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Tausend Und Eine Nacht

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Geschichte vom Fuchs, Wolf und Löwen

Einst zog nämlich eine Herde Füchse aus, um etwas zu essen zu suchen. Als sie ein totes Kamel fanden, sagte einer von ihnen: »Nun haben wir auf einen Monat zu leben; doch wollen wir uns einen Obersten wählen, der dafür wache, daß das Kamel gleich verteilt werde und der Schwächere nicht zu kurz komme.« Während sie darüber sich besprachen, kam ein Wolf herbei, und einer der Füchse sagte: »Hier ist ein Wolf; wir wollen ihn zu unserem Oberhaupt erwählen, denn er ist stark und mächtig, und auch sein Vater war schon unser König. Hoffen wir, daß er ebenso gerecht sein wird, wie sein Vater war.« Die Füchse begaben sich insgesamt zum Wolf, teilten ihm ihren Beschluß mit und baten ihn, die Regierung zu übernehmen, damit er nach Recht und Billigkeit unter ihnen entscheide und einem jeden das ihm Gebührende zuteile. Der Wolf nahm ihren Antrag an, und teilte am ersten Tag die Nahrung zur allgemeinen Zufriedenheit aus; aber am anderen Tag dachte er bei sich: Wenn ich fortfahre, dieses Kamel unter den Füchsen zu teilen, halten sie mich für schwach; aber ich bin doch stark, sie können mir nicht widerstehen, darum will ich niemandem mehr etwas geben, ich fürchte mich nicht vor ihnen, sie sind ja meine Sklaven.

Als am folgenden Tag die Füchse wieder demütig vor dem Wolf erschienen und um Nahrung baten, sagte er ihnen: »Was ihr besitzt gehört mir, geht eueres Wegs; wer sich wieder sehen läßt, wird umgebracht.« – Die Füchse sagten zueinander: »Dieser gottlose Verräter hat uns ins Verderben gestürzt, und wir haben keine Macht über ihn; was fangen wir nun an?« Da sagte ein Fuchs: »Nur der Hunger hat ihn heute irre geleitet; laßt ihn heute essen und sich sättigen, wir wollen dann morgen wieder vor ihm erscheinen.« Am anderen Morgen sagten sie ihm: »O Wolf, wir haben dich zum König erwählt, damit du jedem seinen Anteil gewährst und niemandem Unrecht geschähe; wir haben uns aber selbst getäuscht, denn seit gestern müssen wir hungrig umhergehen; doch wollen wir das gerne vergessen, gib uns nur heute etwas zu essen.« Aber der Wolf wurde noch gröber und wollte wieder nichts hergeben. Da sagten die Füchse untereinander: »Von diesem Wolf haben wir nur immer Schlimmeres zu erwarten, darum laßt uns den Löwen um Hilfe anflehen und ihm unser Kamel zum Lohn überlassen, damit er diesen treulosen Wolf umbringe.« Dieser Vorschlag wurde gebilligt und der Löwe nahm ihr Gesuch an und brachte den Wolf um, den dann die Füchse in Stücke zerrissen.

»Lerne daraus, o König«, fuhr der Vezier fort, »daß man seine Untertanen nie geringschätzen darf; ich warne dich zum letzten Male und erinnere dich an den letzten Willen deines seligen Vaters; klage dann nur dich selbst an!« Der König sagte: »So Gott will, werde ich morgen Sitzung halten.« Schimas verließ ihn hierauf und berichtete dem Volk, was er dem König gesagt und was ihm dieser geantwortet. Sobald aber diese Unterredung der Geliebten des Königs bekannt wurde, eilte sie zu ihm und sagte: »Wie sehr muß ich mich über dich und über deinen Gehorsam gegen deine Veziere wundern. Haben sie dich etwa nackt gefunden und dich auf einmal auf den Thron erhoben? Und selbst dann dürften sie sich nicht so abscheulich gegen dich benehmen; du darfst dich nicht so tief herablassen. Weißt du nicht, daß sie die Sklaven deines Vaters waren, der dich zu ihrem Herrscher eingesetzt? Du bist aber so furchtsam, als hätte dich nicht dein Vater gezeugt, du erschrickst vor denen, die Gott unter deine Fußsohlen gelegt. Mit Recht sagt man: Wenn das Herz eines Königs nicht von Eisen ist, so verdient er nicht, König zu sein. Denn nur das Vieh hat ein Herz von Fleisch. Diese Leute drohen dir mit ihrem Abfall und Ungehorsam bloß um dich einzuschüchtern; gibst du ihnen nach, so werden sie sich bald über dich erheben und aus Gewohnheit nach deiner Macht lüstern werden. Hüte dich wohl davor, es möchte dir sonst gehen, wie dem Hirten mit den Dieben.« Der König fragte: »Wie war dies?« Und seine Geliebte fing an zu erzählen:

