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Tausend Und Eine Nacht

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Als die beiden Sklaven, seine Freunde, dies hörten, lachten sie laut über ihn und sagten: »Du bist ein Taugenichts! Sohn eines Taugenichts! Du hast eine abscheuliche Lüge ersonnen.« Dann sprachen sie zum dritten Sklaven: »Erzähle du nun deine Geschichte.« Dieser sagte: »Höret, Freunde, was ihr erzählt habt, ist nichts neben dem, was ich euch über meine Verunstaltung erzählen will, denn, bei Gott! ich hatte mehr (als diese Strafe) verdient, denn ich habe das ganze Haus meines Herrn geschändet, doch meine Geschichte ist lang, es ist jetzt keine Zeit, sie zu erzählen; denn seht, meine Vettern! der Tag ist schon nahe; wenn er anbricht und man diese Kiste bei uns sieht, so sind wir verraten und kommen ums Leben. Jetzt schnell die Ihre geöffnet, wenn wir in unser Schloß kommen, werde ich euch erzählen, wie ich Verschnittener geworden bin.« Er kletterte dann über die Mauer, öffnete die Tür, legte das Licht ab, und sie gruben ein Grab so lang und so breit, als die Kiste, zwischen vier Gräbern. Kafur schaufelte die Erde auf und Sawab trug sie in Körben weg, bis sie die Tiefe eines halben Mannes gegraben hatten, dann legten sie die Kiste in das Grab, bedeckten sie wieder mit Erde, gingen weg und schlossen das Grabmal wieder. Ghanem sah bald nichts mehr von ihnen. Als er sich nun sicher und allein wußte, wurde er begierig, zu wissen, was in der Kiste sei. Er wartete ein wenig, bis die Morgenröte heranbrach und es hell wurde, dann stieg er vom Baum herunter, scharrte die Erde mit der Hand weg, bis er zur Kiste gelangte, schlug das Schloß mit einem großen Stein auf, nahm den Deckel herunter, sah hinein und erblickte ein Mädchen, das von einem Schlaftrunk betäubt, leise atmete; sie war sehr schön und reizend, hatte einen reichen Schmuck, der das Reich eines Sultans wert war, und den man gar nicht mit Geld schätzen konnte. Ghanem merkte wohl, daß man sich gegen sie verschworen und ihr einen Schlaftrunk gegeben hatte. Er suchte ihr zu helfen, indem er sie aus der Kiste herauszog und auf den Rücken ins Freie legte. Als sie frische Luft schöpfte und ihr der Wind in die Nase und andere Atmungswerkzeuge blies, fing sie an zu nießen, zu würgen und zu husten. Mit einem Mal fiel ihr ein Stück kretensisches Bendi aus dem Hals, so groß, daß, wenn ein Elefant daran gerochen hätte, er auch von einer Nacht zur anderen hätte schlafen müssen. Sie öffnete hierauf ihre Augen, warf ihre Blicke umher und sagte mit klarer Stimme: »Wehe dir, Wind! der den Durstigen nicht labt, – o Rose der Getränkten – wo bist du, Blume des Gartens!« Niemand antwortete: sie rief weiter: »O Morgenröte! Perlenbaum! Licht der Leitung! Morgenstern! Wehe dir, Luft! Freude! Süßigkeit! Anmut! (lauter Namen ihrer Sklavinnen) sprecht doch!« Niemand aber antwortete: sie warf dann ihre Blicke umher und sagte: »Wehe mir! ihr begrabt mich zwischen den Gräbern! O du, der das Verborgene kennt und alles vergilt am Auferstehungstag! Wer hat mich aus meinen Gemächern zwischen diese vier Gräber gebracht?« Ghanem stand ihr zur Seite, während sie so sprach; endlich sagte er ihr: »O meine Gebieterin! laß die Gemächer, Schlösser und Gräber! hier steht dein durch Liebe verzauberter Sklave Ghanem, Sohn Ejubs, den der, der alle Geheimnisse kennt, zu dir geschickt hat, um dich aus dieser Not zu retten, und durch den alle deine Wünsche in Erfüllung kommen mögen.« Hierauf schwieg er. Sie aber sah endlich ihre Lage ein und sagte: »Es gibt keinen Gott, außer Gott, und Mohammed ist sein Prophet.« Sie wandte sich dann zu Ghanem, bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen und fragte mit süßer Stimme: »O gesegneter Jüngling! wie bin ich hierher gekommen? ich bin eben erst erwacht.« Er antwortete: »Meine Gebieterin! drei Sklaven haben dich in dieser Kiste hierher gebrachte,« und er erzählte ihr alles, was vorgefallen und wie er die Nacht hier zugebracht und sie vom Tode gerettet habe. Er verlangte ihre Geschichte zu wissen, sie aber sprach: »Gelobt sei Gott, der mich in die Hand eines Mannes, wie du bist, gegeben hat! Stehe jetzt auf, lege mich in die Kiste, bringe mich auf die Straße und miete den ersten Esel— oder Mauleseltreiber, daß er die Kiste in dein Haus bringe; wenn wir dort angekommen, so ist alles gut, dann sollst du meine Geschichte hören, und es wird dir um meinetwillen gut gehen.« Er freute sich, ging zum Grabmal hinaus, und schon leuchtete der Tag recht hell. Die Leute gingen schon aus und ein. Er mietete einen Mann mit einem Maulesel, brachte ihn ans Grabmal, lud ihm die Kiste auf, in die er das Mädchen getan, das er schon heftig liebte, und ging freudig mit ihr davon; denn sie war zehntausend Dinare wert und hatte allerlei Schmuck an, der mit großen Schätzen nicht hätte bezahlt werden können. Er konnte nicht erwarten, bis er nach Hause kam, die Kiste ablud, sie öffnete und das Mädchen herausnahm. Als sie sich umsah, fand sie eine anständige Wohnung mit Teppichen von angenehmer Farbe belegt, und merkte, daß Ghanem ein vornehmer Kaufmann war; sie sah auf allerlei Waren und Ballen, und dachte: »Der muß ein reicher Mann sein.« Sie entschleierte dann ihr Gesicht und sah immer mehr, daß er ein hübscher Mann war; ihr Herz glühte in Liebe zu ihm. Sie sagte ihm: »O Herr, laßt uns doch etwas essen!« Ghanem antwortete: »Bei meinem Haupte und meinen Augen!« Er ging dann auf den Markt und kaufte gebratenes Hammelfleisch und eine Schüssel süße Speise, nahm auch Früchte und Wachslichter mit usw., auch Wein und allerlei Wohlgerüche, und brachte alles nach Hause. Als das Mädchen ihn sah, lachte es und grüßte ihm freundlich entgegen und umarmte ihn, seine Liebe zu ihr wuchs immer mehr und bemächtigte sich seines ganzen Herzens. Sie aßen und tranken und scherzten miteinander, bis es Nacht wurde; ihre Liebe aber war gleich stark, denn sie waren beide jung und schön. Als es Nacht war, stand der zärtlich liebende Ghanem auf, zündete Wachslichter und Lampen an und brachte Wein und Weingefäße herbei; sie setzten sich zusammen; er schenkte ihr ein und gab ihr zu trinken, dann füllte sie den Becher und gab ihn Ghanem; sie scherzten und lachten und rezitierten Verse, waren höchst vergnügt und ihre Liebe wurde immer heftiger. (Gelobt sei der, der den Herzen Liebe einflößt!) So fuhren sie fort, bis nahe am Morgen, da bemächtigte sich ihrer der Schlaf, sie legten sich jedes an einen besonderen Platz schlafen. Des Morgens stand Ghanem auf, ging auf den Markt und kaufte wieder, was er brauchte, an Gemüse, Fleisch und Wein usw. und brachte es nach Hause. Sie setzten sich wieder zusammen, aßen, bis sie satt waren; Ghanem ließ Wein bringen, wovon sie tranken, bis ihre Wangen sich rot färbten und ihre Augen schwarz wurden. Ghanem brannte vor Begierde, das Mädchen zu küssen, und sprach zu ihr: »Erlaube mir doch, dich zu küssen, denn mich verzehrt die Sehnsucht nach dir!« Sie antwortete: »Warte, Ghanem, bis ich trunken bin und nichts mehr von mir weiß, dann kannst du es ohne mein Wissen tun.«



Mit diesen Worten stand sie auf, in ihren Blicken war auch ein Schmachten der Liebe sichtbar, Ghanem entbrannte nur um so heftiger in Sehnsucht nach ihr. Er sprach: »Herrin, gestatte mir, was ich von dir gefordert.« Sie aber antwortete: »Ich darf nicht; denn um meinen Gürtel ist ein hartes Wort geschrieben. « Ghanems Herz brach, sein Schmerz war groß, als er seinen Wunsch unbefriedigt sah, und er sprach folgende Verse:



»Ich bat die, die mich liebeskrank gemacht, um einen Kuß, um zu genesen; sie aber antwortete: Nein, nein, niemals! Ich sagte zu ihr: Ich bitte dich, laß es gern geschehen. Sie aber antwortete: Nur mit Gewalt. Ich erwiderte ihr: Nicht mit Gewalt, sondern mit deiner Einwilligung. Endlich sagte sie: Tue es heimlich. Ich antwortete: Nein, es muß mit deinem Wissen geschehen.«



Ghanems Leidenschaft wurde immer heftiger und sein Herz mächtig von Liebe entflammt. Sie aber sträubte sich immer und sagte: »Ich kann dir‘s nicht gewähren.« Sie unterhielten sich so liebend miteinander, und Ghanem schwamm im Meer der Liebestrunkenheit, sie aber blieb immer würdevoll und unerbittlich, bis die Nacht sie überfiel, die den Saum des Schlafs über die Menschen herabhängt. Dann stand Ghanem auf, zündete die Lampen und Wachslichter an, brachte alles wieder in Ordnung, nahm ihre Füße, küßte sie und fand sie wie frische Butter; er streichelte sein Gesicht darauf und sagte mit Tränen in den Augen: »O meine Herrin! habe doch Mitleid mit dem Gefesselten deiner Liebe und mit dem Getöteten deiner Augen. Mein Herz wäre ja ganz gesund ohne dich!« Sie erbarmte sich seines Kummers und sagte ihm: »O mein Herr! Licht meiner Augen! bei Gott! ich liebe dich und halte fest an dir, doch nimmermehr darfst du mich küssen.« Er sagte: »Und was hindert mich?« Sie antwortete: »Ich will dir heute Nacht meine Geschichte erzählen, du wirst mich dann entschuldigen.«



Sie suchte ihn dann durch Liebkosungen und Versprechungen zu beruhigen, und als er nach einem Monat wieder zudringlicher wurde, sagte sie: »Du sollst es endlich wissen und meinen Rang erkennen.« Sie nahm dann ihren Gürtel und sprach: »Lese, Herr, was hier geschrieben steht.« Ghanem nahm ihn und las die in Gold gestickten Worte: »Ich gehöre dir und du gehörst mir, o Vetter des Propheten.« Als er dies gelesen hatte, ließ er die Hand fallen und bat sie, ihm ihre Geschichte mitzuteilen.



Hierauf erzählte sie, wie folgt: »Wisse, ich bin die Geliebte des Kalifen, des Fürsten der Gläubigen; mein Name ist Kut Alkulub und ich wurde im Schlosse des Kalifen erzogen. Als ich heranwuchs und der Kalif mich und meine mir von Gott erhaltene Schönheit und Anmut sah, liebte er mich sehr, bestimmte mir eine eigene Wohnung und gab mir zehn Sklavinnen zu meiner Bedienung, auch schenkte er mir den Schmuck, den du hier siehst. Als eines Tages der Kalif abgereist war, kam die Frau Subeida zu einer meiner Dienerinnen und sagte: Ich möchte was von dir. Die Sklavin sagte: Was, o Herrin! Subeida aber sprach: Wenn deine Herrin schläft, so stecke ihr dieses Stück Bendj in die Nase oder mische es in ihr Getränk; ich werde dir Geld genug geben. Die Sklavin antwortete: Recht gern; freute sich des Geldes und nahm den Bendj; auch war sie froh, denn sie war früher der Frau Subeida Sklavin gewesen, kam und warf den Bendj in mein Getränk, worüber ich schlaftrunken wurde und auf den Boden fiel. Ich war wie tot und ganz in einer anderen Welt. Als diese List gelungen war, legte sie mich in diese Kiste, ließ dann die Sklavin heimlich kommen und bestach sie, ebenso die Pförtnerin; so wurde ich in der Nacht, wo du auf dem Dattelbaum schliefest, hinausgetragen, und man verfuhr mit mir, wie du gesehen hast, bis du mir als Retter nahtest, mich hierherbrachtest und so treulich verpflegtest. Das ist meine Geschichte. Wie es dem Kalifen inzwischen gegangen, weiß ich nicht. Du kennst nun meinen Rang und wirst meine Geschichte geheimhalten.«

 



Als Ghanem hörte, daß sie des Kalifen Geliebte sei, fuhr er zurück aus Ehrfurcht vor dem Kalifen, setzt sich allein auf eine Seite des Gemachs, machte sich Vorwürfe und flößte seinem Herzen Stärke ein. Seine Liebe zu einem Gegenstand, den er nicht sein nennen durfte, machte ihn ganz verwirrt; im heftigen Schmerz und in seinen Klagen über das Schicksal sprach er folgende Verse:



»Das Herz des Geliebten vergeht in Sehnsucht wegen seiner Freundin, er ist seines Verstandes wegen ihrer wunderbaren Schönheit beraubt; man fragte ihn: Wie schmeckt die Liebe? und er antwortete: Die Liebe ist süß, doch ist vieles Bittere dabei.«



Kut Alkulub stand dann auf und umarmte ihn und die Liebe zu ihr wurde immer mächtiger in seinem Herzen, denn sie gestand ihm auch die ihrige. Er tat sich aber alle Gewalt an, aus Furcht vor dem Kalifen; sie unterhielten sich, im Meer ihrer Liebe versunken, miteinander, bis der Tag anbrach. Dann stand Ghanem auf, kleidete sich an und ging, wie gewöhnlich, nach dem Markt, kaufte ein, was er brauchte, und kehrte wieder nach Hause zurück, wo er Kut Alkulub weinend fand. Als sie ihn aber sah, hörte sie auf zu weinen und sagte lächelnd zu ihm: »Es ist mir bange während deiner Abwesenheit geworden, o Geliebter meines Herzens! Bei Gott, die Stunde, die du fern von mir zubringst, wird mir zu einem Jahr. Ich habe dir nun meinen Zustand dargestellt, laß uns jetzt an die Vergangenheit nicht weiter denken und ganz dem Augenblicke leben.« Ghanem sprach: »Seit ich weiß, daß du dem Beherrscher der Gläubigen gehörst, ist es mir nicht mehr erlaubt, dir nahe zu kommen. Ein Hund darf nicht eines Löwen Platz einnehmen.« Er riß sich dann von ihr los und setzte sich auf die Matte. Durch Ghanems Weigerung aber wurde ihre Liebe nur noch heftiger, sie setzte sich an seine Seite, unterhielt ihn und scherzte mit ihm; er wurde liebestrunken und schmachtete in Sehnsucht. Sie sang dann folgende Verse:



»Das Herz der Gefesselten wird bald zerbröckeln; wie lange noch dieses Abwenden von mir? wie lange noch? O du, der du mich von mir ohne meine Schuld abwendest! pflegen doch liebende Gazellen sich zu vereinigen; weite Trennung und lange Entfernung, so viel kann kein Mensch ertragen.«



Sie vermischten dann ihre Tränen und tranken, bis es Nacht wurde. Dann stand Ghanem auf und sprach: »Wir müssen uns trennen und dürfen nicht länger zusammenleben; denn was dem Beherrscher der Gläubigen gehört, muß für den Sklaven heilig sein.« Sie sagte: »Herr, tue dies nicht; laß kommen, was das Schicksal über uns verhängt;« er aber weigerte sich. Die Liebesflamme entbrannte immer mehr in ihrem Herzen, sie hing sich an ihn und sagte: »Bei Gott! wir wollen uns nicht mehr trennen.« Er besiegte aber ihre Leidenschaft, und näherte sich ihr nun nicht mehr anders als in Ehrfurcht, die der Geliebten des Kalifen gebührt. Ihre Sehnsucht aber nahm immer zu und wuchs während der drei Monate, die sie zusammen verlebten. Kut Alkulub sang endlich mit müdem Herzen folgende Worte:



»Wunder der Schönheit! Wie lange noch diese Härte? Was ist der Grund, daß du dich von mir abwendest? Du umfassest alle Arten und Zweige der Schönheit und Anmut, flößest jedem Herzen Liebespein ein und vertreibst den Schlaf aus jedem Auge.«



So lebten sie lange in diesem Zustand, o König der Zeit! und Ghanem hielt sich in Ehrfurcht von ihr fern. Das ist‘s, was den liebeskranken Ghanem angeht; was aber die Frau Subeida betrifft, so war sie mit Kut Alkulub in der Abwesenheit des Kalifen so verfahren; nun er aber zurückkehren sollte, war sie verlegen, irgend eine List zu erdenken, um dem Kalifen zu antworten, falls er nach ihr fragte. Sie eröffnete ihr Geheimnis einer alten Frau, die sie bei sich hatte, und sagte ihr: »Was soll ich tun, da Kut Alkulub dahin ist?« Als die Alte dies hörte, sagte sie: »Wisse, meine Gebieterin, die Ankunft des Kalifen ist nahe. Schicke zum Schreiner, daß er eine Menschenfigur aus Holz mache, und laß ein Grab mitten im Schloß graben, wir begraben hier diese Figur, bauen ein Grabmal hierher und zünden Wachslichter und Lampen an; du aber befiehlst allen, die im Schloß sind, daß sie sich schwarz kleiden, und sagst deinen Sklavinnen und Dienern, daß, sobald sie die Rückkehr des Kalifen erfahren, sie Kot in den Eingang (des Palasts) werfen, und wenn er dann fragt, warum das geschehe, so sagt ihm. Kut Alkulub ist gestorben; Gott vermehre deinen Lohn ihretwillen! Sagt auch, Ihr habt sie hier im Schloß begraben. weil sie Euch so teuer war. Wenn der Kalif dies hört, wird er weinen, und es wird ihm ihretwillen leid tun; er wird den Koran für sie lesen lassen und an ihrem Grab wachen; vielleicht wird er auch sagen: Meine Base, die Frau Subeida, hat vielleicht dies aus Eifersucht gegen Kut Alkulub getan. Die Raserei wird vielleicht so stark bei ihm werden, daß er sie wird ausgraben lassen: wenn dies geschieht und er diese Figur sieht, die einem Menschen gleicht und in das schönste Leichengewand eingehüllt sein wird, so wird er auf sie zulaufen wollen; halte ihn alsdann zurück, rufe deine Leute und sage ihm: Es ist eine Sünde, ein totes Mädchen zu sehen; er wird dann glauben, daß sie wirklich tot sei, sie wieder beerdigen lassen und dir für deine Tat danken. Auf diese Weise hilfst du dir aus dieser Verlegenheit.«



Die Frau Subeida fand diese Worte gut, schenkte ihr ein Ehrenkleid und eine Summe Geld und befahl ihr, so zu tun, wie sie gesagt. Die Alte ging sogleich zum Schreiner und bestellte die oben erwähnte Figur, und brachte sie, als dies fertig war, der Frau Subeida; diese hüllte sie in ein Leichengewand, zündete Wachslichter und Lampen an, legte Teppiche um das Grab herum, kleidete sich schwarz und befahl den Mädchen, dasselbe zu tun. Auf einmal war die Nachricht im Schloß verbreitet: Kut Alkulub seit tot. Als der Kalif nachher von seiner Reise zurückkehrte und in das Schloß kam, wo er alle Diener und Sklavinnen schwarz gekleidet sah, zitterte sein Herz, das nur von Kut Alkulub eingenommen war. Er ging zur Frau Subeida, die auch schwarz gekleidet war, und fragte nach der Ursache, und man erzählte ihm, Kut Alkulub sei gestorben. Er war sehr betrübt und fiel in Ohnmacht. Als er wieder zu sich kam, erkundigte er sich nach ihrem Grab; die Frau Subeida aber sagte: »Wisse, o Fürst der Gläubigen! Weil sie mir so teuer war, ließ ich sie im Schloß begraben.« Der Kalif ging in seinen Reisekleidern zum Grab, wo er die aufgelegten Teppiche, Wachslichter und Lampen sah.



Er dankte ihr zwar für ihre Tat, doch zweifelte er noch immer und wußte nicht, ob er ihr glauben solle oder nicht. Er ließ daher das Grab aufgraben und sie herausnehmen; wie er aber das Totengewand sah, fürchtete er sich vor Gott, wie es die Alte vorhergesagt, und befahl, daß man sie wieder an ihren Ort zurücklege, ließ sogleich die Geistlichen und Koranleser rufen, um den Koran zu lesen, setzte sich neben ihr Grab und weinte, bis er in Ohnmacht fiel. Einen ganzen Monat brachte er er so an ihrem Grab zu.



Während der Kalif so am Grabe schlief und die Veziere und Großen alle nach Hause gegangen waren, saßen zwei Sklavinnen bei ihm, eine zu Häupten und eine zu Füßen. Wie er erwachte und die Augen öffnete, hörte er, wie eine Sklavin zur anderen sagte: »Wehe dir, Cheisaran!« Diese erwiderte: »Was ist, Kadhib?« Sie sagte: »Unser Herr weiß nicht, was vorgefallen; er wacht hier an einem Grab, in dem nur eine hölzerne Figur liegt, die ein Schreiner gemacht.« Cheisaran fragte: »Und was ist denn aus Kut Alkulub geworden?« Kadhib antwortete: »Wisse, die Frau Subeida hat ihr durch eine Sklavin einen Schlaftrunk geschickt, und als dieser wirkte, hat sie sie in eine Kiste gelegt und durch Sawad und Kafur in ein Grabmal werfen lassen.« Da sagte Cheisaran: »Kut Alkulub ist also nicht gestorben?« Jene antwortete: »Nein, bei Gott, sie ist dem Tode entronnen: ich habe gehört, wie die Frau Subeida gesagt hat, sie wohne schon seit vier Monaten bei einem jungen Kaufmann, Ghanem, der Damaszener genannt, während unser Herr hier für nichts seine Nächte durchweinte.« Als die Sklavinnen ihr Gespräch, das der Kalif angehört hatte, vollendeten, und er daraus die wahre Geschichte erfuhr und wußte, daß dieses Grab nur zum Schein und zum Betrug hier war, erzürnte er sich sehr und ging zu den Großen seines Reiches. Sein Vezier Djafar kam ihm entgegen und küßte die Erde vor ihm; der Kalif sagte im Zorn: »Geh, Djafar! frage nach dem Hause des Ghanem, Sohn Ejubs, dringe in sein Haus und bringe mir meine Sklavin Kut Alkulub und auch ihn, daß ich ihn strafe!« Djafar ging nach dem Haus Ghanems, der Polizeioberste und die ganze Welt begleitete ihn. Ghanem kam eben mit einem Topf voll Fleisch zurück, das er mit Kut Alkulub essen wollte; als sie jedoch ihre Blicke umherwarfen, sahen sie das Haus von dem Vezier, dem Polizeiobersten, von Dienern und Mamelucken mit gezogenem Schwert umgeben, wie das Weiße vom Auge das Schwarze umgibt. Sie merkte gleich, daß der Kalif Nachricht von ihr erhalten, und war ihres Untergangs gewiß; sie wurde blaß, verlor ihre Reize, sah ihren Geliebten an und rief ihm zu: »O mein Geliebter, rette dein Leben!« Er sagte: »Wie soll ich entfliehen, da mein Geld und mein ganzes Vermögen hier im Hause sind?« Sie antwortete: »Zaudere nicht, sonst verlierst du Gut und Leben.« Er sagte: »O Geliebte! Licht meines Auges! wie soll ich‘s machen, um zu fliehen? Sie haben ja schon das Haus umzingelt.« Sie erwiderte: »Fürchte nichts!« Hierauf entkleidete sie ihn, zog ihm alte zerlumpte Kleider an, entstellte sein Gesicht, nahm den Topf, in welchem er das Fleisch gebracht hatte, und legte ihn auf seinen Kopf, tat ein Stück Brot und eine Schüssel Speise hinein und sagte: »Geh durch diese List fort und denke meiner nicht; ich weiß, was ich vom Kalifen zu erwarten habe.« Ghanem befolgte ihren Rat, ging mit dem Topf fort und wurde nicht erkannt; Gott beschützte ihn und bewahrte ihn vor allem Bösen, als Lohn für seine guten Vorsätze.



Als der Vezier Djafar an das Haus kam, stieg er vom Pferd ab, ging ins Haus und sah daselbst Kut Alkulub, die sich putzte und schmückte, und eine große Kiste mit Gold, Schmuck, Edelsteinen und anderen leichten, aber doch wertvollen Dingen vollpackte. Sie stand vor Djafar auf, küßte die Erde vor ihm und sprach: »Herr, der Kalam (göttliche Feder) hat geschrieben, was Gott beschlossen.«d. h. es ist Gottes Wille, daß ich durch deine Hand sterbe. Er antwortete: »Bei Gott! der Kalif hat bloß den Tod über Ghanem verhängt.« Sie sagte: »Wisse, er hat Waren zusammengepackt und ist damit nach Damaskus gereist; ich habe keine Nachricht von ihm. Ich wünsche nun, daß du diese Kiste aufbewahrest und zum Fürsten der Gläubigen bringen lassest.« Er antwortete: »Ich bin bereit, zu gehorchen.« Er ließ dann die Kiste aufladen, ging mit Kut Alkulub, welche von allen sehr ehrerbietig behandelt wurde, zum Kalifen, nachdem Ghanems Haus geplündert worden, und erzählte dem Kalifen, was vorgefallen. Der Kalif ließ Kut Alkulub in ein finsteres Gemach sperren, gab ihr eine alte Frau, mit dem Befehl, für ihre Bedürfnisse zu sorgen, denn er glaubte an ihre Schuld; er schrieb dann einen Befehl an den Statthalter von Damaskus, Mohammed, Sohn Suleimans, folgenden Inhalts: »Bei Empfang dieses Befehls nimm Ghanem, Sohn Ejubs, fest und sende ihn mir!« Als dieser den Befehl erhielt, küßte er ihn, legte ihn auf sein Haupt, und ließ auf allen Straßen ausrufen: »Wer plündern will, der gehe in das Haus Ghanems.« Sie gingen in sein Haus und fanden daselbst eine Mutter und eine Schwester, die ihm schon ein Grab gemacht hatten und über ihn weinten. Sie wurden ergriffen und ihr Haus geplündert, ohne daß sie wußten, warum. Dann wurden sie zum Sultan geführt, der sie nach Ghanem fragte. Sie antworteten ihm: seit einem Jahr hätten sie nichts mehr von ihm gehört; worauf sie wieder nach Hause geführt wurden.



Was aber den liebeskranken Ghanem angeht, so hatte er, als er seines Glücks beraubt wurde und über seine Lage nachdachte, solange geweint, bis ihm fast das Herz sprang und er auf sein Gesicht zu Boden stürzte; dann reiste er weit umher, bis er einst müde und hungrig in ein Dorf kam. Er ging daselbst in die Moschee, setzte sich auf einen Teppich und lehnte sich an die Wand an; in dieser Lage blieb er bis den anderen Morgen, sein Herz aber klopfte ihm vor Hunger, vom vielen Schweiß war seine Haut mit Ungeziefer bedeckt, er verbreitete einen üblen Geruch und war unkenntlich geworden.

 



Als Morgens die Leute aus dem Ort zum Morgengebet kamen, fanden sie ihn sehr schwach und leidend vor Hunger, doch sah man an ihm noch Spuren eines früheren Wohlstandes. Als sie ihr Gebet verrichtet hatten, brachten sie ihm Wasser, womit er Hände und Füße wusch; sie brachten ihm auch ein altes Kleid, an dem die Ärmel zerfetzt waren, zogen es ihm an und sagten ihm: »Fremder, woher bist du, und warum bist du so schwach?« Er öffnete seine Augen und weinte, antwortete aber nicht; als einer von ihnen merkte, daß er hungrig war, brachte er Honig und Brot, und er aß davon ein wenig. Sie blieben dann bei ihm sitzen, bis die Sonne aufging, dann begaben sie sich zur Arbeit. Ghanem blieb so einen Monat bei ihnen und war immer schwächer und kränker. Die Leute weinten über ihn und beschlossen untereinander, ihn nach Bagdad ins Spital bringen zu lassen. Während dies vorfiel, kamen zwei Bettlerinnen zu ihnen; diese waren seine Mutter und seine Schwester. Als Ghanem sie sah, gab er ihnen das Brot, das er neben sich liegen hatte, und sie brachten die Nacht bei ihm zu, ohne daß er sie erkannte. Am folgenden Tage kamen die Bewohner jenes Orts mit einem Kamel und seinem Herrn, und sagten diesem: »Lade diesen Kranken auf dein Kamel und wenn du nach Bagdad kommst, so lege ihn an der Tür des Spitals ab, vielleicht wird er geheilt, und dir bleibt der Lohn dafür.« Er antwortete: »Ich werde es tun.« Sie trugen dann Ghanem mit dem Teppich, auf dem er saß, aus der Moschee, seine Mutter und seine Schwester sahen ihn wieder, erkannten ihn aber immer noch nicht; doch sagten sie, als sie ihn näher betrachteten: »Dieser Kranke gleicht unserm Ghanem, wäre er es wohl selbst?« Ghanem kam indessen nicht eher zu sich, bis er schon auf dem Kamel festgebunden war; er weinte und jammerte; auch seine Mutter und Schwester weinten aus Mitleid mit ihm, ohne ihn zu erkennen. Sie reisten dann nach Bagdad, wohin auch der Kameltreiber Ghanem brachte.



Er wurde daselbst vor der Tür des Spitals abgelegt, wo er bis den nächsten Morgen liegen blieb. Die Leute, die vorübergingen, blieben stehen, als sie einen Mann sahen, der so abgemagert war, daß er einem Zahnstocher glich. Endlich kam der Aufseher des Marktes hinzu, trieb die Leute von ihm weg und sagte: »Ich will durch diesen Jüngling das Paradies verdienen; denn wenn er ins Spital gebracht wird, so bringen sie ihn an einem Tag um. « Er befahl daher seinen Jungen, ihn in sein Haus zu bringen, ließ ihm frisches Bett und Kissen geben, und sagte zu seiner Frau: »Pflege diesen Fremden recht gut!« Sie aber erwiderte: »Recht gerne!« schob ihre Ärmel zurück, machte Wasser warm, wusch ihm die Hände, Füße und den ganzen Körper, und zog ihm ein Kleid von einer ihrer Sklavinnen an, gab ihm einen Becher Wein und bespritzte ihn mit Rosenwasser. Er aber klagte und jammerte um seine Geliebte Kut Alkulub, und seine Trauer um dieselbe war sehr groß.



Was aber Kut Alkulub angeht, so blieb diese achtzig Tage an dem finstern Ort, wohin sie der Kalif in seinem Zorn hatte einsperren lassen. Eines Tages ging der Kalif an ihrem Zimmer vorüber, und hörte, wie sie Verse rezitierte. Dann sprach sie folgendes:



»O mein Geliebter! o Ghanem! wie schön bist du! Wie rein ist dein Herz! Du tust Gutes denen, die dir Böses tun, und achtest das Heiligtum dessen, der das deinige nicht schont: du beschützest die Frau dessen, der dich und die deinigen gefangennehmen ließ. Aber gewiß wirst du einst mit dem Fürsten der Gläubigen vor einem gerechten Richter stehen, und du wirst dann gerecht erscheinen an dem Tage, wo Gott Richter sein wird, und seine Engel Zeugen!«



Als der Kalif dies hörte, merkte er, daß ihr Unrecht geschehen, und ging in sein Schloß zurück, von wo aus er ihr seinen Diener Masrur schickte. Als sie vor dem Kalifen erschien, beugte sie ihr Haupt, weinte und war sehr betrübt. Der Kalif sprach zu ihr: »O Kut Alkulub! ich sehe, daß du mich tadelst, als Ungerechten anklagst, und höre dich sagen: ich tue Böses dem, der mit Gutes erwiesen: wer ist‘s, der meinen Harem gehütet?« Sie antwortete: »Ghanem, Sohn Ejubs, der Gefesselte, der Beraubte; denn ich schwöre dir bei deiner Gnade, er hat die Ehrfurcht vor deiner Sklavin nicht verletzt.« Der Kalif sprach: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen! O Kut Alkulub! wünsche dir, was du willst, du sollst es erhalten.« Sie antwortete: »Ich fordere Ghanem, meinen Geliebten.«