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Tausend Und Eine Nacht

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Geschichte des Barbiers

Ich war einmal in Bagdad zur Zeit des Kalifen Mustanßir,Mustanßir war nicht Sohn, sonder Urenkel des Mustadi; er trat 1226 n.Chr. die Regierung an. Sohn des Mustadi; der Kalif residierte damals in Bagdad, er liebte die Armen und die Gelehrten und die Rechtschaffenen. Es traf sich nun, daß er über zehn Leute zu richten hatte und dem Polizeiobersten von Bagdad befahl, sie am Feiertage vor ihn zu bringen.

Diese zehn Männer waren Straßenräuber, welche die Wege unsicher machten; der Befehlshaber schiffte sie zusammen auf einem kleinen Nachen ein; als ich sie sah, dachte ich: »Bei Gott, die sind gewiß zusammen irgendwo eingeladen, oder bringen den Tag beisammen, essend und trinkend, in diesem Nachen zu; es soll niemand außer mir sie unterhalten.« Mit großer Entschlossenheit und Männlichkeit machte ich mich auf und ging zu ihnen ins Schiffchen. Als sie am Ufer bei Bagdad landeten, kamen ihnen sogleich Polizeidiener entgegen und legten sie in Fesseln, auch um meinen Hals warf man eine Kette, alles wegen meiner Festigkeit und weil ich wenig rede. Ich schwieg also immerfort und sagte kein Wort. Man führte uns miteinander in Ketten vor den Emir der Gläubigen, welcher befahl, daß man alle zehn köpfe. Der Scharfrichter fing an, einen nach dem anderen zu köpfen, bis er zehn Köpfe abgeschlagen und nur ich noch übrig war; da sah der Kalif den Scharfrichter an und sagte ihm: »Warum hast du nur neun geköpft?« Er antwortete: »Bewahre mich Gott, o Fürst der Gläubigen! daß ich nur neun Köpfe abschlage, wenn du mir befiehlst, zehn Menschen zu köpfen!« Der Kalif versetzte: »Hier ist ja noch der zehnte vor dir.« Aber der Scharfrichter antwortete: »Bei Gott und deiner Gnade, ich habe zehn geköpft.« Sie zählten dann die Köpfe und fanden deren zehn. Da sah mich der Kalif an und sagte mir: »Wehe dir! warum schweigst du in einem solchen Falle? und wie kommst du zu diesen blutigen Menschen? Du bist doch ein alter Mann, warum hast du so wenig Verstand?« Als ich dies vom Kalifen gehört, richtete ich mich auf und sagte: »O Fürst der Gläubigen! Ich bin der Schweigende, obschon ich so viel Tugend, Weisheit, Gelehrsamkeit, Philosophie, süße Beredsamkeit und Fertigkeit im Antworten, als andere Leute, besitze. Unerreichbar und unbeschreiblich aber ist die Fertigkeit meines Verstandes, die Kürze meiner Worte, die Vortrefflichkeit meiner Fassungskraft und meiner geistigen Fähigkeiten. Als ich gestern diese zehn Leute in den Nachen steigen sah, so dachte ich, sie seien irgendwo eingeladen, und gesellte mich zu ihnen; sie setzten aber bloß über den Strom, stiegen sogleich wieder ans Land, und es widerfuhr ihnen, was du wohl weißt. So geht‘s mir immer in meinem Leben: Ich erzeige den Menschen Gutes, und sie vergelten es mir mit Schlechtem.« Als der Kalif meine Rede gehört, lachte er so heftig, daß er auf den Rücken fiel; er merkte wohl, daß ich sehr ernst bin, wenig rede und nichts Überflüssiges sage, wie dieser junge Mann es da glaubt, den ich von den Todesschrecken befreit, und der es mir so schlecht belohnt. Der Kalif sagte mir dann: »Sind deine sechs Brüder auch so, wie du?« Ich antwortete: »Ihr ganzes Leben und alle ihre Taten gleichen den meinigen nicht; ebensowenig ihre äußere Gestalt. Du beleidigst mich durch diese Frage. Jeder von ihnen hat einen Leibesfehler: der eine ist halb blind, der andere zahnluckig, der dritte bucklig, der vierte blind, der fünfte hat abgeschnittene Ohren und der sechste abgeschnittene Lippen, Glaube nicht, daß ich gerne viel rede; ich möchte im Gegenteil zeigen, daß ich ernster bin, als sie alle, und wenig rede. Jedem von ihnen ist ein Abenteuer begegnet, wodurch er verstümmelt wurde.«

Geschichte des ersten Bruders des Barbiers

Der Älteste war ein Schneider in Bagdad; er arbeitete oben in einem Laden, den er gemietet, und unten war eine Mühle und ihm gegenüber wohnte ein reicher Mann. Als nun eines Tages mein buckliger Bruder in seinem Laden nähte und den Kopf in die Höhe streckte, sah er am Fenster eine Frau, schön wie der aufgehende Mond. Sobald er sie erblickte, entbrannte ein Feuer in seinem Herzen; er hob den ganzen Tag den Kopf in die Höhe nach dem Fenster zu; erst gegen Abend ließ er davon ab und ging traurig in seine Wohnung. Als er den anderen Morgen wieder in den Laden kam, setzte er sich auf den nämlichen Platz, um zu ihr hinauf zu sehen, und nach einer Weile kam sie nach ihrer Gewohnheit ans Fenster. Er erblickte sie, fiel ihn Ohnmacht, und als er wieder zu sich kam, ging er im traurigsten Zustande nach Hause. Als er am dritten Tage wieder auf demselben Platze saß, die Frau bemerkte und immer zu ihr hinübersah, lachte sie ihm zu und er erwiderte ihr Lachen; sie verschwand dann und schickte ihm ihre Sklavin mit einem Tuche, worin Stoff zu einem Kleide war. Diese sagte: »Meine Herrin grüßt dich und beschwört dich bei ihrem Leben, ihr aus diesem Tuche ein Kleid zu schneidern und zu nähen.« Mein Bruder sagte: »Ich stehe zu Diensten!« Schnitt sogleich das Kleid und nähte es noch an demselben Tage. Am anderen Morgen früh kam die Sklavin wieder und sagte: »Meine Herrin grüßt dich und läßt dich fragen, wie du die Nacht zugebracht; ihr Herz ist so sehr mit dir beschäftigt, daß sie keinen Schlaf kosten konnte. Sie läßt dir nun auch sagen, du mögest ihr Beinkleider schneiden und nähen, daß sie sie zu ihrem Kleid anziehen könne.« Er sagte: »Ich werde ihrem Befehle gehorchen.« Er schnitt sie sogleich und befleißigte sich sehr, sie bald zu nähen. Nach einer Weile zeigte sich die Dame wieder am Fenster und grüßte ihn, und ließ ihm keine Ruhe, bis er die Beinkleider genäht und sie ihr geschickt hatte. Er ging dann sehr verlegen nach Hause, denn er hatte nichts zu essen. Er ließ sich etwas von einem seiner Nachbarn leihen und kaufte sich zu essen dafür. Als er des Morgens wieder in den Laden kam, so war die Sklavin sogleich wieder da und sagte ihm: »Mein Herr bittet dich, zu ihm zu kommen.« Als er ihren Herrn erwähnen hörte, fürchtete er sich sehr und dachte, er habe schon alles von ihm erfahren; aber die Sklavin sagte ihm: »Fürchte dich nicht, du wirst bei ihm nur Gutes finden, denn meine Gebieterin hat ihn schon mit dir bekannt gemacht.« Er machte sich dann freudig auf, grüßte den Mann und dieser erwiderte den Gruß; dann holte er eine Menge ägyptischer Leinwand und sagte: »Schneide mir Hemden daraus.«

Mein Bruder schnitt zwanzig Hemden und eben so viele Beinkleider aus der Leinwand, und arbeitete in einem fort bis abends, ohne etwas zu genießen; der Mann fragte dann meinen Bruder: »Was begehrst du als deinen Lohn?« Er antwortete: »Zwanzig Dirham Silber.« Der Mann rief sogleich der Sklavin, die Waage zu bringen; da kam aber die Dame, gleichsam zornig gegen meinen Bruder, daß er das Geld nehme. Als mein Bruder dies merkte, sagte er: »Bei Gott, ich nehme jetzt nichts!« Er nahm dann seine Arbeit und ging fort, ohne einen roten Heller zu haben. Er lebte drei Tage mit zwei Laibchen Brot und starb fast vor Hunger; dann kam die Sklavin wieder und frage ihn, was er gemacht habe? Er antwortete: »Es ist alles fertig!« und ging mit ihr zum Gemahl der jungen Dame. Dieser wollte meinem Bruder seinen Lohn geben; aber aus Furcht vor der Dame wollte er nichts annehmen; er ging wieder nach Hause, und konnte vor Hunger die ganze Nacht nicht schlafen. Als er des Morgens wieder in den Laden ging, kam das Mädchen abermals und sagte ihm: »Mein Herr will dich sprechen.« Er ging zu ihm und ward beauftragt, fünf Oberkleider zu machen; mein Bruder nahm den Stoff und ging, im traurigsten Zustand, von Hunger und Schulden geplagt, in den Laden und arbeitete an den Oberkleidern. Dann ging er damit zu dem Mann, der sie gut genäht fand. Als er aber in den Geldbeutel langte und seine Hand nach dem Bruder ausstreckte, gab diesem die Dame hinter ihrem Manne durch Winke zu verstehen, er solle nichts nehmen. Er sagte daher ihrem Manne: »Es hat keine Eile, die Zeit wird mich schon bezahlen«, und ging wieder fort, nach Geld und nach der Dame sich sehnend. Es vereinigten sich fünf Dinge gegen ihn: Liebe, Geldnot, Hunger, Mangel an Kleidern und Müdigkeit; doch verlor mein Bruder den Mut nicht, denn er wußte nicht, daß die Frau ihrem Manne gesagt, er liebe sie, und daß sie sich verabredet hatten, ihn umsonst arbeiten zu lassen. Auch nachdem er alle ihre Arbeit vollendet hatte, paßte sie noch auf, und wenn jemand ihm Lohn geben wollte, hielt sie ihn ab, solchen anzunehmen. Dann verschworen sie sich gegen ihn und verheirateten ihn an eine Sklavin. In der Nacht, da das Beilager stattfinden sollte, sagten sie ihm: »Schlafe diese Nacht in der Mühle, morgen soll die Hochzeit sein.« Er blieb allein in der Mühle, und der Gemahl seiner Geliebten schickte dann den Müller hinter ihn. Dieser kam um Mitternacht zu meinem Bruder und sagte: »Was gibt‘s mit diesem faulen Maultiere, daß es schon wieder stehen bleibt und die Mühle sich nicht dreht, da wir doch so viele Frucht zu mahlen haben?« Er füllte dann den Kasten mit Weizen, ging auf meinen Bruder, mit der Peitsche in der Hand, los, und spannte ihn am Nacken an.

Nachdem mein Bruder angespannt war, schlug der Müller ihn an die Beine, bis er herumlief und das Mehl mahlte; er tat, als wüßte er nichts von meinem Bruder, und so oft er ruhen wollte, schlug ihn der Müller wieder und sagte: »Mir ist, als hättest du zu viel gefressen, du faules Tier!« Als die Morgenröte heranbrach, ging der Müller nach Hause und ließ meinen Bruder gleich einem Toten zurück. Des Morgens kam die Sklavin und sagte zu ihm: »Es tut mir und meiner Herrin leid, daß dir so etwas widerfahren, wir tragen deinen Kummer mit dir.« Er hatte keine Sprache, ihr zu antworten, wegen der vielen Prügel und der Müdigkeit. Als mein Bruder dann nach Hause ging, da kam der Schreiber, der den Ehekontrakt geschrieben, grüßte ihn und sagte: »Gott grüße dich! dies ist ein Aussehen des Vergnügens, der Liebesfreuden und der Umarmung.« Mein Bruder antwortete: »Gott segne keinen Lügner! Bei Gott, ich habe diese Nacht nichts anderes getan, als statt des Maultiers die Mühle gedreht!« und erzählte ihm hierauf seine Geschichte. Der Schreiber antwortete: »Dein Stern trifft nicht mit dem ihrigen zusammen.« Mein Bruder ging sodann wieder in seinen Laden und wartete, bis jemand ihm Arbeit bringe, um etwas zu verdienen. Da kam die Sklavin und sagte: »Meine Gebieterin will dich sprechen.« Er antwortete: »Ich habe nichts mehr mit euch zu tun.« Die Sklavin berichtete dies ihrer Herrin. Auf einmal sah diese mein Bruder am Fenster weinend; sie sagte ihm: »O Freude meiner Augen! was ist dir widerfahren?« Er antwortete nicht. Da fing sie an zu schwören, daß sie an seinem Unglück nicht schuld sei. Als mein Bruder sie wieder so schön und liebenswürdig fand, vergaß er alles, nahm ihre Entschuldigung an und freute sich, sie wieder zu sehen. Nach einigen Tagen kam die Sklavin zu ihm und sagte: »Meine Gebieterin grüßt dich und läßt dir sagen: ihr Mann habe sich vorgenommen, diese Nacht bei einem seiner Freunde zuzubringen; du mögest also kommen, sobald er weggegangen, um bei meiner Herrin zu ruhen.« Ihr Mann hatte sie nämlich gefragt, ob der Schneider nun von ihr gelassen, worauf sie ihm geantwortet: »Ich will ihm noch einen Streich spielen, wodurch er in der ganzen Stadt bekannt werden soll.« Mein Bruder wußte davon nichts. Des Abends kam die Sklavin zu ihm und führte ihn in ihrer Herrin Haus. Als die Dame meinen Bruder sah, hieß sie ihn willkommen und sagte: »Mein Herr! Gott weiß, wie sehr ich dich liebe.«

 

Mein Bruder sagte ihr: »O meine Dame, gib mir schnell einen Kuß!« Aber ehe er dies gesagt, kam ihr Gemahl aus einem Zimmer heraus und sagte zu ihm: »So weit treibst du‘s? Bei Gott! ich lasse dich nicht gehen, ich führe dich zum Polizeiobersten der Stadt.« Mein Bruder bat ihn lange, aber er gab nicht nach, sondern führte ihn zum Polizeiobersten. Dieser ließ ihm hundert Prügel geben, auf einem Kamel in der Stadt herumführen und vor ihm ausrufen: »Das ist der Lohn und noch der geringste Lohn für den, der einen fremden Harem betritt!« und zuletzt aus der Stadt verweisen. Mein Bruder ging fort und wußte nicht wohin; ich lief ihm nach und brachte ihn wieder zurück.

Der Kalif mußte über meine Erzählung lachen. Er sagte: »O Schweigender! o Wenigredender! du hast schön gehandelt und nichts vernachlässigt.« Er ließ mir dann ein Geschenk geben und entließ mich. Ich sagte aber: »Bei Gott! o Fürst der Gläubigen! ich nehme nichts an, ehe ich dir die Abenteuer meiner übrigen Brüder erzählt habe.«

Geschichte des zweiten Bruders des Barbiers

Was meinen zweiten Bruder, der Bakbak hieß und zahnluckig war, betrifft: Der ging einst eines Geschäfts wegen aus, da kam ihm eine alte Frau entgegen und sagte: »Halt‘ ein wenig, mein Freund, ich habe dir einen Vorschlag zu machen; behagt es dir, so erflehe Gottes Segen dazu! Hast du etwas dagegen, wenn ich dich an einen schönen Ort bringe? Du darfst aber nicht viel reden!« Dann fuhr sie fort: »Was sagst du wohl zu einem schönen Hause, zu einem Garten mit Wasser und Früchten und klarem Wein und einem Gesichte, hübsch wie der Mond, das du küssen darfst?« Als mein Bruder dies hörte, fragte er: »Und dies alles ist auf der Welt?« Sie antwortete: »Ja, und zwar für dich, wenn du klug bist, nichts Überflüssiges redest und hübsch schweigst.« Mein Bruder sagte: »Ganz gut!« und folgte der Alten, sehr begierig nach dem, wovon sie ihm gesagt. Die Alte sagte dann meinem Bruder: »Die Dame, zu der ich gehe, liebt den Gehorsam und verabscheut jeden Widerspruch, handelst du nach ihrem Willen, so wirst du Herr ihres ganzen Besitzes.« Da sagte mein Bruder: »Ich werde ihr in nichts widersprechen.« Er folgte dann der Alten, und sie brachte ihn in ein großes Haus, wo viele Diener waren. Als diese ihn sahen, fragten sie ihn: »Was tust du hier?« Die Alte sagte ihnen: »Laßt ihn hinein, er ist ein Künstler, und wir brauchen ihn.« Sie führte dann meinen Bruder in einen großen Hof, in dessen Mitte ein Garten war, so schön, als er nie einen gesehen und ließ ihn auf eine schöne Bank sitzen. Es dauerte aber nicht lange, da hörte er einen großen Lärm, und siehe da, es kamen Sklavinnen, und in ihrer Mitte war ein Mädchen wie der Vollmond. Als diese näher kam, und mein Bruder sie sah, stand er auf und stellte sich zu ihren Diensten; sie hieß ihn willkommen und sich setzen; er setzte sich und sie ging auf ihn zu und sagte: »Gott erhebe dich! ist was Gutes an dir?« Mein Bruder antwortete: »Meine Gebieterin! in mir ist alles Gute.« Sie ließ dann zu essen bringen; man trug treffliche Speisen auf. Indessen hörte das Mädchen nicht auf zu lachen, und wenn mein Bruder es bemerkte, ging sie unter die Sklavinnen, als wenn sie ihretwegen lachte. Sie zeigte meinem Bruder die größte Freundlichkeit, hatte aber nur ihren Spaß mit ihm. Meinen Bruder hingegen überwältigte heftige Liebe zu ihr, und er zweifelte nicht, daß die Dame auch ihn liebe und seine Wünsche erfüllen werde. Als sie gegessen hatten, brachte man Wein; dann kamen zehn Sklavinnen wie der Mond: jede hatte eine Laute in der Hand und sie fingen an mit lauter Stimme zu singen. Mein Bruder war entzückt darüber. Als dann die Dame einen Becher voll getrunken, reichte sie auch meinem Bruder einen Becher.

Als mein Bruder aufstand und trank, kam die Dame auf ihn zu und schlug ihn auf den Nacken; meinem Bruder mißfiel dies, und es empörte ihn; aber die Alte winkte ihm, und mein Bruder ließ nichts merken. Die Dame hieß ihn dann sich setzen und schlug ihn wieder; dies war nicht genug, sie befahl auch ihren Sklavinnen, ihn zu schlagen. Sie sagte zur Alten: »Ich habe nie etwas Schöneres als dies gesehen;« und die Alte antwortete: »Gewiß, meine Gebieterin!« Sie befahl dann den Sklavinnen, meinen Bruder zu beräuchern und mit Rosenwasser zu bespritzen. Dann sagte sie: »Gott erhebe dich! Da du in mein Haus gekommen, so hast du gewiß in die Bedingungen eingewilligt, mir in allem zu gehorchen; denn wer sich widersetzt, wird fortgejagt, wer aber ausharrt, erlangt sein Ziel.« Mein Bruder antwortete: »O meine Gebieterin! ich bin dein Sklave.« Sie befahl dann anderen Sklavinnen, ihm etwas vorzusingen und sie taten es. Sie rief hierauf eine Sklavin und sagte ihr: »Nimm hier die Freude meiner Augen wohl in acht, tu ihm, wie ich dir befohlen, und bring mir ihn dann sogleich wieder.« Mein Bruder entfernte sich mit ihr, ohne zu wissen, was mit ihm geschehen solle. Da fragte mein Bruder die Alte, die vor ihm stand, was diese Sklavin mit ihm tun wolle? Die Alte antwortete: »Nichts Böses: sie will deine Augenbrauen färben und deinen Schnurrbart abschneiden.« Mein Bruder sagte: »Was das Färben der Augenbrauen betrifft, die kann man wieder waschen, aber den Schnurrbart abschneiden, das bleibt häßlich.« Die Alte antwortete: »Hüte dich wohl, der Dame zu widersprechen, denn schon ist sie in dich verliebt.« Mein Bruder ließ sich also die Augenbrauen färben und den Schnurrbart abschneiden. Die Sklavin ging dann zur Herrin, welche sagte: »Nun bleibt nur noch eine Arbeit, ihm nämlich seinen Bart abzurasieren, daß er ganz glatt wird.« Die Sklavin kam dann wieder und rasierte ihm den Bart ab. Hierauf sagte die Alte: »Freue dich! denn sie hat dies alles nur aus heftiger Liebe zu dir getan. Hab noch ein wenig Geduld, so erreichst du dein Ziel.« Mein Bruder ertrug alles und ging dann wieder mit der Sklavin, die ihm den Bart abrasiert, zur Herrin; diese freute sich mit ihm und lachte, bis sie sich auf dem Boden wälzte. Sie sagte: »O mein Herr! du hast durch deine schönen Tugenden mein Herz besiegt.« Sie beschwor ihn dann bei ihrem Leben, er möge doch ein wenig tanzen; er stand auf und tanzte. Indessen nahmen sie und die Sklavinnen alles, was im Zimmer war, und schlugen ihn damit, bis er in Ohnmacht fiel. Als er wieder zu sich kam, sagte die Alte: »Nun wirst du deinen Wunsch gleich erfüllt sehen. Wisse, es bleibt nur noch eine Sache zu tun übrig. Es ist nämlich meiner Gebieterin Gewohnheit, daß, wenn sie berauscht ist, sie sich nur nach langem Sträuben der Umarmung des Geliebten überläßt.«Hier erforderte der Anstand einiges auszulassen. Mein Bruder glaubte dies, und als er sie von einem Zimmer nach dem anderen entfliehen sah, lief er ihr immer nach: seine Leidenschaft entflammte sich mehr und mehr. Die Dame zog sich nach einem dunklen Orte zurück; er folgte ihr auch dahin, aber plötzlich trat er auf einen schwachen, dünnen Boden, fiel durch und befand sich auf einmal mitten auf dem Ledermarkt, wo man Häute ausrief, kaufte und verkaufte.

Als die Leute ihn in diesem Zustande sahen, entblößt, mit geschornem Barte und gefärbten Augenbrauen, schrieen sie ihm nach, schlugen ihn mit den Händen und mit dem Leder, bis er in Ohnmacht fiel, dann luden sie ihn auf einen Esel. Am Stadttor begegneten sie dem Polizeiobersten, welcher fragte, was das wäre? Man sagte ihm: »Dieser Mann ist so in diesem Zustande aus dem Hause des Veziers gefallen.«

Der Polizeioberste ließ meinem Bruder hundert Prügel geben und ihn aus Bagdad verweisen; aber ich ging ihm nach, o Fürst der Gläubigen, brachte ihn wieder heimlich in die Stadt und gab ihm ein Bestimmtes, wovon er leben konnte. Ohne meine Männlichkeit wäre er gestorben.

Geschichte des dritten Bruders des Barbiers

Mein dritter Bruder aber, o Fürst der Gläubigen! fuhr der Barbier fort, der war blind, und das Schicksal trieb ihn an ein großes Haus; er klopfte an der Türe, um den Hausherrn um etwas zu bitten. Der Hausherr fragte: »Wer ist an der Türe?« Mein Bruder antwortete nicht. Er klopfte wieder und ward wieder gefragt: »Wer ist an der Türe?« und gab abermals keine Antwort. Er hörte dann zum drittenmale ganz laut schreien: »Wer da?« Er gab aber keinen Laut von sich; endlich hörte er jemanden gehen, sich der Türe nähern, öffnen und fragen: »Was willst du?« Mein Bruder antwortete: »Ich möchte etwas für Gott.«D. h. ein Almosen, wodurch du eine gottgefällige Tat ausübst. Die muselmännischen Bettler sagen nie: schenke mir etwas, sondern: schenke es Gott. Er sagte ihm: »O Unglücklicher, reiche mir deine Hand.« Mein Bruder reichte ihm die Hand und glaubte, er wolle ihm etwas geben. Der Hausherr führte ihn ins Haus und stieg mit ihm eine Treppe nach der anderen hinauf, bis er oben am Dache war. Mein Bruder dachte, er wolle ihm etwas zu essen geben. Als sie sich nun setzten, sagte der Hausherr zu meinem Bruder: »Was willst du, Unglücklicher?« Er antwortete: »Ich will etwas für den erhabenen Gott.« Jener sagte: »Gott helfe dir!« Da versetzte mein Bruder: »O du, warum hast du mir dies nicht gleich unten gesagt?« »Du Nichtswürdiger!« schrie er ihn an, »warum hast du mir nicht gleich geantwortet?« Da sagte mein Bruder: »Nun, was willst du mir jetzt tun?« »Ich habe dir nichts zu geben«, wiederholte der Mann. »So führe mich doch wieder diese Treppen hinunter!« rief mein Bruder. Er antwortete: »Der Weg liegt frei vor dir.« Mein Bruder stand auf und fing an hinunter zu gehen. Als er aber noch etwa 20 Stufen von der Tür entfernt war, strauchelte er, er fiel gegen die Türe und verwundete sich den Kopf. Er ging aus dem Hause weg, ohne zu wissen, wo er sich befand. Da begegnete ihm einer seiner Freunde und fragte ihn, was ihm geschehen; er antwortete: »Du kommst mir eben recht;« und erzählte ihm sein Abenteuer und fügte hinzu: »Ich will etwas von dem Gelde nehmen, das wir zusammen haben, und davon leben.« Der Hausherr hatte dies gehört, ohne daß mein Bruder es bemerkte, und als dieser nach Hause ging, folgte ihm der Hausherr. Mein Bruder setzte sich, um seine Freunde zu erwarten. Als sie kamen, sagte er zu ihnen: »Schließt das Haus, untersucht aber zuerst, ob kein Fremder hier ist.« Als der Mann dies hörte, hielt er sich an einem Stricke, der an der Terrasse befestigt war (wahrscheinlich schwebte er in der Luft, um nicht von den umhertastenden Blinden gefunden zu werden).

Nun ging einer von meines Bruders Freunden im ganzen Hause herum und fand niemanden. Sie fragten dann alle meinen Bruder, wie es ihm gehe, und er sagte ihnen: er brauche seinen Anteil von dem, was sie erworben. Jeder von ihnen brachte etwas (Geld) aus einer Ecke hervor, und als mein Bruder alles vor sich hatte und es wog, waren es 10.000 Dirham; mein Bruder nahm davon, was er brauchte, und sie steckten das Übrige wieder unter die Erde. Sie legten dann etwas zu essen vor: da hörte mein Bruder neben sich einen Fremden kauen; er sagte seinen Kameraden: »Bei Gott! es ist ein Fremder unter uns«; streckte dann die Hand aus und begegnete der Hand des Fremden. Nun schlugen sie sich eine Weile und mein Bruder hielt ihn fest; zuletzt schrieen sie: »O Muselmänner! es ist ein Dieb zu uns gekommen, der unser Geld stehlen will.« Es versammelten sich viele Leute um sie herum. Aber der Fremde schloß sich an sie an und behauptete dasselbe von ihnen, was sie von ihm angaben, er stellte sich blind, wie die andern, und niemand zweifelte an seiner Aussage. Er schrie auch: »O Muselmänner! bei Gott und beim Sultan! ich....« Während sie so durcheinander schrieen, kamen Polizeidiener und führten sie alle mit meinem Bruder vor den Polizeiobersten. Da sagte der Nichtblinde: »Gott gebe dem Sultan Ruhm! Du wirst hier Dinge entdecken, doch nur durch Foltern auf die Wahrheit kommen. Du magst mit mir beginnen, dann aber mit diesem, der mich hierher gebracht« – und deutete dabei auf meinen Bruder. Nun, o Fürst der Gläubigen! ward der Nichtblinde hingestreckt und man gab ihm vierhundert Prügel.

