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Tausend Und Eine Nacht

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Geschichte der unglücklichen Frau mit dem Bettler

Man erzählt unter anderm: Ein König verbot einst seinen Untertanen, Almosen zu geben, und ließ jedem, der diesem Verbot zuwider handelte, die Hand abschneiden, so daß niemand mehr es wagte, den Armen etwas zu schenken. Eines Abends kam ein hungriger Bettler zu einer Frau und forderte Almosen. Da sagte ihm die Frau: »Wie kann ich dir etwas geben? Der König läßt ja jedem die Hand abhauen, welcher Almosen reicht.« Aber der Bettler beschwor sie solange bei Gott, sie möchte ihm doch etwas geben, daß sie seinen Bitten nicht widerstehen konnte und ihm zwei Laib Brot schenkte. Sobald der König dies erfuhr, ließ er die Frau rufen und ihre beiden Hände abschneiden. Nach einiger Zeit sagte der König zu seiner Mutter: »Ich möchte gern heiraten, wähle mir doch eine schöne Frau.« Seine Mutter antwortete: »In unserer Nachbarschaft lebt die schönste Frau, die man je gesehen hat; aber sie hat beide Hände verloren.« Der König wünschte sie zu sehen, und als sie vor ihm erschien, wurde er so bezaubert von ihrer Schönheit, daß er sie heiratete. Aber die Nebenbuhlerinnen dieser Frau beneideten sie so sehr, daß sie sie dem König als ein schlechtes Frauenzimmer schilderten. Der König schrieb dies seiner Mutter und befahl ihr, die von ihr empfohlene Frau aus dem Harem zu verstoßen. Die Frau wanderte nun, über ihr Unglück weinend, mit ihrem Kinde am Hals in der Wüste umher, bis sie an einen Bach gelangte; da kniete sie nieder, um ihren Durst zu löschen, und ließ das Kind in den Bach fallen. Sie weinte darüber sehr heftig, als zwei Männer vorüberkamen und sie fragten, warum sie so weine. »Mein Kind«, schrie die Arme, »ist ins Wasser gefallen.« Sie fragten: »Sollen wir es retten?« Als die Frau sie darum bat, beteten die Männer zu Gott und das Kind kam unverletzt aus dem Wasser. Sie fragten dann die Frau: »Wünschest du auch deine beiden Hände wieder zu haben?« Auf ihre bejahende Antwort beteten die Männer wieder, und, siehe da! Ihre beiden Hände wuchsen wieder hervor, noch schöner als sie waren. Dann sagten sie ihr: »Weißt du, wer wir sind?« – »Das weiß nur Gott.« – »Wisse denn, wir sind die zwei Laibe Brot, die du dem Bettler gegeben und durch welche du deine beiden Hände verloren; danke nun Gott, der dir deine beiden Hände wiedergegeben und dein Kind.« Sie dankte und pries Gott und setzte ihren Weg getröstet fort.

Geschichte des edlen Gebers

Man erzählt ferner: Einst verlor ein sehr reicher Juwelier sein ganzes Vermögen, so daß ihm gar nichts mehr übrig blieb. Da sagte ihm seine Frau: »Geh zu einem deiner Freunde und suche Hilfe bei ihm.« Er ging zu einem Freund und klagte ihm seine Not. Der Freund lieh ihm fünfhundert Dinare, mit denen er wieder sein Geschäft betreiben sollte. Der Juwelier öffnete hierauf wieder seinen Laden und kaufte und verkaufte. Als er einst in seinem Laden saß, kamen drei Männer und fragten nach seinem Vater; der Juwelier sagte ihnen, er sei schon längst tot. Da fragten sie, ob er keine Nachkommen hinterlassen. »Ich bin dessen Sohn!« – »Kannst du dies beweisen?« – »Alle Kaufleute des Bazars können mir es bezeugen!« – »Bringe einige her, um uns zu überzeugen, daß der Mann, nach welchem wir dich fragten, dein Vater war.« Der Juwelier rief einige Kaufleute zu sich, und nachdem sie bezeugt hatten, daß der Mann, nach dem die drei Fremden sich erkundigt hatten, sein Vater war, zogen diese einen Sack heraus, in welchem etwa dreißigtausend Dinare Gold und Edelsteine waren, und sagten: »Das hat dein Vater uns aufzubewahren gegeben«, und gingen wieder ihres Weges. Bald darauf kam eine Frau und entlieh einen Edelstein, welcher fünfhundert Dinare wert war, und bald darauf kaufte sie ihn für dreitausend Dinare. Der Juwelier ging nun zu seinem Freund und wollte ihm die fünfhundert entlehnten Dinare zurückgeben; dieser nahm sie aber nicht und sagte: »Ich habe sie nach Gottes Willen hergegeben, behalte sie nur, nimm auch dieses Briefchen, öffne es aber nicht, bis du zu Hause bist und beherzige dessen Inhalt.« Der Juwelier nahm das Briefchen, ging nach Hause und fand folgende Zeilen darin: »Die Männer, welche bei dir waren, sind mein Vater und meine beiden Oheime; die Frau, welche bei dir einkaufte, war meine Mutter, und alles Geld und alle Edelsteine kamen von mir. Ich hatte dabei nicht die Absicht, dich zu beleidigen, sondern dir ein Erröten zu ersparen.«

Wunderbare Erfüllung eines Traumes

Man erzählt ferner: Ein sehr begüterter Mann aus Bagdad verlor sein ganzes Vermögen und hatte viele Mühe, sich sein tägliches Brot zu erwerben. Eines Nachts, als er sich in trauriger Stimmung niederlegte, erschien ihm im Traum jemand, der ihm sagte: »Du wirst deinen Lebensunterhalt in Kahirah finden, reise dahin.« Der Mann machte sich des Morgens auf und trat seine Reise nach Kahirah an. Da er des Abends daselbst ankam, ging er in eine Moschee und schlief darin. In derselben Nacht drangen Diebe von der Moschee aus in ein daran stoßendes Haus, um es zu bestehlen. Aber die Bewohner dieses Hauses erwachten und machten Lärm. Die Polizei kam herbei, und die Diebe entflohen wieder durch die Moschee. Als der Polizeioberste in die Moschee kam und den Mann aus Bagdad fand, den er für einen der Diebe hielt, ergriff er ihn, ließ ihn fast tot prügeln und ins Gefängnis werfen.

Nach drei Tagen wurde er vor den Polizeiobersten geführt, der ihn fragte, woher er wäre und was er in Kahirah täte? Er antwortete: »Ich wohne in Bagdad und bin hierher gekommen, weil mir jemand im Traum gesagt, ich werde hier meinen Lebensunterhalt finden; nun fand ich aber nichts, als die Prügel, die du mir erteilen ließest.« Der Polizeioberste lachte so herzlich, daß er alle seine Zähne zeigte, und sagte: »Du dreifach unverständiger Mensch, mir ist jemand im Traum erschienen, der mir sagte: In dem Stadtviertel N. N. in Bagdad ist ein Haus, das so und so aussieht, in dessen Hof ist ein Gärtchen, mit einem Pistazienbaum; dort ist Geld begraben, das von einem Verbrechen herrührt, geh hin und nimm es! Und doch bin ich hier geblieben, und du törichter Mensch machst eine solche Reise wegen eines eitlen Traumes.« Er gab ihm dann einige Drachmen und sagte ihm: »Suche damit deine Rückkehr anzutreten.« Der Mann nahm das Geld und kehrte damit nach Bagdad zurück, ging in sein Haus, welches kein anderes war, als das vom Polizeiobersten von Kahirah beschriebene, ließ unter dem Baum aufgraben, und fand so viel Geld darunter, daß er wieder reicher war, als zuvor.

Tod eines Liebenden aus dem Stamm Uzra

Man erzählt ferner: Unter dem Stamm der Söhne Uzra war ein Mann, der keinen Tag ohne eine neue Liebe leben konnte. Einst liebte er ein schönes Mädchen aus seinem Stamm und warb um sie; sie aber verschmähte ihn und wies ihn immerfort ab. Der Mann wurde darüber krank und grämte sich so sehr, daß alle seine Kräfte schwanden und er so schwach und mager wurde, daß seine Liebe kein Geheimnis mehr blieb. Lange baten seine und ihre Verwandten seine Geliebte, sie möchte ihn doch besuchen, aber sie weigerte sich, bis er dem Tod nahe war. Erst als sie sein nahes Ende vernahm, bemitleidete sie ihn und entschloß sich, ihn zu besuchen. Als er sie erblickte, flossen seine Augen in Tränen über und er sprach folgende Verse:

»Wenn du meinen Leichenzug vorüberziehen siehst, wirst du ihm nicht folgen und den Verschiedenen grüßen, der dem Grabe überlassen wird?«

Das Mädchen sagte weinend: »Ich dachte nicht, daß es so weit mit dir gekommen wäre, aber bei Gott, ich will dir alles gewähren, was du von mir forderst« Da rezitierte er weinend folgenden Vers:

»Sie nahet mir, wenn Todesschatten uns trennen, und will mir gehören, wenn ich sie nicht mehr besitzen kann.«

Dann atmete er tief und verschied. Das Mädchen weinte, küßte ihn und fiel in Ohnmacht, und nach drei Tagen starb auch es und wurde in sein Grab gelegt.

Geschichte des Dichters Mutalammes

Ferner wird erzählt: Der Dichter Mutalammes mußte einst vor Numan, dem Sohne Munzirs, entfliehen, und er blieb so lange abwesend, daß man ihn für tot hielt. Er hatte eine schöne Frau, welche Umeima hieß und ihn so innig liebte, daß sie lange keinen anderen heiraten wollte, so sehr auch ihre Familie sie darum bat. Doch endlich wurde ihr so viel zugeredet und fast Zwang angetan, daß sie nachgeben mußte und mit einem Mann aus ihrem Stamm sich verlobte. Mutalammes kam aber gerade zur Hochzeitsnacht von seiner Reise zurück. Er hörte Musik und Freudengesang und jubelnde Frauen, und fragte einen Knaben, was denn für ein Fest gefeiert werde. Der Knabe antwortete: »Die Gattin Mutalammes verheiratet sich wieder diese Nacht.« Als Mutalammes dies hörte, mischte er sich verkleidet unter die Frauen und sah, wie der Bräutigam neben seiner Frau saß und sie küssen wollte. Sie aber seufzte und sprach weinend: »O wüßte ich doch bei so vielen heranstürmenden Unglücksfällen, wo du weilest, o Mutalammes!« Dieser antwortete: »O du meine Heimat! o Umeima! wisse, daß ich mich stets nach dir sehnte, sooft die Karawane ihre Zelte aufschlug.« Als der Bräutigam dies hörte, merkte er, daß er überflüssig geworden, und zog sich zurück. Mutalammes blieb allein bei seiner Frau und lebte höchst glücklich mit ihr, bis der Tod sie trennte.

Sonderbares Gebet eines Pilgers

Man erzählt ferner: Zur Zeit der Pilgerfahrt rief einst ein Mann, an den Vorhängen der heiligen Kaba sich festklammernd: »O Gott, laß sie doch wieder ihrem Manne zürnen, daß sie sich mir hingebe!« Als einige Pilger dieses sonderbare Gebet hörten, ergriffen sie ihn, prügelten ihn durch, führten ihn zum Emir der Pilger und sagten ihm, was sie von diesem Mann an einem so heiligen Ort vernommen. Der Emir der Pilger gab den Befehl, ihn zu hängen; aber der Angeklagte beschwor ihn bei Mohammed, dem Abgesandten Gottes, er möchte doch zuerst seine Erzählung anhören, dann nach Belieben mit ihm verfahren. Der Emir gewährte ihm seine Bitte, und er sprach: Wisse, o Emir, ich bin ein Mann von der niedersten Volksklasse, der sich oft mit Haschisch berauscht; mein Geschäft war, dem Vieh die Haut abzuziehen, und Blut und anderen Schmutz auf den dazu bestimmten Ort zu bringen. Eines Tages ging ich mit meinem beladenen Esel über die Straße, da sah ich, wie alle Leute davonliefen, und einer derselben sagte mir: »Flüchte dich schnell in dieses Gäßchen, sonst bringt man dich um.« Ich fragte, warum denn alle Leute so flöhen. Da antwortete mir der Diener eines vornehmen Herren: »Es kommt ein Harem, und die ihm vorangehenden Diener schlagen alle Leute, um den Weg freizumachen.« Ich wollte, als ich dies hörte, mit meinem Esel in eine Nebenstraße einlenken, da kamen die Diener, mit großen Stöcken in den Händen, an der Spitze von ungefähr dreißig Frauen, worunter eine einen Wuchs wie die Zweige des Ban, und Augen wie eine nach Wasser lechzende Gazelle hatte; diese ausgezeichnet schöne und liebliche Frau war die Gebieterin aller übrigen, die sie begleiteten. Ich blieb stehen und betrachtete sie von allen Seiten. Auf einmal rief sie einen ihrer Diener zu sich und sagte ihm etwas ins Ohr. Sogleich lief der Diener auf mich zu und nahm mich fest. Alle Leute liefen davon, nur ein alter Mann nahm meinen Esel und führte ihn weg, während die Eunuchen mich mit einem Strick banden und mit sich schleppten.

 

Ich wußte gar nicht, was dies zu bedeuten habe, und alle Leute hinter mir schrien: »Das ist nicht erlaubt von Gott, mit einem armen Bettler, einem elenden Haschischfresser, so umzugehen.« Manche sagten zu den Eunuchen: »Habt doch Mitleid mit ihm, Gott wird sich auch eurer erbarmen, und laßt ihn doch los!« Ich dachte bei mir selbst: Gewiß hat die Dame den Schmutz und Unrat, mit dem mein Esel beladen war, gerochen und will dafür mich bestrafen lassen. Was kann ich tun? Es gibt keinen Schutz und keine Macht, als bei Gott, dem Erhabenen!

Ich wurde nun von den Eunuchen mitgeschleppt, bis wir an die Pforte eines großen Hauses kamen. Da traten sie hinein und führten mich in einen großen Saal von unbeschreiblicher Schönheit; er war rein ausgekehrt und frisch bespritzt, und mit kostbaren Matten und Polstern bedeckt. Die Gebieterin und ihr Gefolge zogen an mir vorüber, und ich blieb allein mit den Eunuchen zurück und dachte: Man hat mich gewiß hereingebracht, um mich hier mit dem Tod zu bestrafen, ohne daß jemand nur meinen Tod erfahre. Aber statt dessen führten mich die Eunuchen in das Badzimmer, welches an den Saal stieß, und drei Sklavinnen kamen, hießen mich sitzen, und die eine rieb mir die Füße, die andere wusch mir den Kopf und die dritte trocknete mich ab. Als dies geschehen war, gaben sie mir einen Bündel Weißzeug und Kleider, und hießen mich sie anziehen. Ich sagte: »Bei Gott! Ich weiß nicht, wie man solche Kleider anzieht.« Sie näherten sich mir lachend und kleideten mich an, bespritzten mich mit Rosenwasser und führten mich wieder in einen herrlich verzierten und mit Divanen belegten Saal. Hier saß eine Dame, von vielen Sklavinnen umgeben, die, sobald ich in den Saal trat, vor mir aufstand und mich hieß, neben ihr Platz zu nehmen. Kaum hatte ich mich gesetzt, als die Sklavinnen auf ihren Befehl die verschiedenartigsten, schmackhaftesten Speisen auftrugen, dergleichen ich in meinem Leben nie gekostet hatte und deren Namen ich nicht einmal kannte. Nachdem ich mich sattgegessen hatte, wurden die Schüsseln weggetragen, und man brachte mir Wasser, um meine Hände zu waschen. Die Dame ließ dann allerlei Nachtisch bringen und hieß mich davon essen. Als auch dies geschehen war, befahl sie einigen Sklavinnen, Wein und Trinkgefäße herbeizuschaffen, sowie auch allerlei feines Räucherwerk. Ein Mädchen wie der Mond schenkte uns ein, und ich und die Dame tranken so lange beim Klang des Saitenspiels, bis wir berauscht waren. Dies alles geschah, o Emir, und ich glaubte immer nur zu träumen. Auf ihren Wink entfernten sich dann die Sklavinnen; sie umarmte mich und drückte mich an ihren Busen, und ich sog den feinsten Moschusduft aus ihren Lippen und glaubte nicht anders, als entweder ich sei im Paradies, oder ich träume. Des Morgens fragte sie mich nach meiner Wohnung, gab mir ein goldgesticktes Taschentuch, in welches etwas eingebunden war, und sagte mir: »Geh‘ damit ins Bad.« Ich ging freudig fort und dachte: Ist Geld in diesem Tuch, so kann ich dafür zu Mittag essen; doch ging ich so ungern von ihr fort, als hätte ich das Paradies verlassen müssen, und begab mich in meine Wohnung, öffnete das Tuch, welches sie mir geschenkt hatte, und fand fünfzig Goldstücke darin, die ich sogleich eingrub. Nach Mittag, als ich in Gedanken vertieft vor meiner Tür saß, kam auf einmal eine Sklavin zu mir und sagte: »Meine Gebieterin verlangt nach dir.«

Ich folgte der Sklavin bis zur Tür ihres Hauses, bat um Erlaubnis, hineinzutreten, und küßte die Erde vor der Dame. Sie hieß mich wieder sitzen, ließ Speisen und Wein bringen, und ich brachte wieder diese Nacht wie die vorhergehende bei ihr zu. Des Morgens schenkte sie mir wieder ein Tuch, in welches fünfzig Goldstücke eingebunden waren, mit denen ich wieder in meine Wohnung ging, wo ich sie eingrub. So ging es acht Tage lang, ich wurde jeden Nachmittag geholt und blieb bis morgens bei meiner Dame. Aber am achten Tag, als ich bei ihr war, kam auf einmal eine Sklavin herbeigelaufen, die mich schnell in ein Nebenzimmer hineinstieß. Dieses Zimmerchen hatte ein Fenster, das auf die Straße ging; ich hörte Geräusch von Dienern und Pferdtritten, und ich sah vom Fenster aus einen jungen Mann wie der Vollmond, von vielen Mamelucken begleitet, der vor der Haustüre abstieg, dann in den Saal trat, vor der Dame sich verbeugte und ihre Hand küßte. Sie schwieg lange, und es kostete ihm viele Mühe und Demütigung, bis sie sich mit ihm versöhnte und einwilligte, die Nacht bei ihm zuzubringen. Des Morgens, als er wieder mit seinen Leuten ausgeritten war, kam die Dame zu mir und fragte mich: »Hast du gesehen?« Ich antwortete: »Jawohl.« Nun sagte sie: »Dieser Mann ist mein Gatte; ich will dir erzählen, was zwischen uns vorgefallen. Eines Tages waren wir beisammen im Garten neben unserem Haus. Auf einmal stand er von meiner Seite auf und blieb sehr lange weg. Da folgte ich unbemerkt, um nach ihm zu sehen; als ich an der Küche vorüberkam, fragte ich eine meiner Sklavinnen nach ihm; sie zeigte mir ein kleines Kabinett; hier fand ich ihn in den Armen einer Sklavin. Als ich dies sah, schwor ich einen heiligen Eid, auch einen Mann von der niedersten Klasse zu umarmen. Ich durchzog daher drei Tage lang alle Straßen der Stadt, um einen solchen Mann zu finden; erst am vierten Tag begegnete ich dir, und fand dich so erbärmlich und schmutzig, daß ich meinen Eunuchen befahl, dich mitzunehmen. Was nun zwischen uns geschehen ist, war Gottes Beschluß. Nun ist mein Eid gelöst, und ich werde dich nicht eher wieder rufen lassen, bis mein Mann sich wieder einer Sklavin nähert und mir untreu wird.« Hierauf entließ sie mich, nachdem ich vierhundert Goldstücke aus ihrem Haus fortgetragen, von denen ich schon einen großen Teil ausgegeben. Darum kam ich hierher und betete zu Gott, der Mann möchte doch seine Sklavin wieder besuchen, damit ich seine Gattin wiedersehe.« Als der Emir der Pilger diese Geschichte hörte, ließ er den Angeklagten frei und erklärte ihn für unschuldig in Gegenwart aller seiner Ankläger.

Geschichte des Arabers mit den Bohnen

Unter anderem wird auch erzählt: Als Harun Arraschid den Barmekiden Djafar hängen ließ, befahl er, daß wer ihn betrauere und beweine, auch gehängt werden sollte, so daß es natürlich ein jeder unterließ. Eines Tages kam ein Araber aus entfernter Wüste, der jedes Jahr Djafar ein Gedicht überreichte, für welches er tausend Dinare erhielt, womit er und seine Familie das ganze Jahr lebte. Sobald er hörte, daß Djafar gehängt worden, ging er auf den Hinrichtungsplatz, ließ dort sein Kamel niederknieen, seufzte und weinte laut und rezitierte sein Gedicht; dann schlief er ein und sah Djafar im Traum, der ihm sagte: »Du hast meinetwillen diese mühsame Reise unternommen und findest mich nun, wie du siehst; doch geh nach Baßrah, frage nach dem Kaufmann N. N. und sage ihm, Djafar der Barmekide läßt ihn grüßen und bei den Bohnen beschwören, dir tausend Dinare zu geben.« Der Araber machte sich sogleich auf den Weg nach Baßrah, suchte den Kaufmann auf und trug ihm Djafars Bitte vor. Der Kaufmann weinte so heftig, daß er beinahe sein Leben aufgab, nahm den Araber mit Auszeichnung auf, bewirtete ihn drei Tage lang und gab ihm am vierten Tage fünfzehnhundert Dinare, indem er ihm sagte: »Du erhältst tausend Dinare nach Djafars Befehl und fünfhundert als Geschenk von mir.« Auch hieß er ihn jedes Jahr wiederkehren, um tausend Dinare in Empfang zu nehmen. Der Araber beschwor den Kaufmann, er möchte ihm doch sagen, was Djafar mit den Bohnen meinte. Da sagte der Kaufmann: »Ich war früher ein armer Bohnenhändler. Einst ging ich an einem kalten Tag auf dem Markt mit Bohnen umher; meine Kleidung war so schlecht, daß sie mich weder gegen die Kälte, noch gegen den Regen schützte. Ich zitterte vor Frost und fiel einige Male auf den nassen Boden. Dies bemerkte Djafar und bemitleidete meinen schauerlichen Zustand, ließ mich zu sich rufen und sagte mir: »Verkaufe meinem Gefolge diese Bohnen.« Ich holte mein Maß herbei, und so wie ich die Bohnen hergab, füllte Djafar mein Maß mit Gold, bis ich statt meiner Bohnen ein großes Bündel Gold hatte. Zuletzt fragte Djafar: »Hast du nichts mehr?« Ich suchte im Korb und fand nur noch eine Bohne. Djafar nahm sie, teilte sie in zwei Hälften, ging damit in seinen Harem und sagte: »Wer will diese halbe Bohne kaufen?« Eine seiner Frauen sagte: »Ich, für das Bündel Gold, das der Mann trägt.« – »Nun«, sagte Djafar, »ich behalte die andere Hälfte für den doppelten Preis.« Ich glaubte, es sei nur Scherz, aber ein Diener brachte das Gold herbei und legte es in meinen Korb. So hat mich Gott, gepriesen sei sein Name, durch Djafar reich gemacht, und wenn ich dir jedes Jahr tausend Dinare gebe, so ist dies nur eine geringe Vergeltung für seine Wohltaten gegen mich.«

Der wunderbare Reisesack

Man erzählt ferner: Als der Kalif Harun Arraschid eines Nachts sehr übel gelaunt und mißmutig war, ließ er seinen Vezier Djafar rufen und sagte ihm: »Ich bin sehr verstimmt und fühle meine Brust so beengt, suche doch auf irgend eine Weise mir Zerstreuung zu verschaffen.« Djafar sagte: »O Fürst der Gläubigen! Ich habe einen Freund, der Ali der Perser heißt, der weiß sehr viele Märchen und Geschichten.« – »So hole ihn gleich her«, sagte der Kalif. Djafar schickte sogleich jemanden, um Ali zu rufen. Er kam bald und grüßte den Kalifen. Dieser hieß ihn sitzen und sagte ihm: »Meine Brust ist diesen Abend so beklommen, daß ich dich rufen ließ, weil ich hörte, du wissest so viele Märchen und Anekdoten; erzähle mir nun etwas, das meinen Gram und meine düsteren Gedanken verscheuche.«

Ali erwiderte: »Was wünschest du, o Fürst der Gläubigen, zu hören, um dich aufzuheitern? Soll ich etwas erzählen, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen, oder etwas, das ich mit meinen Ohren gehört?« Der Kalif antwortete: »Erzähle mir etwas, das du selbst gesehen.« Da begann Ali:

Wisse, o Fürst der Gläubigen! Ich reiste einst mit einem Jungen von Bagdad, meiner Vaterstadt, weg und hatte einen sehr hübschen Reisesack bei mir. Während ich kaufte und verkaufte, kam ein wilder Kurde auf mich zu, nahm mir meinen Reisesack weg und sagte: »Dieser Sack mit allem, was darin ist, gehört mir.« Ich war ganz außer mir und rief alle umstehenden Leute um Hilfe. Die Leute sagten: »Geht miteinander zum Kadhi.« Wir gingen zum Kadhi und sagten ihm: »Wir haben eine Streitsache.« – »Wer ist der Kläger?« fragte der Kadhi. Der Kurde näherte sich ihm und sagte: »Gott stärke unsern Herrn, den Kadhi! Ich habe diesen Sack mit allem, was darin ist, verloren und eben wieder in der Hand dieses Mannes gefunden.« – »Wann hast du ihn verloren?« fragte ihn der Kadhi. Der Kurde antwortete: »Erst gestern.« – »Wenn du den Sack kennst«, versetzte der Kadhi, »so sage mir, was darin ist.« Der Kurde antwortete: »Im Sack sind zwei silberne Spiegelchen, Kohel für das Auge, ein Tuch für die Hände, zwei Leuchter, zwei Schüsseln und zwei Löffel, ein Kissen, zwei Matten, zwei Waschbecken mit Kannen, ein Topf, ein Kamm, zwei Hündchen, eine Kuh, zwei Kälber, zwei Schafe, eine Ziege, zwei Lämmer, zwei weiße Katzen, ein männliches und zwei weibliche Kamele, ein Büffelochs, zwei Stiere, eine Löwin, zwei Löwen, ein Wolf, zwei Füchse, zwei Divane und zwei Säle und eine Küche mit zwei Türen, und viele Kurden, die bezeugen, daß dieser Sack mir gehört.« Als der Kurde vollendet hatte, fragte mich der Kadhi: »Was sagst du dazu, Ali?« Ich näherte mich ihm, erstaunt über die Rede des Kurden, und sagte: »Gott verherrliche unseren Kadhi! In meinem Sack ist ein zerfallenes Häuschen mit einem Hundeställchen, ferner eine Schule für Knaben, dann viele Soldaten mit ihren Zelten, die Städte Kahirah und Bagdad und das Schloß Schadads, ein Fischernetz, ein Stock, mehrere Pfeiler und viele Mädchen und Knaben, und tausend Meister, welche bezeugen, daß dieser Sack mein Sack ist.« Als der Kurde dies hörte, sagte er weinend und schluchzend: »O mein Herr Kadhi, der Sack gehört mir, ich weiß alles, was darin ist. Du findest darin Schlösser und Zitadellen, Städte und Dörfer, Bären und Löwen und allerlei wilde Tiere; ferner eine Stute und zwei junge Hengste, zwei lange Lanzen und zwei Hasen, eine alte Frau und zwei Freudenmädchen, zwei Obersten und zwei Gaukler, und einen Blinden und einen Lahmen, einen Pfaffen und zwei Kirchendiener, und einen Patriarchen, einen Kadhi und zwei Zeugen, welche bezeugen, daß der Sack mir gehört.« Nun war ich außer mir vor Zorn und Ärger, ich ging auf den Kadhi zu und sagte: »Gott stärke unsern Herrn, den Kadhi! In meinem Sack ist ein Zeughaus, mit allerlei Waffen und Kriegsmaterialien gefüllt, Weinberge, Gärten mit Feigen- und Apfelbäumen, allerlei Weingefäße mit Dienern und Freunden und Gesellschaften, Musiker mit allerlei Instrumenten und Sänger und Sängerinnen, Kinder mit ihren Ammen, zwei abessinische Sklavinnen, drei Indianerinnen, vier Medinenserinnen, fünf Griechinnen, sechs Türkinnen, sieben Perserinnen, acht Kurdinnen, und neun Ägypterinnen; im Sack waren der Euphrat und der Tigris mit Fischen und Fischernetzen und Feuerzeug, tausend Pferde, mehrere Badehäuser, viele Städte und Länder mit allen ihren Beamten und Handwerkern, Kufa und Anbar, zwanzig Kisten voll Weißzeug und Kleider, und einige Magazine mit allerlei Mundvorrat gefüllt, Gaza, Askalon, die ganze Strecke von Damiet bis Assuan, der Palast des Chosrocs, Vaters des Nuschirwan, das ganze Reich Salomons, Chorasan, Balch und Ispahan, alle Länder, die zwischen Indien und Nubien liegen.« Der Kadhi, ganz betäubt von dem Aufzählen aller dieser Gegenstände, sagte: »Ihr seid gewiß zwei abtrünnige Ketzer, die mit einem frommen Kadhi ihren Spaß haben wollen; hat man jemals gehört, daß ein Reisesack alles das enthalte, was ihr beschrieben? Das ist ein bodenloses Meer!« Der Kadhi ließ dann den Sack öffnen; man fand darin ein wenig Brot, eine Zitrone, ein wenig Käse und ein paar Oliven; ich warf den Sack dem Kurden zu und ging fort.

 

Den Kalifen ergötzte diese Geschichte so sehr, daß er vor Lachen auf den Rücken fiel und den Perser Ali reichlich beschenkte. Gott ist allwissend!