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Tausend Und Eine Nacht

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Der freigebige Hund

Einst war ein armer Mann so sehr von seinen Gläubigern gedrängt, daß er seine Familie und seine Heimat verlassen und in fremden Ländern bettelnd umherziehen mußte. Hungrig und müde, im zerknirschtesten Seelenzustand, erreichte er eine große, prachtvolle Stadt, von hohen Mauern umgeben. Auf einem großen Platz sah er einige vornehme Leute in ein Haus gehen, das einem königlichen Palast glich, und folgte ihnen in einen Saal, wo ein Mann von sehr ehrwürdigem Aussehen in dessen oberem Ende saß, der gleich einem Vezier von vielen Dienern und Sklaven umgeben war. Der Mann stand vor seinen Gästen auf und hieß sie willkommen. Der Arme aber trat erschrocken zurück, als er diese vielen Diener und andere Pracht und Herrlichkeit sah, und setzte sich aus Furcht in einen Winkel, wo ihn niemand sehen konnte. Als er so dasaß, kam ein Diener mit vier Jagdhunden, die mit kostbarem Seidenstoffe bedeckt waren und goldene Ketten mit silbernen Schellen am Hals hatten, und band jeden derselben in einer Ecke an. Dann ging er weg und kam nach einer Weile wieder mit goldenen Schüsseln, voll von den herrlichsten Speisen, stellte jedem Hund eine solche Schüssel vor und entfernte sich wieder, Der Arme war so sehr von Hunger geplagt, daß er mit Lüsternheit nach den Speisen der Hunde sah, und gern hätte er mit einem derselben gegessen, wenn er sich nicht gefürchtet hätte. Einer dieser Hunde bemerkte dies durch eine göttliche Eingebung, entfernte sich von seiner Schüssel und winkte dem Armen zu, er möchte sich nähern. Der Arme trat herbei und aß, bis er satt war, dann wollte er wieder gehen; aber der Hund gab ihm durch Zeichen zu verstehen, er möge die Schüssel mit allem, was darin ist, nehmen, ja, er schob sie sogar mit der Tatze vor ihn hin. Der Arme nahm sie, ging damit fort und niemand folgte ihm.

Der Arme reiste dann in eine andere Stadt, verkaufte die goldene Schüssel, kaufte Waren dafür und kehrte damit in seine Heimat zurück, verkaufte sie wieder, bezahlte seine Schulden und hatte nun so viel Glück, daß er sehr bald ein reicher Mann wurde. Da dachte er: Ich muß doch noch einmal in jene Stadt reisen, aus der ich die goldene Schüssel genommen, und dem Eigentümer derselben ein schönes Geschenk machen für die Freigebigkeit, die einer seiner Hunde gegen mich ausgeübt, und ihm auch den Wert der Schüssel wieder ersetzen. Er machte sich bald auf die Reise nach jener Stadt; als er aber das Haus suchte, in welchem er die Schüssel gefunden, sah er an dessen Stelle einen Steinhaufen, auf dem Raben krächzten. Die Wohnungen waren verödet und alles hatte ein Ansehen der Verwüstung. Er ließ sich betrübt nieder und dachte nach über den Wechsel der Zeit und des Geschicks. Als er umherblickte, sah er einen armen Mann in einem Grausen erregenden Zustand, der Felsen Erbarmen einflößte; er fragte ihn: »Wie ist das Schicksal gegen den Eigentümer dieses Hauses verfahren? Wo sind die leuchtenden Monde und Sterne? Wo ist das schöne Gebäude hingekommen, von dem nur noch einige Ruinen übrig sind?« Der Arme antwortete, aus einem betrübten Herzen seufzend: »Ein jeder beherzige, was der Gesandte Gottes gesagt: Gott hat das Recht, jeden, den er erhoben, auch wieder zu erniedrigen. Frage nicht warum und wieso; denn wer kann über die Launen des Schicksals sich wundem? Wisse, ich war der Eigentümer dieses Hauses, ich habe es erbauen lassen und mir gehörte es mit allem, was darin war. Aber die Zeit hat sich geändert: Ich habe mein ganzes Vermögen verloren, und befinde mich nun, ohne selbst zu wissen warum, in diesem erbärmlichen Zustand.« Auf die Frage des Verarmten, was ihn herführe, erzählte ihm der wieder reich gewordene seine Geschichte mit dem Hund und sagte ihm: Er sei gekommen, um ihm den Wert der goldenen Schüssel zurückzuerstatten, die ihm aus der Not geholfen und um ihm ein ansehnliches Geschenk zu bringen. Aber der Arme schüttelte mit dem Kopf und sagte weinend und schluchzend: »Ich glaube, du hast den Verstand verloren, lieber will ich den größten Mangel dulden, als zurücknehmen, was einer meiner Hunde verschenkt hat. Nimmermehr! Reise wieder hin, wo du hergekommen, ich werde nicht den Wert eines Nagelabschnitts vor dir annehmen.« Der Reiche küßte ihm Hände und Füße, dankte ihm, nahm Abschied und reiste in seine Heimat zurück.

Der gewandte Dieb

Man erzählt auch: Der Polizeipräfekt von Alexandrien wurde einst von einem Soldaten besucht, der ihm sagte: »Wisse, o Herr, ich bin diese Nacht in die Stadt gekommen und in dem Chan N. N. abgestiegen. Als ich des Morgens erwachte, fand ich meinen Reisesack zerrissen und einen Geldbeutel mit tausend Dinaren daraus gestohlen.« Der Polizeipräfekt schickte sogleich nach dem Aufseher und ließ alle Bewohner des Chans zu sich rufen, und schon wurden die Torturinstrumente herbeigeholt, um die Leute zu züchtigen. Da drang auf einmal ein Mann durch die Volksmasse, ging auf den Präfekten zu und sagte: »O Emir, lasse diese Leute frei, sie sind unschuldig, ich habe das Geld dieses Soldaten gestohlen, hier ist sein Beutel.« Bei diesen Worten zog er ihn aus seinem Ärmel und legte ihn vor den Präfekten. Dieser sagte zum Soldaten: »Nimm dein Geld und lasse diese Leute in Frieden.«

Als der Dieb hierauf von allen Anwesenden gelobt und bewundert wurde, sagte er zum Präfekten: »Das war keine große Kunst, diesen Beutel selbst wieder herzubringen, die, ihn nochmals zu stehlen, ist viel größer.« – Der Präfekt fragte: »Wie hast du es denn (zum erstenmal) angefangen?« Der Dieb antwortete: »Als ich in Kahirah auf dem Bazar der Geldwechsler stand, sah ich, wie dieser Soldat sein Gold einwechselte und in den Beutel legte; ich folgte ihm von Straße zu Straße, konnte aber keine Gelegenheit finden, ihn zu bestehlen; als er dann von Kahirah abreiste, folgte ich ihm von einem Ort zum anderen, bis er endlich hierher kam; da ließ ich mich in demselben Chan neben ihm nieder und wartete, bis er schlief. Als ich ihn laut schnarchen hörte, näherte ich mich ihm leise, schnitt den Sack mit einem Messer auf und nahm so den Beutel heraus.« Während er dies sagte, nahm er wirklich in Gegenwart des Präfekten dem Soldaten den Beutel weg und lief fort. Die Leute glaubten, er wolle ihnen nur zeigen, wie er es gemacht, er aber warf sich schnell in einen Teich, und ehe die Kawas sich entkleideten, um ihn zu verfolgen, war er schon in einer der vielen aneinander stoßenden Straßen Alexandriens verschwunden. Der Präfekt sagte zum Soldaten: »Nun bist du um dein Geld, den Leuten hier kannst du nichts anhaben, denn durch Gottes Gnade ist ihre Unschuld bewiesen.«

Die drei Polizeipräfekten

Ferner wird erzählt: Der König Naßir ließ einst den Polizeipräfekten von Neu- und Alt-Kahirah und den von Bulak zu sich rufen und sagte ihnen: »Ich wünschte von jedem von euch zu vernehmen, was ihm am wunderbarsten in der Verwaltung seines Amtes vorgekommen.« Da sprach der Polizeipräfekt von Kahirah: »Wisse, o Herr, es waren in meiner Stadt zwei Gerichtszeugen, die über Leben und Tod Zeugnis abzulegen hatten, und von denen ich wußte, daß sie den Weibern, dem Trunk und anderen Schlechtigkeiten nachhingen, und doch konnte ich kein Mittel finden, sie zu ertappen und zu bestrafen; ich gab allen Weinhändlern, Früchtehändlern, Wachskerzenverkäufern und Eigentümern verworfener Häuser den Auftrag, mich zu benachrichtigen, wenn diese Leute bei ihnen einkehrten, um etwas zu kaufen, was man zu Saufgelagen braucht oder sonstige Schlechtigkeit zu begehen. Endlich kamen eines Nachts Leute zu mir, die mir sagten: »Die Gerichtszeugen sind da und da, und geben sich sündhaften Genüssen hin.« Ich machte mich auf und ging ganz allein an das Haus, das mir bezeichnet wurde, und klopfte an der Türe. Eine Sklavin öffnete mir und fragte, wer ich sei? Aber ich antwortete nicht, sondern ging gerade ins Haus und fand den Hausherrn und die beiden Gerichtszeugen beim Wein und neben Freudenmädchen sitzend. Als sie mich sahen, standen sie auf, erwiesen mir viel Ehre, hießen mich obenan sitzen und sagten ganz ohne Scheu: »Sei uns willkommen, edler Gast!« Dann stand der Hausherr auf, blieb eine Weile weg und kam wieder mit einem Beutel, worin dreihundert Dinare waren, und sagte: »Wisse, o Emir! Du kannst uns freilich entehren und strafen, doch was gewinnst du dabei? Du machst dir nur viele Mühe umsonst, nimm lieber dieses Geld und verschone uns, Gott heißt ja auch der Bedeckende, er liebt es, daß die Menschen Fehler bedecken, und er wird dich für deine Gnade belohnen.« Ich dachte bei mir: Ich will dieses Geld nehmen und ihnen diesmal noch verzeihen. So nahm ich denn das Geld und ging fort, ohne von jemandem bemerkt worden zu sein.

Auf einmal kam am anderen Tag der Diener des Kadhi und sagte, »Der Kadhi läßt dich bitten, zu ihm zu kommen.« Als ich zum Kadhi kam, sah ich die zwei Gerichtszeugen und den Hausherrn, der mir die dreihundert Dinare gegeben. Dieser klagte mich beim Kadhi an, ich sei ihm dreihundert Dinare schuldig, und da ich es wegen der Zeugen nicht leugnen konnte, mußte ich die dreihundert Dinare wieder herausgeben und zu spät bereute ich es, sie geschont zu haben, beschloß aber, ihnen in Zukunft so viel wie möglich zu schaden. Das ist das Sonderbarste, das mir begegnete. – Das Sonderbarste, was mir, o Herr, in meinem Amte vorgekommen ist, sprach dann der Polizeipräfekt von Bulak, ist folgendes: Ich war einst dreitausend Dinare schuldig und wußte nicht, wie sie heimzahlen: Ich verkaufte alles, was ich hatte, konnte aber nicht mehr als tausend Dinare zusammenbringen. Als ich so des Nachts in düstere Gedanken vertieft dasaß, klopfte es an der Türe. Ich sagte einem Diener, er möge doch sehen, wer an der Tür ist, er ging und kam ganz blaß und zitternd zurück und sagte: »An der Tür steht ein halbnackter Mann, nur mit einer Haut bedeckt; er hat ein Schwert in der Hand und ein Messer im Gürtel; ihn begleiteten einige Leute, die ebenso aussehen, wie er, und er wünscht dich zu sprechen.« Ich ergriff das Schwert, ging vor die Tür und sah Männer, wie sie mir der Diener beschrieben hatte. Ich fragte sie, wer sie wären; sie antworteten: »Wir sind Diebe, haben heute Nacht eine große Beute erlangt, die wir nun zu deiner Verfügung stellen, damit du dir aus deiner Verlegenheit helfen mögest und deine Schulden damit bezahlest.« Ich fragte dann: »Wo ist denn das Geraubte?« Da brachten sie eine große Kiste voll von goldenen und silbernen Gefäßen. Ich freute mich sehr und dachte, damit kann ich meine Schulden bezahlen und es bleibt mir noch ebensoviel übrig. Als ich die Kiste ins Haus gebracht, dachte ich, das wäre doch unedel von mir, wenn ich sie so leer abziehen ließe, ich holte daher die tausend Dinare, die ich hatte, und schenkte sie ihnen. Sie nahmen das Geld und gingen fort, ohne daß jemand etwas von dem ganzen Vorfall erfuhr. Als ich aber am folgenden Morgen die Kiste näher untersuchte, fand ich nichts, als kupfernes und zinnernes, übersilbertes und vergoldetes Geschirr, das zusammen nicht fünfhundert Drachmen wert war; so kam ich um meine tausend Dinare und befand mich in einer noch traurigeren Lage, als zuvor; das ist das Sonderbarste, was mir während der Verwaltung meines Amtes widerfahren. – Sodann erhob sich der Polizeipräfekt von Alt-Kahirah und sprach: Das Sonderbarste, das mir während der Verwaltung meines Amtes zugestoßen, ist folgendes: Einst ließ ich zehn Diebe hängen, jeden auf einem besondern Galgen, und befahl den Wächtern, acht zu geben, daß sie nicht gestohlen werden. Als ich aber des anderen Morgens kam, um nach den Dieben zu sehen, fand ich zwei an einem Galgen hängen; ich fragte die Wächter, wer dies getan und wo der Galgen hingekommen, auf dem der eine gehängt worden. Die Wächter wollten nichts gestehen, bis ich ihnen mit Prügeln drohte, da sagten sie: »O Emir wisse, wir sind gestern Nacht eingeschlafen, und als wir erwachten, vermißten wir einen der Gehängten samt seinem Galgen, da fürchteten wir uns vor dir und ergriffen einen Bauern, der eben auf einem Esel zu uns geritten kam, und hängten ihn statt des Diebes, der uns gestohlen worden.« Ich fragte sie: »Was habt ihr bei dem Bauern gefunden?« Sie antworteten: »Einen Esel mit einem Quersack beladen.« – »Und was darin?« – »Das wissen wir nicht.« Da ließ ich den Quersack holen, und als ich ihn öffnete, fand ich darin die zerschnittene Leiche eines Ermordeten; da dachte ich bei mir selbst höchst erstaunt: Gepriesen sei Gott! Gewiß hat der Bauer durch seine Mordtat verdient, gehängt zu werden. Der Herr läßt seinen Geschöpfen kein Unrecht widerfahren.

 

Der zweimal bestohlene Geldwechsler

Ferner wird erzählt: Ein Geldwechsler, der einen Beutel mit Gold bei sich hatte, ging einst vor einer Bande Spitzbuben vorüber; da sagte einer von ihnen: »Wenn ich will, so ist dieser Beutel mein.« Sie fragten: »Wieso?« Er antwortete: »Ihr sollt es bald sehen.« Er folgte dem Geldwechsler, welcher, in seinem Haus angelangt, den Beutel auf eine Bank warf und in den Hof ging. Er rief dann seiner Sklavin, sie möchte ihm das Waschbecken bringen; sie ging mit dem Waschbecken in den Hof und ließ die Tür des Zimmers, in welchem der Beutel war, offen. Der Dieb benutzte diesen Augenblick, stahl den Beutel, ging damit zu seinen Freunden und erzählte ihnen den Erfolg seiner Unternehmung. Da sagten ihm seine Freunde: »Wahrlich, was du hier getan, kann jedermann tun, doch wenn jetzt der Geldwechsler aus dem Hof kommt und seinen Beutel nicht findet, wird er die Sklavin dafür bestrafen; wahrlich, du hast nichts Lobenswertes vollbracht; bist du ein geschickter Dieb, so mußt du dafür sorgen, daß die Sklavin nicht geschlagen werde.« Er sagte: »Gut, das will ich.« Der Dieb ging sogleich in das Haus des Geldwechslers zurück, und er hörte vor der Tür, wie dieser seine Sklavin wegen des Beutels bestrafte. Er klopfte an der Tür, und als der Geldwechsler ihn fragte, wer er sei, sagte er: »Ich bin der Diener deines Nachbarn auf dem Bazar, der dich grüßen und dich fragen läßt, warum du auf einmal so leichtsinnig geworden, daß du deinen Beutel vor die Tür deines Ladens hinwirfst und fortgehst, so daß, wenn ihn ein Fremder genommen hätte, er für dich auf immer verloren geblieben wäre.« Er zog bei diesen Worten den Beutel heraus und zeigte ihn dem Geldwechsler. Dieser sagte: »Bei Gott, wahr, hier ist mein Beutel!« Und er streckte seine Hand danach aus, um ihn zu nehmen. Aber der Spitzbube sagte: »Bei Gott, ich gebe dir ihn nicht, bis du mir einen Empfangsschein schreibst und dein Siegel darauf drückst, damit ich meinen Herrn überzeugen kann, daß ich ihn dir überliefert.« Der Geldwechsler ging in sein Kabinett, um ihm den verlangten Schein zu schreiben; aber unterdessen lief der Dieb mit dem Beutel davon und die Sklavin hatte keine Strafe mehr zu befürchten.

Der fromme Israelit

Ferner wird erzählt: Einst lebte ein frommer Mann unter den Söhnen Israels, der stets Gott anbetete und dessen Familie sich von ihrer Hände Arbeit ernährte. Er verkaufte nämlich jeden Tag die gesponnene Baumwolle und kaufte dafür rohe ein, und lebte so von dem Gewinn mit seiner Familie. Eines Tages, als er die Baumwolle verkaufte, traf er einen Freund, der in solcher Not war, daß er ihm das eben gelöste Geld schenkte und zu seiner Familie ohne rohe Baumwolle und ohne Lebensmittel zurückkehren mußte. Als er seiner Familie erzählte, daß er all sein Geld einem unglücklichen Freund geschenkt, fragten sie: »Was fangen wir nun an?« Da nahm der Mann einen alten Wasserkrug und eine alte Mütze, die er noch im Haus hatte, und ging damit auf den Markt, aber niemand wollte sie kaufen. Endlich ging ein Mann mit einem übelriechenden Fisch vorüber und sagte ihm: »Willst du mir deine ungangbare Ware für die meinige geben?« Der Israelit willigte ein, gab ihm den Wasserkrug und die Mütze, und ging mit dem Fisch zu seiner Frau und sagte: »Brate diesen Fisch, daß wir doch einstweilen nicht hungern, bis uns Gott das weitere beschert.« Da spaltete die Frau den Fisch, und siehe da, es war eine Perle darin, die nicht durchlöchert war. Am folgenden Morgen ging der Israelit damit zu einem sachverständigen Freund, um sie ihm zu zeigen. Dieser fragte den Israeliten, woher er diese Perle habe. Er antwortete: »Gott hat sie mir beschert.« – »Nun«, sagte der Freund, »sie ist tausend Drachmen wert, die ich dir gern dafür geben will; doch geh lieber damit zu N. N., der reicher ist als ich.« Der Israelit ging damit zu dem bezeichneten Mann und dieser sagte: »Sie ist 70.000 Drachmen wert, mehr nicht.« Der Israelit ließ sich das Geld geben und rief zwei Lastträger, die es ihm bis zur Tür seiner Wohnung trugen. Als er hier anlangte, kam ein Bettler und sagte: »Gib mir auch etwas von dem Geld, das dir Gott beschert!« Der Israelit antwortete: »Gestern war ich ebenso arm, als du, nimm daher die Hälfte dieses Geldes.« Nachdem nun der Israelit das Geld in zwei Teile geteilt hatte und dem Bettler die eine Hälfte übergeben wollte, sagte dieser: »Behalte dein Geld, Gott segne dich! Ich bin ein Abgesandter deines Herrn, hierher beschieden, um dich zu versuchen.« Der Israelit sagte: »Gott sei gelobt und gepriesen«, und lebte dann mit seiner Familie im größten Wohlstand bis zu seinem Tod.

Abul Hasan und der Kalif Mamun

Man erzählt auch: Abu Hasan war einst in sehr großer Not, er wurde von Bäckern, Gemüsehändlern und allen Handwerkern gedrängt, und wußte sich gar nicht zu helfen. Da kam, als er über seine Armut nachdenkend in seinem Haus saß, sein Diener herein und sagte ihm: »Es steht ein Pilger vor der Tür, der zu dir hereinzukommen wünscht.« Abu Hasan ließ ihn hereinkommen. Der Pilger, ein Mann aus Chorasan, trat herein und grüßte Abu Hasan, der ihm seinen Gruß erwiderte. Dann fragte er ihn. »Bist du Abu Hasan?« – »Der bin ich, was begehrst du von mir?« – »Ich bin hier fremd und bin auf der Pilgerfahrt nach dem heiligen Haus Gottes; ich habe zehntausend Drachmen bei mir, die ich nicht gerne nachschleppen möchte, ich wünsche daher, mein Geld dir aufzubewahren zu geben, bis ich von der Pilgerfahrt zurückkehre. Kommt später die Pilgerkarawane zurück und ich bin nicht dabei, so kannst du mich als gestorben betrachten und das Geld als ein Geschenk von mir behalten.« – Ich sagte, so erzählt Abu Hasan: »Es sei so, mit Gottes Willen.« Da zog der Fremde einen großen Geldsack heraus, ich ließ mir von meinem Diener die Waage bringen, und als der Pilger das Geld gewogen hatte, übergab er es mir und ging fort. Sobald der Pilger fort war, ließ ich meine Gläubiger kommen und bezahlte meine Schulden, denn ich dachte: Gott wird mir schon helfen, bis der Pilger von Mekka zurückkehrt. Aber am anderen Tage kam auf einmal der Diener und meldete mir den Pilger von Chorasan, der einen Tag vorher bei mir war. Ich ließ ihn bitten, hereinzukommen, und als er bei mir war, sagte er: »Ich hatte beschlossen, nach Mekka zu wallfahren, nun erhielt ich aber Nachricht, daß mein Vater gestorben ist, so daß ich nach meiner Heimat zurückreisen muß; gib mir daher das Geld, das ich dir aufzubewahren gegeben, wieder.« Da kam ich in die allergrößte Verlegenheit, in der sich je irgend einer befand; ich wußte nicht, was ich antworten sollte: Leugnete ich, das Geld empfangen zu haben, so hätte er mich schwören lassen, und es wäre um meine Ehre in jener Welt geschehen gewesen; gestand ich die Wahrheit, so hätte er mich hier zuschanden gemacht. Endlich sagte ich ihm: »Mein Haus ist nicht dazu eingerichtet, Geld zu verwahren, ich habe daher dein Geld einem Freund gebracht, bei dem es besser verschlossen werden kann; komme also morgen wieder, ich will es inzwischen von ihm holen lassen.« Der Pilger ging fort, und ich war in der größten Verzweiflung und konnte die ganze Nacht vor Angst wegen der Wiederkehr des Pilgers kein Auge schließen. Da ich keine Ruhe zu Hause fand, hieß ich mitten in der Nacht meinen Diener den Maulesel satteln. Er sagte mir, ich könne noch nicht ausreiten, der Morgen sei noch fern. Ich ging wieder zu Bett, konnte aber nicht schlafen und weckte dreimal den Diener, der mir immer sagte: Es sei noch zu früh, bis endlich der Morgenstern leuchtete; da ritt ich aus, ohne zu wissen wohin, und ließ dem Maulesel den Zaum frei, so daß er hingehen konnte, wo er wollte. Er trug mich in den östlichen Teil der Stadt Bagdad; ich begegnete einigen Leuten, wollte ihnen ausweichen und einen anderen Weg einschlagen, aber als sie bemerkten, daß ich das Kostüm eines Rechtsgelehrten trug, folgten sie mir und fragten mich, ob ich wisse, wo Abu Hasan wohne. Ich sagte: »Ich bin Abu Hasan.« Als sie dies hörten, sagten sie: »Komme zum Fürsten der Gläubigen.« Ich ging mit ihnen zum Kalifen Mamun, und dieser, als er hörte, ich sei Abu Hasan, bat mich, ihm zu erzählen, was mir widerfahren. Ich erzählte ihm die ganze Geschichte mit dem Mann aus Chorasan. Da fing er laut zu weinen an und sagte: »Wehe dir! Der Gesandte Gottes (Friede sei mit ihm!) hat mich die ganze Nacht wegen deiner nicht schlafen lassen. Sobald ich anfangs der Nacht einschlafen wollte, rief er mir zu: Hilf Abu Hasan! Da erwachte ich und wußte nicht, was ich tun sollte, weil ich dich nicht kannte. Ich schlief wieder ein, und er rief wieder: Wehe dir! hilf Abu Hasan! Ich konnte nun nicht mehr schlafen, weckte meine Leute und schickte sie nach allen Seiten umher, um dich zu holen.«

Der Kalif, so fährt Abu Hasan fort, gab mir dann zehntausend Drachmen und sagte: »Diese sind für den Mann aus Chorasan.« Dann gab er mir noch andere zehntausend Drachmen und sagte: »Die sind für dich, suche damit dich wieder in Wohlstand zu versetzen.« Dann gab er mir noch 30,000 Drachmen mit den Worten: »Statte dich damit aus und erscheine bei der ersten öffentlichen Versammlung, daß ich dir ein Amt verleihe.« Ich ging mit dem Geld nach Hause, und kaum hatte ich das Morgengebet verrichtet, als der Mann aus Chorasan kam; da holte ich einen Beutel von zehntausend Drachmen herbei und sagte ihm: »Hier ist dein Geld.« Er versetzte: »Das ist nicht das Geld, das ich dir aufzubewahren gegeben.« Ich sagte: »Du hast recht«, und erzählte ihm, wie es mir gegangen. Da sagte er weinend: »Bei Gott, hättest du mir gleich die Wahrheit gestanden, ich hätte mein Geld nicht von dir zurückgefordert, und, bei Gott! Ich nehme nichts von diesem Geld und spreche dich von deiner Schuld frei.« Mit diesen Worten verließ er mich. Ich machte nun Ordnung in meinen Geschäften, und an einem Versammlungstag ging ich zu Mamun, der unter seinem Teppich hervor einen Firman holte und mir sagte: »Hier ist deine Ernennung zum Kadhi des westlichen Teils der edlen Stadt Medina, wofür du einen Gehalt von soundsoviel monatlich zu empfangen hast. Fürchte Gott, und der Gesandte des Herrn wird dir ferner beistehen.« Alle Anwesenden waren erstaunt und wußten nicht den Sinn seiner Worte zu deuten, bis ich sie ihnen erklärte.

Abu Hasan starb als Kadhi der edlen Stadt Medina unter Mamun. Gottes Erbarmen sei mit ihm!