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Tausend Und Eine Nacht

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Sie befahl dann dem Aufseher, ihnen hübsche Kleider anzuziehen und sie ins Bad zu führen, recht auf sie acht zu geben und ihnen höchst ehrerbietig zu begegnen; zu dem Zwecke gab sie ihm eine bedeutende Summe Geldes. Am folgenden Tage ritt Kut Alkulub wieder nach dem Hause des Aufsehers und ging zu seiner Frau. Diese stand vor ihr auf, küßte ihre Hände und dankte für ihre Wohltaten. Sie sah Ghanems Mutter und Schwester, die des Aufsehers Frau ins Bad gebracht und denen sie andere Kleider angezogen hatte, so daß man ihnen wohl ihren früheren Wohlstand ansah. Kut Alkulub setzte sich zu ihnen und unterhielt sich eine Weile mit ihnen, dann fragte sie des Aufsehers Frau nach ihrem Kranken; diese aber antwortete: »Sein Zustand ist immer derselbe«, und setzte hinzu: »Kommt, wir wollen einmal nach ihm sehen!« Sie traten alle vier zu ihm und setzten sich nieder. Als Ghanem, der sehr dünn und mager geworden war, sie hörte, kam er wieder zu sich, hob seinen Kopf vom Kissen auf und rief: »O Kut Alkulub!« Diese betrachtete ihn näher und schrie: »Hier bin ich.« Er sagte zu ihr: »Komm näher.« Sie fragte: »Bist du Ghanem, Sohn Ejubs?« Er antwortete: »Ja, ich bin es.« Als sie dies hörte, fiel sie in Ohnmacht. Auch seine Mutter und Schwester riefen: »O Freude!« und waren außer sich. Nach einer Weile kamen sie wieder zu sich, da sagte Kut Alkulub: »Gelobt sei Gott, der mich mit dir, deiner Mutter und Schwester vereinigt!« Sie trat näher und erzählte ihm, was vorgefallen mit dem Kalifen, und sagte: »Ich hatte ihm die Wahrheit entdeckt, er wünscht nun dich zu sehen, und hat mich dir geschenkt«, und er freute sich sehr darüber. Dann sagte Kut Alkulub: »Bleibt ihr alle hier, bis ich wiederkehre.« Mit diesen Worten erhob sie sich, ging in ihr Schloß und holte die Kiste, die sie aus Ghanems Hause gerettet hatte, nahm Geld heraus und sagte dem Aufseher. »Nimm dieses Geld und kaufe den Frauen vier Paar Kleider und zwanzig Tücher, und was sie sonst brauchen.« Hierauf führte sie die Frauen mit Ghanem ins Bad, ließ sie bedienen und ihnen gekochtes Fleisch, Galangal und Ninupharwasser reichen, das sie genossen, als sie aus dem Bad kamen und sich angezogen hatten.

Kut Alkulub blieb drei Tage bei ihnen, und gab ihnen gekochtes Fleisch und Hühner zu essen und Zuckerwasser zu trinken. Nach Verfluß von drei Tagen hatten sie sich wieder erholt; sie führte sie abermals ins Bad, vertauschte ihre Kleider mit besseren und ließ sie im Hause des Aufsehers. Sie selbst aber ging ins Schloß und bat den Kalifen, vor ihm erscheinen zu dürfen. Er ließ sie vor, sie aber küßte die Erde vor ihm und erzählte ihm die ganze Geschichte, wie Ghanem mit seiner Mutter und Schwester anwesend seien. Als der Kalif dies hörte, befahl er dem Diener: »Bring sie mir!« Djafar ging zu Ghanem; Kut Alkulub aber war ihm schon vorangeeilt und hatte zu ihm gesagt, daß der Kalif nach ihm verlange. Sie empfahl ihm, recht beredt und vernünftig zu sprechen, und sagte: »Wisse, daß du zu jemanden kommst, der über dein Leben und Gut verfügen kann.« Sie hieß ihn ein vollständig neues Kleid anziehen, und nun kam auch Djafar auf seinem nubischen Maulesel geritten. Ghanem stand auf, ging ihm entgegen und grüßte ihn, und schon war der Stern seines Glücks in hellem Glanz aufgegangen. Er ging dann mit Djafar zum Fürsten der Gläubigen, küßte die Erde vor ihm und sah alle Fürsten, Veziere, Kammerherrn, Adjudanten, Türken, Deilamiten, Araber und Perser; er sprach einige süße, beredete Worte, dann neigte er sein Haupt zur Erde und rezitierte folgende Verse:

»Ich gebe mein Leben hin für den erhabenen König, bei dem schöne und gute Handlungen sich aufeinander folgen. Das Feuer, das für seine Gäste brennt, erinnert an die Hölle und der Tau seiner mildtätigen Hand an die Sündflut. Man kümmert sich hier weder um den Kaiser, noch um einen persischen Großen. Alle Fürsten legen vor der Schwelle seines Palasts beim Gruße die Edelsteine ihrer Kronen nieder, und werfen sie einen Blick auf ihn, so fallen sie aus Ehrfurcht vor ihm auf ihr Gesicht! Alle Wüsten sind für deine Truppen zu eng, und du schlägst deine Zelte hinter Saturn auf. Möge der König aller Könige dich in deiner Macht erhalten! denn dein Herz ist stark und deine Regierung gut; durch dich wird Gerechtigkeit in allen Ländern verbreitet, gleichviel, ob sie dir nahe oder ferne liegen.«

Der Kalif bewunderte seine Beredsamkeit und liebliche Sprache, hieß ihn näher treten und sprach zu ihm: »Erzähle deine Geschichte!« Er erzählte ihm, was ihm in Bagdad widerfahren, wie er auf dem Grabmal geschlafen und die Kiste genommen, nachdem die Sklaven weggegangen waren, und alles, was ihm von Anfang bis zum Ende zugestoßen. Als der Kalif merkte, daß er aufrichtig war, machte er ihm Ehrengeschenke, behielt ihn in seiner Nähe und sagte ihm: »Verzeihe mir meine Schuld!« Er verzieh es ihm und sagte: »Gehört nicht der Sklave mit allem, was er besitzt, seinem Herrn?« Der Kalif freute sich darüber, machte ihm viele Geschenke, setzte ihm viele Einkünfte fest und räumte ihm ein eigenes Schloß ein, wohin er mit seiner Mutter und Schwester Fitnah (bedeutet Verführung) sich begab. Als der Kalif hörte, daß diese durch ihre Schönheit eine wahre Verführung sei, hielt er um sie bei Ghanem an, der ihm zur Antwort gab: »Sie ist ja deine Sklavin und ich bin dein Sklave.« Der Kalif dankte und gab ihm hunderttausend Dinare, ließ den Kadi kommen und die Zeugen, und man schrieb an einem Tag den Ehevertrag zwischen Ghanem und Kut Alkulub, und zwischen dem Kalifen und Fitnah, und ihre Vermählung wurde an demselben Tage gefeiert. Des Morgens ließ der Kalif die ganze Geschichte Ghanems niederschreiben und in der Schatzkammer aufbewahren, damit auch seine Nachfolger sie lesen.

Geschichte der Tochter des Veziers und des Prinzen Uns Alwudjud.

Man erzählt: – und Gott kennt alle Geheimnisse am besten – Es war in den frühesten Zeiten ein König, welcher Schamech hieß, er war ein sehr angesehener und mächtiger Sultan, und so gefürchtet, daß sich niemand in seine Nähe wagte. Derselbe hatte einen Sohn, welcher Uns Alwudjud (Lieblichkeit des Daseins) hieß. Sein Vezier hatte eine sehr schöne, wohlgestaltete und gebildete Tochter, welche Dichtkunst und lehrreichen Umgang liebte, sie hieß Ward fil Akmam (Rose in der Knospe). Der Vezier liebte sie sehr, weil sie so viel Geist und Beredsamkeit besaß, und Geschicklichkeit zu allen Künsten. Sie war wohlgestaltet und zart gebaut, und wenn sie sprach, so konnten ihre Worte einen Kranken heilen. Außer einer vornehmen Erziehung besaß sie so viele vorzügliche Eigenschaften, daß sie jeden reizte, dem sie sich zuwandte, und jeden tötete, dem sie den Rücken kehrte. Sie war, wie ein Dichter sagte:

»Ihre Erscheinung ist wie die des Mondes zwischen Sternen, ihr Gesicht strahlt verhängnisvoll aus ihrem Haar hervor. Mein Verstand hat mit der Liebe gescherzt. und nun gleicht er einem Sperling in der Hand eines Kindes, das mit ihm spielt.«

Der König war gewöhnt, jedes Jahr die Großen seines Reichs zum Ballspiel zu versammeln. Eines Tages befahl er bei einer solchen Versammlung den Uns AIwudjud, den Ball zu schleudern, als gerade die Tochter des Veziers in ihrem Schloß saß, um dem Spiel der Truppen zuzusehen; sie warf einen Blick herunter und bemerkte einen jungen Mann, so schön, daß nie jemand seinesgleichen gesehen; seine Wohlgestalt und Anmut reizte sie so sehr, daß sie oft nach ihm blickte und ihre Amme fragte: »Wie heißt der schöne Jüngling, der sich unter den Truppen auf seinem Pferd tummelt.« Sie antwortete: »Sie sind alle schön; zeige mir, welchen du meinst.« Die Tochter des Veziers versetzte: »Warte, bis er vorübergeht, dann will ich dir ihn zeigen.« Sie nahm dann einen Apfel und wartete, bis er unter dem Fenster vorüberging, um auf ihn werfen zu können; er hob seinen Kopf in die Höhe, um zu sehen, wer ihm einen Apfel zugeworfen, und erblickte die Tochter des Veziers wie den leuchtenden Mond in der Sphäre der Himmel; sein Herz aber entbrannte vor Liebe zu ihr. Als die Spiele zu Ende waren, entfernte er sich mit dem König und trug ihr Bild im Herzen. Ward sagte dann zu ihrer Amme: »Nun, wie heißt der junge Mann, den ich dir gezeigt?« Diese antwortete: »Er heißt Uns Alwudjud.« Sie schüttelte ihr Haupt vor Freude und gab sich ganz der Liebe hin. Als es Nacht war, ging sie zu Bett; aber vor Liebespein konnte sie nicht schlafen; sie rezitierte dann folgende Verse:

»Wer dich Uns Alwudjud genannt, hat nicht geirrt, denn du vereinst Lieblichkeit (Uns) und Freigebigkeit (Djud). O glänzender Mond! o du, dessen Gesicht das Dasein aller Wesen beleuchtet! Du bist einzig unter den Menschen, der Sultan der Schönheit, dafür zeugen dein Auge, das Werk des Allgütigen, deine rundgewölbten Augenbrauen,Es heißt im Texte: Augenbrauen wie der Buchstabe nun geformt und Augen wie der Buchstabe sad. dein Wuchs, zart wie ein frischer Baumzweig, der ins Innerste eine brennende Flamme schleudert, eine Glut, die ich nicht mehr verbergen kann; du, der Trennung unmöglich macht, Neider beschämt und einen mächtigen Arm hat, der überall Wohltaten übt!«

Als sie diese Verse vollendet hatte, schrieb sie sie auf ein Papier und legte es zusammen unter ihr Kopfkissen. Dies sah eine ihrer Sklavinnen hinter dem Vorhang hervor, welche sehr verständig und geistreich war; sie ließ sich in ein Gespräch mit ihr ein, stahl das Papier unter ihrem Kopf hervor, las es, und wußte, daß sie sich mit Uns Alwudjud beschäftigte.

Sie legte das Papier wieder an seinen Platz, wartete, bis ihre Herrin vom Schlaf erwachte, und sagte ihr: »Herrin, ich will dir einen Rat geben, denn die Liebe ist mächtig; sie verbergen ist sehr schwer und macht krank.« Die Herrin fragte: »Und welches Mittel meinst du?« – »Die Vereinigung.« – »Und wie kann man dazu gelangen?« – »Durch Schlauheit, geheimen Briefwechsel, süße Worte, stete Eintracht und wenig Vorwürfe. Hast du etwas zu vertrauen, so werde ich am besten dein Geheimnis bewahren, deine Briefträgerin werden und dir alles besorgen.« Als die Herrin dieses hörte, freute sie sich sehr und verlor fast den Verstand, doch nahm sie sich zusammen, um über die Folgen nachzudenken. Sie sagte: »Ich habe doch niemanden etwas gesagt, woher weißt du, daß ich liebe?« Sie antwortete: »Es hat mir im Traume jemand gesagt: Deine Gebieterin Ward und dein Herr Uns Alwudjud lieben sich, sei ihnen behilflich, bestelle ihre Briefe, besorge ihre Aufträge und verbirg ihr Geheimnis; du wirst großen Lohn dafür ernten. Ich habe dir nun erzählt, was ich im Traume gesehen, jetzt ist‘s an dir.« Ward sagte: »Wirst du auch wirklich mein Geheimnis bewahren?« – »Ja« – Da nahm Ward das Gedicht unter ihrem Kopf hervor und sagte ihr: »Geh, bring dies Uns Alwudjud und lasse mich seine Antwort wissen.« Sie erwiderte: »Recht gerne«, nahm das Papier, brachte es Uns und küßte ihm die Hand. Er öffnete dasselbe, las und schrieb zurück:

 

»Ich beruhige mein Herz in seiner Liebespein, denn ich muß meine peinliche Lage verbergen; wenn meine Tränen fließen und mein Auge verwunden, so fürchte ich, die Hinterbringer möchten mich durchschauen. Mein Herz war bisher frei und ich kannte die Liebe nicht, darum habe Mitleid mit mir, denn ich bin nur noch ein Schüler. Du kennst nun meine Geschichte: ich klage dir mein Verlangen und meine Liebesqual, und schreibe dir mit den Tränen meiner Augen, damit sie dir sagen, wie mir durch dich geworden. Gott bewahre ein Gesicht, dem die Anmut als Schleier dient, das die leuchtende Sonne und den Mond zu Dienern hat! Für solche Schönheit gibt es keine Schilderung, die Baumzweige können von ihrem zarten Wesen Schmiegsamkeit lernen. Ich bitte, ohne dir eine Qual aufbürden zu wollen, wende mir deine hohen Reize zu! Ich schenke dir meinen Geist, vielleicht nimmst du ihn an; ich will dein Sklave werden, o bei Gott, habe nur Mitleid!«

Als er diese Verse geschrieben hatte, legte er das Papier zusammen, küßte es und gab es der Sklavin; sie ging und brachte es ihrer Herrin. Diese küßte es ebenfalls, hob es zur Stirn, las und erkannte den Inhalt; sie nahm dann Tinte und Papier und schrieb:

»O du, dessen Liebe an meiner Schönheit hängt, warte, vielleicht kannst du mich erlangen. Als ich erfuhr, wie schön du von mir denkst, und sah, daß du mit mir Leiden teilst, wurde meine Liebe über alle Maßen heftig; doch gestatten mir meine Wächter nicht Vereinigung mit dir, darum ist mein Lager schlaflos, wäre ich nicht bewacht, so würde mein Elend bald aufhören. Die Liebe macht Geheimnis zum Gesetz, hüte dich, den Schleier zu lüften. Mein Innerstes ist voll von Liebe zur Gazelle, sie ist stets im Wachsen und beherrscht uns ganz.«

Als sie diese Verse vollendet hatte, legte sie das Papier zusammen und gab es ihrer Sklavin, die es nahm, um es dem Prinzen zu bringen; da begegnete ihr der Vezier und fragte sie. »Wo willst du hin?« Sie antwortete: »Ins Bad;« doch war sie so sehr erschrocken, daß ihr das Papier aus der Hand fiel, ohne daß sie es merkte. Als sie weg war, vermißte sie erst das Papier, sie kehrte zu ihrer Herrin um und sagte ihr, was ihr mit dem Vezier begegnet. Indessen kam ein Diener zum Vezier, der auf einem Thron saß, brachte ihm das Papier und sagte: »Herr, ich habe dieses Papier vor der Tür gefunden.« Der Vezier öffnete es, las die oben erwähnten Verse und erkannte die Schrift seiner Tochter. Er ging heftig weinend zu ihrer Mutter, die ihn fragte: »Warum weinst du, mein Herr?« Er erwiderte ihr: »Nimm dieses Papier und sieh, was darauf steht.« Sie nahm es, las und fand, daß es ein Liebesbrief ihrer Tochter an den Prinzen war. Sie weinte ebenfalls heftig und sagte dem Vezier: »Was wird aus dieser Geschichte werden?« Der Vezier antwortete: »Ich fürchte zwei Dinge für meine Tochter, denn du weißt, wieviel der Sultan auf seinen Sohn hält, es könnte für uns sehr böse Folgen haben; was ist dein Rat in dieser Sache?« Sie antwortete: »Ich will diese Nacht das Wahlgebet verrichten und Gott um ein Rettungsmittel anflehen.« Endlich beschlossen sie, auf dem Berg Takla, worüber an seinem Ort, so Gott will, mehreres, der auf einer Insel mitten im Meer Kanus lag und unzugänglich war, ihrer Tochter ein festes Schloß bauen zu lassen, sie dorthin zu bringen mit allem, was sie brauchen würde, und ihr auch eine Gesellschafterin mitzugeben. Der Vezier schickte hierauf Architekten und Feldmesser nach dem Berge und befahl ihnen, ein hohes, schönes Schloß zu bauen, was sie auch taten. Und als nach einem Jahr der Bau und alle nötigen Vorkehrungen vollendet, auch Lebensmittel in Menge vorhanden waren, ging der Vezier in der Nacht zu seiner Tochter. Sie kam ihm entgegen und küßte seine Hände. Er setzte sich und sagte ihr: »Meine Tochter! mache dich reisefertig.« Sie fragte: »Wohin?« Er aber antwortete: »Zu einer Lustreise, so Gott will.« Sie wollte nicht in der Nacht abreisen, ihr Vater aber zwang sie. Als sie aus dem Zimmer ging und die vielen Vorbereitungen zur Reise sah, ahnte ihr Herz die Trennung vom Geliebten; sie weinte heftig, nahm Tinte und Papier und schrieb an die Türschwelle folgende Verse, durch die sie den Prinzen von ihrem Unfall in Kenntnis setzte:

»Bei Gott, o Wohnung! Wenn mein Geliebter des Morgens vorübergeht, mit Liebeszeichen grüßend, so bringe meinen schönsten, reinsten Gruß! Ich weiß nicht, wohin wir gehen. Man führt uns plötzlich in der Nacht heimlich fort, ohne zu sagen, wohin man uns führt: im Schatten der Nacht, wenn die Vögel auf den Zweigen ruhen und wir aus unseren Seufzern erkennen, daß auch sie die Trennung vom Geliebten beweinen. Als wir den Kelch der Trennung gefüllt sahen, und das wechselnde Schicksal uns zwang, ihn auszutrinken, träufelte ich den Saft der Geduld hinein; ich selbst vermag aber nicht, mich zu trösten.«

Als sie diese Verse geschrieben hatte, ging sie fort, ohne zu wissen, wohin. Sie durchwanderte die Wüsten in der Länge und in der Breite, bis sie nach dem Meer Kanus kamen. Hier wurden Zelte aufgeschlagen und ein großes Schiff kam herangesteuert, in das Ward mit ihren Dienern, Sklavinnen und Vorräten eingeschifft wurde. Der Vezier hatte ihnen aufgetragen, das Schiff zu durchbohren, sobald sie ans Land kommen würden, daß keine Spur davon zurückbleibe. Sie taten, wie ihnen der Vezier befohlen, und erstatteten ihm Bericht darüber. Während dies hier geschah, war der Prinz zu dem Sultan geritten, um ihm seine Aufwartung zu machen. Als er an der Tür des Veziers, in der Hoffnung, jemanden zu sehen, vorüberritt, fand er niemanden; er näherte sich der Türe und fand die Verse an der Schwelle, die oben erwähnt worden. Als er sie gelesen, kam er ganz außer sich, ein unauslöschbares Feuer brannte in seinem Herzen; er ging in sein Haus zurück, hatte keine Ruhe und keine Geduld; in seinem Gemütszustand glich er einer Taube, die man schlachtet. Als die Nacht heranbrach, war ihm noch gräßlicher zumute; er entkleidete sich und zog Kleider eines Bettlers an, ging aus, ohne zu wissen wohin, und die ganze Nacht durch. Als es Tag wurde und ihn die Sonne brannte und die Berge vor Hitze glühten, so daß er großen Durst hatte, sah er einen Baum und darunter einen fließenden Bach, den Gott geschaffen – gelobt sei er, der nur zu einem Dinge sagt: Werde! und es wird. – Er setzte sich und wollte trinken, da erblickte er im Wasser sein Bild, er war blaß und seine Füße waren vom Gehen angeschwollen; er weinte und sprach folgende Verse:

»Je heftiger der Schmerz und die Pein, je heißer die Liebe, um so näher die Genesung. Wie soll nach der Trennung noch das Leben schmecken? Vermehrt doch die Trennung noch die Liebesflamme. Als meine Liebe zunahm und meine Tränen über die Wangen flossen, da irrte ich bewußtlos umher, nichts kann meine Schmerzen mildern, nichts mich heilen.«

Er weinte, bis alle seine Kleider von den Tränen naß wurden, dann stand er auf, strengte sich wieder an zum Weitergehen – Gott leitete ihn in seiner Allmacht und ließ ihn Wüsten, Berge und Felsen durchwandern. Während er so dahinging, kam ein ungeheurer Löwe auf ihn zu, dessen Nacken ganz in seinen Haaren steckte. Sein Kopf war wie eine Kiste, sein Rachen wie die Öffnung einer Höhle, und seine Vorderzähne wie die eines großen Elefanten. Als der Prinz ihn sah, starb er fast vor Schrecken; er setzte sich mit dem Gesichte nach Mekka gewandt, sprach das Glaubensbekenntnis und erinnerte sich, in alten Büchern gelesen zu haben, daß, wenn jemand ein Löwe begegne, man ihn durch Worte zu besänftigen suchen solle; er fing nun an, in Reimen zu ihm zu sagen:

»O Löwe des Waldes und der Auen! o Tapferster aller Helden! o Vater der Wackern! Sultan der Tiere! Bei Gott, ich bin verliebt und vom Feuer der Trennung verzehrt, fern von meinen Freunden und beraubt von allem Guten.«

Als der Löwe diese Worte hörte, ging er zurück, legte sich auf die Knie, streckte die Vorderfüße aus und horchte auf den Prinzen, welcher weinend folgende Verse sprach:

»Löwe der Wüste! bring mich nicht um, bis ich meine Geliebte gefunden, die mich unterdrückt hat! Ich bin kein Jäger, ich suche nur mein Geliebte, die mich krank gemacht. Die Trennung von der Geliebten bekümmert mein Herz, so daß ich nur noch mein Bild im Leichengewande bin. O kriegerischer Löwe! mache durch mein Unglück meine Feinde nicht schadenfroh über meine Qual. Der Strom meiner Tränen ertränkt mich, und der Trennungsschmerz richtet mich zu Grunde. Die Liebe ist mein Begleiter im Dunkel der Nacht und läßt mich mein eigenes Dasein vergessen.«

Als er diese Verse vollendet hatte, kam der Löwe auf ihn zu mit Tränen in den Augen, leckte ihn mit der Zunge, ging vor ihm her und winkte ihm, daß er ihm folge; er ging mit ihm auf einen Berg, von da in eine Ebene, in welcher man Spuren von Reisenden bemerkte, und er dachte, das seien die Spuren der Leute, die Ward entführt haben. Der Löwe warf ihm dann noch einen Blick zu und verschwand. Der Prinz aber folgte diesen Spuren bis ans Ufer des Meeres, und da hier die Spuren sich verloren, dachte er, sie haben sich hier eingeschifft, und alle seine Hoffnung verschwand; er seufzte und weinte. In seinem Kummer sprach er folgende Verse:

»Weit ist der Ort, den ich suche, und mir bleibt wenig Hoffnung, denn wie könnte ich über das furchtbare Meer zu ihnen? Wie soll ich standhaft bleiben? Mein Innerstes ist vor Liebe zerknirscht, und der Schlaf in Wachen verwandelt. Von dem Tage an wo sie von der Heimat schied, brennt eine helle Flamme in meinem Herzen; meine Tränen fließen wie Sichun, Djichun, Euphrat und Nil, wie alle Regengüsse, Quellen und Bäche. Die vielen Tränen haben meine Augen verwundet und mein Herz wird von Feuer und Funken verzehrt. Die Truppen meiner Sehnsucht sind herangestürmt und das Heer meiner Geduld hat zersprengt ihnen den Rücken zugewandt. Ich habe mein Leben für ihre Liebe hingegeben, doch ist das Leben das geringste Opfer, das ich ihr bringe. Möge Gott kein Auge strafen, das diese Schönheit gesehen, die den Mond überstrahlt. Ihre weiten Augen haben mich mit Liebe erfüllt, ihre scharfen Pfeile haben mein Herz ohne Sehne verwundet. Ihr zarter Wuchs, der sanft sich bewegt wie die Zweige des Ban, hat mich verführt. Ich sehne mich nach Vereinigung, um meine Liebe zu stillen und Gram und Sorgen zu vertreiben; aber ich bin morgens und abends einem Verrückten gleich, bezaubert von ihrem Blick.«

Seine Tränen flossen so lange, bis er nichts mehr von sich wußte. Als er wieder zu sich kam, fürchtete er sich vor wilden Tieren und stieg auf eine Anhöhe, wo er eine Höhle sah, auf die er zuging. Auf einmal hörte er eine Menschenstimme, die von einem Eremiten herrührte, der allein in dieser Höhle, fern von allem Weltlichen nur dem Gottesdienste lebte. Er klopfte an die Tür, erhielt aber keine Antwort; da setzte er sich an die Türe der Höhle und blieb drei Tage daselbst sitzen; der Eremit kam aber nicht heraus. Er rezitierte dann folgende Verse:

»Wie kann ich nach so vielen Qualen und Schmerzen mein Ziel erreichen? Allerlei Schrecken haben mein Herz verdorrt und meinen Kopf schon in der Jugend gebleicht. Wie viele Schmerzen mußte ich bis jetzt ertragen, das Schicksal hat sich gegen mich gewendet. Niemand steht in meiner Liebe mir bei; niemand lindert den Brand meiner Qualen. Habt Mitleid mit einem hoffnungslosen Liebenden, der den Kelch der Trennung trinken mußte. Heiß glüht die Flamme in meinem Inneren, und der Trennungsbrand verzehrt mein ganzes Herz. Welch gräßlicher Tag war es für mich, als ich an ihrer Tür die Trennungszeilen geschrieben las. Ich weinte und tränkte die Erde vor Liebesschmerz; doch verbarg ich meinen Zustand vor den Tadlern und Spähern. O hätten sie mich gesehen, wie ein Löwe auf mich zukam und schon aufsprang, um mich anzufallen! Doch besänftigte ich ihn, und er war gnädig, als er hörte, daß ich ein Liebender sei, gleichsam als habe er selbst schon die Liebe gekostet. Erreiche ich jedoch nur mein Ziel, so wird aller Kummer und alle Qual vergessen sein.«

Als er diese Verse vollendet hatte, öffnete sich die Tür der Höhle, und eine Stimme rief: »O Erbarmen!« Der Eremit grüßte den Prinzen, der ihm den Gruß erwiderte und fragte nach seinem Namen. Der Prinz antwortete: »Ich heiße Uns Alwudjud.« Er fragte ihn, warum er hierher gekommen, und der Prinz erzählte ihm seine ganze Geschichte, worüber der Eremit heftig weinen mußte. Dann sagte dieser: »O Prinz! ich bin nun schon zwanzig Jahre in dieser Höhle, ohne jemanden gesehen zu haben, bis vor ungefähr sechs Tagen, da hörte ich ein Lärmen und ein Geräusch und sah viele Leute und aufgeschlagene Zelte am Ufer des Meeres. Nach einer Weile bestiegen einige Leute ein Schiff und reisten fort, ein anderer Teil kam wieder zurück und richtete das Schiff zu Grunde, ich glaube daher, daß diejenigen, die du suchst, nach dem Berge gereist sind.« Der Eremit rezitierte dann folgende Verse:

 

»Glaubt Uns Alwudjud, ich kenne keinen Kummer, während Sehnsucht und Liebesqual mir das Herz bald beklemmt, bald ausdehnt? Ich habe Liebe und Trennungsschmerz schon in meiner Jugend gekannt, als ich noch ein Kind war, das man mit Milch ernährte. Ich habe den Liebeskelch geleert, der mich brannte und schmerzte und durch Abmagerung an den Rand des Grabes brachte. Ich war einst stark, aber meine Kraft ist dahin, das Heer meiner Geduld schwand vor den Schwertern ihrer Blicke. Erwarte nicht Liebesglück ohne Qual, es berühren stets sich die Extreme. Die Liebe verbietet den Liebenden jeden Trost als Ketzerei.«

Der Prinz umarmte den Eremiten, und sie verschmolzen ihre Tränen; als sie ausgeweint hatten, versprachen sie einander, als Brüder in Gott zu leben. Dann sagte der Eremit: »O Prinz! ich will diese Nacht von Gott mir raten lassen, was zur Erfüllung deiner Wünsche zu tun ist.«

Das ist‘s, was den Prinzen und den Eremiten angeht; was aber Ward betrifft, so wurde sie auf das Schloß auf dem Berg gebracht. Sie fand es recht schön, doch weinte sie und sagte: »Bei Gott, das ist ein schönes und angenehmes Schloß, doch mein Geliebter ist fern.« Als sie dann viele Vögel auf der Insel sah, befahl sie ihren Dienern, ihr ein Netz zu machen und ihr Vögel zu fangen, die sie in goldene Käfige sperrte. Dann stellte sie sich an das Fenster des Schlosses und dachte an das, was ihr geschehen; der Gram regte sie auf und sie rezitierte folgende Verse:

»Wem soll ich meine Schmerzen klagen? Man hat mich eingesperrt und vom Geliebten getrennt. Lange wache ich nun in der Nacht, bin krank und vergieße Tränen; des Morgens stehe ich ganz abgemagert auf von den quälenden Trennungsschmerzen. Wo ist das Auge des Geliebten, daß es meinen armseligen Zustand sehe? Sie haben Gewalt gebraucht, als sie mich an einen Ort brachten, den mein Geliebter nicht erreichen kann. Bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang bitte ich die Sonne, meinem Geliebten tausend Grüße zu bringen: meinem Geliebten, dessen Anmut den Vollmond beschämt und dessen zarter Wuchs die schlanken Zweige übertrifft. Wenn eine Rose seinen Wangen gleichen wollte, würde ich sagen: Weit entfernt! mit dir habe ich nichts zu tun. Seinen Mund vergesse ich nicht, er ist mein Geist und mein Herz und seine Feuchtigkeit ist edler Wein. Nur wer mich krank gemacht, kann mich heilen, nur mein Geliebter ist mein Arzt!«

Als sie ihre Verse vollendet hatte, versank sie in ein tiefes Nachdenken und gab sich einem starken Schmerz hin. Als es Nacht wurde und sie an einem anderen Ort sich befand, entbrannte ihre Sehnsucht noch mehr, und sie dichtete folgende Verse:

»Dunkelheit umgibt mich und erregt Schmerz und Krankheit in mir, die Sehnsucht ruft meine Leiden aufs neue hervor. Der Trennungsbrand hat sich in meinen Eingeweiden festgesetzt und die Sorgen haben mich ganz zu nichts gemacht, und die Tränen mein Geheimnis verraten. Ich war meiner nicht Herr, um am Trennungstage Abschied zu nehmen; o Gewalt! o Reue! o Nacht! sprich zu mir von meinem Freunde, denn du weißt es ja am besten, daß ich schlaflos bin.«

Während Ward in diesem Zustand war, sagte der Eremit zu dem Prinzen: »Geh in das Tal und bring mir Dattelbaumfasern.« Er ging und brachte ihm. Der Eremit flocht Stricke daraus und machte ein Netz, wie man zum Strohtragen braucht. Dann sagte er zum Prinzen: »Geh in das Tal, brich dort Kürbisse, die an den Wurzeln austrocknen, fülle dieses Netz damit, binde es zusammen, wirf es ins Meer und besteige es, vielleicht wirst du auf diese Weise zu deinem Ziel gelangen; wer Gefahr scheut, der erreicht seinen Willen nie.« Er nahm dann von dem Eremiten Abschied, betete für ihn und bestieg das Meer auf dem Netz. Da kam ein Wind von hinten, trieb ihn vom Land weg und jagte ihm immer weiter bis an das Gebirge Thakla, das er nach drei Tagen erreichte. Er stieg hier ans Land und war vor Hunger, Durst und Schmerz wie ein geschlachtetes Huhn. Doch fand er auf dem Berg viele Flüsse und Vögel, die auf früchtetragenden Bäumen sangen; er trank von diesen Gewässern und aß von den Gewächsen der Erde und den Früchten – gelobt sei der einzige, allmächtige Gott! – Als er weiterging, sah er etwas Weißes leuchten, und sieh da, es war ein starkes, befestigtes Schloß; er ging auf die Pforte desselben zu, fand sie aber geschlossen und blieb hier drei Tage sitzen. Am vierten Tag war die Pforte geöffnet, und es kam ein Mann heraus, der vor dem Prinzen erschrak, als er ihn sah. Er fragte ihn: »Wer bist du und wo kommst du her?« Der Prinz antwortete: »Ich komme von Ispahan, wo ich Handel trieb, und machte eine Seereise, bis das Schiff barst, auf dem ich mich befand; ich aber rettete mich auf einem Brett, und das Schicksal warf mich auf diesen Berg.« Als der Mann, der einer der Diener aus dem Schloß war, dies hörte, weinte er, umarmte ihn und sagte: »Ich bin auch aus Ispahan, Gott grüße dich, o Freundesduft! Ich habe dort eine Base, die ich sehr liebte, schon von meiner Kindheit an. Da kamen fremde Krieger über uns und führten mich gefangen als Beute weg, und verkauften mich dem Vezier; du kannst mich daher als deinen Freund ansehen.« Mit diesen Worten führte er ihn zur Tür des Schlosses hinein. Er sah in der Mitte des Hofes große Bäume, an denen goldene und silberne Käfige hingen, in denen Vögel sangen. Im ersten Käfig, den er sah, war eine Turteltaube, welche die Stimme erhob, als sage sie (zu Gott): »O Edler!« Als der Prinz dies hörte, fiel er in Ohnmacht; als er wieder zu sich gekommen, sprach er folgende Verse:

»O Turteltaube! fahre fort, seufze und schmachte! Bete zum Herrn und rufe: O Edler! Sage mir, rufst du vor Entzücken so aus, oder vor Schmerzen, die dein Herz drücken, oder vor Sehnsucht wegen geschiedener Freunde, nach deren Trennung du krank zurückgeblieben? oder hast du, wie ich, deine Geliebte verloren, und regt sich in dir der alte Schmerz wieder? Gott bewahre einen treuen Freund, der bis zur Verwesung untröstlich bleibt!«

Nach Vollendung dieser Verse fiel er wieder in Ohnmacht; er kam dann an einen zweiten Käfig, in dem eine Ringeltaube war. Als sie ihn sah, stieg sie nieder auf den Boden und erhob ihre Stimme, als wollte sie sagen: »O du, dem immer Dank gebührt!« Als der Prinz dies hörte, rezitierte er folgende Verse:

»Die Ringeltaube sagt in ihrem Seufzen: O Gott, dem ich in allen Versuchungen noch danke! vielleicht wirst du in deiner Güte mir zum Lohn für meinen Dank Vereinigung gewähren. Vielleicht wird ein trauriger Liebender kommen, meine Lage sehen und mich zu meinem Weibchen bringen. Während die Liebesflamme in meinem Herzen lodert und mein Inneres verzehrt und blutige Tränen meine Wangen überströmen, rufe ich aus: Es gibt kein Geschöpf ohne Kummer, doch verliere ich die Geduld nicht in meinem Leiden. Ich gelobe zu Gott, wenn mein Schicksal mich mit meiner Herrin vereint, alles, was ich besitze, mit den Liebenden, meinen Glaubensgenossen, zu teilen, die Vögel zu befreien aus ihren Gefängnissen und ihre Trauer in Freude zu verwandeln.«