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Tausend Und Eine Nacht

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»Misram befahl dann, als wir aus dem Kloster traten, einigen Geistern, es zu zerstören und in einem Augenblick war es in einen Haufen Asche verwandelt. Dann reisten wir wieder zwanzig Tage lang, bis wir vor einen grasgrünen, sehr hohen Berg kamen. Dies ist der Vogelberg, sagte mir Misram; hinter diesem Berg liegt das Feuertal, und hinter dem Feuertal das Schloß Hindmars. Wir blieben zwei Tage am Fuß des Berges, weil er überall so steil war, daß wir ihn nicht erklimmen konnten. Erst am dritten Tag entdeckten wir einen treppenartigen Pfad, der uns auf den Berg führte. Auf dem Gipfel desselben stand ein Schloß, dessen Grund den Boden berührte, dessen Spitze aber bis zu den Wolken emporstieg, und auf der Terrasse des Schlosses stand ein kupferner Vogel von der Größe eines Adlers. Das Tor des Schlosses war offen und ein Mädchen stand davor, das Misram und mich freundlich bewillkommte und mich fragte, ob ich nicht Djaudar sei. Als ich ihre Frage bejahte, sagte sie: Sei mir nochmals willkommen, du, dem der Islamismus so viel zu verdanken haben wird, folge mir mit deinem Freund Misram. Sie führte uns dann auf die Terrasse neben den kupfernen Vogel zu einem steinalten blinden Mann. Sobald wir auf die Terrasse kamen, drehte sich der Vogel dreimal im Kreis herum und breitete seine Flügel aus. Da sprang der alte Mann vor Freude in die Höhe und das Mädchen jubelte laut auf. Ich bat sie, mir die Ursache ihrer Freude zu erklären, da hub sie an: Wisse, Djaudar, der Greis, den du hier vor dir siehst, ist mein Vater, meine Mutter ist längst tot, aber noch eine Schwester habe ich, sie heißt Badiah, welche schon in ihrem achten Jahr das schönste Mädchen auf Erden war. Wir lebten mehrere glückliche Jahre nach meiner Mutter Tod beisammen, als auf einmal ein Geist von der Größe eines Dattelbaumes zu uns hereintrat, Badiah auf den Arm nahm und mit ihr davonflog. Es sind jetzt zwölf Jahre schon, daß uns dieses Unglück getroffen, und schon hatten wir alle Hoffnung verloren, Badiah wiederzusehen, als mir gestern im Traum eine Stimme zurief: Sei frohen Herzens, Djirah, so heiße ich nämlich, du wirst bald deine Schwester wiedersehen; es werden morgen zwei Leute kommen, ein Mensch namens Djaudar und ein Geist mit Namen Misram, durch die deine Schwester befreit wird. Wenn du diese beiden siehst, so führe sie auf die Terrasse, und wenn der Vogel sich dreimal im Kreis herumdreht und seine Flügel ausbreitet, so diene es dir als Zeichen der Wahrheit meiner Worte. Darum, mein Herr Djaudar, so schloß Djirah, freute ich mich so bei der Bewegung dieses Vogels. Kaum hatte Djirah ihre Erzählung beendet, da flog ein weißer Vogel zu uns und schüttelte von seinen Flügeln einen Geist auf die Terrasse herab. Das ist Schilschanum, sagte Misram, der Sohn des Priesters Djaldjamuk, der uns mit den Schlingen bekannt machen will, die uns sein Vater in Hindmars Schloß gelegt habe. Er grüßte ihn dann freundlich und stellte mich ihm als den Besitzer des Zauberschwertes vor. Weißt du, Misram, sagte Schilschanum, warum ich dich hierher bestellt habe? Weil ich gar oft diesen alten Mann um seine verlorene Tochter Badiah jammern hörte, welche kein anderer als Hindmar geraubt hat, und ich daher ihm die Rückkehr derselben verkündigen wollte, sobald Djaudar die Welt von diesem Ungeheuer befreit haben wird. Wollt ihr aber in euerem Unternehmen gegen Hindmar nicht den Tod finden, so höret mir aufmerksam zu und vernachlässigt nichts von dem, was ich euch sage.

»Schilschanum – so fuhr Djaudar in seiner Erzählung fort – sprach weiter zu uns: Ihr müsset nun von hier aus drei Tage lang durch das Feuertal gehen; dann gelangt ihr an einen grünen Berg, der ebenso hoch ist, als dieser, und zu dessen Gipfel ein bequemer Fußpfad führt. Habt ihr die höchste Spitze dieses Berges erstiegen, so sehet ihr das Säulenschloß und den Rabensee vor euch liegen. Das Schloß ist ungeheuer groß und ruht auf vierundzwanzig Säulen; es ist ganz glatt, hat weder Fenster noch Türen, so daß man es in der Ferne für einen Felsenblock hält. Dem Schloß gegenüber liegt ein kleiner See, vor welchem eine dünne, hohe Säule steht mit einem goldenen Raben, der den Schweif gegen den Himmel und den Schnabel zur Erde streckt. Du, Djaudar, mußt die Erde aufgraben an der Stelle, nach welcher der Schnabel des Raben gerichtet ist, bis du einen Beutel findest, welcher einen Bogen und drei Pfeile enthält. Spanne den Bogen und ziele nach dem Schnabel des Raben; triffst du ihn, so wird er sich dreimal im Kreise herumdrehen und drei goldene Schlüssel aus dem Mund fallen lassen; fehlst du zum ersten Male, so wird sich ein furchtbares Getöse um dich erheben, Geister von verschiedenartigster Gestalt werden dich angrinsen; der eine wird rufen: Ergreifet ihn! der andere: Zerreißet ihn! Laß dich aber nicht abschrecken, sondern schleudere auch den zweiten Pfeil nach dem Raben. Triffst du ihn wieder nicht, so wird der drohende Lärm um dich zunehmen; greife aber ohne Furcht nach dem dritten Pfeil, denn zum dritten Male triffst du gewiß den Schnabel des Raben. Nimm dann die Schlüssel, die aus seinem Schnabel fallen, gehe damit an den rechten Flügel des Schlosses und rufe: Abd Assurur, Bewohner dieses Schlosses! Man wird antworten: Hier bin ich, mein Herr Djaudar; es ist alles geschehen. Du wirst dann ein großes Geräusch aus dem Inneren des Schlosses vernehmen, als wenn viele Leute über einander stürzten; dann wird es nach und nach still werden und eine vorher unsichtbare Tür sich öffnen, an welcher ein schwarzer Sklave dich bewillkommnen und um eines der Blätter bitten wird, die Misram als Urlaub von dir erhielt. Gib ihm eines; er wird sogleich seine Flügel ausbreiten und davonfliegen. In der Halle des Schlosses siehst du eine Tür zu deiner Linken, welche einer der drei goldenen Schlüssel öffnet; du kommst durch ein großes Zimmer in einen Gang mit vierzig marmornen Platten, zwanzig davon sind weiß und zwanzig schwarz; trittst du auf eine weiße Platte, so sinkst du unter und zerschmilzest wie heißes Blei, und hättest du auch fünfzig Zauberschwerter bei dir. Du mußt also, immer nur die schwarzen Platten berührend, durch diesen Gang gehen; da gelangst du vor eine Tür, welche du mit dem zweiten goldenen Schlüssel öffnen mußt; es werden aus einem großen Saal mehr als siebzig Genien wie Elefanten auf dich losstürzen; ziehe aber nur dein Zauberschwert aus der Scheide, da sinken sie sogleich in den Boden. Gehe darauf durch diesen Saal in einen anderen, dessen Tür der dritte goldene Schlüssel öffnet; da wirst du zwei kupferne Statuen sehen mit einem fränkischen Bogen in der Hand, zu dem sie Pfeile haben, welche den härtesten Felsen wie Mehl zermalmen. Sobald sie aber auf dich zielen, berühre ihren Bogen mit deinem Schwert, so wird er ihnen aus der Hand fallen. Hierauf kommst du in einen Saal, wo dir eine brennende Luft entgegenweht, welche den Speichel im Mund dir austrocknet, du wirst Lust haben, an dem Springbrunnen zu trinken, aus dem mitten in diesem Saal frisches Wasser hervorsprudelt; aber ein einziger Tropfen von diesem Wasser reicht hin, um dich zu töten. Darum bezähme deinen Durst und gehe weiter, bis du ins Freie kommst, da liegt ein kleiner See vor dir, aus dem sich ein Inselchen erhebt, wo ein goldenes Zelt mit roten seidenen Schnüren aufgeschlagen ist. Am Ufer des Sees steht eine Säule mit einer Statue, welche eine bleierne Kugel in der Hand hält; berühre diese Kugel mit deinem Schwert, so wird sogleich ein zierlicher Nachen, welcher an die Insel befestigt ist, sich losmachen und zu dir kommen. Steige hinein, er wird dich zur Insel bringen, wo Hindmar in seinem Zelt sitzt; er ist seit einigen Tagen schon vor Angst so niedergeschlagen, daß du ihn ohne Mühe mit deinem Schwert töten kannst. Wisse auch, lieber Djaudar, fuhr Schilschanum fort, fürchtete ich meinen Vater nicht, ich würde dich gern begleiten, bis du Heifa wiedergefunden und deinem Freund Mahmud die Töchter des Königs Numan verschafft hast; übrigens wird Misram dir beistehen, und auch Gottes Hilfe ist dir gewiß. Schilschanum nahm hierauf Abschied von uns, und Misram sagte mir: Mein Herr Djaudar, es ist jetzt Zeit, daß wir mit Gottes Segen weiterreisen. Wir verabschiedeten uns bei dem Alten und versprachen ihm, seine Tochter Badiah recht bald zurückzuschicken. Nach drei Tagen waren wir vor dem grünen Berg, den uns Schilschanum bezeichnet hatte, und auf dessen Gipfel angelangt, sahen wir das Säulenschloß und den Rabensee vor uns liegen. Hier wiederholte mir Misram, was Schilschanum mir zu tun befohlen, und da ich nichts vernachlässigte, traf auch alles so ein, wie Schilschanum uns vorhergesagt, bis ich in das Zelt auf der Insel kam; da saß Hindmar auf einem goldenen Thron, der mit den schönsten Hyazinth-, Saphir- und Smaragd-Steinen verziert war; vor ihm stand ein Tisch, mit Weinkrügen und kristallenen Gefäßen besetzt. Er war halb betrunken, hatte ein Gesicht wie ein Stier, und einen Kopf mit vier Hörnern; einen Hals hatte er wie ein Esel, sein Körper war haarig, wie der eines Affen, nur seine Hände und Füße glichen denen eines Menschen. Sobald er mich sah, starrte er mein Schwert an, schlug seine Zähne zusammen und stieß einen Schrei aus, daß das ganze Schloß bebte. Ich ging auf ihn zu und berührte kaum seinen Hals mit dem Schwert, da flog sein Kopf vom Rumpf, ein Rauch stieg in die Höhe und der so gefürchtete Hindmar war nur noch ein Häufchen Asche; sein Geist aber fuhr in die Hölle. (Wehe einem solchen Aufenthaltsort!) Als Misram dies sah, umarmte er mich, küßte mich zwischen die Augen und sagte: Nun haben Menschen und Genien ihre Ruhe wieder. Geh du jetzt ins Schloß; du kannst trockenen Fußes dahin gelangen, denn der See, über den du hierher gefahren, ist ausgetrocknet; ich bleibe inzwischen hier im Zelt. Das erste Zimmer, das ich öffnete, war ganz leer, nur eine kupferne versiegelte Flasche stand in einer Ecke auf dem Boden.

»Sobald ich aber hineinkam, hörte ich eine Stimme, welche mir zurief: O du, der du die Katze von ihren Fesseln befreit, sei mir willkommen! – Wer bist du? rief ich erstaunt, der du so mit mir sprichst, ohne dich zu zeigen? – Bist du nicht der Fischer Djaudar aus Kahirah? versetzte jene Stimme, und hast du die Katze vergessen, die dir in der Adlersschlucht das Zauberschwert und das heilige Buch gebracht? Nur um deinetwillen schmachte ich nun schon fünf Monate in dieser kupfernen Flasche; wenn du Hindmar getötet hast, so befreie mich schnell! Ich riß das Siegel von der Flasche, da stieg ein dichter Rauch gen Himmel, der sich bald sammelte, und siehe da! Schah Bair stand vor mir, wie ich ihn in der Adlersschlucht gesehen, und dankte mir für seine Befreiung. Ich bat ihn dann, mir zu erzählen, wieso er in dieses Schloß gesperrt worden. Da hob er an: Wisse, Djaudar, ich bin der Sohn Abu Tawaifs, welcher auch Iblis genannt wird, und habe einen Bruder, der Schamhurisch heißt und in der Nähe von Tunis sich aufhielt. Eines Tages, als letzterer allein in seiner Wohnung war, wurde er von zwei großen Genien ergriffen und gefesselt vor den alten Abul Adjaib geführt. Mein Bruder fragte ihn erstaunt, wodurch er eine so gewalttätige Behandlung verdient habe. Aber Abul Adjaib antwortete bloß, er wolle seinen Vater Iblis zu sich berufen, ihm wolle er sagen, was er mit dieser Entführung bezwecke. Schamhurisch sandte einen Boten an unseren Vater, und als er zu Abul Adjaib kam und ihn fragte, was er von ihm begehre, antwortete jener: Wisse, ich habe seit vielen Jahren an einem heiligen Buch gearbeitet, bis es mir gelang, ihm tausend Geister zu unterwerfen; dieses Buch schenkte ich meinem frommen