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Tausend Und Eine Nacht

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Geschichte des Kaufmanns und seines Sohnes

O König! Einst mußte ein sehr reicher Kaufmann während der Schwangerschaft seiner Frau eine Reise machen. Er ging zu ihr, stellte ihr die Notwendigkeit seiner Reise vor, versprach ihr, vor ihrer Niederkunft zurückzukehren, und nahm Abschied von ihr. Da kam er auf seinen Reisen zu einem König, welcher einen guten Minister, um das Land zu regieren, suchte. Der König fand den Kaufmann so gebildet, klug und kenntnisreich, daß er ihn zu seinem Minister ernannte und ihm viel Gutes erwies. Nach einiger Zeit hielt der Kaufmann um Erlaubnis an, wieder nach seiner Heimat zurückzureisen, aber der König wollte ihn nicht entlassen. Dann bat er nur um Erlaubnis, seine Familie zu besuchen, und versprach, wiederzukommen; dies gestattete ihm der König und schenkte ihm noch einen Beutel mit tausend Dinaren. Der Kaufmann bestieg ein Schiff und trat seine Rückreise an, An demselben Tage aber schiffte sich auch seine Gattin ein, welche den Aufenthaltsort ihres Mannes erfahren hatte, um mit dem Zwillingspaar, das sie in seiner Abwesenheit geboren hatte, sich zu ihm zu begeben. Das Schiff, auf welchem die Mutter mit ihren Kindern war, landete gerade auf einer Insel, als das, auf welchem der Kaufmann war, von der entgegengesetzten Seite ankam. Da sagte die Frau zu ihren Kindern: »Dieses Schiff kommt aus dem Lande, wo euer Vater wohnt, geht ans Ufer und erkundigt euch nach ihm.« Sie gingen ans Ufer und machten viel Geräusch in der Nähe des Schiffes ihres Vaters. Ihr Vater schlief gerade im Schiffe und fuhr erschrocken auf bei dem Geschrei der Kinder; er stand auf, um sie schweigen zu machen, da fiel ihm sein Beutel zwischen die Waren und er konnte ihn nicht mehr finden. Er schlug sich ins Gesicht, faßte die Jungen und sagte ihnen: »Ihr habt mir den Beutel gestohlen, ihr habt nur hier gespielt, um mich zu bestehlen; es war niemand außer euch da.« Er nahm dann einen Stock und prügelte sie; die Kinder weinten und die Matrosen versammelten sich um sie und sagten: »Alle Kinder dieser Insel sind Diebe.« Nun wurde der Kaufmann so aufgebracht, daß er schwor, sie ins Wasser zu werfen, wenn sie den Beutel nicht herausgäben.

Nachdem der Kaufmann geschworen hatte, nahm er die Kinder und befestigte sie an einem Bund Zuckerrohr und warf sie ins Wasser. Als die Kinder lange nicht zu ihrer Mutter zurückkehrten, kam sie in die Nähe des Schiffs, um sie zu suchen, und da sie sie nirgends sah, erkundigte sie sich nach ihnen bei den Matrosen und beschrieb das Alter und Aussehen derselben. Die Matrosen sahen bald ein, daß diese Frau die Mutter der Kinder sei, welche ins Wasser geworfen worden, und erzählten ihr, was ihren Kindern widerfahren. Die Frau schrie: »Wie schade um eure Herrlichkeit, o meine Kinder! Wo ist das Auge eures Vaters, daß es euch sehe?« Da fragte sie einer der Schiffsleute: »Wessen Gattin bist du?« Sie antwortete: »Ich bin die Gattin des Kaufmanns N.N., zu dem ich eben reisen wollte, als dieses Unglück mich traf.« Als der Kaufmann dies hörte, umarmte er sie, dann stand er auf, zerriß seine Kleider, schlug sich auf den Kopf und rief: »Bei Gott, ich habe selbst meine Kinder getötet. Das ist die Strafe dessen, der die Folgen einer Handlung nicht bedenkt und übereilt handelt.« Er weilte dann eine Weile im Schiff mit seiner Gattin, dann sagte er: »Bei Gott, ich werde keine Freude mehr am Leben haben, bis ich weiß, was aus meinen Kindern geworden. « Er schwamm im Wasser herum, fand sie aber nicht mehr, denn ein heftiger Wind hatte sie ans andere Ufer getrieben. Eins dieser Kinder wurde von Freunden des Königs aufgenommen, bei dem sein Vater gewohnt hatte. Als das Kind dem König gebracht wurde, gefiel es ihm sehr, daß er es an Kindesstelle annahm und als sein eigenes Kind ausgab, das er aus zärtlicher Liebe bis jetzt verborgen habe. Alle Welt freute sich darüber und der König bestimmte ihn zu seinem Nachfolger und Erben.

Nach einigen Jahren starb der König und sein Adoptivsohn bestieg den Thron ohne Widerspruch. Seine Eltern hatten lange die Insel durchsucht, um ihn und seinen Bruder wiederzufinden, konnten aber keine Spur von ihnen auffinden; nachdem sie alle Hoffnung, ihre Kinder wiederzusehen, verloren hatten, ließen sie sich auf eine Insel nieder. Eines Tages, als der Kaufmann auf den Markt ging, sah er einen Makler mit einem Jungen an der Hand, den er verkaufen wollte. Da dachte er bei sich: ich will diesen Jungen kaufen und mich durch ihn über den Verlust meiner Kinder trösten; er bewilligte dem Makler den geforderten Preis und führte den Jungen nach Hause. Als seine Frau ihn sah, schrie sie: »Bei Gott, das ist mein Sohn!« Vater und Mutter freuten sich sehr und fragten ihn nach seinem Bruder; er sagte: »Das Meer hat uns getrennt, ich weiß nicht, wo er hingekommen.«

Mehrere Jahre nach dem unerwarteten Wiederfinden seines Sohnes ließ der Kaufmann ein Schiff mit kostbaren Waren beladen und schickte seinen Sohn damit in die Residenz seines Bruders, denn auch die Insel, welche sie bewohnten, gehörte ihm. Als der König hörte, es sei ein fremder Kaufmann mit Waren angekommen, die für ihn passen, ließ er ihn rufen. Er erkannte seinen Bruder nicht, doch fühlte er sich mächtig zu ihm hingezogen und sagte ihm: »Ich wünschte, daß du bei mir bliebest, ich will dich groß machen und dir geben, was du nur begehrst.« Der junge Kaufmann blieb einige Zeit bei seinem Bruder, und als er sah, daß dieser sich gar nicht mehr von ihm trennen wollte, benachrichtigte er seine Eltern davon und bat sie, zu ihm zu kommen. Bald nach ihrer Ankunft kam einmal der König betrunken nach Hause. Da dachte der junge Kaufmann: »Der König verdient wohl durch seine vielen mir erwiesenen Wohltaten, daß ich ihn selbst diese Nacht bewache.« Er stellte sich daher mit gezogenem Schwerte an die Türe des königlichen Gemaches. Ein junger Mann, der ihn längst schon wegen des Ansehens beim König beneidete, sah ihn in dieser Stellung und fragte ihn, warum er so mit gezogenem Schwerte dastehe. »Ich will den König selbst bewachen, weil er mir so viel Gutes erwiesen,« erwiderte ihm der junge Kaufmann.

Als der neidische Jüngling aber am folgenden Morgen diese Begebenheit seinen Freunden erzählte, sagten sie: »Das ist eine gute Gelegenheit, dem fremden Kaufmann die Gunst des Königs zu entziehen und uns Ruhe vor ihm zu schaffen.« Sie gingen hierauf zum König und sagten ihm, sie wünschten ihm einen Rat zu geben, und auf die Frage des Königs, was es wäre, antworteten sie: »Der junge Kaufmann, dem du dich so genähert und den du über alle dein Günstlinge erhoben hast, hat gestern vor unsern Augen mit gezogenem Schwerte auf dich losrennen wollen, um dich zu töten.« Als der König dies hörte, wurde er blaß und sagte: »Könnt ihr das beweisen?« – »Willst du den besten Beweis von der Wahrheit unserer Aussage haben«, antworteten die Verleumder, »so stelle dich diese Nacht wieder betrunken und lege dich nieder, da wirst du mit deinen eigenen Augen dich überzeugen.« Sie gingen hierauf zum jungen Kaufmanne und sagten ihm: »Wisse, der König hat dich deiner gestrigen Tat willen sehr gelobt und er wird dich dafür aufs glänzendste belohnen.« In der folgenden Nacht befolgte der König den Rat der bösen Jünglinge, und als er den Kaufmannssohn mit gezogenem Schwerte kommen sah, fürchtete er sich vor ihm, ließ ihn festnehmen und sagte ihm: »Ist das der Lohn für meine dir erwiesenen Wohltaten? Du bist mir näher als irgend jemand gestanden und nun verfährst du so schlimm gegen mich?« Zwei Jungen fragten sogleich den König, ob sie ihm den Kopf abschlagen sollten. Aber der König antwortete: »Einen Menschen umbringen ist eine sehr leichte Sache, aber auch eine sehr ernste; wir können leicht den Lebendigen töten, aber dem Toten nicht mehr das Leben wiedergeben. Darum will ich diesen Verbrecher einstweilen nur einsperren lassen, seinen Kopf kann ich immer noch haben.« Hierauf verließ sie der König, nahm seine Tagesarbeit vor, ging dann auf die Jagd, kehrte zur Stadt zurück und dachte nicht mehr an den Eingesperrten. Da kamen die Feinde des Kaufmannssohnes zum König und sagten: »Wenn du diesen Verbrecher nicht bestrafst, so werden alle jungen Leute nach deinem Reiche lüstern werden.« Diese Worte erweckten den Zorn des Königs, er ließ den Angeklagten wieder vor sich führen und den Scharfrichter holen, um ihm den Kopf abzuschlagen. Schon hatte man dem Jüngling die Augen zugebunden und der Scharfrichter stand ihm zu Häupten und sagte: »Wenn du es erlaubst, o König, so haue ich zu.« Als der König erwiderte: »Halte ein! Ich will noch darüber nachdenken, ich kann ihn immer noch töten lassen; führet ihn wieder ins Gefängnis zurück!« Inzwischen hatte der Vater des jungen Kaufmanns von dem Schicksale seines Sohnes Nachricht erhalten. Er eilte sogleich zum König und überreichte ihm ein Schreiben, welches folgende Worte enthielt:

»Habe Mitleid mit mir, Gott wird sich auch deiner erbarmen! Übereile dich nicht, wo es ein Menschenleben gilt, denn ich habe aus Übereilung einen Sohn ins Wasser geworfen, den ich nie mehr wiedergefunden. Glaubst du, daß er den Tod verdient, so töte mich statt seiner.«

Er fiel dann vor dem König nieder und weinte. Der König forderte ihn auf, die Geschichte seines ertrunkenen Sohnes ausführlich zu erzählen, und als er damit zu Ende war, stieß der König ein lautes Geschrei aus, stieg vom Thron herunter, umarmte seinen Vater und seinen Bruder und sagte: »Bei Gott, du bist mein Vater, dieser Jüngling ist mein Bruder und deine Gattin ist unsere Mutter. Seht ihr«, sagte er zu den Leuten, welche um ihn versammelt waren, »wie wohl ich daran getan habe, mich in meinem Hinrichtungsbefehle nicht zu übereilen«, und alle Leute bewunderten seine Einsicht und Überlegung. Dann sagte er, zu seinem Vater sich wendend: »Wärest du damals auf der Insel nicht so rasch gewesen, so hättest du dir diese ganze Zeit her viele Reue und Trauer erspart.« Der König ließ dann auch seine Mutter kommen und ein glückliches Leben in der Mitte seiner Verwandten war der Lohn seiner Bedachtsamkeit.

 

»Darum«, sagte der Jüngling zum König, »übereile auch du meinen Tod nicht, du möchtest ihn zu spät bereuen, denn nichts ist schlimmer, als die Folgen einer Tat nicht zu bedenken. « Als der König dies hörte, ließ er den Jüngling ins Gefängnis zurückführen und beschloß, noch einige Zeit über ihn nachzudenken.

Am dritten Tage kam der dritte Vezier zum König und sagte: »O König! Verschiebe die Strafe dieses Jünglings nicht länger, denn schon sprechen alle Leute von seiner Schandtat: Laß ihn schnell umbringen, daß keine Rede mehr von ihm sei. Man soll nicht sagen: der König hat jemanden auf dem Bett seiner Gattin gefunden und ihm verziehen.« Diese Worte des Veziers reizten den Zorn des König wieder; er ließ den Jungen gefesselt vorführen und sagte ihm: »Du bist ein Mensch von schlechter Herkunft, du hast mich entehrt, drum will ich dich aus der Welt schaffen.« Der Junge sage: »O König! Gebrauche Geduld in allen deinen Handlungen, so wirst du alle deine Wünsche erlangen; Gott führt immer durch Geduld zum Glück. So ist Abu Saber durch Geduld von der Grube auf den Thron gestiegen.« – »Was ist das für eine Geschichte?« fragte der König; und der Jüngling begann:

Geschichte des Gutsbesitzers Abu Saber

Einst lebte in einer kleinen Stadt ein Gutsbesitzer mit Namen Abu Saber, der große Viehherden besaß und eine schöne Frau hatte, die ihm zwei Kinder gebar. Da kam einmal ein Löwe und zerriß eine Menge Vieh. Die Gutsbesitzerin sagte zu ihrem Gatten: »Siehe, dieser Löwe hat unser bestes Vieh zugrunde gerichtet; verfolge ihn mit deinen Leuten und suche ihn zu töten, daß wir Ruhe bekommen.« Er aber antwortete: »Habe Geduld, meine Frau, denn Geduld bringt ein gutes Ende. Dieser Löwe ist doch ein schädliches Tier, Gott wird ihn schon verderben; laß uns nur in Geduld abwarten, jeder Übeltäter stürzt zuletzt selbst ins Verderben.«

Eines Tages ging der König mit großem Gefolge auf die Jagd, begegnete dem Löwen und setzte ihm nach, bis er ihn tötete. Als Abu Saber dies hörte, sagte er zu seiner Gattin: »Habe ich dir nicht gesagt, der Übeltäter stürzt schon von selbst? Hätte ich den Löwen zu erlegen gesucht, wäre es mir vielleicht nicht gelungen: das ist der Lohn der Geduld.« Einige Zeit nachher, als in dem Städtchen, das Abu Saber bewohnte, jemand ermordet wurde, ließ der Sultan das ganze Städtchen plündern, und Abu Saber verlor dadurch auch den größten Teil seines Vermögens. Da sagte ihm seine Gattin: »Die Umgebung des Sultans kennt dich als einen braven Mann, schreibe dem Sultan, er wird dir gewiß dein Gut zurückgeben lassen.« Er aber antwortete: »O meine Frau! Habe ich dir nicht gesagt, wer Unrecht begeht, wird schon bestraft werden? Nun hat der Sultan eine Gewalttat ausgeübt und unschuldigen Leuten ihr Gut geraubt: du wirst sehen, wie er bald das seinige verliert.« Dies hörte einer seiner Nachbarn, welcher ihn schon längst beneidete. Er gab dem Sultan davon Kunde, und dieser ließ dem Gutsbesitzer alles, was ihm noch übrig geblieben war, wegnehmen und ihn mit seiner Gattin aus dem Städtchen treiben. Als sie hierauf in eine Wüste flohen, sagte die Frau zu ihrem Manne: »Das alles kommt von deiner Schwäche und Saumseligkeit.« Er aber versetzte: »Habe nur Geduld, sie führt sicher zu einem guten Ende.« Kaum waren sie einige Schritte weiter gegangen, da kamen Räuber und zogen ihnen ihre Kleider aus, nahmen, was sie auf dem Leibe hatten, und raubten ihnen auch ihre Kinder. Die Frau sagte weinend: »Laß einmal deinen Gleichmut und komme, wir wollen den Räubern nachlaufen, vielleicht werden sie uns bemitleiden und uns unsere Kinder zurückgeben. « Abu Saber antwortete: »Habe nur Geduld! wer etwas Böses tut, dem wird auch wieder Böses vergolten: wenn ich ihnen folgte, könnte leicht einer von ihnen sein Schwert ziehen und mich töten; drum Geduld, diese führt zu einem guten Ende.«

Sie gingen dann fort, bis sie in die Nähe eines Städtchens im Lande Kirman kamen, da ließen sie sich am Ufer eines Flusses nieder und Abu Saber sagte zu seiner Frau: »Bleibe du hier, ich will einstweilen ins Städtchen gehen, um eine Wohnung zu mieten.« Als er fern war, kam ein Reiter, um sein Pferd im Flusse zu tränken; diesem gefiel Abu Sabers Gattin so sehr, daß er ihr sagte: »Komm, reite mit mir weg! Ich will dich heiraten und glücklich machen.« Sie antwortete: »Gott erhalte dich! Ich habe einen Gatten.« Da zog er sein Schwert und sagte: »Wenn du mir nicht folgst, so bringe ich dich um.« Als sie dies sah, schrieb sie mit den Fingern in den Sand: »O Abu Saber! Du hattest immer Geduld, bis du dein Vermögen, deine Kinder und deine Gattin verloren, die dir noch teurer als alles war, nun wirst du immer in Trauer leben und sehen, wohin dich deine Geduld geführt hat.« Der Reiter setzte sie dann hinter sich aufs Pferd und ritt mit ihr davon. Als Abu Saber zurückkam, war sie schon weit weg, und als er las, was sie geschrieben hatte, gab er sie für verloren; er weinte eine Weile, sagte aber bald zu sich selbst: »O Abu Saber! Du mußt auch jetzt noch Geduld haben, es gibt vielleicht noch ein härteres Unglück, als das deinige.« Er ging dann traurig vor sich hin, bis er von Handwerksleuten, die am königlichen Palast Frondienst leisten mußten, angehalten wurde. Diese sagten ihm: »Du mußt hier mitarbeiten, sonst wirst du für immer eingesperrt.« Abu Saber arbeitete nun einen ganzen Monat wie ein Taglöhner und erhielt jeden Tag einen Laib Brot. Eines Tages fiel ein Arbeiter von einer Leiter herunter und brach ein Bein. Abu Saber hörte ihn weinen und sagte ihm: »Habe Geduld und schreie nicht, du wirst um so eher wieder Ruhe finden; verliere nur die Geduld nicht, denn mit ihr kann man aus der tiefsten Grube auf den Thron steigen.« Der König, welcher am Fenster saß und diese Rede hörte, geriet in Zorn über Abu Saber und ließ ihn in eine tiefe Grube werfen, die im Palast war, und sagte zu ihm: »Du Verrückter! Wir wollen einmal sehen, wie du aus der Grube auf den Thron steigst.« Diese Worte wiederholte der König jeden Tag vor der Grube, in welche er ihm zwei Laibchen Brot werfen ließ. Abu Saber schwieg und ertrug sein Unglück mit Geduld. In der Grube, wo er schmachtete, war früher ein Bruder des Königs eingesperrt, der schon längst tot war, den man aber im Lande noch lebendig glaubte. Die Partei des Verstorbenen wurde durch dessen vermeinte lange Gefangenschaft gegen den König aufgebracht, er wurde als ein grausamer Tyrann verschrien und in einem Volksaufstande ermordet. Nun holte man Abu Saber, den man für des Königs Bruder hielt, aus der Grube hervor. Niemand sah den Irrtum ein, weil beide einander sehr ähnlich waren und des Königs Bruder gar zu lange im Gefängnis von niemandem besucht werden durfte, und so wurde Abu Saber als König ausgerufen.

Abu Saber dachte: das ist der Lohn der Geduld; und ohne ein Wort zu sagen, setzte er sich auf den Thron, zog königliche Kleider an und regierte mit so vieler Gerechtigkeit und Einsicht, daß man ihn liebgewann und ihm gern gehorchte, auch wurde sein Heer immer stärker. Bald nachher wurde der König, welcher ihn einst ausgeplündert hatte, von einem seiner Feinde überfallen und vom Throne gestürzt. Der vertriebene König kam zu Abu Saber, den er nicht mehr kannte, lobte seine Tugenden und flehte ihn um Schutz und Hilfe an. Abu Saber aber, der sich seiner noch erinnerte, dachte: das ist der Lohn der Geduld, nun hat ihn Gott in meine Hand gegeben, und gab seinen Leuten Befehl, den König mit den seinigen bis auf ihre Kleider auszuplündern und aus dem Lande zu treiben. Abu Sabers Leute sahen dies mit Erstaunen und dachten: das ist nicht königlich gehandelt; ein fremder König fleht seinen Schutz an und er läßt ihn ausplündern; doch mußten sie schweigen. Nach einiger Zeit hörte der König, es halten sich Räuber im Lande auf; er ließ ihnen nachsetzen, und als man sie ihm gefangen brachte, sah er, daß es die Räuber waren, welche ihn ausgeplündert und seine Kinder weggeführt hatten. Er fragte sie: »Wo sind die zwei Knaben, die ihr einst in der Wüste geraubt habt?« Sie antworteten: »Wir haben sie bei uns und wollen sie unserem Herrn, dem König, als seine Sklaven vorstellen; auch wollen wir alles Geld hergeben, das wir gesammelt haben, das Räuberhandwerk aufgeben und bei deinen Truppen als Soldaten dienen.« Der König aber gab ihnen kein Gehör, sondern nahm ihnen ihr Geld und die zwei Knaben weg, an denen er große Freude hatte, und ließ sie dann hinrichten. Da sagten die Truppen des Königs einer zum andern: »Der ist noch grausamer, als sein Bruder. Die Diebe bringen ihm zwei Knaben und wollen Buße tun, und er läßt sie umbringen und ausplündern; das ist eine große Gewalttat.« Nach einiger Zeit kam ein Reiter vor den König mit der Frau desselben und klagte seine Frau des Ungehorsams gegen ihn an; der König erkannte seine Frau, nahm sie dem Reiter weg und ließ ihn umbringen. Als der König hierauf hörte, daß ihn seine Truppen für einen Tyrannen hielten, sagte er in Gegenwart seiner Veziere und des ganzen Hofes: »Bei dem erhabenen Gott! Ich bin nicht des Königs Bruder, sondern der König ließ mich eines einzigen Wortes willen in seines Bruders Gefängnis sperren; ich bin Abu Saber, und Gott hat mir durch Geduld den Thron geschenkt. Der König, der bei mir Schutz suchte und den ich ausplündern ließ, hat mir früher all mein Gut weggenommen und mich ungerechterweise aus dem Lande verbannt: ich habe ihm also Gleiches mit Gleichem vergolten. Die Diebe, welche von Buße sprachen, konnte ich nicht anhören, sie haben mich auf dem Wege bis auf meine Kleider ausgezogen und mir auch meine beiden Knaben weggenommen, die ihr für Sklaven hieltet: auch ihnen habe ich gerechte Strafe widerfahren lassen. Den Reiter ließ ich endlich umbringen, weil die Frau, gegen die er klagte, meine Gattin ist, die er mit Gewalt entführt und die mir nun der erhabene Gott zurückgegeben. So habe ich immer Gerechtigkeit ausgeübt, während ihr, nach dem Scheine urteilend, mich für einen Tyrannen hieltet.«

Diese Worte des Königs setzten seine Zuhörer in Erstaunen, sie fielen vor ihm nieder, liebten ihn noch mehr als zuvor, entschuldigten sich bei ihm und bewunderten die göttliche Fügung, die Abu Saber zum Lohne seiner Geduld aus der Grube auf den Thron erhoben und den früheren König von dem Throne in den Abgrund gestürzt. Abu Saber ging dann zu seiner Gattin und sagte ihr: »Nun, wie hast du die Frucht der Geduld gefunden? Siehst du nun, wie süß sie ist, während die der Übereilung bitter schmeckt? Der Mensch mag Böses oder Gutes tun, es wird ihm immer später wieder vergolten.«

»Darum, o König«, sagte der gefesselte Jüngling, »habe auch du jetzt so viel Geduld als möglich; Geduld ist eine Tugend der Edlen und ziemt besonders einem König. « Als der König dies hörte, legte sich sein Zorn, er ließ den Jüngling wieder ins Gefängnis zurückführen und hob die Versammlung auf.

Am vierten Tag kam der vierte Vezier, welcher Suschad hieß, verbeugte sich vor dem König und sagte: »O König, laß dich durch die Reden des Jünglings nicht täuschen, denn er spricht nicht wahr. So lange er lebt, werden alle Leute von dieser Geschichte sprechen, und du selbst wirst sie nie vergessen können.« Der König sagte: »Bei Gott! Du hast recht, ich will ihn vor meinen Augen umbringen lassen.« Der Gefangene wurde wieder vor den König geführt und dieser sagte ihm: »Wehe dir! Glaubst du mein Herz durch deine Erzählungen einzuschläfern und durch deine Reden immer mehr Zeit zu gewinnen? Heute laß ich dich umbringen, ich will einmal deiner los sein.« Der Jüngling sagte: »O König! Du bist Herr, mich umzubringen, wann du willst, doch Übereilung ziemt nur gemeinen Menschen, edle Männer aber haben Geduld. Hast du mich umgebracht, so bereuest du es, und willst du mich dann wieder lebendig machen, so kannst du es nicht. Wer sich übereilt, dem geht es, wie dem Prinzen Bahsad.« Der König fragte: »Was ist das für eine Geschichte?« und der Jüngling antwortete: