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Tausend Und Eine Nacht

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Der kühne Diebstahl

Ein Dieb, der aufrichtig Buße getan und wieder als ehrlicher Kaufmann einen Laden geöffnet hatte, schloß eines Abends seinen Laden und ging in sein Haus; da kam ein Dieb in der Gestalt und dem Aufzug des Eigentümers des Ladens, zog Schlüssel aus seiner Tasche heraus und ging zum Wächter des Bazars, um sein Licht bei ihm anzuzünden; dann öffnete er den Laden und zündete noch ein anderes Licht an, das er bei sich hatte. Als der Wächter an dem Laden vorüberging, fand er den Dieb da sitzen, mit dem Rechnungsbuch in der Hand und an den Fingern zählend. Sobald der Morgenstern aufging, sagte der Dieb zum Wächter: »Hole mir ein Kamel.« Der Wächter holte ein Kamel, und der Dieb lud ihm vier Stück Waren auf, schloß den Laden wieder, schenkte dem Wächter, der ihn für den Eigentümer des Ladens hielt, zwei Drachmen und ging hinter dem Kamel her. Als des Morgens der Eigentümer des Ladens in seinen Laden kam, dankte ihm der Wächter noch einmal für die zwei Drachmen. Der Kaufmann wußte nicht, was er meinte, bis er in seinen Laden kam und die zwei Lichter brennend und das Buch noch daliegend fand; auch vermißte er sogleich die vier Stück Waren. Als er den Wächter fragte, was das bedeute, erzählte er ihm, was er in der Nacht gesehen. Da sagte der Kaufmann: »Hole mir den Kameltreiber, der diesen Morgen die Waren fortgebracht.« Als der Wächter ihn brachte, fragte der Kaufmann, wohin er die Waren gebracht. Der Kameltreiber nannte ihm den Hafen und das Schiff. Der Kaufmann ließ sich von ihm dahin begleiten, ging zum Schiffer und sagte ihm: »Wo hast du diesen Morgen den Kaufmann mit vier Stück Waren hingebracht?« Der Hauptmann antwortete: »Da und da hin, von wo sie durch einen Lastträger weitergebracht wurden.« Der Kaufmann ließ den Träger kommen und fragte ihn, wohin er die Waren getragen. Als er den Ort nannte, der weit vom Ufer war, ließ sich der Kaufmann von ihm begleiten, öffnete das Magazin, das ihm der Träger bezeichnet hatte, und fand darin die vier Stück Waren, die er sogleich als die seinigen erkannte. Er nahm sie mit einer Decke, in welche sie eingewickelt waren, und gab sie dem Träger, schloß das Magazin wieder und ging mit dem Träger fort. Unterwegs begegnete ihm der Dieb und folgte ihm, bis er die Waren auf das Schiff gebracht. Dann sagte er zu ihm: »Mein Freund, du hast unrecht, mir meine Decke zu nehmen, da du doch alle deine Waren wiedergefunden.« Der Kaufmann lachte und gab ihm seine Decke wieder, und ging seines Weges, ohne ihn anzuklagen.

Ibn Alpharebi und Masrur

Man erzählt noch: Harun Arraschid war eines Nachts sehr mißmutig. Er ließ seinen Vezier Djafar, den Barmekiden, rufen, und sagte ihm: »Ich kann nicht einschlafen vor Beklemmung und weiß gar nicht, was ich anfangen soll.« Masrur, der dabeistand, als Harun Arraschid dies sagte, fing laut zu lachen an. Da fragte ihn der Kalif. »Warum lachst du? Spottest du meiner?« Masrur antwortete: »Nein, bei Gott und deiner Verwandtschaft mit dem höchsten Propheten! Ich lache nicht über dich, sondern mir fiel ein Mann ein, den ich gestern, als ich ausging, am Ufer des Tigris von vielen Menschen umgeben sah, die er durch seine spassigen und witzigen Einfälle lachen machte; darum verzeihe, o Fürst der Gläubigen!« Harun Arraschid sagte: »Hole mir sogleich diesen Mann!« Masrur eilte zu ihm – er hieß Ibn Alpharebi – und sagte ihm: »Der Fürst der Gläubigen wünscht dich zu sprechen; ich will dich zu ihm führen, jedoch unter der Bedingung, daß, wenn er dir etwas schenkt, du nur ein Viertel davon behältst und das übrige mir gibst.« Ibn Alpharebi erwiderte: »Das nicht; aber ich will das Geschenk mit dir teilen.« Nach langem Streit kamen sie endlich dahin überein, daß Ibn Alpharebi ein Drittel behalten und Masrur zwei Drittel geben sollte. Als Ibn Alpharebi vor dem Fürsten der Gläubigen erschien, sagte ihm dieser: »Wenn du mich durch deine Spässe lachen machst, so werde ich dich beschenken, wo nicht, so sollst du drei Schläge mit dieser ledernen Tasche erhalten.« Ibn Alpharebi, welcher glaubte, die Tasche sei leer, willigte ein, machte allerlei Spässe und sagte Dinge, worüber der härteste Felsen hätte lachen müssen, aber alle seine Mühe war vergebens, Harun Arraschid war zu keinem Lächeln zu bringen, und er sagte zu Ibn Alpharebi: »Nun hast du deine Schläge verdient.« Man holte die lederne Tasche herbei, in welcher vier Steine waren, die zwei Pfund wogen, und als er den ersten Hieb auf seinem Rücken empfing, schrie er jämmerlich und erinnerte sich des Vertrages, den er mit Masrur geschlossen, und sagte: »Verzeihe, Fürst der Gläubigen! Erlaube mir zwei Worte zu sprechen.« Harun Arraschid fragte ihn, was er zu sagen habe. Er erwiderte: »Ich bin mit Masrur übereingekommen, daß ich ihm zwei Drittel der Gaben des Fürsten der Gläubigen überlassen und nur ein Drittel für mich behalten wollte, und zwar kostete es mich noch viele Mühe, bis er mir das Drittel zugestand; nun ist der eine Hieb genug für mich, die anderen beiden kommen ihm zu; hier steht er, laß ihn seinen Anteil nehmen!« Der Fürst der Gläubigen lachte und ließ Masrur prügeln. Als dieser einen Schlag empfing, sagte er: »Ich habe genug, ich überlasse Ibn Alpharebi zwei Drittel.« Der Kalif lachte wieder, ließ tausend Dinare holen und schenkte jedem von ihnen fünfhundert. Beide gingen dann erfreut mit dem Geschenk des Kalifen fort.

