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Tausend Und Eine Nacht

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Geschichte der zehn Veziere

Man erzählt, o König der Zeit und Herr des Jahrhunderts, begann Schehersad: In der Stadt Kanim Madud residierte in grauer Vorzeit ein König, welcher Asad Bacht hieß. Sein Reich dehnte sich von den Grenzen Indiens bis an das Meer und nach Sebestan aus. Er hatte zehn Veziere, die das Reich verwalteten, und er selbst war ein verständiger und wohlunterrichteter Mann. Eines Tages ging er mit einiger Begleitung auf die Jagd, da sah er einen Bedienten zu Pferd, der einen Maulesel am Zaume führte, welcher ein seidenes Zelt trug, das mit Gold durchwirkt war und einen Gurt, der mit Perlen und Edelsteinen verziert war. Der König trennte sich von seinem Gefolge und ging auf die Reiter zu, welche dem Zelte folgten, und fragte sie, wem dieses Zelt gehöre? Einer der Diener, welcher den König nicht erkannte, antwortete: »Das Zelt gehört dem Vezier Isfahend, der seine Tochter, welche darin ist, dem König Sad Schah zur Gattin geben will.« Während der Diener so sprach, hob die Braut, welche Bahrdjur hieß, den Vorhang vom Zelte weg, um zu sehen, wer mit dem Diener spreche. Der König sah sie und fand sie so schön und wohlgestaltet, daß er, von Liebe entbrannt, dem Diener sagte: »Kehre mit deinem Maulesel um, ich bin der König Asad Bacht und will selbst deine Herrin heiraten; ihrem Vater wird es lieb sein, denn er ist ja mein Vezier.« Der Diener sagte: »O König (Gott erhalte dich lange!), laß mich ihrem Vater, meinem Herrn, Nachricht davon geben; du kannst sie dann mit seiner Einwilligung nehmen, es ziemt dir doch nicht, sie ohne sein Wissen zu heiraten, das würde ihn kränken.« Aber der König sagte: »Ich habe keine Geduld, solange zu warten, bis du zu ihrem Vater gehst und wiederkehrst: Es wird keine Schande für ihren Vater sein, wenn ich sie heirate.« – »O mein Herr!« rief der Diener nochmals, »was man übereilt, bringt wenig Segen; stürze dich durch deine Übereilung in keine Gefahr, ich weiß, dein Verfahren wird ihren Vater beleidigen und die Sache wird nicht gut enden.« Der König sagte aber: »Isfahend ist mein Sklave wie jeder andere: Wenig liegt mir daran, ob er zufrieden ist oder nicht.« Er ergriff hierauf die Zügel des Maultiers, führte Bahrdjur in seinen Palast und heiratete sie. Der Diener kehrte mit den Reitern zu ihrem Vater zurück und sagte ihm: »O Herr! Du bist nun so viele Jahre ein treuer Diener des Königs, und doch hat er deine Tochter ohne deine Einwilligung zu sich genommen.« Als der Vezier dies hörte, geriet er in heftigen Zorn, versammelte viele Truppen und sagte ihnen: »So lange der König mit seinen Frauen sich begnügte, hatten wir keinen Harm, nun gelüstet er nach unserm Harem, wir müssen daher uns einen Ort suchen, wo unsere Frauen sicher sind.« Dann schrieb er dem König (um ihn desto sicherer zu hintergehen): »Ich bin ein Sklave deiner Sklaven; meine Tochter ist deine Sklavin; der erhabene Gott schenke dir ein langes, freudiges Leben! Ich war bisher immer deinem Dienste treu und zur Verteidigung deines Landes gegen alle Feinde gerüstet; nun werde ich aber noch wachsamer sein, da ich gewissermaßen, seitdem du meine Tochter geheiratet, auch Anteil daran habe.« Diesen Brief sandte der Vezier durch einen Boten mit vielen Geschenken ab. Der König freute sich sehr damit, und überließ sich ganz dem Vergnügen und Wohlleben.

Nach einiger Zeit kam der Großvezier zum König und sagte: »Wisse, o König! Der Vezier Isfahend ist dein Feind geworden, weil ihm dein Verfahren gegen seine Tochter mißfallen hat. Freue dich nur nicht mit seiner Botschaft und traue seinen süßen Worten nicht.« Der König achtete auf diese Worte, nach einiger Zeit nahm er aber die Sache leicht und fuhr fort, leichtsinnig zu leben. Der Vezier Isfahend aber ließ ein Schreiben an alle Fürsten ergehen, in welchem er sie von dem Verfahren des Königs gegen ihn in Kenntnis setzte und auf die Gefahr, die einer jeden Familie drohe, aufmerksam machte. Da versammelten sie sich bei Isfahend und beschlossen, den König umzubringen. Sie zogen an der Spitze ihrer Truppen gegen den König, und er ahnte nichts, bis schon das Kriegsgeschrei die Stadt füllte. Da sagte er zu seiner Gattin Bahrdjur: »Was ist zu tun?« Sie antwortete: »Tu‘, was du für gut hältst, ich gehorche in allem.« Da ließ sich der König seine zwei besten Pferd bringen, nahm so viel Gold, als er konnte, floh in der Nacht mit seiner Gattin in die Wüste Kirman und ließ Isfahend als Herrn der Stadt und des Thrones. Der flüchtige König mußte aber bald einhalten und in einer Höhle die Entbindung seiner Gattin abwarten. Zwar erleichterte ihr Gott die Geburt eines Sohnes, schön wie der Mond, den sie alsbald in ein seidenes, goldgesticktes Kleid einwickelte, und die Nacht durch nährte. Des Morgens sagte aber der König: Wir können uns hier nicht länger mit dem Jungen aufhalten, auch können wir ihn nicht mit uns schleppen; das Beste ist daher, wir lassen ihn hier, Gott kann ihm wohl jemanden schicken, der ihn aufnimmt und erzieht.« Sie weinten dann heftig, legten den Knaben neben eine Quelle, ließen einen Beutel von tausend Dinaren zu seinen Häupten zurück, bestiegen ihre Pferde und setzten ihre Flucht fort. Nun wollte die Bestimmung, daß gerade eine Räuberbande in der Nähe dieses Berges eine Karawane ausplünderte und in dieser Höhle ihre Beute unter sich teilte. Als die Räuber den Knaben im seidenen Kleide und das Gold neben ihm liegen sahen, riefen sie: »Gott sei gepriesen! Durch welches Verbrechen mag wohl dieses Kind daher gekommen sein?«

Die Räuber teilten das Gold unter sich, und ihr Hauptmann nahm den Knaben als seinen Sohn an, gab ihm Milch und Datteln, bis er nach Hause kam, dann bestellte er ihm eine Amme. Der König und die Königin setzten indessen ihre Flucht fort, bis sie zum König von Persien kamen, der sie sehr gut aufnahm und ihnen viel Gold und Truppen schenkte. Nachdem Asad Bacht einige Tage bei ihm ausgeruht hatte, machte er sich mit den Truppen gegen seine Residenz auf, schlug die Armee Isfahends und bemeisterte sich wieder seines Thrones. Als er wieder die Ruhe hergestellt hatte, schickte er Boten ins Gebirge, um sein Kind zu holen. Sie kamen aber zurück und sagten dem König, sie haben es nicht finden können.

Der Prinz wurde bei den Räubern erzogen, die ihn auf allen ihren Raubzügen mit sich nahmen. Eines Tages zogen sie gegen eine Karawane in Sebestan. Da aber die Karawane eine überaus reiche Ladung und ein zahlreiches tapferes Geleit bei sich hatte, auch wegen der Unsicherheit dieser Gegend nach allen Seiten Wachen aufstellte, war sie beim Anzuge der Räuber schon zur Gegenwehr gerüstet. Der Kampf war heftig, doch zuletzt siegte die Karawane; ein Teil der Räuber blieb, einige entflohen und der junge Prinz wurde gefangen. Als die Kaufleute den Jungen betrachteten, der so schön und so lieb wie der Mond aussah, fragten sie ihn: »Wer ist dein Vater? Und wie bist du zu diesen Dieben gekommen?« Er antwortete: »Ich bin der Sohn des Räuberhauptmanns.« Die Kaufleute führten den Gefangenen vor den König Asad Bacht, seinen Vater, und erzählten ihm den ganzen Vorfall mit den Räubern.

