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Tausend Und Eine Nacht

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»O Mensch, der du deinen Lebensunterhalt in der Ferne suchst, laß ab von deinen Anstrengungen, denn du erhältst doch nur, was dir bestimmt ist. Die Glücksgüter wenden sich häufig dem zu, der sie gar nicht sucht, während sie den fliehen, der ihnen nachjagt.«

Darum, fuhr meine Mutter fort, darf der Mensch nie den Mut verlieren; Gott vergißt niemanden. Meine Mutter nahm mir dann den Fisch ab, reinigte ihn und ließ ihn braten, wir verzehrten ihn mit vielem Appetit und dankten Gott dafür. Am folgenden Morgen nahm ich wieder mein Netz auf die Schultern und wollte damit nach Bulak gehen, aber meine Mutter sagte mir: Geh lieber wieder an den See Karun, und solltest du auch nur einen Fisch dort fangen, das genügt uns ja, bis uns Gott auf sonst eine Weise hilft, oder uns den Tod sendet. Ich gehorchte meiner Mutter und ging nach dem See Karun und warf daselbst mein Netz aus. Als ich es heraufzog, war es wieder mit Steinen, Knochen und Scherben angefüllt; da dachte ich, welch ein schlimmes Geschick verfolgt mich, ich glaube, daß, wenn ich vom Wasser des Meeres trinken wollte, es sich in Feuer verwandeln, daß, wenn ich am Lauf der Sonne mich freute, sie auf einmal stille stehen, und daß, wenn ich stromabwärts segelte, das Wasser plötzlich seiner Quelle entgegenströmen würde. Ich saß nun eine Weile am Ufer des Sees, die Wange auf meine Hand gestützt, verzweiflungsvoll da, als auf einmal ein Abendländer auf einem Maultier zu mit geritten kam, das so leicht wie ein Spatz daherschoß; die Füße dieses Tieres waren zwar so stark wie die Pfeiler eines Tempels, aber dennoch schien es wie ein Vogel in der Luft zu schweben. Der Abendländer war sehr vornehm gekleidet und sah wie ein Emir aus. Friede sei mit meinem Herrn, dem Pilger!Ein Beiname, der vielen Muselmännern gegeben wird, auch wenn sie nie in Mekka waren. rief er mit zu, als er abgestiegen war. Ich antwortete ihm: Mit dir sei der Friede Gottes, sein Segen und seine Barmherzigkeit! Er fragte mich dann: Warum sitzest du so verzweifelt da? Ist dir jemand gestorben, oder ist eines deiner Schiffe untergegangen? – Keines von beiden, mein Herr Pilger, antwortet ich. Er fragte dann: Bist du nicht Djaudar, der Sohn des Fischers Omar aus Kahirah? Ich sah ihn erstaunt an und sagte: Ja. Er fragte mich dann nochmals, warum ich denn so niedergeschlagen aussehe? Ich klagte ihm meine und meiner Mutter Armut und die schlechte Aussicht, die mir die Fischerei gewährte. Als der Abendländer dies hörte, lachte er, nahm eine seidene Schnur, die, um recht stark zu werden, drei Tage in Kamelmilch eingeweicht war, aus dem Quersack, der auf seinem Maulesel lag, und sagte: Höre mir zu, Djaudar, deine Armut soll bald verschwinden; binde mich mit dieser Schnur und wirf mich in den See, breite dann dein Netz über mich aus, und streue etwas Weißes, das die Fische herbeilockt, hinein, komme ich mit dem Kopf zuerst aus dem Wasser, so wisse, daß ich tot bin, du beerdigst mich dann am Ufer des Sees, und führst mein Maultier auf den Bazar, hüte dich aber, darauf zu reiten, sonst ist es um dich geschehen. Du wirst auf dem Bazar einen erhöhten Punkt zu deiner Linken bemerken, dort sitzt in einem Laden ein Jude, der den größten Schnurrbart auf dem ganzen Bazar hat, nähere dich ihm, und lege deine Hand auf seinen Kopf, er wird sogleich aufstehen, dir den Maulesel abnehmen und einen goldenen Dinar schenken, nimm ihn und geh deines Weges; komme ich aber lebend aus dem See, so sollst du reichlich beschenkt werden. Als der Abendländer so gesprochen hatte, reichte er mir seine Schultern her, woraus ich sah, daß er nicht bloß scherzte, sondern wirklich gebunden sein wollte; ich tat seinen Willen und warf ihn an der Stelle, die er mir bezeichnete, in den See.

Es dauerte nicht lange, so kam des Abendländers Kopf in die Höhe, seine Zähne waren fest zusammengeschlossen und seine Augen erloschen. Ich zog ihn aus dem See und beerdigte ihn am Ufer desselben. Dann machte ich mich auf, nahm mein Netz auf den Rücken und den Zaum des Maulesels in die Hand und führte ihn zu dem Juden, den mir der Abendländer bezeichnet hatte, wofür ich einen Dinar erhielt. Ich ging vergnügt zu meiner Mutter, zeigte ihr meinen Dinar und erzählte ihr, auf welche Weise ich dieses Geld erworben hatte. Sie hörte mir mit Erstaunen zu, und bedauerte den Abendländer, der sich selbst in das Grab gestürzt. Am folgenden Morgen ging ich wieder mit meinem Netz an den See Karun und warf es zweimal aus, ohne etwas zu fangen. Eben wollte ich es zum drittenmal auswerfen, da kam wieder ein Abendländer in einem ebenso reichen Aufzug, wie der erste; sein Maultier hatte eine Decke von grüner Seide über dem Sattel, einen goldenen Zaum im Mund und eine Kette am Hals, an welcher die kostbarsten Edelsteine funkelten. Ich erschrak, als ich ihn sah, und glaubte, er werde den Tod seines Bruders an mir rächen wollen; er grüßte mich und fragte: Bist du Djaudar, der Sohn des Fischers Omar? – Bewahre Gott, mein Herr Pilger, antwortete ich; ich bin nicht Djaudar und weiß nichts von ihm. Kaum hatte ich ihm diese Antwort gegeben, stieg er von seinem Maultier ab, packte mich am Hals, daß ich glaubte, er reiße mir ihn herunter, sein Gesicht war rot, seine Augen sprühten Feuer und seine Lippen waren kohlschwarz. Sagst du mir nicht die Wahrheit, schrie er mich an, so bist du des Todes! Da rief ich: Gnade, mein Herr Pilger, ich bin Djaudar, der Sohn des Fischers Omar aus Kahirah. – Und warum, elender Mensch, sagte er, verleugnest du deinen Namen und deine Abkunft? Bei Gott! Hättest du noch einen Augenblick länger gezögert, mir die Wahrheit zu gestehen, du wärest schon bei den Toten. Doch sage mir jetzt, war nicht gestern ein Abendländer hier, der sich von dir binden und in den See werfen ließ? – Allerdings, mein Herr Pilger, antwortete ich, aber ich bin nicht an seinem Tod schuld, denn er hätte mich getötet, wenn ich nicht seinen Willen getan hätte. Als der Abendländer dies hörte, lächelte er, griff in den Quersack, der auf seinem Maultier lag, und holte eine Schnur hervor, gab sie mir und sagte: Verfahre mit mir wie mit meinem Bruder: Sterbe ich, so bringe auch mein Maultier dem Juden und er wird dir wieder einen Dinar geben. Ich dachte, diese Abendländer scheinen wahnsinnig zu sein, doch bleibt mir nichts übrig, als ihnen zu gehorchen; ich band daher auch diesem Hände und Füße und warf ihn in den See, aber auch er streckte bald einen toten Kopf aus dem Wasser, da warf ich mein Netz aus, zog ihn ans Ufer und beerdigte ihn, Dann brachte ich sein Maultier dem Juden, der mir wieder einen Dinar schenkte, worauf ich zu meiner Mutter zurückkehrte. Am dritten Tag; wollte ich an den Nil gehen, aber mein Füße trugen mich ganz unwillkürlich wieder an den See Karun. Ich warf mein Netz dreimal ins Wasser und zog es jedesmal leer herauf; da legte ich es zusammen und wollte weggehen, als wieder ein Abendländer auf einem Maulesel auf mich zuritt, mich freundlich grüßte und fragte, ob ich nicht der Fischer Djaudar wäre? Als ich seine Frage bejahte, fragte er mich, ob nicht seine beiden Brüder in diesem See ertrunken wären? Ich fing an zu zittern und blaß zu werden und wußte nicht, was ich antworten sollte. Als er meine Verlegenheit bemerkte, sagte er: Verhehle mir nur die Wahrheit nicht, dann hast du nichts von mir zu befürchten.

»Als ich dem Abendländer hierauf alles, wie es sich zugetragen hatte, erzählte, sagte er lachend: Bei dem, der Tag und Nacht, Luft und Wasser geschaffen, der die Toten belebt und Lebenden tötet! Hättest du einen meiner Brüder lebendig aus dem Wasser gezogen, so flöge jetzt dein Kopf von deinem Hals herunter. Er griff dann auch nach dem Quersack, zog eine rote seidene Schnur heraus und fuhr fort: Binde jetzt auch mir Hände und Füße und verfahre mit mir, wie mit meinen Brüdern, finde ich aber auch den Tod in diesem See, so hüte dich wohl, mein Maultier dem Juden zu bringen, sonst stirbst du, ohne daß irgend ein Mensch deinen Tod erfährt, sondern nimm es mit in dein Haus, es wird, sobald die Nacht heranbricht, jemand an die Tür klopfen und rufen: Djaudar, gib mir das Maultier des Abendländers Mahmud. Diesem Mann gibst du mein Maultier, er wird dir einen Beutel mit tausend Dinaren schenken. Lasse dir es dann wohl sein und gräme dich nicht über meinen und meiner Brüder Tod. Ich dachte, dieser ist noch der beste der drei Brüder, aber nicht minder wahnsinnig als sie. Ich nahm dann die Schnur in die Hand, band ihn und warf ihn in den See, und siehe da, er streckte nicht wie seine beiden Brüder den Kopf, sondern die Hände aus dem Wasser, und hatte in der rechten Hand einen roten und in der linken Hand einen schwarzen Fisch, und rief: Djaudar, deine Trommel hat geschlagen (dein Glücksstern ist aufgegangen), denn ich habe mein Ziel erreicht. Ich zog ihn schnell mit dem Netz ans Land, und er lief nach dem Maultier, zog eine rote korallene Büchse aus dem Quersack und steckte den roten Fisch hinein, dann eine schwarze, in welche er den schwarzen Fisch sperrte; beide Fische aber waren kaum in den Büchsen, als der eine zu einer roten und der andere zu einer schwarzen Flüssigkeit wurde. Wir sind und bleiben nun Freunde, sagte er, nachdem er die Büchsen wieder in den Quersack gesteckt hatte, hier hast du hundert Dinare für deine Mutter, bringe sie ihr schnell und kehre wieder hierher zurück. Als ich nach einigen Stunden wieder an den See kam, stieg der Abendländer auf sein Maultier und hieß mich hinter ihn sitzen, ich stieg auf und das Maultier flog wie ein Vogel mit uns nach dem Berg Mukattam. Hier angelangt, sagte mir der Abendländer: Wisse, Djaudar, daß ich nur durch dich zu meinem Ziel gelangen kann, darum darfst du mich nicht verlassen, du wirst gewiß Ansehen und Reichtümer erlangen. Als ich ihm versprach, bei ihm zu bleiben, so lange er meiner bedürfe, band er den Maulesel an, breitete einen Teppich auf die Erde und holte aus dem Quersack einige Speisen heraus. Nach der Mahlzeit bat ich ihn, mich doch über den Tod seiner beiden Brüder und über die zwei wunderbaren Fische, die er gefangen, ein wenig aufzuklären. Da hob er an: Wisse, Djaudar, mein Name ist Mahmud, ich bin aus der Stadt Tunis und hatte daselbst einen Lehrer, der mich in die geheimsten Künste der Zauberei einweihte. Als er ein Alter von dreihundert Jahren erreichte, schenkte er mir ein Buch, welchem tausend Geister unterworfen sind, und sagte mir: Bewahre dieses Buch wohl, denn es haben Könige, Priester und Zauberer mich darum beneidet, weil man durch es alle seine Wünsche befriedigen kann. Wenn du etwas brauchst, so rufe nur: Geflügelter Sandja! Er wird dir ein Geist erscheinen, der dir bringt, was du begehrst, und läge es im siebenten Meer hinter dem Berg Kaf. Ich freute mich sehr mit einem so wertvollen Geschenk, und zeigte in meiner Freude das Buch meinen Brüdern, den beiden Männern, die in dem See ertranken. Aber diese beneideten mich und trachteten danach, mich desselben zu berauben. Eines Tages, als ich das Buch in Anwesenheit meiner Brüder erproben wollte, rief ich: Geflügelter Sandja! Da stieg ein Rauch aus dem Buch gen Himmel, der sich nach und nach zusammenzog und eine ungeheure menschliche Gestalt bildete mit drei Flügeln, einen an jeder Seite und einen mitten auf dem Rücken. Dieses wunderbare Wesen sagte: Hier bin ich, was befiehlt mein Herr? – Ich möchte mit meinen Brüdern, antwortete ich, eine kleine Lustreise nach dem Korallenberg machen, bringe uns schnell dorthin! – Sehr gern, sagte er, breitete seine drei Flügel aus, nahm mich auf seinen Rückenflügel und meine beiden Brüder auf seine Seitenflügel, und setzte uns nach einem raschen Flug durch die Luft auf den Korallenberg. Hier angelangt, fragte ich Sandja, was wohl hinter diesem Berg läge? Er antwortete: Mein Herr, hinter diesem Berg liegt das Gazellental und die Insel des Königs Numan, des Amalekiten, welche der Ozean mit seinen Wellen umspült. – So führe uns in dieses Tal, sagte ich, und stieg abermals auf seinen Rücken, während meine beiden Brüder sich auf seine beiden Seitenflügel setzten. Sandja schwang seine Flügel und brachte uns in ein Tal, dessen Boden wie die allerfeinste Baumwolle aussah und reinsten Moschusduft verbreitete. Mitten durch das Tal schlängelte sich ein Bach, dessen Wasser frischer als Schnee und süßer als Honig war. An den Ufern dieses Baches blühten Lilien, Kamillen, Narzissen und Jasmine. Wir gingen das Ufer dieses Baches entlang spazieren, bis wir an einen ungeheuer großen Nußbaum kamen, der so groß war, daß er recht gut hundert Reiter in seinem Schatten aufnehmen konnte. Da sagte Sandja: Steiget auf diesen Baum, da könnt ihr auf die reizende Insel des Königs Numan herabsehen. Wir freuten uns, einen Blick auf diese so berühmte Insel werfen zu können, und kletterten auf den Nußbaum, bis die Insel in ihrer ganzen Länge und Breite mit allen ihren Städten und Dörfern, Bergen und Tälern, Wäldern und Gärten vor uns ausgedehnt lag. Als wir uns nach allen Seiten umgesehen hatten und wieder herabsteigen wollten, sahen wir, wie ein roter Fisch, so groß wie ein Kamel, aus dem Meer, das die Insel umgibt, in den Bach schwamm, der nicht weit unter dem Nußbaum sich ins Meer ergießt, und in unserer Nähe in der Gestalt einer schönen Jungfrau ans Land stieg. Sie näherte sich immer mehr dem Nußbaum, und mit jedem Schritt mußten wir ihre Reize mehr bewundern, Sie hatte babylonische Augen, über welche sich Augenbrauen wie ein Bogen wölbten. Ihre Stirne leuchtet wie der Mond, ihre Wangen schienen Rosen zu sein, ihre Lippen ein Labsal für jeden Kranken, ihre Haare, schwärzer als die Nacht und feiner als Seide, hingen bis auf die Erde herab. Ihr Anblick bezauberte uns so sehr, daß wir vor Entzücken beinahe vom Baum fielen.

 

Die Jungfrau hatte kaum das Land betreten, da rief sie mit einer tief ins Herz dringenden Stimme: O Königssonne! Da kam ein grüner Fisch den Bach heraufgeschwommen, stieg in ihrer Nähe ans Land, warf seine Fischhülle ab, und es zeigte sich uns eine Jungfrau mit so feinen Gesichtszügen, so schlankem Wuchs und so zarten Hüften, daß wir die erste ganz vergaßen und ihr allein unsere Bewunderung und Liebe schenkten. Mein Herz ist mir heute so schwer, teure Königssonne, sagte die erste Jungfrau zur zweiten, daß ich mich in diesem lieblichen Tale ein wenig mit meinen Gespielinnen zerstreuen möchte. Sie rief dann: Augenperle! Und siehe da! Es kam ein gelber Fisch herangeschwommen, der, sobald er ans Ufer sprang, sich auch wieder in eine Jungfrau verwandelte, welche die beiden ersten noch an Schönheit übertraf; neben ihr mußte der Mond erbleichen und die Sonne schien eine ihrer Dienerinnen zu sein. Wer sie sah, mußte ausrufen: Hier ist die Schwester des frommen schönen Josef! Und so rief sie eine Jungfrau nach der anderen herbei, bis ihrer vierzehn beisammen waren, von denen immer die letzte die ersteren verdunkelte. Vor Liebe und Entzücken ganz außer mir, rief ich Sandja, und als er erschien und mich fragte, was ich befehle, sagte ich ihm: Da du doch über tausend abtrünnige Geister gebietest, so bemächtige dich dieser schönen Jungfrauen und trage sie in mein Haus, daß ich an ihren Reizen mich ergötze. – Ich gehorche deinem Befehl, sagte Sandja und verschwand. Aber er kehrte bald, blaß und zitternd wie ein schwaches Rohr beim Sturmwind, wieder und sagte: Wisse, mein Herr, ich wollte nach deinem Befehl mit meinen Geistern über die Mädchen herfallen, da schossen drei Lichtsäulen gegen mich heran, die mich zu verzehren drohten und denen ich nur mit der größten Mühe entkam. Ich sandte dann einige andere Geister gegen sie; aber sie kehrten alle mit verstörtem Angesicht zurück und erklärten, daß sie gegen diese Mädchen nichts vermögen. Ich sah nun den Jungfrauen zu, wie sie miteinander spielten und dann wieder ihr Fischgewand anzogen und nach ihrer Insel zurückschwammen. Als sie meinen Augen entschwunden waren, rief ich Sandja und befahl ihm, mich nach Tunis zu tragen. Er war aber noch so erschöpft von seinem Kampf gegen die Genien, welche die Mädchen beschützten, daß er mich bat, ihm noch einige Augenblicke der Ruhe zu gönnen. Da sagten meine Brüder: Nun, so laß auch uns indessen ein wenig unter diesem Baum schlafen, bis Sandja zur Reise gestärkt ist. Sie legten sich dann unter den Baum und stellten sich bald, als schliefen sie ein. Als ich dies sah, dachte ich: Nun kann auch ich ohne Furcht, daß mir mein Buch genommen werde, ein wenig schlafen. Sobald ich aber einschlief, standen meine Brüder auf, beschworen zwei Geister herbei und befahlen ihnen, das Buch, das in einem roten seidenen Beutel, an einer goldenen Kette befestigt, um meinem Hals hing, zu nehmen und es ihnen zu bringen.

Die beiden Geister zogen mir die Kette vom Hals und trugen meine Brüder nach Tunis, aber verschwanden dann mit dem Buch, so daß meine Brüder ausriefen: Wehe uns, nun haben wir gar nichts für unseren Verrat an unserem Bruder, und kein Geist wird ihn mehr in seine Heimat zurücktragen. Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen!

Das ist‘s, was meine Brüder angeht. Was aber mich betrifft, so schlief ich noch eine Weile fort, und als ich erwachte und nach meinem Buch griff, fand ich es nicht mehr. Ich rief dreimal Sandja; aber er erschien nicht. Da ich auch meine Brüder nicht mehr sah, so zweifelte ich nicht, daß sie mir das Buch gestohlen, und rief: Wir sind Gottes und kehren einst zu ihm zurück. Was Gott will, das geschieht, und was unser Herr nicht will, das geschieht nicht! Dann dachte ich: Hätten sie mir nur das Buch in Tunis gestohlen, wäre ich doch wenigstens in meiner Heimat gewesen! Aber jetzt? Was fange ich in diesem fremden Land an? Doch machte ich mich auf und ging im Vertrauen auf den einzigen Gott dem Bache nach, bis ich an einen sehr hohen, schwarzen Berg kam, aus welchem dieser Bach entsprang. Ich ging nun drei Tage am Fuße des Berges fort, der überall sich so steil erhob, daß ich ihn unmöglich besteigen konnte. Am vierten Tag erst entdeckte ich einen schmalen Pfad, der auf den Berg führte, und ich entschloß mich, ihn zu betreten, denn ich dachte: Wohnte nicht jemand auf diesem Berg, so würde kein Weg hinauf führen. Ich hatte mich auch nicht getäuscht, denn als ich ein paar Stunden lang gestiegen war, kam ich vor ein Kloster, das eine eiserne Mauer mit einer messingenen Pforte umgab. Ich klopfte leise an, und sogleich rief mir jemand zu: Willkommen! Sei ohne Furcht, du wirst dein Ziel erreichen und deine Feinde zuschanden machen. Ein kohlschwarzer Sklave öffnete mir dann die Tür und hieß mich hereintreten. Dieser Sklave sah aber so schauerlich aus, daß ich mich fürchtete, ihm zu folgen. Da er merkte, daß ich ihm nicht traute, ging er ins Kloster zurück, kam aber bald wieder und sagte mir: Mein Herr, der Besitzer des Klosters, sendet mich zu dir, um dir zu sagen, daß, wenn du der Abendländer Mahmud aus Tunis bist, du ihm höchst willkommen seist; bist du aber auch ein anderer und bedarfst seiner, dann kannst du auch auf seinen Beistand zählen. Ich antwortete: Ich bin der Abendländer Mahmud, und folgte ihm ins Innere des Klosters in ein reich ausgestattetes Gemach, wo auf einem seidenen Divan ein alter Mann saß mit einem grauen Bart, der bis zu den Füßen herabhing; er sah aber trotz seines hohen Alters doch noch so rüstig wie ein reißender Löwe aus, und seine Stimme hatte noch die Kraft des Donners. Ich küßte ihm die Hand und grüßte ihn ehrfurchtsvoll; er erwiderte meinen Gruß und befahl dem Sklaven, mir einige Speisen zu bringen. Als der Sklave ein Tischchen mit den schmackhaftesten Speisen beladen vor mich stellte, sagte mir der Alte: Ich weiß, daß du mehrere Tage nichts gegessen hast, darum labe dich an diesen Speisen. Während des Essens fuhr er dann fort: Ich weiß deine ganze Geschichte, ehe du sie mir erzählst; deine Brüder haben dich um dein Buch gebracht; du aber denkst mehr an die schönen Mädchen, die du im Gazellental gesehen, als an den Verlust deines Buches. Wisse, Mahmud, diese Mädchen, welche ein Leckerbissen für Sultane und Kaiser wären, haben bisher alle Menschen und Genien, die bei ihrem Vater Numan, dem Herrn der Rabeninsel, um sie warben, abgewiesen, denn sie folgen in allem dem Rat des Priesters Ansarut, der bei ihrem Vater im höchsten Ansehen steht. Ansarut ist ein sehr berühmter Arzt und Zauberer, welcher drei Tage bei den Genien und drei Tage bei dem König Numan zuzubringen pflegt. Eines Tages, als er von den Genien zurückkehrte, trat ihm Numan bestürzt entgegen und sagte ihm, alle seine Töchter lägen krank darnieder, er möchte sie doch schnell besuchen. Ansarut besuchte mit mehreren Dienern eine nach der anderen, verordnete einiges und kam lächelnd wieder zu Numan und sagte ihm: Deine Töchter werden wieder genesen, sobald sie ein wenig von dieser Insel, auf der eine fortwährende Seeluft weht, sich entfernen; ich werde dafür sorgen, daß sie auf angenehme Weise sich zuweilen auf das feste Land begeben können. Er verließ dann den König und ließ einen Fischer rufen und befahl ihm, die Haut von fünfzehn großen Fischen zu bringen. Sobald der Fischer die Häute brachte, schrieb er auf die innere Seite derselben allerlei heilige Namen, welche diesen Häuten die Tugend verliehen, wie lebendige Fische im Meer nach jeder Richtung zu schwimmen, welche der von ihnen Umhüllte ihnen zu geben wünscht. Am folgenden Tag gab er jeder Prinzessin in Anwesenheit des Königs eine solche Haut; die fünfzehnte Haut aber gab er seinem Sohn Didakam und befahl ihm, die Mädchen nach dem Gazellental zu begleiten. Dem König sagte er dann: Sei frohen Mutes und vertraue mir; was deinen Töchtern Schlimmes widerfährt, trifft auch meinen Sohn, der, wie du wohl weißt, mir ebenso teuer ist, wie dir deine Töchter sind. – Tue, was du für heilsam hältst, erwiderte der König. Darauf befahl Ansarut seinem Sohn, mit seinen Prinzessinnen ins Meer zu steigen und ins Gazellental zu schwimmen, dessen Luft sie bald wieder herstellen würde. Denn dort, sagte er, sind sie sicher vor Menschen und vor Genien; auch schützen euch die heiligen Namen, die in die Haut geschrieben, gegen Menschen wie gegen Genien, die Wellen des Meers fliehen, die Berge ebnen sich und die Bäume verbeugen sich vor ihnen. Didakam stieg hierauf mit den Prinzessinnen ins Meer, und sie schwammen wie natürliche Fische ins Gazellental bis an den großen Nußbaum hin. Dort stiegen sie ans Land und brachten den ganzen Tag im Tal zu, und schon am ersten Abend fand sie ihr Vater, als sie wieder heimkehrten, so gestärkt und wohl aussehend, daß er Ansarut und seinem Sohn ein Ehrenkleid schenkte.

Seither kommen die Prinzessinnen jeden Tag in das Gazellental und spielen miteinander in der Nähe des Baumes, auf dem du dich mit deinen Brüdern befandest. Doch schlage dir jetzt die Mädchen aus dem Kopf und denke zunächst daran, wieder in den Besitz deines Buches zu gelangen, und das kannst du nur mit Hilfe deines Lehrers in Tunis; darum werde ich dafür sorgen, daß du noch diese Nacht dahin gebracht werdest. Grüße nur deinen verehrten Lehrer vielmal von mir und sage ihm, der Priester Sanuda, Herr des eisernen Klosters mit der messingnen Pforte, sehne sich sehr nach ihm. Schon wartet hier, fuhr Sanuda fort, ein Geist, den mir dein Lehrer mit einem Brief gesandt, in welchem er mir anzeigte, was dir widerfahren, und der beauftragt ist, dich nach Tunis zu tragen. Sei aber nur auf deiner Hut: Dieser Geist ist ein wahrer Satan; er kann sich so klein wie ein gewöhnlicher Menschenarm, und so groß wie der höchste Dattelbaum machen; er fliegt wie ein Vogel, und sein Hauch verbrennt die Erde, an der er vorüberfliegt. Fällst du von seinem Rücken herunter, so zerfließest du wie heißes Blei; nimm dich also wohl in acht! Er rief dann diesen Geist und setzte mich auf seinen Rücken; ich nahm Abschied vom Priester, und der Geist flog mit mir einige Stunden lang zwischen Himmel und Erde und ließ sich mit mir vor der Tür meines Lehrers Abul Adjaib (der Wundervater) in Tunis herab. Als ich den Fuß auf die Erde setzte, hörte ich, wie mein Lehrer seinen Jungen sagte: Geht hinaus und bewillkommt Mahmud in meinem Namen und führet ihn herein!

 

Die schönen Töchter des Königs Numan hätten dir beinahe das Leben gekostet, sagte mir mein Lehrer lächelnd, als ich zu ihm ins Zimmer trat; aber auch deinen Brüdern ist diese Lustreise schlecht bekommen, denn die Geister haben sie überlistet, so wie sie dich überlisten wollten; sie haben das Buch in die Adlerschlucht gebracht, zu weicher niemand gelangt, der nicht durch die sieben Pforten hinter dem Berg Mukattam dringt; sie haben es in eine messingne Kiste neben das Zauberschwert gelegt, welches der Priester Sintbest mit Talismanen beschrieben. Dieser Priester hat die Zauberkunst von einer Tochter Satichs, des Meisters aller Zauberer, gelernt und es dahin gebracht, daß er mit seinem Schwert, vermöge der darauf geschriebenen Beschwörungsformeln, gegen die mächtigsten Könige und zahlreichsten Heere glücklich kämpfte; auch unterwarf er sich so viele Länder und Städte, daß nur Gott ihre Zahl kennt. Aber nicht nur Menschen, sondern auch Genien fürchteten dieses Schwert; denn wenn er gegen jemanden zürnte, so durfte er es nur gegen ihn erheben, da fuhr ein Lichtstrahl heraus, der ihn in zwei Teile teilte und sogleich in einen Haufen Asche verwandelte. Waren ihrer viele gegen ihn, so durfte er nur einen mit dem Schwert berühren, und alle stürzten leblos zur Erde. Eines Tages aber besuchte ihn seine Lehrerin, die Tochter Satichs, welche auch viel von der Macht dieses Zauberschwertes gehört hatte, und sagte ihm: Verehrter König, zeige mir doch einmal das Schwert, das so viele Wunder übt, daß man es in der ganzen Welt fürchtet. – Da ich dir alles verdanke, erwiderte Sintbest, kann ich dir nichts versagen, und reichte ihr das Schwert hin. Die Tochter Satichs nahm es in die Hand und betrachtete es auf allen Seiten. Nach einigem Nachdenken sagte sie ihm: Teurer König! Dieses Schwert, dessen Verfertigung dir so viel Mühe und schlaflose Nächte verursachte, wird einst in die Hände eines Menschen fallen, der dadurch die höchste Stufe von Macht und Ansehen erreichen wird. Die mächtigsten Genienhäupter werden von ihm getötet werden; auch wird er damit den uralten Baum des Magiers Bahram abhauen. Als Sintbest dies hörte, legte er das Schwert in eine smaragdene Scheide und befahl einem Djinn, es nach der Adlerschlucht zu tragen. Dort, sagte er, wird es kein Mensch holen. Sintbest irrte sich aber, fuhr Abul Adjaib fort, denn ich habe in meinem Weisheitsbuch gelesen, daß die Adlerschlucht sich einst vor dir mit Hilfe eines Fischers aus Ägypten, welcher Djaudar heißt, öffnen wird, und daß du Herr des Schwertes und des Buches wirst. Den Fischer Djaudar aber triffst du vor einem kleinen See bei Kahirah, welcher der See Karun heißt. Mein Lehrer ging dann in sein Arbeitszimmer, holte eine schwarze und eine rote Büchse und eine seidene Schnur und sagte: Geh‘ nach Ägypten an den See Karun, lasse dich vom Fischer Djaudar binden und in den See werfen; du wirst im See einen Mann mit einem weißen Bart und einem hohen Turban auf dem Haupt sehen, der in der einen Hand einen roten und in der anderen einen schwarzen Fisch hält und sie dir hinreicht, sobald er dich erblickt; nimm sie ihm ab, steige ans Ufer und sperre den roten Fisch in die rote Büchse und den schwarzen in die schwarze. Laß dann Djaudar mit dir nach dem Berg Mukattam reiten, wende dich nach Osten bis zu einem roten Hügel, zünde dann Feuer an, nimm ungefähr die Schwere eines Drachmen aus der roten Büchse und gieße es ins Feuer, da wird ein Licht aufsteigen bis zum Himmel und dir eine Falltür mit zwei Ringen, die zu einem unterirdischen Gang führt, zeigen. Fasse die Ringe und hebe die Falltür auf, da wird eine steinerne Treppe zum Vorschein kommen; gehe mit Djaudar diese Treppe hinunter, auf der einunddreißigsten Stufe werdet ihr einen Gang vor euch sehen, dessen Boden von Blei und dessen Wände von Kupfer sind. Geht durch diesen Gang, da kommt ihr an die Tür eines Saales, vor welcher eine Jungfrau sitzt, so schön, wie ihr noch keine in eurem Leben gesehen; sie wird in einem Buch lesen und bei eurer Ankunft aufstehen und das Buch in einen roten Beutel stecken; dann wird sie euch bei euren Namen rufen und euch bewillkommnend die Hand hinstrecken. Wenn ihr aber ihre Hand ergreifet, so wird der Boden unter euch zu kochen anfangen, und ihr befindet euch in glühend schmelzendem Blei, das euch das Fleisch von den Knochen abbrennen wird. Statt ihr die Hand zu reichen, nimm schnell ungefähr die Schwere eines Drachmen aus der roten Büchse und spritze es gegen die Mauer, da wird euch die Jungfrau durch den Saal lassen, den sie bewacht. Hierauf gelangt ihr in einen marmornen Gang, an dessen Ende wieder eine Jungfrau vor einer Tür sitzt, noch schöner als die erste. Sobald sie euch erblickt, wird sie aufstehen und euch zurufen; Mahmud aus Tunis und Fischer Djaudar aus Kahirah, seid mir willkommen! Erwidert ihren Gruß und befreundet euch mit ihr, denn sie meint es gut mit euch und wird euch treu zur Seite stehen, bis ihr euch des Schwertes und des Buches bemeistert habt; ich gebe euch daher keine weiteren Verhaltungsbefehle, denn ihr könnt und müßt ohne Bedenken alles tun, was euch diese Jungfrau befiehlt. Wisse auch, Mahmud, fügte noch mein Lehrer hinzu, deine Brüder haben an der Tür alles gehört, was ich dir bisher gesagt, und lassen sich in diesem Augenblick von zwei Geistern nach Ägypten bringen, denn sie glauben, wenn sie das befolgen, was ich dir anempfohlen habe, statt deiner sich das Schwert und das Buch zueignen zu können; aber sowie sie in den See Karun steigen, werden sie von den Genien des Sees getötet, doch nur Gott ist allwissend! Nach diesen Worten rief mein Lehrer den Geist, der mich von dem Kloster nach Tunis gebracht hatte, und befahl ihm, mich nach Ägypten zu tragen. Der Geist breitete sogleich seine Flügel aus und trug mich bis in die Nähe des Sees Karun; dann verschwand er und brachte mir eine Djinn in der Gestalt eines Maultiers und setzte mich darauf. Dieses Maultier trug mich mit Blitzesschnelligkeit zu dir, teurer Djaudar. Das ist alles, was ich dir über mein Vorhaben zu erzählen weiß.