Der fromme Sohn Harun Arraschids

Es wird auch erzählt. Harun Arraschid hatte einen Sohn, der, als er sechzehn Jahre alt war, immer mit frommen Einsiedlern und Heiligen lebte, stets auf den Gräbern umherwanderte und ausrief: »Ihr habt die Welt besessen, was habt ihr nun davon in euerem Grab; ich möchte wissen, was ihr alles in der Welt gesagt und was von euch gesagt worden.« Eines Tages, als er ein wollenes Oberkleid um den Leib und ein wollenes Tuch um sein Haupt hatte, begegnete ihm sein Vater mit den Vezieren und Großen des Reiches, und es sagte einer zum anderen: »Dieser Jüngling macht den Fürsten der Gläubigen vor allen Königen zuschanden; wenn er ihn doch nur zurechtwiese, vielleicht würde er seinen Lebenswandel ändern.« Harun Arraschid sagte ihm dann: »Mein Sohn, du machst mich zuschanden durch deine Eigenheiten.« Der Jüngling antwortete nicht, sondern rief einem Vogel, der auf dem Dach des Schlosses stand, zu: »O Vogel, bei dem, der dich geschaffen, lasse dich auf meine Hand nieder!« Sogleich flog der Vogel auf des Jünglings Hand. Dann sagte er ihm: »Kehre wieder auf das Dach zurück!« Da flog der Vogel wieder auf die Stelle, wo er hergekommen war. Dann rief er ihm zu: »Bei deinem Schöpfer, lasse dich auf die Hand des Fürsten der Gläubigen nieder!« Aber der Vogel weigerte sich. Da sagte der Jüngling zu seinem Vater: »Du machst mich zuschanden unter den Heiligen durch deine Liebe zur Welt, darum habe ich auch beschlossen, mich von dir zu trennen.« Hierauf ging der Jüngling fort und reiste nach Baßrah, wo er mit den Maurern arbeitete und 1 1/6 Drachmen Taglohn empfing, von welchem er lebte. Abu Amer aus Baßrah erzählt von ihm: Als in meinem Haus eine Mauer einstürzte, ging ich auf den Platz, wo die Maurer standen, um einen Arbeiter zu holen, der sie wieder aufbauen sollte. Da fiel mein Auge auf einen hübschen Jüngling mit einem feinen Gesicht; ich ging auf ihn zu, grüßte ihn und sagte ihm: »Mein Freund, willst du Arbeit, so komme mit mir!« – »Recht gerne«, antwortete der Jüngling, »doch unter der Bedingung, daß du mir nur 1 1/6 Drachmen Taglohn gibst, und sooft zum Gebet gerufen wird, mich mit der Gemeinde beten lässest.« Ich willigte ein, nahm ihn mit nach Hause und er arbeitete, wie ich noch nie arbeiten gesehen. Als ich ihn an das Mittagessen erinnerte, nahm er nichts an, und ich merkte, daß er fastete. Als dann das Gebet ausgerufen wurde, sagte er: »Erinnere dich unserer Übereinkunft!« Ich sagte: »Gut.« Da löste er seinen Gürtel, wusch sich auf die frommste Weise, ging in die Moschee und betete mit der Gemeinde. Dann kam er wieder und arbeitete mit dem größten Eifer, bis das Nachmittagsgebet ausgerufen wurde. Da erinnerte er mich wieder an die Bedingung, ging in die Moschee und betete mit der Gemeinde, dann kehrte er wieder zur Arbeit zurück. Ich sagte ihm: »Mein Freund, sonst arbeiten die Maurer nur bis zum Nachmittagsgebet.« Er sagte aber: »Gepriesen sei Gott, ich pflege immer bis nachts zu arbeiten.« Als es Nacht war, gab ich ihm zwei Drachmen. Da sagte er: »Was ist das?« Ich antwortete: »Nur ein geringer Lohn für deine große Arbeit.« Aber er warf mir sie zu und sagte: »Ich nehme nicht mehr, als ich mir vorbehalten«, und trotz aller Mühe konnte ich ihn nicht dahin bringen, mehr als 1 1/6 Drachmen zu nehmen.

Am folgenden Morgen ging ich wieder auf den Sammelplatz der Arbeiter; aber ich fand ihn nicht, und als ich nach ihm fragte, sagte man mir, er komme nur jeden Sonnabend. Ich ging sonnabends wieder, um ihn aufzusuchen, und fragte ihn, ob er in Gottes Namen wieder bei mir arbeiten wollte? Er sagte: »Recht gerne, nach den dir wohlbekannten Bedingungen.« Ich nahm ihn mit nach Hause und führte ihn an die Arbeit. Da bemerkte ich, ohne von ihm gesehen zu werden, wie er nur eine Handvoll Lehm auf die Mauer warf und plötzlich alle Steine fest aufeinander saßen, und ich dachte: Solche Kraft haben nur die Heiligen. Er arbeitete an diesem Tage noch viel mehr als früher, und des Abends gab ich ihm seinen Lohn, mit dem er fortging. Am dritten Sonnabend wollte ich ihn wieder holen, fand ihn aber nicht, und als ich nach ihm fragte, hörte ich, er sei krank und liege auf dem Begräbnisplatz in dem Zelt einer alten Frau, die durch ihre Frömmigkeit berühmt war. Ich ging nach dem Zelt und fand ihn darin auf dem Boden liegend, ohne etwas unter sich zu haben. Ich grüßte ihn und setzte mich ihm zu Häupten und weinte über seine Jugend, die er so in der Fremde zubringen mußte. Ich fragte ihn dann, ob ich ihm irgend einen Dienst erweisen könnte? Er sagte: »Jawohl; wenn du morgen mich wieder besuchst, so wirst du mich tot finden, wasche mich dann, hülle mich in den Oberrock, den ich anhabe, und beerdige mich, ohne jemand etwas von mir zu sagen. Doch ehe du mich beerdigst, nimm aus den Taschen meines Oberkleides, was darin ist. Wenn mich dann die Erde bedeckt und du für mich gebetet hast, so reise nach Baßrah und gib dem Kalifen Harun Arraschid, was du in meiner Tasche findest, und grüße ihn von mir; sage ihm auch, daß ich bis zur Todesstunde mich nach ihm gesehnt, daß weder Haß noch Überdruß mich von ihm getrennt, daß ich nur darum in die Fremde wanderte, weil meine Seele zu fern von seiner Welt stand.« Dann rezitierte er noch folgende Verse:

 

»O Freund, laß dich durch die Annehmlichkeiten des Lebens nicht verblenden: Das Leben ist nicht von Dauer und seine Freuden vergehen bald; hast du je das Schicksal eines Volks gekannt, so wisse, daß du einst danach gefragt wirst, und hast du je eine Leiche ins Grab geführt, so bedenke, daß man auch dich dahin tragen wird.«

Nachdem er durch diese Verse mich ermahnt hatte, verließ ich ihn, und als ich ihn am folgenden Morgen wieder besuchte, war er tot (Gottes Erbarmen sei mit ihm); ich wusch ihn, öffnete seine Tasche und fand einen Rubin darin, der eine Million Dinare wert war, da dachte ich: Bei Gott, der Jüngling hat der Welt vollkommen entsagt! Ich reiste dann nach Baßrah, begab mich vor den Palast des Kalifen und wartete, bis Harun Arraschid herauskam; dann trat ich ihm in den Weg und gab ihm den Rubin. Sobald er ihn sah, fiel er in Ohnmacht. Die Diener hielten mich an; aber als er zu sich kam, sagte er ihnen, sie möchten mich nur loslassen, ließ mich ins Schloß führen, und als ich in seinem Zimmer war, fragte er mich: »Was hat Gott über den Eigentümer dieses Rubins verhängt?« – »Er ist gestorben«, antwortete ich, und erzählte ihm, was ich von ihm wußte. Da schrie er schluchzend: »Der Sohn hat das Bessere gewählt und der Vater wird zuschanden!« Dann rief er einen Frauennamen; da trat eine Frau heraus, die, als sie mich sah, wieder zurücktreten wollte; aber der Kalif sagte ihr: »Bleibe nur, du brauchst vor diesem Mann dich nicht zu verbergen«, und warf ihr den Rubin zu. Sobald sie ihn sah, stieß sie einen Schrei aus und fiel in Ohnmacht. Als sie wieder zu sich kam, sagte sie: »O Fürst der Gläubigen! Was hat Gott über meinen Sohn verhängt?« Der Kalif bat mich, es ihr zu sagen, denn er konnte vor Tränen nicht sprechen. Als ich ihr seinen Tod erzählte, weinte sie und rief mit herzzerreißender Stimme: »O wie sehne ich mich nach dir, Freude meines Auges, o könnte ich dir doch zu trinken geben, wenn niemand es tut! O könnte ich dich doch unterhalten, wenn es dir unheimlich wird!« Ich fragte dann: »O Fürst der Gläubigen, war denn dieser Jüngling dein Sohn?« – »Jawohl«, antwortete Harun Arraschid, »er besuchte oft die Gelehrten und Frommen, ehe ich zum Kalifen erhoben worden, sobald ich aber die Regierung antrat, wollte er sich von mir entfernen; da sagte ich zu seiner Mutter: Dein Sohn will abgeschieden von uns nur Gott allein leben; er wird gewiß hart geprüft werden und in große Not kommen, gib ihm daher diesen Rubin, damit er in der Not etwas habe; ich gab ihr also diesen Rubin, und sie drang in ihn, bis er ihn annahm; so verließ er uns, und wir haben ihn nicht wiedergesehen, bis er aus unserer Welt geschieden, um mit reiner Seele vor seinen erhabenen Herrn zu treten.« Dann sagte der Kalif: »Komm mit mir, und zeige mir sein Grab!« Als wir dort anlangten, weinte und seufzte er lange, betete für seinen Sohn und rief: »Wir sind Gottes und zu ihm kehren wir zurück.« Dann bot mir der Kalif eine Stelle an; ich schlug sie aber ab und sagte. »Ich habe eine Lehre von deinem Sohn angenommen«, und rezitierte folgende Verse:

»Ich bin ein Fremdling, gehöre niemandem an, wo ich auch weile; ich bin ein Fremdling, habe weder Frau noch Kind; meine Herberge sind die Moscheen, von denen nie mein Herz sich trennt, und dafür danke ich Gott, dem Herrn der Welten.«

Der trauernde Schullehrer

Man erzählt ferner von einem Mann aus Baßrah folgendes: Ich ging einst – so erzählt er selbst – vor einem Schullehrer vorbei, der so hübsch aussah und so zierlich gekleidet war, daß ich bei ihm stehen blieb. Er stand vor mir auf, hieß mich sitzen, und ich unterhielt mich mit ihm über den Koran, über die Sprache, Poesie und Grammatik; ich fand ihn in allem sehr bewandert, und er gefiel mir so gut, daß ich ihn sehr oft besuchte und mich zu ihm setzte. Eines Tages aber, als ich ihn wieder wie gewöhnlich besuchen wollte, fand ich seine Schule geschlossen; die Nachbarn, die ich nach ihm fragte, sagten mir, es sei ihm jemand gestorben. Da hielt ich es für meine Pflicht, ihm einen Trostbesuch zu machen. Ich ging also in sein Haus, klopfte an der Tür, eine Sklavin kam mir entgegen und fragte mich, was ich wollte? »Ich will deinen Herrn sprechen.« – »Mein Herr ist in Trauer.« – »Sage ihm: Dein Freund N. N. will dich trösten.« Sie ging und meldete mich, und er erlaubte mir, ihn zu besuchen.

Als ich in sein Zimmer kam, saß er da ganz allein mit verbundenem Haupt. Ich sagte: »Gott vergrößere deinen Lohn in jener Welt! Das ist ein Weg, den jeder betreten muß, du mußt dein Unglück standhaft tragen.« Dann fragte ich ihn: »Hast du einen Vater verloren?« – »Nein.« – »Ist deine Mutter gestorben?« – »Nein.« – »Dein Bruder?« – »Nein.« – »Sonst ein naher Anverwandter?« – »Nein.« – »Wer denn?« – »Meine Geliebte.« – »Du kannst schon wieder eine andere finden, schöner als sie war.« – »Wisse, daß ich sie nie gesehen noch gehört habe.« – »Das ist sonderbar; wie konntest du sie denn lieben?« – »Ich saß am Fenster und hörte, wie ein Vorrübergehender folgenden Vers sang:

»O Mutter Amrus, Gott möge dich dafür belohnen! Gib mir doch mein Herz wieder, wie es war.«

»Da dachte ich, wäre die Mutter Amrus nicht die ausgezeichnetste Frau in der Welt, so würde man keine solche Verse für sie dichten, darum liebte ich sie. Nach zwei Tagen sah ich wieder denselben Mann vorübergehen, und er sang folgenden Vers:

»Als der Esel die Mutter Amrus wegtrug, kehrte der Esel allein zurück, ohne sie.«

»Aus diesem Brief schloß ich, daß sie gestorben sein müsse, und darum traure ich schon drei Tage um sie.« Als ich dies hörte – fährt der Erzähler fort – ließ ich ihn sitzen und ging weg, erstaunt über seinen Blödsinn; denn nur ein Tor kann eine Frau lieben, die er nie gesehen.

Der bekehrte König

Man erzählt noch: Ein gewisser König reiste einst verkleidet in seinem Reich umher und kam durstig in einem großen Dorf an. Da blieb er vor der Tür eines Hauses stehen und forderte Wasser. Eine sehr schöne Frau kam aus dem Haus mit einem Becher voll Wasser und überreichte ihn ihm. Nachdem der König getrunken hatte, betrachtete er die Frau und fand sie so reizend, daß er ihr Liebeserklärungen machte. Die Frau, die ihn wohl kannte, nahm ihn mit ins Haus, hieß ihn sitzen, legte ihm ein Buch vor und sagte: »Unterhalte dich einstweilen damit, ich muß nur schnell etwas besorgen, dann komme ich wieder.« Der König setzte sich und fing an, in dem Buch zu lesen; es enthielt Warnungen gegen den Ehebruch und die Strafen, die Gott über den Ehebrecher verhängt. Da überfiel ihn ein Schaudern und er beschloß, sich zu bekehren. Er rief sogleich die Frau, gab ihr das Buch und ging fort. Als der Gatte dieser Frau nach Hause kam, erzählte sie ihm das Vorgefallene. Er war sehr verlegen und fürchtete sich, der König möchte doch noch nach ihr gelüsten, und wagte es nicht mehr, von jenem Augenblick an, sie zu berühren. Nach einiger Zeit erzählte die Frau ihren Verwandten, daß ihr Gatte nicht mehr seine Pflichten gegen sie erfülle. Da führten sie ihn hin zum König und sagten: »Gott verherrliche unseren König! Hier ist ein Mann, der ein Stück Land von uns gepachtet hat, um es anzubauen und zu besäen, das hat er auch einige Zeit getan, nun aber läßt er es brach liegen; er besäet es nicht mehr, und doch gibt er es uns nicht zurück, daß wir es durch einen anderen besäen lassen, und so fürchten wir, das Land möchte, wenn es nicht bebaut wird, zugrunde gehen.«

Da sagte der König zu dem Manne: »Warum besäest du dein Feld nicht?« Der Mann antwortete: »Gott erhebe den König! Ich habe gehört, es sei ein Löwe auf das Feld gekommen, den ich so sehr fürchte, daß ich mich meinem Felde nicht mehr zu nähern wage, denn ich weiß wohl, daß ich zu schwach bin, um ihm zu widerstehen.« Der König merkte nun, worum es sich handelte, und sagte zu dem Manne: »Geh‘ nur und besäe dein vortreffliches Feld wieder, der Löwe wird es nie mehr betreten und dir nie was zuleide tun; Gott segne dich!« Sodann ließ er noch für ihn und seine Gattin kostbare Geschenke herbeiholen und entließ sie damit.

Abu Bekr, der Sohn Muhameds, erzählt: Ich reiste einst von Anbar nach Amurijeh in Griechenland und stieg in der Nähe der Stadt vor einem Kloster, das am Wege lag, ab. Der Prior des Klosters, welcher Diener des Messias hieß, kam mir entgegen und führte mich ins Kloster, das vierzig Klosterbrüder bewohnten, und ich wurde von ihnen sehr gastfreundlich bewirtet; auch sah ich bei ihnen eine Frömmigkeit, die ich noch nie gefunden. Nachdem ich meine Geschäfte in Amurijeh versehen hatte, kehrte ich wieder nach Anbar zurück. Ein Jahr darauf pilgerte ich nach Mekka, und als ich am Festtag den Kreis um den Tempel machte, sah ich den Prior, Diener des Messias, auch um den Tempel ziehen mit fünf seiner Klosterbrüder. Nachdem ich mich überzeugt hatte, daß er es war, ging ich auf ihn zu und fragte ihn: »Bist du nicht der Prior, Diener des Messias?« Er antwortete: »Nein, ich heiße jetzt Diener Gottes, der Einsiedler.« Dann küßte ich seinen Bart und weinte. Dann ergriff ich seine Hand und bat ihn, mir zu sagen, warum er Muselmann geworden. Er antwortete: »Die Ursache meiner Bekehrung ist wunderbar. Einst reisten nämlich einige fromme Muselmänner durch den Flecken, neben welchem unser Kloster liegt, und schickten einen Jüngling, der bei ihnen war, aus, um Speisen einzukaufen. Da sah der Jüngling eine junge Christin auf dem Markt, welche Brot verkaufte, und fand sie so schön, daß er sich in sie verliebte und vor heftiger Leidenschaft ohnmächtig dahinsank. Als er wieder zur Besinnung kam, ging er zu seinen Reisegefährten und erzählte ihnen, was ihm begegnet, und sagte. »Reiset ihr nur weiter, ich werde nicht mit euch gehen.« Sie wiesen ihn zurecht und predigten ihm, aber er hörte sie nicht an und ließ sie fortreisen. Er kehrte dann in den Flecken zurück, setzte sich vor die Tür des Ladens jener Christin, und als sie ihn fragte, was er wolle, gestand er ihr seine Liebe. Sie wendete sich von ihm weg, er aber blieb drei Tage vor der Türe sitzen, ohne etwas zu essen, noch zu trinken, und sah immer der Christin ins Gesicht. Als sie sah, daß sie den Fremden nicht loswerden konnte, ging sie zu ihren Leuten und erzählte es ihnen. Diese hetzten die Jungen des Fleckens gegen ihn: Sie warfen mit Steinen nach ihm, die ihm fast die Rippen zerschlugen, aber dennoch wich der Fremde nicht von der Stelle. Schon hatten die Einwohner des Fleckens beschlossen, ihn zu töten, als mir Kunde davon wurde. Ich ging sogleich zu ihm und fand ihn auf der Erde hingestreckt; ich wischte das Blut von seinem Gesicht ab, trug ihn ins Kloster und pflegte seine Wunden vierzehn Tage lang. Sobald er dann wieder imstande war zu gehen, verließ er das Kloster und setzte sich wieder vor die Tür des Bäckerladens, um die schöne Christin anzusehen. Als sie ihn wieder bemerkte, ging sie zu ihm und sagte: »Bei Gott, du hast mich gerührt; willst du meinen Glauben annehmen, so heirate ich dich.« Der Jüngling antwortete: »Bewahre mich Gott, daß ich den Monotheismus mit dem Polytheismus vertausche!« Da sagte sie: »Komm mit mir in mein Haus, umarme mich und ziehe dann weiter mit deinem Glauben.« Aber der Jüngling antwortete: »Ich kann nicht zwölf Jahre der Tugend und Enthaltsamkeit für die Lust eines Augenblicks hingeben.« – »So verlasse mich denn«, versetzte die Christin. – »Das vermag mein Herz nicht.« – Die Christin wendete sich wieder von ihm weg, und die Jungen des Fleckens kamen und warfen ihn mit Steinen, daß er auf sein Gesicht fiel und rief: »Gott, der den Koran vom Himmel gesandt, ist mein Herr, er läßt den Frommen nicht ohne Lohn.« Als ich den Lärm hörte, lief ich wieder aus dem Kloster zu dem Jüngling, jagte die Buben fort und hob ihn von der Erde auf. Da hörte ich, wie er sagte: O Gott, vereinige mich mit ihr im Paradies!« Ich wollte ihn dann ins Kloster tragen, aber er starb, ehe er es erreichte. Da ließ ich vor dem Flecken ein Grab bauen und beerdigte ihn dort. Um Mitternacht hörte man auf einmal die Christin so laut schreien in ihrem Bett, daß alle Bewohner des Fleckens sich zu ihr drängten, um zu hören, was ihr zugekommen. Da erzählte sie: »Als ich schlief, kam der Muselmann zu mir, der heute gestorben ist, und faßte meine Hand und führte mich ins Paradies; als ich aber an die Pforte des Paradieses kam, ließ mich der Wächter nicht hinein, indem er sagte: Das Paradies bleibt den Abtrünnigen verschlossen. Da bekehrte ich mich vor ihm zum Islamismus und ging mit ihm hinein, hier sah ich Paläste und Gärten, so schön, daß ich sie euch nicht beschreiben kann. Endlich führte er mich in einen großen Palast und sagte: Dieser Palast von Edelsteinen ist für uns bestimmt, ich werde nicht eher hineingehen, bis du bei mir bist, und so Gott will, wird dies in fünf Tagen geschehen. Dann streckte er die Hand nach einem Baum aus, der vor der Tür des Palastes stand, pflückte zwei Äpfel von demselben und sagte: Iß den einen und bewahre den anderen für den Prior des Klosters auf. Ich aß den einen und fand ihn so schmackhaft, wie ich noch keinen gegessen. Sodann ergriff er wieder meine Hand und führte mich in meine Wohnung.« Ich nahm dann – so fuhr der Diener Gottes fort – den einen Apfel aus ihrer Tasche, und er leuchtete in der dunklen Nacht wie ein Stern, es war eine Frucht, wie man keine ähnliche auf dieser Welt sieht. Ich nahm ein Messer und zerschnitt ihn in so viele Teile, daß jeder meiner Gefährten im Kloster ein Stück davon bekam, und wir haben nie einen feineren Geschmack noch einen edleren Geruch gefunden, als dieser Apfel hatte; wir dachten: Das ist gewiß Satans Werk, der sie von ihrem Glauben abtrünnig machen will. Die Verwandten der Christin führten sie dann nach Hause, aber sie wollte weder Speise noch Trank zu sich nehmen, bis in der fünften Nacht, da stand sie auf, ging auf das Grab des Jünglings, warf sich dort hin und starb, ohne daß ihre Leute etwas davon wußten.

 

Am folgenden Morgen kamen zwei alte Muselmänner In den Flecken mit härenen Kleidern, auch zwei alte Frauen waren bei ihnen, ebenso gekleidet, und sagten: »O ihr Bewohner des Fleckens! Gott der Erhabene hat eine seiner Heiligen unter euch als Muselmännin sterben lassen, wir kommen, um sie als solche zu beerdigen.« Aber die Bewohner des Fleckens, welche nach langem Suchen endlich die Christin tot auf dem Grab des Muselmannes fanden, sagten: »Die gehört uns, sie ist in unserem Glauben gestorben und wir wollen sie beerdigen.« Die Alten behaupteten hingegen, sie sei als Muselmännin gestorben. Nach langem Streit sagte endlich einer der Alten: »Wollt ihr euch überzeugen, daß sie als Muselmännin gestorben, so lasset alle vierzig Priester aus dem Kloster kommen, um sie vom Grab wegzubringen; vermögen sie es nun, so gebe ich zu, daß sie als Christin beerdigt werde. Bringen sie sie aber nicht von der Stelle, dann möge einer von uns es versuchen, sie wegzuziehen, und gelingt es ihm, so dient es als Beweis, daß sie als Muselmännin gestorben.« Die Bewohner des Fleckens waren mit dieser Probe zufrieden und ließen sogleich die vierzig Klosterbrüder kommen, um sie wegzutragen, aber sie konnten es nicht. Zwar nahmen sie ein sehr starkes Seil und banden es um ihren Körper und zogen mit aller Kraft daran, aber das Seil zerriß; zuletzt versuchten sogar noch alle Bewohner des Fleckens, sie wegzutragen, aber dennoch brachten sie sie nicht von der Stelle. Endlich sagten sie einem der Alten: »Nun versuche du es, sie wegzutragen.« Er näherte sich ihr, faßte ihren Oberrock und sagte: »Im Namen Gottes des Barmherzigen, des Allmilden!« nahm sie auf den Arm und trug sie in eine Höhle dort in der Nähe; die zwei alten Frauen wuschen sie und hüllten sie in ein Totengewand, und beerdigten sie neben dem Grab des Jünglings. Wir alle – fuhr der Diener Gottes fort – sahen dies mit unseren Augen. Als wir daher allein untereinander waren, sagte einer zum andern: »Es ist unsere Pflicht, die Wahrheit anzuerkennen, die sich uns so klar geoffenbart hat. Wie können wir einen sichereren Beweis für die Echtheit des islamitischen Glaubens fordern, als den, den wir mit eigenen Augen gesehen?« Ich bekehrte mich daher zum Islamismus mit allen Priestern des Klosters und allen Einwohnern des Fleckens. Wir schickten dann nach Djeziereh und ließen um einen frommen Lehrer bitten, der uns mit den Grundsätzen des Islams und der Art und Weise des Gottesdienstes bekannt machte, und so leben wir nun im schönsten Segen. Gott sei gelobt und gepriesen!