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Tausend Und Eine Nacht

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Ein Bagdadenser und seine Sklavin

Einst lebte in Bagdad ein wohlhabender Mann, der von seinem Vater ein großes Vermögen geerbt hatte. Er liebte eine Sklavin und kaufte sie und wurde auch von ihr zärtlich geliebt. Für diese Sklavin machte er nach und nach so viele Ausgaben, daß endlich sein ganzer Besitz dahin war und ihm nichts mehr übrig blieb, wovon er leben konnte. Dieser Mann hatte in seinen besseren Tagen die Gesellschaften von Leuten gesucht, die Kenner der Gesangkunst waren, und selbst darin eine große Meisterschaft erlangt. Als er daher einen seiner Freunde um Rat fragte, sagte ihm dieser, er wisse keinen besseren Erwerb für ihn, als daß er mit seiner Sklavin singe, das werde ihm viel Geld einbringen, wovon er gut essen und trinken könne. Dieser Rat gefiel aber weder ihm noch der Sklavin. Diese sagte: Ich halte es für das Beste, du verkaufst mich, dann sind wir aus aller Not, denn mich kauft nur ein wohlhabender Mann und es findet sich schon wieder Gelegenheit zu unserer Vereinigung. Da führte er sie auf den Sklavenmarkt und der erste, der sie sah, war ein edler gebildeter Haschimite aus Baßrah (aus dem Geschlecht der Propheten) und er kaufte sie für fünfzehnhundert Dinare. Als ich das Geld in Empfang genommen, – so erzählt der Bagdadenser selbst – reute mich der Verkauf, ich weinte und die Sklavin weinte mit mir, und ich wollte den Handel wieder rückgängig machen, der Käufer ging aber nicht darauf ein. Ich legte nun das Geld in einen Beutel und wußte nicht, wohin mich wenden, denn mein Haus schien mir durch ihre Abwesenheit verödet. Ich seufzte, weinte und schlug mich selbst, wie nie zuvor. Endlich trat ich in eine Moschee, legte den Beutel als Kissen unter mein Haupt, fiel, vom vielen Weinen erschöpft, in einen Zustand der Betäubung und schlief ein. Da kam, ohne daß ich es bemerkte, ein Mann, zog mir den Beutel unter dem Kopf hervor und lief schnell davon. Hierauf erwachte ich in großem Schrecken und da ich den Beutel nicht mehr fand, wollte ich aufstehen, um dem Dieb nachzulaufen, aber meine Füße waren mit einem Strick zusammengebunden, so daß ich umstürzte. Da weinte ich wieder und schlug mich und sagte zu mir selbst: Nun ist dein Leben fern von dir und dein Geld ist auch dahin. Meine Verzweiflung war so groß, daß ich an den Tigris ging, mein Gesicht mit meinem Gewand bedeckte und in den Fluß sprang. Als aber umherstehende Leute dies bemerkten, sagten sie: Gewiß hat ihn schweres Unglück dazu veranlaßt, sie sprangen mir daher nach, brachten mich wieder ans Land und erkundigen sich nach meinen Umständen. Ich erzählte ihnen, was mir widerfahren und sie bedauerten mich sehr. Dann kam ein Greis auf mich zu und sagte: Willst du, weil dein Besitz verloren ist, auch deine Seele zugrunde richten und dich in die Hölle stürzen? Komm und zeige mir deine Wohnung! Ich führte ihn dahin und er setzte sich zu mir, bis ich ruhiger wurde und ich dankte ihm für seine Teilnahme. Als er sich wieder entfernt hatte, war ich nahe daran, meinem Leben ein Ende zu machen, aber ich dachte an das Jenseits und an die Hölle, darum verließ ich in Eile mein Haus und begab mich zu einem Freund und erzählte ihm, was mir zugestoßen. Er weinte aus Mitleid mit mir und schenkte mir fünfzig Dinare und sagte: Folge meinem Rat, verlasse Bagdad sogleich und lebe von diesem Geld, bis die Liebe aus deinem Herzen weicht, dann wende dich an irgend einen Statthalter, du kannst als gewandter Schönschreiber und gebildeter Mann leicht Mittel finden, mit Gottes Hilfe wieder zu deiner Sklavin zu gelangen. Ich beherzigte diese Worte, die meinen Schmerz einigermaßen linderten und beschloß nach Wasit zu reisen, wo ich Verwandte hatte. Als ich an das Ufer kam, sah ich ein Schiff vor Anker liegen, nach welchem Matrosen kostbare Gerätschaften brachten. Ich bat sie, mich mitzunehmen, sie sagten aber: Dieses Schiff gehört einem Haschimiten, wir können dich nicht so mitnehmen. Da versprach ich ihnen einen großen Lohn, worauf sie sagten: Wenn du es durchaus willst, so ziehe deine vornehme Kleidung aus, und kleide dich als Matrose und geselle dich zu uns, als wärest du auch ein Matrose. Ich ging sogleich und kaufte mir Matrosenkleider, zog sie an und bestieg das Schiff, welches nach Baßrah fahren sollte. Kaum war ich eingestiegen, da erblickte ich meine Sklavin, welche zwei andere Sklavinnen bedienten, da war ich getröstet, denn ich dachte: Nun kann ich sie ja sehen und singen hören, bis zu unserer Ankunft in Baßrah. Bald darauf kam der Haschimite mit einer Anzahl Leute herangeritten und schiffte sich ein. Er setzte sich zur Sklavin und aß mit ihr, während die übrigen Leute in der Mitte des Schiffes ihre Mahlzeit hielten. Der Haschimite sagte dann zur Sklavin: Wie lange soll noch diese Trauer währen? Wie lange wirst du dich noch weigern, vor mir zu singen? Du bist nicht die erste, die von ihrem Geliebten getrennt wird. Daraus schloß ich, daß sie mich noch immer sehr heftig liebte. Er ließ dann an einer Seite des Schiffes, wo die Sklavin saß, einen Vorhang anbringen, setzte sich außerhalb des Vorhangs zu den Leuten, die sich mit ihr auf dem Schiff befanden und die, wie ich hörte, seine Brüder waren, ließ Wein und Früchte auftragen und hörte nicht auf, in die Sklavin zu dringen, daß sie doch etwas singe, bis sie sich endlich eine Laute bringen ließ, sie stimmte und folgende Verse sang:

»In finsterer Nacht ist die Karawane mit meinem Geliebten geschieden, sie zog ohne Schonung fort mit meiner Herzenslust, und seit ihre Kamele aufgebrochen sind, glühen feurige Kohlen im Herzen der Geliebten.«

Da überwältigten sie ihre Tränen, sie warf die Laute weg und hörte auf zu singen. Die ganze Gesellschaft wurde bestürzt und ich fiel in Ohnmacht, so daß man mich für einen Fallsüchtigen hielt und mir etwas ins Ohr las.Die Fallsüchtigen gelten bei den Arabern als Besessene und man liest ihnen Koranverse vor, um die bösen Geister zu verjagen. Man gab dann der Sklavin so viel süße Worte und bat sie so inständig, weiter zu singen, daß sie ihre Laute wieder stimmte und folgende Verse sang:

»Ich blieb stehen und weinte über die Dahinziehenden. Sie sind in meinem Herzen, wenn sie auch weit weg gezogen sind. Ich blieb bei den Trümmern stehen und fragte nach ihnen, und ihr Haus war verödet und ihre Wohnung stand leer.«

Hierauf fiel sie wieder in Ohnmacht, es erhob sich ein Weheklagen aus der Mitte der Gesellschaft und auch ich stieß einen Schrei aus und fiel in Ohnmacht. Die Matrosen wurden besorgt um meinetwillen, und ein Diener des Haschimiten sagte ihnen: Warum habt ihr diesen Besessenen mitgenommen? Dann sagte einer zum anderen: Wenn wir an ein Dorf kommen, schiffen wir ihn aus und schaffen uns Ruhe vor ihm. Dies versetzte mich in große Angst, ich nahm mich daher zusammen, soviel ich konnte und dachte: Es bleibt mir nichts übrig, um nicht ans Land gesetzt zu werden, als daß ich sie von meiner Anwesenheit in Kenntnis setze. Wir fuhren dann weiter, bis wir gegen Abend in eine schöne angebaute Gegend kamen, da sagte der Herr des Schiffes: Laßt uns hier ein wenig an das Land steigen! Als alle Leute ausgestiegen waren, machte ich mich auf, ging hinter den Vorhang, stimmte die Laute um und spielte in einer Weise, die ich die Sklavin gelehrt hatte, und nahm dann wieder meinen früheren Platz auf dem Schiff ein. Bald nachher stieg auch die ganze Gesellschaft wieder ein, und der Mond beschien das Ufer und den Fluß. Da sagte der Haschimite zu seiner Sklavin: Ich beschwöre dich bei Gott, trübe unser Leben nicht länger! Sie nahm daher die Laute, betastete sie und schrie laut auf, so daß man glaubte, ihre Seele verlasse sie. Dann sagte sie: Bei Gott, mein Meister ist bei uns auf dem Schiff. Der Haschimite erwiderte: Bei Gott, wenn er bei uns wäre, so würde ich ihn nicht aus unserer Gesellschaft ausschließen, er könnte deinen Schmerz lindern und uns den Genuß an deinem Gesang verschaffen, doch ist es nicht wahrscheinlich, daß er sich auf diesem Schiff befinde. Sie aber versetzte: Ich kann nicht Laute spielen und mich zu verschiedenen Liedern begleiten, wenn mein Herr bei uns ist. Da sagte der Haschimite: Ich will einmal die Matrosen fragen. Als er auf ihren Wunsch jene fragte, ob sie einen fremden Mann mitgenommen, sagten sie: Nein. Da ich nun fürchtete, er werde keine weitere Frage an sie richten, lachte ich und sagte: Ich war ihr Lehrer und habe ihr Unterricht erteilt, als ich noch ihr Herr war, und sie sagte: Bei Gott, das ist die Stimme meines Herrn. Da kamen die Diener und führten mich zum Haschimiten, der mich alsbald wieder erkannte und mir zurief: Wehe dir! In welchem Zustand bist du? Was ist dir zugestoßen? Ich erzählte ihm unter Tränen, was mir widerfahren, alsbald hörte man das Schluchzen der Sklavin hinter dem Vorhang her, und der Haschimite selbst und seine Brüder weinten mit uns aus Mitleid. Dann sagte er: Bei Gott, ich bin dieser Sklavin nicht nahe gekommen und habe sie bis heute nicht einmal singen hören. Ich bin ein Mann, den Gott mit Reichtum gesegnet und bin nur nach Bagdad gereist, um meine Pension vom Fürsten der Gläubigen in Empfang zu nehmen und um schön singen zu hören; als ich daher beides erreicht hatte, dachte ich, nun will ich doch, ehe ich heimkehre. noch einmal eine Bagdadenserin singen hören und kaufte daher deine Sklavin, ohne etwas von eurem Verhältnis zu ahnen, ich nehme aber Gott zum Zeugen, daß ich bei unserer Ankunft in Bagdad diesem Mädchen die Freiheit schenken und sie mit dir verheiraten und euch mehr als nötig zu leben geben will, jedoch unter der Bedingung, daß, sooft ich Lust habe, sie singen zu hören, mir dies hinter einem Vorhang gestattet werde, du sollst dann einer meiner Freunde und Gesellschafter werden. Ich freute mich mit diesem Vorschlag und der Haschimite steckte seinen Kopf zur Sklavin hinein und fragte sie: Bist du damit einverstanden? Sie dankte ihm und wünschte ihm alles Gute. Er rief dann einen Diener und befahl ihm, mich zu entkleiden und mir kostbare Kleider anzuziehen, mich zu beräuchern und ihm wieder vorzustellen. Als dies geschehen war, wurde mir wie den anderen Wein vorgestellt und die Sklavin sang dann in schönster Weise folgende Verse:

 

»Sie tadeln mich, weil ich beim Abschied vom Geliebten Tränen vergoß, sie haben den Trennungsschmerz nie gekostet und das Feuer nicht gefühlt, das mein Inneres verzehrt. Nur die Betrübte, deren Herz in diesem Lager verloren gegangen ist, kennt die Liebespein.«

Alle Zuhörer waren entzückt über diesen Gesang und ich selbst nahm im Übermaß des Glücks die Laute aus ihrer Hand und sang mit schönster Begleitung folgende Verse:

»Verlangst du eine Wohltat, so wende dich an einen Edlen, der nur Reichtümer und Wohlhabenheit kennt; eine Bitte an einen Edlen bringt Ehre, eine solche an einen Gemeinen bringt Schande. Bist du gezwungen, dich zu erniedrigen, so tu es nur vor einem Großen, du erniedrigst dich nicht, wenn du einen Edlen verehrst, wohl aber, wenn du vor einem Geringen dich beugst.«

Die Leute hatten ihre Freude an mir und wir fuhren nun so fort, die Sklavin und ich, abwechselnd zu singen, bis das Schiff an einem gewissen Ufer anlangte und alle Leute ausstiegen. Ich ging auch in trunkenem Zustand ans Land und wurde vom Schlaf überwältigt und schlief noch fort, als alle wieder ins Schiff stiegen und weiterfuhren. Sie hatten meine Abwesenheit nicht bemerkt, denn auch sie waren vom Weine erhitzt und langten ohne mich in Baßrah an, ich aber schlief, bis mich die Sonnenglut weckte, da fand ich mich ganz allein und ohne Geld, denn ich hatte es der Sklavin gegeben. Auch hatte ich vergessen, den Haschimiten nach seiner Wohnung und seinem Namen zu fragen, so daß ich in größter Verzweiflung war und das freudige Wiedersehen der Sklavin für einen Traum hielt. Ich blieb trostlos am Ufer sitzen, bis ein großes Schiff vorübersegelte, da bestieg ich es und gelangte nach Baßrah, ohne jemanden in dieser Stadt zu kennen und ohne zu wissen, wo der Haschimite wohnte. Ich ging zu einem Gemüsehändler, forderte Tinte und Papier und schrieb etwas, und da er meine Schrift schön fand und mich in schmutzigem Kleid sah, erkundigte er sich nach meinem Zustand, und als ich mich für einen armen Fremden ausgab, schlug er mir vor, bei ihm zu bleiben, um sein Buch zu führen und bot mir für meine Dienste Kost und Wohnung und einen halben Drachmen Lohn für den Tag. Ich willigte ein und blieb einen Monat bei ihm, besorgte sein Geschäft und führte Buch über seine Ausgaben und Einnahmen. Nach einem Monat, als seine Einnahmen gestiegen waren und seine Ausgaben sich vermindert hatten, gab er mir einen Drachmen täglich, und als das Jahr zu Ende war, bot er mir seine Tochter als Frau an und gab mir Teil am Geschäft. Ich nahm das Anerbieten an, heiratete das Mädchen und besorgte den Laden, war jedoch nicht glücklich, denn mein Herz war zerknirscht, so daß ich auch, wenn mein Schwiegervater mich zum Trinken einlud, ihm nicht folgte. So vergingen zwei Jahre. Eines Tages sah ich viele Leute mit Speisen und Getränken vorübergehen und als ich fragte, was dies bedeute, sagte man mir: Dies ist der Tag der Lebenslustigen, an dem die wohlhabenden und fröhlichen jungen Leute am Ufer des Obollakanals unter den Bäumen zechen. Da überkam mich die Lust, dies auch zu sehen, denn ich dachte, vielleicht sehe ich unter den vielen Leuten auch meine Geliebte. Der Gemüsehändler, dem ich mein Verlangen danach äußerte, richtete mir Speisen und Getränke her und ich begab mich an das Ufer, um mit anderen den Kanal zu befahren. Da erblickte ich den Kapitän des Schiffes, auf welchem der Haschimite und die Sklavin sich befunden hatten. Ich rief ihm zu und er erkannte mich und fragte mich, ob ich noch am Leben? Dann umarmte er mich und ließ sich meine Abenteuer erzählen. Als ich damit zu Ende war, sagte er: Da du sehr betrunken warst, glaubten wir, du seiest ins Wasser gestürzt und darin umgekommen. Ich fragte dann nach meiner Sklavin und er sagte mir: Als man dich vermißte, zerriß sie ihre Kleider, verbrannte ihre Laute und fing an zu weheklagen und sich zu schlagen. Als wir in Baßrah anlangten, sagten wir ihr: Lasse jetzt dein Weinen und dein Weheklagen! Sie erwiderte: Ich werde mich jetzt schwarz kleiden und mir an der Seite dieses Hauses ein Grab graben lassen und in der Nähe desselben leben und nie mehr singen. Wir widersetzten uns ihrem Vorsatz nicht und so lebt sie jetzt bis zu dieser Stunde. Ich ließ mich dann zu ihr führen und fand sie in dem vom Hauptmann bezeichneten Zustand. Als sie mich sah, stieß sie einen furchtbaren Schrei aus, so daß ich glaubte, sie sei des Todes. Ich hielt sie lang in meinen Armen und der Haschimite sagte: Nimm sie hin! Ich erwiderte: Schenke ihr die Freiheit, wie du mir versprochen hast und gib mir sie zur Ehefrau. Er tat dies und schenkte uns kostbare Gerätschaften, viele Kleider und Diwane und fünfhundert Dinare, indem er hinzusetzte, so viel bestimmte er uns für jeden Monat, jedoch unter der Bedingung, daß wir in seiner Gesellschaft leben und er die (ehemalige) Sklavin singen höre. Er wies uns dann eine Wohnung an, in die er alles Nötige an Mobilien bringen ließ und in welche sich auch meine Gattin begab. Ich ging hierauf zum Gemüsehändler und erzählte ihm, was sich mit mir zugetragen und bat ihn, mir es nicht als Sünde anzurechnen, wenn ich seiner Tochter, ohne daß sie etwas verschuldet habe, nach Entrichtung ihrer Morgengabe, einen Scheidebrief gebe. Als dies geschehen war, kehrte ich zum Haschimiten zurück und lebte wie früher mit dem Mädchen in großem Wohlstand, Gott verscheuchte jeden Kummer von uns, überhäufte uns mit seiner Gnade und belohnte unsere Geduld, indem er uns an das Ziel unserer Wünsche gelangen ließ.

Das Märchen von Maruf

In Kahirah lebte einst ein Schuhflicker, mit dem Namen Maruf, der eine sehr böse und schlechte Frau hatte, die ihn auf alle mögliche Weise kränkte. Er ließ sich alles gefallen, um öffentliche Szenen zu vermeiden, wurde aber auch immer ärmer, weil er, um Frieden zu haben, alles, was er verdiente, für seine Frau ausgeben mußte. Eines Tages sagte ihm Fatma, so hieß diese böse Frau: »Heute muß ich einen Honigkuchen von Bienenhonig haben.« Er antwortete: »Gott gebe mir die Mittel dazu, so will ich dir ihn verschaffen; im Augenblick besitze ich aber keinen Drachmen. Doch Gott wird mir helfen.« – »Ich lasse mich nicht auf solche Redensarten ein«, erwiderte Fatma; »bringst du mir diesen Abend keinen Honigkuchen, so erwartet dich eine bittere Nacht.« – »Gott ist gnädig«, sagte Maruf tief seufzend; dann betete er das Morgengebet, ging in seine Butike und flehte Gott um Arbeit an, daß er in den Stand gesetzt werde, seiner Frau einen Honigkuchen zu kaufen. Aber sein Gebet blieb unerhört: Er saß bis mittags in seiner Butike, ohne daß ihm die geringste Arbeit gebracht wurde, so daß er nicht einmal Brot, viel weniger Kuchen kaufen konnte. Mit Tränen in den Augen schloß er seine Butike und machte sich auf den Weg nach Hause. Da winkte ihm ein Kuchenbäcker, den sein betrübtes Aussehen rührte, und fragte ihn, was ihm zugestoßen sei. »Ich fürchte mich vor meiner Frau«, antwortete Maruf, »denn ich soll ihr einen Honigkuchen bringen und habe nicht einmal Geld zu Brot.« – »Beruhige dich«, sagte der Kuchenbäcker, »wieviel Pfund willst du?« – »Fünf Pfund«, antwortete Maruf. »Schon gut«, sagte der Bäcker, »ich habe Butter und Honig, zwar nicht von Bienen, jedoch von Zuckerrohr, der besser als Bienenhonig ist, ich will dir einen Kuchen backen, der wert wäre, Königen vorgelegt zu werden. Willst du nicht auch etwas Brot und Käse? Nimm nur, was du bedarfst, ich borge dir einige Tage, bis Gott dir hilft. Hier hast du auch noch etwas Geld, gehe dafür ins Bad und bringe dann einen vergnügten Abend bei deiner Frau zu.« Maruf ging, dem Kuchenbäcker und Gott für diese Gnade dankend, mit Kuchen, Brot und Käse nach Hause und brachte alles seiner Frau. Als sie aber sah, daß der Kuchen nicht von Bienen-, sondern von Zuckerrohrhonig gemacht war, fragte sie ihn: »Warum handelst du gegen meinen Willen? Habe ich nicht einen Kuchen von Bienenhonig begehrt?« Maruf entschuldigte sich damit, daß er ihn nicht für bares Geld kaufen und daher auch nicht lange wählen konnte. Aber Fatma kehrte sich nicht an seine Worte, sondern geriet in heftigen Zorn, schmähte ihn und schlug ihm einige Zähne aus; als er hierauf seinen Zorn nicht länger bemeistern konnte und auch ihr eine Ohrfeige gab, faßte sie ihn am Bart und schrie so laut, daß alle Nachbarn herbeieilten, um den Frieden wieder herzustellen. Sobald sie wieder allein waren, schwor sie, sie werde nichts vom Kuchen essen; Maruf aber, den sehr hungerte, aß davon. Da sagte sie: »Möchte der Kuchen doch zu Gift in deinem Leib werden!« Er ließ sie aber fluchen und erwiderte lachend: »Da du geschworen hast, den Kuchen nicht zu berühren, so muß ich ihn wohl allein essen; ein andermal bringe ich dir einen Kuchen von Bienenhonig, den magst du dann allein verzehren.«

Am folgenden Tag saß Maruf in seiner Butike, da kamen auf einmal zwei Gerichtsdiener auf ihn zu und luden ihn vor den Kadhi. Hier fand er seine Frau mit verbundenem Arm und blutigem Schleier, und die Augen mit Tränen gefüllt. Der Kadhi sagte ihm: »Fürchtest du Gott nicht, daß du deine Frau so mißhandelst?« Da erzählte ihm Maruf die Ursache ihres Streites und berief sich auf das Zeugnis seiner Nachbarn. Der Kadhi, welcher ein sehr guter Mann war, schenkte ihm einen Viertelsdinar und sagte ihm: »Kaufe dafür einen Kuchen von Bienenhonig und lebe in Frieden mit ihr.« Maruf bat den Kadhi, das Geld seiner Frau zu geben, und hoffte nun wieder einige Ruhe vor ihr zu haben. Aber kaum war er in seine Butike zurückgekehrt, da kamen die Gerichtsdiener und forderten ihren Lohn für die Vorladung. Maruf sagte ihnen: »Der Kadhi hat mir ja nicht einmal etwas abgenommen, ja, er hat meiner Frau sogar noch Geld geschenkt, wie soll ich euch etwas geben?« – »Der Kadhi mag tun, was er will«, erwiderten die Gerichtsdiener, »wir müssen unseren Lohn haben, und wenn du ihn uns nicht gibst, so werden wir ihn schon nehmen.« Hierauf schleppten sie ihn auf die Straße und nötigten ihn, die Geräte seiner Butike zu verkaufen. Er saß jetzt trostlos in seiner Butike und dachte mit Schaudern daran, daß ihm nunmehr kein Mittel mehr bliebe, etwas zu verdienen. Da kamen wieder Gerichtsdiener und forderten ihn vor Gericht wegen Mißhandlungen, die er sich gegen seine Frau zuschulden hatte kommen lassen. »Aber der Kadhi hat ja den Frieden zwischen uns hergestellt und mich entlassen!« sagte Maruf. »Wir sind die Diener eines anderen Kadhi«, erwiderten sie, »bei dem dich deine Frau von neuem angeklagt: Folge uns also.« Maruf ging mit ihnen und erzählte dem Kadhi den ganzen Vorfall im Hause und vor dem ersten Kadhi. Fatma behauptete aber, er habe sie nachher wieder geschlagen; indessen wurde Maruf doch wieder entlassen. Aber auch diese Diener mußte er bezahlen, so daß ihm von dem Geld, das er für seine Gerätschaften gelöst hatte, nur noch einige Pfennige übrigblieben. Er ging dann wieder in seine Butike und saß ganz von Sinnen wie ein Betrunkener da, als einer seiner Bekannten ihm zurief: »Flüchte dich, so schnell du kannst, denn deine Frau hat bei der hohen Pforte eine Klage gegen dich erhoben.« Maruf schloß schnell die Butike, kaufte für sein übriges Geld etwas Brot und Käse, lief vor das Siegestor und flüchtete sich in ein verfallenes Gebäude, das ihm auch gegen den wie aus Schläuchen herabstürzendem Regen einigen Schutz gewährte. Hier weinte er bitter und rief: »Wo finde ich Ruhe vor meiner verruchten Frau! O Gott, sende mir doch jemanden, der mich in ein fernes Land bringt, wohin sie keinen Weg findet!« Bei diesen Worten spaltete sich die Mauer und ein sehr langer Genius trat heraus, von schauderhaftem Aussehen, und sagte ihm: »Was störst du mich in meiner Ruhe? Ich wohne nun schon zweihundert Jahre hier und bin von keinem Menschen beunruhigt worden; doch sage mir, was du begehrst, denn du flößest mir Mitleid ein.« Maruf erzählte ihm, wie er von seiner Frau stets gepeinigt werde und daß er nichts sehnlicher wünsche, als irgendwo hingebracht zu werden, wo sie ihn nicht verfolgen könne. Der Genius nahm ihn auf seinen Rücken und flog mit ihm die ganze Nacht durch. Beim Anbruch der Morgenröte setzte er ihn auf dem Gipfel eines Berges ab und sagte ihm: »Am Fuß dieses Berges findest du eine Stadt; gehe hinein, du bist darin sicher vor den Verfolgungen deiner Frau.« Maruf blieb, über seine Lage mit Erstaunen nachdenkend, auf dem Berg liegen, bis die Sonne aufging; dann stieg er den Berg hinab, um in die Stadt zu gehen. Er fand sie außerordentlich schön, von hohen Mauern umgeben und mit zahlreichen Palästen geschmückt, so daß ihr Anblick jedes Herz erfreuen mußte. Er erregte aber so großes Aufsehen in der Stadt, daß viele Leute sich um ihn versammelten, um seine Kleidung, welche von der ihrigen ganz verschieden war, zu bewundern. »Ihr seid hier fremd«, sagte ihm einer von den Bewohnern der Stadt; »woher seid ihr?« – »Ich bin aus Kahirah.« – »Und wann habt ihr eure Hauptstadt verlassen?« – »Gestern abend.« – »Ich glaube, ihr seid verrückt: Wie, ihr wollt gestern abend noch in Kahirah gewesen sein, während man von Kahirah hierher ein ganzes Jahr zu reisen hat?« – »Ihr seid verrückt, nicht ich, ich sage die Wahrheit; hier könnt ihr noch Brot sehen, das ich gestern in Kahirah gekauft.« Er zeigte ihnen hierauf das Brot, das er in der Tasche hatte; alle Leute drängten sich heran, um es zu sehen, denn es glich dem ihrigen gar nicht. Viele glaubten nun, was Maruf von seiner Reise erzählte; andere indessen hielten ihn für einen Lügner und verspotteten ihn. Während nun die Leute so miteinander über Maruf stritten, kam ein Kaufmann, von zwei Sklaven begleitet, auf einem Maulesel herbeigeritten, trieb die Leute auseinander und machte ihnen Vorwürfe, daß sie einen fremden Menschen so zum Gegenstand ihres Spottes machten. Er nahm dann Maruf mit nach Hause und ließ ihm sogleich schöne Kleider reichen, in denen er wie der Oberste der Kaufleute aussah; dann ließ er ihm die köstlichsten Speisen und Getränke vorstellen. Erst als sie gegessen und getrunken hatten, fragte der Kaufmann seinen Gast nach Namen, Stand und Heimat. Als Maruf über alles Auskunft gegeben hatte, fragte der Kaufmann: »Aus welchem Quartier Kahirahs seid ihr?« —»Seid ihr denn in Kahirah bekannt?« – »Ich bin daselbst geboren!« – »Nun, ich bin aus dem roten Quartier.« – »Kennt ihr den Drogisten Ahmed?« – »Allerdings, er ist mein Nachbar; sein Haus steht dicht neben dein meinigen.« – »Befindet er sich wohl?« – »O ja, es geht ihm recht gut.« – »Wie viele Kinder hat er und was ist aus ihnen geworden?« – »Er hat drei Söhne: Der eine heißt Mustafa, der andere Mohammed und der dritte Ali. Mustafa ist Professor geworden, Mohammed Drogist, und Ali, der als Knabe mit mir in den Kirchen herumlief, um die Bücher der Christen zu stehlen und zu verkaufen, ist vor zwanzig Jahren aus Kahirah entflohen, weil er einmal von den Christen ertappt wurde und sein Vater ihn deshalb gar zu arg prügelte. Seither hat kein Mensch mehr etwas von ihm gehört.«

 

Der Kaufmann erwiderte: »Nun, Maruf, ich bin dein Jugendfreund Ali, Sohn des Drogisten Ahmed: Sei mir willkommen und erzähle mir, wie du so hierhergekommen bist.« Maruf erzählte ihm hierauf die ganze Geschichte seiner Frau bis zu seiner Flucht vor das Siegestor; dann, wie ein Genius seinen Wunsch, an einen Ort gebracht zu werden, wo Fatma ihn nicht finden könne, erfüllte und ihn auf dem Gipfel des Berges vor der Stadt absetzte, Dann bat er Ali, ihm nun auch zu sagen, wie er hierhergekommen, wie diese Stadt heiße und wie er zu so großen Reichtümern gelangte. »Meine Reise hierher«, antwortete Ali, »ging nicht so schnell, ich trieb mich seit meinem siebten Jahr in der Welt umher, bis ich hierher kam. Hier beschloß ich, mich anzusiedeln, weil ich bald sah, daß die Bewohner dieser Stadt, welche Ichtian Alchuta heißt, sehr gute rechtschaffene und mildtätige Leute sind; auch bemerkte ich, daß man hier gar nichts von einer Lüge weiß. Ich gab mich daher für einen fremden Kaufmann aus und bat einen der hiesigen Kaufleute, mir tausend Dinare zu leihen, bis meine Waren ankommen würde. Für dieses Geld kaufte ich Waren, mietete mir einen Laden und fing an zu handeln, bis ich reich wurde. Benutze auch du nun den Umstand, daß dich hier niemand kennt, und gib dich nicht für einen vor seiner Frau geflüchteten Schuhflicker aus; sage auch nicht, daß du in einer Nacht von einem Genius hierhergetragen wurdest, denn man würde dich nur verspotten, und diejenigen, welche es glauben, würden sich vor dir als einem verhexten Menschen fürchten und deine Nähe scheuen. Morgen will ich dir tausend Dinare geben und einen Maulesel mit einem meiner Diener leihen. Du reistest dann auf den Bazar, wo ich dich erwarten und mit vieler Auszeichnung aufnehmen will; ich werde dich nach allerlei Waren fragen, worauf du stets antwortest, du erwartest sie demnächst. Die Kaufleute werden mich dann fragen, wer du seist: Da will ich ihnen viel Gutes und Schönes von dir erzählen und dir ein geräumiges Magazin für deine Waren verschaffen; stelle dich nur recht reich: Wenn ein Bettler zu dir kommt, so gib ihm recht viel Almosen, damit man meinen Worten glaube. Ich werde dann dir zu Ehren eine große Mahlzeit geben, die angesehensten Kaufleute einladen und sie mit dir bekannt machen. Du kannst nach Belieben handeln, denn du findest überall Kredit und in kurzer Zeit kannst du ebenso reich sein, wie ich.« Am folgenden Morgen benahm sich Maruf so, wie Ali mit ihm verabredet hatte, und dieser nannte Maruf den ersten Kaufmann der Welt und sagte von ihm, er habe Handelshäuser in Ägypten, in Indien, in Arabien und China, und besitze so viele Waren, daß kein Feuer sie verzehren könne. »Neben ihm«, sagte Ali, »bin ich ein ganz untergeordneter Krämer!« Als die Kaufleute Ali so sprechen hörten, faßten sie eine hohe Meinung von Maruf und boten ihm alle ihre Waren an: Auch warteten sie ihm einer nach dem anderen mit allerlei Kuchen und Sorbetten auf.

Während Maruf sich mit dem Obersten der Kaufleute unterhielt, kam ein Bettler vor Alis Laden und bat um ein Almosen. Die Kaufleute gaben ihm einige Pfennige, Maruf aber griff in die Tasche und reichte ihm eine ganze Hand voll Dinare hin, was den Kaufleuten noch eine höhere Meinung von seinen Reichtümern beibrachte. Bald kamen aber so viel Bettler, daß Maruf, der einem jeden eine Handvoll Geld schenkte, nichts mehr von den tausend Dinaren übrigblieb. Da schlug er die Hände zusammen und sagte: »Wie es scheint, gibt es hier viele Arme; hätte ich das gewußt, so hätte ich einen ganzen Sack voll Dinare mitgebracht; was soll ich nun tun, wenn ein Armer mich um etwas bittet, da ich kein Geld mehr bei mir habe?« – »Sage ihm: Gott stehe dir bei!« antwortete der Vorsteher der Kaufleute. »Das kann ich nicht«, versetzte Maruf; »willst du mir nicht für die Armen tausend Dinare leihen, bis meine Waren ankommen?« – »Recht gern!« antwortete der Vorsteher und schickte sogleich einen seiner Diener nach Hause, um das Geld zu holen, Maruf verteilte auch dieses Geld wieder unter die Armen, welche vor der Moschee, wo er sein Mittagsgebet verrichtete, sich um ihn drängten. Er ließ sich dann von einem anderen Kaufmann wieder tausend Dinare leihen, die er bei dem Nachmittagsgebet austeilte, dasselbe tat er beim Abend- und Nachtgebete, so daß er an diesem Tag fünftausend Dinare verschenkte. Ali sah ihm mit Bewunderung zu, durfte aber, ohne sich selbst zum Lügner zu machen, nichts sagen. Des Nachts war eine große Mahlzeit bei Ali, während welcher Maruf nicht aufhörte, von seinen vielen Waren und Edelsteinen zu reden. Am folgenden Tag wendete er sich wieder an andere Kaufleute und fuhr so fort, bis er sechzigtausend Dinare entlehnt hatte. Als aber noch immer keine Waren ankamen, verloren doch die Kaufleute ihr Vertrauen zu ihm und fragten Ali, warum denn Marufs Waren so lange ausblieben. Ali wußte ihnen nichts zu sagen als: »Habt Geduld, sie werden bald ankommen.« Als er aber allein mit Maruf war, machte er ihm Vorwürfe darüber, daß er so viele Schulden mache, die er nie zu zahlen imstande wäre, da er nichts besitze noch etwas durch Handel zu erwerben suche. »Was sind sechzigtausend Dinare?« erwiderte Maruf; »wenn meine Waren kommen, so lasse ich meinen Gläubigern die Wahl, ob sie Geld oder Waren wollen.« Ali nannte ihn einen Lügner und drohte ihm, ihn vor allen Leuten zuschanden zu machen; indessen konnte er, ohne sich selbst zum Lügner zu stempeln, nichts gegen ihn sagen, denn das Sprichwort lautet: Wer jemanden lobt, dann schmäht, der lügt zweimal. Als daher die Kaufleute wieder zu ihm kamen, sagte er ihnen: »Ich wage es nicht, Maruf etwas zu sagen, weil er mir selbst auch tausend Dinare schuldig ist, übrigens habe ich euch keineswegs geraten, ihm Geld zu leihen, wollt ihr also die Ankunft seiner Karawane nicht abwarten, so klagt ihn bei dem König an.« Die Kaufleute begaben sich hierauf in den Diwan und trugen dem König ihre Klage vor. Als aber der König hörte, daß Maruf alles entlehnte Geld wieder an Arme verschenkt habe, dachte er: Dieser Mann ist kein Gauner, er ist gewiß außerordentlich reich und erwartet die kostbarsten Waren, die es nur gibt, darum will ich mir ihn zum Freund machen, so daß seine Schätze mir und nicht diesen Kaufleuten, die schon reich genug sind, zufließen. Übrigens will ich einmal an einer Perle, die ich besitze, sehen, ob er dergleichen wertvolle Gegenstände zu schätzen weiß. Der König ließ also Maruf zu sich rufen. Dieser bestätigte die Aussage der Kaufleute und erklärte, er würde bei Ankunft der Karawane einen jeden nach Wunsch mit Geld oder Waren befriedigen. Der König zeigte ihm hierauf eine Perle, so groß wie eine Haselnuß, die er für tausend Dinare gekauft hatte, und fragte ihn, wieviel sie wert sei. Maruf nahm sie zwischen seine Finger, zerdrückte sie und sagte lachend: »Das ist keine Perle: Was nicht so groß als eine Nuß ist, verdient den Namen Perle nicht, doch ihr seid arme Leute, darum schlagt ihr auch so eine Perle hoch an, bei uns aber gibt es Perlen, welche siebzigtausend Dinare wert sind.« Des Königs Habsucht wurde dadurch noch mehr gereizt und er fragte Maruf, ob er solche Perlen erwarte und ob sie ihm feil sein werden?« – »Ich erwarte deren eine große Anzahl«, erwiderte Maruf, »und werde dir mit Vergnügen einige davon zum Geschenk machen.« Der König entließ dann die Kaufleute mit dem Befehl, die Ankunft der Karawane abzuwarten, und beauftragte den Vezier, Maruf die Prinzessin anzutragen; denn auf diese Weise, dachte er, gelange ich am sichersten zum Besitz aller seiner Kostbarkeiten. Der Vezier versuchte vergebens Maruf als Gauner darzustellen. Der König hörte ihn nicht an, weil er glaubte, er möchte lieber die Prinzessin seinem eigenen Sohn zur Frau geben. So mußte denn der Vezier zu Maruf gehen und ihm die Tochter des Königs als Gattin antragen. Maruf nahm die Heiratsvorschläge an, sagte jedoch, er wolle mit der Hochzeit bis zur Ankunft der Karawane warten, denn er brauche fünftausend Beutel zur Morgengabe, tausend Beutel für die Armen in der Hochzeitnacht, ebensoviel für die Frauen der Prinzessin, auch müsse er hundert Perlen für die Königin haben und ebensoviel für die Sklavinnen der Prinzessin, auch wolle er wenigstens tausend Arme kleiden, und das alles könne er erst nach Ankunft der Karawane. Als der Vezier mit dieser Antwort zum König zurückkehrte, bat er ihn nochmals, vorsichtig zu sein und dergleichen Windbeuteleien nicht zu glauben; der König wurde aber immer begieriger nach Marufs Reichtümern, drohte dem Vezier mit dem Tod, wenn er noch etwas gegen Maruf verlauten lasse, und befahl ihm, ihn zu holen. Der König sagte ihm dann: »Deine Gründe, die Hochzeit mit der Prinzessin zu verschieben, sind nicht triftig genug; hier hast du den Schlüssel zu meiner gefüllten Schatzkammer, nimm daraus so viel Geld, als du brauchst; wenn die Karawane anlangt, kannst du mir ja alles ersetzen.«