Za darmo

Tausend Und Eine Nacht

Tekst
0
Recenzje
iOSAndroidWindows Phone
Gdzie wysłać link do aplikacji?
Nie zamykaj tego okna, dopóki nie wprowadzisz kodu na urządzeniu mobilnym
Ponów próbęLink został wysłany

Na prośbę właściciela praw autorskich ta książka nie jest dostępna do pobrania jako plik.

Można ją jednak przeczytać w naszych aplikacjach mobilnych (nawet bez połączenia z internetem) oraz online w witrynie LitRes.

Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Djanschah weinte heftig bei diesen Worten über seine lange Trennung von seinen Eltern, über alles, was er auf der Reise leiden mußte, und über den Verlust seiner Mamelucken. Der Jude sagte ihm aber: »Weine nicht, Jüngling; bleibe bei uns, bis die Karawane kommt, dann schicken wir dich mit ihr in deine Heimat zurück.« Djanschah blieb nun zwei Monate lang bei dem Juden und ging jeden Tag aus, um die Stadt zu sehen. Als er eines Tages nach seiner Gewohnheit auf der Straße war und sich rechts und links umsah, hörte er, wie ein Mann ausrief: »Wer will tausend Dinare nehmen und ein wunderschönes Mädchen, und von morgens bis mittags eine Arbeit verrichten?« Der Mann rief lange so und niemand antwortete. Djanschah dachte: Das muß zwar keine leichte und gefahrlose Arbeit sein, die man mit tausend Dinaren und einem schönen Mädchen bezahlen will; indessen will ich mich doch melden. Er ging zum Ausrufer und sagte: »Ich will diese Arbeit verrichten.« Der Ausrufer nahm ihn bei der Hand und sagte: »Komm mit in die Wohnung dessen, bei dem die Arbeit geschehen soll.« Djanschah ließ sich von ihm in ein großes Haus führen, in dessen Hof ein Jude auf einem Stuhl von Ebenholz saß. Der Ausrufer sagte zu diesem: »Ich laufe nun schon drei Monate in der Stadt herum und rufe deine Arbeit aus, konnte aber niemanden finden, bis endlich dieser Jüngling sich hier meldete.« Der Jude bewillkommte Djanschah und hieß ihn sitzen; nachdem er eine Weile neben ihm saß, führte er ihn in das Wohnzimmer und gab einem Sklaven Befehl, zu essen zu bringen. Sie aßen miteinander, wuschen sich, dann tranken sie, und als sie getrunken hatten, holte der Jude einen Beutel mit tausend Dinaren und führte ein wunderschönes Mädchen an der Hand und sagte zu Djanschah: »Hier ist der versprochene Lohn für die Arbeit, die du zu verrichten hast; morgen früh sollst du ans Werk gehen.« Hierauf verließ er ihn.

Djanschah legte das Geld beiseite und brachte die Nacht auf dem Diwan neben dem Mädchen zu. Am folgenden Morgen kam der Jude zu ihm, führte ihn ins Bad und befahl den Sklaven, ihm ein seidenes Kleid nachzubringen. Als Djanschah aus dem Bad kam, überreichten ihm die Sklaven das seidene Kleid und führten ihn wieder nach Hause. Der Jude ließ dann allerlei Musiker und Getränke holen; man spielte und trank und scherzte, bis die halbe Nacht vorüber war; da zog sich der Jude in seinen Harem zurück, und Djanschah schlief wieder an der Seite seines Mädchens. Sobald aber der Morgenstern leuchtete, kam der Jude zu Djanschah und sagte ihm: »Ich wünsche nun, daß du mir meine Arbeit verrichtest.« Djanschah erwiderte: »Ich bin bereit zu allem, was du befiehlst.« Da ließ der Jude von seinen Sklaven zwei Maulesel bringen, hieß Djanschah den einen besteigen und ritt selbst auf dem zweiten. Nachdem sie von morgens bis Mittag auf dem Wege waren, kamen sie an einen unermeßlich hohen Berg. Der Jude stieg hier ab und befahl auch Djanschah abzusteigen. Er zog dann ein Messer und ein Seil aus der Tasche und sagte zu Djanschah: »Schlachte deinen Maulesel!« Djanschah schürzte sich auf, warf dem Maulesel den Strick um die Füße und stürzte ihn zu Boden. Dann sagte der Jude zu Djanschah: »Spalte dem Maulesel den Leib und schlüpfe hinein!« Als Djanschah hineinschlüpfte, nähte der Jude den Leib wieder zu, ging fort und verbarg sich im Gebirge.

