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Tausend Und Eine Nacht

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Geschichte des Prinzen Bahsad

O Herr! Es war vor alter Zeit ein König, der einen Sohn hatte, dem keiner seiner Zeitgenossen an Schönheit glich. Er liebte die Geselligkeit und verkehrte viel mit Kaufleuten. Einst war der Prinz in Gesellschaft und hörte, wie jemand sagte, er sei der schönste Mensch seiner Zeit. Hierauf sagte ein anderer: »Die Tochter des Königs N. N. ist schöner als er.« Sobald der Prinz dieses hörte, verlor er den Verstand, sein Herz pochte heftig, er rief den Fremden zu sich und bat ihn um den Namen der Prinzessin, deren Schönheit er so über die seinige erhoben hatte. Als der Fremde sie nannte, wurde der Prinz ganz blaß und sein Herz beschäftigte sich nur noch mit ihr. Der König, der davon unterrichtet wurde, sagte ihm: »Mein Sohn! Du kannst das Mädchen, das du liebst, erlangen; habe nur Geduld, ihr Vater wird sie dir gern zur Gattin geben, wenn ich um sie anhalte.« Der Prinz sagte: »Ich habe keine Geduld.« Der König schickte sogleich zu dem Vater der Schönen und hielt bei ihm um die Hand seiner Tochter an. Dieser forderte hunderttausend Dinare als Morgengabe. Als aber der König das Geld, das er in seinem Schatze hatte, zusammenzählte, da fehlte noch einiges an den hunderttausend Dinaren; er sagte daher zu seinem Sohne: »Habe Geduld, bis ich das fehlende Geld zusammenbringe, dann schicke ich es deinem Schwiegervater und lasse deine Geliebte holen.« Aber der Prinz geriet in heftigen Zorn und sagte: »Ich warte nicht länger!« nahm Schwert und Lanze, bestieg sein Pferd und wurde Straßenräuber. Eines Tages fiel er aber eine starke Karawane an, wurde überwunden, gefangen und gefesselt vor den König jenes Landes geführt. Als der König den schönen Jüngling sah, sagte er ihm: »Du siehst keinem Räuber gleich; gestehe mir die Wahrheit, Junge! Wer bist du?« Der Prinz schämte sich aber, die Wahrheit zu gestehen und wollte lieber sterben. Da sagte der König zu seinen Räten: »Wir wollen uns mit diesem Jungen nicht übereilen, denn Übereilung bringt Reue; es genüge uns, ihn einstweilen in Verhaft zu nehmen.« Inzwischen wurde Bahsad in seinem Lande vermißt, und sein Vater schickte Boten nach allen Seiten, um ihn aufzusuchen. Als auch bei dem König, der ihn gefangen hielt, nach ihm gefragt wurde, rief er: »Gelobt sei Gott, daß ich mich nicht übereilt habe.« Er ließ sogleich Bahsad rufen und sagte ihm: »Warum wolltest du dich selbst in den Abgrund stürzen?« Er antwortete: »Aus Furcht vor der Schande.« – »Fürchtest du dich so sehr vor der Schande«, versetzte der König, »so hättest du dich nicht so übereilen sollen; hast du nicht gewußt, daß Übereilung Reue bringt? Auch ich würde es jetzt bereuen, wenn ich mich übereilt hätte.« Er schenkte ihm dann ein Ehrenkleid, und versprach ihm das Fehlende zur Morgengabe, auch schickte er sogleich zu des Prinzen Vater, um ihn vom Wohle seines Sohnes zu unterrichten, und redete Bahsad zu, selbst wieder zu seinem Vater zurückzukehren. Aber Bahsad sagte: »O König! Vollende deine Wohltat und schicke mich gleich zu meiner Braut, denn das wird lange dauern, bis ich nach Hause komme und mein Vater ihr einen Boten schickt und dieser wieder zurückkehrt.«

