Za darmo

Tausend Und Eine Nacht

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Der König ließ ihn hierauf wieder ins Gefängnis zurückführen und sagte zu den Vezieren: »Dieser Junge hat eine schlimme Meinung von euch; ich weiß indessen, daß ihr mir aus Liebe ratet; seid daher nur zufrieden; ich werde in allem euern Rat befolgen. Ich habe nur solange seinen Tod verschoben, damit recht viel von der Sache gesprochen werde, nun soll er aber sterben; errichtet einen Galgen am Ende der Stadt und laßt seine Hinrichtung durch einen Ausschreier bekannt machen, damit die ganze Stadt sich versammle und mit ihm zum Galgen ziehe. Der Ausschreier soll vor ihm rufen: Das ist der Lohn dessen, den der König in seine Nähe gezogen, und der ihn dann verraten.« Die Veziere freuten sich sehr über diesen Entschluß des Königs, ein jeder brachte noch etwas anderes vor, und sie konnten vor Freude die ganze Nacht nicht schlafen. Sie ließen die Hinrichtung des Jünglings in der Stadt bekannt machen und einen Galgen errichten, und des Morgens früh kamen sie vor die Türe des Palasts und sagten zum König: »Es sind schon so viele Leute beisammen, daß sie vom Palast bis zum Hinrichtungsplatz alle Straßen füllen, um den Jungen hängen zu sehen.«

Als der König den Jungen holen ließ, sagten die Veziere: »Verworfener Mensch, hast du noch Freude am Leben? hoffst du noch Erlösung?« Er antwortete: »O ihr gottlosen Veziere! Kann ein verständiger Mensch aufhören, auf Gott zu vertrauen? So unterdrückt auch ein Mensch sein mag, kann ihn Gott doch aufrichten und mitten im Tode ihm neues Leben geben; kennt ihr nicht die Geschichte des Gefangenen, den Gott gerettet?« Als der König fragte: »Was ist das für eine Geschichte?« erzählte der Jüngling:

Geschichte des Gefangenen, den Gott befreite

Ein König, der ein hohes Schloß hatte, von welchem man auf das Gefängnis sehen konnte, hörte einst in der Nacht, wie jemand rief: »Allah, dessen Hilfe jedem nahe ist, befreie mich!« Der König geriet in Zorn und dachte, der Dummkopf hofft, daß seine Schuld ihm erlassen werde. Er erkundigte sich nach den Eingekerkerten, und als man ihm sagte, daß in diesem Gefängnis nur Verbrecher, auf denen eine Blutschuld hafte, eingesperrt seien, ließ er den Mann vor sich kommen und sagte ihm: »Du einfältiger Mensch! Wie kannst du bei der Größe deines Verbrechens aus diesem Gefängnis befreit zu werden hoffen?« Er übergab ihn dann seinen Soldaten und befahl ihnen, ihn vor der Stadt aufzuhängen. Als diese ihn in der Nacht zur Stadt hinausführten, wurden sie von bewaffneten Räubern überfallen. Die Soldaten ließen den Verurteilten los, und er floh in einen Wald. Aber bald fiel ein furchtbarer Löwe über ihn her, warf ihn zu Boden, riß dann einen Baum aus der Wurzel und legte ihn auf den Mann und lief fort, um sein Weibchen zu holen. Dessen ungeachtet vertraute der Mann noch auf Gottes Hilfe. Als er die Blätter des Baumes zurückschob, sah er sehr viele Gebeine von Menschen, die der Löwe zerrissen hatte. Er sah auch einen Haufen Gold auf der Erde liegen, den er zu sich steckte. Nach und nach gelang es ihm, unter dem Baume hervorzukriechen und aus dem Walde zu entfliehen. Er drehte sich, aus Furcht vor dem Löwen, weder rechts noch links, bis er vor ein Städtchen kam, da legte er sich ermattet nieder und ruhte aus bis Tagesanbruch, dann vergrub er sein Gold, ging ins Städtchen und lebte dort mit Gottes Hilfe von dem Golde, das er später holte.

Als der Jüngling diese Erzählung vollendet hatte, sagte der König: »Wie lange willst du uns mit deinen Reden betören, jetzt ist die Zeit da, wo du gehängt werden sollst.« Aber im Augenblick, wo man ihn auf Befehl des Königs hängen wollte, kam der Räuberhauptmann an, der den Jungen erzogen hatte. Als er das Zusammenlaufen des Volks sah, fragte er nach der Ursache, und man sagte ihm: »Der König läßt einen jungen Verbrecher hinrichten.« Der Räuberhauptmann, der auch den Jüngling sehen wollte, erkannte ihn wieder, umarmte ihn und küßte ihn auf den Mund und sagte: »Diesen Jüngling habe ich als Kind unter dem Berge N. N., in ein seidenes Kleid gehüllt, gefunden und habe ihn zu mir genommen. Als wir aber eines Tages eine Karawane angriffen, die uns in die Flucht trieb und manche der Unsrigen verwundete, wurde er gefangen genommen, seit damals suche ich ihn überall und konnte nichts mehr von ihm hören.« Als der König dies hörte und überzeugt war, daß dieser Jüngling sein Sohn, stieß er ein lautes Geschrei aus, fiel über den Jüngling her, umarmte und küßte ihn und sagte weinend: »Ich wollte meinen eigenen Sohn umbringen und wäre dann vor Reue darüber gestorben.« Er entfesselte dann den Prinzen, nahm die Krone von seinem Haupte und setzte sie ihm auf. Die Neuigkeit wurde mit Trommeln und Trompeten bekannt gemacht, die Stadt wurde geschmückt, und es war ein so freudiges Lärmen an diesem Tage, daß die Vögel sich kaum in der Luft halten konnten. Auch seine Mutter kam herbei, als sie von dem Vorgefallenen Kunde erhielt und umarmte ihren Sohn, und die Truppen und das ganze Volk zog mit ihm nach dem Palast. Der König schenkte dann allen Gefangenen Freiheit und ließ sieben Tage als Festtage feiern. Am achten Tage setzte er seinen Sohn neben sich und ließ alle seine Freunde und die Obern der Stadt und die Veziere herbeirufen, welche vor Scham und Furcht dem Tode nahe waren. Diesen sagte der Prinz: »Seht ihr, schlechte Veziere, nun Gottes Werk? Seht ihr, daß seine Hilfe nahe war!« Als die Veziere verstummten, sagte der König: »Ich sehe, daß sich heute alles freut, sogar die Vögel in der Luft, nur ihr seid niedergeschlagen; das ist schon ein Beweis von Groll gegen mich. Hätte ich euch Gehör geschenkt, so müßte ich jetzt vor Verzweiflung und Reue sterben.« Der Prinz sagte hierauf zu seinem Vater: »Ohne deine ruhige Überlegung und deine gute Meinung von den Menschen wäre dir dieses hohe Glück nicht zuteil geworden, lange Trauer und Reue hätten sich vielmehr angehäuft, die dem sich Übereilenden nie entgehen.«

Der König ließ dann den Räuberhauptmann kommen, machte ihm viele Geschenke und sagte: »Wer den König liebt, der beschenke diesen Mann;« worauf er von allen so reichlich beschenkt wurde, bis er nichts mehr annehmen konnte; auch erhielt er die Polizeipräfektur der Stadt, in welcher er wohnte. Bald nachher ließ der König neun Galgen neben dem schon errichteten aufstellen und sagte zu seinem Sohne: »Du warst unschuldig, diese schlimmen Veziere haben dich bei mir verleumdet.« Der Prinz versetzte: »Mein Verbrechen bestand in meiner Treue gegen dich; weil ich ihre Hände aus deinen Schätzen vertrieb, beneideten sie mich und wünschten meinen Tod.« »Darum sei auch jetzt ihre Strafe nahe«, sagte der König; »denn ihr Verbrechen ist zu groß; um dich zu vernichten, scheuten sie nicht, meine Ehre bei allen Königen zu schänden.« Er wandte sich dann zu den Vezieren und sagte ihnen: »Wehe euch! Womit könnt ihr euch entschuldigen?« Da erwiderten sie: »O König! Es bleibt uns keine Entschuldigung. Wir waren dem Jungen nicht gut und wollten sein Unglück, aber es traf uns selbst; wir gruben ihm eine Grube und fielen selbst hinein.« Hierauf erteilte der König den Befehl, sie zu hängen: »Denn«, sagte er, »Gott ist gerecht und sein Urteil ist wahr.« Der König lebte dann mit seiner Gattin und seinem Sohne in Lust und Freude, bis der Zerstörer aller Erdenfreuden auch sie erreichte. Gepriesen sei Allah, der allein Unsterbliche, dem allein Ruhm gebührt, und sein Erbarmen sei mit uns bis in die Ewigkeit. Amen.

Geschichte der messingnen Stadt

Als der Fürst der Gläubigen, Abdulmelik, der Sohn Merwans, eines Tages von den Großen des Reichs umgeben war, kam die Rede auf Geschichten alter Völker und ihre mächtigen Kaiser; da sagte einer der Anwesenden: »Keinem Sterblichen wurde je so viel verliehen, als Salomo, dem Sohne Davids; denn er gebot über Menschen und Genien, über Vögel und vierfüßige Tiere. Gott befahl sogar dem Winde, ihm seinen Teppich einen Monat lang auf der Hin— und ebensolang auf der Rückreise zu tragen, auch gab ihm Gott einen Siegelring, mit welchem er Eisen, Blei, Stein und Kupfer versiegeln konnte, kurz er gab ihm alles.« Da sagte Abdulmelik: »Es ist wahr, zürnte er gegen Genien, so sperrte er sie in kupferne Büchsen ein, goß Blei darauf, siegelte sie mit seinem Ringe zu und warf sie ins Meer.« Hierauf erhob sich Taleb, ein berühmter Schwarzkünstler und hochgestellter Mann, der Bücher hatte, die ihn Schätze aus der Erde zu ziehen lehrten, und sprach: »O Fürst der Gläubigen! Gott erhalte dein Reich und erhebe deinen Rang in beiden Welten! Mein Vater erzählte mir einst habe mein Großvater sich eingeschifft, um nach der Insel Sizilien zu fahren; da gefiel es Gott, einen Sturmwind herbeizuführen, der das Schiff vom Wege ablenkte und es erst nach einem Monate an einen hohen Berg trieb, den niemand kannte. Die Schiffsleute wußten gar nicht, wo sie waren, und fanden am Ufer Leute von wunderbarer Gestalt, die sie nicht verstanden. Nur der König dieses Landes verstand Arabisch, obgleich er kein Fremder war. Dieser kam ans Ufer, begrüßte sie und sagte: »Ihr habt euch gewiß verirrt, denn euer Schiff ist das erste, das hier landet, doch fürchtet nichts, ihr sollt wieder glücklich in eure Heimat zurückkehren.« Der König bewirtete sie dann drei Tage lang mit Vögeln und Fischen. Am vierten Tage führte er sie zu den Fischern spazieren; da sahen sie, wie einer sein Netz auswarf und eine kupferne Flasche heraufbrachte, die mit Salomos Siegel versiegelt war. Er brach der Flasche den Hals ab und öffnete das Siegel; da stieg ein blauer Rauch heraus und verwandelte sich in der Luft in die häßlichste Gestalt der Welt und rief: »Gnade! Gnade! O Prophet Gottes, ich will nichts mehr so tun.« Mein Urgroßvater ging dann zum König und fragte ihn, was das wäre? Da sagte er: »Es ist ein rebellischer Geist, der wegen seines Ungehorsams gegen Salomo eingesperrt und ins Meer geworfen wurde. Als er jetzt herauskam, glaubte er, Salomo lebe noch und habe ihm verziehen; darum rief er: Gnade! Gnade! O Prophet Gottes!«

 

Abdulmelik war sehr erstaunt über diese Erzählung und sagte: »Es gibt keinen Gott außer dem einzigen Gott; der hat Salomo ein großes Reich gegeben; könnte ich nur einmal mit meinen Augen solche Salomonische Flaschen sehen, sie würde jedem zur Belehrung und zur Warnung dienen.« Da sagte Taleb: »Diese Büchsen finden sich in der messingnen Stadt, wenn du solche zu haben wünschest, so schreibe Musa, deinem Statthalter über den Westen und Andalusien, er möge einige seiner Leute mit Lebensmitteln und Wasser dahin schicken, und dir ohne Säumen einige von dort bringen lassen.« Der Kalif ließ sogleich einen Schreiber rufen und an den Emir Musa schreiben. Er gab dann Taleb den Brief und sagte ihm: »Ich wünsche, daß du selbst den Brief überbrächtest.« Taleb antwortete: »Ich gehorche Gott und dem Fürsten der Gläubigen«, ließ sich Geld, Lebensmittel und ein Reittier geben und reiste von Damaskus nach der Hauptstadt Ägyptens. Dort verweilte er einige Zeit bei guter Bewirtung, begab sich dann nach Oberägypten, wo der Emir Musa sich aufhielt. Als dieser von der Ankunft Talebs hörte, ging er zu ihm, bewillkommte ihn und ließ ihn mit Auszeichnung bewirten. Taleb überreichte ihm dann den Brief des Kalifen, und als er ihn gelesen hatte, sagte er: »Ich gehorche Gott und dem Fürsten der Gläubigen«, ließ sogleich einige Reisende kommen und sagte ihnen: »Der Kalif schreibt mir, ich solle ihm Salomonische Flaschen verschaffen, wie fange ich das an?« Die Reisenden antworteten: »Wende dich an Abdul Kadus, der wird dir den Ort angeben, wo sie liegen, denn er ist viel gereist zu Wasser und zu Land, er ist der beste Führer und Ratgeber, kennt alle Wüsten und ihre Bewohner und alle Meere und ist schon mancher Gefahr glücklich entgangen.« Musa schickte nach ihm, und es erschien ein alter Mann, dem die Jahre schon hart zugesetzt hatten, und dem man ansah, daß er schon die wunderbarsten Dinge erlebt. Musa teilte ihm den Brief des Kalifen mit und sagte: »Da ich dieses Land wenig kenne und gehört habe, es sei niemand so weit gereist als du, so bitte ich dich, mit uns zu gehen und uns zu helfen, den Willen des Kalifen zu erfüllen. Du sollst dich, so Gott will, nicht umsonst bemühen.« Abdul Kadus erwiderte: »Ich gehorche Gott und dem Fürsten der Gläubigen; doch, mein Herr, die messingne Stadt liegt weit von hier; wir haben einen weiten Weg zu machen und laufen viel Gefahr auf der Reise.« Da fragte Musa: »Wie lange müssen wir ausbleiben?« Der Alte antwortete: »Wir brauchen zwei Jahre hin und ebenso viel zurück, und du bist ein Mann, der für Gott gegen Ungläubige kämpft, du darfst also durch eine so lange Abwesenheit das Land nicht dem Feinde preisgeben, darum ernenne einen Stellvertreter, der in deiner Abwesenheit die Feinde bekämpfe und das Land verwalte; übrigens weiß ja der, dessen Leben nicht in seiner Gewalt steht, auch nicht, wie bald er dem Tode anheimfällt.«

Musa ließ sogleich seinen Sohn Harun rufen, der ein guter und in der Regierungskunst erfahrener Mann war und übertrug ihm die Statthalterschaft Ägyptens; dann ließ er die Truppen zusammenkommen und empfahl ihnen, seinem Sohne wie ihm selbst, in allem Gehorsam zu leisten. Als dies geschehen war, sagte der Alte zu Musa: »Laßt tausend Kamele mit Wasser beladen und wieder tausend mit Lebensmitteln und ebenso viele mit irdenen Krügen« – »Wozu diese?« fragte Musa erstaunt. Der Alte antwortete: »Wir haben vierzig Tage durch die große Wüste von Kairawan zu gehen, wo es wenig Wasser gibt und man keine Menschen sieht; dort weht ein heftiger Samum, der die Schläuche austrocknet, weshalb das Wasser nur in Krügen aufbewahrt werden kann.« Musa schickte nach Alexandrien und ließ von dort viele Krüge holen. Er nahm dann seinen Vezier zu sich, ließ zweitausend bepanzerte Reiter neben den Kamelen herreiten, und der Alte ritt als Führer voran. Ihre Reise war sehr beschwerlich, sie zogen bald durch bewohntes, bald durch unbewohntes Land, und häufig führte der Weg durch wilde, gefährliche, wasserlose Wüsten oder über hohe Berge. So zogen sie ein Jahr lang umher. Eines Morgens waren sie vom rechten Wege abgekommen; der Führer wußte nicht mehr, wo er war und rief: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht außer bei Gott, dem Erhabenen! Bei dem Herrn der Kaaba, ich habe mich in der dunklen Nacht verirrt und befinde mich nun in einem Lande, das ich heute zum ersten Male sehe.« Da sagte Musa: »So führe uns wieder zur Stelle zurück, wo wir vom Wege abgekommen sind.« Als der Alte sagte, er könne sie nicht mehr finden, rief Musa: »So laß uns nur weiter gehen, vielleicht wird uns Gott durch seine Macht leiten.« Sie gingen nun bis zur Zeit des Mittaggebetes vor sich hin und kamen in ein schönes ebenes Land, so flach wie das Meer, wenn es ganz ruhig ist. Bald sahen sie in der Ferne etwas Hohes und Schwarzes, sie gingen etwas näher und fanden ein Gebäude, so hoch und so fest wie ein Berg, ganz von schwarzen Steinen gebaut, mit furchtbar großen Altanen und einem chinesischen eisernen Tore, das einen blendenden Glanz von sich warf. Niemand wußte, wofür er dieses Riesengebäude halten sollte, das tausend Schritte im Umfang hatte und dessen hundert Ellen hohe bleierne Kuppel in der Ferne sich wie eine Rauchsäule ausnahm. Da sagte der Führer: »Wir wollen diesem Gebäude näher treten, vielleicht können wir uns daran belehren.« Als er aber näher kam, erkannte er es und rief: »Es gibt keinen Gott außer Gott, und Muhamed ist sein Prophet.« Da sagte Musa: »Ich sehe, du preisest Gott: hast du uns eine frohe Botschaft mitzuteilen?«

Der Alte antwortete: »Freue dich! Der erhabene Gott hat uns aus den schrecklichsten Wüsten befreit. Wisse, mein Vater hat mir einmal von seinem Großvater erzählt, er sei in diesem Lande gewesen und nach langen Irrwegen an dieses Schloß gekommen, und von da in eine messingne Stadt. Wir haben von hier nach dem Orte unserer Bestimmung nur noch zwei Monate zu reisen; wir müssen immer dem Rande der Wüste folgen, finden aber viele Wohnungen, Brunnen und Bäche, die Alexander der Zweihörnige eroberte, als er sich nach Westen wandte; die meisten Brunnen auf unserem Wege hat er graben lassen.« Musa dankte für diese freudige Nachricht und sagte: »Komm, laß uns jetzt ‚die Wunder dieses Schlosses sehen!« Sie gingen auf das Tor zu und fanden darüber folgende Inschrift mit goldenen Buchstaben:

»Die Überbleibsel ihrer Werke verkünden uns, daß auch wir ihnen folgen müssen. O Wanderer, der du vor dieser Wohnung stehst, willst du die Geschichte eines Volks kennenlernen, das sich von seinen Reichtümern trennen mußte, so geh ins Schloß und forsche nach den Begebenheiten derjenigen, die dort im Staube beisammen wohnen.«

Musa weinte über diese Verse und sagte: »Es gibt keinen Gott außer Gott, der ewig fortdauert.« Er kam dann an ein anderes Tor, auf welchem folgende Inschrift zu lesen war:

»Wie manches Volk hat vor uralter Zeit hier gelebt und ist wieder verschwunden! Wären die Menschen verständig, so würden sie einsehen, wie die Zeit mit anderen verfährt und es sich zur Warnung dienen lassen; sie haben Schätze gesammelt, die sie wieder anderen überlassen mußten, während sie selbst nach allem Abmühen ins enge Grab steigen. Wie manche Freude wurde ihnen zuteil, wie viel haben sie genossen, während sie jetzt selbst im Staube verzehrt werden.«

Diese Inschrift machte auf Musa einen tiefen Eindruck; die ganze Welt erschien ihm nichtig und das irdische Leben kaum beachtenswert. »Ich bin Gottes«, rief er, »und zu ihm kehren wir alle wieder; es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen! Er hat uns zu etwas Großem in der Zukunft geschaffen; diese Welt hat aber für mich nicht mehr den Wert eines Mückenflügels; alle Könige müssen zuletzt sterben, und die Armen haben nach dem Tode mehr zu erwarten. Gepriesen sei Allah, der Ewigdauernde.« Er ging dann ins Schloß und bewunderte ungestört dessen schöne Bauart mit ungeheuren Räumen, in denen kein Mensch zu sehen war. Als er in den Hof kam, wo eine Kuppel sich erhob, fand er vierhundert Gräber. Er näherte sich einem derselben, das einen großen Grabstein von weißem Marmor hatte, auf welchem folgende Verse eingegraben waren:

»Wie oft bin ich gleich dir stehen geblieben, um Inschriften auf Grabsteinen zu lesen; wie lange habe ich gegessen und getrunken und Sängerinnen angehört; wie viele feste Schlösser habe ich erobert und seine Schönen mir zugeeignet; auch ich, o Wanderer! habe vor dir über das Schicksal nachgedacht, und es war mir, als fragte man schon nach mir, und es hieß: Er ist tot. Drum, o Wanderer, sorge für deine Seele, ehe du zu den Toten niedersteigst.«

Musa weinte und war so gerührt, daß ihm fast der Atem ausging. Er näherte sich dann der Kuppel und sah acht hölzerne Pforten mit goldenen und silbernen Nägeln beschlagen. Über der Hauptpforte waren folgende Verse geschrieben:

»Nicht aus Freigebigkeit hinterließ ich anderen meine Güter, sondern der Tod, der unter den Menschen umherzieht, zwang mich dazu. Lange freute ich mich mit meinem Gute und beschützte es wie ein reißender Löwe. Ich war stets voller Sorgen, gab aus Geiz kein Senfkörnchen von dem Meinigen her und hätte man mich ins Feuer geworfen. Da kam bald der über mich verhängte Tod, und es lag nicht in meiner Macht, ihn abzuwenden. Nichts halfen mir meine gesammelten Truppen, kein Freund und kein Nachbar konnte mich retten. Mein ganzes Leben war eine Täuschung, ich lebte bald in Wohlstand, bald in Not, stets den Tod vor Augen. Kaum füllen sich deine Beutel mit Dinaren, so gehören sie schon einem anderen und es kommen Kameltreiber und Totengräber. Dann kommt der Tag des Gerichts und du trittst vor Gott allein und nur mit Sünden schwer beladen. Drum, o Wanderer, laß dich nicht vom Glanze der Welt verblenden und bedenke, wie sie es deinen Freunden und Nachbarn gemacht.«

Musa war so angegriffen, daß er in Ohnmacht fiel; als er wieder zu sich kam, ging er in die Kuppel und sah ein großes Grabmal mit einem eisernen chinesischen Grabstein, auf dem folgendes zu lesen war:

»Im Namen Gottes, des Einzigen, Mächtigen, Ewigdauernden, der allein bleibt, während alle seine Diener vergehen müssen. O Wanderer, der du hierher kommst, belehre dich an dem, was du hier von den Schicksalen der Welt erfährst, laß dich nicht vom Glanze der Welt verführen, sie ist trügerisch gleich dem Traum eines Schlafenden oder einem täuschenden Sandspiegel, dem der Wanderer sich vergebens nähert, um seinen Durst zu löschen. Auch ich setzte mein Vertrauen auf diese Welt und wurde von ihr verraten. Ich war Herr von viertausend Jungfrauen, so schön wie der Mond, und sie gebaren mir tausend Söhne, stark und mutig wie Löwen. Ich lebte tausend Jahre und sammelte Schätze, wie kein König der Erde noch besaß; ich glaubte, das würde ewig fortdauern; aber der Zerstörer aller Freuden, der Verwüster aller Wohnungen, der Kinder zu Waisen macht, weder den Armen verschont noch vor den Befehlen des Königs sich fürchtet, ereilte auch mich in meinem Schlosse, und als ich die Vergänglichkeit sah, ließ ich diese Verse als Belehrung für Verständige aufschreiben. Ich hatte ein Heer von zehntausend Reitern, alle tapfere Helden, mit langen Panzern, schneidenden Schwertern, schrecklichen Lanzen und edlen Rossen; als die Bestimmung Gottes, des Herrn der Welten eintraf, fragte ich meine Krieger, ob sie das Schicksal von mir abwenden könnten, und als sie dies nicht vermochten, ergab ich mich der Fügung, die mir den Tod gab und mich in dieses Grab versenkte. Ich bin Kusch, der Sohn Kanans, Sohn Schaddads, Sohn des älteren Ad.«

Dann kamen folgende Verse:

»Wer wird einst im Wechsel der Zeiten meiner noch gedenken, und ich bin doch der Sohn Schaddads, der die Welt beherrschte mit allen Menschen, die darauf sind; alle Könige der Erde beugten sich vor meinen Waffen und alle ihre Bewohner fürchteten meine Macht; wenn ich ausritt, sah ich eine Million Zügel, und unzählbare Schätze füllten meine Paläste; doch endlich kam der Tod, der alle Menschen auseinander trennt, und ich stieg aus meiner Herrlichkeit in die niedrigste Wohnung; da hätte ich gern für einen Augenblick Leben mein ganzes Vermögen hingegeben, aber Gott wollte diesen Tausch nicht, und so liege ich hier einsam, getrennt von den Freunden. Drum, o Wanderer, sorge für deine Seele vor dem Tode und stelle dich sicher gegen die Tücke des Schicksals!«

Musa wurde auch von diesen Versen so ergriffen, daß ihm das Leben zur Last wurde.

Hierauf kamen sie an einen gelben Stein mit Füßen von Cypressenholz, worauf geschrieben war:

»An diesem Tische haben tausend Könige gespeist, die am rechten Auge blind waren, und tausend, die am linken Auge blind waren, und tausend, die zwei gesunde Augen hatten; alle sind aus der Welt geschieden und wohnen jetzt in Gräbern.«

Nachdem Musa von allem, was er gelesen, eine Abschrift genommen, reisten sie wieder weiter, und nach drei Tagen kamen sie an einen hohen Hügel, auf dem ein kupferner Reiter auf einem kupfernen Pferd saß; er hatte eine lange blendende Lanze in der Hand, auf deren Spitze folgendes mit römischen Buchstaben geschrieben war:

 

»O Wanderer, der du hierherkommst, wenn du den Weg nach der messingnen Stadt nicht weißt, so reibe den Reiter, er wird sich herumdrehen. und wende dich dann nach der Seite, nach welcher er die Spitze der Lanze dreht.«

Musa rieb den Reiter, er drehte sich herum, und sie schlugen den Weg ein, nach welchem er die Lanze hob und fanden sich bald auf geebnetem Wege. Nach drei Tagen kamen sie auf einen hohen Berg, auf dem sie eine große lange Säule sahen; als sie darauf zugingen, fanden sie eine Statue von schwarzem Stein, die einen Menschen darstellte, der bis zu den Achseln in der Säule steckte; er hatte zwei große Flügel, zwei Hände wie die Tatzen eines Löwen, mit eisernen Krallen, einen Haarschopf mitten auf dem Kopfe wie ein Roßschweif, zwei Augen, die in die Länge gespalten waren und Feuer sprühten, und aus der Stirne stach noch ein drittes häßliches dunkelrotes Auge hervor wie das eines Luchses. Diese Gestalt rief in einem fort: »Gepriesen sei der, welcher diese lange harte Pein über mich verhängt hat!« Musa bat den Alten, diese Gestalt einmal zu fragen, wer sie sei und warum sie sich in diesem Zustande befinde? Der Alte sagte: »Ich fürchte mich vor ihr.« Musa versetzte: »Der hat genug mit sich selbst zu tun, um dir etwas anzuhaben.« Der Alte ging auf sie zu und fragte: »Wer bist du? Wie heißt du? Wer hat dich hierher gebracht?« Da antwortete sie: »Ich bin ein böser Geist und heiße Dasmusch und werde gepeinigt und bleibe hier gebannt bis zum Tage der Auferstehung durch die höchste Gewalt Gottes. Die wunderbare Ursache aber, warum ich an diese Säule gebannt bin, ist folgende: Iblis, den Gott verdammen möge, hatte einen Götzen aus rotem Korall, der mir anvertraut war. Diesen Götzen betete einer der Könige des Meeres an, welcher über zehnhunderttausend bewaffnete Menschen und zehnhunderttausend Genien gebot, ich verführte aus dem Leibe des Götzen hervor die Leute und sie gehorchten mir und erkannten die Herrschaft Suleimans, des Propheten Gottes, nicht an. Dieser König hatte eine Tochter, welche Tag und Nacht den mir anvertrauten Götzen anbetete, und so schön war, daß man selbst Salomo auf sie aufmerksam machte. Dieser schickte zu ihrem Vater, ließ um sie anhalten und befahl ihm auch, den Götzen zu zerbrechen und den einzigen Gott und seinen Propheten Suleiman anzuerkennen. Tust du dies, ließ ihm Salomo sagen, so geht es dir gut, wo nicht, so bereite dich zum Tode vor, denn ich werde dich mit Truppen überfallen, welche die ganze Erde ausfüllen, und du wirst gleich dem gestrigen Tage werden, der nie mehr wiederkehrt. Als der König diesen Brief las, warf er ihn zornig weg und sagte zu seinen Vezieren: Was soll ich Salomo, dem Sohne Davids, antworten, der einen Boten herschickt, meine Tochter als Gattin verlangt und mir befiehlt, meinen Götzen zu zerbrechen und seinen Glauben anzunehmen? Die Veziere antworteten: Großer König und mächtiger Herr! Was kann Salomo dir tun? Du bist ebenso groß und noch mächtiger als er, du hast über eine Million Krieger zu gebieten und wohnst auf diesem großen Meer, wo er gar nicht zu dir gelangen kann und wo Menschen und Genien für dich kämpfen; übrigens berate deinen Herrn, den Götzen, und befiehlt er dir, ihm entgegenzuziehen, so tue es! Der König stand auf und ging zum Götzen, brachte ihm ein Opfer, fiel vor ihm nieder und sprach: O Herr, ich bitte um deinen Schutz, der König Salomo will dich zerbrechen. O Herr! gebiete uns, dein Befehl wird vollzogen, denn wir kennen deine Macht. Ich verbarg mich nun, weil ich Salomos Macht nicht kannte, in dem Leibe des Götzen und sagte: Ich fürchte mich nicht vor Salomo; wenn er Lust hat, soll er mich nur bekriegen, ich werde ihm mit Schwert und Lanze das Leben nehmen.

»Meine Antwort gab dem König Mut genug, um Salomo den Krieg zu erklären; er spie seinem Gesandten ins Gesicht und gab ihm folgende beleidigende Antwort: Sage Salomo, sein Herz habe ihm Lug und Trug vorgespiegelt; er möge seine ganze Macht aufbieten, wenn er nicht zu mir geht, so komme ich zu ihm. Als der Bote Salomo diese Antwort überbrachte, glühte er vor Zorn, und sein Entschluß stand fest. Er sammelte alsbald Menschen und Geister und Vögel und wilde Tiere, befahl dann dem Löwen, dem König der vierfüßigen Tiere, alle reißenden Tiere aus den Wüsten und Einöden zu versammeln. Er rief dann den Adler, den König der Vögel, und befahl ihm, alle Raubvögel zusammenfließen zu lassen. Seinem Vezier Damuriat erteilte er den Befehl, alle Genien und Teufel und widerspenstigen Geister zu rufen, und Asaf, den Sohn Berahjas, beauftragte er, alle menschlichen Truppen zusammenzubringen. Als alles in unzählbarer Masse sich eingestellt hatte, setzte sich Salomo mit seinen Scharen auf seinen Teppich; die Vögel flogen über ihm und die Menschen und Genien gingen vor ihm her. Als der ganze Zug um Ufer des Meeres anlangte, stieg Salomo vom Teppich herunter und schickte einen Boten zum König der Insel, der ihm sagen sollte: Hier ist nun Salomo, der Prophet Gottes, gehorche ihm, zerbrich deinen Götzen, gib ihm deine Tochter zur Frau und rufe mit allen Bewohnern des Landes aus: Es gibt keinen Gott außer dem einzigen Gott, und Salomo ist sein Prophet! Wo nicht, so verteidige dich gegen seinen Angriff. Glaube aber nicht, daß dich das Meer gegen ihn schützt, denn er befiehlt dem Winde, ihn zu dir zu tragen, und erscheint mitten auf deiner Insel, um dich zu verderben. Als der Gesandte dem König Salomos Botschaft überbrachte, antwortete er: Sage Salomo, ich ziehe ihm morgen entgegen und hoffe ihn zu treffen. Der Bote kehrte wieder zu Salomo zurück, der sich hierauf zur Schlacht rüstete.

»Sobald der Gesandte weg war, ließ mich der König rufen und gebot mir, alle unter mir stehenden Truppen zu versammeln. Ich gehorchte, brachte eine Million Menschen und ebenso viele Genien zusammen; auch der König zog alle seine Leute zusammen, und es kam eine Zahl heraus, die nur Gott kennt. Salomo aber stellte wilde Tiere zur Rechten und zur Linken seiner Truppen auf, und befahl den Vögeln in der Luft, über ihren Köpfen zu fliegen, dem Feinde, sobald er einen Angriff versuche, mit den Flügeln ins Gesicht zu schlagen und ihnen mit den Schnäbeln die Augen auszupicken. Er selbst schwebte auf seinem vom Winde getragenen Teppiche in der Luft, er setzte Damuriat über den rechten Flügel der Menschen und Asaf über den linken, die Könige der Menschen stellte er zur Rechten und die Könige der Geister zur Linken und die wilden Tiere und Vipern und Schlangen schickte er voraus. Indessen traten wir ihnen doch entgegen und kämpften zwei Tage, am dritten Tage aber brach nach der Bestimmung das Verderben über uns herein. Ich stellte mich an die Spitze der ersten Reihe unserer Truppen und forderte zum Zweikampfe heraus. Da trat mir Damuriat, der Vezier Salomos, wie ein großer feuerspeiender Berg mit seiner schrecklichen Macht entgegen und schoß einen feurigen Pfeil gegen mich ab, aber ich wich ihm aus und schleuderte einen feurigen Pfeil gegen ihn, der ihn traf. Aber sein Pfeil machte meine Flamme unschädlich und er schrie so laut, daß ich glaubte, die Berge wankten und der Himmel stürzte über mir zusammen. Auf seinen Befehl griffen dann seine Truppen uns an und das Handgemenge wurde allgemein unter furchtbarem Getöse; die Erde zitterte, Flammen sprühten, Rauch stieg gen Himmel, Köpfe fielen, Gallen zersprangen, fliegende Genien kämpften in der Luft, wilde Tiere auf der Erde; ich selbst focht immer gegen Damuriat, der mich so sehr in die Enge trieb und mir so hart zusetzte, daß ich die Flucht ergriff, und sogleich zerstreuten sich auch alle meine Truppen. Aber Salomo rief den Seinigen zu: Nehmet sie mit ihrem ruchlosen König gefangen! Da stürzten wilde Tiere zur Rechten und zur Linken über uns her; Vögel pickten uns die Augen aus und schlugen uns ihre Flügel ins Gesicht, Schlangen bissen uns und unsere Pferde, so daß kein einziger von den Unsrigen entkam. Zwar floh ich noch eine Strecke von drei Monaten vor Damuriat, aber zuletzt sank ich erschöpft zu Boden und wurde von ihm eingeholt. Als er mich gefangennahm, sagte ich ihm: Bei dem, der dich erhoben und mich erniedrigt hat, laß mich leben und führe mich zu Salomo (Friede sei mit ihm). Aber Salomo nahm mich sehr schlecht auf, ließ sich diese Säule bringen, höhlte sie aus, steckte mich hinein und legte sein Siegel darauf; Damuriat trug mich dann hierher und setzte einen mächtigen König über mich, um mich zu bewachen, und so muß ich hier in schwerer Pein bis zum Auferstehungstage gefangen bleiben.«