Geschichte des Hirten und der Diebe

Ein Hirt war einst mit seinen Schafen auf der Weide und wachte über sie, daß ihm keines gestohlen werde. Eines Nachts kam ein Dieb in der Absicht, ein Schaf zu stehlen; er fand aber den Hirten so wachsam bei Tag und bei Nacht, daß er kein Mittel sah, seinen Zweck zu erreichen. Nachdem er lange sich vergebens bemüht hatte, nahm er eine Löwenhaut, stopfte sie mit Stroh aus und stellte sie auf einen Hügel, so daß der Hirt sie sehen konnte. Er ging dann zum Hirten und sagte ihm: »Ein Löwe fordert sein Nachtessen von dir.« – »Wo ist ein Löwe?« fragte der Hirt. »Dort auf dem Hügel«, antwortete der Dieb. Der Hirt blickte hin und sah das ausgestopfte Fell, das er für einen Löwen hielt, und fürchtete sich so sehr, daß er dem Dieb sagte: »Nimm von meiner Herde, was du willst.« Der Dieb nahm, was ihm beliebte, und dachte bei sich: nun bin ich meiner Beute gewiß, und sooft er nach Schafen gelüstete, holte er die Löwenhaut und erschreckte den Hirten damit, bis er ihm nach und nach alle Schafe abgelockt hatte.«

Die Geliebte des Königs sprach dann weiter: »Dies erzähle ich dir, o König, damit du dich ja nicht weich finden lassest, und diese Menschen ihren Zweck erreichen: Der Tod ist ihnen viel näher, als daß sie dir ein Übel zuzufügen imstande wären.« Der König horchte auf diese Rede und gab ihr seinen Beifall. Am folgenden Morgen kamen alle Bewohner der Residenz bewaffnet vor das Tor des Schlosses und forderten den Pförtner auf, zu öffnen. Als dieser sich weigerte, holten sie Feuer herbei, um das Tor zu verbrennen. Der Pförtner berichtete dem König, was sich zugetragen und fragte Ihn, was er tun solle. Als sich der König in so großer Gefahr sah, ließ er seine Geliebte rufen und sagte ihr: »Hat mir nicht Schimas die Wahrheit prophezeit? Nun hat sich das Volk zusammengerottet, und man will mich umbringen.« Die Geliebte erwiderte: »Fürchte nichts, o König, Gott wird dir beistehen, laß nur deine Veziere und die Gelehrten und Häupter des Volkes und der Truppen umbringen, du hast dann von den Übrigen nichts mehr zu befürchten, niemand wird sich mehr deinem Willen widersetzen, noch deine Ruhe stören.« Der König sagte ihr: »Du hast recht«, ließ sich schnell seinen Turban geben und schickte nach Schimas. Als er kam, sagte er ihm: »Du weißt, daß ich dich liebe, denn du bist mein Bruder und Vater seit meines Vaters Tod, auch befolge ich deinen Rat und zeige mich meinen Leuten; entschuldige mich nur jetzt bei ihnen und stelle die Eintracht wieder her; ich wollte eben zu ihnen herauskommen, als diese Gewalttätigkeiten stattfanden; doch ich entschuldige sie, und morgen werde ich in allem ihren Wünschen willfahren.« Schimas verbeugte sich vor dem König, küßte ihm Hände und Füße, ging dann freudig zum Volk hinaus, verkündete ihm, was der König versprochen, und hielt es von seinem gewalttätigen Vorhaben ab. Man löschte das Feuer aus, und jeder ging nach Hause. Der König wendete sich hierauf zu den zehn ältesten und stärksten Sklaven seines Vaters und sagte ihnen: »Ihr wisset, wie ihr bei meinem Vater sowohl, als nach dessen Tod bei mir so gut und hoch gehalten waret; nun frage ich euch, ob ihr auch etwas für mich tun wollt?« Die Sklaven antworteten: »Befiehl nur, o Herr, wir sind deine Sklaven und bereit, alles für dich zu tun.« Da sagte der König: »Ihr wisset, was die Bewohner dieser Stadt meinem Vater geschworen, und nun haben sie die Treue gebrochen und meinen Tod beschlossen. Ich muß daher, um das Übel auszurotten, seine Anführer und Gelehrten ums Leben bringen, und zwar auf folgende Weise: Ich lasse einen nach dem anderen vor mir erscheinen; sobald er aber hereinkommt, führt ihr ihn in das Nebenzimmer und bringt ihn um.« Da die Sklaven Gehorsam versprachen, setzte sich der König am folgenden Morgen auf den Thron mit dem Richterbuch in der Hand, und ließ die Tore öffnen und alle Veziere, Gelehrten und Häupter des Volkes einen nach dem anderen vor sich kommen und von den Sklaven aus dem Wege räumen. Nachdem auf diese Weise alle Mächtigen das Leben verloren hatten, wurde das gemeine Volk weggejagt, und ein jeder eilte in seine Wohnung. Der König überließ sich nun ganz seinem Vergnügen und vernachlässigte das Heil des Staates und das Wohl seiner Untertanen. Da aber dieser König wegen seines an Gold, Silber und Edelsteinen so reichen Landes von allen seinen Nachbarn beneidet wurde, so dachte einer der benachbarten Sultane, der von der Hinrichtung der Veziere und Gelehrten hörte: Nun werde ich bald zum Besitz dieses kostbaren Landes gelangen; dieser junge, unbesonnene König hat niemanden mehr, auf den er sich stützen kann, es wird mir leicht werden, sein Land zu erobern. Er beschloß daher, um seine Stärke zu prüfen, ihm folgenden Brief zu schreiben: »Im Namen Gottes, des Allgnädigen, Allbarmherzigen! Wir haben vernommen, daß du die Gelehrten deines Reiches und deine Veziere und mächtigen Krieger hast umbringen lassen, und daß du überhaupt einen schlechten und ruchlosen Lebenswandel führst, wodurch uns Gott den Sieg über dich erleichtert. Du stehst nun unter meinen Befehlen, baue mir daher einen großen Palast auf der Oberfläche des Wassers mitten im Meer; kannst du dies nicht, so verlasse dieses Land. Ich werde meinen Vezier mit zwölftausend Regimentern, jedes aus tausend Kriegern zusammengesetzt, in dein Land schicken, um davon Besitz zu nehmen; er wird dir nur drei Tage Frist gönnen, und widersetzest du dich ihm, so wird es bald um dich geschehen sein.« Diesen Brief schickte der Sultan durch einen Boten ab, und als der verweichlichte König ihn gelesen hatte, verlor er allen Mut und alle Kraft, und wußte nicht, was beginnen, denn er hatte niemanden, der ihm Beistand leistete. Er ging ganz blaß und entstellt zu seinen Frauen, und als sie ihn fragten: »Was hast du, o König?« antwortete er: »Ich bin nicht mehr König, ich bin nur noch ein Sklave«, und las ihnen weinend den eben erhaltenen Brief vor und fragte sie, ob sie ihm nun in dieser Not zu raten wüßten? Die Frauen antworteten: »Wir sind ja nur Weiber, wir haben weder Verstand noch Kraft genug, um in einer solchen schwierigen Sache einen Ausweg zu finden; du kannst nur bei Männern Rat und Hilfe suchen.« Jetzt sah der König erst ein, daß er durch die Hinrichtung seiner Veziere, Gelehrten und Großen des Reiches ein großes Unheil über sein Land gebracht hatte; er bereute sehr, was er getan, und sagte zu seinen Frauen: »Mir geht es mit euch, wie dem Rebhuhn mit den Schildkröten.« Da fragten die Frauen: »Was war das für eine Geschichte?« Darauf erzählte der König:

 

Geschichte des Rebhuhns mit den Schildkröten

Einst lebten Schildkröten auf einer sehr fruchtbaren, mit vielen Bäumen bepflanzten Insel. Da flog eines Tages ein Rebhuhn vorbei, das wegen der großen Hitze einen kühlen Ruheplatz suchte, und ließ sich neben dem Nest der Schildkröten nieder. Als die Schildkröten von ihrem Ausfluge zurückkehrten und das Rebhuhn sahen, fanden sie es so ausgezeichnet schön, daß sie sich mit seiner Gesellschaft freuten und sagten: »Das ist gewiß der Herr aller Vögel.« Sie näherten sich ihm daher so freundlich, daß es jeden Abend, nachdem es den Tag über auf der Insel umhergestreift war und Korn aufgelesen hatte, wieder zu ihnen zurückkehrte. Die Schildkröten gewannen es bald so lieb, daß es ihnen schwerfiel, den ganzen Tag von ihm getrennt zu leben. Sie sagten daher eine zur anderen: »Wir müssen ein Mittel finden, das Rebhuhn ganz an uns zu fesseln, daß wir auch am Tage uns an ihm ergötzen und nicht zu befürchten haben, daß es einmal auf seinen Ausflügen sich an einen anderen Vogel anschließe und uns ganz verlasse.« Da sagte eine von den Schildkröten: »Ich will euch aus dieser Verlegenheit helfen.«

Die Schildkröte näherte sich des Abends dem Rebhuhn, als es heimkehrte, wünschte ihm guten Abend, küßte die Erde vor ihm und sagte: »Gott hat dir unsere Liebe in vollem Maße geschenkt und uns ebenso mit der deinigen gesegnet. Doch der Liebende findet nur Ruhe in der Nähe seiner Geliebten, jede Trennung aber bringt ihm herben Schmerz; wir können aus Wohlgefallen an dir dich gar nicht genug sehen und in deiner Abwesenheit gar keine Freude genießen, und doch sind wir so wenig beisammen: Das kränkt uns sehr; auch du mußt sehr leiden, wenn deine Liebe der unsrigen gleich ist.« Das Rebhuhn sagte: »Mir ist nur wohl, wenn ich bei euch bin, doch was soll ich mit meinen zwei Flügeln anfangen, die mich immer von euch treiben?« Die Schildkröte antwortete: »Wenn dir deine Flügel alle Ruhe und alles Vergnügen rauben und dich dazu noch der Gefahr aussetzen, von einem deiner Feinde unter den Vögeln auf dem Flug ergriffen zu werden, so lege sie ab, bleibe bei uns und lasse dir es wohl sein in unserem Überfluß.« – »Wie kann ich das?« fragte das Rebhuhn. Da sagte die Schildkröte: »Reiße eine Feder nach der anderen mit deinem Schnabel aus, bis keine einzige mehr übrigbleibt.« Das Rebhuhn verlor keinen Augenblick, diesen Rat zu befolgen. Das Schicksal führte aber gerade ein Wiesel vorüber, das auch auf dieser Insel wohnte; es sah mit Erstaunen das kahle Rebhuhn und rief: »Nun ist mein Glück gemacht, nun entgeht mir dieses Rebhuhn nicht mehr.« Es sprang sogleich auf das Rebhuhn los, das vergebens seine federlosen Flügel aufschlug, um zu entfliehen; es wurde vom Wiesel ergriffen und zerrissen. Die Schildkröten, vor deren Augen dies geschah, weinten vor Mitleid. Als aber das Rebhuhn sie fragte, ob sie mit etwas anderem, als mit Tränen ihm helfen könnten, sagten sie: »In Wahrheit, gegen ein solches Übel wissen wir nichts anderes zu tun.« Da sagte das Rebhuhn: »Weinet nicht, ihr seid unschuldig, ich selbst habe mein Unglück herbeigezogen.«

»So muß auch ich«, sagte der König, »nur mir selbst Vorwürfe machen, daß ich euren Rat befolgt und die Wackersten und Klügsten in meinem Reich umgebracht habe, die, welche mich am meisten liebten und mich am besten gegen meinen Feind schützen konnten, und finde ich jetzt keinen Ersatz für sie, so muß ich, wie jenes Rebhuhn, untergehen.« Der König ging dann in das Zimmer, wo die Leichen seiner Veziere und Gelehrten lagen, und weinte heftig und schrie: »O könnte doch jemand diese Toten nur einen Augenblick wieder beleben, daß ich ihnen mein Verbrechen bekenne und ihnen meinen Zustand klage.« Nachdem er den ganzen Tag, ohne zu essen oder zu trinken, in tiefster Trauer in diesem Zimmer zugebracht hatte, zog er schlechte Kleider an und streifte verkleidet in der Stadt umher. Da sah er zwei Jungen von zwölf Jahren, die an einer Mauer saßen, und hörte, wie einer zum anderen sagte: »Hast du schon gehört, daß unser Feld aus Mangel an Regen ganz verdorrt ist? Alles Unglück kommt von unserem König, der die Gelehrten und Veziere schuldlos hat umbringen lassen, bloß um seine Geliebte, die Feindin Gottes und der Menschen, zufrieden zu stellen.«

Der zweite Junge erwiderte dem ersten: »Das ist noch nicht alles, du wirst noch Schlimmeres erleben.« – »Wie«, versetzte der erste, »gibt es etwas Schlimmeres, als keinen Regen zu haben?« —»Jawohl«, erwiderte der andere; »schon hat ein benachbarter König dem unsrigen einen Boten geschickt, durch welchen er ihn auffordern läßt, ihm ein Schloß mitten im Meer auf der Oberfläche des Wassers zu bauen; vermag er dies nicht, so wird er zwölftausend Regimenter, jedes aus tausend Kriegern bestehend, abschicken, um Besitz von seinem Königreich zu nehmen, und wisse, daß dieser König sehr mächtig ist und über ein unzählbares Volk herrscht; wenn nun unser König dieses Übel nicht abzuwenden weiß, so ist es um unsere Stadt geschehen; denn unser Nachbar war ein Feind des Vaters unseres Königs; er wird dann Männer und Kinder umbringen, die Frauen in Gefangenschaft führen, alles Vermögen rauben und den König verbannen. Gott stehe uns bei!« Des Königs Tränen flossen im Übermaß, als er dieses Gespräch hörte, und er dachte: Dieser Junge muß sehr klug sein, wie kann er etwas von dem Boten wissen, der noch niemanden gesprochen? Vielleicht wird mir Gott durch ihn helfen. Er näherte sich hierauf dem Jungen und sagte: »Was du eben vom König erzählt, lieber Junge, ist wahr, er hat mit Unrecht seine Veziere und Weisen umbringen lassen; doch woher weißt du, was der König von Indien unserem König geschrieben?« – »Ich weiß es«, sagte der Junge, »durch meine Zauberkunst, die ich von meinem Vater gelernt.« Da fragte der König: »Gibt dir diese wohl ein Mittel an, durch welches der König aus seiner Not gerettet werden könnte?« – »Wohl weiß ich ein Mittel«, antwortete der Junge; »doch ich werde es nur dem König selbst offenbaren, wenn er mich rufen läßt und um Rat fragt.« Da fragte der König: »Woher kennt er dich, daß er nach dir schicken soll?« Der Junge erwiderte: »Wenn er nach den Gelehrten und Weisen schickt, so findet er auch mich unter dieser Zahl, tut er dies aber nicht und fährt fort, bei seinen Weibern sich zu zerstreuen, so werde ich nicht zu ihm gehen, um auch, wie seine Veziere, umgebracht und dazu noch von allen Leuten für blödsinnig gehalten zu werden; dann würde sich das Sprichwort bestätigen: »Wer mehr Kenntnisse hat, als Verstand, der geht durch seine Kenntnisse wegen seiner Torheit zugrunde.« Der König, erstaunt über die Worte dieses Jungen, fragte ihn nach seiner Wohnung, und der Junge antwortete: »Ich wohne in dieser Straße, und hier ist die Mauer meines Hauses.« Der König merkte sich sein Haus, grüßte die, Jungen, kehrte freudig in sein Schloß zurück, legte die Trauerkleider ab und zog wieder sein königliches Gewand an, aß und trank und dankte Gott, bekannte sein Verbrechen, bat um Vergebung und beschloß, Buße zu tun und fromme Werke zu vollbringen. Sodann ließ er einen seiner Diener rufen und beschrieb ihm das Haus des Jungen, den er an der Mauer gesehen, so wie den Jungen selbst, und die Straße, in welcher er wohnte, und sagte ihm: »Geh‘ zu diesem Jungen, und sage ihm in einem milden, einnehmenden Ton: Der König läßt dich zu sich bitten, um dich über etwas zu befragen, das dir viel Glück bringen wird.« Der Bote traf den Jungen noch an derselben Stelle der Mauer, wo ihn der König verlassen, und teilte ihm den Wunsch des Königs mit. »Ich bin bereit, zu gehorchen«, sagte der Junge, folgte dem Boten, verbeugte sich mit Anstand vor dem König, grüßte ihn und wünschte ihm Glück. Der König hieß ihn sitzen und fragte ihn: »Weißt du wohl, wer heute an deinem Hause vorüberging und mit dir sprach?« Der Junge fing an nachzudenken, und sagte nach einer Weile: »Du warst es, erhabener König!« – »Du hast die Wahrheit gesagt, geliebter Junge«, versetzte der König, ihn küssend und zu sich auf seinen Thron hebend. Der König ließ dann Speisen und Getränke bringen, und nachdem sie gegessen hatten, sagte er: »Du sprachst heute von einem Mittel, den Drohungen des Königs von Indien zu entgehen; nun, worin besteht dieses?« – »In einem tapferen Herzen«, sagte der Junge; »schicke nur nach deinen Frauen, die dir geraten haben, meinen Vater Schimas und die übrigen Veziere und Gelehrten umzubringen.« – »Wie«, sagte der König tief seufzend, »Schimas war dein Vater? Gott, der dich mir schickt, um über das Unrecht, das ich an deinem Vater begangen, mich zu beschämen, stehe mir bei! Diese Strafe habe ich verdient, doch will ich dich nun an die Stelle deines Vaters erheben und dich seinetwillen noch mehr ehren; rate mir nur jetzt, wie ich gegen meinen Feind mich verteidigen soll, und lasse die Frauen auf eine andere Zeit.« Da sagte der Junge: »Schwöre mir, daß du alles tust, was ich von dir fordere.« Der König erwiderte! »Gott ist Zeuge, daß ich nur deinem Rat und deinem Willen zu folgen bereit bin.« – »Nun«, versetzte der Junge, »laß den Boten des Königs von Indien bis zum dritten Tag warten, dann sagst du ihm, du wolltest ihm morgen die Antwort geben, so gewinnst du Zeit und wenn er Einwendungen macht, so weise ihn zurecht, doch ohne Härte. Wenn er dann alles Vorgefallene in der Stadt verbreitet, und die Einwohner vor dem Untergang warnt, so lasse ihn zu dir rufen, und sage ihm: Du verdienst den Tod, weil du mich bei meinen Untertanen anklagst, doch Gott verzeiht dir; auch habe ich jetzt zu wenig Zeit, mich mit dir zu beschäftigen. Du fragst ihn dann, ob er sonst noch einen Auftrag habe, und antwortet er, nein, so sage ihm: Dein König muß ein recht blödsinniger Mann sein, der keine Folgen bedenkt und niemand um Rat fragt, sonst würde er nicht durch eine solche Forderung sich in so große Gefahr begeben; doch freue ich mich über seine Torheit, denn ich habe dadurch einen gerechten Vorwand, sein Land zu erobern, ohne von irgend jemandem deshalb getadelt zu werden. Ich halte es nicht einmal der Mühe wert, ihm zu antworten, ein Schulknabe mag dies tun; du schickst dann nach mir, und ich werde die Antwort schreiben.« Der König schenkte dem Jungen seinen Beifall, gab ihm ein kostbares Ehrenkleid und entließ ihn; gegen den Boten benahm er sich aber ganz, wie ihm der Junge geraten, und zuletzt ließ er letzteren wieder rufen, gab ihm des Königs Brief und sagte ihm: »Beantworte dieses Schreiben.« Der Junge las den Brief und sagte lächelnd: »O König! Wenn du die Beantwortung dieses Briefes für wichtig hältst, so will ich deinem Befehl gehorchen, aber ein weit jüngerer Knabe könnte es auch tun.« Da sagte der König: »Schreibe schnell, denn der Bote eilt, er ist schon einen Tag zu lang aufgehalten worden.«

