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Tausend Und Eine Nacht

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Geschichte Hatims aus dem Stamme Tai

Man erzählt: Als Hatim der Taite starb, wurde er auf dem Gipfel eines Berges beerdigt, und man baute auf seinem Grab zwei Wasserbehälter mit steinernen Figuren, welche Mädchen mit herabfallenden Haaren vorstellten, und am Fuße des Berges floß ein Bach. Sooft Wanderer dort lagerten, hörten sie die ganze Nacht durch ein Geräusch und Gemurmel, und des Morgens sahen sie nichts als die steinernen Mädchen.

Eines Tages, als Dsul Kelaa, einer der Könige Himiars, seinen Stamm verließ und die Nacht auf diesem Grabmal zubrachte, sagte man ihm. »Das ist Hatims Grab, hier sind die zwei Behälter mit den steinernen Mädchen, und sooft Wanderer hier übernachten, vernehmen sie einen großen Lärm und großes Geschrei.« Der König sagte scherzend: »Nun, Hatim, diese Nacht sind wir deine Gäste, aber wisse auch, daß wir recht ausgehungert sind.« Er schlief hierauf ein wenig ein, erwachte aber bald wieder, rief seine Leute zu sich und bat sie, ihm sein Kamel zu bringen; aber das Kamel war so in Zuckungen verfallen, daß sie es schnell schlachten mußten, um es noch essen zu dürfen. Als sie Dsul Kelaa fragten, was das bedeute? sagte er ihnen: »Mein Auge war geschlossen und doch sah ich Hatim mit einem Schwert auf mich zukommen und hörte, wie er mir sagte: warum besuchst du mich, wenn ich nichts zu geben habe? Hierauf schlug er mein Kamel mit dem Schwert, und hättet ihr es nicht geschlachtet, so wäre es gestorbene Am folgenden Morgen bestieg Dsul Kelaa das Kamel eines seiner Freunde und nahm denselben hinter sich. Gegen Mittag begegnete ihnen jemand, der auf einem Kamel ritt und ein anderes an der Hand führte; sie fragten ihn: »Wer bist du?« Er antwortete: »Ich bin Adi, der Sohn Hatims; wo ist der König Dsul Kelaa?« Als man ihm den König zeigte, sagte Adi: »Nimm dieses Kamel statt des deinigen, das mein Vater für dich geschlachtet hat.« Der König fragte erstaunt: »Wer hat dir das gesagt?« Adi antwortete: »Mein Vater hat mich im Traum besucht und mir gesagt: sieh, Adi, der König Dsul Kelaa wollte mein Gast sein, da habe ich ihm sein Kamel geschlachtet, drum bringe du ihm jetzt ein anderes für seine Reise, denn ich habe nichts.« Der König nahm das Kamel, setzte darauf seine Reise fort und bewunderte Hatims Freigibigkeit selbst nach seinem Tode.

Hierauf begann Schehersad folgende Geschichte:

Geschichte Maans

Maan, der Sohn Saides, war einst auf der Jagd sehr durstig, denn seine Leute hatten kein Wasser bei sich; da kamen drei Mädchen mit Wasserschläuchen und gaben ihm zu trinken.

Maan wollte sich von seinen Dienern etwas geben lassen, um es den Mädchen zu schenken; da sie aber nichts hatten, schenkte er jeder von ihnen zehn Pfeile aus seinem Köcher, deren Spitzen von Gold waren. Da sagte eine: »So benimmt sich gewiß nur ein recht vornehmer Herr, drum soll auch jede von uns dir einige Verse dichten.« Die erste begann hierauf:

»Vergoldet sind deine Pfeile, weil auch deine Feinde dich freigebig finden sollen; sie geben den Verwundeten die Mittel zur Heilung und den Sterbenden zur Bestattung.«

Die zweite sprach:

»Selbst im Kriege kennt deine Großmut keine Grenzen; sie umfaßt Feinde und Freunde; deine Pfeile sind mit Gold belegt, damit auch Besiegte mit deiner Gabe sich noch freuen.«

Die dritte sprach:

»Aus Edelmut schleuderst du den Feinden Pfeile mit goldenen Spitzen zu, damit der Verwundete, wenn er sich pflegt, sie verkaufe, und der Erliegende Leichenkleider dafür anschaffe.«

Man erzählt ferner: Maan ging einst in zahlreicher Gesellschaft auf die Jagd. Da sahen sie eine Herde Gazellen und teilten sich, um sie zu verfolgen. Maan jagte lange einer Gazelle nach, aber als er sie gefangen und geschlachtet hatte, kam jemand auf einem Esel aus der Wüste geritten. Maan ritt dem Fremden entgegen, grüßte ihn und fragte ihn: »Woher kommst du? Er antwortete: »Aus einem schlechten Land, das schon viele Jahre unfruchtbar war; dieses Jahr war es ergiebig und ich säte Gurken, die vor der gewöhnlichen Zeit hervorkamen; ich nahm daher die besten zusammen und machte mich auf den Weg zum Emir Maan, dessen Güte und Freigibigkeit so sehr berühmt ist.« – »Und was hoffst du von ihm zu erlangen?« – »Ich werde ihn um tausend Dinare ansprechen.« – »Wenn er aber sagt. das ist zu viel?« – »Nun, so bitte ich um fünfhundert.« – »Wenn er auch das zu viel findet?« – »So begnüge ich mich mit hundert.« – »Und wenn er auch nicht so viel gibt?« – »Mit fünfzig Dinaren.« – »Und verweigert er auch diese Summe?« – »Nun doch dreißig.« – »Wenn er aber auch das zu viel findet?« – »Nun, so begebe ich meinen Esel unter seinen Schutz und kehre bestürzt nach Hause zurück.« Maan lachte und trieb sein Pferd, bis er wieder zu seinen Leuten kam, und sagte zu seinem Kammerherrn: »Wenn ein Araber mit einem Esel voll Gurken kommt, so führe ihn zu mir.« Nach einer Weile aber kam der Araber; er erkannte aber Maan nicht mehr, wegen der Pracht und Herrlichkeit, in welcher er ihm erschien, und der Menge Gefolge und Diener, die ihn umgaben, denn er saß als Herrscher auf seinem Thron, und zur Rechten und zur Linken standen Wachen. Nachdem der Araber gegrüßt hatte, fragte ihn der Emir, was ihn herführe? Er antwortete: »Ich bringe einige frühreife Gurken und setze meine Hoffnung auf den Emir.« – »Was erwartest du dafür?« – »Tausend Dinare.« – »Das ist zu viel.« – »Fünfhundert Dinare.« – »Ist auch zu viel.« – »Dreihundert Dinare.« – »Noch immer zu viel.« – »Zweihundert.« »Gebe ich auch nicht.« – »So schenke mir hundert Dinare.« – »Du forderst immer noch zu viel.« – »Aber doch fünfzig.« – »Auch nicht.« – »So gib mir wenigstens dreißig.« – Als Maan diese abschlug, sagte der Araber: »Bei Gott, der Mann, dem ich begegnet bin, hat mir Unglück gebracht.« Maan lachte und schwieg. Da erkannte ihn der Araber und sagte: »Nun, mein Esel ist an deiner Tür angebunden.« Man lachte wieder, bis er rückwärts fiel, dann rief er seinem Verwalter und sagte ihm: »Gib dem Araber tausend, und fünfhundert, und dreihundert, und zweihundert, und hundert, und fünfzig, und dreißig Dinare und laß den Esel angebunden.« Der Araber erstaunte, als man ihm zweitausendeinhundertundachtzig Dinare bezahlte! (Gottes Erbarmen sei mit ihnen insgesamt!)

Es wird ferner erzählt: Es war eine Residenz im griechischen Reich, in welcher ein Palast war, der immer verschlossen blieb, und sooft ein König abgesetzt wurde und ein neuer an die Regierung kam, legte er ein neues Schloß vor den Palast; so kamen vierundzwanzig Schlösser vor dessen Tür. Als einst ein Fremder, der nicht aus der königlichen Familie war, König wurde, wollte er alle diese Schlösser öffnen, um zu sehen, was seine Vorgänger im Palast aufbewahrt hatten. Die Großen des Reichs hielten ihn lange davon ab und boten ihm alle ihre Kostbarkeiten, wenn er die Schlösser unberührt lassen wollte.

Der König ließ sich nicht abhalten, und als er öffnete, fand er im Palast Statuen von Arabern mit ihren Pferden und Kamelen, sie hatten weit herabhängende Turbane auf dem Haupt, waren von Schwertern umgürtet und mit langen Lanzen bewaffnet. Er fand auch ein Buch, in dem geschrieben war: »Wenn diese Tür geöffnet wird, so wird diese Gegend von Arabern, die wie diese Statuen aussehen, erobert werden, drum seid sehr vorsichtig.« Dies war gerade das Jahr, in welchem Tarif, der Sohn Siads, unter dem Kalifate des Omejjaden Welid, Sohn des Abd Almelik, Spanien eroberte, und der König wurde auf die schlimmste Weise getötet und sein Königreich wurde ausgeplündert, seine Frauen und Kinder wurden gefangen, und alle Schätze fielen als Beute in die Hände der Araber. Es waren dabei mehr als hundertundsiebzig Kronen aus Perlen, Hyazinthen und anderen kostbaren Steinen. Ein Saal, in welchem Reiter mit ihren Lanzen herumspringen konnten, war voll mit goldenen und silbernen Gefäßen. Man fand darin auch den Tisch, der dem Propheten Salomon, dem Sohne Davids (Gottes Friede sei mit ihm!), gehörte; auch ein chemisches Pulver, mit dem man einen Drachmen zu tausend, und alles Silber in das reinste Gold verwandeln konnte. Man brachte alles dem Melid und die Araber ließen sich in diesem Land nieder und es bildet noch immer eines der größten Länder.

Geschichte Hischams, Sohn des Abd Almelik

Man erzählt: Als Hischam einst auf der Jagd war, setzte er mit seinen Hunden einem Reh nach (er sah es bald nicht mehr) und fragte einen jungen Araber, der Schafe hütete: »Hast du kein Reh gesehen, das mir eben entwischt ist?« Der Junge antwortete, indem er den Kopf zu Hischam aufhob: »Warum verkennst du den Wert des Bessern und siehst mit Geringschätzung auf mich herab und sprichst so unhöflich mit mir? Deine Worte sind die eines Tyrannen, und dein Benehmen ist das eines Esels.«

Hischam sagte: »Kennst du mich nicht? wehe dir!« Der Junge antwortet: »Ich kenne dich als einen ungebildeten Mann, weil du mich anredest, ohne mich vorher zu grüßen.« – »Wehe dir!« rief Hischam, »ich bin Hischam, der Sohn Abd Almeliks.« Der Araber erwiderte: »Gottes Gnade bleibe fern von dir! wie viel sind deine Worte, und wie wenig deine edlen Taten!« Aber noch ehe der Araber ausgeredet hatte, umgaben Hischam seine Truppen von allen Seiten und riefen: »Friede sei mit dir, o Fürst der Gläubigen!« Der Kalif sagte: »Laßt nun diese Worte und bemächtigt euch dieses Jungen!« Der Araber wurde sogleich festgenommen, aber er kehrte sich nicht an die Menge Veziere und Kammerherrn und Großen des Reichs; er senkte den Kopf auf die Brust und ging ruhig vor Hischam her, ohne ein Wort zu sprechen, ja ohne ihn zu grüßen. Da sagte ihm einer der Diener: »Du Hundsbeduine! warum grüßest du den Fürsten der Gläubigen nicht?« Der Araber wandte sich zornig zu ihm und sagte: »Du Eselsdecke, ich habe einen weiten Weg gemacht, bin viele Stufen heraufgestiegen und mit Schweiß bedeckt.« Hischam, dessen Zorn immer heftiger wurde, sprach: »Deine Hoffnung ist zerronnen, dein Leben abgelaufen, der Tag deines Todes ist nahe.« Der Araber erwiderte aber: »Ist mir eine längere Zeit zugemessen, so kannst du sie nicht abkürzen; deine Drohungen schaden mir daher nicht wenig und nicht viel.« Als hierauf ein Kammerherr ihm sagte: »Wie erkühnst du dich, dem Kalifen so zu antworten?« sagte er: »Wehe dir! weißt du nicht, wie der erhabene Gott gesagt: Ein Tag wird kommen, wo jeder Mensch für seine Seele kämpfen wird?« Hischam, dessen Wut immer stieg, sagte hierauf dem Scharfrichter: »Bring mir den Kopf dieses Jungen, denn seine Worte überschreiten jede Grenze.« Der Scharfrichter ergriff den Jüngling, legte ihn auf die Todesmatte und sagte: »O Fürst der Gläubigen, hier steht dein eingebildeter Sklave, der nun dem Grabe zugeht, ich bin nicht schuld an dem Blute, das ich vergieße, befiehlst du, daß ich diesem Jüngling den Hals abschlage?« Der Kalif antwortete: »Ja.« Der Scharfrichter fragte zum zweitenmal und seine Frage wurde wieder bejaht; als der Scharfrichter zum drittenmal fragte und der Araber nicht zweifelte, daß er hingerichtet werden sollte, lachte er, daß man seine Stockzähne sehen konnte. Hischam sagte, außer sich vor Zorn: »Ich glaube, du bist verrückt: du siehst, daß du von der Welt scheiden mußt, und verspottest dich selbst?« Der Araber erwiderte: »O Fürst der Gläubigen! wenn mein Tod verschoben werden soll, so schadet mir dein Mordbefehl nicht wenig und nicht viel; doch da du mich immer hinrichten lassen kannst, so höre erst die Verse, die mir eben eingefallen sind.« Hischam erwiderte: »Laß sie hören, aber schnell!« Da rezitierte der Araber:

 

»Ich habe vernommen, daß das Schicksal einst einem Falken einen Spatz in die Klauen trieb, und dieser Spatz sprach zum Falken, der eilig mit ihm davonflog: bin ich nicht zu gering daß du mich auffrißt? du kannst doch an mir dich nicht sättigen; der stolze Falke lächelte vor Erstaunen und ließ den Spatz fliegen.«

Hischam lächelte und sagte: »Bei meiner Verwandtschaft mit dem Gesandten Gottes, hättest du gleich anfangs ein solches Wort gesprochen, ich würde dir alles bis auf das Kalifat gegeben haben!« Er rief dann einem Diener zu: »Stopfe ihm den Mund mit Perlen voll und mache ihm noch andere schöne Geschenke!« Der Araber ging reich beschenkt nach Hause.

Schehersad begann in der nächsten Nacht folgende Erzählung:

Geschichte Ibrahims, des Sohnes Mahdis

Man erzählt: Als Mamun, der Neffe Haruns, Kalif wurde, huldigte ihm Ibrahim, Haruns Bruder, nicht; er ging nach Rei und warf sich dort zum Kalifen auf. Sein Neffe Mamun suchte ein Jahr elf Monate und zwölf Tage lang ihn durch Güte zum Gehorsam zurückzuführen; dann zog er mit Reitern und Fußvolk nach Rei, und Ibrahim blieb nichts übrig, als nach Bagdad zu fliehen und dort sich zu verbergen, aber Mamun versprach hunderttausend Dinare dem, der ihn entdecken würde.Der Erzähler weicht hier von der wirklichen Geschichte ab. Ibrahim wurde in Bagdad zum Kalifen erwählt, während Mamun in Rei residierte, und wieder entthront, als dieser Herr von Bagdad wurde.

Ich fürchtete mich sehr, erzählt Ibrahim selbst, und wußte nicht, was tun. Ich verließ gegen Mittag mein Haus, ohne zu wissen, wo ich hingehen wollte; da kam ich in eine Straße, die keinen Ausgang hatte, und sah einen schwarzen Sklaven vor der Tür seines Hauses stehen; ich näherte mich ihm und fragte ihn, ob er einen Platz habe, wo ich mich eine Weile verbergen könnte? Er sagte: »Ja«, führte mich in ein reinliches Haus, schloß die Türe und ging fort. Ich vermutete, er habe mich erkannt und von dem Preise gehört, der auf mich gesetzt war, und gehe jetzt, mich zu verraten und ich wurde so unruhig, wie ein Topf über dem Feuer. Während ich so über meinen Zustand nachdachte, kam er wieder mit einem Träger, der allerlei Lebensmittel brachte, und sagte mir: »Ich gebe mein Leben für das deinige hin.«

Da ich hungrig war, bereitete ich mir einen Topf voll Speisen zu, dergleichen ich nie gegessen. Dann näherte er sich mir und sagte: »Ich bin nicht würdig, daß du dich mit mir unterhältst, willst du jedoch deinem Sklaven solche Ehre erweisen, so mag deine hohe Einsicht darüber entscheiden.« Ich sagte ihm, denn ich zweifelte noch, ob er mich erkannte: »Woher weißt du, daß meine Unterhaltung angenehm ist?« Er antwortete: »Unser Herr, der Sultan Gottes, ist zu berühmt (als daß ich es nicht wüßte), du bist ja mein Gebieter, Ibrahim Mahdi, auf den Mamun einen Preis von hunderttausend Dinaren gesetzt.« Als ich dies hörte, sah ich, welch einen großen, würdigen Mann ich vor mir hatte, und gewährte ihm seinen Wunsch. Die Trennung von meinem Sohn fiel mir eben ein und ich sprach folgende Verse:

»Vielleicht wird der, welcher Joseph seine Leute zuführte und ihn im Gefängnis tröstete, uns erhören und wieder vereinigen, denn der Herr der Welten ist allmächtig.«

Als der Sklave dies hörte, fragte er, ob er auch, was ihm gerade einfällt, rezitieren dürfe? Ich sagte ihm: »Ja«, und er sprach:

»Wir klagten unsern Freunden die Länge unserer Nächte; sie aber sagten: bei uns sind sie sehr kurz; schnell schließt der Schlaf ihre Augen, während die unsrigen immer offen bleiben. Uns Unglücklichen in der Liebe bringt die Nacht nur Trauer, während ihnen ihr Herannahen willkommen ist. Ginge es ihnen wie uns, so gliche auch ihr Nachtlager dem unsrigen.«

Ich sagte: »Bei Gott! das ist schön, nun habe ich alle Furcht verloren.« Dann rezitierte er auf mein Verlangen noch folgende Verse:

»Sie warfen uns vor, daß wir nur gering an Zahl, aber ich antwortete: freilich, der Edlen gibt es nicht viele, doch was schadet es, daß wir wenige nur und unsere Nachbarn zahlreich sind, wenn niemand auf ihren Schutz zählen kann, während unsere Gäste geehrt werden? Wir sind ein Stamm, der den Tod als keine Schmach betrachtet, wie die Stämme Amer und Salul. Unsere Liebe zum Tode bringt uns ihm näher, während ihre Feigheit ihnen ein langes Leben sichert.«

Ich war erstaunt, so viel Bildung bei einem solchen Mann zu finden, und warf ihm einen Beutel mit kostbaren Münzen zu, den ich bei mir hatte, indem ich ihm sagte: »Gott schütze dich! ich verlasse dich jetzt; du kannst dieses Geld zu wichtigen Dingen für dich verwenden, ich werde mich dir noch dankbarer zeigen, wenn ich einmal nichts mehr zu befürchten habe.« Aber er gab mir den Beutel zurück und sagte: »Arme Leute meinesgleichen haben keinen Wert in deinen Augen, aber wie soll ich für die Gunst des Schicksals, das dich bei mir einkehren ließ, Bezahlung annehmen? Bei Gott, wenn du in mich dringst, so mache ich meinem Leben ein Ende.« Hierauf nahm ich den schweren Beutel wieder und steckte ihn in meinen Ärmel und wendete mich der Türe zu. Da sagte er: »Mein Herr, hier bist du am sichersten und es fällt mir nicht schwer, dich zu verpflegen; bleibe bei mir, bis dir Gott helfen wird.« Ich blieb noch einige Zeit bei ihm, ohne daß er zugab, daß etwas von meinem Beutel genommen wurde. Dann verkleidete ich mich als Frauenzimmer und ging verschleiert aus und trug Frauenstiefelchen. Da begegnete mir, als ich ängstlich über eine Brücke ging, die mit Wasser bespritzt war, einer meiner frühem Diener; er erkannte mich und rief: »Nun wird Mamuns Verlangen gestillt,« und faßte mich an; aber ich stieß ihn mitsamt seinem Pferd in den Kot, und während die Leute sich zu ihm hindrängten, lief ich davon und kam an eine Tür, vor welcher eine alte Frau stand. Ich sagte ihr: »Schone mein Blut und nimm mich bei dir auf, ich bin in Gefahr.« Sie erwiderte: »Fürchte nichts«, führte mich in ein Zimmer, legte Divane zurecht und gab mir zu essen. Auf einmal kam der Mann, den ich umgeworfen hatte, mit verbundenem Kopf, ohne Pferd und das Blut lief ihm über seine Kleider herunter. Als die Alte ihn fragte, was ihm geschehen, erzählte er ihr, was zwischen ihm und mir auf der Brücke vorgefallen war. Er suchte dann einen Lumpen und verband den Kopf und legte sich krank in sein Bett. Als die Alte wieder zu mir kam, sagte sie: »Ich glaube, du bist der Held dieses Abenteuers; doch fürchte nichts.« Ich blieb hierauf noch drei Tage bei ihr, während derer sie mich mit der größten Ehrerbietung bewirtete. Am vierten Morgen aber sagte sie mir: »Ich fürchte, der Mann möchte einmal heraufkommen und dich finden, drum suche zu entkommen.« Ich bat sie, mich bis zur Nacht bei sich zu lassen, und da sie es bewilligte, ging ich abends, als Frauenzimmer gekleidet, von ihr weg und begab mich zu einer frühern Sklavin. Als sie mich sah, weinte sie, bezeigte mir ihre Teilnahme und pries Gott über meine Rettung; dann ging sie weg unter dem Vorwand, auf dem Markt zu meiner Bewirtung etwas einzukaufen. Auf einmal kam Ibrahim Al-Moßuli mit seinen Sklaven und Wachen, geführt von der Sklavin, in deren Haus ich war. Ich wurde in dem Aufzug, wie ich war, ins Schloß des Kalifen geführt; Mamun ließ den großen Divan versammeln, und als ich vor ihm erschien und ihn grüßte, sagte er: »Gott grüße dich nicht!« Da sagte ich: »O Fürst der Gläubigen! gewiß kann mein Richter die Strafe über mich verhängen, aber verzeihen ist Gott gefälliger; möge deine Großmut die anderer Herrscher verdunkeln, so wie mein Verbrechen jedes andere übersteigt. Willst du dich rächen, so tust du es mit Recht; verzeihst du aber, so bist du gnädig.« Ich trug dann noch folgende Verse vor:

»Groß ist mein Verbrechen, aber noch größer ist deine Gnade, drum verschaffe dir dein Recht, oder lasse deine Milde walten; wenn nicht edel gehandelt habe, so handle du so!«

Mamun wurde gerührt und ich bemerkte, daß er zur Milde gestimmt war. Er sagte dann zu seinem Vetter und den übrigen Anwesenden: »Was ratet ihr mir zu tun?« Alle rieten zum Tode, nur waren sie nicht einig, wie ich sterben sollte. Mamun fragte dann Ahmed, den Sohn Chalids, um Rat, und dieser antwortete: »O Fürst der Gläubigen! läßt du ihn umbringen, so haben ähnliches schon manche vor dir getan; verzeihst du aber. so hast du ebenfalls viele Beispiele der Gnade vor dir.«

Als der Kalif diese Worte Chalids hörte, schüttelte er sein Haupt und sprach folgende Verse:

»Meine Stammgenossen haben meinen Bruder erschlagen, schieße ich einen Pfeil ab gegen sie, so trifft er mich selbst.«

»Nur der gemeine Mensch ist unversöhnlich in seiner Rache, wenn ihm sein Feind in die Hände gefallen ist.« Hierauf nahm ich den Schleier von meinem Haupt, pries laut Gottes Größe und sagte dem Kalifen: »Gott wird einst auch dir gnädig sein, o Fürst der Gläubigen! denn mein Verbrechen ist so unaussprechlich groß, daß deiner Großmut nicht genug Dank gezollt werden kann.« Mamun rief mir zu: »Fürchte nichts, mein Vetter!« Aber nicht nur das Leben schenkte mir Mamun, sondern er ließ mir auch mein Vermögen wieder geben und machte mir noch viele Geschenke. Dann sagte er: »O mein Oheim! Abu Ishak und Abbas haben mir geraten, dich umbringen zu lassen.« Ich erwiderte: »Abbas und Abu Ishak haben dir als Freunde geraten, doch du hast gehandelt, wie es dir ziemt und meine Furcht in Hoffnung verwandelt.« Mamun sagte: »Ich habe meinen Groll durch deine Begnadigung erstickt und dir verziehen, denn ich wollte dir die Bitterkeit deiner schadenfrohen Feinde ersparen.« Dann fiel er betend nieder, und als er wieder den Kopf aufhob, sagte er: »Weißt du, mein Oheim, warum ich niederfiel?« Ich sagte: »Um Gott zu danken, daß du deinen Feind besiegt.« – »Nein«, versetzte er, »um ihm zu danken, daß er mir Gnade eingeflößt.« Ich erzählte ihm dann das verschiedenartige Benehmen des schwarzen Sklaven, des Soldaten, seiner Frau und der Sklavin, die mich verraten. Mamun ließ letztere kommen, welche zu Hause saß und ihren Lohn erwartete, und fragte sie, was sie bewogen habe, so gegen ihren Herrn zu handeln? Sie antwortete: »Die Habsucht.« Mamun fragte sie, ob sie einen Sohn oder Gatten habe, und als sie diese Frage verneinte, ließ er ihr hundert Peitschenhiebe geben und sie auf ewig einsperren. Dann ließ er den Soldaten und seine Frau und den Sklaven kommen. Er fragte ersteren, was ihn zu seiner Tat bewogen? Er antwortete: »Habgier.« Da sagte Mamun: »Du sollst Schröpfer werden«, und er wurde sogleich in den Laden eines Schröpfers geschickt. Seiner Frau aber erwies Mamun viele Ehre und nahm sie ins Schloß; denn er sagte: »So eine verständige Frau ist in wichtigen Dingen gut zu gebrauchen.« Dem Schwarzen sagte er endlich: »Du hast dich so bieder gezeigt, daß du die höchste Verehrung verdienst; ich schenke dir das Haus des Soldaten und noch tausend Dinare dazu.«

Schehersad begann in der nächsten Nacht mit folgender Geschichte: