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Tausend Und Eine Nacht

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»Weißt du, sagte er mir, daß ein ganzes Heer Genien um deinetwillen aufgerieben worden ist? Sage mir einmal, wie du es wagen konntest, dir eine Gattin zu wählen, um die so viele Könige und Genien vergebens warben? Als ich ihm hierauf meine ganze Geschichte von meinem Traum bis zu meinem Spaziergang mit dem Mönch erzählte, sagte er: Ich beschwöre euch, Tud und Schulahek, macht euerem Kampf ein Ende und entlasset eure Scharen, ihr kennt ja die List und Macht der Königin Farha, dieser arme Mensch ist ganz unschuldig; ich will ihn durch einen meiner Diener in seine Heimat zurückbringen lassen. – Das darf nicht sein, sagte Schulahek; wenn ihr ihn nicht töten wollt, so soll er doch auch nicht frei in seine Heimat ziehen, wo meine Geliebte sich bald wieder mit ihm vereinigen könnte; laßt uns ihn ins Meer werfen: Steht Gott ihm bei, so wird er sich retten, wo nicht, so mag er untergehen, und wir sagen der Königin Farha, wenn sie uns mit einem Krieg bedroht, bei dem Anblick des blutigen Kampfes zwischen uns hat er die Flucht ergriffen.

»Dieser Vorschlag fand allgemeinen Beifall, und schon wollten einige Genien mich wegschleppen, als auf einmal unzählbare Lichtchen und Flämmchen zum Vorschein kamen und furchtbare Stimmen hörbar wurden, welche riefen: Tut es nicht, tut es nicht, wir sind Abgeordnete der Königin Farha, welcher euer Vorhaben bekannt wurde, und die uns mit dem König Seisam, der sogleich hier eintreffen wird, zur Rettung Zahers hierher gesandt. Als Abu Tawaif den Namen Seisam, Gebieter des Götzentales, vernahm, wurde er ganz blaß, und sagte zitternd zu Schulahek: Ich habe wohl gedacht, diese verruchte Königin Farha wird alles aufbieten, um ihren Geliebten nicht zu verlieren. Jetzt hat sie meinen teuren Sohn Seisam für sich gewonnen, der wird euch alle vernichten, wenn ihr dem fremden Menschen, dessen er sich annimmt, etwas zu Leid tut. – Beschließe, was dir gut dünkt, rief Schulahek dem Alten zu, nur lasse Zaher nicht mehr zu Farha zurückkehren, das könnte ich nicht ertragen. Abu Tawaif gab dem Wunsch Schulaheks nach und beredete seinen Sohn Seisam, zu erlauben, daß Zaher wieder in seine Heimat gebracht werde. Als sie sich aber nach mir umsahen, war ich verschwunden und nirgends mehr zu finden. Da sagte Seisam zu Schulahek: Gewiß hast du ihn von einem deiner untergeordneten Genien wegbringen lassen, um ihn im verborgenen aus der Welt zu schaffen. Schulahek schwor aber bei dem Siegel Salomos. er wisse nicht, wo ich hingekommen, und glaubte, Seisam habe mich der Königin Farha geschickt. Bald hätte sich aus diesem Wortwechsel ein blutiger Kampf entsponnen, wenn nicht Abu Tawaif sie beschworen hätte, so lange zu warten, bis es sich herausstellen würde, was aus mir geworden; ich selbst, setzte er hinzu, übernehme es dann, den Schuldigen zu bestrafen, und wäre es mein eigener Sohn.

»Mein Vater Zaher«, fuhr Ali fort, »den nach der göttlichen Bestimmung ein widerspenstiger Geist, Dalhudsch genannt, im Augenblick, als die beiden Genienhäupter miteinander stritten, aus ihrer Mitte entführte, wurde auf dessen Schloß, das auf einer Insel mitten im Meer der Dunkelheit liegt, getragen, um dort, weil er Veranlassung zu einem so mörderischen Krieg zwischen den Genien war, gepeinigt zu werden. Dalhudsch ersann alle möglichen Qualen für ihn, ließ ihn sogleich in Ketten legen und in einen finsteren Kerker werfen. Des Abends, als er beim Wein saß, ließ er ihn holen und zur Belustigung seiner Trinkgenossen durchprügeln, dann ließ er ihn in einer Ecke stehen und schüttete ihm jedesmal, wenn er von neuem einschenkte, das Überbleibsel des Bechers ins Gesicht.«

Ali erzählte weiter: Mein Vater hatte mehrere Tage hindurch so viel zu dulden, daß sein Wächter, der Geist Mifradj, ihn bemitleidete und, statt ihn nach den Vorschriften Dalhudschs auf verschiedene Weise zu quälen, seine Leiden durch freundliche Worte zu mildem suchte. »Gerne«, sagte er ihm; »würde ich dich in ein von Menschen bewohntes Land zurückbringen, aber eine Strecke von zehn Jahren trennt uns von der Welt des Lichts, die wir nicht ohne die größte Gefahr zurücklegen können, und wo wären wir sicher vor dem gottlosen König Dalhudsch? Der würde uns bis ans Ende der Welt verfolgen.« Während aber Mifradj, auf diese Weise fortfahrend, meinem Vater versprach, so viel es von ihm abhinge, seine Lage erträglich zu machen, trat plötzlich Dalhudsch ins Gefängnis und schwor bei der Dunkelheit, nun müsse Mifradj für Zaher leiden, und ließ ihm sogleich tausend Prügel geben. Mifradj stellte sich ohnmächtig, bis Dalhudsch wieder das Gefängnis verlassen hatte; dann machte er sich schnell auf, entfesselte meinen Vater, nahm ihn auf den Arm und flog mit ihm die ganze Nacht durch über die Wolken hinauf; dann sagte er ihm: »Weißt du, Zaher, daß wir schon eine Strecke von zehn Jahren zurückgelegt haben?« Voll Erstaunen rief mein Vater, nicht bedenkend, daß sein Genius bei dem Namen Gottes vernichtet würde: »Es gibt nur einen einzigen Gott, und Mohammed ist sein Abgesandter!« Kaum hatte er diesen Spruch vollendet, da fiel ein feuriger Pfeil vom Himmel auf Mifradj und verbrannte ihn: Mein Vater aber fiel zur Erde herunter, ohne sich jedoch zu beschädigen.

Die ihm unbekannte Gegend, wo er wieder die Erde berührte, war sehr öde; erst als er einen halben Tag hindurch aufs Geratewohl umherirrte, kam er in ein wohlbebautes, frucht- und wasserreiches Land, und sah am Ufer eines Flusses einen Mann, der sich zum Beten wusch. Er wusch sich auch und betete mit ihm. Nach vollendetem Gebet sagte er ihm: »Ich beschwöre dich bei dem, den wir anbeten, sage mir doch, in welchem Land ich mich befinde und unter welchen Geschöpfen.« – »Wisse«, antwortete er, »diese Insel ist von rechtgläubigen Genien bewohnt, die der Prophet Hidhr den Koran gelehrt hat; man nennt sie die Diamanteninsel; sie ist vom grünen Meer umgeben, das sich bis zum Berg Kaf erstreckt. Hier ist der Sammelplatz der Engel, welche täglich auf der Erde umherstreifen, um die Befehle Gottes zu vollziehen.« Er fragte ihn dann: »Wie sieht denn der Berg Kaf aus?« – »Der Berg Kaf«, antwortete er, »besteht aus einer grünen Perle, ist von den edelsten Geschöpfen Gottes bewohnt und von den mächtigsten Engeln rings umher bewacht, niemand kann ihn betreten ohne besondere Erlaubnis Gottes. Doch komme mit mir zu unserem König, der kann dir besser als ich über alles Auskunft geben.«

Ali erzählte weiter: Der Genius führte meinen Vater hierauf in eine herrliche, sehr feste Stadt, deren Tore von Engeln bewacht waren, welche Geister unter sich hatten, die mit silbernen und goldenen Pfeilern in der Hand auf und ab gingen. Da mein Vater aber in der Stadt keine Minaretts sah, auf denen bei uns das Gebet ausgerufen wird, fragte er seinen Begleiter, wieso sie die Stunde des Gebetes wüßten. Er antwortete: »Wenn die Zeit kommt, wo uns von dem Propheten Hidhr das Gebet vorgeschrieben ist, steigt eine Lichtsäule aus dem Berg, der über der Stadt sich erhebt, und tausend Engel rufen laut: »Gott ist groß! O ihr Geschöpfe des Herrn verkündet, daß es nur einen Gott gibt und daß Mohammed sein Abgesandter!« Er erzählte ihm hierauf von vielen anderen wunderbaren Erscheinungen dieser Insel und versprach ihm, wenn der König es erlauben würde, ihn auf dieser ganzen Insel herum zu führen.

Unter solchen Gesprächen erreichten sie das Schloß des Königs Amrad, dem nichts von allem, was mein Vater bisher gesehen, zu vergleichen ist. Sein Begleiter trat in den Diwan, wo Amrad von seinen Vezieren, Räten und Truppenanführern umgeben saß, und meldete ihn. Dann holte er ihn ab, stellte ihn dem König vor und sagte ihm: »Der König wünscht zu wissen, wieso du hierher gekommen, da doch vor dir kein Mensch noch dieses Land je betrat.«

Er erzählte dem König seine ganze Geschichte von seinem ersten Traum von Farha an, bis zu seiner Flucht mit Mifradj, den er ohne seinen Willen verbrannte. Er hatte aber seine Erzählung noch nicht ganz vollendet, als man einen furchtbaren Lärm vernahm und eine unzählbare Menge Lichtchen und Flämmchen in der Luft erblickte. Auch trat ein Adjutant des Königs in den Diwan und sagte: »Erhabener Herrscher, vor unserer Stadt liegt eine Armee, deren Stärke nur Gott kennt; ich habe natürlich sogleich deine Truppen rings um die Stadt aufgestellt; doch wollte ich nichts weiteres unternehmen, ohne zuvor deine Befehle darüber einzuholen.« – »Da wir noch nicht wissen«, sagte der König Amrad zu seinen Räten, »ob sie in feindseliger Absicht hierher kommen, so ist das beste, wir schicken ihnen einen Gesandten und lassen sie fragen, was sie hierher geführt.« Er begab sich dann auf die Terrasse des Schlosses, und als er fand, daß sein Adjutant in seinem Bericht von der Anzahl der angerückten Heere nichts übertrieben hatte, rief er seinen Großvezier Dilhat zu sich und sagte ihm: »Gehe zur Stadt hinaus zu den Häuptern der fremden Truppen, frage sie, wer sie sind, welchen Glauben sie haben und in welcher Absicht sie gekommen.« Dilhat bestieg sein Pferd und ritt, von einigen Dienern begleitet, zur Stadt hinaus, und bat einen fremden Soldaten, ihn zu den Häuptern der Armee zu geleiten und ihm zu sagen, wer sie eigentlich sind. »Die Armee, die du hier vor dir siehst,« sagte der Soldat, »gehört vier Königen, die selbst hier an ihrer Spitze stehen. Der eine heißt Schulahek, der andere Tud, der dritte Seisam und der vierte Dalhudsch; auch Abu Tawaif, der schlaueste aller Genienhäupter, ist bei ihnen. Wenn du zu den Königen willst, so gehe nur in Abu Tawaifs Zelt, dort unten auf der grünen Wiese, da findest du sie alle beisammen.« Dilhat ging nach dem ihm bezeichneten Ort, wo ein äußerst geschmackvolles und reich verziertes Zelt aufgeschlagen war, in das er als Abgesandter des Königs Amrad eingelassen wurde.

Folgendes ist die Ursache, warum diese vier Könige nach der Diamanteninsel zum König Amrad gezogen. Als Dalhudsch an dem Tage nach meines Vaters Flucht in dessen Gefängnis kam, in der Absicht, ihn dem Gott der Finsternis zu opfern, und weder ihn noch seinen Wächter Mifradj fand, dachte er gleich, daß dieser, wegen seiner harten Strafe erbittert, es versucht haben werde, mit Zaher zu entkommen. Er machte sich daher gleich auf und flog nach allen Meeren und Inseln, um sie aufzusuchen, bis er auch auf die Diamanteninsel kam. Dort hörte er, wie ein Genius zum anderen sagte: »Heute habe ich ein großes Wunder gesehen: Einen Menschen auf dem Rücken eines Genius; letzterer wurde dann plötzlich zu Asche, der Mensch aber hat unbeschädigt die Erde erreicht und befindet sich gegenwärtig bei unserem König.« Als Dalhudsch dies hörte, freute er sich über den Untergang Mifradjs, und da er wohl wußte, daß Zaher nunmehr in sichere Obhut gelangt, flog er wieder heimwärts. Da fand er aber vor seinem Schloß ein Heer, so zahlreich wie die Regentropfen der Sündflut, und dachte: Bei der Nacht und der Dunkelheit! Hier muß sich etwas Außerordentliches ereignet haben, denn so viele Truppen habe ich noch nie beisammen gesehen; auch hat es bisher noch niemand gewagt, mein Schloß zu belagern. Er wendete sich daher an einen der Belagerer und sagte ihm: Ich bringe schon mein ganzes Leben auf dieser Insel zu, und noch nie sah ich einen Genius des Lichts darauf; was führt nun auf einmal ein so großes Heer zu uns, und unter welchen Befehlen steht es?« – »Dieses Heer«, antwortete der Soldat, besteht aus drei Abteilungen, deren eine dem König Schulahek, die andere dem König Tud und die dritte dem König Seisam gehorcht; letzterer ist der Sohn des Teufels Abu Tawaif, der sich auch hier befindet, um mit ihnen einen Menschen Namens Zaher aufzusuchen, den der König Dalhudsch geraubt haben soll.« – »Und woher wissen sie denn«, fragte Dalhudsch, »daß Zaher hierher gebracht worden?« – »Sie haben es«, antwortete der Soldat, »von Mifradjs Gattin gehört, welche, um ihren Gatten und Zaher zu befreien, die Hilfe des Königs Seisam anflehte.« Als Dalhudsch dies hörte, dachte er bei sich selbst: Da doch Zaher noch lebt, so habe ich von diesen Königen nichts zu befürchten. Er ging daher zu Abu Tawaif und sagte ihm: »Zaher aus Damaskus, um dessentwillen du mit den drei Königen hierhergezogen bist, befindet sich auf der Diamanteninsel bei dem König Amrad; ich hatte ihn geraubt, weil ich eurem Krieg ein Ende machen und den Menschen, der so viel Unheil unter Genien stiftet, züchtigen wollte; aber der Wächter, den ich über ihn setzte, hat mich verraten und ihn nach der Diamanteninsel getragen. Wenn euch daher so viel an diesem Menschen gelegen ist, so will ich euch mit meinen Truppen dahin begleiten.« Dieser Vorschlag wurde von Abu Tawaif angenommen, und so zog er denn mit den vier Königen weiter, um Zaher aufzusuchen.

 

Als der Abgesandte Dilhat diese Könige in Abu Tawaifs Zelt auf goldenen Stühlen sitzend fand, grüßte er mit Ehrerbietung und sagte zu Abu Tawaif: »Ich bin ein Abgesandter des Königs Amrad, welcher mit Erstaunen ein so zahlreiches fremdes Heer auf seinem Gebiet erblickt und gern wissen möchte, in welcher Absicht ihr hierher gekommen. Ich zweifle zwar nicht im mindesten an euren friedlichen Gesinnungen; ihr werdet wohl die Macht des Königs Amrad kennen und um keinen Preis euch in einen Krieg mit ihm einlassen wollen, der euch jedenfalls nur verderblich werden kann; denn solltet ihr auch einmal über seine Truppen siegen, so steht es ihm doch immer frei, euch zu verweigern, was ihr von ihm begehrt, und sich auf den Berg Kaf zurückzuziehen, wo ihn Engel beschützen, deren feurige Pfeile euch abhalten, ihn weiter zu verfolgen.« – »Allerdings«, erwiderte Abu Tawaif, »wünschen wir sehnlich, mit deinem Herrn in gutem Einverständnis zu bleiben; jedoch können wir es nur unter der Bedingung, daß er uns den Menschen aus Damaskus ausliefere, der sich bei ihm aufhält und um dessentwillen, weil die Königin Farha ihn liebt, schon so viel Genienblut geflossen ist.« Dilhat kehrte darauf wieder zu Amrad zurück und machte ihn mit den Namen und der Forderung der vereinigten Könige bekannt.

Amrad versammelte sogleich seine Räte und trug ihnen die ganze Geschichte Zahers und das Verlangen der Genienhäupter Tud, Seisam, Dalhudsch und Schuhalek vor und sagte: »Bei den Lichtstrahlen des Propheten Mohammed! So ungern ich auch Krieg führe, werde ich doch niemals einen rechtgläubigen Muselmann, der meinen Schutz anfleht, gegen seinen Willen ungläubigen Genien ausliefern; ich will sogleich Zaher kommen lassen, und will er nicht gern mit den Genienkönigen von hier ziehen, so mögen sie sehen, ob sie stark genug sind, ihn mir mit Gewalt zu entreißen.« Als mein Vater erschien, sagte ihm der König: »Die Genienhäupter, von denen du mir schon erzählt hast, sind mit ihren Heeren hier angelangt, um dich abzuholen; willst du mit ihnen zu deiner Gattin ziehen, oder ziehst du es vor, hier zu bleiben?« Mein Vater neigte eine Weile den Kopf zur Erde und sagte: »Wenn ich die Wahrheit gestehen soll, erhabener König, so sehne ich mich am meisten nach meinen Verwandten und Freunden in Damaskus; doch auch hier verweile ich nicht ungern, da man hier den einzigen Gott anbetet, der auch mein Gott ist. Aber diese ungläubigen Genien verabscheue ich so sehr, daß ich, selbst wenn sie mir vorschlügen, mich wieder mit der Königin Farha zu vereinen, auch nicht mit ihnen ziehen möchte.« – »Du hast die Antwort Zahers gehört«, sagte der König entschlossen zu Dilhat; »kehre zu den Genienhäuptern zurück und sage ihnen, ich sei zum Kampf bereit, wenn sie darauf bestehen, daß ich den Menschen, dem ich Schutz gewährt, ihnen herausgebe.« Als Dilhat diese Antwort den Königen hinterbrachte, entbrannte ihr Zorn und sie riefen voller Entrüstung aus: »Wie, wegen eines elenden Menschen, der uns schon so viele Not verursachte, fordert uns der König Amrad zum Kampf heraus? Das ist ein Verfahren, das wir nicht dulden dürfen! Laßt uns aufbrechen und seine Stadt verheeren und alle ihre Bewohner töten oder gefangen nehmen!«

Nachdem sich aber die erste Wut der Könige gelegt hatte, sagte ihnen Abu Tawaif: »Wisset, meine Kinder, der König Amrad ist nicht so leicht zu überwinden, wie ihr wohl glaubt, er ist selbst ein Held und seine Armee gleicht einem tobenden Meer. Das beste ist, wir ziehen von hier ab und sagen dem König, wir seien nur auf das dringende Verlangen der Königin Farha gekommen, weil sie glaubte, ihr Gatte wäre neuen Mißhandlungen ausgesetzt; da wir aber sehen, daß ihn der König so sehr liebt, daß er seinetwillen uns den Krieg erklärt, so können wir ihn ohne Sorge hier lassen. Wir lassen aber«, fahr Abu Tawaif fort, »einige unsichtbare Genien hier und beauftragen sie, Zaher zu rauben, sobald sie ihn einen Augenblick allein finden. So erreichen wir unseren Zweck, ohne unsere Truppen einem zweifelhaften Kampf auszusetzen.« Dieser Vorschlag wurde mit jubelndem Beifall angenommen, und es wurde sogleich ein Bote an den König Amrad gesandt, der ihm den Abzug der Genien aus den angeführten Gründen mitteilen sollte. Aber der König Amrad, den ein Engel von den treulosen Anschlägen Abu Tawaifs in Kenntnis gesetzt hatte, ließ sogleich meinen Vater rufen und sagte ihm: »Dein Leben ist hier in Gefahr; du bist von unsichtbaren Genien umgeben, die nur einen günstigen Augenblick abwarten, um dich zu entführen. Ich werde dich daher von einem meiner dienstbaren Geister entweder in deine Heimat oder zur Königin Farha zurücktragen lassen; welches von beiden ziehst du vor?« – »Gnädiger König!« antwortete mein Vater, »so sehr ich auch meine Gattin, die vielleicht schon Mutter ist, liebe, so habe ich doch seit meinem ersten Traum von ihr so viel gelitten, daß ich nicht von neuem ein so unruhiges, gefahrvolles Leben wieder beginnen möchte; am liebsten ist es mir daher, wieder in ein Land, das von Menschen meinesgleichen bewohnt ist, gebracht zu werden.« Der König ließ sogleich einen fliegenden Geist rufen und sagte ihm: »Bringe diesen Menschen in seine Heimat und gib ihm so viel, daß er sein ganzes Leben sorgenlos bei seiner Familie zubringen kann.« Der Geist nahm meinen Vater und einen Beutel voll mit Edelsteinen auf seinen Rücken und flog mit ihm die halbe Nacht durch; dann setzte er ihn auf den Gipfel eines hohen Berges, gab ihm den Beutel und sagte ihm: »Ich muß jetzt zurückkehren, denn bei Tagesanbruch muß ich wieder zu Hause sein; bleibe du hier bis Tag, dann steige den Berg hinab, da findest du eine große Stadt, von der aus du leicht in deine Heimat gelangen kannst.« Aber mein Vater wollte nicht lange auf einer Stelle sitzen bleiben und ging, sobald der Geist sich entfernt hatte, auf dem Berg umher und kam immer mehr von dem einzigen Pfad ab, der zur bezeichneten Stadt führte. Als der Tag heranbrach, befand er sich mitten zwischen furchtbaren Klüften und Abgründen, aus denen er gar keinen Ausweg mehr sah. Da warf er sich nieder und betete: »O Gott, der du mich aus den Händen der ungläubigen Genien befreit, ist meine Lebenszeit abgelaufen, so beschleunige meinen Tod und lasse mich nicht länger auf diesem öden Berg umherirren; willst du aber durch deine Gnade mich noch länger beim Leben erhalten, so zeige mir einen Ausweg aus diesem wilden Gebirge, wo weder ein grünes Blättchen, noch ein Tropfen Wasser zu sehen ist!« Als er sich aber wieder erholte, sah er zwei Füchse vor sich, welche wohlgenährt aussahen; er dachte, hier muß ein fruchtbares Land in der Nähe sein, sonst hielten sich keine Tiere da auf. Er ging daher diesen Füchsen über Felsen und Klippen nach, bis sie in eine Höhle sich verloren. Er folgte ihnen und fand eine sehr künstlich ausgehauene Treppe, welche von der Öffnung, durch welche er hineingegangen, eine Weile beleuchtet war; aber das Licht verlor sich allmählich, je tiefer er hinunterstieg. Die Treppe war indessen so bequem, daß er auch in der Dunkelheit vorwärts schreiten konnte, und bald erblickte er zu seiner größten Freude von der entgegengesetzten Seite eine Öffnung, der ähnlich, welche ihm den Eingang in die Höhle gestattete. Er setzte daher rastlos seinen Weg fort, bis er wieder auf die Oberfläche der Erde kam am Ufer des Meeres, in der fruchtbarsten und blühendsten Gegend, die er in seinem Leben gesehen.

Nachdem er sich an den süßen Früchten und dem frischen Wasser, das hier reichlich aus der Erde sprudelte, gelabt hatte, ging er auf eine kupferne Statue zu, welche er auf einer zwanzig Ellen hohen, marmornen Säule vor sich sah. Die Statue hatte die rechte Hand ausgestreckt und hielt eine goldene Tafel, welche folgende Inschrift hatte: »Im Namen Gottes des Barmherzigen! Wisse, o Wanderer, der du hierher gelangst, du stehst an der äußersten Grenze des von Menschen bewohnten Landes; hier beginnt das Reich der Genien. Diese Insel des Ozeans ist der Fuß eines der höchsten Berge nach dem Berg Kaf. Als Salomo, der Sohn Davids (Gottes Friede sei mit ihm!), sich einst vom Wind durch die ganze Welt tragen ließ und, diesen Berg auf der oberen Seite so öde und steinig und auf der unteren so äußerst lieblich und fruchtbar fand, sagte er zu seinen Genien: O gäbe es doch einen Weg durch diesen Berg, damit, wenn jemals ein Mensch sich hierher verirrt, er nicht vor Durst und Hunger umkomme! Da sagte ein Genius: O Prophet Gottes, alle Berge haben Zweige und Adern wie die Bäume; auch dieser Berg hat unter anderen eine große Ader, welche von dessen Gipfel bis zu dieser Insel sich erstreckt; wenn du es befiehlst, so erweitere ich sie, so daß man bequem von dem Berg zur Insel herabsteigen kann. Auf Salomos Befehl machte er sich sogleich an die Arbeit, bis der Weg durchgebrochen war; dann baute er auch noch einen Hafen in der Nähe, welcher bei den heftigsten Stürmen den Schiffen ein sicheres Obdach gewährt.«

Als mein Vater diese Inschrift gelesen hatte, besuchte er den von Genien erbauten Hafen und dachte: Kämen nicht zuweilen Schiffe hierher, so würden die Genien hier keinen Hafen erbaut haben; ich will also hier warten, bis ich Gelegenheit zur Rückkehr in meine Heimat finde. Es dauerte in der Tat nicht lange, da kam ein Schiff mit Segeln, die den Flügeln eines großen Vogels glichen, wie ein Pfeil daher geschossen und lief in den von Genien erbauten Hafen ein. Als aber die Kaufleute ans Land stiegen, erschraken sie vor meinem Vater, der mit seinem langen Bart, Schnurrbart und Nägeln eher einem wilden Tier, als einem Menschen gleich sah. Einer von ihnen sagte: »Das ist gewiß der Djinn dieser Insel!« ein anderer entgegnete aber: »Nein, er hat Menschenfüße, es ist vielleicht ein Verunglückter; ich will im Vertrauen auf Gott mich ihm einmal nähern.« Er nahm sein Schwert zur Hand, ging auf meinen Vater zu und sagte ihm: »Bist du ein Djinn, so ziehe dich zurück vor dem heiligen Namen Gottes, bist du aber ein Mensch, so sei mir gegrüßt!« Mein Vater erwiderte seinen Gruß und sagte. »Warum hältst du mich für einen Djinn? Ich bin ein Mensch aus Damaskus!« – »So komme mit mir auf mein Schiff«, sagte der Kaufmann, »und erzähle mir, wie du hierher gekommen.« Nachdem mein Vater den Kaufleuten seine ganze Geschichte erzählt hatte, sagten sie ihm, er könne mit ihnen nach Syrien zurückkehren, denn auch sie seien von einem Sturm aus dem mittelländischen Meer in den Ozean getrieben worden, als sie aus dem Abendland nach Latakie segeln wollten. Mein Vater – fuhr Ali in seiner Erzählung vor dem Kalifen Abdul Malik fort – schenkte den Schiffsleuten einige von den Edelsteinen aus dem Beutel, den ihm der König Amrad geschenkt hatte, wogegen er reichlich mit Kleidern, Wasser und Nahrungsmitteln versorgt wurde. Er gelangte nach einigen kleinen Unglücksfällen nach Latakie, wo er nur kurze Zeit sich aufhielt, und kehrte dann zur größten Freude aller seiner Bekannten und Verwandten nach Damaskus zurück, wo er bald die höchsten Staatsämter bekleidete. Neun Monate nach meiner Mutter Hochzeit gebar sie mich und ließ mich auf das Sorgfältigste erziehen. Mein Großvater, der mich wie seinen eigenen Sohn liebte, ließ die besten Lehrer kommen und mir im Lesen und Schreiben, dann in der Philosophie, Geschichte und Astronomie Unterricht erteilen. Ich hatte kaum das Jünglingsalter erreicht, als mir die Schwermut meiner Mutter auffiel; so oft sie mich sah, umarmte sie mich mit einer mehr als mütterlichen Heftigkeit. Sehr oft weinte sie, wenn sie mich küßte, und sagte: »Du siehst deinem Vater gar zu ähnlich.« So oft ich sie aber fragte, wer denn mein Vater war, nannte sie mir einen unbekannten König. Eines Tages schlug ich einen ihrer Sklaven, der mir von meiner Kindheit an verhaßt war, und sagte ihm: »Verruchter Schwarzer, wie oft habe ich dir schon gesagt, ich wollte dich nicht mehr vor meinen Augen haben, warum weichst du mir nicht aus, wenn du mich kommen siehst?« Da antwortete er mir: »Ich bin allerdings nur ein Sklave, doch jeder kennt meine Eltern und weiß, daß sie auch Sklaven waren, wie ich; aber du vaterloser Bub, weißt du, daß dein Vater ein unbekannter, auf dem Meer aufgefundener, hergelaufener Mensch war! Gott verdamme dich, weil du mich so mißhandelst, und lasse dich gleich mir unter fremden Leuten umherwandern, die kein Mitleid mit dir haben!« Der Sklave entfloh bei diesen Worten; ich verfolgte ihn mit entblößtem Schwert, konnte ihn aber nicht erreichen und wußte gar nicht, wo er hingekommen, ob er in die Erde versunken oder in den Himmel gestiegen. Ich blieb eine Weile über die Aussage des Sklaven nachdenkend sitzen; dann begab ich mich zu meiner Mutter. Sie küßte und umarmte mich wie gewöhnlich; ich blieb aber ernst und düster neben ihr sitzen, und als sie mich fragte, was mir denn Unangenehmes widerfahren sei, sagte ich ihr: »Bei dem erhabenen, barmherzigen Gott, ich muß wissen, wer mein Vater war, oder mein Schwert soll deinem lasterhaften Leben ein Ende machen!« Meine Mutter erwiderte weinend: »Mein Sohn, bei dem, der die Berge geschaffen und ihre Größe und Schwere kennt, dein Vater war einer der Besten und Edelsten seines Volkes!« – »Nicht so viele Worte!« rief ich ganz außer mir: »Nenne mir meinen Vater, oder ich bringe dich und mich um, denn ich habe heute etwas gehört, das meine jugendlichen Locken grau färbt.« Als meine Mutter dies hörte, sagte sie mir: »Stecke dein Schwert ein und setze dich ruhig zu mir, ich will dir alles gestehen.« Sie erzählte mir dann, wie so viele Prinzen um ihre Hand anhielten, aber kein einziger ihr gefiel; wie sie dann in Damaskus meinen Vater beim ersten Anblick liebte, ihm daher im Traum erschien und ihn aufforderte, zu ihr auf die Diamanteninsel zu kommen; wie er dann nach einem Schiffbruch auf dem Meer gefunden und mit ihr gesetzlich verheiratet wurde. »Aber«, schloß sie dann, »mein Glück war nur von kurzer Dauer: Als ich am Morgen nach der Hochzeitsnacht erwachte, fand ich ihn nicht mehr. Ich erfuhr zwar, daß ihn Schulahek, einer der Genienhäupter, die mich heiraten wollten, geraubt; aber all mein Bemühen, wieder mit ihm vereinigt zu werden, blieb ohne Erfolg, denn der König Amrad, bei dem sich dein Vater zuletzt aufhielt, ist mächtiger als ich, und läßt keinen Genius mehr in seine Nähe kommen. Ich habe nun nichts mehr von ihm, als einen Siegelring, den ich in der Brautnacht gegen ein Armband mit ihm vertauschte.« Als meine Mutter ihre Erzählung vollendet hatte, sagte ich ihr: »Wenn die Sache sich so verhält, so bleibt mir nichts übrig, als meinen Vater aufzusuchen; erlaube mir, alsbald nach Syrien zu reisen.« Sie erwiderte aber: »Mein Sohn, ich kann die Trennung von dir nicht ertragen; auch fürchte ich, es möchte dir auf einer so großen Reise ein Unglück begegnen.« Ich verließ sie zornig über ihre Weigerung, jedoch höchst glücklich über die Nachricht, die sie mir von meinem Vater gegeben. Ich hatte sie aber kaum eine Viertelstunde verlassen, da wurde ich zu meinem Großvater, dem König Mutaa, gerufen.

 

Ich freute mich schon, denn ich dachte: Gewiß hat ihm meine Mutter gesagt, ich wollte nach Syrien reisen, und er hat sie bewogen, mir ihre Einwilligung zu erteilen. Als ich aber zu meinem Großvater kam, sah er mich grimmig an und sagte: »Wenn du dich nicht der härtesten Züchtigung aussetzen willst, so schlage dir deinen Reiseplan aus dem Kopf und aus dem Herzen, und sprich nie mehr davon.« Ich dachte: Gut, wenn ihr auf diese Weise mich behandelt, so will ich euch hintergehen. Als ich darauf wieder zu meiner Mutter kam, sagte ich ihr: »Wie konntest du meinen Scherz so ernst nehmen? Kenne ich von der ganzen Welt doch nur dieses Schloß, wie wollte es mir einfallen, allein eine Reise nach Damaskus zu machen? Das einzige, was ich wünschte, das wäre, den Siegelring meines Vaters an meinen Fingern tragen zu dürfen, um doch etwas von ihm zu haben.« – »Gebiete über alles, was ich besitze, und über mich selbst«, sagte meine Mutter, indem sie mir den Ring überreichte. Ich ging hierauf zu einem meiner Freunde, der auch Zaher hieß, wie mein Vater, und erzählte ihm alles, was zwischen mir und meiner Mutter und meinem Großvater vorgefallen, und sagte ihm, ich könnte keinen Augenblick mehr Ruhe finden, bis ich bei meinem Vater sein werde. Mein Freund Zaher stimmte mir bei und schwor, er wolle mich begleiten. Wir gingen sogleich an den Hafen und mieteten heimlich ein Schiff nach Syrien, auf das ich durch Zaher einige Kleidungsstücke und einen Beutel voll Gold und Edelsteine, die ich meiner Mutter entwendete, bringen ließ, und am folgenden Abend segelten wir ab. Der Wind war uns in den ersten zwei Tagen sehr günstig, am dritten Tage aber legte er sich nach und nach, die Segel wurden immer lockerer, das Schiff immer träger, bis zuletzt eine gänzliche Windstille eintrat, so daß das Schiff mitten auf dem Meer wie in dem verschlossensten Hafen unbeweglich dastand. Der Hauptmann erschrak sehr, als er dies sah, und sagte uns: »Seid auf eurer Hut vor den furchtbaren Seetieren, die auf diesem Meer hausen, und die zuweilen auf das Schiff steigen und die Mannschaft auffressen; setzet euch mit dem Schwert in der Hand auf den Rand des Schiffes, um sie zurückzustoßen.« In der folgenden Nacht, als ich mit der einen Hälfte der auf dem Schiff sich befindenden Kaufleute Wache hielt, während die andere Hälfte schlief, sah ich auf einmal etwas wie ein hoher Berg auf das Schiff zukommen; der Hauptmann, der es zu gleicher Zeit mit mir sah, schrie: »Wir sind verloren, hier naht sich uns ein Seetier, gegen das weder Schwert noch Lanze etwas vermögen, denn seine Haut ist so hart, daß man Schilder daraus macht, wenn man je ein solches Tier tot findet.« Indessen zog doch jeder sein Schwert und suchte das Tier, das immer näher kam, abzuschrecken, und als es nur noch ein paar Schritte von dem Schiff war und die große bewaffnete Menschenmasse darauf sah, zog es sich wirklich zurück. Aber bald darauf, als wir uns schon gerettet glaubten, kehrte es mit mehr als zweihundert seiner Gattung wieder. Schon rief der Hauptmann: »Nehmet Abschied von euren Freunden und betet zu Gott um Verzeihung eurer Sünden, denn heute ist der letzte Tage auf dieser und unser erster auf jener Welt.« Die Tiere hatten das Schiff schon von allen Seiten umzingelt und waren schon im Begriff hinaufzuspringen, als auf einmal ein heftiger Wind sich erhob, der das Schiff wie einen fliegenden Stern über sie wegtrieb; da jubelte alles, was auf dem Schiff war, und der Hauptmann warf, vor Freude außer sich, seinen Turban in die Höhe. Wir setzten nun bei immer günstigem Wind, klarem Himmel und ruhiger See unsere Reise dreißig Tag lang fort: Der eine sang, der andere rezitierte Gedichte, der dritte erzählte Märchen, so daß uns die Zeit recht angenehm verstrich. Am einunddreißigsten Tag aber bemerkten wir am Himmel einen schwarzen Punkt, nicht größer als ein Drachmen, und bald darauf wehte eine schneekalte Luft, so daß wir alle unsere Winterkleider anzogen. Der schwarze Punkt dehnte sich indessen immer mehr aus, bis er zuletzt sich über den ganzen Himmel verbreitete und man den Auferstehungstag nahe glaubte. Bald blitzte und donnerte es von allen Seiten her, die Wolken vergossen Tränen wie aus Wasserschläuchen, die See kochte und schäumte und trieb das Schiff im Kreis umher. Wir waren alle beschäftigt, das Wasser aus dem Schiff zu schöpfen, das der offene Himmel und das aufbrausende Meer zugleich füllten, aber bald fiel ein so zerschmetternder Hagel, daß wir nicht mehr auf dem Verdeck bleiben konnten, und kaum waren wir heruntergestiegen, als vier Wellen, wie die höchsten Berge von verschiedenen Seiten her gegen das Schiff schlugen und es so zerschmetterten, daß das größte Brett nur die Größe einer Schiefertafel behielt; alles, was auf dem Schiff war, sank in den Abgrund, nur ich hielt mich an einem Sack Mehl fest, das bekanntlich (?) vierzig Tag lang sich auf der Oberfläche des Wassers erhält, und schwamm darauf zwei Tage und zwei Nächte umher, von den Wellen manchmal bis zu den Sternen hinauf und wieder bis in den Abgrund hinuntergeschleudert. Aber am dritten Tage war ich so sehr von Hunger und Durst geschwächt und von der Nässe und Kälte erstarrt, daß ich nicht mehr Kraft genug hatte, mich an dem Mehl festzuhalten. Indessen hielt ich mich doch mit Hilfe der Wellen noch bis gegen Abend auf der Oberfläche des Wassers, da ich aber nicht mehr hoffen konnte, die Nacht zu überleben, hörte ich auf zu schwimmen und wollte durch einen schnellen Tod meinem Leiden ein Ende machen, als ich auf einmal etwas wie ein großes Feuer mitten auf dem Meer vor mir sah, Jetzt strengte ich von neuem alle meine noch übrige Kraft an, um mich dem Feuer zu nähern. Bald bemerkte ich aber, daß ich ein großes goldenes Schloß, von vier riesenhaften Genien getragen, für ein Feuer gehalten, denn es war so hell beleuchtet und so reich mit funkelnden Edelsteinen verziert, daß es über das ganze Meer wie die reinste Mittagssonne ein blendendes Licht verbreitete. Als ich nur noch ein paar Schritte davon entfernt war, hörte ich, wie jemand rief: »Nehmet den Verunglückten auf!« und sogleich flog ein Genius aus dem Schloß zu mir und trug mich hinein.