Nach einer Weile kam ein großer Vogel herangeflogen, ergriff den Maulesel und trug ihn auf den Berg, um ihn zu essen. Sobald aber der Leib aufgepickt war, kroch Djanschah heraus und stellte sich aufrecht; da erschrak der Vogel vor ihm und flog davon. Djanschah sah sich rechts und links um, fand aber niemanden. Bald entdeckte er viele Totengebeine und Leichen in der Sonne verdorrt und schrie: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen!« Er blickte dann vom Berg herunter und sah den Juden unten stehen und hörte, wie er ihm zurief, er möchte ihm von den Steinen herunterwerfen, die auf dem Berg liegen, er wolle ihm dann den Weg angeben, auf welchem er wieder herunterkommen könne. Djanschah warf dem Juden etwa zweihundert Steine vom Berge herunter zu; es waren nichts als Rubine, Smaragde und andere kostbare Edelsteine. Als er aber dann dem Juden sagte: »Zeige mir nun den Weg, der mich herunterführen soll, ich werfe dir dann noch einmal so viele Steine zu!« gab ihm der Jude keine Antwort, sondern wickelte seine Edelsteine ein, lud sie auf den Maulesel, bestieg ihn selbst und ritt davon. Djanschah blieb nun allein auf dem Berg sitzen und weinte und schrie um Hilfe drei Tage lang. Am vierten Tag machte er sich auf und ging zwei Monate lang auf dem Berg umher, von rohen Pflanzen sich nährend. Endlich kam er an den Abhang des Berges; da sah er ein Tal vor sich mit vielen Bäumen und Bächen. Er kam bald an einen Pfad, neben welchem sich ein Bach ins Tal ergoß und stieg da hinunter. Nachdem er eine Weile im Tal umherging und nach allen Seiten sich umsah, erblickte er ein sehr hohes Schloß; er ging darauf zu und sah vor dem Tor einen alten Mann mit ehrwürdigem, strahlendem Gesicht, der in der rechten Hand ein Beil von Rubin hielt. Djanschah näherte sich ihm und grüßte ihn; der Alte erwiderte seinen Gruß, bewillkommte ihn und hieß ihn sitzen. Als Djanschah sich vor das Tor des Schlosses neben den Alten setzte, fragte ihn dieser: »Wie kommst du in dieses Land, das vor dir noch kein Sohn Adams betreten, und wo willst du hin?« Djanschah erinnerte sich an alle Mühseligkeiten und Leiden, die ihm auf der Reise widerfahren, und weinte so heftig, daß er nicht antworten konnte. Da sagte ihm der Alte: »Laß das Weinen, mein Sohn!« und holte ihm etwas zu essen. Djanschah aß, bis er satt war, und dankte Gott. Als er gegessen hatte, bat ihn der Alte wieder, ihm zu erzählen, wie er hierhergekommen, und Djanschah erzählte ihm alle Abenteuer seiner Reise bis zu seinem Zusammentreffen mit ihm; dann bat er den Alten, welcher ihm mit viel Aufmerksamkeit und Teilnahme zugehört hatte, ihm zu sagen, wem dieses Tal und dieses Schloß gehöre und wie er heiße. – Der Alte antwortete: »Wisse, mein Sohn, dieses Tal mit allem, was du darin siehst, so wie auch dieses Schloß, gehört unserm Herrn Salomo, dem Sohne Davids (Friede sei mit ihm!); mein Name aber ist Scheich Naßr und ich bin König der Vögel. Unser Herr Salomo hat mir dieses Schloß anvertraut und mich die Sprache der Vögel gelehrt und zum Herrscher über alle Vögel von der ganzen Welt ernannt; sie müssen sich jedes Jahr in diesem Schloß versammeln, und ich halte Musterung über sie.« Djanschah fragte weinend: »Was soll ich nun tun, um in meine Heimat zu kommen?« Der Alte antwortete: »Es bleibt dir nichts übrig, als hier zu warten, bis sich die Vögel versammeln; da gebe ich einem der Vögel den Auftrag, dich mitzunehmen; einstweilen kannst du hier im Schloß wohnen, essen und trinken und spazieren gehen.« Djanschah blieb bei Scheich Naßr und lebte mit ihm sehr angenehm, bis endlich die Vögel kamen, um Scheich Naßr zu besuchen. Bei der Ankunft der ersten Vögel übergab Scheich Naßr Djanschah die Schlüssel des Schlosses mit den Worten: »Bleibe du hier und ergehe dich im ganzen Schloß; nur die Tür eines Zimmers darfst du nicht öffnen, sonst geht es dir schlecht; nimm dich also wohl in acht!« Hierauf verließ Scheich Naßr das Schloß und ging den Vögeln entgegen. Sobald die Vögel Scheich Naßr erblickten, flogen sie zu ihm hin, und eine Gattung nach der anderen küßte ihm die Hand.

Djanschah ging indessen im Schloß umher und besuchte ein Gemach nach dem anderen, bis er endlich an die Tür kam, die ihm Scheich Naßr zu öffnen verboten hatte.

Die Türe war schöner als die aller übrigen Gemächer, und es hing ein goldenes Schloß davor. Da dachte Djanschah: Gewiß ist dies das schönste Zimmer im Schloß; ich möchte doch wissen, was darin ist, daß Scheich Naßr mir den Eingang verboten. Er blieb eine Weile nachdenkend stehen; dann sagte er: »Ich muß in dieses Zimmer und sehen, was darin ist; es kommt dem Menschen doch nur zu, was im Himmel über ihn bestimmt ist.« Er öffnete hierauf die Tür und sah einen großen Teich, neben welchem ein kleines Schloß gebaut war aus Gold, Silber und Kristall; die Fenster waren aus Rubin, und der Boden aus grünem Smaragd, Diamanten, Perlen und marmorfarbigen Edelsteinen. Mitten im Schloß war ein goldener Springbrunnen voll mit Wasser, und rund herum allerlei goldene und silberne wasserspeiende Tiere und Vögel, die, sooft der Wind ihnen in die Ohren wehte, jedes in seiner Sprache redete. Neben dem Springbrunnen war ein großer Saal mit einem Thron aus Rubin mit Perlen und Edelsteinen verziert, und über dem Thron war ein Zelt von grüner Seide aufgeschlagen mit allerlei Juwelen durchwirkt; das Zelt war fünfzig Ellen groß und dessen Boden mit einem Teppich bedeckt, der unserem Herrn Salomo gehörte. Hinter dem Schloß war ein Garten mit vielen Bächen und Fruchtbäumen, und ein Blumenbeet von Rosen, Jasminen, Nelken, Lilien, Narzissen, Veilchen, Anemonen und anderen wohlriechenden Blumen, die ein leiser Zephyr sanft umherschaukelte. Djanschah ging lange in diesem Garten umher, der unbeschreiblich viele Merkwürdigkeiten enthielt; dann bewunderte er wieder den schönen Teich, dessen Boden aus den kostbarsten Edelsteinen zusammengesetzt war.

Nachdem Djanschah alle Wunder des Gartens und Springbrunnens angestaunt hatte, ging er ins Zelt, das neben dem Springbrunnen aufgeschlagen war, bestieg den Thron, der darin stand, und schlief eine Weile. Als er erwachte, ging er wieder zum Zelt hinaus und setzte sich vor die Tür, um noch einmal dieses schöne Schloß zu bewundern.Einige der folgenden Nächte haben Ähnlichkeit mit denen aus der Geschichte Hasans aus Baßrah, konnten aber des Zusammenhangs willen nicht ausgelassen werden. Auf einmal kamen drei Vögel in der Gestalt von Tauben, aber so groß wie Adler, herbeigeflogen, ließen sich neben dem Teich nieder und spielten und scherzten eine Weile miteinander; dann zogen sie ihre Federn aus und sprangen in den Teich, und siehe da! Es waren drei Mädchen wie der Mond, dergleichen Djanschah in der Welt noch nie gesehen hatte. Er wußte nicht, was er am meisten bewundern sollte, ihr blühendes Gesicht mit seinen regelmäßigen Zügen oder das Ebenmaß und die Grazie ihres Wuchses. Nachdem sie eine Weile gebadet hatten, stiegen sie wieder ans Land und gingen im Garten spazieren. Djanschah verlor fast den Verstand, als er sie in der Nähe sah; er lief ihnen nach und grüßte sie. Als sie seinen Gruß erwiderten, fragte er sie: »Wer seid ihr, meine Damen, und wo kommt ihr her?« Da sagte die Jüngste unter ihnen: »Wir kommen aus dem Reiche Gottes, um in diesem Garten ein wenig spazieren zu gehen.« Djanschah blieb eine Weile betroffen; dann sagte er: »O habe doch Mitleid mit mir und mit meinem Zustand, es sind mir schon gar zu viele Leiden im Leben zugestoßen.« Das Mädchen antwortete: »Ich kann dir nicht helfen; geh‘ deines Weges!«

 

Djanschah weinte heftig über diese Antwort, denn er war schon in Liebe und Verlangen aufgelöst, und er sprach folgende Verse:

»Sie erschien mir im Garten im grünen Gewande mit aufgelöstem Gürtel und herunterhängenden Haaren; ich frage sie nach ihrem Namen, und sie antwortet: Ich bin die, welche das Herz der Liebenden wie mit heißen Kohlen entzündet. Da klage ich ihr die Qualen der Liebe und sie antwortet: Du klagst einem Felsen, weißt du das nicht? Ich erwidere: Wäre auch dein Herz ein Felsen, hat nicht Gott Wasser aus einem Felsen entspringen lassen?«

Die Mädchen machten sich über diese Verse lustig und fuhren fort, zu scherzen und zu spielen und zu singen. Djanschah brachte ihnen dann einige Früchte, die sie aßen; dann legten sie sich nieder und schliefen die ganze Nacht in der Nähe von Djanschah. Als der Morgen leuchtete, zogen sie ihre Kleider wieder an und flogen in der Gestalt von Tauben davon. Djanschah sah sie vor seinen Augen verschwinden und verlor fast seinen Verstand darüber; er schrie laut auf und fiel in eine Ohnmacht, die den ganzen Tag dauerte.

Scheich Naßr aber war inzwischen von seiner Zusammenkunft mit den Vögeln zurückgekehrt und hatte schon einige Vögel gebeten, Djanschah in seine Heimat zu bringen, was die Vögel auch gerne tun wollten; er suchte Djanschah überall im Schloß, konnte ihn aber nirgends finden. Endlich kam er an die Tür des verschlossenen Gemachs und fand sie offen; da dachte er: Djanschah müsse trotz seines Verbotes hineingegangen sein; und als er vor das Schloß kam, fand er ihn ohnmächtig auf dem Boden liegen.

Als Djanschah durch die Pflege des Scheichs Naßr aus seiner Ohnmacht erwachte, seufzte er vor Liebe und Sehnsucht und rezitierte folgende Verse:

»Sie erschien wie der Mond in der Nacht der Seligkeit, mit zarten Hüften und schlankem Wuchs und einem Auge, so reizend, daß es jedes Herz fesselt; die Röte ihrer Lippen glich Rubinen, und lange, schwarze Haare bedeckten ihren Rücken. Hüte dich wohl vor ihr, denn ihr Herz ist härter als ein Fels; aus den Bogen ihrer Augenbrauen sendet sie Pfeile ab, die auch aus der Ferne nie das Ziel verfehlen.«

Als Scheich Naßr diese Verse hörte, sagte er: »Mein Sohn, habe ich dich nicht vor der verschlossenen Tür gewarnt? Warum hast du mein Gebot nicht beobachtet?« Djanschah weinte so heftig, daß er lange nicht imstande war, Scheich Naßr zu erzählen, was ihm in seiner Abwesenheit widerfahren. Dann bat er ihn, ihm zu sagen, wer die drei Mädchen waren, die ihm als Tauben erschienen. Scheich Naßr antwortete: »Diese drei Tauben sind Genientöchter, die jedes Jahr einmal hierher kommen, um in diesem Garten auszuruhen, und dann wieder in ihre Heimat zurückkehren.« – »Und wo ist denn ihre Heimat?« fragte Djanschah. Scheich Naßr antwortete: »Bei Gott! Mein Sohn, das weiß ich selbst nicht! Darum rate ich dir: Mache dich jetzt auf; ich will dich mit den Vögeln in deine Heimat schicken. Denke nicht mehr an diese Mädchen, die dir ewig unerreichbar bleiben!« Djanschah stieß ein furchtbares Geschrei aus, als er diese Worte hörte, und fiel wieder in Ohnmacht. Als er wieder zu sich kam, sagte er zu Scheich Naßr: »O mein Vater! Ich werde nicht in meine Heimat zurückkehren, bis ich diese Mädchen wieder gesehen, ich will lieber hier sterben; laß mich hier bleiben, ich bin zufrieden, wenn ich sie nur jedes Jahr einmal sehe.« Er warf sich dann Scheich Naßr zu Füßen und küßte sie, und fuhr heftig weinend fort: »Habe Mitleid mit mir, Gott wird sich auch deiner erbarmen; hilf mir in meiner Not, Gott wird auch dir helfen!« Da sagte ihm Scheich Naßr: »Bei Gott! Mein Sohn, ich weiß nicht, wer diese Mädchen sind; doch wenn deine Liebe so heftig ist, so bleibe noch ein Jahr bei mir; sie müssen gewiß das nächste Jahr um diese Zeit wiederkehren; da verbirgst du dich im Garten unter einem Baum, und wenn sie in den Teich steigen, um zu baden und zu scherzen, und recht weit von ihren Kleidern sind, da springst du hervor und nimmst das Kleid derjenigen von ihnen, die dir am besten gefällt. Wenn dann die Mädchen dich bemerken, werden sie ans Land steigen und die, deren Kleid du genommen, wird dich mit süßen Worten und rührender Stimme bitten, ihr das Federnkleid zurückzugeben. Gibst du ihr dann Gehör, so bleibt dir kein Mittel mehr übrig, sie an dich zu fesseln, denn sobald sie ihr Kleid wieder anzieht, fliegt sie in ihre Heimat, und du siehst sie nie mehr wieder. Nimm daher ihr Kleid unter den Arm und gib es ihr ja nicht zurück, bis ich von der Zusammenkunft mit den Vögeln zurückkehre, da will ich euch verbinden und zusammen in deine Heimat zurücksenden. Das ist alles, mein Sohn, was ich für dich tun kann, sonst nichts.«

Djanschah beruhigte sich bei diesen Worten und blieb noch ein ganzes Jahr bei Scheich Naßr, bis endlich die Zeit der Zusammenkunft mit den Vögeln wiederkehrte; da kam Scheich Naßr und sagte zu ihm: »Ich gehe jetzt wieder zur Versammlung der Vögel; beherzige wohl, was ich dir geraten in bezug auf die Kleider der Mädchen.« Djanschah versprach ihm, alles zu befolgen, und wünschte ihm Glück zur Reise. Sobald Scheich Naßr fort war, ging Djanschah in den Garten und verbarg sich unter einem stark belaubten Baum, und wartete darunter drei Tage lang; da aber niemand kam, war er sehr betrübt und niedergeschlagen und weinte, bis er in Ohnmacht fiel. Nach einer Weile, als er wieder zu sich kam, sah er bald nach dem Himmel, bald auf die Erde, bald in den Teich, und sein Herz zitterte vor Liebe und Verlangen. Auf einmal kamen drei Tauben aus der Luft und ließen sich neben dem Teich nieder. Sie drehten sich nach allen Seiten um, und als sie niemanden, weder einen Menschen noch einen Genius erblickten, entkleideten sie sich, stiegen in den Teich und spielten und scherzten miteinander. Als sie glänzend wie neugegossenes Silber im Wasser umherschwammen, sagte die älteste zu den anderen: »Wie wäre es, wenn jemand in diesem Garten verborgen wäre?« Die mittlere antwortete: »Wo denkst du hin? Seit der Zeit unseres Herrn Salomo ist weder ein Mensch noch ein Genius in dieses Schloß gekommen.« Hierauf sagte die jüngste lachend: »O wenn jemand im Garten verborgen wäre, würde er gewiß mich rauben!« Dann scherzten sie wieder untereinander und schwammen im Teich umher. Djanschah, der unter dem Baum hervor sie ungesehen beobachten konnte, wartete mit zitterndem Herzen, bis sie mitten im Teich waren, recht weit von ihren Kleidern, dann sprang er hervor wie ein Blitz und nahm das Federnkleid der Jüngsten, welche Schemsiah hieß. Als die Mädchen sich umdrehten und Djanschah erblickten, tauchten sie vor Scham unter das Wasser; dann hoben sie nur den Kopf aus dem Wasser hervor, näherten sich dem Ufer und fragten ihn: »Wie kommst du hierher und wer bist du, daß du Schemsiahs Kleider nimmst?« Djanschah antwortete: »Kommt nur näher her zu mir, da will ich euch erzählen, wie es mir gegangen.«

Da sagte Schemsiah. »Wer bist du, daß du gerade meine Kleider gestohlen, und mich hier ohne Bedeckung gelassen?« Djanschah antwortete: »O Licht meines Auges, Innerstes meines Herzens, steige nur ans Land, da will ich dir alles sagen, wie ich dich kennengelernt und warum ich hierher gekommen.« Schemsiah sagte: »O mein Herr, Freude meines Auges, Frucht meines Herzens, gib mir meine Kleider, daß ich meine Scham bedecke, dann will ich zu dir kommen.« – »Ich will mich nicht selbst vor Liebesgram ins Grab stürzen; ich kann dir deine Kleider nicht zurückgeben, bis Scheich Naßr kommt.« – »Wenn du mir meine Kleider nicht geben willst, so warte, bis meine Schwestern angezogen sind, daß sie mir etwas bringen, um mich zu bedecken.« —»Das will ich recht gern«, sagte Djanschah und ging einstweilen voraus ins Schloß. Die Mädchen stiegen dann ans Land, und die ältesten gaben der jüngsten einen Teil ihrer Kleider, mit denen sie aber nicht fliegen konnte, und sie gingen zusammen ins Schloß zu Djanschah, der auf dem Thron saß. Schemsiah, die wie der Mond oder wie eine weidende Gazelle aussah, setzte sich neben ihn und sagte: »O schöner Jüngling, der du dich und uns ins Verderben gestürzt, erzähle mir nun, was dir widerfahren.« Djanschah fing an zu weinen, bis alle seine Kleider von Tränen benetzt waren; aber Schemsiah trocknete ihn ab und war so liebevoll gegen ihn, daß er bald gefaßt genug war, seine ganze Geschichte zu erzählen.

Als Djanschah seine Erzählung vollendet hatte, stand Schemsiah auf und sagte: »Mein Herr, wenn du mich wirklich liebst, so gib mir meine Kleider, daß ich mit meinen Schwestern zu meinen Eltern zurückkehre und ihnen von deiner Liebe zu mir erzähle; dann komme ich wieder hierher zu dir und bringe dich in deine Heimat,« Djanschah sagte weinend: »Erlaubt dir dein Gott, daß du mich unschuldigerweise tötest?« – »Wieso das?« fragte Schemsiah. »Ich weiß«, erwiderte Djanschah, »daß, wenn du deine Kleider anziehst, du mich verläßt, und ich muß sogleich sterben.« Schemsiah lachte über diese Worte und ihre Schwestern lachten mit ihr. Dann sagte sie: »Sei frohen Herzens, ich will dich heiraten.« Sie umarmte ihn hierauf, drückte ihn an ihre Brust und küßte ihn auf die Wangen und zwischen die Augen. Nachdem sie sich lange umarmt hatten, setzten sie sich wieder auf den Thron, und Schemsiah sagte zu Djanschah: »O mein Geliebter, Freude meines Auges, bei Gott; ich liebe dich sehr und werde mich nie von dir trennen!« Diese Worte erleichterten Djanschahs Brust und erheiterten sein Gesicht. Sie aßen dann miteinander einige Früchte, welche die älteste Schwester aus dem Garten holte, und bald darauf kam Scheich Naßr zurück. Da standen alle vor ihm auf und grüßten ihn. Er erwiderte ihren Gruß, bewillkommte sie und hieß sie wieder sitzen. Als sie wieder Platz genommen hatten, sagte er zu Schemsiah: »Ich empfehle dir diesen Jüngling hier, der dich sehr leidenschaftlich liebt; er ist von edler Geburt, sein Vater ist Sultan im Lande Kabul.« Schemsiah sagte: »Ich gehorche dir in allem, was du mir befiehlst«, und küßte Scheich Naßr die Hand. Scheich Naßr versetzte hierauf: »Wenn du aufrichtig bist, so schwöre mir bei Gott, daß du ihm nie untreu werden willst, solange du lebst.«

Schemsiah schwor einen schweren Eid, daß sie Djanschah heiraten, ihm stets treu bleiben und sich nie von ihm trennen wolle, solange sie lebe. Als sie diesen Eid geschworen hatte, glaubte ihr Scheich Naßr und rief freudig aus: »Gelobt sei Gott, der euch beide vereinigt!« Djanschah war vor Freude außer sich und lebte noch drei Monate mit Schemsiah in Scheich Naßrs Schloß in den schönsten irdischen Genüssen. Nach drei Monaten sagte sie zu Djanschah: »Nun wünsche ich, daß du in deine Heimat zurückkehrst, damit wir uns dort verheiraten.« Djanschah ging zu Scheich Naßr und teilte ihm Schemsiahs Wunsch mit. Scheich Naßr sagte: »Kehre in deine Heimat mit ihr zurück und laß sie dir empfohlen sein; du kannst ihr ohne Furcht ihre Kleider zurückgeben, sie wird dich nie mehr verlassen.« Djanschah ging ins Schloß und holte Schemsiahs Kleider und gab sie ihr. Als sie sie angezogen hatte, sagte sie ihm: »Steige nun auf meinen Rücken, drücke deine Augen und deine Ohren zu, damit dich das Geräusch der Himmelssphäre nicht zerschmettere; halte dich mit der Hand recht fest an meinem Rücken und nimm dich wohl in acht, daß du nicht herunterfällst.« Djanschah bestieg ihren Rücken, und Scheich Naßr belehrte sie über die Lage des Landes Kabul, damit sie den Weg dahin finde. Dann empfahl er ihr noch einmal Djanschah und nahm von beiden Abschied. Schemsiah verabschiedete sich hierauf von ihren beiden Schwestern und sagte ihnen: »Geht nun in eure Heimat zurück und erzählt zu Hause, was mir mit Djanschah begegnet.« Dann flog sie in einem fort von morgens bis abends, und Djanschah hielt sich fest an ihrem Rücken. Gegen Abend erblickte sie in der Ferne ein Tal mit vielen Bäumen, Früchten und Bächen; da sagte sie zu Djanschah: »Wir wollen uns ein wenig in diesem Tal ergehen und diese Nacht darin ausruhen.« Djanschah erwiderte: »Tue, was dir gut dünkt.« Sie ließ sich hierauf aus der Luft auf die Erde herunter, Djanschah stieg von ihrem Rücken ab und küßte sie zwischen die Augen; sie setzten sich eine Weile an das Ufer eines Flusses, dann gingen sie spazieren und aßen von den Früchten des Tales, bis es Nacht wurde; da legten sie sich unter einen Baum und schliefen die ganze Nacht. Des anderen Morgens stand Schemsiah auf und hieß Djanschah wieder auf ihren Rücken steigen, und flog wieder in einem fort bis Mittag; da erkannte sie die Merkmale, die ihr Scheich Naßr vom Lande Kabul gegeben, und ließ sich in eine schöne, weite Wiese herab, wo viele Bäche flossen und viele Gazellen umherhüpften. Als sie auf den Boden kam, stieg Djanschah ab und küßte sie zwischen die Augen. Da sagte Schemsiah: »Weißt du, mein Geliebter, welche Reise wir in zwei Tagen zurückgelegt?« Djanschah antwortete: »Bei Gott, ich weiß es nicht!« – »Wir haben«, fuhr sie fort, »eine Reise von dreißig Monaten gemacht.« Djanschah dankte Gott und setzte sich neben Schemsiah. Auf einmal, als sie so beisammen saßen und aßen und tranken und scherzten, kamen zwei Mamelucken auf sie zu, von denen der eine zur Zeit, wo Djanschah mit seinem Vater auf die Jagd gegangen war, die Pferde gehalten hatte, während Djanschah den Nachen bestieg. Sie küßten Djanschah Hände und Füße, als sie ihn erkannten, und sagten: »Dein Vater jagt hier in der Nähe; wir wollen ihm schnell deine Ankunft melden.« Djanschah antwortete: »Tut dies; dann bringt Zelte herbei: Wir wollen hier eine Woche ausruhen, damit alle Fürsten und Heerführer mir hierher entgegenkommen, und ich dann mit Pomp und Glanz meinen Einzug halte.«

 

Die beiden Mamelucken bestiegen ihre Pferde und ritten zu Djanschahs Vater und sagten: »Gute Nachricht, o König der Zeit!« Als der König Tighanus dies hörte, sagte er: »Wehe euch, bringt ihr mit etwa Botschaft von meinem Sohne Djanschah?« Die Mamelucken antworteten: »Ja wohl, dein Sohn Djanschah ist von seiner Reise zurückgekehrt; er ist hier in der Nähe.« Der König verlor das Bewußtsein bei diesen Worten. Als er wieder zu sich kam, freute er sich sehr, befahl seinem Vezier, jedem der Mamelucken ein Ehrenkleid zu schenken für tausend Dinare und noch einen Beutel voll Geld dazu. Der Vezier holte sogleich nach dem Befehl des Königs zwei Ehrenkleider und zwei Beutel voll Geld, gab sie den zwei Mamelucken und sagte ihnen: »Hier habt ihr den Lohn für die frohe Botschaft, die ihr überbracht, ihr möget wahr gesprochen oder gelogen haben.« Da versetzten die Mamelucken: »Wir lügen nicht, wir sind eben bei Djanschah gesessen, haben ihn gegrüßt und ihm die Hand geküßt; auch hat er uns befohlen, Zelte zu holen, weil er sieben Tage in der Wiese verweilen will, bis alle Emire, Fürsten und Prinzen ihm entgegenkommen.« Als der König Tighanus dies hörte, ließ er in die Trompeten stoßen und Botschafter umherreiten, um die Ankunft Djanschahs allenthalben zu verkünden; auch sandte er einen Eilboten an Djanschahs Mutter, um ihr die Rückkehr ihres Sohnes zu melden. Dann zog der König Tighanus mit vielen Truppen in die Wiese, wo Djanschah neben Schemsiah saß. Djanschah stand auf, als er die Truppen bemerkte und ging ihnen entgegen. Alle Reiter stiegen von ihren Pferden ab, als sie den Prinzen erblickten, grüßten ihn und küßten seine Hände. Djanschah ging immer vorwärts an den Truppen vorüber, bis er zu seinem Vater kam. Als dieser Djanschah erblickte, sprang er vom Pferd herunter, umarmte ihn und weinte heftig. Dann bestieg er sein Pferd wieder, Djanschah ritt ihm zur Rechten und die Truppen folgten. Hierauf wurden Zelte aufgeschlagen und Fahnen aufgesteckt, und die Trompeten erschallten von allen Seiten. Der König ließ für Schemsiah ein Zelt von roter Seide aufschlagen, und als sie eine Weile darin ausgeruht hatte, besuchte er sie mit dem Prinzen. Als Schemsiah den König Tighanus sah, stand sie auf und verbeugte sich vor ihm. Er setzte sich, ließ den Prinzen zu seiner Rechten und Schemsiah zu seiner Linken Platz nehmen, bewillkommte letztere und fand viel Wohlgefallen an ihr.

Der König ließ sich dann von seinem Sohn alles erzählen, was ihm während seiner Abwesenheit widerfahren, und als er dessen Erzählung angehört hatte, wendete er sich zu Schemsiah und sagte: »Gelobt sei Gott, der dich mit meinem Sohn vereinigt! Wünsche dir nun etwas, ich werde es dir gewähren, was es auch sein mag!« Sie sagte: »Ich wünsche, daß du mir ein Schloß bauen lassest mitten in einem Garten, am Ufer eines Flusses.« Der König antwortete: »Dein Wille geschehe!« Während dieses Gesprächs kam Djanschahs Mutter mit den Frauen der Fürsten und Veziere und aller Vornehmen der Stadt. Als Djanschah sie kommen sah, ging er ihr entgegen zum Zelte hinaus. Bei dem Anblick ihres Sohnes verlor sie fast den Verstand vor Freude; sie fiel ganz außer sich über ihn her und hielt ihn lange umarmt. Dann sagte sie weinend folgenden Vers:

»Die Freude stürmt so gewaltig über mich her, daß ich vor allzu großem Entzücken weinen muß; mein Auge hat sich so sehr ans Weinen gewöhnt, daß nun die Freude ihm wie einst der Gram Tränen entlockt.«

Während sie so einander die Schmerzen der Trennung und Sehnsucht klagten, kamen auf einmal Boten, welche Schemsiahs Ankunft meldeten, die ihre Schwiegermutter zu begrüßen kam. Djanschahs Mutter ging ihr entgegen, grüßte und umarmte sie, und begleitete sie wieder mit allen Frauen der Fürsten und Staatsoberhäuptern in ihr Zelt zurück und brachte zehn Tage in allerlei Festlichkeiten bei ihr zu. Der König, der auch so lange in seinem Zelt geblieben war, befahl nun den Truppen, in die Stadt zu ziehen, und er ritt selbst an der Spitze, von zahlreichem Gefolge umgeben. Die Stadt wurde mit Atlas und anderen Seidenstoffen, farbigem Tuch und sonstigem Zierat ausgeschmückt. Die Vornehmen des Reiches veranstalteten allerlei Feste, und die Armen und Bedürftigen wurden reichlich gespeist.

Nach zehn Tagen schickte der König Tighanus zu sachverständigen Baumeistern und Geometern und befahl ihnen, ein Schloß mitten in seinem Garten anzulegen. Die Baumeister entwarfen einen Plan zur Erbauung des Schlosses, und als der Grund gelegt wurde, ließ Djanschah eine weiße marmorne Säule herbeischaffen und befahl den Arbeitsleuten, sie wie ein Rohr auszuhöhlen. Als dies geschehen war, nahm er Schemsiahs Kleid und legte es in diese Säule, die er dann in den Grund versenken und mit einem Gewölbe überbauen ließ. Sobald das Schloß vollendet war, ließ es der König ausmöblieren, und bald darauf wurde Djanschahs Hochzeit in diesem Schloß gefeiert. Als aber Schemsiah das Schloß betrat, stieg ihr der Geruch ihres Kleides entgegen und leitete sie auf den Platz, wo es verborgen war. Nun ging sie mit dem Gedanken um, sich desselben wieder zu bemeistern. Aber sie mußte warten, bis die Hochzeitsgäste das Schloß verließen und Djanschah in ihren Armen eingeschlafen war.

Gegen Mitternacht, als er in tiefen Schlaf versunken war, stand sie leise auf, ging zur Säule hin, grub das Gewölbe auf, das darüber gebaut war, bis sie zur Säule gelangte, in welcher das Kleid war; dann zerschnitt sie das Blei, das darüber gegossen war, nahm das Kleid heraus, zog es an und flog auf die Terrasse des Schlosses; von hier aus rief sie ihren Leuten zu, sie möchten Djanschah wecken, damit sie von ihm Abschied nehme. Als Djanschah heraustrat und Schemsiah auf der Terrasse des Schlosses in ihrem Federnkleid sitzen sah, sagte er: »Was hast du getan?« Sie antwortete: »O mein Geliebter, Freude meines Auges! Bei Gott, ich liebe dich sehr und bin dir sehr gern hierher gefolgt; auch habe ich mich mit deinem Vater und deiner Mutter gefreut; aber länger will ich doch nicht hier bleiben. Wenn du mich nun auch liebst, so folge mir zur Zitadelle von Edelsteinen.« Sobald sie diese Worte gesagt hatte, flog sie davon und kehrte zu den Ihrigen zurück. Djanschah wurde fast wahnsinnig, als er sie verschwinden sah, und fiel ohnmächtig zu Boden.