Schüler Mahmud, aber er wurde von seinen Brüdern verraten, und das Buch liegt jetzt in der Adlerschlucht in dem Schloß Sintbests neben dessen Schwert, welchem fünfhundert Geister gehorchen. Beide sind der Obhut deines Sohnes Schah Bair anvertraut, welcher in der Gestalt einer schwarzen Katze auf einer Säule Wache hält. Liegt dir daher das Leben und die Freiheit deines Sohnes Schamhurisch am Herzen, so bewege deinen Sohn Schah Bair, meinem Schüler Mahmud, der mit Djaudar in die Adlerschlucht kommen wird, Schwert und Buch auszuliefern. Mein Vater eilte zu mir, und sobald ich den Zweck seiner Reise erfuhr, faßte ich den Entschluß, um meinen Bruder zu befreien, dem Wunsch Abul Adjaibs zu willfahren. Als ich dir Schwert und Buch übergeben hatte, flog ich zu Abul Adjaib und benachrichtigte ihn davon. Darauf gab er meinen Bruder frei, und ich reiste mit ihm zu unserem Vater. Wenige Tage nach meiner Flucht verlangte aber Sintbest nach Heifa, und als er hörte, sie sei von zwei Männern befreit worden, denen ich Schwert und Buch übergeben, fing er an zu toben und zu lärmen, zu schäumen und zu fluchen, und Sonne und Mond und alle seine Gatter zu lästern; dann versammelte er alle seine Scharen, Menschen und Genien, und zog mit ihnen gegen uns aus, Wir konnten ihm nicht lange widerstehen, denn unser Häuflein Truppen war bald aufgerieben; doch gelang es meinem Vater und meinem Bruder, durch die Flucht zu entkommen; ich aber wurde gefangen und mit Ketten beladen vor Sintbest geführt, Schon hatte er den Befehl zu meiner Hinrichtung erteilt, als meine Freunde, unter denen auch Hindmar war, ihn um Gnade für mich baten. Aber Sintbest wollte mich nicht begnadigen und befahl Hindmar, mich in eine kupferne Flasche zu sperren und ins Meer zu werfen. Hindmar beschwor aber Sintbest so lange, mich beim Leben zu lassen, daß er ihm endlich erlaubte, mich in der Flasche mit in sein Säulenschloß zu nehmen; er mußte jedoch vorher schwören, daß er mich nie befreien würde.

 

Fünf Monate bring ich nun schon in dieser Flasche zu, verzweifelte aber nicht, weil ich wohl wußte, daß du einst mit dem Zauberschwert Hindmar töten und mich befreien würdest. Nun weißt du alles, mein Herr Djaudar; jetzt bitte ich dich, mich zu entlassen, daß ich zu den Meinigen zurückkehre und ihnen von dem Gelingen des Unternehmens Nachricht bringe. – Reise mit Gottes Segen! rief ich ihm zu, und er breitete seine Flügel aus und flog davon. Als Schah Bair fort war, verließ ich dieses leere Zimmer und kam durch einen langen Gang in eine Küche, da standen vier Kessel über dem Feuer; in dem einen waren Granatäpfelbeeren, welche im Fett schwammen, im anderen Pilaw, im dritten Kulkas und im vierten Fleisch. Da ich sehr hungrig war, langte ich mit einem goldenen Löffel, der neben jedem Kessel lag, nach dem Fleisch; aber siehe da, es kam eine Menschenhand heraus. Ich warf sie mit Abscheu wieder in den Kessel und dankte Gott, daß ich auch von den übrigen Speisen nichts gegessen, weiche wahrscheinlich mit Menschenfett geschmälzt waren. Von der Küche aus kam ich wieder in einen Gang und hörte, wie jemand in einem Zimmer zu meiner Rechten rief. O mein Gott, welch schwere Versuchung! Allein in einem fremden Land auf eine so schauerliche Weise zu sterben! Ich rief nach der Richtung, wo die Stimme herkam: Wer bist du, der du so klagst, und wie kann ich zu dir gelangen? – Tritt nur auf den goldenen Skorpion, antwortete die Stimme, welcher zu deiner Rechten auf der Platte liegt! Als ich dies tat, öffnete sich eine Tür, und ich sah einen schönen jungen Mann an den Füßen aufgehängt. Wer hat dich so gehängt? fragte ich, ihn schnell losbindend, Hindmars Sklaven, antwortete er. Ich hänge schon acht Tage hier, und morgen Abend soll ich geschlachtet und von Hindmar verzehrt werden. – Sei ohne Furcht, Hindmar ist tot, sagte ich ihm; erzähle mir nun, wie du hierhergekommen und wer du bist. – Mein Name ist Tadj Almuluk, hob der Jüngling an, und seit drei Monaten bin ich König von Tauris. Ich war von meiner Jugend an ein großer Jagdliebhaber, und sehr schwer fiel es mir, nach meines Vaters Tod einige Zeit dem Vergnügen der Jagd entsagen müssen. Sobald daher die ersten Trauermonate vorüber waren, veranstaltete ich eine große Jagdpartie; wir trieben aber lange umher, ohne etwas jagen zu können. Endlich zogen wir im Kreis in ein schönes grünes Tal, und als der Kreis enger wurde, befanden sich drei Gazellen darin, so lieblich, wie ich noch keine im Leben gesehen. Der Kreis zog sich immer näher zusammen, aber die Gazellen hüpften darüber weg, ehe jemand nach ihnen zielen konnte. Dies schmerzte mich so sehr, daß ich meinen Leuten befahl, zurückzubleiben, und ganz allein diese Gazellen verfolgte. Zwei derselben hatten aber schon einen zu großen Vorsprung, und ich verlor sie bald aus dem Auge. Die dritte hingegen hüpfte immer vor mir her, bis ich endlich kurz vor Sonnenuntergang ihr so nahe war, daß ich mit meinem Bogen nach ihr zielen konnte. Mein Pfeil traf ihr Herz und sie sank hin; aber wie groß war mein Erstaunen, als ich statt einer schönen Gazelle nichts als einen Haufen Asche fand. Nun bereute ich es, mich von meinen Leuten so weit entfernt zu haben, denn die Nacht brach heran und ich wußte nicht, wohin mich wenden. Ich irrte eine Weile umher, da stieß ich auf ein Beduinenlager von ungefähr hundert Zelten am Fuße eines Berges. Ich trat in das erste Zelt und sah darin einen Jüngling wie der Mond in der vierzehnten Nacht; er hatte einen alten Kaftan an, den er eben ausbesserte, und rezitierte dabei folgende Verse:

»Wer wenig Güter hat, den verachtet die Zeit; nur wer viel Geld hat, wird geehrt. Hätte ein Hund viel Geld, so würde man aus Ehrfurcht ihn Hund des Glaubens nennen.«

Ich sah mich im Zelt um und fand nichts als einen weißen Hahn darin. Sobald der Jüngling mich erblickte, sagte er: Friede sei mit dir! – Mit dir sei Gottes Friede, Segen und Barmherzigkeit! antwortete ich ihm. Du scheinst verirrt zu sein, sagte er; ich freue mich, daß Gott deine Schritte hierher gelenkt; sei mir willkommen als mein Gast. Er nahm mir dann mein Pferd ab und band es an einen Pfosten des Zeltes; dann trug er den Hahn in ein nachbarliches Zelt und nach einer Weile kehrte er wieder mit einem Weinkrug, einem Laib Brot, einer Schüssel voll Oliven, einigen syrischen Aprikosen und einem Säckchen voll Gerste. Letzteres legte er dem Pferd vor und das übrige stellte er neben mich und sagte: Im Namen Gottes! Wir aßen und tranken miteinander, bis wir satt waren. Als ihm aber der Wein in den Kopf stieg, rezitierte er folgenden Vers:

»Beruhige dich, du bleibst nicht lange in der Fremde, morgen löse ich dich mit meinem Leben aus. Nur um eine heilige Pflicht zu erfüllen, trennte ich mich von dir; Gott wird dich mir wieder schenken!«

Ich fragte ihn, was diese Verse bedeuten. Da sagte er: Ich bin der tapferste und der ärmste Mann in der ganzen Wüste; doch lasse ich keinen Fremden an meinem Zelt vorübergehen, ohne ihn zu bitten, bei mir einzukehren. Heute, als du mich mit deinem Besuch beehrtest, hatte ich gar nichts mehr, als einen weißen Hahn, den ich in meinem Zelt erzogen; ich mußte ihn daher verpfänden, um dich zu bewirten. Nun hörte ich ihn aber fortwährend schreien, dann rezitierte ich diese Verse. – Ich bewunderte die Freigebigkeit dieses Mannes und nahm mir vor, ihn reichlich zu belohnen, verschwieg ihm aber doch den ganzen Abend meinen Stand und unterhielt mich mit ihm über Jagd und Beduinenleben, bis der Schlaf unsere Augen schloß. Am folgenden Morgen rückten die Truppen, welche mich auf die Jagd begleitet hatten, heran; mein Wirt wollte seine Leute zusammenziehen, um nicht von irgend einem Feind überfallen zu werden. Da sagte ich ihm: Bleibe nur ruhig in deinem Zelt, diese Truppen gehorchen mir; ich bin der König von Tauris und freue mich, sogleich deinen Hahn auslösen und dich für die gute Aufnahme, die ich bei dir gefunden, belohnen zu können. Ich sagte dann, auf die Beduinen hindeutend, meinen Leuten, welche sich inzwischen uns genähert hatten und vor Freude, mich wiedergefunden zu haben, ganz außer sich waren: Diesem Manne habe ich es zu