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Tausend Und Eine Nacht

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Der Todesengel vor zwei Königen und einem Frommen

Man erzählt ferner: Einer der älteren Könige wollte sich einst im höchsten Glanz, von allen Großen des Reiches umgeben, seinem Volke zeigen. Er befahl allen seinen Freunden und Emiren, sich zu einer Musterung vorzubereiten, ließ sich von seinem Kammerdiener die kostbarsten Kleider bringen und von seinem Stallmeister die schönsten Pferde vorführen, und nachdem er das schönste gewählt hatte, ritt er, ganz in Gold und Perlen und allerlei Edelsteine gehüllt, mit glänzendem Gefolge von seinem Schloß weg und begab sich mitten unter seine Truppen. Hier ließ er seinen Renner stolz umhertummeln, Satan blies Eitelkeit und Hochmut in seine Nase, so daß er voll Selbstgefallen zu sich selbst sagte: Wer in der Welt kann sich mit mir vergleichen?

Während der König so stolz umhersprengte und vor Hochmut niemanden ansah, kam auf einmal ein Mann in zerrissenen Kleidern auf ihn zu und grüßte ihn. Der König erwiderte seinen Gruß nicht. Da ergriff der Mann die Zügel seines Pferds. Als der König dies sah, sagte er ihm; »Ziehe deine Hand zurück, du weißt nicht, wessen Zügel du ergriffen.« – »Ich habe ein Anliegen.« – »Warte, bis ich absteige, dann magst du mir dein Anliegen vortragen.« – »Ich kann nicht warten, bis du absteigst, mein Geschäft leidet keinen Aufschub.« – »So sprich denn!« – »Ich muß es dir geheim sagen.« Da neigte der König sein Ohr zu ihm hin und der Mann sagte ihm ins Ohr: »Ich bin der Todesengel und komme, um deine Seele zu holen.« – »Warte doch, bis ich nach Hause gehe, und meiner Frau und meinen Kindern und meinen Nachbarn Lebewohl sage.« – »Das kann nicht sein, die siehst du nie mehr wieder; deine Lebenszeit ist vorbei, ich muß sogleich deine Seele haben.« Sobald der Todesengel dies gesagt hatte, fiel der König von seinem Pferd tot zur Erde. Der Todesengel begab sich hierauf zu einem frommen, gottgefälligen Mann, grüßte ihn und sagte ihm: »Ich habe dir, o frommer Mann, ein Geheimnis anzuvertrauen.« – »Sage mir es ins Ohr.« – »Ich bin der Todesengel.« – »Sei mir willkommen! Gelobt sei Gott, der dich zu mir gesandt; ich erwarte deine Ankunft schon seit langer Zeit mit vieler Sehnsucht.« – »Wenn du vorher irgend ein Geschäft zu verrichten hast, so tue es.« – »Ich kenne kein wichtigeres Geschäft, als meinem Herrn zu begegnen.« – »Wie soll ich deine Seele holen? Denn Gott hat mir befohlen, ich möchte dir die Wahl lassen.« – »So warte, bis ich mich wasche und bete, dann töte mich beim Niederfallen.« Der Mann wusch sich nun und betete, und als er betend niederfiel, nahm der Engel seine Seele und brachte sie an den Ort des Erbarmens, der Verzeihung und der Seligkeit.

Ebenso wird erzählt: Ein gewisser König sammelte einst unzählbare Schätze und schaffte sich alles in der Welt an, was zu seinem Vergnügen und zu seiner Bequemlichkeit dienen konnte; er ließ sich ein großes, hohes Schloß bauen, wie es die mächtigsten Sultane nur hatten, mit zwei festen Toren, die von vielen Dienern und Soldaten und Pförtnern bewacht wurden. Eines Tages befahl er seinem Koch, eine Mahlzeit von den ausgesuchtesten Speisen zuzubereiten, und lud alle seine Freunde, seine ganze Familie und viele seiner Beamten dazu ein. Als er bei der Mahlzeit auf seinem königlichen Sofa an ein Kissen gelehnt ganz stolz da saß, sagte er zu sich selbst: Du hast dir alle Annehmlichkeiten der Welt verschafft, jetzt genieße sie auch und freue dich des Lebens und des Glücks, um das du dich solange bemüht. Kaum hatte er dieses Selbstgespräch geendet, als ein Mann in zerrissenen Kleidern, mit einem Bettelsack am Hals hängend, so stark an die Tür des Schlosses klopfte, daß das ganze Schloß zitterte und der Thron des Königs wankte. Die Diener liefen erschrocken zur Tür und riefen dem Klopfenden zu: »Wehe dir! Was ist das für eine Ungezogenheit und Frechheit? Warte, bis der König gespeist hat, dann wird man dir etwas geben von dem, was übrig bleibt.« Der Fremde sagte zu den Dienern: »Saget eurem Herrn, er soll zu mir herauskommen, ich habe ihm etwas sehr Wichtiges mitzuteilen.« Die Diener versetzten: »Wer bist du, Elender, daß du den König zu dir herausbitten läßt?« Er erwiderte: »Sagt ihm nur, was ich euch aufgetragen.« Sie gingen nun zu ihrem Herrn und meldeten es ihm. Da sagte der König: »Habt ihr ihn nicht angeschrieen und fortgejagt?« Während aber der König dies sagte, klopfte es noch einmal an die Tür, heftiger als zum ersten Male. Die Diener sprangen auf die Türen zu mit Stöcken und Waffen, um den Klopfenden zu schlagen. Aber er schrie sie an: »Bleibt an eurer Stelle! Ich bin der Todesengel.« Da zitterte ihr Herz, ihr Verstand und ihr Mut verließ sie, und sie konnten vor Angst kein Glied mehr bewegen. Der König rief ihm zu: »Töte jetzt einen anderen statt meiner!« Aber der Todesengel erwiderte: »Ich bin nur deinetwillen gekommen und werde keines anderen Leben nehmen. Ich will dich von allen Schätzen, die du aufgehäuft, und von allen Annehmlichkeiten, die du dir verschafft, trennen.« Als der König dies hörte, seufzte und weinte er und schrie: »Gott verdamme das Geld, das mich verblendet und abgehalten hat, meinem Herrn, gepriesen sei sein Name, zu dienen. Ich glaubte, es würde mir nützen, aber es war zu meinem Verderben, denn nun soll ich mit leeren Händen abziehen und es meinen Feinden überlassen.«

Da verlieh aber der erhabene Gott dem Geld eine Sprache und es rief aus: »Warum fluchst du mir? Fluche dir lieber selbst! Denn Gott hat uns beide, dich und mich, aus Staub geschaffen; mich hat er aber in deine Hand gegeben, damit du dir durch mich Vorrat für jene Welt verschaffest, damit du den Armen und Schwachen Almosen gebest, und Moscheen und Brücken und andere Gebäude zum allgemeinen Wohl errichten lassest; statt dessen hast du mich aber eingespeichert und nur zu deinem Vergnügen verwendet; du hast meinen Wert nicht anerkannt, darum mußt du mich jetzt deinen Feinden überlassen, und dir bleibt nur Verderben und Reue; aber was kann ich dafür, daß du mich anklagest?« Sobald das Geld so gesprochen hatte, nahm der Todesengel des Königs Seele, während er noch auf seinem Thron saß. So spricht Gott der Erhabene im Koran: »Während sie sich freuen mit dem, was ihnen gegeben worden, nehmen wir sie plötzlich weg und geben sie der Verzweiflung preis.«

Alexander und ein gottesfürchtiger König

So erzählt man auch: Alexander der Zweihörnige sah auf seinen Zügen ein schwaches Volk, das gar nichts von den Annehmlichkeiten der Welt besaß. Sie begruben ihre Toten vor den Türen ihrer Häuser, besuchten beständig diese Gräber, und kehrten den Staub davon ab und beteten darauf zu Gott; ihre Nahrung bestand ganz allein aus Kräutern und Pflanzen der Erde. Da schickte Alexander jemanden zu ihrem König und ließ ihn zu sich bitten. Aber der König dieses Volkes sagte: »Ich habe nichts bei ihm zu schaffen.« Alexander ging zu ihm und fragte ihn, wie es ihm und seinem Volke gehe. Er sehe weder Gold noch Silber bei ihnen, auch gar nichts, was zu den Annehmlichkeiten des Lebens gehöre.

Der König erwiderte: »Was nützen die Annehmlichkeiten des Lebens? Es wird doch niemand mit dem, was er besitzt, zufrieden.« Alexander fragte ihn dann, warum sie ihre Toten vor ihren Häusern begraben. Der König antwortete: »Damit wir sie stets vor Augen haben, immer an den Tod denken und nie jenes Leben vergessen, damit die Liebe zur Welt aus unserem Herzen weiche und uns nicht von der Verehrung Gottes abziehe.« – »Und warum«, fragte Alexander, »nährt ihr euch von Pflanzen?« – »Weil wir nicht unseren Leib zum Grabe der Tiere machen wollen«, erwiderte der König; »denn schmackhafte Speisen machen nicht das Glück eines Menschen aus.« Dann zog er einen Menschenschädel heraus, legte ihn vor Alexander hin und fragte: »Weißt du, wer das war?« – »Nein«, antwortete Alexander. »Es war«, versetzte der König, »ein sehr mächtiger Sultan, der seine Untertanen tyrannisierte, die Schwachen unterdrückte und seine ganze Zeit verwendete, weltliche Gegenstände zu sammeln. Gott hat nun seine Seele genommen und ihr die Hölle als Wohnort angewiesen, und hier ist sein Kopf.« Dann zog er einen anderen Schädel heraus und fragte: »Kennst du diesen?« – »Nein«, antwortete Alexander. »Dieser war«, fuhr der König fort, »ein gerechter König der Erde, ein Wohltäter seiner Untertanen; Gott hat seiner Seele im Paradiese einen hohen Rang angewiesen.« Alexander mußte laut weinen; dann drückte er den König an sein Herz und sagte ihm: »Wenn du bei mir leben willst, so ernenne ich dich zu meinen Vezier und teile mein Königreich mit dir.« Der König antwortete: »Das sei fern von mir! Dazu habe ich keine Lust.« – »Und warum?« fragte Alexander. »Darum«, erwiderte der König, »weil alle Leute wegen deiner Macht und deines Reichtums dich hassen, während sie mich in meiner Armut und Genügsamkeit aufrichtig lieben; darum gelüste ich weder nach Macht, noch nach anderen weltlichen Vorzügen.« Alexander drückte ihn noch einmal an sein Herz, küßte ihn und ging weiter.

Nuschirwan erforscht den Zustand seines Landes

Man erzählt auch: Der gerechte König Nuschirwan stellte sich einst krank und sagte seinen Freunden und Vertrauten, die Ärzte hätten ihm zu einer Arznei alte Ziegelsteine aus einem verwüsteten Dorf verordnet. Es wurden Boten nach allen Teilen des Königreiches geschickt, aber sie kamen zurück und sagten: »Wir haben nirgends ein verwüstetes Dorf gefunden.« Da freute sich Nuschirwan, dankte Gott und sagte: »Ich wollte nur sehen, ob es in meinen Ländern noch einen in Trümmern liegenden Ort gebe, damit ich ihn aufbauen lasse; da ich nun höre, daß es keinen solchen gibt, so bin ich überzeugt, daß der Wohlstand und die Kultur in meinem Lande den höchsten Grad der Vollkommenheit erreicht hat.« So, sagte Schehersad, waren die alten Könige stets bemüht um die Kultur ihres Landes, denn sie wußten, wie wahr die Weisen gesagt: Der Glaube muß von der Regierung unterstützt werden, die Regierung durch Truppen, die Truppen durch Geld und das Geld durch die Kultur des Landes, und diese wird durch die Gerechtigkeit gegen die Untertanen gefördert, denn durch Gewalttat und Tyrannei zwingt ein König seine Untertanen, auszuwandern; die Bevölkerung seines Landes nimmt ab, die Schatzkammern werden leer und die Zurückbleibenden verwünschen ihren Tyrannen so lange, bis sein Untergang sie befreit.

 

Die tugendhafte Frau eines israelitischen Richters

Man erzählt ferner: Unter den Söhnen Israels war ein Kadhi, der eine ausgezeichnet schöne Frau hatte, die auch sehr gottesfürchtig war und oft fastete. Als der Kadhi einst nach Jerusalem wallfahren wollte, übertrug er das Richteramt seinem Bruder und empfahl ihm auch seine Frau. Aber der Bruder des Kadhi hatte so oft ihre Schönheit rühmen hören, daß er sie besuchte und ihre Liebe zu gewinnen suchte. Die Frau stieß ihn von sich, aber er hörte nicht auf, sie zu verfolgen, bis sie sich gar nicht mehr vor ihm sehen ließ. Als er endlich alle Hoffnung verloren hatte, ihre Gunst zu erlangen, und fürchtete, sie möchte ihn bei seinem Bruder nach seiner Rückkehr anklagen, bestellte er falsche Zeugen, die sie als Ehebrecherin anklagten; sie wurde vor den damals regierenden König gebracht, und er verurteilte sie zum Tode. Man legte sie in eine Grube und warf so viele Steine auf sie, bis sie ganz damit bedeckt war. Dann sagte der König: »Diese Grube sei ihr Grab.« Als die Nacht heranbrach und die Frau noch schluchzte und stöhnte, kam ein Reisender vorüber, der sie hörte. Er ging auf sie zu, zog sie aus der Grube hervor, führte sie zu seiner Gattin und befahl ihr, ihre Wunden zu pflegen. Sobald sie wieder geheilt war, übergab ihr die Frau des Reisenden ihr Kind zur Pflege, behielt sie bei sich und wies ihr eine besondere Wohnung an. Eines Tages sah sie ein Gauner, dem sie so wohl gefiel, daß er zu ihr schickte und um ihre Liebe sich bewarb. Als sie ihm aber kein Gehör gab, beschloß er, sie zu töten, schlich des Nachts, als sie schlief, in ihr Haus und ging mit einem Messer auf sie zu, um sie zu töten; aber statt der Frau traf er den Jungen, der bei ihr war, und tötete ihn. Sobald er sein Versehen wahrnahm, überfiel ihn eine solche Furcht, daß er schnell davonlief und durch Gottes Gnade die Frau verschonte. Als sie des Morgens erwachte und das Kind getötet fand, ging sie damit zu seiner Mutter. Aber diese sagte: »Du hast mein Kind getötet«, und schlug sie sehr heftig und wollte ihr den Hals abschneiden. Glücklicherweise kam der Mann hinzu und befreite die Frau des Kadhi aus seiner Gattin Hand. Jene ging nun mit einigen Drachmen, die sie bei sich hatte, fort, ohne zu wissen, wohin. Da kam sie in ein Dorf und sah viele Leute zusammengerottet, und einen Mann noch lebendig an einem Baumzweige hängend, Sie fragte: »Was hat dieser Mann begangen?« Man antwortete ihr: »Er hat ein Verbrechen begangen, das er nur durch den Tod büßen kann oder durch so und so viel Almosen.« Sie zog ihr Geld aus der Tasche und sagte: »Nehmet diese Drachmen als sein Lösegeld und lasset ihn los.« Die Leute nahmen ihr Geld und befreiten den Mann. Dieser tat sogleich Buße in Gegenwart seiner Retterin, und gelobte ihr, bis zu seinem Tode Gott treu zu dienen. Er baute ihr eine Hütte zu ihrer Wohnung und brachte ihr Holz und Lebensmittel. Die Frau lebte nun ganz der Gottesverehrung, und kein Kranker oder sonst Unglücklicher kam zu ihr, den sie nicht heilte oder tröstete, so daß alle Leute für sie beteten und den Segen des Himmels für sie erflehten. Nun bekam durch Gottes Richterspruch der Bruder des Kadhi, der sie hatte steinigen lassen, einen Krebs im Gesicht; die Frau, welche sie wegen des getöteten Kindes geschlagen hatte, wurde aussätzig, und der Gauner, der sie hatte verführen wollen und statt ihrer das Kind getötet hatte, wurde lahm. Da die Frau durch ihre Frömmigkeit und die Wunder, die sie vollbrachte, weit und breit berühmt und von allen Teilen des Landes her besucht wurde, sagte der Kadhi, der inzwischen von seiner Wallfahrt zurückgekehrt war und mit Bedauern von dem Verbrechen und der Strafe seiner Frau gehört hatte, zu seinem Bruder: »Warum gehst du nicht auch zur frommen Frau in die Hütte? Vielleicht wird dich Gott durch sie heilen.« Da bat er den Kadhi, ihn zu ihr zu bringen. Auch der Gatte der aussätzigen Frau hörte bald von der frommen Frau sprechen und führte seine Gattin zu ihr. Der Gauner endlich begab sich auch zur Hütte, um sich heilen zu lassen, und so trafen alle zusammen vor der Tür ihrer Hütte; sie konnte alle sehen, ohne von ihnen gesehen zu werden, und sobald sie an die Tür kam, erkannte sie ihren Gatten, dessen Bruder, den Gauner und die ungerechte Frau und sagte ihnen: »Hoffet nicht, geheilt zu werden von mir, wenn ihr nicht zuerst alle eure Sünden bekennet, denn Gott verzeiht nur dem, der seine Sünden nicht verhehlt, und gewährt nur einem solchen, was er begehrt.« Da sagte der Kadhi zu seinem Bruder: »Bekehre dich zu Gott und beharre nicht im Übel, nur so wirst du gerettet.« Der Kadhi ermahnte dann seinen Bruder noch durch folgende Verse:

»Ein Tag wird kommen, wo Unterdrückte und Unterdrücker einander gegenüberstehen, und wo Gott die verborgensten Geheimnisse offenbaren wird. An jenem Ort werden die Sünder gedemütigt werden, während Gott die erheben wird, die ihm gehorsam waren. Wehe denen, die den Herrn erzürnen, als wüßten sie von Gottes Strafe nichts. Da hört alle Täuschung auf und bleibt nichts, als Ergebung in Gottes Willen.«

Der Bruder des Khadi sagte: »Ich will mein Verbrechen bekennen«, und gestand sein Unrecht gegen seine Gattin. Dann sagte die Mutter des getöteten Kindes: »Auch ich will meine Sünde bekennen«, und erzählte, wie sie ungerechterweise eine Frau geschlagen und fortgejagt habe. »Und ich«, sagte endlich der Gauner, wollte einer Frau den Hals abschneiden, weil sie meiner Leidenschaft Widerstand leistete und tötete statt ihrer ein Kind, das bei ihr lag. Das ist mein Verbrechen.« Als die Frau des Khadi diese Geständnisse hörte, rief sie aus: »O Gott, wie du siehst, haben die Sünder sich gedemütigt, laß ihnen nun den Lohn des Gehorsams werden, du bist ja mächtig über alles.« Gott erhörte ihr Gebet und heilte sie alle. Sodann gab sie sich zu erkennen, und der Khadi dankte Gott, daß er ihn wieder mit ihr vereint. Sein Bruder aber, der Gauner und die Mutter des Kindes baten sie um Verzeihung; sie verzieh ihnen, und alle blieben nun beisammen und lebten der Gottesverehrung, bis der Tod sie trennte.

Die gerettete Frau in Mekka

Einer der Großen erzählt: Während ich einst in dunkler Nacht den Kreis um die Kaaba machte, hörte ich eine jammernde Stimme aus einem traurigen Herzen heraufsteigen, welche rief: »O Allgütiger, mein Herz bleibt seinem Gelübde treu!« Mich rührte diese Stimme so sehr, daß ich mich ihr näherte, und siehe da, es war die Stimme einer Frau. Ich sagte ihr: »Friede sei mit dir, Mutter Gottes!« Sie antwortete: »Mit dir sei Friede und Gottes Barmherzigkeit und Segen.« Ich beschwor sie dann bei Gott, mir zu sagen, was das für ein Gelübde wäre, dem ihr Herz treu bleiben wollte. Sie antwortete: »Hättest du mich nicht bei Gott beschworen, ich würde dir mein Geheimnis nicht anvertraut haben. Doch siehe, was ich bei mir habe!« Ich sah sie genau an und fand ein Kind schlafend in ihren Armen liegen, und sie erzählte dann: »Ich verließ, dieses Kind unter meinem Herzen tragend, meine Heimat, um hierher zu wallfahren. Ich hatte mich aber kaum eingeschifft, als uns der Wind ungünstig wurde; ein mächtiger Sturm erhob sich bald; die Meereswellen tobten mit solchem Ungestüm, daß sie das Schiff zerschlugen; ich aber rettete mich auf einem Brett, wurde entbunden und wurde so auf diesem Brett, mit meinem Kind im Schoß, von den Wellen hin und her getrieben. Auf einmal kam einer der Matrosen des Schiffes zu mir geschwommen und faßte mein Brett und sagte: Bei Gott! Ich habe dich schon geliebt, als ich dich auf dem Schiff sah; da ich dich nun erreicht habe, so erhöre meine Liebe, oder ich werfe dich vom Brett herunter ins Meer. Ich sagte: Wehe dir! Hat dir das eben erlebte Unglück nicht zur Belehrung und Ermahnung gedient? Er antwortete: Dergleichen habe ich schon oft gesehen und bin immer glücklich davon gekommen; das macht keinen Eindruck auf mich. Ich sagte: Wir sind doch in einer Lage, aus der wir nur durch Gottergebenheit gerettet werden können, nicht durch Sünde. Aber alle meine Reden waren vergebens, der Matrose wurde so zudringlich, daß ich, in der Hoffnung, ihn täuschen zu können, ihm sagte: Warte nur, bis mein Kind schläft. Aber er nahm mir mein Kind weg und warf es ins Meer. Als ich dieses sah, zerbrach mein Herz vor Gram, ich hob den Kopf gen Himmel und rief den Allmächtigen an, daß er mich aus der Hand dieses schwarzen Ungeheuers befreie. Kaum hatte ich mein Gebet vollendet, als ein großes Seetier aus dem Meer emporstieg und ihn vom Brett herunterwarf. Als ich nun allein auf dem Brett war, da erwachte mein Schmerz von neuem über den Verlust meines Kindes, meiner Leibesfrucht, und ich betete zu Gott, daß er mich doch wieder mit ihm vereinige. Am folgenden Morgen sah ich auf einmal weiße Segel in der Ferne, auf die mich Wind und Wellen hinstießen. Die Schiffsleute nahmen mich gerne auf, und als ich in ihrer Mitte war, sah ich auf einmal mein Kind bei ihnen. Ich fiel darüber her und sagte den Leuten, daß es mein Kind wäre, und fragte sie, wie sie dazu gekommen. Sie antworteten: Unser Schiff hielt mitten in seinem Lauf auf einmal still, und als wir uns nach der Ursache umsahen, entdeckten wir ein Seeungeheuer, so groß wie eine Stadt, mit einem Kinde auf dem Rücken, das an seinen Fingern saugte.

»Als ich dies hörte«, sprach die Frau weiter, »erzählte ich den Schiffsleuten, was mir begegnet, und dankte dem Herrn für seine Hilfe und gelobte, nie aufzuhören, ihm in seinem Tempel zu dienen; auch habe ich seither ihn nie um etwas angefleht, das er mir nicht gewährt hätte.« Ich wollte nun – fährt der vornehme Pilger fort – ihr einiges Geld schenken, aber sie sagte: »Laß mich! Ich erzähle dir von Gottes Huld und Gnade, wie kannst du glauben, daß ich von einer anderen Hand als der seinigen etwas annehme.« Da sie durchaus nichts von mir annehmen wollte, verließ ich sie und rezitierte folgende Verse:

»Wie oft ist Gottes Huld im Verborgenen tätig, ohne daß der schärfste Verstand es wahrnimmt, wie manche Armut verwandelt er in Wohlstand, wie manchem brennenden Herzen reicht er erfreuliche Labung; wie mancher ist des Morgens von Gram beladen, der des Abends nur Wonne empfindet. Geht es dir einmal schlecht einen Tag, so vertraue nur dem einzigen Allmächtigen und flehe die Fürbitte des Propheten an, dem alles gewährt wird, was er für die Seinigen fordert.«