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Tausend Und Eine Nacht

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Geschichte Nureddins mit Enis Aldjelis

Es herrschte zu Baßrah ein König, der hieß Mohammed Suleiman. Er war ein Vater der Armen und Bedürftigen; mit Weisheit und Milde regierte er seine Untertanen. Seine Hände waren so freigebig wie das Meer; seine Sklaven lebten wie freie Leute. Nacht und Tag dienten ihm, seines Lebens Freude bestand darin, seine Sklaven und seine Truppen zu beschenken. Ein Dichter beschrieb ihn folgendermaßen:

»Es war ein König, der, wenn feindliche Scharen auf ihn einstürmten, sie mit schneidenden Waffen befriedigte.«

»Wenn er am Schlachttage auf die feindlichen Reiter einhieb, schien er mit Schwert und Lanze und Pfeil zu schreiben, indem er den feindlichen Linien Vokale und Punkte beifügte; die Vokale schrieb er mit Säbelhieben, die Punkte mit Lanze und Pfeil.«

»Die Reiterei schwamm wie in einem Meere, dessen Wellen unzählige Scharen und dessen Quelle das aus den Wunden der Feinde strömende Blut.«

»Dieses Meer schien mit einem Wald von Schiffen bedeckt; die Lanzen waren die Mastbäume, die Fahnen die Segel.«

»Die Zeit hatte geschworen, einen ihm Ähnlichen wieder hervorzubringen; aber, o Zeit! du warst meineidig, denn du wirst deinen Schwur nicht halten können; bereue daher und tu Buße!«

Suleiman hatte zwei Veziere, der eine hieß Muin, Sohn Sawis, und der andere Vadhleddin, Sohn Chakans.

Vadhleddin war einer der freigebigsten Männer seiner Zeit. Er war gutmütig und von reinem Lebenswandel und wußte sich überall Freunde zu erwerben; sogar die Frauen beteten in ihren Häusern für sein langes Leben, denn er war der Beförderer alles Guten und der Schutz gegen alles Böse, wie ein Dichter ihn beschreibt:

»Er ist ein Mann, dessen Charakter aus Gottesfurcht und Hoheit besteht, so daß die Zeit sich mit ihm freut und stolz auf ihn ist.«

»Nie nahte sich ihm vertrauensvoll ein Unglücklicher, der nicht an seinen Türen Trost fand.«

Muin aber war geizig, schmutzig, verschmitzt, boshaft und dumm zugleich. Er suchte nur Böses zu tun, nie ging ihm ein schönes Wort aus dem Munde. Er war listiger als ein Fuchs und raubgieriger als ein Hund. Ein Dichter sagt von ihm:

»Er ist ein Auswürfling; er ist ein schlechter Sohn des Schattens.«

»Ein Vagabund, der seinen Ursprung Hin— und Herreisenden verdankt.«

»Kein Haar an seinem Leibe wächst, das nicht das Gepräge der Abstammung trüge.«

So sehr Vadhleddin geliebt wurde, ebenso sehr haßte man Muin. Als einst der König Mohammed auf seinem Throne saß und von seinen beiden Vezieren und den Großen des Reichs umgeben war, sagte er zu Vadhleddin: »Ich möchte ein Mädchen besitzen, das an Schönheit des Körpers sowie auch an Verstand und Tugend alle anderen übertreffe.« Da sagten die Großen des Reichs und die Staatsräte: »Ein Mädchen von solch ausgezeichneten Eigenschaften wird sich wohl schwerlich für weniger als 10.000 Dinare finden lassen.« Der König rief hierauf sogleich seinem Schatzmeister und befahl ihm: »Gib Vadhleddin aus meinem Schatze 10.000 Dinare.« Dieser holte das Geld und Vadhleddin nahm es in Empfang.

Vadhleddin, um dem Befehle seines Herrn zu gehorchen, begab sich jeden Tag auf den Markt und beauftragte alle Makler, die schönste und gebildetste Sklavin für ihn auszusuchen und keine verkaufen zu lassen, wenn sie 10.000 Dinare oder mehr koste, bevor sie ihm vorgestellt worden sei.

Kein Makler verkaufte eine Sklavin, ohne sie vorher dem Vezier vorzustellen, aber immer hatte er etwas an derselben auszusetzen. Einst, als er gerade auf dem Wege zum Palaste war, begegnete ihm ein Makler, der zu ihm trat, den Steigbügel erfaßte und ihn anredete:

»O Vezier, der du das vermoderte Reich wieder belebt hast und der du immer siegreich bleiben mögest, du hast alles Edle wieder vom Tode erweckt und das Reich vor Verfall bewahrt.«

Dann fuhr er fort: »O Vezier! Was wir längst nach deinem hohen Befehle für dich gesucht, hat sich nun gefunden.« Der Vezier antwortete: »Bringe sie her!« Der Makler entfernte sich und kam nach einer Weile wieder mit einer Sklavin an seiner Seite, welche von schlankem Wuchse, feingeformtem Busen, glühend schwarzen Augen, feiner Taille, frischem Aussehen, süßem Atem, wohlgeformten Füßen und zarter Stimme war. Ein Dichter sagt von ihr:

»Sie ist wunderbar; die Schönheit ihres Gesichts gleicht Mond und Sternen; sie ist die Erste und Vornehmste aus ihrem Stamme und verdunkelt alle, so mit ihr aufgewachsen.«

»Gott, der erhabene Besitzer des Himmelsthrons, hat ihr die schönsten Güter des Lebens geschenkt: Hoheit, Anmut und schönen Wuchs.«

»An dem Himmel ihres Angesichts prangen sieben Sterne gleich den Wächtern ihrer Wangen.«

»Wenn ihr jemand durch begehrendes Anschauen Blicke entlocken will, so versengt sie ihn durch die Glut eines ihrer Sterne wie einen bösen Geist.«Dem Koran zufolge werde böse Geister, die an den Toren des Himmels lauschen, durch Sterne verjagt.

Als der Vezier die Sklavin sah, bewunderte er sie sehr. Er wendete sich daher zu dem Makler und fragte ihn, welchen Preis der Kaufmann auf sie gesetzt habe. Der Makler antwortete: »Herr! er verlangt 10.000 Dinare und hat geschworen, daß sie allein für so viel junge Hähne gegessen und Wein getrunken habe, und daß diese Summe nicht einmal die Geschenke bezahle, die ihren Lehrern gemacht worden seien. Sie hat schön schreiben und zierlich reden gelernt; die arabische Sprache und ihre Regeln, die Erklärung des Korans, die Heilkunde, die Grundlehren der Theologie sind ihr bekannt; dazu spielt sie mancherlei Instrument.« Der Vezier ließ den Kaufmann rufen.

Da kam ein Perser, der schon manches Jährlein hinter sich hatte; die Zeit schien ihn hart mitgenommen und sein Glücksstern ihm nicht viel übrig gelassen zu haben; er glich einem alten Adler oder einer dem Einsturz nahen Mauer, und auf ihn paßten die Worte des Dichters:

»Wie heftig hat mich die Zeit erschüttert, die gewaltige, ernste Zeit! Einst konnte ich laufen, ohne zu ermüden; jetzt bin ich müde, ohne mich von der Stelle gerührt zu haben.«

Der Vezier sagte zu ihm: »Willst du diese Sklavin dem Sultan Suleimann für 10.000 Dinare verkaufen?« Der Perser antwortete: »Wenn sie für den Sultan bestimmt ist, so wäre es meine Pflicht, sie ihm ohne Geld als ein Geschenk zu überlassen.« Der Vezier ließ aber sogleich das Geld holen und dem Perser 10.000 Dinare vorwiegen.

Nachdem der Kaufmann mit seinem Gelde weggegangen war, wendete sich der Makler zum Vezier und sagte: »Ist es mir vergönnt, vor den Ohren unseres großen Veziers ein Wort zu reden?« Vadhleddin forderte ihn auf, zu sagen, was er habe, und der Makler fuhr fort: »Herr! da, wie ich vernommen habe, die Sklavin für den König bestimmt ist, so bin ich der Meinung, daß du sie ihm heute noch nicht vorführst: denn sie kommt eben angegriffen von der Reise, auf welcher sie ungünstigen Wind gehabt hat, und man sieht ihr die Ermüdung an. Laß sie daher lieber vierzehn Tage in deinem Palaste, bis ihre Reize wieder aufgefrischt sind; alsdann lässest du sie ins Bad führen, legst ihr die schönsten Kleider an und gehst mit ihr zum König. Dann wirst du große Ehre bei ihm einlegen.«

Der Vezier überlegte die Worte des Maklers und fand sie gut. Er ließ daher die schöne Perserin in seinen Palast bringen, wies ihr mitten in demselben ein besonderes Zimmer an. Er sorgte dafür, daß sie Tag für Tag Wein, junge Hähne und verschiedene schöne Kleider erhielt, und so verging einige Zeit.

Der Vezier hatte aber einen Sohn, der dem Rund des Mondes glich, mit leuchtendem Gesichte, roten Wangen, einem Mal darauf und jugendlichem Flaum wie Ambra, er entsprach dem Bilde, das ein Dichter von ihm entwarf:

»Er entzückt wie der Mond mit seinen Blicken; er ist schmiegsam wie ein Baumzweig, verführerisch, wenn er sich hin und her schaukelt.«

»Er glänzt wie Gold; nur seine Haare sind schwarz.«

»Süß ist sein ganzes Wesen; sein Wuchs gleicht einer Lanze.«

»So hart sein Herz ist, so zart ist die Bewegung seiner Glieder. O warum wechselt ihr nicht miteinander?«

»Wäre die Zartheit der Bewegung in seinem Herzen, er würde niemals eine Liebende grausam behandelt haben.«

»O du, der mich tadelt, weil ich ihn liebe, entschuldige mich doch; schon hat die Liebe einen zu festen Wohnsitz in meinem Herzen.«

»Niemand ist schuldig, als mein Blick und mein Herz; doch, wen klage ich an? bin ich es nicht selbst?«

Der Jüngling wußte nichts davon, wozu die Sklavin bestimmt war. Zu dieser aber hatte sein Vater gesagt: »Wisse, ich habe dich für den König Mohammed gekauft, aber ich habe einen Sohn, der ein wahrer Satan ist und jedes Mädchen in unserm Stadtviertel zu verführen sucht. Nimm dich also wohl in acht vor ihm, hüte dich, ihm dein Gesicht zu zeigen oder ihn deine Stimme hören zu lassen, und bedenke, wofür du bestimmt bist.«

Die Sklavin versicherte ihn ihres Gehorsams und er verließ sie wieder. Nun wollte aber das Schicksal, daß die Sklavin eines Tages ins Bad ging, welches im Hause war, eine Sklavin begleitete sie dahin, um sie zu bedienen. Das Bad goß das Gewand der Anmut über sie und erhöhte den Glanz ihrer Schönheit. Als sie herauskam reichte man ihr ein Kleid, welches einer jungen Schönheit würdig war. Sobald der Anzug vollendet war, beeilte sich die schöne Perserin, sich ihrer Herrin vorzustellen. Diese begrüßte sie mit den Worten: »Das Bad bekomme dir wohl, o Enis Aldjelis!« worauf ihr die Sklavin die Hand küßte und erwiderte: »Gott vermehre deine Freude und dein Glück, o Herrin!« Als die Frau des Veziers hierauf fragte, ob ein Bad jetzt angenehm wäre, antwortete die Sklavin: »das Wasser ist ganz herrlich und sehnt sich nach deiner Jugend.« Da wendete sich die Frau zu ihren Mädchen und sagte: »laßt uns auch baden, wir haben schon mehrere Wochen kein Bad genommen.« Die Mädchen erwiderten: »du bist uns zuvorgekommen, wir haben schon daran gedacht.« »Nun«, rief sie: »laßt uns im Namen Gottes gehen!« Bevor sich jedoch die Gemahlin des Veziers entfernte, gebot sie zwei kleinen Sklavinnen, vor der Türe des Zimmers von Enis Aldjelis Wache zu halten, und sagte zu ihnen: »Gebet wohl acht, daß niemand sich nähere und hineingehe!«

 

Während nun die Gemahlin Vadhleddins im Bade war und Enis Aldjelis in ihrem Zimmer, vom Bade verschönert, ausruhte, erschien Nureddin Ali, der Sohn des Veziers, in den Gemächern seiner Mutter. Als er diese hier nicht fand, ging er rasch auf das Zimmer der schönen Perserin zu, vor dessen Türe er die zwei zurückgelassenen Sklavinnen traf. Er fragte sie, wo seine Mutter und die Sklavinnen seien.

Die beiden Sklavinnen antworteten Nureddin auf seine Frage, sie seien alle im Bad. Als Enis Aldjelis die Stimme Nureddins hörte, sagte sie bei sich selber: »Ich möchte doch wissen, wie der junge Mann aussieht, der da draußen spricht; ob es vielleicht der ist, vor dem man mich gewarnt hat.« Mit diesen Worten erhob sie sich von dem Polster, auf welches sie sich niedergelassen hatte, trat unter den Eingang des Zimmers und erblickte Nureddin. Er erschien ihr wie der Vollmond, und ein einziger Blick war hinreichend, sie ganz für den schönen Jüngling einzunehmen, und als sein Blick auf die Sklavin fiel, war auch sein Schicksal entschieden. Das Herz eines jeden von ihnen fiel in das Liebesnetz des andern. Nureddin wendete sich hierauf zu den beiden Sklavinnen und schrie sie an, daß sie aus Furcht zurücktraten und in der Ferne stehen blieben, um zu sehen, was er tun werde. Er trat hierauf in das Gemach der Enis Aldjelis und sagte zu ihr: »Bist du die Sklavin, die mein Vater für mich gekauft hat?« Die Sklavin rief: »Bei Gott, mein Herr, ich bin‘s!« Da stürzte er wonnetrunken auf sie zu und sie schlang sich fest um seinen Hals und kam ihm mit glühenden Küssen entgegen.

Als die beiden Sklavinnen dies sahen, erhoben sie ein großes Geschrei, während Nureddin, die schlimmen Folgen seiner Tat fürchtend, davonlief. Seine Mutter, zu welcher das Jammergeschrei der Sklavinnen drang, verließ plötzlich das Bad, um zu sehen, was vorgefallen. Als sie den Sklavinnen nahe kam, rief sie: »wehe euch! was gibt es?« Sie antworteten, Nureddin sei, trotz ihnen, in das Zimmer der schönen Perserin gedrungen und habe sie mit Gewalt von dem Eingang vertrieben, das Mädchen in seine Arme geschlossen; was weiter geschehen, wüßten sie nicht, sie haben nur gesehen, wie er davon gelaufen sei. Die Frau eilte sogleich in das Gemach der Enis Aldjelis und fragte sie, was vorgefallen? Enis Aldjelis antwortete: »Meine Herrin! Ich saß hier, ohne an etwas Schlimmes zu denken. Plötzlich kam ein schöner Jüngling auf mich zu und fragte mich: Bist du wohl das Mädchen, das mein Vater mir gekauft? und, bei Gott! Herrin, ich glaubte, er rede wahr, und sagte zu ihm: Ich bin‘s. Da stürzte er auf mich zu und umarmte mich.« – »Sonst hat er nichts von dir gewollt?« forschte die Gemahlin des Veziers weiter. Als die Sklavin betroffen schwieg, fuhr sie fort: »Wehe dir, möge es nicht dein Unglück sein!«

Nach diesen Worten fing die Gemahlin des Veziers an, bitterlich zu weinen und ihre Sklavinnen weinten sämtlich mit und zerschlugen sich Brust und Angesicht: denn sie fürchteten sich sehr vor dem Zorne des Veziers, der gewiß seinem Sohne den Kopf abschlagen lassen werde.

Während sie so jammerten, kam Vadhleddin nach Hause und fragte: »Wehe euch! was hat sich zugetragen?« Niemand wagte ihm das Vorgefallene zu erzählen. Als er keine Antwort erhielt, trat er vor seine Frau und sagte zu ihr: »Ich verlange durchaus, daß du mir die Wahrheit sagest.«

Die Frau erwiderte: »Ich werde dir nichts erzählen, du habest mir denn geschworen, alles, was ich dir sagen werde, ruhig anzuhören.« Als er dies getan, erzählte sie ihm, wie Nureddin, während sie im Bade war, in das Gemach der Sklavin getreten sei und sie verführt habe. Als der Vezier dies hörte, schlug er sich auf die Wangen, daß ihm das Blut aus der Nase floß, dann faßte er seinen Bart und riß so viele Haare aus, daß ein ganzer Büschel in seinen Fingern blieb. Da sagte ihm seine Gemahlin: »Mein Herr, willst du dich selbst umbringen? ich will dir von meinem Gelde 10.000 Dinare geben, so viel sie dich gekostet hat.«

Vadhleddin hob sein Antlitz gegen sie auf und erwiderte: »Meinst du denn, daß ich mich über den Verlust von 10.000 Dinaren so betrüben könnte? Was liegt mir an dem Werte der Sklavin? Es ist hier die Rede von dem Verluste meines Lebens und aller meiner Güter.« »Wieso?« fragte die Frau. Der Vezier antwortete: »Weißt du nicht, daß dieser Muin unser Todfeind ist? er wird, sobald er diesen Handel erfährt, hingehen und dem König sagen: du sprichst immer nur von der Ergebenheit und der Liebe Vadhleddins. Hat er nicht 10.000 Dinare empfangen, um dir eine Sklavin zu kaufen? Er hat auch wirklich eine gekauft und noch niemals hat man eine Schönere gesehen; aber als sie ihm so wohl gefiel, hat er es für geeigneter gehalten, seinem Sohn ein Geschenk damit zu machen. Mein Sohn, hat er zu ihm gesagt, nimm diese Sklavin, sie ist dein: du verdienst sie mehr, als der König. Sein Sohn, wird er fortfahren, hat sie genommen und ergötzt sich nun mit ihr. Der Sultan wird zwar solche Reden nicht glauben, aber Muin wird dann sagen: wenn du es erlaubst, mein Herr, werde ich die Sklavin herbringen; der Sultan wird ihm den Befehl dazu erteilen, man wird mit Gewalt in mein Haus dringen und die Sklavin wegführen. Der König wird sie ausfragen und sie wird nichts leugnen können. Muin aber wird zum König sagen: Siehst du nun, Herr! daß ich es gut mit dir meine und dir langes Leben wünsche? Aber ich habe kein Glück und alle Leute sind eifersüchtig auf mich. Der König wird hierauf mein Vermögen konfiszieren und mir das Leben nehmen lassen.«

Als die Gemahlin des Veziers ihn so reden hörte, sagte sie: »Kennst du nicht Gottes verborgene Huld? Überlaß ihm deine Sache: er wird sie zu deinem Besten lenken. Ich hoffe, der ganze Vorfall mit der Sklavin wird geheim bleiben. Derjenige, dem nichts verborgen ist, wird dies Geheimnis nach seinem Willen leiten.« Bei diesen Worten beruhigte sich der Vezier. Man reichte ihm einen Becher Wein und er trank ihn.

Nureddin blieb aus Furcht vor den schlimmen Folgen seiner Tat bei seinen Freunden und belustigte sich mit ihnen den ganzen Tag. Erst sehr spät am Abend kam er heim und klopfte an die Türe des Hauses, welche ihm von den Frauen seiner Mutter geöffnet wurde. Er legte sich schlafen und vor dem Morgengebet ging er wieder aus. Zwei Monate lang lebte er so fort, ohne seinem Vater zu begegnen. Die Gemahlin des Veziers sagte dann zu ihrem Gatten: »Willst du die Sklavin und deinen Sohn verderben? Wenn das so fortdauert, wird er bald das Weite suchen.« Der Vezier erwiderte: »Was ist hier zu tun?« Da sagte die Frau: »Warte heute abend auf ihn, bis er um Mitternacht kommt; ergreif‘ ihn und tue, als ob du ihn töten wollest. Ich eile dann herbei und reiße ihn von dir los und du söhnst dich mit ihm aus und gibst ihm die Sklavin, denn er liebt sie und sie liebt ihn, und ich bezahle dir, was sie gekostet hat.«

Vadhleddin befolgte diesen Rat. Als demnach die Zeit herankam, wo Nureddin nach Hause kam, verbarg er sich an einem dunklen Orte. Bald darauf klopfte es an der Türe; eine Sklavin öffnete geräuschlos nach gewohnter Weise und sowie der Jüngling eintrat, ward er auf einmal ergriffen und zu Boden geworfen. Nureddin drehte den Kopf herum, um zu sehen, wer ihm dies getan. Da erkannte er in dem unerwarteten Gegner seinen eigenen Vater.

Vadhleddin setzte seinem Sohne Nureddin, nachdem er ihn unter seine Füße geworfen, ein Knie auf die Brust, zog einen Dolch aus seinem Gürtel und hielt ihn seinem Sohne an die Kehle. In diesem Augenblicke kam Nureddins Mutter dazu und rief aus: »Was willst du tun?« Der Vezier antwortete: »Ich will ihn töten.«

Nureddin rief: »Mein Vater, wird es dir so leicht, mich zu töten?« Da gewahrte er, daß Vadhleddins Augen in Tränen schwammen und die höhere Macht des Gefühls und des Mitleids in ihm rege ward. Darauf erwiderte der Vezier: »War es dir so leicht, mein Leben und mein Gut aufs Spiel zu setzen?« Nureddin versetzte:

»Erlaß mir meine Schuld: denn die Verständigen vergeben immer den Schuldigen ihr Vergehen.«

»Wenn ich auch alle Arten von Untugend in mir vereinige, so verbinde doch du alle Tugenden mit der Schönsten derselben, der Großmut!«

»Bedenke, daß, wer Verzeihung hofft von dem, der über ihm ist, auch denjenigen ihre Schuld vergeben muß, die unter ihm sind.«

Da stand der Vezier von der Brust seines Sohnes auf, denn er hatte Erbarmen mit ihm und Nureddin küßte ihm Hände und Füße. Der Vezier warf ihm einen freundlichen Blick zu und sagte: »Ich würde dir die schöne Perserin geben, wenn ich wüßte, daß du sie gut behandeln wollest.« »In welcher Weise?« fragte Nureddin.

»Du darfst«, fuhr Vadhleddin fort, »sie niemals verkaufen oder kränken, noch auch eine andere neben ihr heiraten.« Er erwiderte: »ich will dies beschwören« und leistete alsbald den verlangten Schwur und brachte ein ganzes Jahr in vollkommenstem Glück mit ihr zu, denn Gott hatte den Sultan die ganze Geschichte mit der Sklavin vergessen lassen.

Muin hatte zwar erfahren, was vorgegangen war; da er aber sah, daß Vadhleddin in hoher Gunst beim König stand, so wagte er nicht, demselben etwas davon zu sagen.

Nach Verfluß von einem Jahre geschah es, daß der Vezier ins Bad ging, ganz erhitzt heraustrat, und die kalte Luft ihm auf die Brust schlug und ein heftiges Fieber verursachte, das ihn zwang, sich zu Bette zu legen; nachdem er manche schlaflose Nacht zugebracht hatte und immer schwächer wurde, ließ er seinen Sohn Nureddin rufen und sprach folgendermaßen zu ihm:

»Der Lebensunterhalt ist vom Schicksal bestimmt und des Lebens Ende von Gott beschlossen. Jedermann muß den Todeskelch leeren.«

»Ich fühle meinen Tod; erhaben ist nur der, der nie stirbt; ich aber kann dem Tode nicht entgehen.«

»Wahrlich, in der Hand des Todes hört ein König auf, König zu sein; ein König aller Könige ist nur der, der nie stirbt.«

»Ich weiß dir nichts weiter ans Herz zu legen als Gott zu fürchten, die Folgen deiner Handlungen im Voraus zu erwägen und deinen Schwur in betreff der Perserin zu halten, ich hoffe von Gott, daß er mich gnädig aufnehmen wird.« Hierauf verschied er. Sein Palast war mit dem Jammergeschrei der Frauen erfüllt und die Kunde von seinem Tode verbreitete sich bald in der ganzen Stadt bis zum Sultan. Die kleinen Kinder weinten in ihren Schulen, die Männer in den Bethäusern und die Frauen in ihren Harems. Nureddin bereitete alles zu seiner glänzenden Bestattung vor und wich nicht von der Leiche seines Vaters, bis die Erde sie bedeckte.

Als der Leichnam mit Erde bedeckt war, sprach einer der Anwesenden folgende Verse:

»Am Donnerstage nahm ich von meinen Freunden Abschied, und man wusch mich auf dem Waschgerüste.«

»Man zog mir die Kleider aus, mit denen ich bedeckt war, und legte mir ein Gewand an, welches nicht das meinige war.«

»Auf vier Schultern trug man mich nach dem Betorte, und einige beteten für mich ein Gebet, wobei kein Niederfallen ist. Gott sei euch gnädig, ihr alle, die ihr meine Freunde waret!«

»Endlich brachte man mich in ein gewölbtes Gemäuer, an welchem die Zeit vorübergeht, ohne daß dessen Türe geöffnet wird.«

Als die Begleitung sich entfernt hatte, und Nureddin, von Schmerz zerknirscht, wieder nach Hause ging, paßten folgende Verse auf seinen Zustand:

»Am Donnerstag abends ist er geschieden, und wir haben einander auf immer Lebewohl gesagt.«

»Auch seine Seele folgte ihm, und als sie entfloh, rief ich ihr nach: Kehre in ihn zurück, o teure Seele!«

»Wie soll ich,« war ihre Antwort, »in meinen Leib zurückkehren, dem es an Fleisch und Blut gebricht, an dem sich nichts als trockene Gebeine finden?«

»Dessen Augen häufige Tränen blind gemacht haben, und dessen nunmehr taube Ohren einst so viel Tadel hören mußten?«

Nureddin gab sich längere Zeit der Trauer über den Verlust seines Vaters hin. Eines Tages als er im Hause seines Vaters saß, klopfte jemand an der Türe. Nureddin erhob sich und öffnete. Es war einer seiner alten Freunde und Zeitgenossen, der, nachdem er ihm die Hand geküßt hatte, sagte: »Wer einen Sohn hinterläßt, wie du bist, der stirbt nicht, drum erheitere dein Herz, lasse jetzt das Trauern und sei fröhlich!«

Nureddin ließ die Wohnung, wo er sonst mit seinen Bekannten zusammenzukommen pflegte, wieder mit allem erforderlichen versehen, und bildete sich allmählich eine Gesellschaft von zehn Freunden, sämtlich Kaufleuten. Mit diesen verlebte er die Zeit in steten Festen und Lustbarkeiten, auch wurde jeder derselben noch außerdem mit einem reichen Geschenke von Nureddin entlassen, manchmal ließ er auch die Perserin vor ihnen erscheinen.

Einst kam der Verwalter zu ihm und sagte: »Kennst du nicht das Sprichwort, welches sagt: Wer immer ausgibt, ohne zu rechnen was, kommt zuletzt an den Bettelstab, ohne zu wissen wie. Deine Schätze können solche Ausgaben und solche Geschenke nicht aushalten, und wären sie auch so groß wie Berge.«

 

»Geh‘«, sagte ihm Nureddin, »von all dem, was du mir eben gesagt, will ich kein Wort mehr hören. Weißt du nicht, wie der Dichter sagt:

»Wenn ich Reichtümer besitze und damit nicht freigebig bin, so möge meine Hand sich nie öffnen, und mein Fuß nie aufrecht stehen!«

»Zeige mir einen Geizigen, der mit seinem Geize Ruhm erworben hätte, oder einen Freigebigen, der in Verachtung gestorben wäre.«

»Alles, was ich von dir fordere, ist: So lange du noch hast zum Frühstück, so mache dir keine Sorgen um das Abendessen.« Auf die Frage des Verwalters, ob dies seines Gebieters bestimmter Wille sei, antwortete Nureddin mit einem Ja, und der Verwalter ging seines Weges.

Nureddin fuhr fort, sich‘s wohl sein zu lassen, und so oft einer seiner Freunde ihm sagte: o mein Herr! du hast da einen schönen Garten, schenkte er ihm denselben in unwiderruflicher Weise, indem er auf Verlangen des Freundes alsbald eine schriftliche Schenkungsurkunde ausstellte. Wenn andere ihm ein Haus oder ein Bad priesen, so machte er es ihnen auch zum Geschenke. Zugleich bewirtete er sie des Morgens, des Mittags und des Abends, jedesmal an einem anderen Orte. Dies ging so ein ganzes Jahr fort.

Eines Tages sang ihm Enis Aldjelis folgende Verse vor:

»Wenn deine Tage schön sind, so bist du fröhlichen Mutes und fürchtest nicht das Böse, womit das Geschick mich bedroht.«

»Wenn deine Nächte ruhig sind, so lässest du dich täuschen; aber bedenke, daß in der heitersten Nacht oft plötzlich Finsternis entsteht!«

Als sie so gesungen hatte, klopfte es auf einmal an der Thüre. Einer von Nureddins Freunden, der das Klopfen gehört hatte, machte ihn aufmerksam darauf; Nureddin ging zu öffnen und einer der Gäste folgte ihm, ohne daß er es bemerkte. Als Nureddin hinaustrat, erblickte er seinen Verwalter. Er fragte ihn: »Was ist vorgefallen?« Jener erwiderte: »Mein Herr und Gebieter, was ich seit langer Zeit voraussah, ist eingetroffen.« – »Wie soll ich deine Worte verstehen?« fragte Nureddin. – »Herr!« fuhr der Verwalter fort, »es ist nicht ein Dirham mehr von allen den Summen, die du übergeben hast, übrig. Hier ist die Bescheinigung meines Herrn über alles, was ich zu verwalten hatte.« Als Nureddin dies hörte, ließ er sein Haupt sinken und rief: »Gottes Wille geschehe! es gibt keine Macht und keinen Schutz außer bei Gott.« Indessen trat der Freund, welcher die Unterhaltung zwischen Nureddin und seinem Verwalter belauscht hatte, sogleich wieder herein und sagte ihnen: »Nureddin ist ein Bettler, überlegt nun, was ihr tun wollt.« Da erwiderten sie: »wenn dem so ist, so bleiben wir nicht länger bei ihm.«

In diesem Augenblicke kehrte Nureddin mit betrübtem Gesichte wieder zur Gesellschaft zurück. Er hatte sich kaum wieder auf seinen Platz gesetzt, als einer der Freunde aufstand und zu ihm sagte: »Herr, ich bitte dich, nicht übel nehmen zu wollen, wenn ich mich entferne.« – »Was ist es, das dich nötigt, uns zu verlassen?« fragte Nureddin. »Herr«, antwortete jener, »meine Frau ist ihrer Entbindung nahe; du weißt wohl, daß in solchen Fällen der Mann nicht zu lange von zu Hause wegbleiben darf.«

Kaum hatte ihm Nureddin die Erlaubnis erteilt sich zu entfernen, da stand ein Zweiter auf und beurlaubte sich unter einem anderen Vorwande. Die übrigen taten desgleichen, einer nach dem andern, bis kein einziger von den zehn Freunden mehr übrig blieb. Als Nureddin allein war, rief er Enis Aldjelis zu sich und sagte ihr: »Siehst du, was mir zugestoßen?« und erzählte ihr, was ihm der Verwalter gesagt. Sie versetzte: »Deine Freunde und deine Familie haben dir oft Vorwürfe gemacht und du hast ihnen kein Gehör geschenkt. Auch ich wollte längst dir Vorstellungen machen, aber ich schwieg wieder, als ich folgende Verse von dir hörte:

»Wenn das Glück dich begünstigt, so teile von seinen Geschenken aller Welt mit, bevor es entflieht.«

»Freigebigkeit wird es nicht erschöpfen, wenn es dir wohl will, und Geiz wird dich nicht schützen, wenn es sich wegwendet.«

Nureddin sagte hierauf: »Weißt du nicht, daß ich mein Gut für meine zehn Freunde verschwendet habe? Ich glaube nicht, daß sie mich hilflos lassen werden.« »Herr!« entgegnete Enis Aldjelis, »sie werden dir, bei Gott, nichts nützen.« Nureddin sagte: »Ich will sie sogleich alle besuchen, vielleicht erlange ich doch so viel von ihnen, daß ich ein Handlungsgeschäft gründen kann, denn ich werde nicht mehr Zerstreuungen nachgehen.«

Nureddin machte sich sogleich auf den Weg, um das Quartier der Stadt aufzusuchen, in welchem alle seine zehn Freunde wohnten. Als er an der Türe des ersten anklopfte, erschien eine Sklavin und fragte, wer er sei, der Einlaß begehre. »Sage deinem Herren«, antwortete Nureddin, »Nureddin Ali, der Sohn des verstorbenen Veziers Vadhleddin, läßt ihm seinen Gruß vermelden und küßt ihm die Hand.«

Die Sklavin meldete Nureddin. Ihr Herr schrie sie an: »Geh‘, sag ihm, ich sei nicht zu Hause.« Die Sklavin kam zurück und sagte Nureddin, ihr Herr wäre nicht zu Hause. Nureddin murmelte vor sich hin: Ha, der schändliche Mensch läßt sich vor mir verleugnen! Sie werden nicht alle sein wie dieser Verworfene. Er ging weiter und klopfte an die Türe eines anderen Freundes. Abermals kam eine Sklavin heraus und fragte ihn um seinen Namen. Nachdem sie ihn erfahren hatte, ging sie hinein, ihn zu melden. Bald darauf kam sie wieder zurück, und abermals mußte er hören: »Mein Herr ist nicht zu Hause.«

Ali fand die Sache lächerlich und sagte: Nun, unter den acht übrigen wird doch gewiß einer sein, bei dem ich Hilfe finde. Aber auch an der dritten Türe wurde er mit denselben Worten abgewiesen.

Jetzt erst ging Nureddin in sich und erkannte seine Torheit, laut jammernd und mit Tränen in den Augen sprach er folgende Verse:

»Der Mensch zur Zeit seines Glücks gleicht einem Baume: so lange er Früchte hat, sammeln sich die Leute um ihn;«

»Sind aber diese abgenommen, so gehen sie davon und überlassen ihn den Stürmen und dem Staube.«

»Pfui über die Menschen dieser Zeit! sie sind alle gemein und schlecht; unter zehn ist nicht einer gut.«

Als Nureddin mit verdoppeltem Schmerze bei der schönen Perserin eintrat, sagte sie. »Nun Herr! bist du jetzt von der Wahrheit dessen überzeugt, was ich dir vorausgesagt habe?« – »Ach,« rief er aus: »Nicht einer hat mich erkennen, mich sprechen wollen!« – »Nun«, sagte die Sklavin, »verkaufe von den Gerätschaften des Hauses, bis Gott der Erhabene uns anderes beschert.« Nureddin begann nun allerlei Mobilien und Hausgerätschaften zu verkaufen, bis ihm endlich nichts mehr übrig blieb. Er ging dann zu seiner Sklavin und sagte ihr: »Was bleibt uns jetzt noch zu verkaufen übrig?« »Mein Herr!« erwiderte die Sklavin. »Ich rate dir, sogleich auf den Bazar zu gehen und mich zu verkaufen. Du weißt ja, daß dein seliger Vater mich für 10.000 Dinare gekauft hat, vielleicht wirst du mit Gottes Hilfe eine annähernde Summe für mich lösen und will die göttliche Bestimmung, daß wir uns wieder vereinigen, so wird es auch geschehen.« – »O Enis Aldjelis!« rief Nureddin, »bei Gott, mir fällt es schon schwer, nur eine Stunde getrennt von dir zu leben.« »Mir geht es nicht anders«, versetzte die Sklavin, »aber die Not hat ihre bestimmten Gesetze, wie ein Dichter gesagt:

»Die Not treibt den Menschen oft auf Wege, die sonst dem feinen Leben nicht ziemen.«

»Wer sich zu etwas Gewalt antut, tut es nur, wenn ein überwiegender Grund dazu vorhanden ist.«