Der Verschnittene wählte eine aus, verließ den Zauberer und brachte die neue Lampe der Prinzessin Bedrulbudur. Kaum aber war der Tausch geschehen, als auch schon die Kinder auf dem Platz ein lautes Geschrei und Gelächter erhoben und sich über die Dummheit des Zauberers lustig machen.

Der afrikanische Zauberer ließ sie schreien, solange sie wollten. Ohne sich länger in der Nähe von Alaeddins Palast aufzuhalten, machte er sich ganz unvermerkt und ohne weitern Lärm aus dem Staube, d. h. er schrie nicht mehr, daß er alte Lampen gegen neue umtauschen wolle. Er wollte jetzt keine andere mehr als die, die er schon hatte, und da er schwieg, so gingen auch die Kinder auseinander und ließen ihn ziehen.

Sobald er von dem Platze zwischen den beiden Palästen weg war, entschIüpfte er durch eine weniger besuchte Straße, und da er jetzt weder die anderen Lampen noch den Korb mehr brauchte, so stellte er den Korb mit den Lampen auf eine Straße, wo gerade niemand vorüberging. Hierauf schlug er eine andere Straße ein und lief hastig fort, bis er eins der Stadttore erreichte. Sodann ging er durch eine sehr lange Vorstadt, wo er einige Lebensmittel einkaufte. Sobald er im Freien war, lenkte er von der Hauptstraße ab nach einem abgelegenen Platze hin, wo er von niemand bemerkt werden konnte, und hier wartete er den günstigen Augenblick ab, um seinen Plan vollends auszuführen. Was lag ihm an seinem Berberhengst? Diesen ließ er in dem Chan, wo er abgestiegen war, zurück, denn er glaubte sich durch den Schatz, den er eben erworben, reichlich entschädigt.

Der afrikanische Zauberer brachte den Rest des Tags hier zu, bis ein Uhr nachts, wo die Finsternis am größten war. Jetzt zog er die Lampe aus seinem Busen und rieb sie. Auf diesen Ruf erschien der Geist sogleich. »Was willst du?« fragte er ihn, »ich bin bereit, dir zu gehorchen als dein Sklave und als Sklave aller, welche die Lampe in der Hand haben; ich und die anderen Sklaven der Lampe.« – »Ich befehle dir«, antwortete der afrikanische Zauberer, »daß du augenblicklich den Palast, den du oder die anderen Sklaven der Lampe in der Stadt erbaut, so wie er ist, mit allen seinen lebenden Bewohnern aufhebst und zugleich mit mir an den und den Ort nach Afrika versetzest.« Ohne etwas zu antworten, schaffte der Geist mit Hilfe der übrigen der Lampe dienstbaren Geister in sehr kurzer Zeit sowohl ihn selbst, als den ganzen Palast an den bezeichneten Ort in Afrika. Wir wollen indes den afrikanischen Zauberer und den Palast samt der Prinzessin Bedrulbudur in Afrika lassen und nur von dem Erstaunen des Sultans reden.

Als der Sultan aufgestanden war, ging er wie gewöhnlich nach dem offenen Erker, um sich das Vergnügen zu machen, Alaeddins Palast zu betrachten und zu bewundern. Er richtete seinen Blick nach der Seite hin, wo er diesen Palast zu sehen gewöhnt war, erblickte aber nur einen leeren Platz, ganz wie er vor Erbauung desselben gewesen war. Im Anfang glaubte er, er täusche sich und rieb sich die Augen; allein er sah so wenig, als das erste Mal, obgleich das Wetter sehr heiter, der Himmel rein und die Morgenröte bereits aufgestiegen war, so daß man alles recht deutlich sehen konnte. Er blickte rechts und links durch die beiden Öffnungen und sah noch immer nichts. Sein Erstaunen war so groß, daß er lange wie angewurzelt auf derselben Stelle stehen blieb, die Augen starr nach der Seite hin geheftet, wo der Palast bisher gewesen, aber jetzt nicht mehr zu sehen war; denn es war ihm unmöglich, zu begreifen, wie ein so großer und ansehnlicher Palast, wie der Alaeddins, den er seit jenem Tage, wo er die Erlaubnis zu seiner Erbauung gegeben, tagtäglich und erst gestern noch gesehen hatte, auf einmal ganz spurlos entschwunden sein solle. »Ich kann mich nicht täuschen«, sprach er bei sich selbst, »er stand auf dem Platze dort. Wäre er eingestürzt, so müßten sich doch noch Trümmer davon zeigen, und hätte die Erde ihn verschlungen, so müßte man wenigstens eine Spur sehen.« Es ging über seine Verstandeskräfte, zu enträtseln, wie dies zugegangen sei, und so fest er auch überzeugt war, daß der Palast nicht mehr dastand, so wartete er doch noch einige Zeit, um sich zu überzeugen, ob er sich nicht täusche. Endlich entfernte er sich und ging, nachdem er noch einmal zurückgeblickt hatte, auf seine Zimmer zurück. Dann ließ er in aller Eile den Großvezier rufen und setzte sich nieder, während sein Geist von so verschiedenartigen Gedanken bestürmt wurde, daß er nicht wußte, was er tun sollte.

 

Der Großvezier ließ nicht lange auf sich warten. Er kam in solcher Eile, daß weder er noch seine Leute im Vorbeigehen bemerkten, daß Alaeddins Palast nicht mehr an seiner Stelle stand. Selbst die Pförtner hatten es nicht bemerkt, als sie die Tore des Palastes öffneten. Der Großvezier redete den Sultan also an: »Herr, die Eile, womit man mich berufen hat, läßt mich schließen, daß irgend etwas Außerordentliches vorgefallen sein muß; denn du weißt ja wohl, daß heute Ratssitzung ist, und ich mich meiner Pflicht gemäß ohnehin in einigen Augenblicken eingestellt hätte.« – »Ja«, antwortete der Sultan, »es hat sich wirklich etwas sehr Außerordentliches zugetragen und du wirst es selbst gestehen müssen. Sprich, wo ist der Palast Alaeddins?« – »Der Palast Alaeddins?« erwiderte der Großvezier sehr erstaunt, »ich ging soeben daran vorbei, und mich däuchte, er stand an seinem alten Platz. So gewaltige Gebäude wie dieses ändern ihre Stelle nicht so leicht.« – »Sieh einmal zum Kabinett hinaus«, entgegnete der Sultan, »und sag mir dann, ob du ihn gesehen hast.«

Der Großvezier begab sich in den offenen Erker, und es ging ihm, wie dem Sultan. Als er sich völlig versichert hatte, daß Alaeddins Palast nicht mehr dastand und auch nicht die mindeste Spur davon zu sehen war, trat er wieder vor den Sultan. »Nun, hast du Alaeddins Palast gesehen?« fragte ihn dieser. – »Herr«, antwortete der Großvezier, »du erinnerst dich vielleicht, daß ich die Ehre hatte, dir zu sagen, der Palast, den du mit seinen unermeßlichen Reichtümern so sehr bewunderst, könne bloß ein Werk der Zauberei und eines Zauberers sein; allein du wolltest damals nicht auf mich achten.«

Der Sultan, der dies nicht leugnen konnte, geriet in einen um so größeren Zorn, als sein früherer Unglauben offenbar am Tage lag. »Wo ist er«, rief er, »dieser Betrüger, dieser Schurke? Ich lasse ihm den Kopf abschlagen.« – »Herr«, antwortete der Großvezier, »er hat sich vor einigen Tagen von dir verabschiedet. Man muß ihn fragen lassen, wo sein Palast hingekommen ist, denn er allein kann es wissen.« – »Das wäre zu viele Schonung für ihn«, entgegnete der Sultan; »geh und schicke dreißig von meinen Reitern ab, daß sie ihn in Ketten vor mich führen.« Der Großvezier überbrachte den Reitern den Befehl des Sultans und unterrichtete ihren Anführer, wie sie sich zu benehmen hätten, damit er ihnen nicht entwischen könne. Sie gingen ab und trafen Alaeddin fünf oder sechs Stunden von der Stadt auf dem Heimwege begriffen. Der Anführer ritt auf ihn zu und sagte ihm, der Sultan habe großes Verlangen, ihn wieder zu sehen, und deshalb habe er sie abgeschickt, um es ihm zu melden und ihn nach Hause zu begleiten.

Alaeddin hatte nicht die entfernteste Ahnung von dem wahren Grunde, warum diese Abteilung der Leibwache des Sultans zu ihm gekommen war, und ritt getrost weiter. Als er aber noch eine halbe Stunde von der Stadt entfernt war, umringte ihn die Reiterschar, und der Anführer derselben nahm das Wort und sagte zu ihm: »Prinz Alaeddin, mit großem Bedauern haben wir dir zu erklären, daß wir vom Sultan Befehl haben, dich zu verhaften und als Staatsverbrecher vor ihn zu führen; wir bitten dich, es nicht übel aufzunehmen, wenn wir jetzt unsere Pflicht erfüllen, und uns zu verzeihen.«

Alaeddin war äußerst überrascht durch diese Erklärung, denn er fühlte sich unschuldig. Er fragte den Anführer, ob er wisse, welches Verbrechens er angeklagt sei; dieser aber antwortete, weder er noch seine Leute wüßten davon.

Da Alaeddin sah, daß seine Leute viel schwächer waren, als die Reiterschar, und ihn sogar verließen, so stieg er vom Pferd ab und sagte: »Hier bin ich, vollzieht euren Befehl. Übrigens kann ich versichern, daß ich mir keines Verbrechens bewußt bin, weder gegen die Person des Sultans, noch gegen den Staat.« Man warf ihm sogleich eine sehr dicke und lange Kette an den Hals und band ihn damit auch mitten um den Körper, so daß er die Arme nicht frei hatte. Der Anführer stellte sich nun wieder an die Spitze des Zugs, einer der Reiter aber faßte das Ende der Kette und führte so, hinter dem Anführer hinreitend, Alaeddin, der zu Fuße folgen mußte, mit fort. In diesem Zustande wurde er in die Stadt gebracht.

Als die Reiter in die Vorstadt kamen und man Alaeddin als Staatsverbrecher daher führen sah, glaubte jedermann, es werde ihn den Kopf kosten. Da er aber allgemein beliebt war, so ergriffen die einen Säbel und andere Waffen, und die, welche keine hatten, bewaffneten sich mit Steinen und folgten den Reitern nach. Einige von den hintersten schwenkten um und machten Miene, sie auseinander zu sprengen; allein die Volksmasse wurde so groß, daß die Reiter es für geratener fanden, sich keinen Ärger anmerken zu lassen, und sich glücklich schätzten, wenn sie nur den Palast des Sultans erreichten, ohne daß Alaeddin ihnen entrissen wurde. Um dies zu bewerkstelligen, nahmen sie geflissentlich die ganze Breite der Straße ein, indem sie sich bald ausdehnten, bald näher aneinanderschlossen, je nachdem sie weiter oder enger war. So gelangten sie endlich an den Platz vor dem Palast, wo sie sich alle in einer Linie aufstellten und gegen die bewaffnete Volksmasse Front machten, bis ihr Befehlshaber und der Reiter, welcher Alaeddin führte, in den Palast eingetreten waren und die Pförtner das Tor hinter ihm geschlossen hatten, um das Volk abzuhalten.

Alaeddin wurde sofort vor den Sultan geführt, der ihn mit dem Großvezier auf einem Balkon erwartete. Sobald er ihn sah, befahl er dem Scharfrichter, der ebenfalls hierher bestellt worden war, ihm den Kopf abzuhauen, ohne daß er ihn anhören oder irgend einen Aufschluß von ihm haben wollte.

Der Scharfrichter bemächtigte sich Alaeddins, nahm ihm die Kette, die er um den Hals und Leib hatte, ab, breitete sofort ein Leder, das mit dem Blute von unzähligen Verbrechern befleckt war, auf den Boden, hieß ihn niederknieen und verband ihm die Augen. Hierauf zog er sein Schwert, holte weit aus, ließ es dreimal in der Luft blitzen und schickte sich an, den Todesstreich zu führen, indem er nur noch auf ein Zeichen vom Sultan wartete, um Alaeddin den Kopf abzuschlagen.

In diesem Augenblicke bemerkte der Großvezier, daß das Volk die Reiter überwältigt hatte und in den Schloßplatz gedrungen war, ja sogar, daß einige die Mauern des Palasts an mehreren Stellen mit Leitern erstiegen und bereits anfingen, sie niederzureißen, um eine Öffnung zu machen. Er sagte daher zum Sultan, ehe er das Zeichen gab: »Herr, ich bitte dich, daß du den Schritt, den du zu tun im Begriff bist, reiflich überlegen mögest. Du läufst Gefahr, deinen Palast erstürmt zu sehen, und wenn dies Unglück geschehe, so könne es unheilbringende Folgen haben.« – »Mein Palast erstürmt!« versetzte der Sultan. »Wer darf sich dessen unterfangen?« – »Herr«, antwortete der Großvezier, »wirf nur einen Blick auf die Mauern des Palastes und auf den Platz, so wirst du dich von der Wahrheit meiner Worte überzeugen.«

Als der Sultan die heftige Aufregung unter dem Volke sah, erschrak er dermaßen, daß er augenblicklich dem Scharfrichter den Befehl gab, sein Schwert wieder in die Scheide zu stecken, die Binde von Alaeddins Augen wegzunehmen und ihn freizulassen. Zugleich befahl er seinen Trabanten auszurufen, daß er Alaeddin Gnade schenke, und jedermann sich nun entfernen möge.

Als nun diejenigen, welche bereits die Mauern erklettert hatten, sahen, was da vorging, so gaben sie ihr Vorhaben auf. Sie stiegen schnell herab, und hocherfreut, einem Manne, den sie wahrhaft liebten, das Leben gerettet zu haben, teilten sie diese Nachricht allen Umstehenden mit. Sie verbreitete sich von Mund zu Mund unter der ganzen Volksmasse, die sich auf dem Platz vor dem Palast gesammelt hatte, und die Trabanten bestätigten sie auch von oben herab. Als nun das Volk sah, daß der Sultan Alaeddin Gerechtigkeit widerfahren ließ und ihn begnadigte, so entwaffnete sich sein Zorn, der Aufruhr hörte auf und es gingen alle einer nach dem anderen nach Hause.

Sobald Alaeddin sich wieder in Freiheit sah, schaute er nach dem Balkon hinauf, und als er den Sultan bemerkte, so rief er ihm in rührendem Tone zu: »Herr, ich bitte dich, mir zu der bereits erwiesenen Gnade noch eine neue zu schenken und mich wissen zu lassen, was mein Verbrechen ist.« – »Was es ist, du Schurke!« erwiderte der Sultan; »weißt du es noch nicht? Komm einmal hier herauf, so will ich dir es zeigen.«

Alaeddin ging hinauf und trat vor den Sultan. »Folge mir«, sagte dieser zu ihm und ging vor ihm her, ohne ihn anzusehen. Er führte ihn an den offenen Erker, und als er an der Tür war, sagte er zu ihm: »Gehe hinein, du mußt doch wissen, wo dein Palast stand; sieh dich jetzt hier nach allen Seiten um und sage, was daraus geworden ist.«

Alaeddin sah hin und erblickte nichts. Er bemerkte wohl den ganzen Platz, den sein Palast sonst eingenommen hatte, da er aber nicht begreifen konnte, wie er hätte verschwinden sollen, so machte ihn dieses seltsame und überraschende Ereignis so bestürzt und verdutzt, daß er dem Sultan kein einziges Wort erwidern konnte.

Der Sultan wiederholte voll Ungeduld die Frage. »Sag mir doch, wo der Palast und meine Tochter ist?«‚Endlich brach Alaeddin das Stillschweigen und sagte: »Herr, ich sehe wohl und gestehe es ein, daß der Palast, den ich erbauen ließ, nicht mehr auf seinem Platze steht; ich sehe, daß er verschwunden ist, kann dir aber nicht sagen, wo er sein mag. Nur so viel kann ich versichern, daß ich keinen Teil an diesem Ereignis habe.«

»Mir liegt nichts daran, was aus deinem Palast geworden ist«, antwortete der Sultan, »Meine Tochter ist mir millionenmal lieber. Du mußt sie mir zurückgeben, sonst lasse ich dir ohne alle weiteren Rücksichten den Kopf abschlagen.«

»Herr,« antwortete Alaeddin, »Ich flehe dich an, daß du mir vierzig Tage Frist gebest, um meine Maßregeln zu treffen, und gelingt es mir in dieser Zeit nicht, so gebe ich dir mein Wort, daß ich selbst meinen Kopf zu den Füßen deines Thrones niederlegen will, damit du nach Belieben darüber verfügest.« – »Ich bewillige dir diese Frist von vierzig Tagen«, erwiderte der Sultan; »aber glaube ja nicht, daß du meine Gnade mißbrauchen und meinem Zorn entfliehen könnest. In welchem Winkel der Erde du sein magst, ich werde dich schon zu finden wissen.«

Alaeddin entfernte sich in großer Demütigung und in einem wahrhaft mitleiderregenden Zustande aus dem Angesicht des Sultans. Er ging mit gesenktem Haupte über die Höfe des Palastes und war so beschämt, daß er es nicht wagte, die Augen aufzuschlagen. Die vornehmsten Hofbeamten, von denen er keinen einzigen beleidigt hatte und die vorher seine Freunde gewesen, waren jetzt weit entfernt, sich ihm zu nähern oder ihm eine Zufluchtsstätte anzubieten; nein, sie kehrten ihm den Rücken, damit sie ihn nicht sehen mußten und er sie nicht erkennen möchte. Aber wenn sie sich ihm auch genähert hätten, um ihm Trost einzusprechen oder ihre Dienste anzutragen, so hätten sie Alaeddin kaum mehr erkannt: Kannte er sich doch selbst nicht mehr und war seines Verstandes nimmer mächtig. Dies bewies er auch, sobald er zum Palast hinausgetreten war; denn ohne zu bedenken, was er tat, fragte er von Tür zu Tür und alle Leute, die ihm begegneten, ob sie seinen Palast nicht gesehen hätten und ihm keine Nachricht davon geben könnten.

Solche Fragen brachten jedermann auf die Meinung, Alaeddin habe seinen Verstand verloren. Einige lachten bloß darüber, aber die Vernünftigen, und besonders diejenigen, die in freundschaftlicher Verbindung oder sonst in einem Verkehr mit ihm gestanden hatten, wurden von wahrhaftem Mitleid ergriffen. Er blieb drei Tage in der Stadt, indem er sich bald nach dieser, bald nach jener Seite hin wendete und nichts aß, als was ihm mitleidige Menschen reichten, im übrigen aber keinen Entschluß faßte.

Endlich, da er in diesem elenden Zustande nicht länger in einer Stadt verweilen wollte, wo er früher den vornehmen Herrn gespielt hatte, entfernte er sich aus derselben und schlug den Weg nach dem Felde ein. Er vermied die großen Heerstraßen, und nachdem er in schrecklicher Ungewißheit mehrere Felder durchirrt hatte, kam er mit Anbruch der Nacht an das Ufer eines Flusses. Hier faßte er einen Gedanken der Verzweiflung. »Wo soll ich jetzt meinen Palast suchen?« sagte er bei sich selbst. »An welcher Provinz, in welchem Lande, in welchem Teile der Welt werde ich ihn und meine vielgeliebte Prinzessin wiederfinden, die der Sultan von mir fordert? Dies wird mir nie gelingen; deshalb ist es besser, ich befreie mich auf einmal von all diesen Mühseligkeiten. die zu nichts führen würden, und dem bittern Kummer, der mein Herz zerfrißt.« Schon hatte er den Entschluß gefaßt, sich in den Fluß zu werfen, doch glaubte er als guter und frommer Muselmann dies nicht eher tun zu können, als bis er sein Gebet verrichtet hätte. Indem er sich nun dazu anschicken wollte, näherte er sich dem Rande des Wassers, um sich der Landessitte gemäß die Hände und das Gesicht zu waschen. Da aber die Stelle etwas abschüssig und naß war, so glitt er aus und wäre in den Fluß gefallen, wenn er sich nicht noch an einem kleinen Felsstück gehalten hätte, das etwa zwei Zoll hoch hervorragte. Glücklicherweise hatte er noch den Ring, den der afrikanische Zauberer ihm an den Finger gesteckt hatte, ehe er in das unterirdische Gewölbe hinabstieg, um die kostbare Lampe zu holen, die ihm jetzt wieder entrissen worden war. Diesen Ring rieb er ziemlich stark an dem Felsen, als er sich daran hielt, und augenblicklich stand derselbe Geist vor ihm, der ihm in dem unterirdischen Gewölbe erschienen war, wo der afrikanische Zauberer ihn eingesperrt hatte. »Was willst du?« sagte der Geist; »ich bin bereit, dir zu gehorchen als dein Sklave und als Sklave aller derer, die den Ring am Finger haben, sowohl ich, als die anderen Sklaven des Ringes.«

 

Alaeddin, der in seiner verzweiflungsvollen Lage durch diese Erscheinung angenehm überrascht war, antwortete: »Geist, rette mir zum zweitenmal das Leben und zeige mir, wo der Palast ist, den ich erbauen ließ, oder sorge, daß er unverzüglich wieder an seinen alten Platz zurückgetragen wird.« – »Was du hier verlangst«, antwortete der Geist, »liegt nicht in meinem Wirkungskreise, ich bin bloß Sklave des Rings; wende dich deshalb an den Sklaven der Lampe.« »Wenn dem so ist«, versetzte Alaeddin, »so befehle ich dir kraft des Ringes, versetze mich sogleich an den Ort, wo mein Palast ist, sei es auch wo es wolle, und bringe mich unter die Fenster der Prinzessin Bedrulbudur.« Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als der Geist ihn nahm und nach Afrika mitten auf eine große Wiese trug, auf der der Palast nicht weit von einer großen Stadt stand; er setzte ihn dicht unter den Fenstern der Prinzessin nieder und ließ ihn dann allein. Alles dies war das Werk eines Augenblicks.

Ungeachtet der Dunkelheit der Nacht erkannte Alaeddin recht gut seinen Palast und die Zimmer der Prinzessin Bedrulbudur. Da es indes schon weit in der Nacht und im Palast alles ruhig war, so ging er etwas abseits und setzte sich unter einen Baum. Hier gab er sich neuen Hoffnungen hin, und indem er Betrachtungen anstellte über sein Glück, das er einem bloßen Zufalle verdankte, wurde sein Gemüt wieder weit ruhiger, als seit dem Tage, wo er verhaftet, vor den Sultan geführt und aus der drohenden Todesgefahr befreit worden war. Er hing eine Weile diesen angenehmen Gedanken nach, aber da er seit fünf oder sechs Tagen kein Auge mehr geschlossen hatte, so überwältigte ihn zuletzt der Schlaf und er schlummerte am Fuße des Berges ein.

Als am folgenden Tage die Morgenröte anbrach, wurde Alaeddin sehr angenehm erweckt durch den Gesang der Vögel, die teils auf dem Baume, unter dem er lag, teils auch auf den dickbelaubten Bäumen im Garten seines Palastes die Nacht zugebracht hatten. Er warf sogleich seine Augen auf dieses bewundernswürdige Gebäude und fühlte eine unaussprechliche Freude, daß er jetzt Hoffnung habe, wieder Herr desselben zu werden und aufs neue seine teure Prinzessin Bedrulbudur zu besitzen. Er stand auf und näherte sich den Zimmern der Prinzessin, dann ging er unter ihren Fenstern eine Weile spazieren und wartete, bis sie erwachen würde und sich sehen ließe. Inzwischen dachte er bei sich selbst darüber nach, woher wohl die Ursache seines Unglücks gekommen sein möge, und nachdem er sich lange hin und her besonnen, zweifelte er nicht mehr daran, sein ganzes Mißgeschick könne bloß davon herrühren, daß er seine Lampe aus den Augen verloren habe. Er machte sich nun Vorwürfe über seine Nachlässigkeit und daß er nicht Sorge getragen habe, sie keinen Augenblick aus der Hand zu lassen. Was ihn noch mehr in Verlegenheit setzte, war, daß er sich gar nicht einbilden konnte, wer wohl auf sein Glück eifersüchtig sei. Dies wäre ihm zwar klar geworden, wenn er gewußt hätte, daß er und sein Palast sich in Afrika befänden; allein der dienstbare Geist des Ringes hatte es ihm nicht gesagt, und er hatte ihn auch nicht darum gefragt. Sonst hätte ihn schon der Name Afrika sogleich an den afrikanischen Zauberer, seinen abgesagten Feind, erinnert.

Die Prinzessin Bedrulbudur stand diesmal früher als gewöhnlich auf, seit ihrer Entführung und Versetzung nach Afrika durch die Tücke des afrikanischen Zauberers, dessen Anblick sie bisher täglich einmal hatte ertragen müssen, weil er der Herr des Palastes war; sie hatte ihn jedoch jedesmal so spröde behandelt, daß er es noch nicht gewagt hatte, seinen Wohnsitz darin aufzuschlagen. Als sie angekleidet war, sah eine ihrer Frauen zufällig durchs Gitterfenster, bemerkte Alaeddin und verkündete es sogleich ihrer Gebieterin. Die Prinzessin, die diese Nachricht nicht glauben konnte, lief schnell ans Fenster, bemerkte Alaeddin ebenfalls und öffnete das Gitter. Bei dem Geräusch, das dadurch entstand, hob Alaeddin den Kopf in die Höhe, erkannte sie und begrüßte sie mit einer Miene, auf der überschwengliche Freude sich abspielte. »Um keine Zeit zu verlieren,« sagte die Prinzessin zu ihm, »habe ich dir die geheime Türe öffnen lassen, geh durch dieselbe hinein und komm herauf.« Nach diesen Worten schloß sie das Fenster wieder.

Die geheime Türe befand sich unter den Zimmern der Prinzessin. Alaeddin fand sie offen und ging rasch die Treppe hinauf. Es ist unmöglich, die Freude zu beschreiben, welche die beiden Ehegatten empfanden, als sie sich nach einer Trennung, die sie ewig geglaubt hatten, endlich wiedersahen. Sie umarmten sich mehrere Male und gaben sich alle Beweise von Liebe und Zärtlichkeit, die man nach einer so traurigen und unerwarteten Trennung, wie die ihrige war, nur erdenken kann. Nach diesen Umarmungen, unter die sich Tränen der Freude mischten, setzten sie sich, und Alaeddin nahm das Wort und sprach: »Prinzessin, bevor wir von irgend etwas anderem sprechen, beschwöre ich dich im Namen Gottes, sowohl um deiner selbst als um deines verehrungswürdigen Vaters, des Sultans, und besonders auch um meiner willen, sage mir, was ist aus meiner alten Lampe geworden, die ich, bevor ich auf die Jagd ging, in dem Saal mit den vierundzwanzig Fenstern auf das Kranzgesimse gestellt hatte?«

»Ach, teurer Gemahl«, antwortete die Prinzessin, »ich habe mir‘s wohl gedacht, daß unser beiderseitiges Unglück von dieser Lampe herkomme, und was mich untröstlich macht, ist, daß ich selbst daran schuld bin.« – »Prinzessin«, erwiderte Alaeddin, »miß dir die Schuld nicht bei, sie ist ganz auf meiner Seite, denn ich hätte die Lampe sorgsamer aufbewahren sollen. Jetzt aber laß uns nur daran denken, den Schaden wieder gut zu machen und deshalb tu mir den Gefallen, erzähle mir umständlich, wie die Sache zugegangen und in welche Hände die Lampe geraten ist.«