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Tausend Und Eine Nacht

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Sie warf zornig der Alten den Brief vor; diese legte ihn zusammen und brachte ihn dem Prinzen. Als er ihn gelesen hatte, beugte er den Kopf zur Erde, sagte nichts und schrieb in seiner Verzweiflung mit den Fingern Worte vor sich hin. Da sagte die Alte: »Warum sprichst du nichts, mein Sohn?« Er antwortete: »Was soll ich dazu sagen? Sie droht mir mit dem Tode und wird immer härter.« – »Schreibe ihr nur wieder«, sprach die Alte, »ich übenehme es, dir Antwort zu bringen: sei nur guten Mutes, ich werde euch schon vereinigen!« Er dankte ihr und schrieb folgende Verse:

»Bei Gott! erweicht sich dein Herz nicht für einen Liebenden, der nach Vereinigung schmachtet? Meine Augen sind entzündet, denn sie vergießen jeden Abend blutige Tränen. O sei mild und gütig gegen einen aus Liebe zu deinen Reizen Verzweifelten, der die ganze Nacht schlaflos zubringt, weil er, o Schöne! liebevoll an dir hängt. Zerstöre nicht die Hoffnungen des Herzens, das nur für dich schlägt, gramvoll und abgehärmt ist! Bei Gott! verschmähe nicht länger den, der in Liebe zu dir untergeht.«

Der Prinz legte das Papier zusammen, gab es der Alten mit einem Beutel von dreihundert Dinaren und sagte ihr: »Nimm das, um deine Kleider waschen zu lassen!« Sie sagte: »Bei Gott, verschone mich mit diesem Geld, du hast mir schon Gutes genug erwiesen.« Er sprach aber: »Du mußt es nehmen! « Sie nahm es an und küßte seine Hände.

Als sie zur Prinzessin gekommen war, küßte sie den Brief und überreichte ihr ihn. Die Prinzessin sagte: »Was denkst du, o Amme! uns in solche Gefahr zu setzen durch das Hin— und Herbringen unsrer Briefe? Ich glaube, du hast keinen Verstand, daß du so den Rasenden beschützest, dem ich bald den Todeskelch reichen werde.« Sie las dann den Brief und warf ihn weg; die Ader des Zornes trat zwischen ihren Augen hervor und niemand wagte es, sie anzureden. Sie begab sich nach dem Schloß des Vaters und fragte nach ihm, aber man sagte ihr, er befinde sich auf der Jagd. Sie kehrte vor Zorn zitternd zurück, ließ den Kopf hängen und redete mit niemand ein Wort. Erst nach drei Stunden beruhigte sie sich, und ihr Gesicht nahm wieder seinen lieblichen Ausdruck an. Als die Alte dies bemerkte, näherte sie sich ihr, küßte die Erde vor ihr und sagte: »Wohin hattest du deine edlen Schritte gewendet?« Sie antwortete: »Nach dem Schloß meines Vaters.« – »Hätte dir niemand dein Geschäft besorgen können, daß du dich selbst bemühtest?« – »Niemand konnte das versehen, denn ich ging zu ihm, um ihm die Geschichte mit den Kaufleuten zu erzählen, die auf dem Bazar sitzen und sich bis zu mir erkühnen, damit er sie züchtigen und vor ihre Läden hängen lasse; kein einziger Kaufmann soll in der Stadt bleiben.« – »Bist du nur deshalb zu deinem Vater gegangen?« – »Ja.« – »Und was hat er beschlossen?« – »Er war auf der Jagd, und ich muß nun warten, bis er zurückkehrt.« Da sagte die Alte: »Hättest du nun deinen Vater zu Hause gefunden und ihn von dem ganzen Vorfall in Kenntnis gesetzt, würden nicht die Leute, wenn er den jungen Kaufmann mit den Seinigen hätte hinrichten lassen, fragen, was sie denn verbrochen haben. Man würde sagen, sie haben die Prinzessin verführen wollen; andere würden sagen: sie haben die Prinzessin verführt, sie verließ deshalb ihr Schloß nicht, weil sie ganz den Kaufleuten lebte – kurz, jeder würde was anderes sagen; denn das Volk ist blind, und Ehre ist wie Milch. Ihr Tod wird dir nichts nützen, du wirst nur deinen Ruf verlieren. Nimm daher meinen Rat an, du bist ja eine kluge Herrin, laß ab von deinem Vorhaben und danke Gott, daß dein Vater nicht zu Hause und daß du mich zuerst angehört. Doch das ist deine Sache.«

Als die Prinzessin diese Worte hörte und darüber nachdachte, fand sie, daß die Alte recht hatte, und sprach: »Bei Gott! meine Amme, du hast wahr gesprochen; der Zorn hatte nur meinen Verstand betäubt und mein Herz verstopft; gelobt sei Gott! daß ich meinen Vater nicht getroffen.« Die Alte sagte: »Dein Entschluß ist dem erhabenen Gott angenehm; ich glaube, wir werden mit diesem Hund von Kaufmann nicht fertig, bis du ihm schreibst: Du Hund von Kaufmann! bei Gott! hätte ich den König getroffen, ehe er ausritt, so hingest du mit allen deinen Nachbarn an der Tür deines Ladens; doch wird dir dies, bei Gott, nicht fehlen! ich schwöre, daß ich jede Spur von dir von der Erde vertilgen werde, wenn du nicht ablässest. Gib mir dann den Brief, er soll ihn lesen, daß seine Achseln zittern und er aus seinem Schlaf erwache.« Da sagte die Prinzessin: »Wird er vor diesen Worten zittern?« – »Und wie sollte er nicht zittern und von seinem Vorhaben abstehen?« Sie schrieb ihm dann folgende Verse:

»Du knüpfst deine Hoffnung auf unsere Vereinigung und erwartest Gegenliebe von mir. Der Mensch fällt nur durch Selbsttäuschung, sie stürzt ihn ins größte Verderben; du hast keine Kraft, keine Macht, kein Reich, und doch bekehrst du dich nicht. Handelte selbst ein Sultan meines Ranges so wie du, er würde doch vor der Gefahr zurückschrecken, denn der Krieg macht grau. Doch ich vergebe dir deine Schuld, vielleicht wirst du nun zu besserer Einsicht gelangen.«

Sie warf das Papier der Alten hin und sprach zu ihr: »O Amme! halte ihn doch ab von solchen Reden, sei nicht nachgiebig gegen sein Beharren in seiner Schuld.« Die Alte sagte: »Bei Gott! ich will im keine Seite lassen, auf die er sich umwenden könnte.« Sie ging damit zum Prinzen und gab ihm den Brief. Als er ihn gelesen und verstanden hatte, sprach er: »Ich bin Gottes und kehre zu ihm zurück. O meine Mutter! was soll ich tun? mein Herz zerspringt und meine Geduld versiegt.« Die Alte sagte: »Laß den Mut nicht sinken! nach dem einen kommt das andere. Schreibe ihr nur, was du im Sinne hast, so Gott will, bringe ich dir wieder Antwort. Sei nur guten Mutes und heitern Blickes; so Gott will, muß ich euch doch vereinigen.« Er dankte ihr und schrieb folgende Verse:

»Wenn mir in der Liebe niemand Schutz bietet, so wird meine Schuld mit dem Tode bestraft. Warum soll ich nicht nach dir verlangen, o höchstes Ziel? Ich trage bei Tag und bei Nacht eine Feuerflamme in meinem Inneren, und bete zu dem Gott des Firmaments, daß er mir deine Zuneigung verschaffe, denn schmerzlich plagt mich die Liebe!«

Er gab den Brief der Alten mit einem Beutel von hundert Dinaren und sagte: »Nimm dieses Geld und widersetze dich nicht.« Sie nahm das Geld und den Brief und überreichte ihn ihrer Herrin. Die Prinzessin nahm ihn aber nicht, sondern sah ihn an und sagte: »Was hat er hier wieder für einen Brief geschickt?« Die Alte sagte: »Es ist die Antwort auf dein Schreiben.« Sie nahm und las den Brief, und als sie damit zu Ende war, sah sie die Alte an und sprach zu ihr: »Wo sind deine Ermahnungen geblieben?« Sie antwortete: »Er hat sich bekehrt und dich um Verzeihung gebeten.« Die Prinzessin aber versetzte: »Bei Gott! er hat sich weder bekehrt noch entschuldigt.« Die Alte sagte: »So antworte ihm nur, ich will dir schon sagen, was ich mit ihm anfange.« Die Prinzessin erwiderte: »Soll ich ihm denn immerfort schreiben?« Die Alte erwiderte: »Du mußt das tun, um ihm alle Hoffnung zu nehmen und ihn ganz zu verwirren.« Die Prinzessin nahm dann, als die Alte es durchaus wollte, Tinte und Papier und schrieb folgende Verse:

»Lange schon dauert die Zurechtweisung und die Sorge und der Kummer; wie oft muß ich dir in Versen schreiben: laß ab? Deine Widerspenstigkeit nimmt immer zu; ich verzieh dir, doch du ließest nicht ab. Verschließe nur deine Liebe und laß sie nie mehr laut werden, sonst werde ich kein Mitleid mehr mit dir haben. Du wirst sehr bald mächtige Stürme sehen, und die Vögel der Wüste werden dir zurufen: Kehre zurück zu einem frommen Wandel, du warst lange genug ruchlos.«

Sie warf das Papier in heftigem Zorn weg; die Alte hob es auf und lief damit zum Prinzen. Er nahm, öffnete es und las es. Da er aber daraus merkte, daß sie immer erzürnter gegen ihn wurde und ihm kein Mittel übrig blieb, sich ihr zu nähern und seine Wünsche gekrönt zu sehen, entschloß er sich, sie in einer Antwort zu verwünschen. Er schrieb daher folgende Verse:

»O Herr! befreie mich von den Fesseln meiner Liebe! Du kennst die Flamme, die mich verzehrt, und meine Sehnsucht nach einem mitleidlosen Wesen. Wie lange soll ich die noch lieben, die mir so große Qual bereitet, und wie lange soll ich ihre Tyrannei ertragen? Wie lange soll ich noch unter den Fittichen der Nacht laut und heimlich klagen? Ich irre in einem bodenlosen Abgrund umher und niemand kommt mir zu Hilfe. Wie lange soll ich noch vergebens Trost und Geduld gegen ihre Liebe suchen? O Vogel der Trennung! sage mir doch einmal: du bist nun sicher gegen die Vorfälle und Tücken des Schicksals. Du lebst ruhig mitten in deiner Heimat, während ich von meiner Familie und meinem Vaterlande getrennt bin.«

Er legte den Brief zusammen und gab ihn der Alten mit einem Beutel von einhundert Dinaren. Sie ging zur Prinzessin und gab ihr den Brief. Als diese ihn ganz gelesen hatte, warf sie ihn weg und sagte: »Du unheilvolle Alte! Alles Böse kommt von dir! du treibst uns von einem Brief zum anderen und sagst immer: ich will dir Ruhe schaffen! nur damit ich ihm von neuem schreibe und der Briefwechsel solange fortgesetzt werde, bis zuletzt mein Ruf zugrunde geht.« Sie befahl dann ihrem Diener: »Ergreift die Alte und prügelt sie!« Sie wurde geprügelt, bis ihr das Blut aus der Nase und vom ganzen Körper herunterlief und sie ohnmächtig hinfiel. Dann befahl die Prinzessin einer ihrer Sklavinnen, sie an den Füßen zum Schloß hinauszuschleppen, neben ihr stehen zu bleiben, und wenn sie wieder zu sich komme, ihr zu sagen: »Die Prinzessin hat geschworen, dich umzubringen, wenn du wieder ins Schloß kommst.«

Man schleppte sie hinaus und es blieb jemand bei ihr stehen, der ihr, als sie wieder zu sich kam, sagte, was die Prinzessin befohlen hatte. Die Alte sprach: »Gott bewahre mich vor dem bösen Teufel! Bin ich rasend? Wenn auch die Prinzessin mir das nicht sagen ließe, so würde ich doch lieber sterben, als je zu ihr zurückkehren; da ich aber nun nicht gehen kann, so bitte ich dich, sei so gut, miete mir einen Esel, der mich nach Hause bringe.« Die Sklavin holte ihr einen Esel und sie ritt darauf nach dem Laden des Prinzen. Dieser sagte ihr: »O meine Mutter! warum sehe ich dich in diesem Zustand? Du machst mir bange.« Sie versetzte, indem sie ihm ihren Leib und ihre zerrissenen Kleider zeigte: »Das alles habe ich um deinetwillen erlitten.« Als er dies hörte und ihren zerschlagenen Leib sah, kam er fast von Sinnen und sprach: »O meine Mutter! wer hat dir das getan?« Sie erzählte ihm die Geschichte von Anfang bis zu Ende. Er wurde sehr betrübt darüber und sagte ihr: »O meine Mutter! es tut mir sehr leid, doch geschieht ja alles nach der Bestimmung des erhabenen Gottes; weißt du aber nicht, meine Mutter, wie es kommt, daß die Prinzessin die Männer haßt?« Sie antwortete: »Wisse, mein Sohn, sie hat einen großen Garten, den größten und schönsten auf der ganzen Erde. Als sie einst in der Nacht schlief, sah sie im Traum einen Vogelfänger, der sein Netz auswarf und Weizen ausstreute. Nach einer kurzen Pause versammelten sich die Vögel umher und klaubten die Weizenkörner auf. Da fiel ein Männchen in das Netz und wurde verstrickt, und alle Vögel entflohen; nur ein Weibchen, das auch zugegen war, kam gleich wieder zurück, und biß solange mit dem Schnabel an dem Strick, der den Fuß des Männchens fesselte, bis es ihn brach und dadurch das Männchen befreite. Dies alles geschah, während der Vogelfänger schlief. Als er erwachte, sah er das Netz zerrissen; er flickte es und streute wieder Weizen aus. Nach einer Weile kamen die Vögel wieder, ein Weibchen fiel ins Netz und flatterte, erschrocken entflohen alle übrigen Vögel mit dem Männchen, das nicht zurückkehrte. Nach einer Weile wurde nun das Weibchen gefangen, losgemacht und geschlachtet. Hier erwachte nun die Prinzessin ganz erschrocken und sprach: So verfährt das männliche Geschlecht mit dem weiblichen! Das Weibchen hat auf Gefahr des eigenen Lebens das Männchen befreit, und als Gott beschlossen hatte, daß jenes falle, hat das Männchen es sterben lassen und ist ihm nicht zu Hilfe gekommen, bis der Vogelfänger es schlachtete. Gott verdamme jeden, der auf Männer sich verläßt! Seit jener Zeit haßt sie die Männer.«

 

Es sagt der Erzähler: Hierauf fragte der Prinz: »Kannst du mich nicht nach jenem Garten bringen? Bei Gott! ich möchte ihm nur so nahe sein, daß ich einen einzigen Blick auf sie werfen könnte, und wäre es auch mein Tod.« Die Alte erwiderte: »Sie kommt jährlich nur einmal in diesen Garten.« – »Und wann wird sie ihn besuchen?« – »Wenn die Früchte reifen; sonst lebt sie immer in ihrem Schloß, und geht auch nur durch die geheime Türe in diesen Garten, der in der Nähe des Schlosses ist; außer ihrem und ihres Vaters Schloß hat sie noch nichts in der Welt gesehen. Ich will dir nun einen guten Rat geben: Wir haben noch einen Monat bis die Früchte reif werden; du weißt, mein Sohn, Liebe kann alles, du gehst nun von heute an nach dem Garten, den ich dir zeigen werde, knüpfst mit dem Gartenhüter ein freundschaftliches Verhältnis an und erzeigst ihm manche Wohltaten, damit er dich liebgewinne. Dann bittest du ihn, er möge dich den Garten sehen lassen, worin du täglich spazieren gehst; an dem Tage, bevor die Prinzessin in den Garten gehen will und ehe der Torhüter es weiß, daß sie kommen wird, wird er dir dann auch, wie immer erlauben, hineinzugehen; bringe sodann die Nacht darin zu, um, wenn die Prinzessin kommt, schon daselbst zu sein. Sobald du sie siehst, gehe ihr entgegen; vielleicht, wenn sie dich sieht, wird sie gerührt werden, denn die Liebe überwindet alles. Auch bist du so schön, mein Sohn, daß selbst ein Mönch, wenn er dich sähe, von deiner Schönheit hingerissen würde.« Er dankte, brachte ihr ein Stück Seidenstoff mit goldenen Fransen und andere Stoffe, und sagte ihr: »O meine Mutter, nimm das statt deiner zerrissenen Kleider!« Auch gab er ihr hundert Dinare, die sie nahm. Zuletzt zeigte sie ihm noch ihre Wohnung. Der Prinz aber erzählte dem Vezier alles, was ihm widerfahren, von Anfang bis zu Ende, und befahl seinen Dienern, den Laden zu schließen.

Als der Vezier dies hörte, sagte er: »Mein Sohn, wenn du aber in den Garten gehst und sie dich sieht und nicht gut aufnimmt, was willst du dann tun?« Er antwortete: »O Vezier! es bleibt mir dann nichts übrig, als mein Leben zu wagen, sie mitten aus ihren Dienern herauszureißen, hinter mir auf mein Pferd zu setzen und mit ihr in die Wüste zu fliehen. Entkomme ich, so habe ich meinen Zweck erreicht, wo nicht, so bin ich dieses schlechte Leben los.«

Der Vezier sprach: »Mein Sohn, das kann nicht gut enden, du bist allein mit mir, wir sind hier fremd und dieses Land ist sehr weit von dem unsrigen entfernt; wie kannst du so etwas gegen einen der mächtigsten Könige der Zeit unternehmen, der über hunderttausend Zügel zu gebieten hat; könntest du auch seinen Truppen entkommen, so würden die Bürger dir im Wege sein; so darf ein verständiger Mann nicht handeln.« Der Prinz entgegnete: »Was ist denn zu tun, Herr? mein Schicksal reißt mich dahin.« Der Vezier sagte. »Wir wollen morgen in den Garten gehen und sehen, wie er ist und was mit dem Wächter angefangen werden kann.« Sie brachten mit diesem Entschluß die Nacht zu. Als Gott einen schönen Morgen heranleuchten ließ, stand der Vezier auf und nahm den Prinzen mit nach dem Garten; vorher steckte er tausend Dinare zu sich.

Als sie nach dem Garten kamen, sahen sie hohe Mauern, viele Bäume und Bäche; Blumen dufteten, Vögel sangen und Früchte waren in Menge da, wie in den Gärten des Paradieses. An der Thüre saß ein alter Mann. Als er sie sah, stand er vor ihnen auf und grüßte sie, sie aber erwiderten seinen Gruß. Er sprach zu ihnen: »Braucht ihr etwas, womit ich die Ehre haben kann, euch aufzuwarten?« Der Vezier antwortete: »Wisse, o Alter! wir sind hier fremd, es ist uns sehr heiß, und unsere Wohnung ist weit von hier am anderen Ende der Stadt; sei also so gut, nimm dieses Geld und kauf uns etwas dafür zu frühstücken, öffne uns den Garten, und führe uns auf einen schattigen Platz, wo wir uns abkühlen können, bis das Essen kommt; wenn wir ausgeruht haben, so gehen wir wieder unseres Weges.«

Der Vezier dachte, auch in einer solchen Stunde nützt das Geld dem etwas, der es hat; er griff daher in die Tasche und nahm einen goldnen Dinar heraus, der fünf Mithkal wog, steckte ihn dem Alten in die Hand und sagte: »Kaufe dafür deinen Kindern etwas!« Derselbe war schon siebzig Jahre alt und hatte niemals in seiner Hand etwas Gelbes gesehen als Limonenschalen. Als er daher den Dinar sah, flog sein Verstand davon. Er machte sich auf, öffnete ihnen die Türe und führte sie in den Garten unter einen großen schattigen Baum, neben dem Wasser floß. Dann sagte er ihnen: »Meine Herren! geht nicht ins Innere des Gartens, wegen der Haremstür, die ins Schloß der Prinzessin führt.« Sie erwiderten: »Wir werden nicht von hier aufstehen, bis du wiederkehrst.« Der Wächter ging dann fort und kam nach einer Weile mit allerlei Speisen zurück; sie aßen und tranken, und als sie fertig waren, betrachtete der Vezier den Garten und untersuchte ihn von allen Seiten. Er sah ein altes Schloß mit hohen Mauern, die aber gespalten waren und keinen festen Grund mehr hatten. Der Vezier fragte: »O Alter! wem gehört dieses Schloß und dieser Garten? ist es dein Eigentum, oder hast du es bloß gemietet?« – »Herr, ich bin bloß der Wächter.« Der Vezier fragte abermals: »Wieviel Lohn hast du monatlich?« – »Einen Dinar.« Da sagte der Vezier: »Man tut dir Unrecht, besonders wenn du Frau und Kinder zu ernähren hast.« – »Herr«, sprach der Alte, »ich habe acht Kinder und ihre Mutter.« Der Vezier sagte: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen! Ich teile deine Sorgen, o armer Mann! Was sagst du zu dem, der deiner Familie willen dir Gutes erweist?« Der Alte antwortete: »Was du auch mir tuest, mag Gott gefällig und dir selbst zum Besten werden.« Da sagte der Vezier: »Sieh, Alter, in diesem so schönen Garten steht ein altes, zerfallenes Schloß, das sich gar schlecht ausnimmt; ich will es ausbessern, frisch weißen, hübsch anstreichen und meinen Namen auf die Tür schreiben lassen.« Der Alte fragte: »Was ist denn deine Absicht damit?« – »Damit«, antwortete der Vezier, »wenn du oder deine Kinder es sehen, ihr für mich betet und euch meiner zum Besten erinnert; und wenn der Eigentümer kommt und dich fragt, wer das so hergestellt hat, du ihm antwortest: ich war es, Herr, ich wollte mit weißem Gesicht vor dir erscheinen, denn ich hoffte auf deine Wohltaten; und gewiß wird er dir dann die Auslage ersetzen und es wird zu deinem Nutzen ausfallen.« Er zog hierauf einen Beutel von fünfhundert Dinaren hervor und sagte ihm: »Nimm diesen Beutel, mach es dir bequemer mit deiner Frau und deinen Kindern und sage ihnen, sie sollen nach jedem Gebete uns Gutes wünschen.«

Als der Alte das Gold sah, entfloh sein Verstand. Er warf sich dem Vezier und dem Prinzen zu Füßen, küßte sie und wünschte ihnen Glück. Der Vezier sagte: »Dein Abschied wird uns wehe tun.« Der Alte fragte: »Wohin gehst du?« Der Vezier antwortete: »Nach Hause.« Der Alte rief wehmütig aus: »So wird sich dieses edle Gesicht von mir wenden? Ich kann eure Trennung nicht ertragen, und ihr habt mir ja versprochen, diesen Ort schöner herstellen zu lassen.« Der Vezier antwortete: »So Gott will, kommen wir morgen früh und trennen uns dann nicht mehr von dir, weder bei Tag noch bei Nacht«, und ging fort. Der Prinz aber fragte: »O Vezier, was ist deine Absicht bei der Herstellung dieses Schlosses?« Er antwortete: »Ich habe etwas im Sinne, das du, so Gott will, später erfahren sollst und worauf unser Wohl beruht.«

Am folgenden Morgen ging der Vezier zu dem Obersten der Maurer und Anstreicher und forderte von ihnen die beste Arbeit, die in der Stadt zu finden sei. Zu den Maurern sagte er: »Streicht dieses Haus schön weiß an.« Als dies geschehen war, gab er ihnen den Lohn und schickte sie fort. Er ließ hierauf die Maler kommen und sagte ihnen. »Heute ist der Tag, wo wir eurer bedürfen; hört nun meinen Plan. Wisset, ihr Gelehrten! ich schlief eines Tages in diesem Garten und sah im Traum einen Jäger, der sein Netz auslegte und Weizen streute. Die Vögel versammelten sich um ihn her, um den Weizen aufzulesen; ein Männchen und ein Weibchen waren darunter; nach einer Weile fiel das Männchen in das Netz, und alle Vögel entflohen; das Weibchen aber kam wieder zurück und biß solange am Strick, der den Fuß des Männchens festhielt, bis es ihn losmachte und das Männchen mit ihm davonfliegen konnte. Dies alles geschah, während der Vogelfänger schlief. Als er erwachte, fand er das Netz verdorben, er besserte es wieder aus und streute wieder Weizen. Die Vögel kamen wieder und das Weibchen fiel in den Strick. Als dies die übrigen Vögel sahen, entflohen sie sämtlich mit dem Männchen; der Jäger aber nahm das Weibchen und schlachtete es. Als das Männchen wiederkehren wollte, um das Weibchen zu befreien, stürzte ein Adler über es her, zerriß es und trank sein Blut. Ich wünsche nun, daß ihr meinen Traum mit allen Figuren auf diese Wand malet, mit dem Männchen, wie es später der Adler ergreift und verzehrt. Führt ihr das nach meinem Wunsch aus, so werde ich es bei eurem Lohn nicht genau nehmen, sondern euch reichlich bezahlen.« Sie sagten: »Herr! du sollst unsere Arbeit sehen.« Sie holten allerlei Farben, bemalten das Schloß von innen und außen, und malten in die Mitte, was ihnen der Vezier beschrieben; derselbe war sehr damit zufrieden, denn es war ihm, als habe er den Traum vor Augen. Er dankte ihnen und gab ihnen reichlichen Lohn.

Als später der Prinz kam, um zu sehen, was der Vezier machen lasse, und den Traum der Prinzessin gemalt fand, mit dem Netze, dem Vogelfänger und den Vögeln, wie das Männchen sich verstrickt und vom Weibchen befreit wird, und wie später das Weibchen fällt, und das Männchen, als es zu Hilfe eilen wollte, vom Adler ergriffen wird, der es mit seinen Krallen zerreißt, sein Blut trinkt und sein Fleisch frißt, war er vor Verwunderung ganz außer sich.

Er eilte zum Vezier und sagte ihm: »O Vezier, ich habe ein Wunder gesehen; wenn es mit der Nadel in das Auge geschrieben wäre, so würde es jedem zur Belehrung dienen.« Der Vezier sagte: »Was denn, Herr?« – »Ich habe dir den Traum der Prinzessin erzählt, der die Ursache ihres Hasses gegen die Männer war; soeben sah ich diesen nun gemalt wie ein Bild der Wirklichkeit, und außerdem noch etwas, das die Prinzessin nicht gesehen; hätte sie es gesehen, so wäre unser Sieg gewiß.« Der Vezier fragte: »Was war es?« Der Prinz antwortete: »Ich sah, wie das Männchen zurückkam, um das Weibchen zu befreien und ein Adler darüber herstürzte, es zerriß, sein Blut trank und sein Fleisch aß. O hätte doch die Prinzessin den Traum bis zum Ende gesehen, wie das arme Männchen vom Adler ergriffen wurde, daher er das Weibchen nicht befreien konnte.« Der Vezier sagte: »Bei Gott, das ist wunderbar!« Der Prinz hörte nicht auf, sich zu verwundern und zu bedauern, daß die Prinzessin nicht alles gesehen. Er dachte bei sich: Träume ich am Ende nicht selbst? Der Vezier sagte: »Du hast mich gefragt, was ich mit der Ausbesserung dieses Schlosses wollte, und ich habe dir geantwortet, du wirst schon sehen, so Gott will. Nun, ich selbst habe diese Malerei angeordnet; ich habe den Malern befohlen, das Männchen in den Krallen des Adlers zu malen, damit es die Prinzessin sehe, das Männchen entschuldige und die Männer nicht mehr hasse.« Als der Prinz dies hörte, freute er sich sehr, dankte dem Vezier und sprach: »Ein Mann wie du verdient es, Vezier der Könige zu sein. Bei Gott! wenn ich meinen Zweck erreiche und zu meinem Vater zurückkehre, so muß er dir noch mehr Gutes erweisen und dich mit einem höheren Range bekleiden.« Der Vezier küßte ihm die Hand und wünschte ihm viel Glück. Dann suchte er den Alten auf und sagte ihm: »Sieh, wie schön dieser Ort nun ist.« Der Alte antwortete: »Eure Hoheit hat dies getan.« Der Vezier sagte ihm weiter: »Wenn deine Freunde dich fragen, wer dies hat machen lassen, so sage nur, du habest so und so viel dafür ausgegeben, damit dir Gutes dafür erwiesen werde.« Der Alte erwiderte: »Gut, ich werde gehorchen.«

 

Von diesem Tage an verließ der Prinz diesen Ort nicht mehr, beschenkte reichlich den Wächter und trennte sich nicht mehr von ihm, weder bei Tag noch bei Nacht. Das ist‘s, was diese betrifft; was aber die Prinzessin angeht, so hatte sie, als der Briefwechsel aufhörte, geglaubt, der junge Mann habe die Stadt verlassen; sie freute sich darüber sehr und lebte vergnügt, bis ihr eines Tages ihr Vater ein bedecktes Kästchen schickte. Als sie es öffnete, fand sie Früchte darin und fragte ihre Sklavinnen: »Sind die Früchte ganz reif?« Sie antworteten: »Ja; o möchtest du uns die Vorbereitungen zu dem Spaziergang in dem Garten machen lassen! wir sehnen uns danach.« Sie antwortete: »Wie kann ich das? Gehen wir doch kein Jahr in den Garten, um den Farbenwechsel und die herbstliche Natur zu sehen, zu spielen und uns zu freuen, ohne daß die Amme, die ich schlagen und vertreiben ließ, uns begleitete. Aber bei dem erhabenen Gott! ich sehne mich nach ihr und bereue, was ich ihr getan; sie ist doch immer meine Amme, und ich bin ihr meine Erziehung und lange Dienste schuldig; nur der Zorn hat mich dazu verleitet.« Als ihre Dienerinnen dies hörten, standen sie alle auf, beugten sich, küßten die Erde vor ihr und sagten: »Bei Gott! Herrin, verzeihe ihr, sei gnädig gegen sie und erlaube ihr, herzukommen.« Die Prinzessin aber sprach: »Bei Gott! das war meine Absicht, ehe ihr es sagtet. Wer von euch geht zu ihr und bringt sie mir her, schon habe ich ein schönes Kleid für sie bereitet?« Da traten zwei Sklavinnen hervor: die eine hieß Balid und die andere Suwad Alein, es waren die angesehensten und der Prinzessin liebste Sklavinnen unter allen, und sagten: »Wir wollen zu ihr gehen und sie hierher bringen.«

Die Prinzessin erlaubte es ihnen; sie gingen daher fort, nachdem sie ihre kostbarsten Kleider angezogen hatten, und klopften an dem Hause der Alten. Diese kam zu ihnen heraus, erkannte sie sogleich und drückte sie in ihre Arme, freute sich mit ihnen und erwies ihnen viele Ehre, denn sie wußte, wie hoch sie bei der Prinzessin standen. Als sie sich niedergelassen hatten, sagten sie: »O Amme! die Prinzessin hat dir verziehen, und bereut, was geschehen; sie sehnt sich wieder nach dir, denn sie erinnert sich der Erziehung, die du ihr gegeben, und der Zärtlichkeit, die du für sie hattest. Sie hat daher befohlen, dich mit Ehre zu ihr zurückzubringen, und schon hat sie ein schönes Kleid für dich bereitgelegt, das nur für dich paßt. Komm also mit zu ihr.« Die Alte sprach: »Das kann nie sein und müßte ich den Todeskelch trinken. Wie kann ich zu ihr zurückkehren, nachdem sie mich vor meinen Freunden und Feinden so behandeln ließ, daß ich in meinem Blute schwamm und beinahe starb; ließ sie mich nicht wie eine Hündin an den Füßen zum Schloß hinausschleppen! Bei Gott! ich werde nie zu ihr zurückkehren, noch sie mehr bedienen, selbst wenn sie meine Augen mit Gold und Silber füllte!« Die Sklavinnen sagten ihr: »O Amme; das ist nicht schön von dir; wir sind nun einmal deshalb zu dir gekommen, wo bleibt die Ehre, die du uns schuldig bist? Bedenke, wer zu dir gekommen ist! Gibt es eine höhere Person, als wir bei der Prinzessin sind?« Sie antwortete: »Gott, der Allwissende, bewahre mich vor dem schlimmen Satan! Ich weiß, bei Gott, daß ich nicht so viele Ehre verdiene, und daß, wenn die Prinzessin mich nicht wieder auf eine hohe Stufe stellen wollte, sie euch nicht geschickt hätte. Aber immerhin werde ich in einem schlechten Ansehen bei ihren Dienern und Sklavinnen stehen, während früher der erste unter ihnen vor Angst starb, wenn ich ihn nur anschrie.« Eine der Sklavinnen erwiderte: »Höre meinen Rat! Wisse, das Sprichwort sagt: Küsse die Hand, die du nicht beißen kannst! Bedenke daher, daß die Prinzessin noch jung und rasch ist; wenn sie aufgebracht wird, so wird sie dir andere Boten schicken, dich mit Gewalt holen und umbringen lassen: wer kann es ihr verbieten; wenn wir zurückkommen und ihr sagen, du wollest nicht kommen, so würde es dir gewiß nicht gut gehen. Komm also mit uns und sträube dich nicht länger.«

Als die Alte diese Worte hörte und sie wahr fand, sagte sie: »Bei Gott! wäret ihr nicht gekommen und ständet ihr nicht in so hohem Ansehen, ich wäre nicht zu ihr zurückgekehrt, und hätte sie mich auch umbringen lassen.« Sie dankten ihr; die Alte aber machte sich sogleich auf und ging mit ihnen. Als sie zur Prinzessin kam, blieb sie in einiger Entfernung stehen, sah sie an und sprach: »Bei Gott! meine Gebieterin, ich verdiene nicht so viel Ehre; die Schuld ist auf meiner Seite und die Großmut auf der deinigen.« Die Prinzessin aber sprach: »Bei Gott, o Amme! dein Ansehen ist groß bei uns, ich bin dir meine Erziehung schuldig; doch du weißt, Gott hat drei Dinge geschaffen, die er unter die Menschen verteilt hat: den Charakter, die Lebensnotdurft und den Tod; der Mensch kann nichts daran verbessern. So konnte ich mich auch nicht beherrschen und meinen Zorn zurückhalten; aber bei Gott, o Amme! ich bereue, was ich getan.« Die Amme stand nun auf und küßte die Erde vor ihr, die Prinzessin aber ließ ein schönes Kleid bringen, überreichte es der Amme, und alle Diener und Sklavinnen freuten sich. Als dieses Gespräch zu Ende war, sagte die Prinzessin: »Wie steht‘s mit den Früchten? Ich glaube, die in unserem Garten sind reif.« Da sagte die Alte: »O Herrin, es ist nun die Zeit, in der wir jedes Jahr in den Garten gehen; ich will mich heute erkundigen und euch Antwort bringen.« Sie nahm dann wieder einen noch ehrenvolleren Platz ein, als früher. Sie ging sogleich zum Prinzen, der ihr freudig entgegenkam und sie umarmte. Seine Augen strahlten vor Freude, denn er hatte sie mit Sehnsucht erwartet. Als sie sich niedergelassen, erzählte sie ihm, was zwischen ihr und der Prinzessin vorgefallen, wie sie von ihr beschenkt worden, und daß sie nun morgen oder übermorgen in den Garten gehen wolle. Sie fragte ihn, ob er, wie sie ihn geheißen, dem Wächter Geschenke gemacht. Er antwortete: »Ja, er ist mein Freund.« Er erzählte auch, was der Vezier getan und wie er den Traum der Prinzessin habe malen lassen.