Der Junge nahm Tinte und Papier und schrieb: »Friede und Heil vom Barmherzigen aller Gläubigen! Wisse du, den man den großen König nennt, wir haben deinen Brief erhalten, gelesen und verstanden und daraus deine Torheit und Gewalttätigkeit erkannt; aus Verachtung gegen dich haben wir deinen Boten zurückgehalten, und nur aus Mitleid für diesen schicken wir dir eine Antwort. Was du von meinen Vezieren, Gelehrten und Großen des Reiches schreibst, ist wahr, doch ist das nur ein Unkraut, das ich aus dem Weizenfeld gerissen; für jeden Umgebrachten haben wir tausend Bessere und Tüchtigere. Jedes Kind, das nur sprechen kann, ist so reich an Kenntnissen, als der Regen des Himmels an Segen; fragst du nach meinen Kriegern, so findest du bei mir Helden, von denen ein einziger tausend deiner Truppen schlägt. Was meine Schätze angeht, so schneiden wir Juwelen aus den Gebirgen wie Steine, und meine Fundgruben bringen mir täglich tausend Pfund Silber ein, auch ist der Wohlstand und die Macht meiner Untertanen unbeschreiblich. Dein Wunsch, ein Schloß mitten im Meer zu haben, beweist deinen Unverstand; gebiete zuerst dem Wind Ruhe und den Wellen Stillstand, dann wollen wir dir ein Schloß bauen. Du glaubst, Gott habe dir den Sieg über mich verliehen, ich aber, der ihm vertraue und nach dessen Geboten handle, hoffe das Gegenteil, weil du dich ungerechterweise, als wäre ich dein Sklave, über mich erheben willst, Du verdienst eine Strafe von mir, doch ich fürchte Gott und verzeihe dir, wenn du mir auch dieses Jahr Tribut schickst; wo nicht, so sende ich dir eine Armee von elfhunderttausend Mann unter der Anführung des Veziers Ghadhan, der dich drei Jahre lang belagern wird, statt der drei Tage Frist, die du mir gegönnt; er wird Besitz von deinem Reich nehmen und nur dich allein töten; darum sei auf deiner Hut und überlege es wohl, ehe du es wagst, dich mir zu widersetzen.« Dieses Schreiben wurde versiegelt und dem Boten gegeben, der nach dem, was er vom Jungen hörte, froh war, mit heiler Haut davon zu kommen. Als er zu seinem König zurückkehrte, der schon wegen dessen langer Abwesenheit einen großen Divan hielt, überreichte er ihm den Brief und erzählte ihm alles, was er gesehen und gehört. Der König konnte seiner Erzählung nicht glauben, bis er endlich den Brief las; da erschrak er sehr und sah sich schon seines Reiches beraubt. Er ließ sogleich seine Veziere und Gelehrten rufen und las ihnen den Brief vor; sie suchten zwar den König zu beruhigen, doch war ihr eigenes Herz voller Furcht. Endlich sagte der Großvezier: »Alle diese Worte helfen nichts, ich rate dir, dich in einem Schreiben bei dem König zu entschuldigen, ihn an die alte Freundschaft zu erinnern, und ihm zu sagen, du habest nur seine Tapferkeit und Gewandtheit erproben wollen, wünschest ihm aber ein langes, glorreiches Leben.« Der König sagte: »Das muß ein mächtiger Sultan sein, dessen Schulknaben solche Briefe schreiben; ich habe selbst ein verzehrendes Feuer angezündet, ich muß es nun auch löschen.« Er ließ dann sogleich kostbare Geschenke zubereiten, schrieb einen schönen Brief und schickte ihn mit einem Hauptmann, von vielem Gefolge begleitet, ab. Der König ließ bei der Ankunft des Hauptmannes den Jungen rufen, um ihm den Brief vorzulesen, und auf dessen Rat nahm er die Entschuldigungen und die Geschenke, des Hauptmannes an und machte ihm königliche Gegengeschenke.

 

Der Junge aber wandte alle seine Gelehrsamkeit auf und schrieb einen sehr sinnreichen, freundlichen Brief, den er dem König vorlas. Der Hauptmann wurde dann mit dem Brief entlassen und von einer Abteilung Truppen den halben Weg begleitet. Nach der Abreise des Hauptmannes, der wegen der Wiederherstellung des Friedens von seinem Herrn durch Erhöhung seines Ranges belohnt wurde, kehrte der König wieder zu seinem früheren frommen Lebenswandel zurück, hörte auf, der Frauenliebe und dem Vergnügen zu leben, und beschäftigte sich ausschließlich mit den Angelegenheiten seiner Untertanen. Der junge Sohn des Veziers Schimas wurde zum Vezier ernannt, die Stadt wurde drei Tage hintereinander festlich geschmückt und groß war die Freude des Volkes, das einer besseren Zukunft entgegen sah, und für den König und den Vezier Gebete gen Himmel sandte. Als dann der König den Vezier fragte, was nun zur neuen Organisation des Staats zu tun sei? sagte er: »Zuerst muß das Übel an seiner Wurzel ausgerottet werden, damit es nicht wieder zu noch größerem Unheil nachwachse.« – »Was meinst du damit?« fragte der König. »Ich meine«, antwortete der junge, aber verständige Vezier, »den Hang nach Weibern und das Befolgen ihres Rates; durch Frauenliebe wird sogar der Klügste irregeführt. War nicht Salomo, der Sohn Davids, der Weiseste aller Sterblichen, so daß Menschen und Genien, Tiere und Vögel ihm dienstbar waren? Hat er nicht viele Werke über weltliche Angelegenheiten und Religion geschrieben, und doch vergaß er alles wieder durch seine Liebe zu den Weibern, und wußte in Gegenwart aller Gelehrten eine Frage nicht mehr zu beantworten, die in einem ihm früher wohlbekannten Werk ausführlich behandelt war, so daß er zuletzt gestehen mußte, daß er durch seine Liebe zu den Weibern seinen Verstand verloren hatte, und daher alle Leute, besonders aber Gelehrte und Könige, davor warnte.« Der König erwiderte hierauf: »Schon habe ich aufgehört, die Frauen zu lieben; doch sage mir, was ich ihnen tun soll, weil sie mir geraten haben, deinen Vater und die übrigen Großen zu ermorden.« Der Vezier erwiderte: »Nicht sie allein sind schuldig; sie sind wie schöne Waren, die wohl Käufer herbeilocken, doch niemanden zwingen, sie zu kaufen.« Da sagte der König: »Ich sehe, daß du die Schuld auf mich laden willst, und du hast ganz recht.« Der Vezier erwiderte: »Das wollte ich zwar nicht, o König; doch Gott hat uns Macht über uns selbst gegeben, wir können dem Bösen widerstehen, wenn wir wollen. Gott will nur unser Bestes, durch unsern eigenen Willen aber neigen wir uns zum Schlimmen hin; doch jetzt ist nichts mehr zu tun, als das Gewand der Torheit mit dem des Verstandes zu vertauschen, die Begierden zu besiegen und den Geboten des Herrn zu folgen, Gott wird dir dann verzeihen, dir heitere Tage schenken und allen deinen Feinden Ehrfurcht vor dir einflößen.« Der König versprach dem Vezier, der ihn aus so großer Not gerettet, ihm in allem zu gehorchen, alle seine Vorschläge anzunehmen und alle seine Handlungen zu billigen. Auf den Rat des Veziers wurden dann alle Gelehrten versammelt und sieben neue Veziere gewählt, die Frauen des Königs aber in das Haus, wo die Ermordeten lagen, lebenslänglich eingesperrt; so fielen sie selbst in die Grube, die sie anderen gegraben. – Soviel ist uns von dieser wunderbaren Geschichte zugekommen.