Der König wunderte sich über des Prinzen Ungeduld und sagte ihm lächelnd: »Ich fürchte sehr, deine Übereilung möchte dich straucheln machen und dem Ziele deiner Wünsche entrücken.« Indessen gab er ihm doch ein Empfehlungsschreiben an den Vater des Mädchens. Als der Prinz zum König kam und das Schreiben überreichte, machte ihm der König mit den Großen seines Reichs einen Gegenbesuch und erwies ihm viel Ehre. Auch ließ der König dem Empfehlungsschreiben des Königs und dem Wunsche des Vaters gemäß die Vorkehrungen zur Hochzeit beschleunigen. Am Hochzeittage war der Prinz aber so ungeduldig, seine Braut unverschleiert zu sehen, daß er durch ein Loch sah, das in der Wand war, welche ihn von seiner Braut trennte. Dies bemerkte seine Schwiegermutter und es mißfiel ihr so sehr, daß sie sich von einem Diener zwei eiserne Stangen bringen ließ, und als der Jüngling wieder ans Loch kam, ihm die Augen ausstieß. Der Jüngling stieß ein jämmerliches Geschrei aus, fiel in Ohnmacht und alle Freude wurde in Trauer verwandelt.

»Du siehst, o König!« sagte der Gefesselte, »was das Ende der Übereilung ist; die Ungeduld dieses Prinzen hat ihm lange Reue zugezogen; ebenso bereute nachher seine Schwiegermutter ihre unbesonnene Tat, als es zu spät war. Drum, o König! Laß mich nicht zu schnell umbringen, du kannst mich ja immer noch töten lassen.« Als der König dies hörte, legte sich sein Zorn wieder und er ließ den Jüngling wieder ins Gefängnis zurückführen.

Am fünften Tage kam der fünfte Vezier, der Djahbur hieß, verbeugte sich vor dem König und sagte: »O König! Deine Ehre erheischt, daß, wenn jemand in deine Wohnung blickt, du ihm sogleich die Augen ausstechen lassest; was mußt du erst dem tun, den du mitten in deinem Zimmer auf deinem Bett gefunden, in der Absicht, deinen Harem zu entehren, und dazu, wenn es noch ein Mensch von niederer Herkunft ist? Tilge einmal diese Schmach durch seinen Tod, wir raten dir dazu aus Eifer für die Befestigung des Reichs und aus Liebe zu dir; dieser Mensch verdient keine Stunde mehr zu leben.« Diese Worte reizten des Königs Zorn, er ließ den Jüngling wieder vor sich führen und sagte ihm: »Wehe dir! Du hast ein großes Verbrechen begangen, du lebst schon zu lange, ich lasse dich jetzt umbringen; denn solange du lebst, haben wir keine Ruhe.« Der Jüngling sagte: »O König! Bei Gott, ich bin unschuldig, darum wünsche ich zu leben, denn nur der Unschuldige kann trotz aller Strafen sich doch aufrecht erhalten; der Schuldige aber nimmt, auch wenn er noch lange lebt, doch zuletzt ein trauriges Ende. Das lehrt uns die Geschichte des Königs Dadbin und seines Veziers.« Der König wünschte diese Geschichte zu hören, und der Jüngling begann:

Geschichte des Königs Dadbin

O König! (Gott erhalte lange dein Reich!) Einst regierte ein König im Lande Tabaristan, welcher Dadbin hieß; er hatte zwei Veziere: der eine nannte sich Surchan und der andere Kardan. Ersterer hatte eine Tochter, welche Arwa hieß und das schönste und tugendhafteste Mädchen ihrer Zeit war. Sie fastete viel und weihte ihre ganze Zeit der Andacht. Bald hörte auch der König Dadbin so viel von ihren Reizen und Tugenden, daß sein Herz für sie eingenommen wurde und er seinen Vezier rufen ließ und ihm sagte, er wünsche seine Tochter zu heiraten. Der Vezier erwiderte: »O König, erlaube mir, den Willen Arwas zu erfragen; wenn sie deine Gattin werden will, so habe ich nichts dagegen.« Der König sagte: »Eile nur!« Der Vezier ging hierauf zu seiner Tochter und sagte ihr: »Der König hat bei mir um dich angehalten, willst du ihm deine Hand reichen?« Sie antwortete: »O mein Vater, ich habe keine Lust, zu heiraten, und willst du mir je einen Gatten geben, so gib mir einen, der unter mir steht, damit er nicht stolz auf mich herabsehe und sich noch anderen Frauen zuwende; verheirate mich ja nicht mit einem, der höher steht als ich, und mich wie eine Sklavin behandeln könnte, « Der Vezier kehrte zum König zurück und brachte ihm die Antwort seiner Tochter. Aber diese Antwort vermehrte nur noch die Leidenschaft des Königs, und er sagte dem Vezier: »Gibst du mir sie nicht gutwillig, so nehme ich sie mit Gewalt. « Der Vezier ging wieder zu seiner Tochter und hinterbrachte ihr des Königs Worte. Da aber Arwa in ihrer Weigerung verharrte, und der König immer heftiger wurde und dem Vezier mit Gewalt drohte, eilte dieser schnell nach Hause und entfloh mit seiner Tochter. Als der König dies hörte, schickte er Truppen aus, um ihn aufzufangen, und stellte sich selbst an ihre Spitze. Er holte bald den Vezier ein, tötet ihn mit einem Hammer, nahm die Tochter mit Gewalt in sein Schloß und heiratete sie. Arwa ertrug ihr Unglück mit Geduld und Ergebung in Gottes Willen und hörte nicht auf, zu beten und zu fasten. Nach einiger Zeit, als der König eine Reise unternehmen mußte, ließ er den Vezier Kardan kommen und sagte ihm: »Ich vertraue dir meine Gattin, die Tochter des Veziers Surchan, an; gib wohl acht auf sie und bewache sie mit deinen eigenen Augen, denn ich habe auf der Welt nichts Teureres, als sie.« Kardan fühlte sich durch dieses Vertrauen sehr geehrt und erklärte sich bereit, des Königs Befehle zu vollziehen.

Als der König abgereist war, dachte der Vezier: Ich muß doch einmal die Frau sehen, die der König so sehr liebt. Er verbarg sich an einem Ort, wo er sie unbemerkt sehen konnte, und fand sie so unaussprechlich reizend, daß er vor Liebe ganz außer sich kam. Seiner selbst nicht mehr Herr, schrieb er ihr: »O habe doch Mitleid mit mir, deine Liebe tötet mich.« Sie antwortete ihm aber: »Ich bin ein anvertrautes Gut bei dir, mißbrauche das Vertrauen des Königs nicht, setze dein Inneres nicht mit dem Äußeren in Widerspruch, begnüge dich mit deiner gesetzmäßigen Frau und besiege deine sündhafte Leidenschaft, sonst mache ich dich vor allen Menschen zuschanden.« Als dem Vezier an der Tugend der Königin kein Zweifel mehr blieb, bereute er seine Kühnheit und fürchtete sich vor dem König. Er beschloß daher, Arwa durch List zu verderben, um nicht selbst beim König angeklagt zu werden. Sobald dieser von der Reise zurückkehrte und den Vezier nach den Angelegenheiten seines Reichs fragte, antwortete dieser: »Es steht alles gut, nur etwas Schlimmes habe ich entdeckt, das ich gern dem König zu verschweigen wünschte; doch fürchte ich ein anderer möchte mir zuvorkommen und ich dem König dann als ein treuloser Ratgeber und Vertrauter erscheinen.« Der König sagte: »Sprich nur, du bist mein treuer, aufrichtiger Ratgeber; ich habe vollen Glauben an alles, was du mir berichtest.« Da sagte der Vezier: »O König, die Frau, die du so von ganzem Herzen liebst, und die so viel von Religion, vom Fasten und Gebete spricht, ist eine Heuchlerin und eine Betrügerin.«