verdanken, daß mir in der Nacht nichts Unangenehmes zugestoßen ist; wer mich liebt, der gebe ihm einen Beweis seiner Erkenntlichkeit. Kaum hatte ich dies gesagt, da warf ihm ein jeder, was er an Geld oder Kleidungsstücken entbehren konnte, zu; ich selbst aber befahl meinem Schatzmeister, ihm zehntausend Dinare auszubezahlen und schenkte ihm dazu noch zwanzig vorzügliche Pferde und hundert Mamelucken. Dann ließ ich alle Beduinen, welche im Lager waren, zusammenkommen und sagte ihnen: Wisset, ich bin der König von Tauris, und der Mann, bei dem ich die Nacht zugebracht, ist mir teurer als ein Bruder geworden; ich wollte ihn mit mir nehmen und ihm ein hohes Amt verleihen, aber er kann sich nicht entschließen euch zu verlassen. Darum ist es eure Schuldigkeit, ihn als eueren Oberen anzuerkennen; ich fordere es hiermit von euch, und solltet ihr je ihm ungehorsam werden, so lasse ich keine eurer Wohnungen unverwüstet, und niemand soll darin bleiben, der imstande wäre, ein Feuer anzublasen. Alle Beduinen riefen einstimmig: Wir gehorchen Gott und dir! Ich sagte dann meinem Wirt noch besonders: Bedarfst du je meiner, so sende mir nur einen Boten, der sich als Abgesandter des Herrn vom weißen Hahn bei mir melden lasse, und fordertest du die Hälfte meines Königreiches, so soll sie dir gewährt werden. Ich nahm hierauf Abschied von den Beduinen und kehrte mit meinen Leuten in meine Hauptstadt zurück. Als wir aber das Tor erreichten, vernahmen wir ein so furchtbares Getöse, daß wir glaubten, die ganze Stadt müsse zusammenstürzen, und als ich fragte, was das bedeute, flog ein riesenhafter Geist auf mich zu und sagte: Nun will ich den Tod meines teuren Sohnes rächen! Er hob mich hierauf aus meinem Sattel und schwang sich mit mir in die Luft. Ich weiß nicht, wie lange er mit mir umherflog, denn ich verlor bald das Bewußtsein. Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich auf einer Insel, welche von verschiedenartigen Genien bewohnt war: Die einen waren lang, die anderen kurz, bei den einen sah man vor vielen Haaren kein Gesicht, bei anderen nichts als Knochen ohne Fleisch; auch befanden sich Köpfe ohne Rumpf und Rümpfe ohne Kopf unter ihnen; sie schienen aber alle sehr niedergeschlagen, und viele weinten und jammerten ganz laut und schlugen sich dazu ins Gesicht. Nach langem Schweigen sagte der Genius, der mich auf diese Insel gebracht, mit einer Stimme, welche dem Donner glich: Hier ist der Mörder meines Sohnes, was beginnen wir mit ihm? Da riefen einige Genien in Elefantengestalt: Gib ihn her, daß wir sein Fleisch essen und sein Blut trinken. Aber ein Genius, der mehr einem Menschen glich, sagte: Es steht keinem von uns zu, diesen Mann zu richten; er muß vor unseren König geführt werden. Ich brachte die Nacht, von zwei furchtbaren Genien bewacht, in einem Gefängnis zu und wurde am folgenden Tag in ein großes Zelt gebracht, in welchem der König, von seinen Vezieren umgeben, saß. Der König schien schon von allem unterrichtet, denn sobald er mich sah, sagte er: Du Mensch, hast den Sohn dieses Genius umgebracht, und deutete dabei auf den Geist, der mich auf die Insel getragen. Verzeihe, mächtiger König! rief ich; ich habe den Sohn dieses Genius nie gesehen; ich weiß nicht, ob er groß oder klein, weiß oder schwarz ist. Erzähle mir, sagte der König zu meinem Ankläger, auf welche Weise dieser Mensch deinen Sohn getötet hat. – Mein Sohn, versetzte der Genius, lief in Gazellengestalt umher; da verfolgte ihn dieser Mensch den ganzen Tag und tötete ihn mit einem Pfeil. Hier ist der Pfeil, setzt er hinzu, indem er einen Pfeil dem König hinreichte, den ich meinem armen Sohn aus dem Leib gezogen. Der König betrachtete den Pfeil eine Weile; dann überreichte er ihn einem seiner Veziere. Dieser drehte ihn nach allen Seiten um und sagte: Dieser Pfeil ist von einem Djinn vergiftet, sonst hätte er nicht die Kraft gehabt, einen Geist in Gazellengestalt in Asche zu verwandeln. Der Mensch ist daher unschuldig: Das Leben dieses Geistes war zu Ende; dieser Mensch war nur ein willenloses Werkzeug der Bestimmung.

 

Als der König dies hörte, befahl er dem Vater des Getöteten, mich wieder in meine Heimat zurückzutragen. Aber statt nach Tauris trug er mich hierher zum König Hindmar und klagte mich nochmals bei ihm an. Hindmar freute sich mit ihm und sagte: Der soll seine Schuld büßen! Ich habe noch acht Menschen, die ich zuerst verzehren will; bis zum neunten Tag soll er gemästet werden, dann kommt die Reihe an ihn. Ich wurde hierauf an den Füßen gehängt, und in diesem Zustand befinde ich mich schon acht Tage. Morgen hätte ich das Los so vieler anderer Unglücklicher geteilt, wärest du nicht, mein Herr Djaudar, zu meiner Befreiung gekommen. Nun weißt du alles, was ich zu erzählen habe. Gelobt sei Gott, der dich noch zur rechten Stunde hierhergesandt. Als der Jüngling so gesprochen hatte, rief ich Misram und befahl ihm, ihn in seine Heimat zurückzutragen. Ich ging dann durch einige Zimmer in einen großen Saal, welcher rings umher von kleinen niedlichen Kabinetten umgeben war: Ich befand mich im Harem des Königs Hindmar. Mitten in diesem Saal stand ein goldener Thron, mit Perlen und Edelsteinen besetzt, und es saß eine Dame darauf, wie die aufgehende Sonne, so blendend schön; ich dachte, sie müsse aus dem Paradies entschlüpft sein in einem Augenblick, wo der es bewachende Engel Ridhwan nachlässig in seinem Amt war. Als diese Dame mich sah, bedeckte sie schnell ihr Gesicht und rief mir zu: Wie wagst du es, in den Harem des mächtigen Königs Hindmar zu dringen? – Hindmar ist tot, antwortete ich ihr; ich bin jetzt Herr dieses Schlosses mit allem, was darin ist. – So bist du der Fischer Djaudar aus Kahirah! versetzte sie und rief sogleich ihre Freundinnen aus ihren Kabinetten herbei. Habe ich euch nicht oft vorausgesagt, fuhr sie dann fort, daß unsere Sklaverei nicht ewig dauert? Nun ist meine Prophezeiung in Erfüllung gegangen: Der Mann, den ihr hier vor euch sehet, hat unseren Räuber mit dem Zauberschwert getötet und wird uns alle unserer Familie und Heimat wieder schenken. Wisse nämlich, mein Herr Djaudar, sagte sie dann, zu mir gewendet, sowohl ich, als alle Mädchen, die du hier siehst, und noch viele andere, welche noch in ihren Zimmern sind, hat Hindmar mit Gewalt entführt. Meine Entführung wurde meinem Vater von einem sehr berühmten Wahrsager schon mehrere Jahre vorher prophezeit; aber auch meine Befreiung durch einen Fischer aus Kahirah, welcher Djaudar heißt und Sintbests Schwert besitzt, wurde vorausgesagt. Ich betrachtete dann die Mädchen, welche alle sehr schön waren, und fragte, welche von ihnen Badiah heiße und vor zwölf Jahren ihrem Vater und ihrer Schwester entrissen wurde. Da trat eine unter ihnen hervor, mit einem Blick, der den einer Gazelle beschämte, und sagte: Ich bin die, nach welcher du dich erkundigst. Ich rief Misram und befahl ihm, sie in ihr väterliches Haus zurückzubringen. Als Misram mit ihr davonflog, bat ich die Dame, welche auf dem Thron saß und Sakirsad hieß, alle Mädchen, welche im Schloß sich befänden, zu versammeln. Da schickte sie einige Sklavinnen umher, welche die Mädchen zu ihr riefen; der Saal füllte sich immer mehr, und Sakirsad zählte immerfort, bis es ihrer achtundneunzig waren. Da sagte sie mir: Jetzt fehlt nur noch eine, welche so hart gefesselt ist, daß wir sie erst befreien müssen; doch lasse zuerst diese achtundneunzig wieder in ihre Heimat bringen. Ich rief Misram, welcher von seiner Reise mit Badiah schon wieder zurück war, und bestellte bei ihm achtundneunzig Geister. In einem Augenblick stiegen sie aus der Erde hervor, und jeder von ihnen nahm ein Mädchen auf die Schultern und schwang sich mit ihm in die Luft.

»Sakirsad führte mich dann in das Gemach, wo das gefesselte Mädchen lag, und siehe da, es war Heifa, meine Geliebte, welche ich schon einmal aus der Adlerschlucht befreit hatte. Vor Freude über ein so unverhofftes Wiedersehen fiel ich in Ohnmacht. Als mir das Bewußtsein wiederkehrte, stand Heifa schon entfesselt vor mir, ich umarmte und küßte sie, und bat sie, mir zu erzählen, wieso sie in dieses Schloß gekommen. Wisse, Djaudar, erwiderte sie, nicht lange nachdem Sandja mich nach Haus gebracht und ich an der Stelle meines Vaters den Thron bestiegen hatte, kam auf einmal eine Armee gegen meine Hauptstadt herangezogen, so zahlreich, daß meine Truppen ihr nicht zu widerstehen vermochten. Ich schickte ihnen meinen Vezier entgegen, um zu vernehmen, wer sie seien und in welcher Absicht sie gekommen. Da kehrte er bestürzt zurück und sagte: Es sind Truppen Sintbests, von ihm selbst angeführt. Als Ich dies hörte, fing ich an zu zittern, wurde blaß und fiel in Ohnmacht. Da stürzte ein furchtbarer Geist herein, vor dem alle meine Wachen erbebten, und trug mich vor Sintbest, bei dem auch Hindmar zugegen war. Sintbest wollte mich ins Meer werfen lassen, aber Hindmar sagte ihm: Gib sie lieber mir, ich will sie in meinem Schloß so lange peinigen, bis sie vor Gram stirbt. Sintbest willigte ein, und so schmachte ich seither in diesem Gemach in schweren Fesseln; aber nichts drückte mich so schwer, als die Trennung von dir, mein Geliebter, denn seitdem ich dich in der Adlerschlucht gesehen, ist mein Herz nur mit dir beschäftigt. – Auch ich, versetzte ich, habe keinen anderen Zweck bei allen meinen Unternehmungen, als dich zu erlangen; nun hat uns Gott vereinigt, wir wären am Ziel unserer Wünsche, wenn ich nicht Mahmud geschworen hätte, nicht eher mich dem Genuß meines Glückes hinzugeben, bis ich ihm die Töchter des Königs Numan zugeführt, die er ebenso leidenschaftlich liebt, als ich dich. Da sagte sie: Laß uns wenigstens einige Tage hier beisammen bleiben, dann erfülle du deine Pflicht gegen Mahmud, und ich erwarte dich hier mit Sakirsad, bis du wiederkehrst. Ich rief Misram und fragte ihn, was ich tun sollte? Bleibe drei Tage hier in diesem Schloß, wo du Überfluß an allen Annehmlichkeiten des Lebens findest und niemanden zu fürchten hast, und erlaube mir inzwischen, meine Söhne zu besuchen, die ich schon so lange nicht wiedergesehen. Ich überreichte Misram ein Urlaubsblatt, und brachte drei Tage bei Heifa und Sakirsad so angenehm zu, daß mir dieses Mal Misrams Wiederkehr am vierten Morgen höchst unerwünscht war. Doch ich dachte an das, was ich Mahmud verdankte, und nahm Abschied von den beiden Mädchen. Misram führte mich zehn Tage lang durch ein wüstes Land, bis wir in eine Seestadt kamen. Hier schifften wir uns ein, und sobald wir uns eingeschifft hatten, erhob sich ein so günstiger Wind, daß der Hauptmann uns umarmte und sagte: Wir warten schon zehn Tage hier im Hafen vergebens auf günstigen Wind, es scheint, daß ihr uns eine glückliche Reise bringt. Er ließ schnell die Anker lichten und die Segel spannen, und das Schiff flog davon wie ein Pfeil oder Blitz; aber der Wind wurde bald so heftig, daß der Steuermann das Schiff nicht mehr zu lenken vermochte, und da er nicht immer von derselben Seite herwehte, wußte der Hauptmann nach einigen Tagen nicht mehr, wo er sich befand. Da hieß er einen Matrosen auf den Mastbaum klettern, um zu sehen, ob das Schiff sich nicht in der Nähe eines bekannten Landes befinde. Der Matrose stieg bis auf die höchste Spitze des großen Mastbaumes, und als er wieder auf das Verdeck kam, sagte er: Ich habe einen roten und einen schwarzen Berg gesehen, die einander gegenüber liegen.