Za darmo

Tausend Und Eine Nacht

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Geschichte der Prinzessin von

Auf einer Insel liegt eine große Stadt, Namens Deryabar. Hier herrschte lange Zeit ein mächtiger, reicher und tugendhafter König. Er hatte keine Kinder, und dies allein mangelte zu seinem Glück. Unablässig bat er den Himmel darum, aber er wurde nur halb erhört, denn nach langem Harren brachte die Königin, seine Gemahlin, nur eine Tochter zur Welt.

Diese unglückliche Prinzessin bin ich. Mein Vater war über meine Geburt mehr ärgerlich als erfreut, doch unterwarf er sich dem Willen Gottes. Er ließ mich mit aller erdenklichen Sorgfalt erziehen, und da er keinen Sohn hatte, beschloß er, mich die Regierungskunst zu lehren, damit ich einst nach ihm seinen Thron besteigen sollte.

Eines Tages, als er sich auf der Jagd belustigte, erblickte er einen wilden Esel, Er verfolgte ihn, kam von seiner Jagdbegleitung ab und seine Hitze verleitete ihn, ihm bis in die Nacht nachzusetzen, ohne an ein Verirren zu denken. Endlich stieg er vom Pferd und setzte sich am Eingang eines Gehölzes, in das sich der Esel geworfen hatte. Kaum war die Nacht angebrochen, als er zwischen den Bäumen ein Licht bemerkte, woraus er schloß, daß er nicht weit von einem Dorf entfernt sei. Er freute sich dessen in der Hoffnung, die Nacht dort zuzubringen und jemand zu seinem Gefolge schicken zu können, um ihnen zu melden, wo er wäre. Er stand also auf und ging gegen das Licht zu, das ihm als Leitstern diente.

Bald erkannte er, daß er sich getäuscht hatte. Das Licht war nichts anderes als ein Feuer, das in einer Hütte brannte. Er näherte sich und sah mit Erstaunen einen großen schwarzen Mann, oder vielmehr einen schrecklichen Riesen, der auf einem Sofa saß. Das Ungeheuer hatte einen großen Krug mit Wein vor sich stehen und briet auf den Kohlen einen Ochsen, dem er soeben die Haut abgezogen hatte. Bald. nahm er den Krug an den Mund, bald zerstückte er den Ochsen und fraß davon. Was aber die Aufmerksamkeit des Königs, meines Vaters, am meisten auf sich zog, war eine sehr schöne Frau, die er in der Hütte erblickte. Sie schien in tiefe Traurigkeit versunken, ihre Hände waren gebunden, und zu ihren Füßen lag ein kleines Kind von zwei bis drei Jahren, das ohne Unterlaß weinte und die Luft mit seinem Geschrei erfüllte, gleich als ob es das Unglück seiner Mutter mitempfände.

Gerührt von diesem jammervollen Anblick wollte mein Vater anfangs in die Hütte stürzen und den Riesen angreifen; allein der Gedanke, daß der Kampf gar zu ungleich sein würde, hielt ihn zurück, und er beschloß, da er mit offener Gewalt nichts ausrichten konnte, ihn durch List zu überwältigen. Indes wandte sich der Riese, nachdem er den Krug geleert und den Ochsen mehr als zur Hälfte aufgefressen hatte, zu der Frau und sagte ihr: »Schöne Prinzessin, warum zwingst du mich durch deine Hartnäckigkeit, dich mit Strenge zu behandeln? Es steht ganz in deiner Hand, glücklich zu werden: du darfst dich nur entschließen, mich zu lieben und mir treu zu bleiben, so werde ich viel sanfter gegen dich sein.« – »Garstiger Waldteufel!« antwortete die Frau, »hoffe nicht, daß die Zeit meinen Abscheu vor dir vermindere, du wirst in meinen Augen immer ein Ungeheuer sein.« Diese Worte wurden mit so viel Schimpfreden begleitet, daß der Riese in Zorn geriet.

»Das ist zu viel!« rief er mit wütendem Ton; »meine verschmähte Liebe verwandelt sich in Wut. Dein Haß erregt nunmehr auch den meinigen; ich fühle, daß er über meine Begierden siegt, und ich wünsche jetzt noch heißer deinen Tod, als ich bisher deinen Besitz gewünscht hatte.« So sprechend ergriff er die Frau an den Haaren, hob sie mit der einen Hand in die Luft, zog mit der anderen seinen Säbel und war eben im Begriff, ihr den Kopf abzuhauen, als der König, mein Vater, einen Pfeil abschoß, der dem Riesen in den Bauch fuhr, so daß er taumelte und alsbald tot niederstürzte.

Mein Vater trat nun in die Hütte, band die Frau los und fragte sie, wer sie wäre, und infolge welchen Abenteuers sie sich hier befände. »Herr«, antwortete sie, »am Ufer des Meeres wohnen einige sarazenische Stämme, deren Oberhaupt und Fürst mein Gemahl ist. Der Riese, den du soeben getötet hast, war einer seiner vornehmsten Offiziere; der Elende entbrannte von heftiger Leidenschaft gegen mich, die er aber sorgfältig verhehlte, bis er eine günstige Gelegenheit fand, seinen Plan ins Werk zu setzen und mich zu rauben. Das Glück begünstigt öfter schlechte Unternehmungen, als gute Vorsätze. Eines Tages überfiel mich der Riese samt meinem Kind an einem abgelegenen Ort, nahm uns beide mit sich fort, und um alle Nachforschungen, die er von Seite meines Gemahls zu befürchten hatte, zu vereiteln, verließ er das Land der Sarazenen und brachte uns in dieses Gehölz, wo er mich seit einigen Tagen festhielt. So beklagenswert nun auch mein Schicksal ist, so ist es mir immerhin ein geheimer Trost, daß der Riese, obgleich er tierisch, roh und verliebt war, doch keine Gewalt gebraucht hat, um das zu erlangen, was ich seinen Bitten stets versagt habe. Er hat mir zwar hundertmal gedroht, er würde zum Äußersten schreiten, wenn er meinen Widerstand nicht anders überwinden könne; und ich gestehe dir, daß ich soeben, als ich durch meine Reden seinen Zorn reizte, mehr für meine Ehre als für mein Leben in Sorgen war.«

»Dies, mein Herr«, fuhr die Gemahlin des sarazenischen Herrn fort, »ist meine Geschichte; ich zweifle nicht, daß du sie mitleidswürdig genug finden wirst, um die großmütige Hilfe, die du mir gebracht hast, nicht zu bereuen.« – »Ja, edle Frau«, sagte mein Vater, »dein Unglück hat mich gerührt, es geht mir tief zu Herzen; ich werde jedoch nichts versäumen, um dir ein besseres Los zu bereiten. Morgen, sobald der Tag die Schatten der Nacht zerstreut haben wird, wollen wir diesen Wald verlassen und den Weg nach der großen Stadt Deryabar suchen, deren Beherrscher ich bin, und wenn es dir so genehm ist, so wirst du in meinem Palast wohnen, bis dein königlicher Gemahl kommt, um dich abzuholen.«

Die sarazenische Fürstin nahm den Vorschlag an und ging am folgenden Tag mit dem König, meinem Vater, der am Ausgang des Waldes all seine Leute traf. Sie hatten ihn die ganze Nacht durch gesucht und waren sehr in Sorgen um ihn. Um so größer war ihre Freude, als sie ihn wieder fanden; aber sie verwunderten sich sehr, da sie ihn in Gesellschaft einer Frau sahen, deren Schönheit sie in Erstaunen setzte. Er erzählte ihnen, auf was für Art er sie gefunden und welcher Gefahr er sich ausgesetzt, indem er sich der Hütte näherte; denn der Riese würde ihn unfehlbar getötet haben, wenn er ihn bemerkt hätte. Einer der Offiziere nahm die Fürstin hinter sich auf sein Pferd, und ein anderer trug das Kind.

In diesem Aufzug gelangten sie In den Palast des Königs, meines Vaters, welcher der schönen Sarazenin eine Wohnung einräumte und ihr Kind mit vieler Sorgfalt erziehen ließ. Die Fürstin war nicht unempfindlich gegen die Güte des Königs und bewies sich ihm so erkenntlich, als er nur wünschen mochte. Anfangs wurde sie sehr unruhig und ungeduldig darüber, daß ihr Gemahl sie nicht abholte, nach und nach aber beruhigte sie sich, die Aufmerksamkeiten meines Vaters beschwichtigten ihre Ungeduld, und ich glaube, sie hätte es dem Schicksal weniger Dank gewußt, wenn es sie zu den Ihrigen zurückgeführt hätte, als daß es sie von ihnen entfernt hatte.