Der König fragte erschrocken: »Was hat sich ereignet?« worauf der Vezier antwortete: »Wisse, daß, nachdem du eine Weile abwesend warst, jemand zu mir kam und sagte: O Vezier, folge mir! Du sollst etwas sehen. Er führte mich an die Türe des königlichen Schlafgemaches, und ich sah, wie deine Gattin neben dem Sklaven ihres Vaters saß, und schloß aus ihrer Vertraulichkeit, was keiner Erwähnung bedarf. Das ist‘s, mein Herr, was ich dir zu hinterbringen hatte.« Der König sprang zornig auf und sagte einem seiner Diener: »Geh in das Gemach der Königin und bring sie um.« Aber der Diener erwiderte: »O König (Gott erhalte dich lange!), lasse deine Gattin nicht auf solche Weise sterben, laß sie lieber von einem Diener auf ein Kamel laden und in eine abgelegene Wüste bringen: ist sie schuldig, so wird sie Gott verderben, ist sie unschuldig, so wird er sie retten, und der König hat sich nicht an ihr versündigt. Bedenke, daß dir diese Frau so teuer war, daß du ihren Vater aus Liebe zu ihr getötet hast.« Der König stimmte dem Schloßverwalter bei und befahl einem seiner Sklaven, die Königin auf einem Kamel ohne Lebensmittel in eine abgelegene Wüste zu führen und sie dann ihrer Pein zu überlassen. Der Sklave vollzog des Königs Befehl und ließ Arwa ohne Speise und Wasser in der Wüste. Als diese sich ganz verlassen sah, bestieg sie einen Hügel, legte einige Steine zurecht, stellt sich darauf und betete zu Gott.

 

Um diese Zeit hatte ein Kameltreiber des Königs Chosru Kamele verloren und der König ihm gedroht, wenn er sie nicht fände, würde er ihn umbringen lassen. Der Kameltreiber suchte daher überall und vertiefte sich in die Wüste, bis er an die Stelle kam, wo die Königin betete; er wartete, bis sie ihr Gebet vollendet hatte, dann näherte er sich ihr, grüßte sie und fragte: »Wer bist du?« Sie antwortete: »Ein Sklavin Gottes.« – »Und was tust du an diesem entlegenen Ort?« – »Ich bete Gott an.« Der Kameltreiber fand sie so schön, daß er nicht umhin konnte, ihr zu sagen: »Höre, willst du mich heiraten? Ich werde dich mit Liebe und Zärtlichkeit behandeln und in deinem Gottesdienste dir beistehen.« Sie antwortete aber: »Ich will nicht heiraten, ich will allein mit meinem Herrn in seinem Dienste leben; willst du mir aber eine Gnade erweisen und mir in meinem Gottesdienste beistehen, so führe mich an einen Platz, wo es Wasser gibt.« Der Kameltreiber führte sie an einen Bach und setzte seinen Weg fort; aber kaum war er einige Schritte weiter gegangen, da fand er durch ihren Segen seine Kamele wieder. Als er zum König zurückkehrte und dieser ihn fragte, ob er die Kamele wiedergefunden, erzählte er ihm von dieser Frau und sprach so viel von ihrer Schönheit und Anmut, daß der König für sie eingenommen wurde und selbst mit wenigen Leuten zu ihr ritt. Sobald er sie sah, war er entzückt von ihren Reizen, denn er fand sie noch viel schöner, als sie ihm geschildert worden. Er näherte sich ihr und sagte: »Ich bin der große König Chosru, willst du mich zum Gatten?« Sie antwortete: »Ich lebe hier in dieser Wüste von den Menschen getrennt, was willst du von mir?« Er antwortete: »Ich muß dich heiraten und wenn du mir nicht folgen willst, so werde ich hier bei dir wohnen und Gott mit dir anbeten.« Er ließ dann sogleich ein Zelt für sie aufschlagen und ein anderes für sich, dem ihrigen gegenüber, und ließ ihr Speisen reichen. Da dachte sie: Dieser Mann ist ein König, ich darf ihn nicht von seinen Untertanen und seinem Reiche trennen. Sie ließ ihm daher durch die Dienerin, welche ihr zu essen brachte, sagen, er möchte doch zu seinen Frauen zurückkehren, sie wolle lieber allein Gott anbeten. Als die Dienerin dies dem König hinterbrachte, ließ er ihr sagen, er habe keine Freude mehr an seinem Königreiche, er wolle auch diese Wüste bewohnen und Gott mit ihr anbeten. Arwa, von den ernsten Absichten des Königs überzeugt, konnte ihm nicht länger widerstehen; sie sagte ihm daher: »Ich will, deinem Wunsche gemäß, deine Gattin werden, doch unter der Bedingung, daß du den König Dadbin und seinen Vezier und Pförtner kommen lassest; ich werde in deiner Gegenwart auf eine Weise mit ihnen sprechen, daß du mich gewiß noch mehr lieben wirst.« Auf Chosrus dringende Fragen erzählte sie ihm dann ihre ganze Geschichte vom Anfang bis zum Ende und seine Liebe zu ihr wurde noch größer und er sagte ihr zu, was sie begehrte.

Chosru ließ dann Arwa in einer Sänfte nach dem Schlosse bringen, heiratete sie und verlieh ihr den höchsten Rang in seinem Harem. Bald nachher schickte er eine zahlreiche Armee zu Dadbin und ließ ihn, seinen Vezier und den Pförtner holen, ohne ihnen zu sagen, was er von ihnen wolle; für Arwa ließ er vor dem großen Sitzungssaal ein Zelt aufschlagen, das mit einem Vorhange bedeckt war, und als Dadbin und sein Vezier neben Chosru Platz nahmen, hob Arwa den Vorhang ihres Zeltes auf und sagte: »Kardan, steh auf! Du verdienst nicht, in der Nähe eines Mannes, wie der mächtige König Chosru, zu sitzen.« Als der Vezier Kardan dies hörte, zitterte er am ganzen Körper und stand voller Angst auf. Da sagte sie ihm: »Ich beschwöre dich bei dem, der dich hierher gebracht, sprich die Wahrheit: Was hat dich dazu bewogen, mich zu verleumden und mich von meinem Hause und meinem Gatten zu trennen? Hier helfen keine Lügen mehr.« Der Vezier, der jetzt Arwa an ihrer Stimme erkannte, dachte, daß hier nur die Wahrheit frommen könne; er beugte daher den Kopf zur Erde und sagte weinend: »Wer ein Unrecht begeht, dem wird es wieder vergolten, wenn es auch lange ansteht. Bei Gott, ich habe schwer gesündigt, Furcht, Leidenschaft und ein schweres Verhängnis, dem ich nicht entgehen konnte, haben mich dazu veranlaßt; diese Frau ist rein und unschuldig.« Als der König Dadbin dies hörte, schlug er sich ins Gesicht und sagte zu Kardan: »Gott töte dich, wenn du ungerechterweise mich von meiner Gattin geschieden hast.« Aber Chosru sagte: »Gott wird dich verderben, du hast es durch deine Übereilung verdient. Hättest du dich besonnen und ihre Schuld geprüft, so wäre es dir leicht gewesen, die Lüge von der Wahrheit zu unterscheiden. Dieser Vezier wollte deinen Untergang; wo blieb aber dein Verstand und deine Besonnenheit?«

Chosru fragte dann Arwa, welche Strafe er über die Angeklagten verhängen sollte. Sie antwortete: »Urteile nach Gottes Ausspruch: Der Mörder soll wieder getötet werden und dem Übeltäter soll wie dem Wohltäter Gleiches mit Gleichem vergolten werden.« Sie ließ dann den König Dadbin mit einem Hammer totschlagen und sagte: »Das ist für den Mord meines Vaters.« Den Vezier Kardan aber ließ sie auf ein Kamel laden und in die Wüste führen, in welche sie einst ausgesetzt worden, und sagte ihm: »Bist du schuldig, so wirst du in der Wüste vor Hunger und Durst umkommen, bist du unschuldig, so kannst du ebenso gut wie ich gerettet werden.« Dem Diener aber, der den Rat gegeben hatte, sie in die Wüste zu führen, schenkte sie ein kostbares Kleid und sagte ihm: »Ein Mann wie du verdient in der Nähe von Königen angesehen zu leben, denn du hast gut und wahr gesprochen.« Kaum hatte sie so gesprochen, da ernannte ihn Chosru zum Statthalter über eine seiner Provinzen.

»Du siehst, mächtiger König«, sagte der Jüngling, »daß, wer Gutes übt, auch wieder Gutes findet, und daß der Unschuldige kein böses Ende zu fürchten hat. Auch ich bin unschuldig, drum hoffe ich, daß dir Gott die Wahrheit zeigen und mir gegen meine Feinde und Verleumder den Sieg verschaffen wird.« Als der König dies hörte, legte sich sein Zorn; er ließ den Jüngling ins Gefängnis zurückführen und sagte: »Wir wollen warten bis morgen.«

Am sechsten Tage waren die Veziere außer sich vor Ärger darüber, daß sie noch immer ihren Zweck nicht erreicht; auch fingen sie an, für sich selbst zu fürchten. Drei von ihnen gingen daher zum König, verbeugten sich vor ihm und sprachen: »O König, wir sagen dir aus Liebe zu dir und deinem Reiche: Du hast diesen Jüngling schon zu lange leben lassen; wir wissen nicht, was du dabei gewinnst, ein Tag nach dem anderen geht vorüber und das Gerede und die entehrenden Vermutungen nehmen immer zu; drum laß ihn endlich einmal umbringen.« Als der König dies hörte, sagte er: »Bei Gott, ihr habt recht und sprecht wahr.« Er ließ den Jüngling wieder vorführen und sagte: »Wie lange soll ich mich noch über dich bedenken? Ich sehe keine Hilfe für dich, alle meine Räte dürsten nach deinem Blute.« Der Jüngling aber versetzte: »Ich erwarte Hilfe von Gott, nicht von seinen Geschöpfen; und steht der mir bei, so kann mir niemand schaden; auch fürchte ich niemand, denn mein ganzer Sinn ist mit ihm. Wer von Menschen Hilfe erwartet, dem geht es, wie dem König Bacht Saman.« Als der König die Geschichte Bacht Samans hören wollte, erzählte der Jüngling:

Geschichte Bacht Samans

Einst lebte ein König, mit Namen Bacht Saman, der seine größte Freude an Essen, Trinken und anderen sinnlichen Genüssen hatte. Da rückte einmal der Feind gegen die Grenzen seines Landes heran und bedrohte es mit einem Überfall. Als einer seiner Freunde ihm dies meldete und ihn aufforderte, auf seiner Hut zu sein, sagte er: »Ich habe viel Geld, Soldaten und Waffen, ich fürchte nichts.« Da sagten ihm seine Freunde: »Vertraue lieber auf Gott, der hilft dir eher, als deine Waffen, deine Soldaten und dein Geld.« Er gab aber seinen Ratgebern kein Gehör, wurde vom Feinde überfallen, besiegt und in die Flucht getrieben, denn sein Vertrauen auf etwas außer Gott half ihm nichts. Bacht Saman flüchtete sich nun zu einem anderen König und sagte ihm: »Ich komme zu dir und hänge mich an den Saum deines Kleides und flehe deine Hilfe gegen meine Feinde an.« Dieser König gab ihm so viel Geld und Truppen, daß er dachte: Nun habe ich wieder eine große Armee, ich werde gewiß meinen Feind besiegen; er setzte aber nicht hinzu: »Mit Gottes Hilfe«, darum kam ihm auch sein Feind entgegen, trieb ihn abermals in die Flucht, schlug seine Truppen, nahm ihm sein Geld und verfolgte ihn bis ans Meer. Als Bacht Saman übers Meer setzte, fand er eine große Stadt mit einer festen Zitadelle; er fragte, wem diese Stadt gehöre, und man antwortete ihm: »Dem König Chadidan.« Bacht Saman ging in den Palast des Königs, gab sich für einen Krieger aus und forderte Dienst beim König. Dieser empfing ihn gut und reihte ihn in seine Leibwache ein, doch sehnte sich Bacht Saman stets nach seinem Lande zurück. Einst traf es sich, daß der König Chadidan einen Feind zu bekriegen hatte, da ernannte er Bacht Saman zum Anführer der Truppen. Als sie aber ihre Reihen gebildet hatten, stellte sich der König Chadidan selbst an ihre Spitze mit einer Lanze in der Hand und kämpfte mutig, bis sich der Krieg für ihn entschied und das feindliche Heer beschämt die Flucht ergriff. Als Chadidan siegreich mit den Seinigen zurückkehrte, sagte ihm Bacht Saman: »O Herr, ich wundere mich, wie du, Herr dieser zahlreichen Truppen, doch selbst fechten und dich solcher Gefahr aussetzen mochtest.« Chadidan antwortete: »Du gibst dich für einen erfahrenen Krieger aus und glaubst, der Sieg hänge von der Zahl der Truppen ab?« Bacht Saman erwiderte: »Allerdings glaube ich dies.« Da versetzte Chadidan: »Du irrst in deinem Glauben; wehe dem, der nicht auf Gott vertraut! Von ihm allein kommt der Sieg. Das Heer ist nur ein Gegenstand der Zierde und dient zur Vermehrung der Ehrfurcht vor dem König. Auch ich glaubte ehemals, der Sieg hänge von der Zahl der Truppen ab; da zog mir einst ein Feind entgegen mit achthundert Mann, ich hatte ihm achthunderttausend Mann entgegen zu stellen und fürchtete ihn daher nicht; aber mein Feind vertraute auf Gott und brachte mir eine harte Niederlage bei. Ich mußte mich in eine Höhle flüchten, wo ich einen Einsiedler traf; ich wandte mich zu diesem und klagte ihm meinen Zustand. Da sagte er: Weißt du, warum du geschlagen worden bist? Ich sagte: Nein. Da versetzte er: Weil du dich auf deine zahlreichen Truppen und nicht auf Gott verlassen hast, während doch er allein dir nützen oder schaden kann; drum wende dich zu Gott und kein Feind wird dir widerstehen.

»Ich ging in mich zurück«, fuhr Chadidan fort, »und bekehrte mich nach der Weisung dieses Einsiedlers. Nach einiger Zeit sagte mir dieser: Geh mit den Truppen, die dir noch geblieben, den Feinden wieder entgegen, und wenn ihr Sinn nicht mehr mit Gott ist, so wirst du sie besiegen, und kämpftest du auch allein gegen sie. Als ich die Worte des Einsiedlers hörte, vertraute ich auf Gott, versammelte die Truppen, die ich noch übrig hatte, und überfiel den Feind plötzlich in der Nacht. Der Feind, der die geringe Anzahl meiner Leute nicht kannte, entfloh auf die schmählichste Weise, und ich wurde durch die Macht Gottes wieder König in meinem Lande, und nun setze ich im Kriege mein Vertrauen nur auf Gott.« Als Bacht Saman dies hörte, erwachte er aus seiner Ungewißheit und sagte: »Gepriesen sei der erhabene Gott! Sieh, du hast mir da meine eigene Geschichte erzählt: Ich bin der König Bacht Saman, dem dies alles selbst widerfahren, ich wende mich nun Gottes Pforte zu und bekehre mich zu ihm.« Bacht Saman ging hierauf ins Gebirge, und betete lange Gott an. Eines Nachts sagte ihm jemand im Traume: »Gott hat deine Buße angenommen, er wird dir gegen deine Feinde beistehen.« Als Bacht Saman erwachte, machte er sich gegen seine Heimat auf. Da traf er einige Leute aus der Umgebung des Königs, die ihm sagten: »Kehre wieder um, denn wir sehen, daß du hier fremd bist, und dein Leben schwebt in großer Gefahr, weil der König dieses Landes alle Fremden umbringen läßt, aus Furcht vor dem König Bacht Saman.« – »Ich fürchte nur Gott«, versetzte Bacht Saman, »ohne seinen Willen kann euer König mir nichts anhaben.« – »Aber«, erwiderten sie, »er hat viele Truppen und hält sich für unüberwindlich.« Bacht Saman ließ sich nicht abschrecken und dachte bei sich: Ich vertraue auf Gott, so Gott will, werde ich ihn besiegen. Er sagte dann zu den Leuten: »Kennt ihr mich nicht?« Sie antworteten: »Nein, bei Gott!«

 

Da sagte er ihnen: »Ich bin der König Bacht Saman.« Als sie dies hörten und ihn wieder erkannten, stiegen sie von ihren Pferden ab und küßten aus Ehrfurcht seine Steigbügel und sagten ihm: »O König, wie magst du dich in solche Gefahr begeben?« Er antwortete: »Mir ist leicht zumute, denn ich vertraue auf Gottes Schutz, der genügt mir.« Die Leute sagten ihm hierauf: »Das genügt dir, aber auch wir werden gegen dich verfahren, wie es unsere Pflicht erfordert; laß deinen Mut nicht sinken, du kannst über unser Vermögen und unser Leben verfügen, und da wir dem König am nächsten stehen, so können wir dich mit uns nehmen und im stillen wieder Freunde für dich werben, denn alle Leute sind dir zugetan.« Sie nahmen dann Bacht Saman in ihre Mitte und führten ihn in die Stadt und verbargen ihn.

Hierauf teilten sie Bacht Samans Rückkehr einigen höheren Beamten mit, welche früher seine Freunde waren. Bald wurde ein geheimer Bund gegen den König beschlossen, dessen Mitglieder den König töteten und Bacht Saman wieder an seine Stelle setzten. Gott gab diesem Glück in allen seinen Unternehmungen, denn er war gerecht gegen seine Untertanen und lebte im Gehorsam Gottes.

»Du siehst, o König«, sagte der Jüngling, »daß, wer einen reinen Sinn hat und auf Gott vertraut, nie zugrunde geht. Auch ich habe keine andere Hilfe zu erwarten, als von Gott, dessen Urteil ich mich gern unterwerfe, weil er meine Unschuld kennt.« Des Königs Zorn legte sich wieder, und er ließ den Jüngling ins Gefängnis zurückführen.

Am siebenten Tage kam der siebente Vezier, welcher Bihkamal hieß, verbeugte sich vor dem König und sprach: »O König, was nützt dein langes Zaudern mit diesem Jüngling? Man unterhält sich von nichts anderem mehr, als von dir und von ihm; warum läßt du ihn so lange nicht umbringen?« Der König, hierdurch aufs neue gereizt, ließ den Jüngling wieder vor sich führen und sagte ihm: »Wehe dir! Bei Gott, dieses Mal entgehst du mir nicht mehr, du hast meine Ehre verletzt, ich kann dir nie verzeihen.« Der Jüngling sprach: »O König, nur bei großen Vergehen ist Verzeihung groß; je schwerer das Verbrechen, um so ruhmvoller die Gnade; es ziemt wohl einem mächtigen König, wie du bist, einem Jünglinge meinesgleichen zu verzeihen. Gott, der übrigens meine Unschuld kennt, hat uns geboten, einander zu verzeihen. Wer einem Feinde, den er umbringen könnte, das Leben schenkt, hat dasselbe Verdienst, als hätte er einen Toten wieder belebt; wer sich anderer erbarmt, der findet wieder Erbarmen, wie der König Bihkerd.« Der König fragte: »Was war denn mit diesem Bihkerd?« Da erzählte der Jüngling: