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Tausend Und Eine Nacht

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Der Alte ergriff Asad bei der Hand, ging mit ihm in eine enge Gasse und sagte lachend: »Gelobt sei der, der von den Leuten dieser Stadt dich befreit hat.« Als er an sein Haus kam, führte er ihn in einen großen Saal, in dem vierzig steinalte Männer einen Kreis um ein Feuer bildeten, das sie als ihren Gott anbeteten. Asad erschrak sehr, als er dies sah, und wußte gar nicht, was es bedeute. Der Alte rief dann: »O ihr Alten, Diener des Feuers, wie gesegnet ist dieser Tag!« Dann rief er: »Ghadban! komm her!« Auf diese Worte erschien ein schwarzer Sklave, stürzte auf Asad zu, schlug ihn ins Gesicht, warf ihn zu Boden und fesselte ihn. Als er fertig war, sagte der Alte: »Trage ihn ins unterirdische Zimmer, rufe schnell meine Tochter Bestan und meine Sklavin und sage ihnen, daß sie ihn Tag und Nacht schlagen und peinigen, und ihm nur ein Laibchen Brot des Tags und eins jede Nacht geben, bis die Zeit zur Reise nach dem blauen Meere und dem Feuerberge kommt: dann wollen wir ihn auf dem Berge als ein Opfer schlachten.«

Sobald der Greis diesen Befehl gegeben hatte, ergriff der schwarze Sklave den Prinzen Asad, schleppte ihn zur Türe des Saales hinaus, zu einer anderen Türe hinein, hob eine Platte auf, ging eine Treppe von zwanzig Stufen mit ihm hinunter in ein großes Gemach, und legte ihm eine schwere Kette an die Füße. Als er dies getan, stieg er wieder hinauf und gab seinem Herrn davon Nachricht. Der Alte brachte diesen Tag mit seinen Feueranbetern zu, dann ging er zu seiner Tochter und Sklavin und sagte: »Steigt hinunter zu dem Muselmann, den ich heute gefangen habe, peiniget ihn und habet kein Mitleid mit ihm.« Die Sklavin sagte: »Wohl, mein Herr!« Sie ging dann zu ihm hinunter, entkleidete ihn und prügelte ihn, bis das Blut von seinen Seiten herunterlief und er ohnmächtig niedersank. Nach dieser Mißhandlung stellte sie einen Wasserkrug mit einem Laibchen trockenen Brotes neben ihn und ging wieder hinauf. Asad erwachte erst um Mitternacht aus seiner Ohnmacht und weinte so, daß die Tränen ihm über die Wangen herunterströmten; er dachte an seinen Bruder und an seinen frühern glücklichen Zustand als Prinz.

Als Amdjad indessen den ganzen Tag hindurch bis Mitternacht seinen Bruder vergebens erwartet hatte, ward er immer trauriger; sein Herz klopfte und er fürchtete, schon von ihm getrennt zu sein. Am folgenden Tage ging er den Berg hinunter, und Tränen strömten über seine Wangen. Er ging in die Stadt und fragte nach ihrem Namen; man sagte ihm, es sei die Stadt der Magier, und die meisten Einwohner beteten das Feuer an. Er erkundigte sich auch, wie weit es von hier nach den Ebenholzinseln sei, und man sagte ihm, zu Land brauche man ein Jahr und zu Wasser vier Monate, um dahin zu kommen, und dort regiere Kamr essaman, der Gemahl der Hajat al Rufus. Als er den Namen seines Vaterlandes und seines Vaters hörte, erwachte sein Schmerz aufs neue, und er ging traurig in der Stadt umher, um seinen Bruder aufzusuchen. Indem er nun so die Stadt durchstreife, kam er zu einem Schneider, der ein Muselmann war. Er grüßte ihn, setzte sich zu ihm in seinen Laden und teilte ihm seine Geschichte mit. Als er mit seiner Erzählung zu Ende war, sagte ihm der Schneider: »Mein Sohn, wenn dein Bruder in die Hand eines Magiers gefallen ist, so wirst du ihn nie mehr wieder sehen. Willst du nun bei mir bleiben?« Amdjad nahm das Anerbieten an. Er blieb dann etwa einen Monat bei demselben, der ihn wegen seines Bruders tröstete, ihm Geduld einflößte und ihn das Schneiderhandwerk lehrte.