Indessen wurde der Sohn der Fürstin groß. Er war sehr wohlgebildet, und da es ihm auch nicht an Geist fehlte, so wurde es ihm leicht, dem König, meinem Vater, zu gefallen, der große Zuneigung zu ihm faßte. Alle Höflinge bemerkten dies und dachten, der Jüngling würde mich heiraten. In dieser Voraussetzung, und da sie ihn bereits als den Kronerben betrachteten, machten sie ihm den Hof, und jeder beeiferte sich, sein Vertrauen zu gewinnen. Er durchschaute den Grund ihrer Anhänglichkeit, freute sich darüber, verlor den Abstand zwischen uns gänzlich aus den Augen und schmeichelte sich mit der Hoffnung, mein Vater liebe ihn so sehr, daß er ihn bei dieser Verbindung allen Prinzen der Welt vorziehen würde. Er tat noch mehr: da der König für seine Wünsche zu lange säumte, ihm meine Hand anzubieten, so hatte er die Kühnheit, ihn darum zu bitten. So strafbar nun auch diese Dreistigkeit war, so begnügte sich mein Vater doch mit der Erklärung, er habe andere Absichten mit mir und sehe ihn darum nicht scheel an. Den jungen Mann aber erbitterte diese abschlägige Antwort; der Stolze fühlte sich durch diese Verschmähung seiner Bewerbung so beleidigt, wie wenn er um ein Mädchen aus dem gemeinen Volk angehalten hätte, oder von gleicher Geburt mit mir gewesen wäre. Er ließ es dabei nicht bewenden, sondern beschloß, sich an dem König zu rächen, und mit einer Undankbarkeit, wovon es wenige Beispiele gibt, zettelte er eine Verschwörung gegen ihn an, ermordete ihn und ließ sich von einer großen Anzahl Mißvergnügter, deren Unzufriedenheit er zu benutzen wußte, zum König von Deryabar ausrufen. Als er nun meinen Vater aus dem Wege geräumt hatte, war sein Erstes, daß er an der Spitze eines Teiles seiner Mitverschwornen in mein Zimmer drang. Er wollte mich entweder töten oder mit Gewalt zwingen, ihn zu heiraten; aber ich hatte Zeit gehabt, ihm zu entrinnen. Während er meinen Vater erwürgte, war der Großvezier, ein stets getreuer Diener seines Herrn, gekommen, hatte mich aus dem Palast geführt und bei einem seiner Freunde in Sicherheit gebracht. Dort hielt er mich solange verborgen, bis ein Schiff, das er heimlich hatte ausrüsten lassen, imstande war, unter Segel zu gehen. Alsdann verließ ich die Insel ohne eine andere Begleitung als eine Hofmeisterin und diesen edelmütigen Minister, der lieber der Tochter seines Herrn folgen und ihr Unglück teilen, als dem Tyrannen gehorchen wollte.

Der Großvezier beabsichtigte, mich an die Höfe der benachbarten Könige zu führen, sie um Beistand anzuflehen und zur Rache der Ermordung meines Vaters aufzufordern; allein der Himmel begünstigte einen Vorsatz, der uns so vernünftig schien, nicht. Nachdem wir einige Tage fortgesegelt waren, erhob sich ein so gewaltiger Sturm, daß unser Schiff, trotz der Geschicklichkeit unserer Matrosen, durch die Gewalt der Winde und Wellen an einen Felsen geschleudert wurde und scheiterte. Ich will mich nicht mit der Beschreibung dieses Schiffbruches aufhalten. Meine Schilderung, wie die Hofmeisterin, der Großvezier und die ganze Mannschaft des Schiffes von den Abgründen des Meeres verschlungen wurden, könnte nur schlecht ausfallen. Der Schrecken, der sich meiner bemächtigt hatte, erlaubte mir nicht, die ganze Entsetzlichkeit unseres Loses einzusehen. Ich verlor das Bewußtsein, und sei es nun, daß einige Trümmer des Schiffes mich an das Ufer trugen, oder daß der Himmel, der mich zu weiterem Unglück aufsparte, ein Wunder tat, um mich zu retten: genug, als ich wieder zur Besinnung kam, befand ich mich am Ufer.

 

Das Unglück macht uns oft ungerecht. Statt Gott für die besondere Gnade, die er mir angedeihen ließ, zu danken, erhob ich die Augen nur zum Himmel, um ihm Vorwürfe über meine Rettung zu machen. Es fiel mir nicht ein, den Vezier und meine Hofmeisterin zu beweinen, im Gegenteil beneidete ich ihr Schicksal, und nach und nach wurde meine Vernunft durch die furchtbaren Vorstellungen, die mich beunruhigten, so verwirrt, daß ich den Entschluß faßte, mich ins Meer zu stürzen. Schon war ich im Begriff hineinzuspringen, als ich hinter mir ein großes Getöse von Menschen und Pferden hörte. Ich drehte mich sogleich um, um zu sehen, was es wäre, und erblickte mehrere bewaffnete Reiter, unter denen einer ein arabisches Pferd ritt. Er hatte einen silbergestickten Rock mit einem Gürtel aus Edelsteinen und eine Krone auf dem Haupt. Hätte ich ihn auch nicht an seiner Kleidung als den Herrn der übrigen erkannt, so hätte ich es aus dem edlen Anstand schließen müssen, den seine ganze Erscheinung hatte. Er war ein ausgezeichnet wohlgebildeter Jüngling und schöner als der Tag. Verwundert, an diesem Ort ein junges Mädchen allein zu finden, schickte er einige seiner Offiziere ab und ließ mich fragen, wer ich wäre. Ich antwortete ihnen nur durch Tränen. Da das Ufer mit den Trümmern unseres Schiffes bedeckt war, so schlossen sie daraus, ein Fahrzeug müsse hier gescheitert sein, und ohne Zweifel habe ich mich aus dem Schiffbruch gerettet. Diese Vermutung und die tiefe Betrübnis, die ich an den Tag legte, reizten die Neugierde der Offiziere, sie fingen an, tausend Fragen an mich zu stellen und versicherten mir, ihr König sei ein großmütiger Fürst, an dessen Hof ich gewiß Trost finden würde.

Der König, dem seine Offiziere zu lange ausblieben und der sehr gern auf der Stelle erfahren hätte, wer ich wäre, ritt nun selbst auf mich zu. Er betrachtete mich mit vieler Aufmerksamkeit, und da ich vor lauter Tränen und Jammer denen, die mich fragten, nicht antworten konnte, verbot er ihnen, mich länger mit Fragen zu belästigen, und wandte sich selbst zu mir mit folgenden Worten: »Mein Fräulein, ich beschwöre dich, deine ungemessene Betrübnis zu mäßigen. Wenn dich der Himmel im Zorn seine schwere Hand fühlen läßt, ist dies wohl ein Grund, dich der Verzweiflung hinzugeben? Ich bitte dich, sei standhafter. Das Schicksal, das dich verfolgt, ist wechselnd; dein Los kann sich bald ändern. Ja, ich versichere dir, wenn du irgendwo Trost in deinem Unglück finden kannst, so ist es in meinen Staaten. Ich biete dir meinen Palast an; dort magst du bei der Königin, meiner Mutter, weilen, die sich bemühen wird, durch freundliche Behandlung deine Leiden zu lindern. Ich weiß noch nicht, wer du bist, aber ich fühle schon, daß ich herzlichen Anteil an dir nehme.«

Ich dankte dem jungen König für seine Güte, nahm sein verbindliches Anerbieten an, und um zu zeigen, daß ich desselben nicht unwürdig sei, entdeckte ich ihm meine Herkunft. Ich schilderte ihm die Frechheit des jungen Sarazenen, und die einfache schmucklose Erzählung meiner Unglücksfälle reichte hin, sein und aller seiner Offiziere Mitleid zu erwecken. Als ich mit meinem Bericht zu Ende war, nahm der Fürst das Wort und versicherte mir aufs neue, daß er den innigsten Anteil an meinem Unglück nehme; darauf führte er mich in den Palast und stellte mich der Königin, seiner Mutter, vor. Hier mußte ich meine Unglücksfälle aufs neue erzählen und einen Strom von Tränen vergießen. Die Königin zeigte sich ebenfalls sehr teilnehmend und gewann mich außerordentlich lieb. Der König, ihr Sohn, verliebte sich sterblich in mich und bot mir bald seine Krone und Hand an. Ich aber war mit meinem Unglück noch so beschäftigt, daß dieser Fürst, so liebenswürdig er auch war, nicht den ganzen Eindruck auf mich machte, den er zu einer anderen Zeit hätte machen können. Gleichwohl wollte ich aus Dankbarkeit seinem Glück nicht im Wege stehen, und unsere Vermählung wurde mit aller ersinnlichen Pracht vollzogen.

Während das ganze Volk mit den Vermählungsfeierlichkeiten seines Königs beschäftigt war, landete eines Nachts ein benachbarter feindlicher Fürst mit einem gewaltigen Kriegsheer auf der Insel. Dieser furchtbare Feind war der König von Zanguebar. Er schlug alle Untertanen meines Gemahls mit der Schärfe des Schwerts. Wenig fehlte, so hätte er uns beide gefangen genommen; denn er war schon mit einem Teil seiner Leute in den Palast gedrungen, aber wir waren so glücklich, uns zu retten und das Ufer des Meers zu erreichen, wo wir uns in eine Fischerbarke warfen, die wir dort zufällig antrafen. Zwei Tage lang segelten wir, ein Spiel der Winde und Wogen, dahin, ohne zu wissen, was aus uns werden sollte. Am dritten erblickten wir ein Schiff, das mit vollen Segeln auf uns zusteuerte. Anfangs freuten wir uns darüber, in der Meinung, es sei ein Kaufschiff, das uns aufnehmen könne; aber wer beschreibt unsere Verwunderung, als das Schiff näher kam und wir auf dem Verdeck zehn bis zwölf bewaffnete Seeräuber erblickten. Fünf bis sechs warfen sich in unser Fahrzeug, bemächtigten sich unserer, banden den Fürsten, meinen Gemahl, und brachten uns auf ihr Schiff, wo sie mir sogleich den Schleier abnahmen. Meine Jugend und meine Gesichtszüge machten großen Eindruck auf die Räuber, und alle erklärten, sie seien von meinem Anblick bezaubert. Statt das Los zu werfen, verlangte jeder den Vorzug und mich als Beute zu haben. Sie wurden hitzig, gerieten in Streit und schlugen wie wütend aufeinander los. In einem Augenblick war das ganze Verdeck mit Leichnamen übersäet. Mit einem Wort, alle wurden erschlagen bis auf einen einzigen, der sich nun im Besitz meiner Person sah und zu mir sagte: »Du bist mein, ich werde dich nach Kahirah führen und einem meiner Freunde übergeben, dem ich eine schöne Sklavin versprochen habe. Aber«, fügte er mit einem Blick auf den König, meinen Gemahl, hinzu, »wer ist dieser Mann da? Welche Bande knüpfen ihn an dich? Bande des Bluts oder der Liebe?« – »Herr«, antwortete ich, »es ist mein Gemahl.« – »Wenn dem so ist«, versetzte der Korsar, »so muß ich mich aus Mitleid seiner entledigen. Er würde gar zuviel leiden, wenn er dich in den Armen meines Freundes sehen müßte.« So sprechend ergriff er den unglücklichen Fürsten, der gebunden war, und stürzte ihn ins Meer, so sehr ich mir auch Mühe gab, es zu verhindern.

Bei dieser grausamen Tat erhob ich ein fürchterliches Geschrei und hätte mich ganz gewiß in die Wellen gestürzt, wenn der Seeräuber mich nicht zurückgehalten hätte. Er sah wohl, daß ich keinen anderen Wunsch mehr hatte; deswegen band er mich mit Stricken an den großen Mast, spannte sodann die Segel auf und schiffte ans Land, wo er ausstieg. Hier band er mich los und führte mich in eine kleine Stadt, wo er Kamele, Zelte und Sklaven kaufte; dann nahm er seinen Weg nach Kahirah, in der Absicht, wie er immer sagte, mich seinem Freund zu bringen und so sein Wort zu lösen.

Wir waren schon mehrere Tage unterwegs, als wir gestern durch diese Ebene zogen und den Schwarzen erblickten, der das Schloß hier bewohnte. Anfangs hielten wir ihn für einen Turm, und als er schon in unserer Nähe war, konnten wir kaum glauben, daß es ein Mensch sei. Er zog sein breites Schlachtschwert und forderte den Seeräuber auf, sich samt allen seinen Sklaven und der Frau, die er mit sich führte, zu ergeben. Der Seeräuber war ein Mann von Wut, und mit Hilfe seiner Sklaven, die ihm Treue gelobten, griff er den Schwarzen an. Der Kampf dauerte lange. Endlich erlag der Seeräuber unter den Streichen seines Feindes und ebenso alle seine Sklaven, die lieber sterben, als ihn verlassen wollten. Hierauf führte mich der Schwarze in das Schloß, wohin er auch den Leichnam des Seeräubers brachte, den er zu seinem Abendbrot verzehrte. Am Ende dieser gräßlichen Mahlzeit sagte er zu mir, da er sah, daß ich unaufhörlich weinte: »Mägdlein, mache dich bereit, meine Begierden zu befriedigen, statt dich zu betrüben. Ergib dich gutwillig der Notwendigkeit; ich lasse dir bis morgen Zeit, die Sache zu überlegen, dann aber will ich dich ganz getröstet über dein Unglück wiedersehen, und du solltest dich freuen, für mich bestimmt zu sein.« Mit diesen Worten führte er mich in ein Zimmer und legte sich in dem seinigen zu Bett, nachdem er mit eigener Hand alle Türen im Haus geschlossen hatte. Heute früh hatte er sie geöffnet und sogleich wieder geschlossen, um einigen Reisenden nachzusetzen, die er in der Ferne bemerkte. Sie scheinen ihm entwischt zu sein, denn er kam allein und ohne Beute zurück, als du ihn angriffst.«

Sobald die Prinzessin die Erzählung ihrer Unglücksfälle beendigt hatte, bezeigte ihr Chodadad seine herzlichste Teilnahme. »Aber, meine Herrin«, setzte er hinzu, »es steht ganz in deiner Hand, von nun an ruhig zu leben. Die Söhne des Königs von Harran bieten dir am Hof ihres Vaters eine Zuflucht an; ich bitte dich, schlage sie nicht aus. Du wirst dem Fürsten teuer und von aller Welt geehrt sein, und wenn du die Hand deines Befreiers nicht verschmähst, so erlaube, daß ich sie dir vor allen diesen Prinzen anbiete und dich heirate. Sie mögen die Zeugen unserer Verbindung sein.« Die Prinzessin willigte ein, und noch am selben Tag wurde die Hochzeit im Schloß gefeiert, wo sich alle möglichen Vorräte fanden. Die Küchen waren voll Fleisch und solchen Gerichten, die der Schwarze zu sich zu nehmen pflegte, wenn er genug Menschenfleisch gegessen hatte. Auch fanden sich hier eine Menge Früchte, alle ausgezeichnet in ihrer Art, und um das Maß der Freude voll zu machen, eine Fülle von gebrannten Wassern und ausgesuchten Weinen.

Sie setzten sich alle zu Tische, und nachdem sie gegessen und getrunken hatten, so viel ihnen behagte, nahmen sie die noch übrigen Vorräte mit und verließen das Schloß, um sich an den Hof des Königs von Harran zu begeben. Sie reisten mehrere Tage und lagerten an den angenehmsten Orten, die sie finden konnten. Als sie nur noch eine Tagreise von Harran entfernt waren, machten sie Halt und tranken den übrigen Wein vollends aus, weil sie nun nicht mehr zu sparen brauchten. Nun ergriff Chodadad das Wort und sagte: »Prinzen, ich will euch nicht länger verbergen, wer ich bin. Ihr erblickt in mir euren Bruder Chodadad. Ich stamme so gut als ihr von dem König von Harran ab. Der Fürst von Samarien hat mich erzogen, und die Prinzessin Piraza ist meine Mutter. Geliebte«, fügte er gegen die Prinzessin von Deryabar hinzu, »verzeih, daß ich auch dir aus meiner Geburt ein Geheimnis gemacht habe. Vielleicht hätte ich dir durch meine frühere Entdeckung derselben einige unangenehme Gedanken erspart, welche die Rücksicht auf die Ungleichheit unseres Standes in dir hat hervorrufen können.« – »Mein Herr«, antwortete ihm die Prinzessin, »die Empfindungen, die du mir gleich anfangs eingeflößt, haben mit jedem Augenblick an Stärke gewonnen, und um mein Glück zu machen, bedurftest du nicht dieser hohen Geburt.«

Die Prinzen wünschten Chodadad Glück zu seiner Abkunft und äußerten große Freude darüber; im Grunde ihres Herzens aber war ihnen die Sache durchaus nicht angenehm, und ihr Haß gegen einen so liebenswürdigen Bruder vermehrte sich nur dadurch. Sie versammelten sich bei Nacht an einem abgelegenen Ort, während Chodadad und seine Gemahlin in ihrem Zelt die Süßigkeit des Schlafes genossen. Diese undankbaren und neidischen Brüder vergaßen, daß sie ohne Piruzas mutigen Sohn samt und sonders die Beute des Schwarzen geworden wären und beschlossen unter sich, ihn meuchlings zu ermorden. »Es bleibt uns nichts anderes übrig«, sagte einer der Bösewichter; »sobald der Vater erfährt, daß dieser Fremdling, den er so sehr liebt, sein Sohn ist und daß er allein tapfer genug war, einen Riesen zu überwältigen, den wir alle zusammen nicht besiegen konnten, so wird er ihn liebkosen, ihm tausend Lobsprüche erteilen und ihn mit Hintansetzung aller seiner übrigen Söhne zum Thronerben erklären. Wir werden dann gezwungen sein, uns vor unserem Bruder zu Boden zu werfen und ihm zu gehorchen.« Diese und ähnliche Worte machten auf die neidischen Burschen solchen Eindruck, daß sie auf der Stelle hingingen und Chodadad im Schlaf überfielen. Sie durchbohrten ihn mit vielen Dolchstößen und ließen ihn für tot in den Armen seiner Gattin. Sodann setzten sie ihren Weg nach der Stadt Harran fort, wo sie am folgenden Tag anlangten.

 

Der König, ihr Vater, war über ihre Ankunft um so erfreuter, als er bereits die Hoffnung aufgegeben hatte, sie je wieder zu sehen. Er fragte sie nach der Ursache ihres langen Ausbleibens, allein sie hüteten sich wohl, die Wahrheit zu gestehen; sie erwähnten weder des Schwarzen noch Chodadads und sagten bloß, sie haben der Begierde nicht widerstehen können, das Land zu sehen und sich zu diesem Behuf in einigen benachbarten Städten aufgehalten.

Indessen lag Chodadad im Blute und wie tot unter seinem Zelt; bei ihm die Prinzessin, seine Gemahlin, die nicht minder beklagenswert war als er. Sie erfüllte die Luft mit ihrem Wehgeschrei, riß sich die Haare aus und badete das Gesicht ihres Mannes mit Tränen. »Ach Chodadad!« rief sie jeden Augenblick, »mein teurer Chodadad, muß ich dich ins Grab sinken sehen? Welche grausamen Hände haben dich in diesen Zustand versetzt? Kann ich es glauben, daß es deine eigenen Brüder sind, die dich so mitleidslos zerfleischt haben! Deine Brüder, die dein tapferer Arm gerettet hat! Nein, Teufel haben diese geliebten Züge angenommen und sind hierhergekommen, um dir das Leben zu rauben. Ha, ihr Unmenschen, wer ihr auch sein möget, konntet ihr mit so schwarzem Undank den Dienst vergelten, den er euch geleistet hat! Doch warum soll ich deinen Brüdern grollen, unglücklicher Chodadad? Ich allein bin an deinem Tode schuld! Du wolltest dein Schicksal an das meine knüpfen, und all das Unheil, das mich verfolgt, seit ich den Palast meines Vaters verlassen habe, hat sich über dich ausgegossen. O Gott, der du mich zu einem unsteten und unglückseligen Leben verdammt hast, wenn du mir keinen Gatten gönnst, warum läßt du mich einen finden? Dies ist der zweite, den du mir entreißt, nachdem ich gerade angefangen habe, ihn liebzugewinnen.« In solchen und noch weit rührenderen Wehklagen machte die bejammernswerte Prinzessin von Deryabar ihrem Schmerz Luft, indem sie unaufhörlich den unglücklichen Chodadad anblickte, der sie nicht hören konnte. Dennoch war er nicht tot, und als seine Gattin bemerkte, daß er noch atmete, lief sie nach einem großen Flecken, den sie in der Ebene bemerkte, um dort einen Wundarzt zu holen. Man wies sie zu einem, der sogleich mit ihr ging. Als sie aber ins Zelt kamen, fanden sie Chodadad nicht mehr darin, woraus sie schlossen, irgend ein wildes Tier habe ihn weggetragen und gefressen. Die Prinzessin begann von neuem ihre Wehklagen auf die jammervollste Weise von der Welt. Der Wundarzt wurde im Innersten gerührt und wollte sie in ihrem schrecklichen Zustand nicht verlassen. Er schlug ihr vor, in den Flecken zurückzukehren und bot ihr sein Haus und seine Dienste an.

Sie ließ sich bereden und ging mit dem Wundarzt, der sie, ohne zu wissen, wer sie war, mit aller erdenklichen Achtung und Ehrfurcht behandelte. Er bemühte sich, ihr Trost zuzusprechen, aber vergeblich bekämpfte er ihren Schmerz, er reizte ihn nur noch mehr, statt ihn zu lindern. »Herrin«, sagte er eines Tages zu ihr, »ich bitte dich, erzähle mir deine Unglücksfälle; sage mir, aus welchem Land und von welchem Stande du bist. Vielleicht kann ich dir einen guten Rat geben, wenn ich von allen Umständen deines Mißgeschicks unterrichtet bin. Du härmst dich ab und bedenkst nicht, daß es auch gegen die verzweifeltsten Übel noch Mittel gibt.

Der Wundarzt sprach so eindringlich, daß die Prinzessin sich überreden ließ, ihm ihre ganze Geschichte zu erzählen. Als sie damit zu Ende war, sprach er zu ihr: »Herrin, da sich die Sache so verhält, so erlaube mir, dir vorzustellen, daß du dich deinem Kummer nicht hingeben solltest; waffne dich vielmehr mit Standhaftigkeit und tue, was der Name und die Pflicht einer Gattin von dir fordern. Räche deinen Gemahl; ich will, wenn du es wünschst, dein Begleiter sein. Laß uns an den Hof des Königs von Harran gehen, er ist ein guter und sehr gerechter Fürst. Du darfst ihm nur mit lebhaften Farben die Behandlung schildern, die der Prinz Chodadad von seinen Brüdern erfahren hat, und ich bin überzeugt, daß er dir Gerechtigkeit verschaffen wird.« – »Du hast recht«, antwortete die Prinzessin. »Ja, es ist meine Pflicht, Chodadad zu rächen, und da du so gefällig und großmütig bist, mich begleiten zu wollen, so bin ich bereit, mit dir zu gehen.« Sobald sie diesen Entschluß gefaßt hatte, ließ der Wundarzt zwei Kamele bereit halten, welche die Prinzessin und er bestiegen und sich dann nach der Stadt Harran begaben.

Sie stiegen in dem ersten besten Karawanserei ab und fragten den Wirt, was es Neues am Hof gebe. »Er ist«, antwortete dieser, »gegenwärtig in großer Unruhe. Der König hatte einen Sohn, der sich bei ihm sehr lange als Unbekannter aufgehalten hat, und man weiß nicht, was aus diesem jungen Prinzen geworden ist. Eine der Frauen des Königs, Namens Piruza, ist seine Mutter, und sie hat schon tausend vergebliche Nachforschungen anstellen lassen. Alle Welt bedauert den Verlust dieses Prinzen, denn er war ein vorzüglicher junger Mann. Der König hat noch neunundvierzig andere Söhne, alle von verschiedenen Müttern, aber unter diesen ist kein einziger, der ihn vermöge seiner Tugenden über Chodadads Tod zu trösten vermöchte. Ich sage über seinen Tod, denn es ist unmöglich, daß er noch lebt, wenigstens hat man ihn trotz aller Nachforschungen nicht finden können.«

Auf diesen Bericht des Wirtes hin meinte der Wundarzt, die Prinzessin von Deryabar könne nichts Besseres tun, als hinzugehen und sich der Frau Piruza vorzustellen. Dieser Schritt war aber nicht ohne Gefahr und erforderte große Vorsicht. Es war zu fürchten, daß die Söhne des Königs von Harran die Ankunft und Absicht ihrer Schwägerin erfahren und sie auf die Seite schaffen könnten, bevor sie Gelegenheit hätte, mit Chodadads Mutter zu sprechen. Der Wundarzt sann hin und her und bedachte auch seine eigene Gefahr dabei. Er wollte daher behutsam bei der Sache zu Werke gehen und bat die Prinzessin, in dem Karawanserei zu bleiben, während er selbst nach dem Palast ging, um zu erkunden, auf welche Art er sie sicher zu Piruza bringen könnte.

Er ging also in die Stadt und näherte sich dem Palast wie einer, den bloß die Neugier, den Hof zu sehen, dahin zieht, als er eine Frau auf einem reichgeschmückten Maultier erblickte; sie war von mehreren Fräulein, ebenfalls auf Maultieren, ferner von einer starken Abteilung Soldaten und einer Menge schwarzer Sklaven begleitet.

Alle Leute stellten sich in Reihen, um sie vorbeiziehen zu sehen, und begrüßten sie mit dem Gesicht auf den Boden fallend. Der Wundarzt begrüßte sie ebenso und fragte einen neben ihm stehenden Kalender, ob dies eine von den Frauen des Königs sei. »Ja, mein Bruder«, antwortete der Kalender, »es ist eine von seinen Frauen und zwar diejenige, die das Volk am meisten ehrt und liebt, weil sie die Mutter des Prinzen Chodadad ist, von dem du gewiß schon gehört hast.«

Mehr wollte der Wundarzt nicht hören; er folgte der Frau Piruza bis in eine Moschee, welche sie betrat, um Almosen zu verteilen und dem öffentlichen Gebet anzuwohnen, das der König für Chodadads Rückkehr verrichten ließ. Das Volk, welches an dem Schicksale dieses jungen Prinzen außerordentlich viel Anteil nahm, lief scharenweise herbei, um sein Gebet mit dem Geistlichen zu vereinigen, und die Moschee war voll Menschen. Der Wundarzt bahnte sich einen Weg durchs Gedränge und gelangte bis zu Piruzas Wachen. Er hörte alle Gebete mit an, und als die Prinzessin wieder hinausging, näherte er sich einem der Sklaven und flüsterte ihm ins Ohr: »Bruder, ich habe der Prinzessin Piruza ein wichtiges Geheimnis zu entdecken: könnte ich nicht durch deine Vermittlung in ihr Zimmer geführt werden?« – »Wenn dieses Geheimnis«, antwortete der Sklave, »den Prinzen Chodadad betrifft, so kann ich dir noch heute die gewünschte Audienz versprechen; wo nicht, so hoffst du vergeblich, der Prinzessin vorgestellt zu werden, denn sie ist einzig und allein mit ihrem Sohne beschäftigt und will von nichts anderem reden hören.« – »Eben nur von diesem geliebten Sohne will ich mit ihr sprechen«, sagte der Wundarzt. – In diesem Falle«, versetzte der Sklave, »darfst du uns nur nach dem Palast folgen, und du wirst bald mit ihr sprechen können.«