Za darmo

Tausend Und Eine Nacht

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Geschichte der sechs Mädchen

Einst saß Mamun, der Fürst der Gläubigen, in seinem Schloß, von vielen Dichtern, Gesellschaftern und Staatsräten umgeben; da wendete er sich zu einem seiner Tischgenossen, sein Name war Mohamed, und sagte ihm: »Erzähle mir etwas, was ich nie gehört.« Mohamed fragte: »Soll ich etwas erzählen, was ich selbst gesehen, oder was ich gehört habe?« Mamun erwiderte: »Erzähle, was du gesehen, das ist doch besser, als was man nur gehört hat.« Da begann Mohamed:

Ein reicher Kaufmann aus dem südlichen Arabien, der sich in Bagdad niederließ, hatte sechs Sklavinnen: die eine war weiß, die andere braun, die dritte stark, die vierte mager, die fünfte gelb und die sechste schwarz; alle aber hatten schöne Gesichtszüge und besaßen einen hohen Grad von Bildung und große Fertigkeit in Gesang und Musik. Eines Abends, als die alle beisammen waren, gegessen, getrunken, Verse rezitiert und gesungen hatten, sagte ihnen ihr Herr: »Ihr habt doch alle den Koran gelesen, seid in der alten Geschichte bewandert und kennt die besten Gedichte; bewähret nun eure Belesenheit dadurch, daß eine jede von euch ihre Vorzüge und die Mängel der anders Aussehenden hervorhebe und Belege dafür aus dem Koran, aus Dichtern und alten Sagen anführe.« Da erhob sich die weiße Sklavin und sagte, zur schwarzen hinblickend: »Wehe dir! ich bin das helle Licht und der klare Mond. Meine Farbe ist die der weißen Rose, des freundlichen Tages, dar schimmernden Sterne. Auch hat der Prophet Gottes gesagt: Die, deren Gesicht weiß (unschuldig) ist, werden ewig in der Gnade Gottes verharren; die Muselmänner sind durch weiße Turbane von den Ungläubigen unterschieden, auch fällt der Schnee weiß vom Himmel herunter. Ich könnte noch unendlich viele Vorzüge der weißen Farbe herzählen, aber ich gehe lieber zu deinen Mängeln über, du schwarzes Werk eines Schmieds, du Trennung bringender Rabe. Kennst du nicht die Worte des Dichters:

»Kostbar ist die weiße Perle, aber schwarze Kohlen haben nur geringen Wert; ein weißes Gesicht verkündet Glück und Freude, ein schwarzes deutet auf eine Höllennatur.«

»Du wirst auch wohl wissen, daß die Schwarzen von Cham abstammen, den Noah wegen seiner Unbescheidenheit verfluchte und nach Abessinien verbannte; auch stimmen alle Leute darin überein, daß die Schwarzen wenig Verstand haben, und es gibt ein Sprichwort, ein Schwarzer und ein Verständiger trifft nie zusammen.« Auf den Wink ihres Herrn erhob sich dann die Schwarze und sagte, ihre Hand gegen die Weiße hinstreckend: »Weißt du nicht, daß Gott im Koran schwört: Bei der Nacht, wenn sie dunkelt; bei dem Tage, wenn er leuchtet: wäre die Nacht etwas Verächtliches, so hätte Gott nicht dabei geschworen und sie dem Tage vorgesetzt; ist nicht schwarzes Haar die Zierde des Mannes, während weißes nur freudenloses Leben und nahen Tod bringt? Wäre die schwarze Farbe nicht die kostbarste, so fände sie nicht mitten im Herzen und im Auge Platz. Ist ferner nicht die Nacht der Liebenden hold? ist das Wort Gottes nicht mit schwarzer Tinte geschrieben, und sind Moschus und Ambra nicht auch schwarz? Du rühmst dich deiner weißen, kalten, aussatzartigen Farbe, und denkst nicht daran, daß auch Schnee und Hagel die Pein der Hölle vermehren. Auch hat ein Dichter gesagt:

»Was ist kostbarer, als Moschus? was wohlfeiler, als Gips? das Weiße im Auge nützt gar nichts, nur das Schwarze hat hohen Wert.«

Der Kaufmann ließ die Starke aufstehen, welche ihren Arm und ihre Beine entblößte und, nach der Schmächtigen hindeutend, sagte: »Gepriesen sei Gott, der mich so fett geschaffen und in seinem edlen Buche den Vorzug des Fetten hervorgehoben, indem es heißt: »Und er (Abraham) brachte ein fettes Kalb.« Ich gleiche einem Garten mit Pfirsichen und Granatäpfeln und allerlei Blumen, jedermann ißt lieber einen fetten als einen magern Vogel oder Hammel; soll ich lange mit der Magern rechten, mir ihren Spatzenbeinen und Ofengabeln, mit ihrem galgenholzigen Körper, aus dem überall Hörner hervorstehen?« Der Kaufmann lachte und hieß sie sitzen; auf seinen Wink begann die Magere: »Gelobt sei Gott, der mir eine so reizende Gestalt verliehen! Ich habe nie gehört, daß jemand seine Geliebte einem Elefanten oder einem fetten Kamele verglichen, sondern dem Zweige des Ban, einem indischen Rohre oder einer durstigen Gazelle. Ich bin immer frisch und munter, bewege mich leicht, wie ein Spatz, und sättige mich mit wenigem. Doch du, Fettleibige, wärest freilich zum Schlachten gut, aber auch sonst zu nichts; du bist immer ernst und düster; gehst du, wirst du müde; sitzest du, kannst du nicht mehr aufstehen; bist du am Essen, wirst du nimmer satt; schläfst du, wirst du nicht mehr wach und schnarchst wie ein geschlachteter Ochs. Du gleichst, wie ein Dichter sagte:

»einem aufgeblasenen Schlauche, bist unbeweglich, wie ein Berg, und trittst du einmal im äußersten Westen auf, so hört man dich im fernsten Osten.«

Auf den Wunsch des Kaufmanns erhob sich dann die Gelbe und sagte, sich zur Braunen wendend: »Meine Farbe hat der Barmherzige über jede andere erhoben, indem es von ihr heißt: sie sei gelb, von einer Farbe, die jedes Auge erfreut. Meine Farbe ist die der Dinare, der Sterne, des Mondes, der Äpfel und des Safrans. Von mir hat ein Dichter gesagt:

»Meine Geliebte gleicht der strahlenden Sonne, ihre Farbe ist dem Auge angenehm, wie Dinare, ihr Anblick ist erfreulicher, als Safran.«

»Weißt du aber, wessen Farbe du an dir trägst? Die eines Büffelochsen, den jeder flieht, und anderer Dinge, die jeder verabscheut, eines giftigen Rosts, eines Wolfsknies, eines Sandhaufens. Du hast eine Zwitterfarbe, die niemand mag; es gibt weder braune Rosen noch braunes Gold.«

Endlich stand die Braune auf und rief: »Gelobt sei Gott, der mich nicht weiß, nicht schwarz und nicht gelb geschaffen; denn meine Farbe ist die beliebteste und die von Dichtern am meisten gepriesene; was wird bei Mädchen und Jünglingen mehr besungen, als ein braunes Mal auf den Wangen? Am wenigsten aber beneide ich dich, du gelbe Nachteule, du elfenbeinfarbiger Höllenfraß, du ekelhafter Brei. Von dir hat ein Dichter gesagt:

»Wenn ich eine Gelbe sehe, so glaube ich, sie sei krank, und soll ich mich ihr nähern, fühle ich mich so beklommen, als müßte ich ins Grab steigen.«

Der Kaufmann stellte dann wieder den Frieden unter ihnen her und schenkte jeder ein schönes Kleid und überschüttete sie mit Gold und Edelsteinen.

Als der Kalif diese Geschichte hörte, lachte er, bis er umfiel, dann ließ er durch Mohamed die sechs Sklavinnen für sechstausend Dinare kaufen. Aber bald nachher erhielt er vom Kaufmann folgende Verse:

»Sechs Schönheiten haben mein Herz gestohlen, und meine Freude ist mit ihnen dahin; sie waren mein Gehör; mein Gesicht, meine Nahrung, mein Schlaf, mein Leben; mein Bedauern ist so groß; daß ich mich nach dem Grabe sehne.«

Diese Verse rührten den Kalifen so sehr, daß er dem Kaufmann seine Sklavinnen wieder zurückschickte und ihnen kostbare Kleider und noch sechstausend Dinare dazu schenkte.

