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Tausend Und Eine Nacht

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Die Alte bewaffnete sich dann, nahm tausend ausgerüstete Streiter mit, stieg ins Schiff und fuhr in drei Tagen nach der Insel, wo der König mit Manar Alnisa residierte. Sie ließ ihre Truppen vor der Stadt lagern und ging allein zur Prinzessin Manar Alnisa, grüßte sie und sagte ihr: »Die Königin ist böse, daß du sie so selten besuchst.« Manar Alnisa ließ sogleich die Zelte zur Reise hervorholen und legte allerlei Geschenke für ihre Schwester zurecht. Auch der König, welcher von der Terrasse aus die Zelte vor der Stadt sah, und hörte, daß Nur Alhuda ihre Schwester Manar Alnisa zu sich eingeladen habe, ließ allerlei Kostbarkeiten aus seiner Schatzkammer holen, um sie ihr zu schicken, auch ließ er viele Truppen zu ihrer Begleitung ausrücken, denn er hatte eine besondere Vorliebe zu Manar Alnisa (Frauenlicht), welche die einzige Tochter ihrer Mutter war. Die anderen sechs Töchter waren von einer anderen Mutter. Die älteste hieß Licht der Leitung (Nur Alhuda), die zweite Morgenstern, die dritte Morgensonne, die vierte Perlenbaum, die fünfte Herzenserquickung und die sechste Mädchenkrone. Als die Alte die Vorbereitungen zur Reise sah, erschien sie wieder vor Manar Alnisa und küßte die Erde vor ihr, und auf ihre Frage, ob sie noch ein Anliegen habe, antwortete die Alte: »Deine Schwester bittet dich, deinen Kindern die Panzer anzuziehen, die sie dir geschickt hat, um sie mir mitzugeben, daß ich ihr dadurch die freudige Botschaft von deiner Ankunft bringe.« Als sie dies hörte, erblaßte sie, senkte ihr Haupt und sagte. »O meine Amme! mein Herz bebt vor Angst.« – »Fürchtest du für sie bei deiner Schwester?« fragte Schawahi; »bewahre Gott vor einem solchen Gedanken! Gott erhalte deinen Verstand! Doch ich zürne dir nicht: die Liebe ist immer argwöhnisch; aber, gelobt sei Gott! Du kennst meine Zärtlichkeit gegen Kinder, ich habe dich ja auch einst erzogen und alle deine Schwestern. Ich werde auf deine Kinder achtgeben und sie mit meinen Augen bedienen; ich werde ihnen meine Wangen als Teppich unterlegen und sie in meinem Herzen aufbewahren, du brauchst sie mir nicht zu empfehlen; sei nur guten Mutes und schicke sie deiner Schwester, ich werde höchstens ein oder zwei Tage vor dir ankommen.« Die Alte schwatzte noch lange so fort, bis Manar Alnisa aus Furcht, ihre Schwester zu erzürnen, ihr nachgab und trotz einer geheimen Ahnung ihre Kinder mit ihr schickte. Die Alte war sehr sorgsam für die Kinder, und reiste schnell mit ihnen fort und brachte sie ihrer Tante Nur Alhuda. Diese freute sich sehr mit ihnen, küßte sie, drückte sie an ihre Brust und setzte sich zwischen sie; dann sagte sie zur Alten: »Bring jetzt Hasan her; ich habe ihm meinen Schutz versprochen und er hat nichts von meinem Zorne zu befürchten, da er doch einmal meine Wohnung betreten und so viele Gefahren überstanden hat.« Die Alte sagte: »Ich will ihn holen, doch wenn er kommt und diese Kinder die seinigen nennt, so mußt du sie ihm geben, wenn nicht, so mußt du ihn unbeschädigt in seine Heimat zurückschicken.« Als die Königin dies hörte, rief sie zornig aus: »Woher kommt diese Liebe zu einem Fremdling, der es wagt, zu uns zu kommen und unsere Geheimnisse zu erforschen? Er wird dann erzählen, daß er uns unverschleiert gesehen hat und uns in seinem Lande einen schlechten Ruf machen. Alle Könige und Kaiser werden davon hören, alle Karawanen werden die Neuigkeiten umhertragen und selbst alle Kaufleute werden sagen: Es ist jemand auf die Inseln Wak-Wak gekommen und hat das Land der Zauberer, der Wahrsager, der Geister, der Vögel und der wilden Tiere glücklich durchstreift. Das geschehe nie! Ich schwöre bei dem, der die Himmel gebaut, die Erde ausgedehnt und alles geschaffen und gezählt hat, wenn dies nicht seine Kinder sind, so schlage ich ihm selbst den Kopf ab.«

Nur Alhuda schrie dann die Alte an und befahl zwanzig Mamelucken, mit ihr zu gehen und ihr sogleich den jungen Mann zu bringen, der in Schawahis Hause sich aufhalte. Die Alte wurde blaß, ihre Achseln zitterten, alle ihre Gelenke waren gelähmt und kaum hatte sie Kraft genug, mit den Mamelucken in ihr Haus zu gehen. Als Hasan sie sah, stand er auf und grüßte sie, sie aber erwiderte seinen Gruß nicht, sondern sagte ihm: »Habe ich dich nicht lange genug gewarnt, warum hast du mir kein Gehör geschenkt und mich mit in dein Elend gezogen? Nun geh, die treulose Verräterin will dich sprechen.« Hasan stand mit zerknirschtem Herzen auf und rief, am Leben verzweifelnd: »O Herr des Friedens, rette mich! O Gott, sei gnädig in der über mich verhängten Heimsuchung, o Allbarmherziger.« Er ging dann in der Mitte von zwanzig Mamelucken, einem Pförtner und der Alten, zur Königin und sah, wie sie mit seinen beiden Kindern, Naßir und Manßur, spielte.

So viel, was Nur Alhuda und Hasan angeht; was aber Manar Alnisa betrifft, so wollte diese am folgenden Morgen sich auf den Weg machen, als ein Pförtner des Königs ihr sagte: »Der König grüßt dich und wünscht dich bei sich zu sehen.« Ihr Vater ließ sie, als sie mit dem Pförtner vor ihm erschien, auf das Sofa an seine Seite sitzen und sagte zu ihr: »Wisse, meine Tochter, ich habe diese Nacht einen Traum gehabt, der mir Besorgnisse für dich einflößt.« – »Was hast du im Traume gesehen?« fragte die Prinzessin. »Ich habe im Traume eine Schatzkammer gesehen, angefüllt mit Perlen und Edelsteinen, doch von allen Kostbarkeiten gefielen mir nur sieben Perlen. Von diesen sieben wählte ich die kleinste, welche die schönste und klarste war; sobald ich aber, glücklich, sie zu besitzen, sie in die Hand nahm, da kam ein Vogel aus einem fremden Lande vom Himmel heruntergestürzt, nahm mir die Perle weg und kehrte wieder dahin zurück, wo er hergekommen war. Dies machte mich so traurig, daß ich erwachte und noch wachend den Verlust der Perle bedauerte. Ich ließ daher die Traumdeuter rufen und erzählte ihnen meinen Traum. Sie sagten mir: Du wirst die jüngste deiner sieben Töchter verlieren und zwar wird sie dir mit Gewalt entrissen werden; diese bist du, meine Teuerste, und nun willst du zu deiner Schwester reisen; wer weiß, was dir zustoßen kann. Gehe also nicht, kehre wieder in dein Schloß zurück. « Als Manar Alnisa die Worte ihres Vaters hörte, klopfte ihr das Herz vor Angst für ihre Kinder; sie beugte eine Weile den Kopf, hob ihn dann wieder gegen den König auf und sagte: »O edler König und mächtiger Herr! Die Königin Nur Alhuda hat mich eingeladen und erwartet mich jede Stunde, denn sie hat mich schon in vier Jahren nicht gesehen; wenn ich nicht zu ihr reise, wird sie böse werden; mache dir nur keine Sorge um meinetwillen; das Höchste ist, daß ich einen Monat von hier abwesend sein werde, dann kehre ich, so Gott will, wieder. Wer erreicht denn dieses Land? Wer betritt die Kampferinseln und die kristallene Zitadelle, wer durchwandert die Inseln der Vögel, Tiere und Geister? Sei nur ruhig, niemand kann unser Land betreten.« So sprach sie fort, bis ihr der König erlaubte, abzureisen, und ihr tausend Reiter als Geleit mitgab, denen er befahl, auf sie zu warten und sie wieder zu ihm zurückzubringen. Dabei erteilte er ihnen auch den Befehl, die Prinzessin nur zwei Tage bei ihrer Schwester zu lassen. Manar Alnisa nahm dann mit beklommenem, ahnungsvollem Herzen vom König Abschied, dessen Worte tiefen Eindruck auf sie gemacht hatten, und reiste aus Besorgnis für ihre Kinder, ohne sich irgendwo aufzuhalten, drei Tage und drei Nächte durch, bis sie an den Fluß kam, den sie mit ihren Sklaven und Dienern und Vezieren überschritt, um in das Schloß ihrer Schwester zu gelangen.

Folgendes hatte sich inzwischen mit Hasan, der schon früher zu Nur Alhuda geführt wurde, zugetragen. Sobald er seine Kinder sah, fiel er bewußtlos nieder, aber auch in seinen Kindern regte sich die kindliche Liebe; sie entwischten aus dem Schoße ihrer Tante und fielen über Hasan her, und der erhabene Gott legte ihnen die Worte: »O Vater!« in den Mund. Die Alte und die Anwesenden, bis zu Tränen gerührt, riefen: »Gelobt sei Gott, der die Getrennten wieder vereinigt hat!« und Hasan, wieder zum Bewußtsein zurückgeführt, umarmte seine Söhne und drückte seine Freude in zierlichen Versen aus. Wir aber beten für unsern Herrn Mohammed, den Meister der Wundertaten.

Als Nur Alhuda sich überzeugt hatte, daß Hasan Vater dieser Kinder und Gatte ihrer Schwester war und sie jetzt aufsuchte, zürnte sie ihrer Schwester sehr, auch Hasan überhäufte sie mit Schmähungen, und trat ihn mit Füßen, bis er umfiel. Dann sagte sie zu ihm: »Steh auf und rette schnell dein Leben, denn hätte ich nicht geschworen, daß dir nichts Schlimmes widerfahren dürfe, wenn deine Worte sich bestätigten, so wäre deinem Leben von meiner eigenen Hand schon ein Ende gesetzt.« Sie schrie dann die Alte so heftig an, daß sie zu Boden fiel, und sagte ihr: »Bei Gott! müßte ich nicht meinen Eid brechen, ich hätte dich mit ihm auf die schlimmste Weise umgebracht. Geh jetzt schnell in deine Heimat zurück«, sagte sie, wieder zu Hasan sich wendend, »denn ich schwöre, wenn ich dich wieder sehe, schlage ich dir und dem, der dich herbringt, den Kopf ab. « Sie ließ dann Hasan von ihren Sklavinnen wegführen. Hasans Verzweiflung war jetzt größer als jemals; er sah die Unmöglichkeit ein, länger auf diesen Inseln zu verweilen, und wußte auch nicht, auf welche Weise er wieder seine Heimat erreichen könnte. Indessen dachte er immer an seine Gattin und richtete folgende Verse an sie:

»Du hast dich entfernt und bist doch meinem Herzen so nahe. Bei Gott, ich werde dich nie aufgeben, bei allem Mißgeschick will ich doch in meiner Liebe ausharren. Ich konnte einst keine Stunde von dir getrennt leben, wie soll ich eine Abwesenheit von Monaten ertragen? Ich bin eifersüchtig auf den Zephyr, der dich anweht, o du Holde, Schöne!«

Als Hasan diese Verse vollendet hatte, entfernte er sich vom Schlosse, aus dem man ihn auf dem Gesichte hinausgeschleppt hatte, stolperte aber immerfort über seine Schleppe und konnte nach solcher Mißhandlung kaum an seine Rettung glauben. Die Alte war höchst betrübt um seinetwillen, doch konnte sie der Königin in ihrem Zorne nicht widersprechen, Hasan wußte nicht, wohin sich wenden und was beginnen, und die weite Erde schien ihm zu eng. Indessen, obschon Hasan niemanden hatte, den er um Rat fragen konnte, führte ihn doch die Bestimmung ans Ziel seiner Wünsche. Er selbst hatte zwar alle Hoffnung auf ein glückliches Entkommen schon aufgegeben, denn wie wollte er alle jene Wege, auf welchen er gekommen war, wieder allein zurücklegen? Auch für seine Kinder und seine Gattin fing er an zu fürchten, weil er nicht wußte, was ihnen von der Königin bevorstehe. Jetzt erst bereute er es, in dieses Land gekommen zu sein und keinen Rat angenommen zu haben, und sprach folgende Verse:

 

»Laßt mein Auge über den Verlust meiner Geliebten weinen! denn mein Schmerz ist so groß, daß es keinen Trost für mich gibt. Die Trennungskelche machten die Runde, ich mußte sie ausschlürfen, und was ist herber als der Verlust der Geliebten? Sagt mir, wann wird der Teppich des Unwillens, der zwischen uns ausgebreitet ist, wieder aufgehoben werden? Ich wachte, während ihr schliefet, ihr glaubtet, ich habe euch vergessen, während ich trostlos bin. Mein Herz ist verwundet vom Trennungsschmerz, und ihr, mein Arzt, versagt mir die Heilung. Seht ihr nicht, in welche Lage mich eure Entfernung gebracht? Ich demütige mich vor den Würdigen und dem Unwürdigen. Sorgsam hatte ich meine Liebe verborgen, doch die Tränen haben sie bekannt gemacht und mein Herz verzehrt sich in Liebesflamme. Habt Mitleid mit mir, denn ich bin dem Bündnisse treu geblieben, öffentlich und innerlich. Wird wohl das Schicksal uns einst wieder vereinen? Du bist wohl ein Teil meiner selbst, und meine Seele ist eng mit der deinigen verbunden. Darum, Geliebte, gib mir bald Nachricht und heile die Trennungswunde, die du mir geschlagen!«

Hasans Gattin, welche einige Tage nach dieser Begebenheit bei ihrer Schwester anlangte, fand ihre Kinder weinend und immer ihren Vater rufend. Sie drückte ihre Kinder, selbst weinend, an ihr Herz und sagte ihnen höchst bestürzt: »Wie fällt euch jetzt euer Vater ein? Ich habe mir das selbst angetan, ich habe selbst mein Haus verwüstet. Bei Gott, wüßte ich ihn noch beim Leben, ich würde euch zu ihm führen.« Sie seufzte dann, vergoß viele Tränen der Reue über ihre Flucht und der Sehnsucht nach ihrem Gatten, und sprach folgende Verse:

»O mein Freund! trotz der Entfernung liebe ich dich doch noch immer; stets wendet sich mein Auge nach deiner Wohnung, und mein Herz ist voller Erinnerung an die Vergangenheit. Wie manche Nacht haben wir selig beisammen zugebracht, voller Zärtlichkeit und Liebesfreude.«

Da Nur Alhuda aus diesen Versen schloß, daß die alte Liebe sich wieder ihrer Schwester bemeistert hatte, stand sie zornig auf und schlug ihr so derb ins Gesicht, daß sie zu Boden stürzte; hierauf schimpfte sie sie auf die gemeinste Weise und sagte: »Bei Gott, jetzt sehe ich erst, daß du in Wahrheit diesen hergelaufenen Mann geliebt hast. Konntest du denn keinem Prinzen, keinem Vezierssohne, keinem jungen Emir deine Liebe schenken? Wie konnte dir dieser gemeine Mann so gefallen, daß du dich ihm ganz hingabst und zwei Kinder von ihm gebarst? Aber, du Nichtswürdige, ich werde dich und deine Kinder auf deiner Brust schlachten; doch zuerst will ich dich aufs schmerzlichste peinigen, und so wie du unsere Ehre nicht geschont hast, werde ich dein Fleisch schonungslos zerreißen und es dir zu essen geben; auch deinem Vater will ich deine Schandtat erzählen. « Sie ließ sie dann gebunden auf den Boden hinstrecken, schob ihre Ärmel zurück, fiel mit einem Stock über sie her und ließ keine Stelle an ihrem ganzen Körper, die sie nicht durchprügelte, bis sie ganz leblos liegen blieb. Sie ließ sie dann in eine Grube werfen, in welcher Schlangen und Skorpione waren; statt der goldenen Ringe ließ sie ihr eine schwere eiserne Kette anlegen, statt ihrer kostbaren Kleider ganz zerlumpte anziehen; sogar ihren Kopfputz ließ sie ihr abnehmen. Nachdem sie eine Wache vor die Grube beordert hatte, durchmusterte sie die Geschenke ihres Vaters und ihrer Schwester, nahm einen Teil davon heraus und legte das übrige in ihre Schatzkammer. Hierauf schrieb sie ihrem Vater: »Wisse, daß deine Tochter einen hergelaufenen Mann von Irak geliebt und von ihm zwei Kinder geboren hat. Sie liebt ihn noch und wollte ohne dein Wissen zu ihm reisen; so wenig liegt ihr an unserer Ehre und deinem makellosen Rufe. Eine solche Dirne verdient nicht länger zu leben; darum habe ich, sobald ich ihre Absicht, zu entfliehen, kannte, sie einsperren lassen, bis ich dich um Rat gefragt, was mit ihr und ihren Kindern geschehen soll, damit diese Schande nicht für ewige Zeiten auf uns hafte.« Diesen Brief schickte sie mit den Truppen, die ihre Schwester zu ihr begleitet hatten, fort, und befahl ihnen, ihr schnell wieder Antwort zu bringen. Sobald der König den Brief gelesen hatte, antwortete er darauf seiner Tochter: »Wenn das, was du mir geschrieben, erwiesen ist, so verfahre mit Manar Alnisa, wie es dir gutdünkt, ich überlasse dir diese Sache; entscheide, wie du willst. Friede sei mit uns!« Als die Königin diesen Brief wieder erhielt, ließ sie ihre Schwester zu sich führen; diese schwamm in ihrem Blute, hatte ein härenes Gewand an, war mit schweren eisernen Ketten beladen und auf ihrem Gesicht war die tiefste Demütigung und Verzweiflung zu lesen. Als sie sich in solcher Erniedrigung sah und an ihr früheres angenehmes Leben und an ihr früheres Ansehen dachte, sprach sie folgende Verse:

»Habt Mitleid mit der einst Geehrten, die jetzt im Kerker schmachtet mit schweren Ketten, gepeinigt und verhöhnt. Wer vermag bei so langer Trennung mein Herz zu trösten? Könnte ich doch vor Schmerz sterben! wie leicht wäre mir der Tod. O Schicksal, das uns einst so günstig war, wie lange wirst du noch Trennung über uns verhängen?«

Nur Alhuda, bei der jedes Mitleidsgefühl gegen ihre Schwester erloschen war, spie vor ihr aus, ließ sie auf eine hölzerne Leiter hinstrecken und mit ihren Haaren daran festbinden, und befahl ihren Dienern, sie zu prügeln. Manar Alnisa weinte laut und schrie um Hilfe, doch niemand kam, sie zu befreien. Sie sagte dann: »O Schwester! Bist du auch gegen mich hartherzig, so habe doch mit diesen kleinen Kindern Mitleid.« Aber Nur Alhuda wurde durch diese Worte nur noch mehr aufgebracht, schalt ihre Schwester eine Buhlerin und sagte: »Gott erbarme sich dessen nicht, der mit dir Mitleid fühlt!« – »Und was habe ich denn verbrochen, daß du so gegen mich verfährst?« fragte Manar Alnisa; »ich rufe den Herrn der Erde und des Himmels als Zeugen an, daß ich mich gesetzmäßig verheiratet habe, ich verdiene daher die Schmach nicht, die du auf mich häufst; ich habe nie ein unsittliches Leben geführt. Gott weiß, daß ich die Wahrheit rede.« Als die Königin dies hörte, sage sie: »Du wagst es noch, dich zu rechtfertigen?« fiel dann selbst über sie her und schlug sie, bis sie in Ohnmacht fiel. Man mußte sie lange mit Wasser bespritzen, bis sie wieder zu sich kam. Endlich brach sie in folgende Verse aus:

»Wenn ich schuldig bin und ein Unrecht begangen habe, so bereue ich es und bitte um Gnade.«

Nur Alhuda schrie voller Wut ihre Schwester an: »Du Dirne, wagst es noch, dich in meiner Gegenwart bei deinem Geliebten in Versen zu entschuldigen, daß du ihn verlassen hast und in deine Heimat zurückgekehrt bist?« Sie ließ sich dann eine Rute bringen, schob die Ärmel zurück und schlug sie wieder auf den Rücken, auf den Leib, auf die Schultern und den ganzen übrigen Körper, dann ruhte sie sich ein wenig aus, fiel aufs neue über sie her, bis sie kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Als die Alte dies sah, ging sie weinend fort und verwünschte die Königin. Diese hörte es aber, ließ sie durch ihre Diener ergreifen und auf den Boden werfen, nahm eine Peitsche und schlug sie auch, bis die in Ohnmacht fiel; dann ließ sie sie bewußtlos von den Dienern wieder fortschleppen. Das ist‘s, was die Königin, ihre Schwester und die Alte angeht; nun, sagt der Erzähler, höre, was inzwischen mit Hasan sich ereignete. Dieser hatte mühsam sich bis vor das Tor der Stadt geschleppt und war so in seinem Inneren zerrüttet, daß er den Tag nicht mehr von der Nacht zu unterscheiden wußte. Außerhalb der Stadt ruhte er unter einem Baume aus, weinte über seine Verlassenheit und rezitierte folgende Verse:

»Laß der Bestimmung nur die Zügel frei und bekümmere dich um nichts, wenn auch die Unglücksfälle dich überfallen; denn in dem Augenblick, wo du darüber dich entsetzest, kann Gott schon alles wieder geändert haben.«

Als Hasan diese Verse gesprochen hatte, schöpfte er wieder neue Hoffnung auf Rettung und Vereinigung, als er aber einige Schritte in der einsamen, gefahrvollen Wüste gemacht hatte, kehrte seine Verzweiflung wieder, und er rezitierte folgende Verse:

»O Zephyr, wenn du durch das Land meiner Geliebten wehest, so grüße sie und sage ihr, daß ich ein Sklave der Liebe bin und daß meine Pein jede andere übertrifft, vielleicht bringst du mir ihren Hauch wieder und belebst damit ein stets betrübtes Herz.«

Er entfernte sich dann vom Baume und ging den Fluß entlang. Da sah er zwei Knaben von den Söhnen der Zauberer und Weissager miteinander streiten; vor ihnen lag ein kupferner Zepter, auf welchem allerlei Talismane gestochen waren, und eine kleine lederne Mütze, deren oberer Teil aus drei Stücken zusammengesetzt war, auf welchem in Stahl Namen und Siegel gestochen waren. Hasan trat zwischen sie und fragte, warum sie einander so schlügen? »O Herr«, sagte der älteste, »da Gott dich hierher geführt hat, so richte du zwischen uns! wir sind zwei Zwillingsbrüder, unser Vater war einer der mächtigsten Zauberer dieses Landes; er hat diese Höhle hier bis zum seinem Tode bewohnt und hat uns diesen Zepter und diese Mütze hinterlassen; nun will jeder von uns diesen Zepter haben; ich bin aber zuerst auf die Welt gekommen, entscheide also!« Als Hasan dies hörte, sagte er: »Was ist wohl der Unterschied zwischen beiden? Der Zepter ist höchstens sechs Kupfermünzen wert und die Mütze nicht weniger als drei.« Da sagte der Jüngere: »O Herr, du kennst ihren Wert nicht.« – »Nun, worin besteht denn ihr Wert?« fragte Hasan. Sie antworteten: »Es ist ein wunderbares Geheimnis darin verborgen; der Zepter und die Mütze sind soviel wert, als der ganze Ertrag der Inseln Wak-Wak.« – »Erklärt euch deutlicher« sagte Hasan, und sie fuhren fort: »Unser Vater hat hundertundfünfundreißig Jahre gelebt, bis er in den vollen Besitz dieser Kleinodien gelangte und durch geheime Talismane und Zeichnungen nach dem kreisenden Firmamente sie zu seinem Dienste verpflichtete. Aber als er am Ziel seiner Bemühungen war, erreichte ihn der Tod. Was nun die Mütze angeht, so macht sie jeden, der sie aufsetzt, unsichtbar; der Zepter aber verleiht dem, der ihn besitzt, die Oberherrschaft über die sieben Klassen Genien, und sobald er damit auf den Boden schlägt, werden ihm ihre Häupter wie ihre Unteren dienstbar.« Als Hasan dies hörte, beugte er eine Weile den Kopf zur Erde und dachte: Wahrhaftig ich bedauere diese Kinder, doch bedarf ich jetzt dieser Gegenstände eher als sie, um mich, meine Frau und meine Kinder aus der Hand dieser gewalttätigen Nur Alhuda und aus diesem furchtbaren Lande zu befreien. Gewiß hat der erhabene Gott sie daher getrieben als Mittel zu meiner Rettung. Er hob dann das Gesicht zu ihnen empor und sagte: »Ich will sehen, wer von euch am schnellsten laufen kann, der soll den Zepter haben; wollt ihr meine Entscheidung gelten lassen?« Als sie einwilligten, nahm Hasan einen feinen Stein und schleuderte ihn so weit, daß man ihn gar nicht mehr sah; während aber die zwei Knaben danach um die Wette liefen, setzte er die Mütze auf, nahm den Zepter in die Hand und stellte sich auf einen anderen Platz, um zu sehen, ob sie wirklich eine besondere Tugend besitzen. Die Kinder kamen zurück, aber der kleinere, welcher mit dem Steine zu Hasan laufen wollte, fand keine Spur mehr von ihm; und einer fragte den andern: »Wo ist unser Richter hingekommen? Ist er in den Himmel gestiegen oder in die Erde versunken?« Sie suchten lange und fanden ihn nicht, obschon Hasan auf dem eingenommenen Platze stehen geblieben war. Sie schalten dann einander und sagten: »Nun ist beides verloren und keiner von uns hat weder Zepter und Mütze; das hat unser Vater vorausgesagt;« und hierauf kehrten sie wieder zur Stadt zurück. Auch Hasan, als er von der Eigenschaft der Mütze überzeugt war, ging wieder in die Stadt, ohne daß ihn jemand sah, und verfügte sich aufs Schloß ins Zimmer der Alten. Da er sie überraschen wollte, näherte er sich einem Simse über ihrem Haupte, worauf allerlei Glas und Porzellan aufgestellt war, schüttelte daran und warf etwas davon auf den Boden. Die Alte erschrak, schlug sich ins Gesicht, stand auf und sagte: »Ich glaube, die Königin Nur Alhuda hat einen Teufel gegen mich geschickt; ich bete aber zu dem erhabenen Gott, daß er mich und den armen fremden Hasan vor ihrem Zorne schütze; denn wenn sie gegen ihre Schwester, die ihr Vater von Herzen liebt, so verfährt, wie wird sie erst gegen Fremde sein? Ich beschwöre dich beim allgnädigen, erhabenen, mächtigen Herrn und bei dem, was auf Salomons Siegel geschrieben ist, antworte mir, du unsichtbarer Geist!« Hasan antwortete: »Ich bin kein Teufel, ich bin der verzweifelte, unglücklich liebende Hasan.« Er zog dann seine Mütze ab und die Alte erkannte und grüße ihn, und bat ihn, ihr zu erzählen, wie er auf einmal sich unsichtbar machen konnte.

 

Als Hasan der Alten sein Zusammentreffen mit den Kindern erzählt hatte und den Zepter und die Mütze zeigte, freute sie sich sehr und sagte: »Gelobt sei Gott, der tote Gebeine, wenn sie schon zu Staub geworden, wieder belebt. Bei Gott! Es wäre um dich und deine Gattin geschehen gewesen. Nun kenne ich diese Kleinodien; der Mann, der sie gemacht, war mein Meister in der Zauberkunst und hat hundertundfünfunddreißig Jahre gebraucht, bis er diesen Zepter und diese Mütze verfertigte und ist dann gestorben, als sie fertig waren. Auch habe ich gehört, wie er seinen Kindern sagte: diese Schätze sind nicht für euch, ein fremder Mann wird sie euch mit Gewalt entreißen, ohne daß ihr es merket. Die Kinder sagten hierauf: O Vater, sage uns, wie er sie uns nehmen wird, und er antwortete: Das ist längst in geheimer Wissenschaft so beschlossen, ich weiß selbst nicht, auf welche Weise.

»Nun«, fuhr die Alte fort, »bist du im Besitze deiner Gattin und deiner Kinder. Höre, was ich dir sage: Ich mag bei dieser Ruchlosen, die meine Ehre so geschändet hat, nicht länger bleiben: ich werde in die Zauberhöhle gehen und dort bei dem Zauberern mein Leben beschließen; du aber, mein Sohn, setze die Mütze auf, nimm den Zepter in die Hand, geh zu deiner Gattin und befreie sie von ihren Ketten; schlage nur mit dem Zepter auf die Erde und sage: Erscheinet, ihr Diener dieser Talismane! Und wenn dann einer von den Häuptern der Genien sich dir naht, so befiehl ihm, was du willst.« Hasan nahm dann Abschied von ihr, setzte die Mütze auf, nahm den Zepter in die Hand und ging in das Gemach, wo seine Gattin war; er fand sie regungslos auf eine Leiter gestreckt und mit den Haaren festgebunden. Ihre Augen waren rotgeweint, ihr Gesicht war ganz entstellt und ihre Kinder spielten unter der Leiter.

Als Hasan seine Gattin in diesem erbärmlichen Zustande sah, weinte er, und als er seine Kinder wahrnahm, zog er seine Mütze ab. Da schrieen die Kinder: »O unser Vater!« Hasan setzte schnell die Mütze wieder auf, so daß seine Gattin über den Ausruf der Kinder erstaunte und, da sie niemanden erblickte, sie fragte: »Wie fällt euch jetzt euer Vater ein?«

Sie weinte dann so heftig, daß die Tränen in zwei Bächen von ihr strömten und den Boden tränkten, und auf ihren Wangen waren zwei schwarze Furchen von den Tränen sichtbar, denn sie hatte nicht einmal eine Hand frei, um sie zu trocknen. Die Mücken sättigten sich nach Lust an ihrem Körper und niemand störte sie. Hasan zeigte sich dann den Kindern abermals, indem er die Mütze abnahm, und sie schrien wieder: »O Vater!« Manar Alnisa weinte noch heftiger und sagte: »Wie fällt auch auf einmal euer Vater ein?« Dann sprach sie folgende Verse:

»Der leuchtende Mond ist nicht mehr im Hause, drum, mein Auge, laß deine Tränen reichlich fließen. Er ist fern von mir, wie soll ich mich nun fassen? Wo Mut und Kraft schöpfen? O mein Geliebter! Immer bist du noch meinem Herzen nahe und immer frage ich, wann werde ich dich wiedersehen? Ich will alles vergessen, wenn er nur wiederkehrt und Mitleid zeigt mit meinem Schmerze und meinen Tränen. Meine Sehnsuchtsglut lodert so heftig. daß alle Tränenwolken, die sich darüber ergießen, sie nicht löschen können.«

Hasan konnte nun nimmer länger seine Gattin so leiden lassen, und nahm daher seine Mütze herunter, um sich ihr sichtbar zu machen. Als sie ihn erkannte, schrie sie, daß fast das Schloß zusammenstürzte; dann sagte sie: »Wie bist du hierher gekommen? vom Himmel oder von der Erde?« Sie weinte dabei so heftig, daß Hasan mit ihr weinen mußte. Sie sagte dann: »Wir haben jetzt keine Zeit zu weinen, oder uns Vorwürfe zu machen und viel zu reden. Das Schicksal hat entschieden und unsere Augen wurden blind und die Feder hat nach Gottes Ratschluß aufgeschrieben. Nun beschwöre ich dich bei Gott, rette dein Leben, ehe dich jemand erblickt, sonst ist‘s um uns beide geschehen.« Hasan antwortete: »Bin ich nicht mit Lebensgefahr hierher gekommen? Nun will ich sterben oder mit dir und meinen Kindern, trotz deiner ruchlosen Schwester, zurückreisen.« Als sie dies hörte, sagte sie lächelnd: »Mich kann nur der erhabene Gott retten, sorge du aber für deine Erhaltung und stürze dich nicht selbst in den Abgrund; hier ist eine mächtige Armee, mit der sich niemand messen kann, und könntest du auch mit mir und meinen Kinder aus dieser Stadt entfliehen, wie willst du von diesem entlegenen Lande in deine Heimat kommen? Mache dich daher schnell auf, verlasse mich und füge nicht neuen Kummer zu dem meinigen.« – »Bei meinem Leben, o Licht meiner Augen«, versetzte Hasan, »ich werde dieses Schloß nicht ohne dich verlassen, sondern dich den Feinden zum Trotze mitnehmen.« – »Wie kannst du das?« fragte sie, »wie willst du über Geister und Zauberer gebieten?« Er antwortete: »Mit dieser Mütze und diesem Zepter rette ich dich«, und erzählte ihr hierauf die Geschichte mit den Kindern.

Da trat plötzlich die Königin zu ihnen ins Zimmer, und Hasan hatte kaum noch Zeit genug, sich durch das Aufsetzen der Mütze unsichtbar zu machen. »Mit wem hast du gesprochen?« fragte sie ihre Schwester. Manar Alnisa antwortete: »Mit wem anders als mit diesen Kindern?« Nur Alhuda fiel mit einer Peitsche über sie her, bis sie in Ohnmacht fiel, dann ließ sie sie in ein anderes Zimmer schleppen und ging fort.

Als Manar Alnisa von ihren Wächtern verlassen wurde, nahm Hasan die Mütze ab. Da sagte ihm Manar Alnisa: »Sieh, was mir widerfährt, es ist alles Folge meines Ungehorsams gegen dich, zürne mir nur nicht, daß ich dich verlassen habe, das Weib erkennt den Wert des Mannes erst nach der Trennung von ihm. Ich habe schwer gesündigt und flehe Gottes Gnade an, Hasan erwiderte: »Du hast nicht gefehlt, ich bin der Schuldige, weil ich von dir weggereist bin und dich bei Leuten zurückgelassen habe, die deinen Wert nicht kannten. Wisse nun, Geliebte meines Herzens, ich werde dich diese Nacht abholen und mit dir abreisen.« Sie weinte heftig und ihre Kinder weinten mit ihr, und die Mädchen, welche hinzutraten und Hasan nicht sahen, bemitleideten ihre Herrin und verwünschten die Königin.

Hasan wartete bis die Nacht heranbrach und die Wächter Manar Alnisa verlassen hatten. Dann umgürtete er sich, band sie los, nahm seinen ältesten Sohn auf den Arm und verließ mit seiner Gattin, welche den Jüngeren trug, unter Gottes Schutz das Schloß.

Als sie aber zum Schlosse hinaus wollten, fanden sie das Tor von außen geschlossen, da gaben sie alle Hoffnung auf eine glückliche Fahrt auf und Hasan rief bestürzt: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen! Alles habe ich voraus berechnet, nur das nicht; nun wird es Tag werden und wir fallen wieder in die Hand unserer Feindin; was ist da zu tun?« Da sagte seine Frau: »O Hasan! Wir wollen uns selbst töten, um einmal Ruhe zu finden und nicht neuen Qualen entgegenzugehen.« Während sie so sprachen, sagte jemand von außen: »Bei Gott! ich öffne euch, wenn ihr mir meine Bitte gewährt.« Als sie von außen angeredet wurden, fürchteten sie sich noch mehr und wollten wieder in ihr Gemach zurückgehen. Da rief dieselbe Stimme wieder: »Warum antwortet ihr mir nicht?« Hasan erkannte jetzt die Stimme der Alten und rief ihr voller Freude zu: »Öffne mir, dein Wille geschehe, es ist keine Zeit zum Sprechen.« Aber sie erwiderte: »Bei Gott! ich öffne nicht, oder ihr müßt mir schwören, daß ihr mich mit euch nehmen wollt, denn ich mag nicht länger bei dieser ruchlosen Königin bleiben, ich will euer Schicksal teilen, mit euch gerettet werden oder umkommen, denn diese Dirne erschreckt mich jeden Augenblick um euretwillen, und du, meine Herrin, weißt doch, in welchem Ansehen ich bei dem König stehe.« Da schworen sie der Alten, daß sie sie mitnehmen wollten. Als das Tor aufging, sahen sie die Alte auf einem großen roten Löwen sitzen, um dessen Hals ein Strick von Palmenfasern gewunden war, und der sich unter ihr schneller als der Wind herumtummelte. Sie sagte ihnen, indem sie sich vor sie hinstellte: »Folgt mir und fürchtet nichts! Ich habe vierzig Kapitel von der Zauberkunst auswendig gelernt: Das geringste davon genügt mir, um vor Tagesanbruch diese Stadt in ein wogendes Meer und alle Mädchen, die darin sind, in Fische zu verwandeln. Doch wagte ich es nicht, einen solchen Zauber zu gebrauchen, aus Furcht vor dem König; aber ihr sollt nun Wundertaten von mir sehen, kommt nur schnell!« Hasan und seine Gattin folgten der Alten zur Stadt hinaus. Da schlug Hasan mit seinem Zepter auf die Erde und sagte: »Ich beschwöre euch, ihr Diener dieser Talismane, erscheinet und gehorchet meinem Willen!« Sogleich spaltete sich die Erde und es traten zehn Geister hervor, so groß, daß ihre Füße den Boden berührten und ihr Kopf die Wolken spaltete. Sie verbeugten sich dreimal vor Hasan und sagten: »Was beliebt unserem Herrn und Gebieter? Wir sind bereit, alles für dich zu tun; forderst du mit Gottes Erlaubnis, daß wir die Meere austrocknen oder Berge versetzen?« Hasan war sehr erfreut über diese Worte, welche ihn in seinem Vorhaben bestärkten. Er fragte sie: »Wie heißt ihr? Wer seid ihr? zu welchem Stamme und zu welcher Familie gehört ihr?« Sie antworteten ihm einstimmig: »Wir sind zehn Könige, jeder von uns gebietet über sieben Stämme Djinnen und Teufel, welche Berge und Wüsten und Meere bewohnen; du kannst uns befehlen, was du willst, wir sind Sklaven dessen, der den Zepter besitzt, den du in der Hand hast.« Als Hasan dies hörte, freute er sich noch mehr und sagte: »Zeiget mir einmal eure Truppen und Hilfsgenossen.« – »O unser Herr«, versetzten sie, »wir fürchten für dich und die, welche bei dir sind, denn unsere Leute sind sehr zahlreich und haben allerlei Gestalt, Gesicht und Farbe, die einen haben einen Kopf ohne Leib, die anderen einen Rumpf ohne Kopf; viele gleichen wilden, reißenden Tieren. Drum wollen wir dir nur die Anführer der wilden Tiere und die Obersten der Truppen zeigen. Doch was willst du sonst von uns?« Hasan antwortete: »Ihr sollt mich, meine Gattin, meine Kinder und diese fromme Frau sogleich nach Bagdad tragen.« Da fragten die Geister: »Auf welche Weise sollen wir dich dahin bringen?« Hasan antwortete: »Auf euren Rücken sollt ihr uns tragen und so schnell fliegen, daß wir vor Tagesanbruch in Bagdad eintreffen.« Die Geister beugten lange den Kopf zur Erde, und als Hasan sie fragte, warum sie nicht antworteten, sagten sie: »O unser Herr und Gebieter! Bei dem höchsten Namen, bei dem Bunde Salomos, des Propheten Gottes (Friede sei mit ihm!) wir haben gelobt, niemals einen Menschen auf unserem Rücken zu tragen; aber wir wollen dir gesattelte Djinnenpferde bringen, die euch schnell in eure Heimat bringen werden.« »Wie weit ist denn von hier nach Bagdad?« fragte Hasan. »Sieben Jahre hat ein wackerer Reiter daran zu reisen«, antworteten die Geister. Hasan war sehr erstaunt und sagte: »Ich bin doch in weniger als einem Jahre hierher gekommen.« Sie versetzten: »Gott hat dir die Herzen seiner frommen Diener zugeneigt, sonst hättest du dieses Land nie erreicht, ja nicht einmal mit deinen Augen gesehen; weißt du, daß du mit dem Alten auf dem Elefanten und auf dem fliegenden Pferd in drei Tagen eine Strecke von drei Jahren zurückgelegt hast, und daß der andere Alte mit dir in einem Tage einen ähnlichen Weg zurückgelegt hat? Und von Bagdad nach dem Schlosse der Mädchen hat man auch ein Jahr zu reisen: So hast du eine Entfernung von sieben Jahren.«