Eines Tages ging Amdjad nach dem Meere hin und wusch seine Kleider, er badete sich auch, zog reine Kleider an und nahm wieder den Weg nach dem Laden des Schneiders; da begegnete ihm eine schöne, anmutige Frau; als sie ihn sah, hob sie den Schleier ein wenig in die Höhe und sagte: »Wohin gehst du, Herr?« und lächelte dabei so reizend, daß er seinen Verstand verlor. Er sagte: »Ich gehe nach Hause oder zu dir, wie du es wünschest.« Sie antwortete: »Gott strafe die Weiber! Sie haben keine andere Gelegenheit, als bei den Männern.« Amdjad beugte den Kopf gegen die Erde, denn er schämte sich, mit ihr zum Schneider zu gehen. In dieser Verlegenheit ging er immer vorwärts, und das Mädchen folgte ihm von einer Straße zur anderen und von einem Platz zum andern. Endlich fragte sie ihn: »Wo wohnst du denn?« – Er sagte: »Meine Herrin, wir werden bald an mein Haus kommen.«

In seiner großen Verwirrung geriet er endlich in eine Straße, die keinen Ausgang hatte, und sagte: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott.« Am Ende der Straße sah er ein großes, geschlossenes Tor, und auf jeder Seite desselben war eine Bank. Amdjad ging dahin und setzte sich auf eine Bank, und das Mädchen auf die andere. Sie sagte dann: »Worauf wartest du?« – »Ich habe den Schlüssel nicht«, antwortete er; »ich habe ihn einem Mamelucken gegeben, dem ich befohlen, Getränke und Speisen einzukaufen und alles herzurichten, während ich ins Bad ging. Nun ist er aber noch nicht zurückgekommen und wird wohl noch lange ausbleiben; es ist sonst niemand da, was soll ich tun?« Amdjad hoffte durch diese Worte sie zu vertreiben und von ihr befreit zu werden. Als das Mädchen dies hörte, sagte sie: »Ist es nicht eine Schande, hier zu sitzen, weil der Sklave zu lang ausbleibt?« Sie stand dann auf, nahm einen Stein, schlug das Schloß auf und die Türe öffnete sich. Amdjad kam ganz von Sinnen, er sagte: »Was fällt dir ein, das Schloß herunter zu reißen?« Sie antwortete: »Nun, mein Herr, ist dies nicht dein Haus? was tut das?« – »Es tut weiter nichts«, erwiderte er, »als daß eben das Schloß verdorben ist.« Er seufzte dann und jammerte; aber das Mädchen ging voran ins Haus. Amdjad blieb an der Türe, mit einem Fuße drinnen und dem anderen außen, in großer Verwirrung stehen. Das Mädchen sah sich nach ihm um und sagte: »Warum gehst du nicht in deine Wohnung? Er neigte den Kopf zur Erde und sagte: »Wohl, aber der Sklave bleibt gar zu lange aus; ich habe ihm gesagt, er solle kochen, das Zimmer aufräumen und den Marmor abputzen, und ich weiß nicht, ob er etwas von dem, was ich ihm befohlen, getan hat oder nicht.« Endlich ging er hinein. Er fand einen schönen, geräumigen Saal mit vier einander gegenüberliegenden Erhöhungen, mit Speisegemächern und anderen kleinen Kabinetten. Der Boden war mit seidenen Teppichen und Kissen bedeckt, und mitten im Saal war ein kostbarer Springbrunnen, daneben standen Tische und Schüsseln voll Speisen, Früchten und Wohlgerüchen, Flaschen von Wein und ein Leuchter mit festlichen Wachskerzen und Gefäße mit klarem und wohlriechendem Wasser gefüllt. In dem Saal sah man überall kostbare Waren und verschlossene Kästen. Auf den Erhöhungen standen zwei Reihen Stühle, und auf jedem derselben lag ein Bündel Kleider und ein Beutel mit Gold. Als Amdjad das alles sah, erschrak er, legte den Finger an den Mund und dachte: Amdjad, es ist aus mit dir! du kommst von Gott und kehrst wieder zu ihm zurück. Das Mädchen hingegen freute sich, als sie dies sah, und sagte: »Mein Herr, dein Sklave hat nichts vernachlässigt; er hat den Marmor gereinigt, das Fleisch gekocht und alles hergerichtet. Was stehst du so nachdenkend da? Hast du allenfalls eine andere hierher bestellt, so will ich mich umgürten und dich und sie bedienen.« Amdjad mußte ungeachtet seines Kummers über diese Worte lachen und dachte, schwer atmend: welchen schlimmen Tod werde ich erdulden müssen. Das Mädchen setzte sich neben ihn, scherzte und lachte. Amdjad war ernst und traurig und machte sich tausend Gedanken; er dachte: alles wird damit enden, daß der Hausherr kommt, und was wird der dazu sagen? gewiß geht‘s um meine Seele. Das Mädchen schürzte sich auf, nahm die Schüssel mit Speisen, deckte den Tisch und aß. Dann sprach sie zu Amdjad: »Wirst du mir nicht die Freude gönnen, zwei Bissen mit mir zu essen, denn dein Sklave bleibt gar zu lange.« Amdjad setzte sich endlich zu ihr, um zu essen, aber es schmeckte ihm nicht, er sah immer nach der Türe hin, bis das Mädchen gegessen hatte und satt war; dann tat sie die Schüssel weg, bracht die Platte mit Früchten und aß davon. Darauf öffnete sie den Weinkrug, füllte einen Becher und trank; dann füllte sie ihn wieder und reichte ihn Amdjad. Er nahm ihn und dachte: Wehe, wenn der Hausherr uns sieht. Er blickte immer ängstlich nach dem Gang, und auf einmal kam der Hausherr. Derselbe war Oberster aller Mamelucken des Königs der Magier und ihr Anführer; in dieser einsamen Wohnung ließ er sich oft wohl sein in Gesellschaft derjenigen, deren Umgang er liebte.

An diesem Tage nun hatte er gerade hierher geschickt, um alles herzurichten. Sein Name war Bahdar und er ein Mann der.... Gott bewahre jeden guten und ehrlichen Menschen vor seinesgleichen. Als er an den Saal kam und die Türe offen fand, schlich er ganz leise näher, streckte den Kopf hinein und sah hier Amdjad mit dem Mädchen an seiner Seite, und vor ihnen stand eine Platte mit Früchten und Weingefäßen. In diesem Augenblicke nahm gerade Amdjad den Becher in die Hand, sah nach der Türe und begegnete dem Auge des Hausherrn. Bei diesem Anblicke ward er ganz blaß und zitterte an allen Gliedern. Bahdar gab ihm dadurch, daß er den Finger auf den Mund legte, zu verstehen, er möge nur schweigen; dann gebot er ihm durch einen Wink mit der Hand, zu ihm zu kommen. Amdjad stand auf, setzte den Becher weg und sagte dem Mädchen, das ihn fragte, wo er hin wolle: er müsse sich einen Augenblick entfernen. Amdjad ging dann barfuß in den Gang. Als Bahdar ihn sah, ging er schnell auf ihn zu und sagte: »Wie kommst du hierher?« Amdjad küßte ihm die Hände und erwiderte: »Ich beschwöre dich bei Gott, Herr! höre mich an, ehe du mich zum Polizeimeister der Stadt führst.« Er erzählte ihm dann seine ganze Geschichte von Anfang bis zum Ende; wie er nicht gerne in das Haus haben gehen wollen; wie das Mädchen das Schloß aufgeschlagen und an allem schuld sei, und entdeckte ihm seine Herkunft. Als Bahdar die Rede Amdjads hörte und seine Abenteuer, und daß er ein König, Sohn eines Königs sei, bekam er Mitleiden mit ihm und erbarmte sich seiner. »Höre, Amdjad«, sprach er, »ich schwöre bei dem erhabenen, barmherzigen Gott, daß, sobald du dich meinem Willen in etwas widersetzest, ich dich umbringen lasse.« Amdjad sagte: »Du kannst befehlen, Herr, ich werde dir nie ungehorsam sein; bin ich doch von deinem Schwerte befreit und habe nichts von dir zu befürchten.« Da sage der Hausherr: »Gehe jetzt gleich wieder in den Saal und bleibe ruhig sitzen. Ich heiße Bahdar und werde später kommen. Wenn ich dann eintrete, so schimpfe, schmähe und schlage mich, und nimm gar keine Entschuldigung an; sage immer: wo bist du heute so lange geblieben, nichtswürdigster aller Sklaven? und behandle mich ohne alle Rücksichten. Jetzt geh‘, iß und trinke und mache dir Vergnügen; laß dir wohl sein die ganze Nacht durch, und morgen gehst du dann wieder deines Wegs. Ich will dich als Fremder auf diese Weise ehren, denn ich bin ein Freund der Fremden.« Amdjad küßte ihm darauf die Hand und ging wieder in den Saal zurück; seine Wangen hatten ihre Blässe verloren und waren wieder rot. Ehe er noch ganz im Saale war, sprach er zu dem Mädchen: »Meine Gebieterin! du hast diesem Orte viel Anmut verliehen.« Sie freute sich dieser Worte und sagte: »Ich wundere mich, dich endlich heiter zu sehen.« Er antwortete: »Bei Gott! Herrin, ich glaubte, mein Sklave habe mir einige Schnüre Edelsteine gestohlen, von denen jede zehntausend Dinare wert ist, doch habe ich sie wieder gefunden, aber sein langes Ausbleiben soll er schon büßen.« Dann setzten sie sich zu Tische und scherzten miteinander und aßen und tranken bis gegen Sonnenuntergang.

 

Bahdar wechselte seine Kleider, zog einen Schurz und grobe Schuhe an, und trat dann in den Saal zu Amdjad und dem Mädchen. Er grüßte sie, küßte die Erde vor Amdjad, kreuzte die Arme und neigte den Kopf zur Erde. Amdjad aber sah ihn zornig an und sagte: »Wehe dir, du verfluchtester aller Sklaven! wo bist du gewesen? warum bleibst du so lange aus?« – »Mein Herr!« antwortete Bahdar, »ich habe meine Arbeit getan und darauf meine Kleider gewaschen, ich wußte nicht, daß du schon hier bist, denn ich war erst zur Zeit des Nachtgebets bestellt.« Amdjad schrie ihn an und sagte: »Du lügst, du verruchter Sklave! Ich bringe dich um!« Und damit stand er auf, streckte Bahdar auf den Boden hin, nahm einen Stock und gab ihm damit einige nicht starke Schläge. Das Mädchen aber riß Amdjad den Stock aus der Hand und fiel über Bahdar mit so derben Schlägen her, daß ihm die Tränen über das Gesicht herabflossen, er um Hilfe schrie und die Zähne zusammenbiß. Amdjad rief ihr zu, bat sie, aufzuhören; sie aber sagte: »Laß mich nur meinem Herzen Luft machen, damit er dir ein andermal nicht mehr so lange ausbleibe.« Und so fuhr sie fort, aus allen Kräften auf ihn loszuschlagen, bis Amdjad aufstand, ihr den Stock aus den Händen wand und sie zurückstieß. Bahdar hatten die Schläge sehr weh getan; er trocknete seine Tränen, bediente sie und schenkte ihnen ein. Dann schürzte er sich auf und reinigte den Saal, ging darauf hinaus, die Lampen anzuzünden, kam wieder und bereitete alles, was sie brauchten. So oft er aber in den Saal kam, verfehlte das Mädchen nie, ihn mit Schimpf— und Schmähreden und Drohungen zu überschütten. So blieben sie bis Mitternacht, aßen und tranken, und Bahdar bediente sie. Um Mitternacht bereitete er ihnen auf dem Sofa ein Bett, verließ den Saal und ging hinaus, um sich zum Schlafen niederzulegen, denn er war sehr müde von seiner Arbeit und den vielen Schlägen; dann schlief er auch bald ein und schnarchte. Nach einer Weile erwachte das Mädchen und mußte hinausgehen; sie fand Bahdar schlafend und schnarchend, und sprach beim Eintreten zu Amdjad: »Herr, ich beschwöre dich bei meinem Leben, steh‘ auf, nimm das Schwert und schlage deinem Diener den Kopf ab; tust du es nicht, werde ich dich ins Verderben stürzen.« Amdjad sagte: »Was fällt dir ein, daß du ihn umbringen willst?« Das Mädchen versetzte aber: »Ich will es nun einmal so haben, und wenn er nicht durch deine Hand stirbt, so soll er durch meine eigene sterben.« Amdjad erwiderte: »Bei Gott! tu‘ das nicht und laß mich damit in Ruhe.« Sie aber sagte: »Es bleibt dabei, er muß umgebracht werden.« Und mit diesen Worten ergriff sie das Schwert und zog es aus der Scheide. Amdjad eilte dem Mädchen nach, als er sah, daß sie ihn durchaus umbringen wolle und sagte: »Gib mir das Schwert; wenn es durchaus geschehen soll, ziemt es mir eher, einen Sklaven umzubringen, als dir.« Er nahm ihr dann das Schwert aus der Hand, schwang es und schlug ihr den Kopf vom Rumpfe, so daß er auf den Hausherrn fiel. Dieser richtete sich auf, öffnete seine Augen und sah Amdjad mit einem blutigen Schwerte in der Hand und neben ihm das getötete Mädchen. Er fragte, was geschehen sei, und Amdjad erzählte ihm alles. Bahdar stand auf, küßte Amdjad und sagte: »Nun müssen wir sie vor Tag aus dem Hause schaffen,« umgürtete sich hierauf, nahm das Mädchen auf die Schulter und sagte Amdjad: »Unbekannt, wie du bist, in dieser Stadt, bleibe ruhig hier und erwarte mich bis Sonnenaufgang. Kehre ich bis dahin nicht zurück, so ist dies ein Zeichen, daß mein Urteil gefällt ist. Für diesen Fall schenke ich dir mein Haus mit allem Geräte darin und Friede sei mit dir – du kannst dann ohne weiteres davon Besitz nehmen.« Nachdem Bahdar so gesprochen, verließ er das Haus und ging von Straße zu Straße dem Meere zu.

Er war schon nahe an dem Ufer des Meeres, da kam ihm der Polizeioberste mit einigen Polizeibeamten entgegen. Die Diener des Richters umringten ihn, nahmen ihm den Korb ab, öffneten denselben und fanden das erschlagene Mädchen darin. Der Richter, welcher den Obersten Bahdar erkannte, ließ ihn festnehmen und führte ihn am anderen Morgen zu dem König. Der König ward sehr zornig, als ihm der Richter das Verbrechen des Obersten berichtete und sprach: »Wehe dir! Bringst du immer die Leute um und wirfst sie ins Meer, um zu nehmen, was sie besitzen? Wieviel hast du schon erschlagen?« Bahdar neigte den Kopf zur Erde und sprach kein Wort. Der König befahl nun, daß man ihn hinrichte. Man brachte ihn weg, und ließ durch den Ausrufer seine Hinrichtung verkünden.

Als Amdjad aber bei Tagesanbruch dies ausrufen hörte, weinte er und sprach bei sich: Das ist Unrecht und Gewalt, ich bin ja der Mörder, bei Gott, dies darf nicht geschehen! Er ging dann aus dem Saale, schloß ihn zu und lief nach dem Hinrichtungsplatze. Hier sah er den Polizeiobersten: er trat zu ihm und sagte: »Herr! tu‘ Bahdar nichts, er ist, bei Gott! unschuldig; ich war‘s, der das Mädchen erschlagen hat.« Der Richter nahm beide, Bahdar und Amdjad, und führte sie vor den König, dem er den Vorfall berichtete.

Der König sah Amdjad an und sprach: »Du hast also das Mädchen ermordet?« Dieser antwortete: »Ja!« und erzählte ihm alles, wie es sich ereignet hatte von Anfang bis zu Ende.

Der König verwunderte sich sehr darüber und sagte hierauf: »Ich verzeihe dir und Bahdar.« Der König schenkte dann beiden Ehrenkleider und ernannte Amdjad zum Vezier. Dieser verwaltete sein Amt, indem er Gerechtigkeit übte. Er ließ auch durch einen öffentlichen Ausrufer zur Auffindung seines Bruders auffordern, konnte aber nichts von ihm erfahren.

Asad wurde indessen fortwährend gepeinigt, bis endlich das Fest der Feueranbeter herannahte. Da machte Bahram (so hieß der Magier, bei dem Asad war), Vorbereitungen zur Reise, rüstete ein Handelsschiff aus und ließ alles, was er nötig hatte, an Bord schaffen. Als alles in Ordnung war, nahm er den Prinzen Asad, legte ihn in eine Kiste und deckte ihn mit allerlei Waren zu.

Als der Prinz Amdjad Bahrams Diener mit den Waren kommen sah, schlug ihm das Herz in der Brust; er befahl sogleich seinen Dienern, ihm ein Pferd vorzuführen, begab sich mit seinen Mamelucken auf das Schiff und ließ es durch seine Leute untersuchen. Da er aber nichts darin sah als Waren, so kehrte er traurig und mit bewegtem Herzen in seinen Palast zurück.

Als aber der Hund Bahram auf hoher See war, ließ er Asad aus der Kiste hervorholen, legte ihm eine Kette an und steuerte nach dem Feuerberge, da erhob sich ein harter Sturm und trieb sie mitten ins Meer. Schon waren sie dem Untergange sehr nahe, da ward ihnen Gott gnädig und leitete sie. Sie sagten dann dem Schiffsmann: »Steig einmal auf den Mastbaum und sieh‘ wo wir sind.« Er stieg ganz hinauf, sah sich um und sagte: »Wir sind an der Insel der Königin Murdjane, die eine rechtgläubige Muselmännin ist; wenn sie erfährt, daß wir Feueranbeter sind, nimmt sie unser Schiff und läßt uns bis auf den letzten Mann umbringen.« Bahram sagte: »Ich meine, daß wir den Muselmann, welchen wir mit uns führen, heraufbringen und ihm Sklavenkleider anziehen.«

Alle Schiffleute stimmten Bahram bei und sagten: »Das ist ein guter Gedanke.« Kaum war er mit diesen Worten zu Ende, als das Schiff in den Hafen einlief, wo er Anker werfen ließ. Sobald die Königin Murdjane das Schiff vor Anker liegen sah, verließ sie den Palast, Bahram landete sogleich mit dem Prinzen Asad, den er als Mamelucken kleidete und dem er vorher befohlen hatte, auf Befragen zu bestätigen, daß er sein Sklave sei. Als er vor die Königin kam, warf er sich vor ihr nieder und küßte die Erde zu ihren Füßen und gab ihr Auskunft über die Verhältnisse. Asad hatte von dem Augenblicke an, als ihn die Königin Murdjane sah, ihr Herz gewonnen. Sie fragte ihn: »Wie heißest du?« Er antwortete: »Dein Sklave«, und seine Augen schwammen dabei in Tränen. Gerührt darüber fragte sie ihn nochmals: »Wie heißest du, Jüngling?« und er sagte: »Willst du wissen, wie ich jetzt heiße oder wie ich früher hieß?« – »Wie?« versetzte die Königin, »hast du denn zwei Namen?« – »Ach, leider ist es so!« sagte Asad: »ehemals hieß ich Asad (Glückseliger), jetzt aber heiße ich Mu‘tarr (Unglückseliger).« Murdjane fragte: »Kannst du lesen und schön schreiben?« Er antwortete: »Ja.« Da überreichte sie ihm Papier und sagte: »Schreibe etwas darauf!« Er schrieb folgende Verse:

»Oft weicht der Blinde einer Grube aus, in die der Sehende stürzt. Der Unwissende hütet sich oft vor einem Worte, das den Gelehrtesten ins Verderben stürzt. Der Rechtgläubige hat oft wenig Lebensunterhalt, während der Ruchlose und Ungläubige im Überfluß schwelgt. Was nützt dem Klügsten Geist? Alles dies hat der Allmächtige vorherbestimmt.«

Als er das Blatt vollgeschrieben hatte, überreichte er es der Königin, welche den Inhalt las und zum tiefsten Mitgefühle bewegt ward. Sie wandte sich zu Bahram und sagte: »Verkaufe mir diesen Sklaven.« – »Ich kann ihn nicht verkaufen,« entgegnete dieser; »denn er ist der einzige den ich noch besitze.« – »Du mußt ihn mir aber verkaufen,« sprach sie, »oder mir ihn schenken.« Bahram aber sagte: »Ich kann ihn weder verschenken, noch verkaufen.« Hierüber ward die Königin Murdjane sehr aufgebracht, schrie Bahram an, ergriff Asad beim Arme, und ging mit ihm auf die Zitadelle. Bahram aber ließ sie durch einen Boten sagen: »Verlasse sogleich unsere Stadt, oder ich nehme alles, was du besitzt, und lasse dein Schiff zertrümmern.« Als ihm diese Botschaft zukam, ward er sehr betrübt und sagte: »Das ist keine glückliche Reise.« Er machte dann seine Vorbereitungen bis Nacht und sprach zu seinen Leuten: »Packt eure Effekten zusammen und füllt eure Schläuche, denn bei Anbruch der Nacht wollen wir absegeln.« Soviel, was diese angeht. Die Königin Murdjane aber ging mit Asad ins Schloß und ließ die Fenster öffnen, die aufs Meer gingen; dann befahl sie ihren Sklavinnen, das Essen zu bereiten, und hieß Asad neben sich sitzen. Dann ließ sie Wein auftragen und trank mit ihm und Gott flößte ihr immer mehr Liebe zu ihm ein. Sie sprach ihm so viel zu, bis er mehr getrunken hatte, als er ertragen konnte. Nachdem die Tafel aufgehoben war, wollte Asad sich ein wenig in der frischen Luft erquicken. Er ging zum Saal hinaus und kam in eine Halle, und als er dort eine offene Türe fand, ging er hinein und kam in einen großen Garten, in dem Bäume mit den verschiedenartigsten Früchten standen. Er setzte sich unter einen Baum, ruhte eine Weile aus, stand wieder auf und wandelte im Garten umher. So kam er an den Springbrunnen, der mitten im Garten war, und wusch darin seine Hände und sein Gesicht. Eben wollte er wieder weggehen, da erhob sich eine so angenehme frische Luft, daß er sich wieder auf den Rasen niederlegte und nach einer Weile einschlief. So brach die Nacht an und Bahram rief seinen Leuten zu: »Machet euch fertig, daß wir absegeln!« Sie erwiderten: »Wir wollen nur noch unsere Schläuche füllen.« Sie gingen dann um die Zitadelle herum und überstiegen die Gartenmauer. Dann gingen sie einem Wassergraben nach, bis sie an den Springbrunnen kamen, wo sie Asad im tiefsten Schlafe, gleich einem Toten, liegen fanden. Sie erkannten ihn sogleich und füllten die Schläuche und schleppten Asad mit sich fort, stiegen mit ihm über die Mauer, und brachten ihn Bahram in aller Eile und schrieen: »Kapitän, dein Tamburin schlägt und deine Flöte bläst (d. h. du hast viel Glück). Hier ist dein Gefangener, den die Königin Murdjane dir entrissen hat«, und warfen ihn vor ihn hin. Da hüpfte ihm das Herz in die Brust, und er kam fast von Sinnen vor Freude, und er ließ alle Segel aufspannen und steuerte wieder dem Feuerberge zu.

 

Die Königin war indessen, als sie eine Weile vergebens die Rückkehr Asads erwartet hatte, aufgestanden, um nach ihm zu sehen und als sie keine Spur von ihm fand, fing sie an, unruhig zu werden. Sie befahl ihren Frauen, ihn mit Lichtern zu suchen. Dann machte sie sich selbst auf, und da sie die Türe des Gartens offen stehen sah, trat sie hinein. Als sie an dem Springbrunnen vorüberging, sah sie einen Pantoffel liegen. Von Asad fanden sie aber keine Spur, obgleich sie die ganze Nacht ihn aufsuchten. Sie fragte nach dem Schiffe Bahrams und erfuhr, daß er im ersten Dritteil der Nacht wieder abgesegelt und sie zweifelte nicht mehr daran, daß er Asad wieder mitgenommen. Dies tat ihr wehe und brachte sie sehr auf. Sie ließ alsbald zehn große Schiffe segelfertig machen und schiffte sich selbst mit ihren bewaffneten Mamelucken und Sklavinnen ein, und sagte dem Kommandanten: »Wenn ihr das Schiff des Magiers einholet, so habt ihr ein schönes Ehrengeschenk und viel Geld zu erwarten; holt ihr‘s aber nicht ein, so lass‘ ich euch alle ohne Ausnahme hinrichten.« Die Schiffleute schrien nun einander Mut zu, und verfolgten das Schiff des Magiers den ganzen Tag, die Nacht und den zweiten ganzen Tag, ohne es zu erblicken. Am dritten Morgen aber sahen sie das Schiff in weiter Ferne, und so gut segelten die Schiffe der Königin, daß sie noch vor Mittag Bahrams Schiff umringt hatten. Bahram hatte eben Asad aufs Verdeck bringen lassen, und ihn so derb geschlagen, daß er vor Schmerzen um Hilfe schrie. Als aber die Schiffe herankamen und das Fahrzeug Bahrams umzingelten, sah dieser seinen Tod vor Augen. Er schrie Asad an: »Wehe dir, du bist schuld an allem meinem Unglück!« Mit diesen Worten faßte er ihn an der Hand und befahl seinen Leuten, ihn ins Meer zu stürzen. Asad aber tauchte unter, kam wieder in die Höhe und arbeitete mit Händen und Füßen, bis eine Welle ihn ans Land trieb, denn der erhabene Gott hatte beschlossen, ihn zu retten. Er stieg ans Land und konnte kaum an seine Rettung glauben. Dann zog er seine Kleider aus, drückte und breitete sie auf einem Felsen aus, setzte sich nackt hin und weinte über die vielen Unglücksfälle, die ihm zugestoßen. Er brachte zehn Tage in einem öden Lande zu und aß von den Kräutern der Erde und trank vom Wasser der Bäche. Endlich kam er an eine Stadt, die er für die Stadt der Magier erkannte, in welcher sein Bruder Amdjad Vezier war. Er freute sich sehr darüber; aber die Nacht überfiel ihn, und die Tore der Stadt waren schon geschlossen. Das Schicksal wollte es, daß Asad wieder umkehren mußte; er ging nach den Gräbern, um dort zu schlafen, fand ein Grabmal ohne Türe, ging hinein und schlief dort bis Mitternacht. Dies geschah mit Asad; was aber Bahram angeht, so fragte ihn die Königin Murdjane, als ihr Schiff das seinige eingeholt hatte, nach Asad, und er schwor ihr, daß er sich nicht bei ihm befinde, auch gar nichts von ihm wisse. Murdjane ließ nun das Schiff durchsuchen, aber man fand ihn nicht. Sie ließ ihn ergreifen und wieder nach der Zitadelle bringen und wollte ihn, um Asad zu rächen, töten, er kaufte sich aber durch seine ganze Habe los, und er wurde mit seinen Sklaven freigelassen. Bahram und seine Leute wanderten zehn Tage, bis sie wieder nach Hause in die Stadt der Magier kamen. Weil das Tor schon geschlossen war, denn es war schon Nacht, sahen sie sich auch genötigt, auf dem Begräbnisplatz ein Grabmal aufzusuchen. Bahram sah auch das Grabmal, das keine Türe hatte, trat ein und fand einen schlafenden Mann, welcher laut schnarchte, und den Kopf auf der Brust liegen hatte. Bahram ging auf ihn zu, hob seinen Kopf in die Höhe und rief, ihn erkennend: »Ha! Ha! Du bist‘s, wegen dessen ich mein Schiff und all mein Gut verloren habe.« Ohne ein weiteres Wort band er ihn und verstopfte ihm den Mund. Als der Morgenstern sich zeigte, und die Tore der Stadt geöffnet wurden, ließ er ihn durch seine Sklaven in sein Haus tragen. Seine Tochter Bostane und seine Sklavin kamen ihm alsbald entgegen, und er erzählte ihnen, was er wegen dieses Gefangenen gelitten und verloren habe, und wie er ihn auf einem Grabmal wieder gefunden und nun hergebracht. Er befahl dann seiner Tochter, ihn wieder in das unterirdische Gemach bringen zu lassen, und ihn zu schlagen und zu peinigen, noch ein Jahr lang, bis zum nächsten, wo er bei dem Besuche des Feuerberges geopfert werden solle. Man trug Asad hinunter, und als er erwachte, fand er sich wieder an demselben Orte, wo er früher gewesen war. Bostane ging auf ihn zu, entkleidete ihn, und schlug ihn. Sein Jammern und seine Tränen machten aber solchen Eindruck auf Bostane, daß sie sich des Mitleids nicht länger erwehren konnte. Ihr Herz wurde erweicht und sie fragte ihn: »Wie heißest du?« Er sagte: »Fragst du mich nach meinem frühem oder nach meinem jetzigen Namen?« Sie versetze: »Hast du denn zwei Namen?« – »Ja«, antwortete er, »einst hieß ich Asad, und jetzt heiße ich Akasch (der Gefallene).« Tränen rollten über seine Wangen. Bostane weinte mit ihm und sagte: »Bei Gott! mein Herz hat Erbarmen mit dir. Halte mich nicht länger für eine Ungläubige, meine Erzieherin hat mich heimlich, ohne Wissen meines Vaters, zum Islamismus bekehrt. Zwar muß ich meinen Glauben noch verbergen, ich bete aber zu Gott, daß er mir alle die schweren Mißhandlungen, die ich dir zugefügt habe, vergebe. So Gott will, werde ich ein Mittel finden, dich aus deinem Gefängnisse zu retten.«

Diese Rede Bostanens gereichte dem Prinzen Asad zu nicht geringem Troste und er dankte dem allmächtigen Gott. Bostane verließ ihn dann und holte einen Becher Wein und gab ihm zu trinken und kochte ihm eine Hühnersuppe und stellte sie ihm vor. So kam sie jeden Tag zu dem Prinzen Asad und brachte ihm Wein, Suppen und Hühner und betete mit ihm.

Eines Tages stand Bostane an der Haustüre, als sie einen öffentlichen Ausrufer etwas verkündigen hörte, und siehe da! Sie erblickte hinter dem Ausrufer den Vezier Amdjad, von vielen Mamelucken umgeben. Der Ausrufer verkündete folgende Bekanntmachung: »Ihr Bewohner dieser Häuser! Der Großvezier, der in eigener Person hier gegenwärtig ist, befiehlt, wenn jemand seinen Bruder, der so und so aussieht, bei sich hat, und ihm Anzeige davon macht, so erhalte er ein Ehrenkleid und viele Reichtümer, wer aber seinen Aufenthaltsort verheimlicht, dem wird, wenn es herauskommt, sein Haus geplündert, sein Harem geraubt und sein Blut preisgegeben, wer vorher droht, den trifft nachher keine Schuld, und wer warnt, handelt gerecht.« Als Bostane diese Worte hörte, eilte sie zu Asad und benachrichtigte ihn von dem, was sie gehört. Er erwiderte. »Das ist mein Bruder Amdjad.« Er stieg dann mit dem Mädchen hinauf, ging zur Türe hinaus und sah seinen Bruder Amdjad zu Pferd, und warf sich über ihn. Amdjad, der ihn auch wieder erkannte, drückte ihn an sich, ließ ihn dann ein Pferd besteigen und führte ihn, umgeben von einer Menge Mamelucken und Dienern, in den Palast, wo er ihn dem König vorstellte.