Hierauf erzählte Schehersad die

Geschichte Djaudars

Es lebte einst ein Kaufmann, welcher Omar hieß und drei Söhne hatte. Der eine hieß Salem, der andere Djaudar und der dritte Selim. Omar liebte Djaudar mehr als die beiden anderen Söhne; diese waren deshalb eifersüchtig auf ihren Bruder und haßten ihn. Als Omar das merkte, befürchtete er, es möchte Djaudar nach seinem Tode Unrecht geschehen, daher ließ er gerichtliche Teilungskommissäre und rechtskundige Männer zu sich rufen, holte all sein Geld und seine Waren herbei, teilte es in vier Teile, gab jedem seiner Söhne einen Teil und behielt für sich einen Teil, der nach seinem Tode seiner Frau zufallen sollte. Omar starb bald nach dieser Teilung. Salem und Selim forderten Djaudar vor Gericht und behaupteten, er habe einen Teil des Vermögens ihres Vaters für sich behalten. Djaudar berief die Zeugen, die bei der Teilung zugegen waren, und wurde freigesprochen; doch kostete ihn der Prozeß viel Geld und seine Brüder büßten noch mehr ein durch allerlei Bestechungen, die sie gegeben hatten. Bald darauf gingen sie zu einem anderen Gericht, teilten wieder viele Bestechungen aus und führten solange Prozeß mit Djaudar, bis sie endlich insgesamt ihr Vermögen eingebüßt hatten und alle drei arm wurden. Salem und Selim gingen dann zu ihrer Mutter, verspotteten und schlugen sie und nahmen ihr Geld. Sie kam zu Djaudar und klagte ihm, was seine Brüder ihr getan und verwünschte sie. Djaudar sagte: »Laß sie sein, Gott wird ihnen ihre Handlungen vergelten, wir haben lange Prozeß geführt, bis wir alle verarmten: soll ich jetzt deinetwillen einen neuen Prozeß anfangen? Das wird zu nichts führen; bleibe du bei mir und ich lasse dir den Laib Brot, den ich essen wollte: Gott wird mir deinetwillen helfen und mir Nahrung verschaffen.« Djaudar kaufte sich ein Netz und fischte in Bulak, Altkahirah und anderen Orten, jeden Tag bald für zwanzig, bald für dreißig Drachmen Fische, dafür kaufte er zu essen für sich und seine Mutter und lebte recht vergnügt. Seine Brüder trieben aber kein Handwerk und keinen Handel, verschwendeten bald, was sie von ihrer Mutter genommen, und liefen nackt und hungrig als gemeine Bettler umher. Während Djaudar fischte, kamen sie zu ihrer Mutter, demütigten sich vor ihr und klagten ihr ihre Not. Da einer Mutter Herz immer weich ist, gab sie ihnen trockenes Brot, das sie hatte, oder übriggebliebene Speisen und sagte: »Esset geschwind und gehet wieder, ehe euer Bruder Djaudar zurückkommt, daß er mir nicht böse werde.« Sie aßen immer schnell und machten sich wieder fort, bis eines Tages, als sie gerade aßen, Djaudar zurückkehrte. Die Alte wurde verlegen, als Djaudar ins Zimmer trat; sie fürchtete seine Heftigkeit und neigte beschämt ihr Haupt zur Erde; er aber war freundlich gegen seine Brüder, hieß sie willkommen, nannte diesen Tag einen gesegneten, umarmte sie und machte ihnen Vorwürfe, daß sie ihn solange nicht besucht. Sie sagten: »Bei Gott! wir hatten schon viele Sehnsucht nach dir, aber wir schämten uns zu kommen, wegen dessen, was zwischen uns vorgefallen. Wir bereuen schön längst unsere Handlungsweise und erkennen sie als ein Werk des Satans, den Gott verdamme. Was haben wir denn auf der Welt außer dir und unserer Mutter?« Die Alte sagte zu Djaudar: »Mein Sohn, Gott lasse dein Gesicht hell strahlen und vermehre dein Wohl!« Djaudar lud seine Brüder ein, bei ihm zu bleiben und Gottes Segen mit ihm zu genießen. Sie übernachteten bei ihm und frühstückten am anderen Morgen.

 

Djaudar ging dann mit seinem Netz auf Gott vertrauend vor das Tor; des Mittags gab ihnen seine Mutter zu essen und des Abends kam er mit Fleisch und Gemüse zurück, das sie miteinander verzehrten. So lebten sie einen Monat lang, Djaudar fischte und seine Brüder gingen ihrem Vergnügen nach. Eines Tages ging Djaudar, wie gewöhnlich, an den Fluß, warf aber das Netz dreimal aus und zog keinen Fisch herauf. Er dachte: an dieser Stelle gibt es keine Fische, ging weiter, warf von neuem das Netz aus und zog es wieder leer herauf. So ging er von morgens bis abends vom einem Ort zum andern, ohne den kleinsten Fisch zu fangen. Da sagte er: »Sonderbar; es gibt gar keine Fische mehr im Fluß!« nahm das Netz auf den Rücken und ging traurig heimwärts wegen seiner Mutter und seiner Brüder, denen er nichts zu essen bringen konnte. Als er an einem Bäckerladen vorüberkam, an den sich die Leute mit dem Geld in der Hand hindrängten, ohne daß der Bäcker sie beachtete, blieb er seufzend stehen. Da fragte ihn der Bäcker: »Djaudar, brauchst du Brot?« Djaudar schwieg. Der Bäcker, der seine Verlegenheit bemerkte, sagte: »Wenn du kein Geld hast, so tut das nichts; nimm nur, soviel du brauchst, ich borge dir.« Djaudar versetzte: »Gieb für zehn Fadda Brot und nimm dieses Netz zum Unterpfand.« Aber der Bäcker erwiderte: »Wovon sollst du dich ernähren, wenn ich das Netz habe? Nimm nur das Brot, hier hast du noch zehn Fadda dazu und bring mir morgen für zwanzig Fadda Fische.« Djaudar nahm das Brot und das Geld, kaufte Fleisch und Gemüse dafür und brachte es nach Hause; seine Mutter kochte es und sie aßen zusammen und legten sich schlafen. Am anderen Morgen stand er früh auf und ging mit dem Netz fort. Seine Mutter sagte ihm: »Frühstücke zuerst!« Er erwiderte aber: »Frühstücke du nur und meine Brüder«, und ging nach Bulak an den Nil, warf das Netz wieder dreimal aus, ohne etwas zu fangen; er ging an einen anderen Ort und lief den ganzen Tag herum, ohne einen Fisch zu sehen. Er nahm nun sein Netz auf den Rücken, ging bestürzt zum Bäcker und wollte sich bei ihm entschuldigen. Aber der Bäcker sagte: »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, nimm nur dein Brot; hast du heute nichts gefangen, so wirst du morgen um so mehr fangen; und wenn du auch morgen leer heimkehrst, so komme nur und hole dein Brot, ich borge dir.« Aber auch am dritten Tage, als Djaudar an den Seen fischte, kehrte er ohne Fische heim, und ebenso die folgenden vier Tage. Da dachte er: Ich will nun einmal an den See Karun gehen und dort mein Glück versuchen. Als er dort war und eben das Netz auswerfen wollte, kam ein Abendländer auf einem Maulesel reitend; er selbst war königlich gekleidet, und alles Geschirr des Tiers, sowie der auf demselben liegende Quersack war mit Gold gestickt, er grüßte Djaudar und sagte ihm: »Wenn du mir einen Dienst tun willst, sollst du reichen Lohn dafür erhalten und mein Glücksgefährte werden.« Djaudar sagte: »Mein Herr, ich bin zu allem bereit: was soll dich tun.« Der Abendländer erwiderte: »Zuerst laß uns die ersten Verse des Korans beten«, und als dies geschehen war, zog er eine seidene Schnur heraus und sagte zu Djaudar: »Binde mich damit fest, wirf mich in den Teich und warte eine Weile; siehst du, daß ich eine Hand aus dem Wasser strecke, so fange mich mit deinem Netz; strecke ich aber zuerst einen Fuß aus dem Wasser, so wisse, daß ich tot bin; du kannst mich im Teich lassen; nimm nur dieses Maultier und den Sack, bring ihn einem Juden, Namens Schamia, der auf dem Bazar sitzt, er wird dir hundert Dinare geben; behalte sie für deine Mühe und sage niemanden etwas.«

Djaudar tat, wie der Abendländer ihm befohlen hatte, er band ihn, warf ihn ins Wasser und wartete eine Weile, bis seine Füße hervorkamen; dann setzte er sich auf das Maultier und ritt damit auf den Bazar zum Juden, der vor seinem Magazin saß. Dieser fragte: »Ist der Mann gestorben?« Djaudar antwortete: »Er ist tot.« Da sagte der Jude: »Den hat seine Habgier getötet.« Er nahm Djaudar das Maultier ab, gab ihm hundert Dinare und empfahl ihm, das Geheimnis treu zu bewahren. Djaudar ging mit dem Geld zum Bäcker, kaufte das nötige Brot, gab ihm ein Goldstück und sagte: »Nimm davon, was ich dir schuldig bin, und halte mir das übrige zu gut.« Der Bäcker sagte: »Ich habe ja nichts von dir gefordert, du hättest nicht so zu eilen brauchen.« Er rechnete dann, was Djaudar ihm schuldig war, und sagte: »Du hast noch auf zwei Tage Brot bei mir gut.« Djaudar kaufte hierauf Fleisch beim Metzger, dem er auch ein Goldstück gab und den er auch bat, ihm das übrige zu gut zu halten und ging dann zum Gemüsehändler. Er kam gerade nach Hause, als seine Brüder von ihrer Mutter zu essen forderten und sie ihnen sagte: »Ich habe nichts; wartet, bis Djaudar nach Hause kommt.« Freudig rief er ihnen zu: »Hier ist Brot, esset!« und sie fielen darüber her wie Wölfe. Djaudar gab dann das übrige Geld seiner Mutter und beauftragte sie, seinen Brüdern davon zu geben, so oft sie hungerten. Am folgenden Morgen ging er wieder an den See Karun mit dem Netz auf dem Rücken; als er es auswerfen wollte, kam ein anderer Abendländer auf einem Maultier, noch reicher ausgestattet als der Erste; er hatte auch einen Quersack auf dem Maulesel, in dem zwei Büchsen waren; er grüßte Djaudar und sagte ihm: »Ist nicht gestern abend ein Abendländer zu dir hergekommen auf einem Maulesel, wie dieser?« Djaudar, aus Furcht, er möchte fragen, wo er hingekommen und dann glauben, er habe ihn ertränkt, leugnete es und sagte: »Ich habe niemanden gesehen.« Der Abendländer fuhr dann fort: »Gestern war mein Bruder da, der mir vorangeeilt ist; hast du ihn nicht gebunden in den See geworfen? und hat er dir nicht gesagt: Wenn ich die Hand aus dem Wasser strecke, so zieh mich schnell mit dem Netz heraus, wenn aber zuerst mein Fuß aus dem Wasser hervorgeht, so bin ich tot, nimm dann den Maulesel und führe ihn zum Juden Schamia, der wird dir hundert Dinare geben? Nun ist sein Fuß aus dem Wasser gekommen und du hast wirklich den Maulesel dem Juden gebracht und hundert Dinare von ihm empfangen.« Djaudar erwiderte: »Da du doch alles dies so genau weißt, warum fragst du mich?« Der Abendländer antwortete: »Ich wünsche, daß du mir dasselbe tuest, wie meinem Bruder.« Hierauf zog er eine seidene Schnur heraus und sagte ihm: »Binde mich, wie meinen Bruder, und stürze mich in den See; geht es mir, wie meinem Bruder, so bringe den Maulesel dem Juden Schamia, er wird dir wieder hundert Dinare geben.« Djaudar band ihn, warf ihn in den See und wartete eine Weile, bis er die Füße aus dem Wasser steigen sah. Da sagte er: »Auch der ist tot; so Gott will, werden alle Abendländer zu mir kommen, ich will sie alle binden und in den See werfen, und für jede Leiche hundert Dinare nehmen.«

Djaudar nahm den Maulesel und ging auf den Bazar; als der Jude ihn sah, sagte er: »Auch der ist tot?« Djaudar antwortete: »Mögest du für ihn leben!« Der Jude rief: »Das ist der Lohn der Habgierigen!« nahm den Maulesel und gab Djaudar hundert Dinare. Dieser ging damit zu seiner Mutter und als sie ihn fragte, woher er so viel Geld habe, erzählte er ihr alles. Seine Mutter sagte ihm: »Mein Sohn, geh nicht mehr an den See Karun; ich fürchte, die Abendländer möchten dich ins Unglück stürzen.« Er aber erwiderte: »Da ich sie nur auf ihr Verlangen in den See werfe, was kann mir geschehen? Das ist eine Arbeit, dir mir täglich hundert Dinare einbringt; bei Gott! ich höre nicht auf, an den See zu geben, bis von den Abendländern keine Spur mehr übrig bleibt.« Am folgenden Tage ging er nochmals an den See: da kam wieder ein Abendländer auf einem Maulesel, noch reicher ausgestattet, als die beiden ersten und dieser hatte auch einen Quersack mit zwei Büchsen bei sich. Er ging auf Djaudar zu und sagte ihm: »Friede sei mit dir, o Djaudar, Sohn Omars!« Djaudar dachte bei sich: »Es scheint, sie kennen mich alle«, und erwiderte den Gruß. »Sind Abendländer hier vorübergekommen?« – »Zwei sind hergekommen und haben sich von mir fesseln und in den See werfen lassen, und sind darin umgekommen, und so wird es auch dir gehen.« Der Abendländer lächelte und sagte: »O Armer! alles Lebende muß seiner Bestimmung folgen; verfahre mit mir, wie mit den beiden andern!« »Gib die Schnur und lege deine Hände auf den Rücken, daß ich dich schnell binde, denn es ist schon spät, ich habe Eile.« Der Abendländer legte seine Hände auf den Rücken, Djaudar band und stieß ihn in den See; er wartete eine Weile, und siehe da, der Abendländer hob die Hände aus dem Wasser und rief: »Rette mich mit deinem Netz!« Djaudar warf sein Netz aus und zog den Abendländer, der in jeder Hand einen roten Fisch mit Korallen trug, ans Land. Als er das Ufer erreicht hatte, bat er Djaudar, die zwei Büchsen zu öffnen, und als Djaudar dies getan hatte, schloß er die zwei Fische hinein und machte die Büchsen wieder zu. Dann umarmte er Djaudar, küßte ihn auf der rechten und linken Wange und sagte ihm: »Gott beschütze dich vor jedem Übel! bei Gott! hättest du mir dein Netz nicht zugeworfen, ich wär ertrunken mit diesen beiden Fischen in der Hand.« Djaudar sagte: »Mein Herr, ich beschwöre dich bei Gott, sage mir die Wahrheit, wer bist du und wer waren die beiden Abendländer, die vor dir gekommen und ertrunken sind? und wer ist der Jude auf dem Bazar? und was bedeuten diese beiden Fische?«

Der Abendländer antwortete: »Wisse, o Djaudar, die beiden Männer, die ertrunken sind, waren meine Brüder; der eine hieß Abd Assalam, der andere Abd Alahad, und mein Name ist Abd Assamd; auch der, den du für einen Juden hältst, ist unser Bruder und heißt Abd Arrahim, er ist aber kein Jude, sondern ein Muselmann und echter MalikiteEs gibt vier orthodoxe Schulen im Islam, der Stifter der einen hieß Malik und seine Anhänger heißen Malikiten., wie wir; wir waren vier Söhne eines Zauberers, welcher Abd Allwudud hieß. Unser Vater hatte uns die Kunst, Geheimnisse zu lösen, verborgene Schätze zu entdecken und andere Künste gelehrt, unter anderen auch, die Geister zu beschwören und sie uns dienstbar zu machen.

»Als unser Vater starb, hinterließ er uns viele Schätze und Talismane, die wir miteinander teilten, als wir aber an die Teilung der Bücher kamen, da entstand ein Streit wegen eines Buches aus alter Zeit, das »Schriften der Alten« hieß und mit keinen Schätzen zu bezahlen ist, weil es die verborgensten Zauberkünste enthielt; es war das Buch, das unser Vater gebrauchte und aus dem wir einiges auswendig gelernt hatten. Nun wollte jeder von uns dieses Buch haben, um sich darin zu belehren. Während wir so stritten, trat der Lehrer und Erzieher unseres Vaters in unsere Mitte, sein Name war: »der tiefste Wahrsager« und sagte: »Gebet mir das Buch, ich werde gewiß keinem von euch Unrecht tun, ihr seid ja die Kinder meines Sohnes: Derjenige von euch, der die Schätze Schamardals öffnet, der soll es haben. Diese Schätze bestehen aus einem Schwert, einem Zirkel, einer Zeichnung der Himmelskugel und einem Augenschminkeschächtelchen. Durch das Siegel wird man Herr eines Geistes, welcher der lärmende Donner heißt, und durch welchen man sich die ganze Erde unterwerfen kann. Mit dem Schwert, aus dem ein tötender Blitz hervorstrahlt, kann man auf einmal eine ganze Armee schlagen oder in die Flucht treiben; mit der Himmelskugel kann man sich in der ganzen Welt umsehen, von Osten bis Westen, je nachdem man sie nach der einen oder der anderen Seite dreht, und alles so genau beobachten, als wäre man überall zugleich; auch kann man, wenn man sie gegen die Sonne dreht, jede beliebige Stadt samt ihren Bewohnern damit verbrennen. Das Schächtelchen endlich enthält ein Pulver: wenn man damit das Auge schminkt, so sieht man alle Schätze, die in der Erde verborgen sind. Wer mir also diese vier Kleinodien zu bringen vermag, der soll das Buch haben. Wisset aber, fuhr der Erzieher fort, daß diese Schätze unter der Obhut der Söhne des roten Königs stehen, die sich in den See Karun nach Ägypten geflüchtet, als euer Vater sie fangen wollte, er verfolgte sie zwar, konnte ihnen aber nicht beikommen, weil ein Talisman sie in diesem See schützt, weshalb er auch die Schätze nicht holen konnte und mir sein Mißgeschick klagte. Ich rechnete nun aus, daß die Söhne des roten Königs nur durch Hilfe eines Mannes, Namens Djaudar, gefangen werden können; wen er in den See wirft und auf ein Zeichen mit der Hand wieder mit dem Netz aus dem Wasser herauszieht, der ist der Glückliche. Wir beschlossen hierauf, nach Ägypten zu gehen; nur unser vierter Bruder hatte keine Lust, sein Leben solcher Gefahr auszusetzen; er verkleidete sich als jüdischer Kaufmann, um uns zu begleiten, den Maulesel der Ertrinkenden zu nehmen und dir hundert Dinare zu geben. Nun haben die Söhne des roten Königs meine Brüder getötet, ich aber habe sie gefangen, denn was du in diesen Büchsen siehst, sind keine Fische, sondern Geister in Gestalt von Fischen. Nun folge mir nach Fez und Miknas (Mequinez), wo die Schätze begraben sind, die ich nur mit deiner Hilfe öffnen kann: ich gebe dir, was du willst, und bleibe stets dein Freund; sobald ich die Schätze habe, schicke ich dich wieder frohen Herzens zu den Deinigen.« Djaudar sagte zu Abd Assamd: »Ich habe eine Mutter und zwei Brüder am Hals, die ich versorgen muß; wer wird ihnen zu essen bringen, wenn ich weg bin?« Abd Assamd antwortete: »Das ist ein schlechter Vorwand: wenn es dir bloß wegen des Geldes ist, so will ich dir tausend Dinare für deine Mutter geben, davon kann sie leben, bis du zurückkehrst, denn du wirst längstens vier Monate ausbleiben.« Als Djaudar von tausend Dinaren hörte, sagte er: »Gib tausend Dinare, mein Herr, für meine Mutter und ich gehe mit dir.« Abd Assamd gab das Geld sogleich her, und Djaudar ging damit zu seiner Mutter und erzählte ihr, was zwischen ihm und Abd Assamd vorgefallen. Seine Mutter sagte: »Mein Sohn, ich werde Verlangen nach dir haben und ängstlich um dich sein.« Djaudar erwiderte aber: »Wen Gott beschützt, dem stößt nichts Übles zu; auch ist Abd Assamd ein guter Mann.« – »Gott neige sein Herz dir zu«, rief seine Mutter; »geh mit ihm, mein Sohn! vielleicht belohnt er dich dafür.« Djaudar nahm von ihr Abschied und ging wieder zu Abd Assamd, der ihn auf einem Maulesel reiten ließ.

 

Nachdem sie von Mittags bis zur Zeit des Nachmittagsgebets miteinander geritten waren, wurde Djaudar hungrig und sah, daß Abd Assamd nichts zu essen noch zu trinken bei sich führte. Er sagte ihm: »Mein Herr, es scheint, du hast Mundvorrat vergessen.« – »Bist du hungrig?« – »O ja.« Da stieg Abd Assamd von seinem Maulesel ab und sagte zu Djaudar, der auch abstieg: »Nimm den Quersack herunter.« Djaudar nahm ihn vom Esel. Da fragte Abd Assamd: »Was wünschest du, mein Freund?« – »Mir ist alles recht.« – »Ich beschwöre dich bei Gott, sage, was du essen willst?« – »Brot und Käse.« – »Armer Mann, Brot und Käse ist eine zu geringe Kost für dich, fordere etwas Besseres! ißt du gerne Reis mit Honig und gebackene Hühner?« – »Allerdings.« Abd Assamd fragte ihn dann noch über vierundzwanzig Speisen, ob er sie gerne esse, so daß Djaudar dachte: der Mann ist toll, woher will er alles dies schaffen? er hat ja keine Küche und keinen Koch; er sagte: »Es ist genug, mein Herr, du machst mir ja nur Lust und ich sehe doch nichts.« Abd Assamd antwortete hierauf: »Willkommen Djaudar!« steckte seine Hand in den Sack zog einen goldenen Teller mit zwei gebratenen Hühnern heraus, die ganz warm waren, dann streckte er die Hand wieder hinein und holte eine Schüssel mit Braten heraus und so noch die vierundzwanzig verschiedenen Speisen, die er ihm genannt hatte, und forderte den verblüfften Djaudar zum Essen auf. Djaudar rief erstaunt: »Du hast in diesem Sack Köche und eine Küche verborgen.« Abd Assamd sagte lachend: »In diesem Sack wohnt ein Diener, der uns jede Stunde tausend Gerichte bringt, wenn wir sie wollen.« Sie aßen nun, bis sie satt waren. Abd Assamd warf das übrige weg, legte die Schüsseln wieder leer in den Sack und holte einen vollen Wassertrug heraus; sie tranken, wuschen sich und beteten; dann luden sie den Sack mit den zwei Büchsen wieder auf den Esel und ritten weiter. Abd Assamd fragte dann Djaudar: »Weißt du wohl, wie weit wir seit Mittag gekommen?« – »Das weiß ich nicht.« – »Bei Gott! wir haben einen Weg von einem Monat zurückgelegt; zwar geht ein Maulesel, der einem Geiste gehorcht, jeden Tag ein Jahr weit, aber dir zulieb lasse ich ihn langsamer gehen.« Bei Sonnenuntergang hielten sie wieder stille, Abd Assamd holte das Nachtessen aus dem Quersack und des Morgens wieder das Frühstück; so reisten sie immer gen Westen, vier Tage lang, den ganzen Tag und die Hälfte der Nacht.

Am fünften Tag kamen sie nach Fez. Alle Bewohner der Stadt, die Abd Assamd begegneten, grüßten ihn und küßten ihm die Hände. Nach einer Weile blieb er vor einem Tor stehen und klopfte. Da trat ein Mädchen mit schmachtendem Aussehen, wie eine durstige Gazelle, aus dem Hof. Abd Assamd rief: »Öffne uns das Schloß, meine Tochter Rahmah.« Sie erwiderte: »Bei meinem Haupte und meinen Augen, mein Vater!« öffnete die Türe und ging ihrem Vater voran. Djaudar verlor fast den Verstand, als sie sich so hin und her wiegte und dachte: »Bei Gott, das muß eine Prinzessin sein.« Rahmah nahm den Sack vom Maulesel und sagte: »Geh deines Weges, Gott segne dich!« Da spaltete sich die Erde, der Maulesel stieg hinunter und die Erde schloß sich wieder. Djaudar rief: »Gelobt sei Gott, der uns glücklich vom Rücken dieses Tieres heruntergebracht.« Abd Assamd sagte ihm: »Wundere dich nicht, ich habe dir gesagt, der Maulesel ist ein Geist, komm jetzt mit uns ins Schloß!« Als Djaudar ins Schloß kam, war er höchst erstaunt über die vielen prachtvollen Divane und anderen mit Perlen und Edelsteinen besetzten Kostbarkeiten, Abd Assamd ließ dann von seiner Tochter Rahmah einen Bündel bringen, öffnete ihn und zog ein Kleid heraus, das tausend Dinare wert war, und sagte zu Djaudar: »Zieh es an, Djaudar, und sei uns hier willkommen.« Djaudar zog das Kleid an und glich darin einem König von den Königen des Westens. Dann holte Abd Assamd aus dem Quersack vierzig Schüsseln mit verschiedenen Speisen und sagte zu Djaudar: »Komm her und iß, und wenn dir diese Speisen nicht schmecken, so sage uns nur, was dir beliebt.« Djaudar erwiderte: »Bei Gott, mein Herr, ich esse alles gern, frage mich nicht, gib mir, was du willst.«

Djaudar blieb nun zwanzig Tage in diesem Schloß, zog jeden Tag ein anderes Kleid an und aß immer aus dem Quersack. Abd Assamd brauchte nie auf den Markt zu gehen, um etwas zu kaufen, sogar allerlei frische Früchte konnte er aus dem Quersack holen. Am einundzwanzigsten Tage sagte Abd Assamd zu Djaudar: »Komm jetzt, das ist der Tag, an dem die Schätze von Schamardal geöffnet werden können.« Sie gingen zusammen zur Stadt hinaus, da standen zwei Diener mit zwei Mauleseln, die ihrer harrten. Abd Assamd bestieg den einen und hieß Djaudar den anderen besteigen. Sie ritten bis Mittag, da kamen sie an einem Fluß und Abd Assamd sagte zu Djaudar: »Steige ab!« Auch er stieg ab und winkte den Dienern; sie kamen und führten die Maulesel weg. Nach einer Weile brachte der eine ein Zelt und der andere Divane; sie schlugen alsbald das Zelt auf und ordneten die Teppiche und Kissen. Dann holte der eine die beiden Büchsen mit den Fischen und der andere den Quersack. Abd Assamd nahm einige Speisen heraus, und als er mit Djaudar gegessen hatte, murmelte er Beschwörungen über die Fische, worauf sie aus den Büchsen heraus riefen: »Jawohl, o Zauberer der Welt, habe Mitleid mit uns, was willst du von uns?« Abd Assamd fuhr fort, Zaubersprüche herzusagen, bis die Büchsen in Stücke fuhren und zwei gefesselte Geister hervorkamen. Sie schrien: »Gnade, Zauberer der Welt, was willst du mit uns beginnen?« – »Ich werde euch verbrennen, oder ihr sollt mir helfen die Schätze Schamardals öffnen.« – »Das kann nur durch den Fischer Djaudar, den Sohn Omars, geschehen.« – »Gut, der ist schon bei mir und hört euer Versprechen.« Als sie ihm dann versprachen, ihm zu helfen, ließ er sie frei.