Der König sagte, er wolle ihn behalten, worauf die Kaufleute erwiderten: »O König der Zeit! Gott hat ihn dir geschenkt, wir alle sind ja deine Sklaven.« Der König entließ sie dann, nahm den Jungen zu vielen anderen in seinen Palast, und da er nach einiger Zeit viel Bildung, Verstand und Kenntnisse an ihm wahrnahm, vertraute er ihm seine Schätze an, die bisher die Veziere verwaltet hatten, und erteilte Befehle, daß nichts ohne diesen Jüngling geschehe. Dieser Zustand dauerte zwei Jahre lang fort, in denen der König nichts als Gutes und Treues von seinem Sohne sah; er liebte ihn daher immer mehr und konnte nicht mehr ohne ihn sein. Als die Veziere, die früher nach Belieben mit dem Schatze umgehen konnten, sich durch den Jungen verdrängt sahen, wurden sie eifersüchtig und trachteten nach Mitteln, ihm die Gunst des Königs zu entziehen. Sie konnten lange keine Gelegenheit finden, bis einst das Schicksal wollte, daß der Junge Wein trank, sich berauschte und, ohne etwas von sich selbst mehr zu wissen, in das Schlafgemach der Königin lief. Hier warf er sich auf das königliche Bett und schlief bis abends. Da kam eine Sklavin und brachte, wie gewöhnlich, allerlei Früchte und Getränke für den König und die Königin. Der Junge lag da auf seinem Rücken, ohne in seiner Trunkenheit zu wissen, wo er war, und die Sklavin, glaubte, es sei der König, denn niemand wußte etwas von dem Jungen. Sie legte die Weihrauchpfanne neben das Bett, schloß die Türe und ging wieder fort. Bald darauf kamen der König und die Königin aus dem Speisesaal, und als ersterer den Jungen im Schlafgemach fand, sagte er zu seiner Gattin: »Was tut der hier, der ist gewiß nur deinetwegen hierhergekommen.« Die Königin erwiderte: »Ich weiß nichts von ihm.« Indessen erwachte der Jüngling, und als er den König erblickte, sprang er auf und verbeugte sich vor ihm. Der König schrie ihn an: »Du treuloser Mensch von schlechter Abkunft, was hat dich hierhergebracht?« Er ließ sogleich den Jungen in den Kerker werfen und die Königin in ein anderes Gefängnis sperren, und am folgenden Morgen setzte er sich auf seinen Thron, ließ den Großvezier kommen und sagte ihm: »Weißt du, was der Räuberjunge getan hat? Er ist in meinen Palast gekommen und hat auf meinem Bett geschlafen, und ich fürchte, er steht in einem sündhaften Verhältnis zu der Königin; was ist nun dein Rat?« Der Vezier sagte: »Gott erhalte dich lange! Was konntest du von diesem Jungen erwarten? Ist er nicht von schlechter Abkunft? Sohn eines Räubers, der immer wieder in seine frühere Schlechtigkeit zurückfällt? Wer eine junge Schlange erzieht, kann nur von ihr gebissen werden. Deine Gattin mag wohl unschuldig sein, sie war stets ein Muster der Tugend und Keuschheit; wenn mir der König erlaubt, so gehe ich zu ihr und frage sie aus, um die Wahrheit zu erforschen.« Als der König es erlaubte, ging der Vezier zu ihr und sagte ihr: »Ich komme zu dir, einer großen Schandtat willen, sage mir nun die Wahrheit: wie ist der Junge in dein Schlafgemach gekommen?« Sie antwortete: »Ich weiß nicht«, und schwor, daß ihr alles selbst ein Rätsel wäre. Als der Vezier merkte, daß sie unschuldig war, sagte er: »Ich will dir ein Mittel angeben, wie du vor dem König dich rechtfertigen kannst; sage ihm, wenn er von diesem Vorfalle spricht: Der Junge hat mich in meinem Gemache gesehen und mir geschrieben, er wolle mir hundert von den wertvollsten Perlen geben, wenn ich ihm eine Zusammenkunft gestatte, ich aber lachte über diesen Vorschlag und schlug ihm seine Bitte ab; er kehrte aber wieder und sagte: Wenn du mich nicht erhörst, so komme ich einmal betrunken in dein Schlafzimmer, daß der König mich sieht; er wird mich dann umbringen, aber auch du wirst zur Schande und verlierst deinen guten Ruf. Erzähle dies dem König«, fuhr der Vezier fort: »ich gehe voraus, um es ihm zu melden.« Die Königin nahm den Rat des Veziers an und versprach ihm, seine Aussage zu bestätigen.

 

Der Vezier kehrte zum König zurück und sagte: »Dieser Junge verdient die höchste Strafe wegen seines Undanks nach allem Guten, das ihm erwiesen worden; doch ein bitterer Kern kann nie süß werden. Ich bin nun überzeugt«, fuhr er fort, »daß die Königin unschuldig ist«, und erzählte hierauf dem König, was er die Königin gelehrt hatte. Als der König dies hörte, zerriß er seine Kleider und ließ den Jungen rufen; eine Menge Leute drängte sich herbei, um zu sehen, was der König beschließen werde, auch der Scharfrichter wurde schon bestellt. Der König sprach mit Heftigkeit, der Junge aber gelassen. Jener sagte: »Ich habe dich mit meinem Geld gekauft und über alle meine Großen erhoben und zum Schatzmeister gemacht: wie konntest du meine Ehre schänden und mich in meinem Palast verraten?« Der Junge erwiderte: »O König! Ich habe nichts mit Bewußtsein getan und bin ohne meinen Willen in dein Schlafgemach gekommen: mein unglückseliges Geschick trieb mich dahin, mein Stern, der mich auf einmal verließ. Ich habe mich immer vor allem Unschicklichen gehütet, doch niemand vermag etwas gegen ein feindliches Schicksal. Mir geht es, wie dem Kaufmann, der auch trotz aller seiner Bemühungen doch dem Schicksale unterlag.« Der König fragte: »Was ist das für eine Geschichte?« und der Junge erzählte:

Geschichte des vom Schicksal verfolgten Kaufmanns

Einst lebte ein Kaufmann, der einige Jahre lang viel Glück im Handel hatte und mit seinem Geld großen Gewinn machte. Auf einmal mißlangen ihm seine Unternehmungen, ohne daß er wußte, woher. Da dachte er bei sich: Ich bin ein reicher Mann, was soll ich mich länger wegen unsicheren Gewinnes auf Reisen quälen, ich will jetzt ausruhen und nur noch in meinem Hause Handel treiben.

Es war Sommerszeit, als der Kaufmann diesen Entschluß faßte; er kaufte Weizen für die Hälfte seines Geldes, den er im Winter mit vielem Gewinn wieder zu verkaufen hoffte. Als aber der Winter kam, war der Weizen um die Hälfte wohlfeiler, als der Kaufmann ihn im Sommer gekauft hatte. Er betrübte sich sehr darüber und ließ ihn aufs nächste Jahr liegen, aber der Preis des Weizens sank immer mehr.

Da sagte ihm einer seiner Freunde: »Du hast kein Glück mit diesem Weizen, drum verkaufe ihn, wie du kannst.« Er erwiderte: »Ich habe lang genug gute Geschäfte gemacht, ich darf wohl auch einmal an etwas Verlust haben; doch bei Gott, müßte ich ihn zehn Jahre behalten, ich würde ihn nicht ohne Gewinn verkaufen,« und in seinem Ärger ließ er die Türe des Magazins zumauern. Aber die göttliche Bestimmung wollte, daß es so heftig regnete, daß der Regen vom Dache auf den Speicher, wo der Weizen lag, herabtropfte, so daß er ganz faul wurde, und der Kaufmann den Trägern noch fünfhundert Drachmen geben mußte, um ihn zur Stadt hinauszubringen. Da sagte ihm sein Freund: »Wie oft habe ich dir gesagt, du hast kein Glück mit diesem Weizen, warum gabst du mir kein Gehör? Nun gehe zum Sterndeuter und frage ihn nach deinem Sterne.« Als der Kaufmann zum Sterndeuter kam, sagte ihm dieser: »Dein Stern ist schlecht, du darfst gar nichts unternehmen, denn alles wird dir mißlingen.« Der Kaufmann hörte aber nicht auf den Sterndeuter und dachte: »Wenn ich wieder großen Handel treibe, so fürchte ich nichts.« Er nahm dann die übrige Hälfte des Vermögens, von dem er inzwischen auch drei Jahre gelebt hatte, baute ein Schiff, trug alles, was er besaß, darauf und fragte die Kaufleute, an welchen Waren man am meisten gewinnen könnte und wo man sie am besten verkaufte? Die Kaufleute nannten ihm ein fernes Land, wo man an einem Drachmen hundert verdienen könne. Er segelte mit seinem Schiffe dahin, aber auf einmal erhob sich ein Sturm, das Schiff ging unter, und mit Mühe rettete sich der Kaufmann auf einem Brett, das der Wind ans Ufer in die Nähe einer Stadt trieb. Der Kaufmann, obschon er alles verloren hatte, dankte doch Gott dafür, daß er ihm beim Leben erhalten, und ging in die Stadt. Hier erzählte er einem alten Manne das Unglück, das er auf dem Meer gehabt. Der Alte bedauerte ihn sehr, ließ sogleich Speisen für ihn bringen und sagte ihm: »Bleibe bei mir als mein Geschäftsführer, ich bezahle dir jeden Tag fünf Drachmen.« – »Gott belohne dich dafür«, erwiderte der unglückliche Kaufmann.

Der Kaufmann blieb bei dem Alten, besorgte für ihn alle Feldarbeiten und erhielt nach und nach die Oberaufsicht über dessen ganzes Ökonomiewesen. Als er nach der Ernte die Frucht gesammelt, gedroschen und gereinigt hatte, dachte er: Ich glaube nicht, daß der Alte mir meinen Lohn bezahlen wird; das Beste ist daher, ich nehme von dieser Frucht, was mir gebührt, und will er mir später meinen Lohn geben, so erstatte ich ihm zurück, was ich genommen habe. Er nahm daher so viel Frucht, als sein Lohn ausmachte, verbarg sie und brachte die übrige dem Alten und maß sie ihm vor. Der Alte sagte ihm: »Komm und nimm deinen Lohn, kaufe dir dafür Kleider und was du sonst brauchst, und wenn du zehn Jahre bei mir bleiben willst, so sollst du immer denselben Lohn haben.« Da dachte der Kaufmann: Es war doch nicht schön von mir, ohne die Erlaubnis meines Herrn mir Frucht zu nehmen. Er ging daher, um sie wieder zu holen, aber er fand sie nicht mehr. Er kehrte betrübt zum Alten zurück, und als dieser ihn fragte, was ihm widerfahren, sagte er ihm: »Ich habe geglaubt, du würdest mir meinen Lohn nicht geben, und daher so viel Frucht verborgen, als mein Lohn ausmacht. Da du mich aber nun gehörig bezahlen wolltest, so wollte ich die verborgene Frucht wieder holen, fand sie aber nicht mehr; gewiß hat sie jemand gestohlen.« Der Alte wurde böse, als er dies hörte, und sagte: »Es läßt sich nichts gegen ein schlimmes Geschick tun. Siehe! Ich hätte dir deinen Lohn gegeben; da du aber, von deinem bösen Stern geleitet, eine so schlimme Meinung von mir hegtest, so sollst du gar nichts haben und auch sogleich mein Haus verlassen.«

Der Kaufmann ging weinend fort und kam bei Perlenfischern vorüber, die ihn fragten, warum er so betrübt wäre, worauf er ihnen seine ganze Geschichte von Anfang bis zu Ende erzählte. Die Perlenfischer, welche ihn in seinen glücklichen Jahren gekannt hatten, fühlten tiefes Mitleid mit ihm und sagten ihm: »Bleibe bei uns, wir wollen auf dein Glück untertauchen, und was wir heraufbringen, wollen wir teilen.« Sie tauchten unter und brachten zehn große Perlenmuscheln herauf, von denen jede zwei große Perlen in sich schloß. Erfreut über diesen Fund, riefen sie: »Bei Gott, dein Glücksstern geht wieder auf!« Sie gaben ihm dann die zehn Perlen und sagten: »Verkaufe zwei davon, handle mit dem Erlös derselben und verwahre die übrigen für die Not.« Der Kaufmann nahm die Perlen, nähte acht derselben in sein Kleid ein und steckte die übrigen beiden in den Mund. Aber ein Dieb hatte ihm zugesehn und benachrichtigte seine Gesellen davon, diese überfielen ihn und nahmen ihm sein Kleid weg. Der Kaufmann tröstete sich indessen mit den beiden Perlen, die ihm noch übrig blieben.

Er ging dann in die Stadt und nahm die zwei Perlen aus dem Munde, um sie zu verkaufen. Da wollte das Schicksal, daß einem Juwelier in der Stadt zehn Perlen gestohlen wurden, gerade wie die des Kaufmanns. Als daher der Juwelier diese zwei Perlen in den Händen des Maklers sah, fragte er ihn, wem sie gehören. Der Makler antwortete, auf den Kaufmann hindeutend: »Diesem Manne.« Als der Juwelier den Kaufmann sah, dessen Äußeres so arm und elend war, schöpfte er Verdacht und fragte ihn: »Wo sind die übrigen acht Perlen?« Der Kaufmann welcher glaubte, er frage ihn nach den Perlen, welche in seinem Kleide eingenäht waren, antwortete: »Sie sind mir gestohlen worden.« Der Juwelier, welcher nicht mehr zweifeln konnte, daß dieser Kaufmann seine zehn Perlen gestohlen, ergriff ihn, führte ihn zum Polizeiobersten und sagte diesem: »Hier ist der Dieb, der mir zehn Perlen gestohlen; ich habe noch zwei davon bei ihm gefunden, und er hat selbst eingestanden, daß ihm die übrigen acht entwendet wurden.« Der Polizeioberst, dem schon vorher dieser Diebstahl angezeigt worden, ließ den Kaufmann prügeln und einsperren. Schon schmachtete er ein ganzes Jahr im Gefängnis, als endlich durch die göttliche Fügung der Polizeioberst auch einen der Perlenfischer in dasselbe Gefängnis sperren ließ. Der Kaufmann erkannte ihn und erzählte ihm, wie unglücklich er durch seine Perlen geworden. Als daher der Perlenfischer das Gefängnis verließ, erzählte er die Geschichte des Kaufmanns dem Sultan, und dieser, von der Unschuld des Kaufmanns überzeugt, bemitleidete ihn, ließ ihn in Freiheit setzen, wies ihm eine Wohnung neben dem Palast an und bestimmte ihm ein ansehnliches Jahrgeld. Der Kaufmann vergaß bald alle seine Leiden und dachte: Nun ist das Glück wiedergekehrt, ich werde unter dem Schutze dieses Königs meine übrige Lebenszeit in Ruhe zubringen. Aber eines Tages trieb ihn seine Neugierde an ein Fenster, das mit Erde und Steinen zugemauert war. Er riß es ein, um zu sehen, was dahinter ist, und siehe da, das Fenster ging zum Harem des Sultans. Als er dies sah, fuhr er erschrocken zurück und holte frische Erde, um es wieder zu schließen; aber ein Eunuche sah ihn und benachrichtigte schnell den Sultan davon. Der Sultan kam und als er das Fenster aufgebrochen fand, war er sehr aufgebracht gegen den Kaufmann und sagte ihm: »Ist das der Lohn für meine Wohltaten? Was hast du nach meinem Harem zu sehen?« Der Sultan ließ ihm hierauf die Augen ausstechen, und der Kaufmann, seine beiden Augen in die Hand nehmend, rief verzweifelt: »Wie lange noch, o verdammtes Schicksal, verfolgst du mich! Zuerst hattest du es nur mit meinem Gelde zu tun, und jetzt gehst du mir gar an den Leib. Ich sehe wohl, daß all mein Bemühen vergebens ist, wenn Gott mir nicht beisteht.«

»Auch mir, großer König«, sagte der Junge, »geht es, wie diesem Manne; solange das Glück mir günstig war, gelang mir alles, nun hat es mich verlassen, und alles geht verkehrt.« Als der Junge so sprach, legte sich der Zorn des Königs ein wenig, er ließ ihn ins Gefängnis zurückführen und sagte zu den Vezieren: »Der Tag ist bald zu Ende, wir wollen mit der Hinrichtung bis morgen warten.«

Am folgenden Tage trat der zweite Vezier, welcher Bahrun hieß, hervor und verdammte ebenfalls das Verfahren des Angeklagten. Der König ließ den Jungen kommen und sagte. »Wehe dir! Ich werde dir den schlimmsten Tod geben lassen, denn dein Verbrechen ist abscheulich; meine Leute sollen eine Warnung durch dich erhalten.« Der Junge sagte: »O König! Übereile dich nicht, denn ein reifliches Bedenken ist die sicherste Stütze einer guten Regierung. Wer nicht die Folgen einer Handlung überlegt, dem geht es, wie einem gewissen Kaufmann; wer aber alles voraussieht, der wird glücklich, wie der Sohn jenes Kaufmanns.« Da der König die Geschichte dieser beiden Kaufleute hören wollte, begann der Junge: