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Tausend Und Eine Nacht

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Alaeddin folgte dem Rat seiner Mutter, aß langsam und ruhig, und trank ebenso. Als er fertig war, sagte er: »Liebe Mutter, ich könnte dir eigentlich große Vorwürfe machen, daß du mich so ohne alles Bedenken auf Treue und Glauben einem Mann anvertrautest, der den Plan hatte, mich ins Verderben zu stürzen und in diesem Augenblick fest überzeugt ist, daß ich bereits nicht mehr lebe, oder wenigstens zu jeder Stunde sterben könne; doch du glaubtest, es sei mein Oheim, und ich glaubte es ebenfalls. Wie hätten wir auch anders von einem Manne denken können, der mich mit Liebkosungen und Geschenken überhäufte und mir so glänzende Versprechungen machte? Du mußt aber wissen, liebe Mutter, daß er ein Verräter, ein Bösewicht, ein Schurke ist. Er hat mir bloß deswegen so viele Geschenke und Versprechungen gemacht, weil er mich ins Verderben stürzen wollte, ohne daß weder du, noch ich imstande wäre, die Ursache zu erraten. Ich meinerseits kann versichern, daß ich ihm nie die mindeste Veranlassung gegeben habe, mich zu mißhandeln. Du kannst dies selbst aus dem getreuen Bericht abnehmen, den ich dir jetzt von allem machen werde, was von unserer Trennung an bis zur Ausführung seines verderblichen Planes vorgegangen ist.«

Alaeddin fing nun an, seiner Mutter zu erzählen, was ihm seit Freitag geschehen war, wo der Zauberer ihn abgeholt hatte, um die Paläste und Gärten außerhalb der Stadt mit ihm zu besehen; ferner, was ihm unterwegs bis zu dem Ort zwischen den zwei Bergen, wo das große Zauberwerk vor sich gehen sollte, zugestoßen, und wie infolge eines Rauchwerks, das ins Feuer geworfen worden, und einiger Zauberworte sich augenblicklich die Erde geöffnet habe, und der Eingang einer Höhle sichtbar geworden sei, die zu einem unschätzbaren Schatz geführt habe. Auch die Ohrfeige vergaß er nicht, und die Art, wie der Zauberer, nachdem er sich wieder ein wenig beruhigt, ihn durch große Versprechungen und durch Schenkung eines Ringes vermocht habe, in die Höhle hinabzusteigen. Sodann erzählte er ausführlich, was er auf seinem Hin— und Rückweg in den drei großen Sälen, im Garten und auf der Terrasse gesehen, und wie er dort die Wunderlampe geholt habe. Zugleich zog er sie aus seinem Busen und zeigte sie seiner Mutter samt den durchsichtigen und buntfarbigen Früchten, die er auf dem Rückweg aus dem Garten abgepflückt hatte. Auch gab er ihr die zwei vollen Beutel, aus denen sie sich aber wenig machte. Gleichwohl waren diese Früchte Edelsteine, deren sonnenheller Glanz beim Schein der Lampe, welche das Zimmer erhellte, auf ihren großen Wert hätten aufmerksam machen sollen; allein Alaeddins Mutter verstand sich auf dergleichen Sachen ebensowenig, als ihr Sohn. Sie war in großer Dürftigkeit aufgewachsen und ihr Mann war nicht vermögend genug gewesen, um ihr solche Kostbarkeiten zu schenken; auch bei ihren Verwandten und Nachbarinnen hatte sie nie dergleichen gesehen. Kein Wunder also, daß sie dieselben als wertlose Dinge betrachtete, die höchstens dazu gut wären, durch die Mannigfaltigkeit ihrer Farben das Auge zu ergötzen; daher Alaeddin sie hinter eines von den Polstern des Sofas schob, auf dem er saß. Er vollendete sodann die Erzählung des Abenteuers und sagte, wie er aus der Höhle habe wieder heraussteigen wollen, wie der Zauberer ihm die Lampe abgefordert und wie sich dann auf seine Weigerung infolge des Rauchwerks, das der Zauberer in das noch brennende Feuer geworfen, und einige dazu gesprochener Worte die Öffnung der Höhle augenblicklich wieder verschlossen habe. Nicht ohne Tränen vermochte er ihr den unglücklichen Zustand zu schildern, in dem er sich befunden, als er sich in der fatalen Höhle lebendig begraben gesehen habe, bis zu dem Augenblick, wo er infolge der Berührung des Ringes, dessen Eigenschaften er noch nicht gekannt, wieder hervor— und sozusagen zum zweitenmal auf die Welt gekommen sei. Als er seine Erzählung geendet hatte, sagte er zu seiner Mutter: »Das übrige brauche ich dir nicht erst zu sagen, es ist dir bekannt. Du siehst jetzt, welche Abenteuer und Gefahren ich seit unserer Trennung bestanden habe.«

Alaeddins Mutter hatte die Geduld, diese wunderbare und seltsame, zugleich aber für eine Mutter, die ihren Sohn trotz seiner Fehler zärtlich liebte, so schmerzliche Geschichte ohne Unterbrechung anzuhören. Nur bei den rührendsten Stellen, wo die Schändlichkeit des afrikanischen Zauberers recht ans Tageslicht kam, konnte sie ihren Abscheu nicht verbergen. Jetzt aber, da Alaeddin geendet hatte, ließ sie sich in tausend Schmähworte gegen den Betrüger aus; sie nannte ihn einen Verräter, einen Schurken, einen Unmenschen, einen Meuchelmörder, Lügner, Zauberer, einen Feind und Verderber des menschlichen Geschlechts. »Ja, mein Sohn«, fügte sie hinzu, »es ist ein Zauberer, und die Zauberer sind eine wahre Pest der Menschheit; sie haben vermöge ihrer Zaubereien und Hexereien Verkehr mit den bösen Geistern. Gott sei gelobt, der verhütet hat, daß seine entsetzliche Bosheit ihren Zweck an dir erreichte. Du bist ihm für die Gnade, die er an dir getan hat, großen Dank schuldig; dein Tod wäre unvermeidlich gewesen, wenn du dich nicht seiner erinnert und ihn um Hilfe angefleht hättest.« So sprach sie noch vieles andere, um ihren Abscheu gegen den Verrat des Zauberers auszudrücken. Endlich aber bemerkte sie, daß Alaeddin, der seit drei Tagen nicht geschlafen hatte, der Ruhe bedürftig war; sie brachte ihn daher zu Bett und legte sich bald darauf ebenfalls nieder.

Alaeddin, der an dem unterirdischen Orte, wo er mörderischerweise begraben gewesen, keine Ruhe genossen hatte, schlief die ganze Nacht fest und erwachte am anderen Morgen erst sehr spät. Er stand auf, und das erste, was er zu seiner Mutter sagte, war, daß er Hunger habe, und sie ihm kein größeres Vergnügen machen könnte, als wenn sie ihm ein Frühstück gäbe. »Ach, lieber Sohn«, antwortete sie, »ich habe auch nicht einen einzigen Bissen Brot; du hast gestern Abend den wenigen Vorrat, der noch zu Hause war, aufgegessen. Aber gedulde dich einen Augenblick, so werde ich dir bald etwas bringen. Ich habe etwas Baumwolle gesponnen, diese will ich verkaufen, um Brot und einiges zum Mittagessen anzuschaffen.« – »Liebe Mutter«, erwiderte Alaeddin, »hebe deine Baumwolle für ein anderes Mal auf und gib mir die Lampe, die ich gestern mitbrachte. Ich will sie verkaufen, und vielleicht löse ich so viel daraus, daß wir Frühstück und Mittagessen, und am Ende gar noch etwas für den Abend bestreiten können.«

Alaeddins Mutter holte die Lampe und sagte zu ihrem Sohne: »Da hast du sie, sie ist aber sehr schmutzig. Ich will sie ein wenig putzen, dann wird sie schon etwas mehr gelten.« Sie nahm Wasser und feinen Sand, um sie blank zu machen, aber kaum hatte sie angefangen, die Lampe zu reiben, als augenblicklich in Gegenwart ihres Sohnes ein scheußlicher Geist von riesenhafter Gestalt vor ihr aufstand und mit einer Donnerstimme zu ihr sprach: »Was willst du? Ich bin bereit, dir zu gehorchen als dein Sklave und als Sklave aller derer, welche die Lampe in der Hand haben, sowohl ich, als die anderen Sklaven der Lampe.«

Alaeddins Mutter war nicht imstande zu antworten. Ihr Auge vermochte die abscheuliche und schreckliche Gestalt des Geistes nicht zu ertragen, und sie war gleich bei seinen ersten Worten vor Angst in Ohnmacht gefallen.

Alaeddin dagegen, der schon in der Höhle eine ähnliche Erscheinung gehabt hatte, ergriff, ohne die Zeit oder Besinnung zu verlieren, schnell die Lampe und antwortete statt seiner Mutter mit festem Ton: »Ich habe Hunger, bring mir etwas zu essen.« Der Geist verschwand und kam im Augenblick wieder mit einem großen silbernen Becken auf dem Kopf, worin sich zwölf gedeckte Schüsseln von demselben Metall voll der ausgezeichnetsten Speisen nebst sechs Broten vom weißesten Mehl befanden, und zwei Flaschen des köstlichsten Weines, nebst zwei silbernen Schalen in der Hand. Er stellte alles zusammen auf das Sofa und verschwand sogleich.

Dies geschah in so kurzer Zeit, daß Alaeddins Mutter sich noch nicht von ihrer Ohnmacht erholt hatte, als der Geist zum zweitenmal verschwand. Alaeddin, der bereits, aber ohne Erfolg, angefangen hatte, ihr Wasser ins Gesicht zu spritzen, wollte dies eben wiederholen; allein sei es, daß ihre entflohenen Lebensgeister sich wieder gesammelt hatten, oder daß der Duft der Speisen, die der Geist gebracht, etwas dazu beitrug, kurz, sie kam augenblicklich wieder zu sich. »Liebe Mutter«, sagte Alaeddin zu ihr, »es ist weiter nichts, steh auf und iß: hier sind Sachen genug, um dein Herz zu stärken und zugleich meinen großen Hunger zu befriedigen. Wir wollen diese guten Speisen nicht kalt werden lassen, sondern essen.«

Alaeddins Mutter war außerordentlich erstaunt, als sie das große Becken, die zwölf Schüsseln, die sechs Brote, die zwei Flaschen nebst den zwei Schalen erblickte und den köstlichen Duft einatmete, der aus all den Platten emporstieg. »Mein Sohn«, sagte sie zu Alaeddin, »woher kommt uns dieser Überfluß und wem haben wir für solch reiches Geschenk zu danken? Sollte vielleicht der Sultan von unserer Armut gehört und sich unser erbarmt haben?« – »Liebe Mutter«, antwortete Alaeddin, »wir wollen uns jetzt zu Tisch setzen und essen, du bedarfst dessen so gut, als ich; deine Frage werde ich beantworten, wenn wir gefrühstückt haben.« Sie setzten sich zu Tisch und speisten mit um so größerem Appetit, als beide, Mutter und Sohn, sich nie an einer so wohlbesetzten Tafel befunden hatten.

Während der Mahlzeit konnte Alaeddins Mutter nicht aufhören, das Becken und die Schüsseln zu betrachten und zu bewundern, obgleich sie nicht recht wußte, ob sie von Silber oder einem anderen Metall waren: so ungewöhnlich war ihr der Anblick von dergleichen Dingen. Eigentlich war es bloß die Neuheit und nicht der Wert derselben, was sie in solche Bewunderung versetzte, denn sie verstand sich darauf so wenig, als ihr Sohn Alaeddin.

Alaeddin und seine Mutter, die nur ein einfaches Frühstück einzunehmen gedacht hatten, befanden sich um die Stunde des Mittagessens noch bei Tisch. Die trefflichen Speisen hatten ihre Eßlust noch mehr rege gemacht, und da sie noch warm waren, glaubten sie, nicht übel zu tun, wenn sie beide Mahlzeiten auf einmal abmachten, statt sich zweimal an den Tisch zu setzen. Nachdem die Doppelmahlzeit geendigt war, blieb ihnen noch so viel übrig, daß sie nicht nur ein Abendessen, sondern auch noch am folgenden Tage zwei tüchtige Mahlzeiten halten konnten.

 

Als Alaeddins Mutter abgetragen und das Fleisch, welches unberührt geblieben war, aufgehoben hatte, setzte sie sich zu ihrem Sohn auf das Sofa und sagte zu ihm: »Alaeddin, ich erwarte jetzt von dir, daß du meine Neugierde befriedigst und mir die versprochene Auskunft erteilst.« Alaeddin erzählte ihr umständlich alles, was während ihrer Ohnmacht zwischen dem Geist und ihm vorgegangen war.

Alaeddins Mutter geriet in große Verwunderung über die Erzählung ihres Sohnes und die Erscheinung des Geistes. »Aber, mein Sohn«, sagte sie, »was willst du denn eigentlich sagen mit deinen Geistern? So lange ich auf der Welt bin, habe ich nie sagen gehört, daß jemand von allen meinen Bekannten einen Geist gesehen hätte. Durch welchen Zufall ist dieser garstige Geist zu mir gekommen? Warum hat er sich an mich gewendet und nicht an dich, da er dir doch schon in der Schatzhöhle einmal erschienen war?«

»Liebe Mutter«, erwiderte Alaeddin, »der Geist, welcher dir erschienen, ist nicht derselbe, der mir erschien. Sie haben zwar einige Ähnlichkeit in Beziehung auf ihre Riesengröße, aber an Gesichtsbildung und Kleidung sind sie gänzlich voneinander verschieden und gehören auch verschiedenen Herren an. Du wirst dich noch erinneren, daß derjenige, den ich sah, sich einen Sklaven des Rings nannte, den ich am Finger habe, während der soeben erschienene sagte, er sei Sklave der Lampe, die du in der Hand hattest; doch ich glaube nicht, daß du es gehört hast, denn, wie mich dünkt, fielst du sogleich in Ohnmacht, als er zu reden anfing.«

»Wie!« rief Alaeddins Mutter, »also deine Lampe ist schuld, daß dieser verwünschte Geist sich an mich gewendet hat, statt an dich? Ach, lieber Sohn, schaffe sie mir sogleich aus den Augen und hebe sie auf, wo du willst, ich mag sie nicht mehr anrühren. Eher lasse ich sie wegwerfen oder verkaufen, als daß ich Gefahr laufe, bei Berührung derselben vor Angst zu sterben. Folge mir und tue auch den Ring ab. Man muß keinen Verkehr mit Geistern haben: es sind Teufel und unser Prophet hat es gesagt.«

»Mit deiner Erlaubnis, liebe Mutter«, antwortet Alaeddin, »werde ich mich jetzt wohl hüten, eine Lampe, die uns beiden so nützlich werden kann, zu verkaufen, wie ich soeben noch im Sinne hatte. Siehst du denn nicht, was sie uns erst vor einigen Augenblicken verschafft hat? Sie soll uns jetzt fortwährend Nahrung und Lebensunterhalt besorgen. Du kannst dir, wie ich, leicht denken, daß mein garstiger, falscher Oheim sich nicht ohne Grund so viel Mühe gegeben und eine so weite und beschwerliche Reise unternommen hat, da er nach dem Besitz dieser Wunderlampe trachtete, die er allem Gold und Silber, das er in den Sälen wußte, und das ich, wie er es mir beschrieben, mit meinen eigen Augen sah, vorgezogen hatte. Er kannte den Wert und die herrlichen Eigenschaften dieser Lampe zu gut, um sich von dem übrigen reichen Schatz noch etwas zu wünschen. Da nun der Zufall uns ihre geheime Kraft entdeckt hat, so wollen wir den möglichst vorteilhaften Gebrauch davon machen, aber ohne Aufsehen zu erregen, damit unsere Nachbarn nicht neidisch und eifersüchtig werden. Ich will sie dir übrigens gern aus den Augen schaffen und an einem Ort aufheben, wo ich sie finden kann, wann ich sie brauche, da du so große Angst vor den Geistern hast. Auch den Ring wegzuwerfen, kann ich mich unmöglich entschließen. Ohne diesen Ring hättest du mich nie wieder gesehen, und ohne ihn würde ich jetzt entweder nicht mehr, oder höchstens noch auf einige Augenblicke leben. Du wirst mir daher erlauben, daß ich ihn behalte und immer mit großer Behutsamkeit am Finger trage. Wer weiß, ob mir nicht irgend einmal eine andere Gefahr zustößt, die wir beide nicht voraussehen können, und aus der er mich vielleicht befreit?« Da Alaeddins Bemerkung sehr richtig schien, so wußte seine Mutter nichts mehr einzuwenden. »Lieber Sohn«, sagte sie zu ihm, »du kannst handeln, wie du es für gut hältst; ich für meinen Teil mag mit Geistern nichts zu tun haben. Ich erkläre dir hiermit, daß ich meine Hände in Unschuld wasche, und nie mehr mit dir davon reden werden.«

Am anderen Tag nach dem Abendessen war von den herrlichen Speisen, die der Geist gebracht hatte, nichts mehr übrig; Alaeddin, der nicht solange warten wollte, bis der Hunger ihn drängte, nahm daher am dritten Morgen eine der silbernen Schüsseln unter seine Kleider und ging aus, um sie zu verkaufen. Er wandte sich an einen Juden, der ihm begegnete, nahm ihm beiseite, zeigte ihm die Schüssel und fragte, ob er wohl Lust dazu hätte.

Der Jude, ein schlauer und verschmitzter Bursche, nahm die Schüssel, untersuchte sie, und da er erkannte, daß sie von echtem Silber war, fragte er Alaeddin, was er dafür verlange. Alaeddin, der ihren Wert nicht verstand und nie mit solchen Waren Handel getrieben hatte, sagte ihm bloß, er werde wohl am besten wissen, was die Schüssel wert sei, und er verlasse sich hierin ganz auf seine Ehrlichkeit. Der Jude geriet wirklich in Verlegenheit über die Offenherzigkeit Alaeddins. Da er nicht wußte, ob Alaeddin den Wert seiner Ware wirklich kannte oder nicht, zog er ein Goldstück aus seinem Beutel, das höchstens den zweiundsiebzigsten Teil vom wahren Wert der Schüssel betrug, und bot es ihm an. Alaeddin nahm das Goldstück mit großer Freudigkeit, und sobald er es in der Hand hatte, lief er so schnell davon, daß der Jude, mit seinem ungeheuren Gewinn bei diesem Kaufe nicht zufrieden, sich sehr darüber ärgerte, daß er Alaeddins gänzliche Unwissenheit über den Wert für die Schüssel nicht besser erraten und ihm noch weniger geboten hatte. Er geriet in Versuchung, dem jungen Menschen nachzulaufen, ob er nicht etwas von seinem Goldstück herausbekommen könnte; allein Alaeddin ging schnell und war schon so weit entfernt, daß er ihn schwerlich eingeholt hätte.

Auf dem Heimweg blieb Alaeddin bei einem Bäckerladen stehen, kaufte einen Vorrat Brot und bezahlte ihn mit dem Goldstück, das der Bäcker ihm wechselte. Als er nach Hause kam, gab er das übrige Geld seiner Mutter, die auf den Markt ging, um für sie beide die nötigen Lebensmittel auf einige Tage einzukaufen.

So lebten sie eine Zeitlang fort, d. h. Alaeddin verkaufte alle zwölf Schüsseln, eine nach der andern, so wie das Geld im Hause ausgegangen war, an den Juden. Der Jude, der für die erste ein Goldstück gegeben hatte, wagte es nicht, für die übrigen weniger zu bieten, und bezahlte alle mit derselben Münze, um einen so guten Handel nicht auszulassen. Als das Geld von der letzten Schüssel ausgegeben war, nahm Alaeddin seine Zuflucht zu dem Becken, das allein zehnmal mehr wog, als jede Schüssel. Er wollte es einem gewöhnlichen Kaufmann bringen, allein es war ihm zu schwer. Somit mußte er den Juden aufsuchen und ihn in sein Haus führen; dieser prüfte das Gewicht des Beckens und zahlte ihm auf der Stelle zehn Goldstücke, womit Alaeddin auch zufrieden war.

So lange die Goldstücke dauerten, wurden sie für die täglichen Ausgaben der Hauswirtschaft verwendet. Alaeddin hatte indes, obschon er ans Müßiggehen gewöhnt war, seit seinem Abenteuer mit dem afrikanischen Zauberer nicht mehr mit den jungen Leuten seines Alters gespielt. Er brachte seine Tage mit Spazierengehen zu, oder unterhielt sich mit älteren Leuten, deren Bekanntschaft er gemacht hatte. Oft blieb er auch bei den Läden der großen Kaufleute stehen und horchte aufmerksam auf die Gespräche vornehmer Männer, die sich hier eine Zeitlang aufhielten, oder sich hierher bestellt hatten: und diese Gespräche gaben ihm allmählich einigen Anstrich von Weltkenntnis.

Als von den zehn Goldstücken nichts mehr übrig war, nahm Alaeddin seine Zuflucht zur Lampe. Er nahm sie in die Hand, suchte die Stelle, welche seine Mutter berührt hatte, und als er sie an dem Eindruck des Sandes erkannte, rieb er sie ebenso, wie sie getan hatte. Sogleich erschien ihm wieder derselbe Geist, der sich schon einmal gezeigt hatte; da aber Alaeddin die Lampe sanfter gerieben hatte, als seine Mutter, so sprach er diesmal in einem müderen Tone dieselben Worte wie vorhin: »Was willst du? ich bin bereit, dir zu gehorchen als dein Sklave und als Sklave aller derer, welche die Lampe in der Hand haben, sowohl ich, als die anderen Sklaven der Lampe.« Alaeddin antwortete ihm. »Mich hungert, bring mir zu essen.« Der Geist verschwand und erschien in einigen Augenblicken wieder mit einem ähnlichen Tafelzeug, wie das erste Mal, stellte es auf das Sofa und verschwand wieder.

Alaeddins Mutter war, da sie das Vorhaben ihres Sohnes wußte, absichtlich ausgegangen, um bei der Erscheinung des Geistes nicht zu Hause zu sein. Sie kam bald darauf zurück, und als sie die Tafel und den Schenktisch so wohl besetzt sah, erstaunte sie über die wunderbare Wirkung der Lampe beinahe ebenso, wie das erste Mal. Alaeddin und seine Mutter setzten sich zu Tisch, und nach dem Mahl blieb ihnen noch so viel übrig, daß sie die beiden folgenden Tage behaglich davon leben konnten.

Als Alaeddin sah, daß weder Brot, noch Lebensmittel noch Geld mehr zu Hause war, nahm er eine silberne Schüssel und suchte den Juden, den er kannte, auf, um sie zu verkaufen. Auf dem Weg zu ihm kam er an dem Laden eines Goldschmieds vorüber, der durch sein Alter ehrwürdig und zugleich ein ehrlicher und rechtschaffener Mann war. Der Goldschmied bemerkte ihn, und rief ihm, er möchte hereintreten. »Mein Sohn«, sagte er zu ihm, »ich habe dich schon mehrere Male mit derselben Ware wie jetzt vorbeigehen, den und den Juden aufsuchen und bald darauf mit leeren Händen zurückkommen sehen. Dies hat mich auf den Gedanken gebracht, daß du das, was du trägst, jedesmal an ihn verkaufst. Aber du weißt vielleicht nicht, daß dieser Jude ein Betrüger und zwar ein ärgerer Betrüger ist, als die anderen Juden, und daß niemand, der ihn kennt, mit ihm zu tun haben will. Im übrigen sage ich dir dieses bloß aus Gefälligkeit. Wenn du mir zeigen willst, was du jetzt in der Hand hast, und es dir feil ist, so will ich dir den wahren Wert getreulich ausbezahlen, wofern ich es brauchen kann; wo nicht, so will ich dich an andere Kaufleute weisen, die dich nicht betrügen werden.«

In der Hoffnung, noch mehr Geld für seine Schüssel zu lösen, zog Alaeddin sie sogleich unter seinem Kleid hervor und zeigte sie dem Goldschmied. Der Greis, der auf den ersten Blick erkannte, daß sie vom feinsten Silber war, fragte ihn, ob er wohl schon ähnliche an den Juden verkauft und was er von ihm dafür erhalten habe. Alaeddin gestand offenherzig, daß er schon zwölf solche verkauft und der Jude ihm für jede ein einziges Goldstück bezahlt habe. »Ha, der Spitzbube!« rief der Goldschmied, »Mein Sohn«, fügte er hinzu, »was geschehen ist, ist geschehen, und man muß nicht mehr daran denken; aber wenn ich dir jetzt den wahren Wert deiner Schüssel entdecke, die vom feinsten Silber ist, das nur irgend von uns verarbeitet wird, so wirst du einsehen, wie sehr der Jude dich betrogen hat.«

Der Goldschmied nahm die Waage, wog die Schüssel und nachdem er Alaeddin auseinandergesetzt hatte, was eine Mark Silber sei, welchen Wert und welche Unterabteilungen sie habe, machte er ihm begreiflich, daß diese Schüssel ihrem Gewicht nach zweiundsiebzig Goldstücke wert sei, die er ihm sogleich blank ausbezahlte. »Da hast du«, sagte er, »den wahren Betrag deiner Schüssel. Wenn du noch daran zweifelst, so kannst du dich nach Belieben an jeden anderen von unsern Goldschmieden wenden, und wenn dir einer sagt, daß sie mehr wert sei, so mache ich mich anheischig, dir das Doppelte dafür zu bezahlen. Wir gewinnen an dem Silberwerk, das wir kaufen, nichts, als die Arbeit und die Form, und damit begnügt sich kein Jude, wenn er auch noch so ehrlich wäre.«

Alaeddin dankte dem Goldschmied sehr für den guten Rat, den er ihm gegeben hatte, und von dem er bereits einen so großen Nutzen zog. In der Folge verkaufte er auch die übrigen Schüsseln, sowie das Becken, bloß noch an ihn und erhielt von allem den vollen Wert je nach dem Gewicht. Obwohl nun Alaeddin und seine Mutter eine unversiegbare Geldquelle an ihrer Lampe hatten, kraft der sie sich nach Herzenswunsch mit Geld versehen konnten, sobald es ihnen ausging, so lebten sie dennoch fortwährend ebenso mäßig, wie zuvor, nur daß Alaeddin einiges auf die Seite legte, um anständig auftreten zu können und verschiedene Bequemlichkeiten für ihre kleine Wirtschaft anzuschaffen. Seine Mutter dagegen verwendete auf ihre Kleider nichts, als was ihr das Baumwollespinnen einbrachte. Bei dieser nüchternen Lebensweise kann man sich leicht denken, daß das Gold, das Alaeddin für seine zwölf Schüsseln und das Becken von dem Goldschmied erhalten hatte, lange ausreichte. So lebten sie denn mehrere Jahre lang von dem guten Gebrauch, den Alaeddin von Zeit zu Zeit von seiner Lampe machte.

 

In dieser Zwischenzeit hatte Alaeddin, der es nicht unterließ, sich sehr fleißig bei den Zusammenkünften angesehener Personen in den Läden der bedeutendsten Kaufleute, die mit Gold, Silber, Seidenstoffen, den feinsten Schleiertüchern und Juwelen handelten, einzufinden und bisweilen sogar an ihren Unterhaltungen teilzunehmen, sich vollends ausgebildet und allmählich alle Manieren der feinen Weltleute angenommen. Namentlich bei den Juwelenhändlern kam er von dem Irrwahn ab, als wären die durchsichtigen Früchte, die er in dem Garten, wo die Lampe stand, gepflückt hatte, bloß buntfarbiges Glas; er erfuhr hier, daß es sehr kostbare Edelsteine waren. Da er täglich in diesen Läden alle Arten solcher Edelsteine kaufen und verkaufen sah, lernte er sie nach ihrem Wert kennen und schätzen, da er nirgends so schöne und große bemerkte, wie die seinigen, so begriff er wohl, daß er statt der Glasscherben, die er für Kleinigkeiten geachtet hatte, einen Schatz von unschätzbarem Wert besaß. Indes war er klug genug, niemanden etwas davon zu sagen, selbst seiner Mutter nicht, und ohne Zweifel verdankte er diesem Stillschweigen das hohe Glück, zu dem wir ihn in der Folge emporsteigen sehen werden.

Eines Tages, als er in der Stadt spazieren ging, hörte Alaeddin mit lauter Stimme einen Befehl des Sultans ausrufen, daß jedermann seinen Laden und seine Haustür schließen und sich ins Innere seiner Wohnung zurückziehen solle, bis die Prinzessin Bedrulbudur, die Tochter des Sultans, die sich baden wollte, vorübergegangen und wieder zurückgekehrt sein würde.Noch heutzutage ist es den Persern verboten, die Frauen des Königs auf der Straße zu sehen.

Dieser öffentliche Aufruf erweckte in Alaeddin den Wunsch, die Prinzessin entschleiert zu sehen. Er mußte sich zu diesem Behuf in das Haus eines Bekannten begeben und dort hinter ein Gitterfenster stellen; allein dies war ihm nicht genug, da die Prinzessin, dem Brauch gemäß, auf ihrem Weg ins Bad einen Schleier vor ihrem Gesicht haben mußte. Um seine Neugierde zu befriedigen, ersann er endlich ein Mittel, das ihm glückte. Er stellte sich nämlich hinter die Tür des Bades, das so eingerichtet war, daß er sie unfehlbar von Angesicht sehen mußte.

Alaeddin durfte nicht lange warten: die Prinzessin erschien, und er betrachtete sie durch einen Ritz, der groß genug war, daß er sehen konnte, ohne gesehen zu werden. Sie kam in Begleitung von einer großen Anzahl ihrer Frauen und Verschnittenen, die teils neben ihr, teils hinter ihr hergingen. Drei oder vier Schritte vor der Tür des Bades nahm sie den Schleier ab, der ihr Gesicht bedeckte und ihr sehr unbequem war, und auf diese Art sah Alaeddin sie um so bequemer, da sie gerade auf ihn zukam. Alaeddin hatte bis dahin noch nie eine Frau mit entschleiertem Gesicht gesehen, als seine Mutter, die schon alt und überhaupt niemals so hübsch gewesen war, daß er von ihr einen Schluß auf die Schönheit anderer Frauen hätte machen können. Zwar hatte er wohl gehört, daß es Frauen von ausgezeichneter Schönheit gebe, allein alle auch noch so begeisterten Schilderungen von einer Schönheit können nie einen so tiefen Eindruck machen, wie ihr Anblick selbst.

Als Alaeddin die Prinzessin Bedrulbudur gesehen hatte, gab er seine bisherige Meinung, als ob alle Frauen mehr oder weniger seiner Mutter glichen, auf. Ganz andere Empfindungen stiegen in ihm auf, und sein Herz konnte dem bezaubernden Mädchen die höchste Zuneigung nicht versagen. Wirklich war die Prinzessin auch die schönste Brünette, die man auf der Welt sehen kann. Sie hatte große, regelmäßige, lebhafte und feurige Augen, einen sanften und sittsamen Blick, eine proportionierte Nase ohne allen Tadel, einen kleinen Mund, rosenrote und durch ihr schönes Ebenmaß wahrhaft bezaubernde Lippen; mit einem Wort, alle ihre Gesichtszüge waren höchst anmutig und regelmäßig. Was Wunder, daß Alaeddin bei dem Blick einer so seltenen Vereinigung von Schönheiten, die ihm ganz neu waren, geblendet wurde und beinahe außer sich geriet! Außer diesen Vollkommenheiten hatte die Prinzessin einen üppigen Wuchs und eine majestätische Haltung, deren Anblick allein schon die ihr gebührende Ehrfurcht einflößte.

Als die Prinzessin ins Bad hineingegangen war, blieb Alaeddin eine Weile ganz verwirrt und wie entzückt stehen, indem er sich unaufhörlich das reizende Bild vor die Seele rief, das ihn im Innersten seines Herzens ergriffen und bezaubert hatte. Endlich kam er wieder zur Besinnung, und da er bedachte, daß die Prinzessin bereits vorübergegangen war, und er vergebens seinen Posten länger behaupten würde, um sie beim Herausgehen aus dem Bad wieder zu sehen, indem sie ihm da den Rücken kehren und verschleiert sein müßte, so beschloß er, den Ort zu verlassen und sich hinweg zu begeben.

Als Alaeddin nach Hause kam, konnte er seine Verwirrung und Unruhe nicht so verbergen, daß seine Mutter nichts gemerkt hätte. Sie war sehr erstaunt, ihn gegen seine Gewohnheit so traurig und nachdenklich zu sehen und fragte ihn, ob ihm etwas Unangenehmes begegnet sei, oder ob er sich unwohl befinde. Alaeddin aber gab keine Antwort, sondern setzte sich nachlässig auf das Sofa, wo er unverändert in derselben Stellung blieb, fortwährend damit beschäftigt, sich das reizende Bild der Prinzessin Bedrulbudur zu vergegenwärtigen. Seine Mutter bereitete das Abendessen und drang nicht weiter in ihn. Als das Mahl fertig war, stellte sie es neben ihn auf das Sofa und setzte sich zu Tische; da sie aber sah, daß ihr Sohn gar nicht darauf achtete, so sprach sie ihm zu, er solle doch essen, und nur mit viel Mühe brachte sie ihn dahin, daß er seine Lage änderte. Er aß viel weniger als gewöhnlich, hatte die Augen immer niedergeschlagen und beobachtete ein so tiefes Stillschweigen, daß es seiner Mutter unmöglich war, ihm auch nur ein einziges Wort zu entlocken, so sehr sie auch in ihn drang, er solle ihr die Ursache dieser außerordentlichen Veränderungen mitteilen.

Nach dem Abendessen wollte sie von neuem anfangen, ihn zu fragen, warum er denn so schwermütig sei, allein sie konnte nichts aus ihm herausbringen, und Alaeddin ging zu Bett, ohne seine Mutter im mindesten zufriedengestellt zu haben.

Wir wollen es ununtersucht lassen, wie Alaeddin, dem die Schönheit und die Reize der Prinzessin Bedrulbudur den Kopf verrückt hatten, die Nacht zubrachte; nur so viel wollen wir bemerken, daß er sich am anderen Morgen wieder auf das Sofa setzte und mit seiner Mutter, die ihm gegenüber saß und wie gewöhnlich Baumwolle spann, folgendes Gespräch anfing. »Liebe Mutter«, sagte er zu ihr, »ich will jetzt das Stillschweigen brechen, das ich seit meiner Nachhausekunft gestern beobachtet habe. Es hat dir Kummer gemacht und das ist mir nicht entgangen. Ich war nicht krank, wie du zu glauben schienst, und bin es auch jetzt nicht. Aber soviel kann ich dir sagen, daß das, was ich empfand und was ich noch fortwährend empfinde, etwas weit Schlimmeres ist, als eine Krankheit. Zwar weiß ich nicht recht, wie man dieses Übel nennt, aber ich zweifle nicht, daß du es aus dem erkennen wirst, was ich dir jetzt sagen will.«