 

Als er vierhundert Prügel auf den Rücken bekommen, schmerzte es ihn so sehr, daß er ein Auge öffnete, und als man noch immer fortfuhr, ihn zu prügeln, öffnete er auch das andere. Da sagte ihm der Oberste: »Was ist das, du Verdammter?« Der Nichtblinde antwortete: »Gib mir deinen Siegelring als Zeichen der Sicherheit, wenn ich dir sage, was du zu tun hast.« Er gab ihm seinen Ring als Pfand der Sicherheit, und der Nichtblinde sagte: »Mein Herr, wir sind vier gut sehende Männer und stellen uns nur vor den Leuten blind, um in ihre Häuser zu kommen, um ihre Frauen zu sehen und zu verführen. Wir haben schon 10.000 Dirham auf diese Weise zusammengebracht. Nun hatte ich meinen Kameraden gesagt, sie sollten mir meinen Teil, nämlich 2500, geben, da schlugen und mißhandelten sie mich und nahmen all mein Vermögen, und nun flüchte ich mich zu Gott und zu dir, du wirst mir wohl das Meinige wieder zu verschaffen wissen. Willst du dich überzeugen, daß ich die Wahrheit gesprochen, so laß jeden von ihnen noch einmal soviel prügeln als mich, und sie werden dann auch ihre Augen öffnen.« Der Oberste befahl sogleich, daß man sie züchtige. Man fing mit meinem Bruder an und band ihn an eine Treppe fest. Der Oberste sagte ihnen: »Ihr verworfenen Leute! verleugnet ihr so die Wohltaten Gottes und stellt euch blind?« Mein Bruder entgegnete: »Bei Gott, mein Sultan! Keiner von uns sieht etwas.« Aber man prügelte ihn doch, bis er in Ohnmacht fiel. Da sagte der Oberste: »Laß ihn, bis er wieder zu sich kommt, dann prügelt ihn wieder: denn der kann‘s besser aushalten, als wir.« Indessen ließ er auch den anderen beiden jedem mehr als dreihundert Prügel geben; und der Nichtblinde sagte immer: »Öffnet eure Augen, sonst werdet ihr dreimal geprügelt.« Dann sagte er zum Obersten: »Schicke jemanden mit mir, der das Geld hierherbringe, da diese Leute doch ihre Augen nicht öffnen werden, denn sie fürchten, sich vor den Leuten so zu beschimpfen.« Der Oberste ließ das Geld holen, gab dem Nichtblinden 2500 Dirham, weil er dies für seinen Teil hielt, nahm das übrige für sich und verwies die drei Blinden aus der Stadt. Nun, o Fürst der Gläubigen! ging ich meinem Bruder nach, fragte ihn wie es ihm gehe, und als er mir das, was ich dir eben erzählt, berichtet, brachte ich ihn heimlich wieder in die Stadt und gab ihm seinen bestimmten Lebensunterhalt, so daß er im verborgenen essen und trinken kann.

Der Kalif lachte über meine Erzählung und sagte: »Gebt ihm ein Geschenk und laßt ihn gehen!« Ich sagte jedoch: »Bei Gott, o Fürst der Gläubigen, ich rede ja nicht viel, ich nehme nichts an, bis ich auch die Geschichte meiner übrigen Brüder erzählt habe. Als der Kalif dies gestattete, fuhr er fort: