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Tausend Und Eine Nacht

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»Das Leben im Bad ist das allerschönste Leben, nur schade, daß man so kurz darin verweilt. Es ist ein Paradies, in dem man aber nicht gern lange weilt, und eine Hölle, in die man gerne geht; man lebt im Wasser auf wie Moses, und im Feuer wie Abraham.«

Asis sagte dann: »Ich weiß auch einige Verse über das Bad«, und auf Verlangen des Obersten rezitierte er folgende:

»Ich kenne ein Haus, in welchem die schönsten Blumen aus harten Steinen aufblühen, es ist entzückend, während rund umher ein Höllenfeuer brennt. Es ist ein Paradies, das wie die Hölle aussieht, darin wandeln viele Sonnen und Monde umher.«

Dem Obersten gefielen diese Verse so gut, daß er den Vezier mit den Jungen zu sich einlud; aber sie nahmen es nicht an, sondern gingen in ihr Haus. Am folgenden Morgen standen sie auf, wuschen sich, beteten, frühstückten und öffneten ihren Laden, nachdem sie die kostbarsten Teppiche, Diwane und Matten dahin geschafft hatten. Der Vezier saß mitten im Laden, und an seinen beiden Seiten saßen der Prinz und Asis; vor jedem standen zwei Diener, außer vielen andern, die im Hintergrund allerlei Arbeiten verrichteten. So blieben sie den ganzen Tag beisammen und sahen aus, als kämen sie vom Paradies. Bald verbreitete sich ihr Ruf durch die ganze Stadt, und alle Leute drängten sich in ihren Laden, um die kostbarsten Waren und die schönen Jünglinge zu sehen. Der Prinz, aus Furcht sich zu verraten, wagte es nicht, nach seiner Geliebten zu fragen, und seufzte und schmachtete lange vergebens nach ihr; es schmeckte ihm weder Essen noch Trinken, und er wurde sehr mager und blaß. Eines Tages, als er im Laden saß, blieb eine Alte mit zwei Sklavinnen vor dem Laden stehen und bewunderte sein schönes Gesicht und seinen hübschen Wuchs, und rief aus. »Gepriesen sei Allah, der ihn geschaffen und wie den schönsten Baumzweig gebildet: das ist kein Mensch, das ist ein edler Engel!«

Diese Alte war die Erzieherin der Prinzessin Dunia, die er durch seine persönlichen Vorzüge, sowie durch königliche Geschenke, so sehr für sich einnahm, daß sie ihm ihre Dienste anbot, und durch ihre und des königlichen Gärtners Vermittlung gelang es ihm, Dunias Herz und Hand zu gewinnen.

Als der Vezier Dendan diese Erzählung vollendet hatte, sagte Dhul Makan: »Niemand weiß, wie du, ein betrübtes Herz aufzuheitern.« Der Vezier versprach ihm, die nächste Nacht noch eine schöne Geschichte zu erzählen. Indessen dauerte die Belagerung von Konstantinopel vier Jahre lang, und die Truppen waren ermüdet von vielem Arbeiten und Wachen und beklagten sich beim Vezier. Der Vezier kam zu Dhul Makan und sagte ihm: »Die Truppen fangen an zu murren, sie sehnen sich nach ihrer Heimat zurück.« Dhul Makan ließ die Anführer der Armee versammeln und fragte sie, ob sie wohl abziehen wollten, ohne für den König Omar und dessen Sohn Scharkan Rache genommen und ohne die Alte gehängt zu haben, die an allem Unheil schuld sei? Die Heerführer übertrugen ihre Stimmen dem Vezier, und dieser sagte dem König: »Ein längeres Bleiben wäre jetzt doch ganz fruchtlos; ich halte es für besser, jetzt heimzukehren und nach einiger Zeit wieder die Kreuzanbeter plötzlich mit allerlei Kriegsmaschinen und Belagerungswerkzeugen zu überfallen.« Dhul Makan willigte in den Abzug ein, denn auch er sehnte sich nach seinem Sohn Kana ma Kana und seiner Nichte Kadha.

Dhul Makan ließ alsbald bekannt machen, daß er in drei Tagen aufbrechen würde, und die ganze Armee bereitete sich höchst entzückt zur Rückreise vor. Am vierten Tag erschallten die Trompeten und Zimbeln, die Fahnen entfalteten sich und die Truppen brachen freudig auf, mit dem König und dem Vezier an ihrer Spitze. Ganz Bagdad war auf den Beinen, als die Armee zurückkehrte und Freunde und Verwandte sich wiedersahen. Der König eilte in sein Schloß, wo er seine Gattin und seinen nunmehr siebenjährigen Sohn Kana wiedersah.

Als der König von der Reise ausgeruht hatte, ging er mit seinem Sohn ins Bad, dann bestieg er den Thron, den seine Veziere und Vornehmen des Reichs umgaben, und ließ den Badheizer rufen, gegen den er so viele Verbindlichkeiten hatte. Als er hereintrat, standen der König und alle Großen vor ihm; der Badheizer, der so fett und dick geworden, daß sein Hals dem eines Elefanten glich, war höchst erstaunt, als man ihm so viele Ehre erwies, denn er erkannte den König nicht. Aber dieser näherte sich ihm und sagte: »O wie schnell hast du mich vergessen!« Als er ihn wiedererkannte, umarmte er ihn und sagte: »Mein Freund! wer hat dich zum Sultan gemacht?« Alle Umstehenden lachten über ihn und Dendan sagte ihm: »Sei nur ehrerbietig, dein ehemaliger Freund ist jetzt Sultan, du bist ihm noch teuer; drum, wenn er dir sagt, du sollst dir etwas wünschen, so fordere nur recht viel.« Der Badheizer dankte ihm für seinen Rat und sagte: »Er wollte etwas verlangen, wovon ihm jede Nacht träume und das er stets im Sinne habe, vielleicht werde sein Freund es ihm gewähren.« – »Sei nur nicht schüchtern«, sagte der Vezier; »bei Gott! wenn du statt seines Bruders die Statthalterschaft von Damaskus von ihm forderst, wird er dir es auch gewähren.« Als nun Dhul Makan dem Badheizer sagte: »Wünsche dir, was du willst, und forderst du die Hälfte des Königreichs, soll es dir gewährt sein, weil du mir das Leben gerettet«, antwortete er: »Ich möchte etwas, aber ich fürchte, du wirst mir es abschlagen.« Der König wiederholte: »Gib mir nur deinen Wunsch zu erkennen, fürchte nichts!« Aber der Badheizer sagte mehreremal, er fürchte, es möchte dem König so leicht nicht sein, seinen Wunsch zu erfüllen, und er wolle es lieber nicht sagen; denn er fürchte, und so fort, bis endlich der König ihm zornig zurief: »Wie oft muß ich dir noch sagen: fürchte nichts, es sei, was es wolle.« Da sagte der Badheizer: »Gib mir einen Firman, der mich zum Aufseher aller Badheizer von Jerusalem ernennt.« Der Sultan lachte, und alle Anwesenden lachten mit ihm und jener sagte: »Wünsche dir etwas anderes.« Da sagte der Badheizer. »Habe ich nicht voraus gewußt, daß der Sultan mir meine Bitte nicht gewähren kann?« Der Vezier winkte ihm und hieß ihn etwas anderes wünschen. »Nun, ich will Oberster der Mistträger in Jerusalem oder Damaskus sein.« Alle Anwesenden lachten noch mehr, und der Vezier schlug ihn, Da sagte der Badheizer: »Was schlägst du mich? ich bin ja unschuldig; hast du mir nicht gesagt, ich dürfe das Allerhöchste wünschen? Wenn mir der Sultan dies nicht gewähren will, so verlasse ich Seine Hoheit und gehe in meine Heimat zurück.« Der König, welcher merkte, daß er nur Scherz treibe, näherte sich ihm dann und sagte: »Ich beschwöre dich, mache jetzt dem Scherz ein Ende und begehre etwas, das meiner Stellung gemäß ist.« Der Badheizer sagte: »Nun, wenn ich ernst sein soll, so bitte ich dich um die Statthalterschaft von Damaskus.« Der König sagte: »Sie sei dir verliehen«, und ließ ihm sogleich den Firman ausfertigen.

Dhul Makan sagte dann zum Vezier: »Du gehst mit ihm nach Damaskus und kehrst bald wieder mit meiner Nichte Khada hierher zurück, daß ich sehe, wie es ihr gegangen und was sie gelernt hat.« In einem Monat war alles zur Reise bereit; der Vezier und der Badheizer nahmen dann Abschied vom Sultan, der diesem empfahl, in seiner Statthalterschaft Gerechtigkeit walten zu lassen und für das Wohl der Muselmänner besorgt zu sein. Auch verlangte er von ihm, daß er sich zum heiligen Kampf gegen die Ungläubigen rüste, damit er mit seinen Truppen erscheine, sobald er dazu aufgefordert würde, und dann nahmen sie Abschied voneinander. Der Badheizer, dem Dhul Makan den Namen Sultan Siblakan und den Ehrennamen Mudjahid gab, reiste mit fünftausend Mamelucken ab, die ihm die Großen Bagdads geschenkt hatten, und Rustem und die anderen Heerführer der Muselmänner begleiteten ihn drei Tage weit. Als er in Damaskus ankam, wo man schon durch Eilboten und durch Vögel von seiner Ernennung zum Statthalter Nachricht hatte, fand er die ganze Stadt festlich geschmückt, und alle Bewohner, groß und klein, jung und alt, Freie und Sklaven, kamen ihm entgegen. Er begab sich in die Zitadelle mit dem Vezier, der ihn in allem unterrichtete, bestieg den Thron, teilte viele Geschenke aus und regierte mit so vieler Einsicht, daß ihn der Vezier bewunderte. Er beschäftigte sich dann bald mit der Ausstattung Kadhas, der Tochter Scharkans; er ließ ihr eine schöne Sänfte machen, schenkte ihr zwei Sklavinnen zur Bedienung und übergab sie dem Vezier, der sie in einem Monat nach Bagdad brachte. Dhul Makan, welcher dem Vezier, sobald er dessen Ankunft vernahm, entgegenging, freute sich sehr, als er seine achtjährige Nichte sah, doch rief ihr Anblick eine schmerzliche Erinnerung an ihren Vater zurück; er ließ ihr viele Kleider zuschneiden und kostbaren Schmuck verfertigen, und sie mußte mit seinem Sohn Kana zusammenwohnen. Beide wurden sehr geschickt, doch war Kadha durch ihren Verstand und durch ihre Beredsamkeit ausgezeichnet, während Kana etwas leichtsinnig, hingegen äußerst freigebig und edelmütig war. Sie ritten oft miteinander aus und übten sich im Schlagen und Fechten. Als sie beide zwölf Jahre alt waren und der König alle Vorbereitungen zum heiligen Kampf getroffen hatte, ließ er den Vezier rufen und neben sich sitzen, und nachdem er ihn reichlich beschenkt hatte, sagte er ihm: »Ich muß dich um Rat fragen, ob ich recht tue, wenn ich die Regierung meinem Sohne Kana übertrage, damit ich mich bei meinem Leben noch an seiner Herrschaft freue.« Der Vezier riet ihm ab, weil erstens der Prinz noch zu jung war, und weil zweitens gar oft ein Sultan, der die Herrschaft seinem Sohn überläßt, bald darauf stirbt. Der König stimmte ihm bei und fragte ihn dann, ob er dazu rate, daß er seinen Sohn Kana mit seiner Nichte Kadha vermähle, da doch beide gleich schön und liebenswürdig und dasselbe Alter und denselben Rang haben? Der Vezier antwortete: »Verfahre in dieser Sache, wie es dir gut dünkt; wir werden deinem Befehl gehorchen.« Der König ließ sogleich den Verwalter, den Gatten seiner Schwester, rufen, ernannte ihn in Gegenwart aller Großen des Reichs zum Vormund seines Sohnes und ließ ihn den Eid der Treue schwören.

 

Dhul Makan ging dann zu seiner Schwester Nushat Assaman und empfahl ihr seinen Sohn Kana und dessen Mutter, und sie versprach ihm, Kana wie ihren eigenen Sohn zu lieben. Sodann predigte Dhul Makan seinem Sohn Tag und Nacht über das, was er nach seinem Tod zu tun habe, denn er fühlte wohl, daß seine Stunde nicht mehr fern sein würde. In der Tat war er bald so krank, daß er wenig Hoffnung mehr zur Genesung hatte. Er ließ dann wieder seinen Sohn und den Vezier rufen, und als beide neben ihm saßen, sagte er jenem: »Mein Sohn! betrachte diesen Vezier als deinen Vater, ebenso auch den Verwalter, den ich zu deinem Pflegevater ernannt, denn ich werde bald aus dieser vergänglichen Welt in jene ewigdauernde übergehen. Es tut meinem Herzen weh, mich von dir, meiner Gattin und meiner Schwester zu trennen. Noch etwas wird aber bis zur Sterbestunde mich kränken; es ist der Tod deines Großvaters Omar und deines Oheims Scharkan, für die ich noch keine Rache genommen. Ich beschwöre dich daher bei Gott! wenn er dich nach mir beim Leben erhält, räche deinen Großvater und deinen Onkel an den Ungläubigen, besonders an der verruchten Dsat Dawahi; doch nimm dich wohl in acht vor ihrer List und Bosheit, und befolge den Rat des Verwalters und des Veziers.« Als Kana diese Worte hörte, flossen seine Augen in Tränen über, und auch der alte Vezier mußte weinen. Indessen zog sich die Krankheit des Sultans noch mehrere Jahre hin. Der Verwalter leitete inzwischen alle Regierungsangelegenheiten und fand überall Treue und Gehorsam. Kana und seine Braut Kadha brachten ihre ganze Zeit mit Fechten, Reiten, Schießen und Jagen zu. Kanas Mutter aber verließ das Bett ihres immer schwächer werdenden Gatten nicht. Eines Tages, als Dhul Makan ganz allein auf seinem Krankenbett lag und über sein baldiges Scheiden von allem, was er besaß, nachdachte, rezitierte er folgende Verse:

»Meine Kraft ist gesunken, meine Zeit ist vorüber, ihr seht, in welchem Zustand ich mich nun befinde. In den Tagen des Glücks war ich der erste unter meinem Volk und derjenige, dem am wenigsten zu wünschen übrig blieb. Nun mußte ich mein Königreich aufgeben und in einen Zustand der Schwäche und Untätigkeit verfallen. Meine Geduld und meine Standhaftigkeit sind dahin. Wenn nur Gott mir die Gnade schenkt, daß mein Sohn meinem Platz auf dem Thron einnehme, und mit Schwert und Lanze an meinen Feinden Rache ausübe; nur diesen Wunsch möchte ich noch vor meinem Tode erfüllt sehen.«

Als er diese Verse vollendet hatte, erschien ihm im Traum jemand, der ihm sagte: »Sei nur froh, dein Sohn wird an deine Stelle treten und alle Länder mit seinem Namen erfüllen. Danke dem Herrn, dem Schöpfer des Weltalls, der seine Huld an dir vollendet, und betrübe dich nicht über den Verlust deines Königreichs, deiner Schätze und deines Lebens.« Wenige Tage nachher war seine bestimmte Lebenszeit abgelaufen, und er starb. Alle Bewohner Bagdads waren tief betrübt über seinen Tod, und er wurde von Vornehmen und Niederen beweint. Doch bald wurde er vergessen, und seine Gattin und ihr Sohn Kana wurden immer mehr vernachlässigt. Sie mußten zusammen in einem Zimmer wohnen und erhielten nur ein spärliches Monatsgeld.

Kanas Mutter ging weinend zu Nushat Assaman und sagte ihr in Anwesenheit ihres Gatten, des Verwalters: »O große erhabene Herrin! Der Verstorbene hat keinen Freund mehr; Gott lasse Euch nie in Not kommen und fahre fort, Euch über alle Eure Untertanen mit Gerechtigkeit regieren zu lassen. Ihr wißt, was wir einst an Vermögen, Rang und Macht besaßen, und nun ist alles dahin durch den Tod meines Gatten; ich komme daher, um Eure Hilfe zu erflehen.« Nushat Assaman war gerührt, als sie wieder an ihren Bruder erinnert wurde; sie tröstete die Witwe und versprach ihr allen Beistand, erwies ihr viele Ehre, schenkte ihr ein kostbares Kleid und ließ ihr im Schloß neben ihrer Wohnung ein geräumiges Zimmer einrichten, wo sie wieder einige Zeit recht vergnügt mit ihrem Sohn Kana lebte. Dieser wuchs herrlich heran und auch Kadha entwickelte sich zu einer reizenden Jungfrau; wenn sie beisammen waren, glichen sie zwei leuchtenden Sternen, oder zwei glänzenden Monden, oder zwei schlanken Baumzweigen. Kadha übertraf in ihrem fünfzehnten Jahr die Sonne an Schönheit; ihr Gesicht war voller Anmut, ihre Taille zart und die Küsse ihres Mundes süß wie ein Paradiesstrom. Auch Kana war ausgezeichnet durch seine unbeschreibliche Schönheit. Edelmut und Tapferkeit strahlten aus seinen Augen, und doch lag viel Sanftes und Süßes in allen seinen Zügen; er hatte hübsche Locken, und auch sein Bart fing an sichtbar zu werden.

Eines Tages war Kadha am Tigris, von Sklavinnen und Dienern umgeben; es war im Frühling, die Erde hatte ihr grünes Prachtgewand umhüllt und stolzierte mit ihren wunderbaren Blumen. Die Rosen dufteten unter dem Tau hervor, die Kamomille lächelte den sanften Zephyr an. Ihr Geliebter war nicht fern und bewachte sie vor dem bösen Auge, denn sie sah aus wie der leuchtende Mond. Aber sein Herz wurde verwundet von den Pfeilen ihrer Augen, sein Gemüt war aufgeregt und er brach in folgende Verse aus:

»Wann wird mein durch Trennung gemartertes Herz befriedigt werden? Ich klage Gott meine Pein und meinen Liebesgram; o wüßte ich doch nur, ob Kadha meine Liebe teilt.«

Als Kadha, von ihren Dienern und Sklavinnen umgeben, diese Verse hörte, war sie sehr aufgebracht und sagte zu Kana: »Willst du durch deine Verse mich zum allgemeinen Gerede machen? Bei Gott! wenn du das noch einmal tust, so beklage ich mich bei meinem Vater, dem mächtigen Sultan von Bagdad, der wird dich schon demütigen.« Kana ging betrübt in die Stadt allein zurück und Kadha erzählte ihrer Mutter Nushat Assaman, wie Kana durch seine Verse ihrem Ruf schade. Ihre Mutter sagte: »Laß ihn, er ist ein armer Waise, er hat es nicht bös gemeint; hüte dich, deinem Vater etwas davon zu sagen, der würde sonst seinem Leben bald ein Ende machen; man würde bald so wenig wie vom gestrigen Tage mehr von ihm sehen, und in ganz Bagdad hieße es dann: Kana hat sich schlecht aufgeführt.« Kana wurde indessen immer verzweifelter; er machte gar kein Geheimnis aus seiner Liebe und schaffte seinem Herzen durch Gedichte Luft, bis endlich dem Verwalter, welcher nun den Namen Sasan führte, einige seiner Verse zu Ohren kamen. Er ging sogleich zu seiner Gattin und sagte: »Sittlichkeit und Zusammenleben junger Leute verschiedenen Geschlechts vertragen sich so wenig miteinander, als Holz und Feuer; bei Königen sollen nicht einmal Bruder und Schwester in einem Hause wohnen; solange Augen blicken und Hüften sich wiegen, sind Jünglinge und Mädchen nicht sicher beieinander; darum wäre es wohl jetzt auch Zeit, da Kana das Mannesalter erreicht hat, daß ihm kein Zutritt mehr zu Kadha gestattet werde, welche doch wohl verdient, daß man sie sorgfältig bewache.«

Nushat Assaman gab dem Verwalter recht, und als am folgenden Tage Kana wie gewöhnlich zu seiner Tante kam, sagte sie ihm: »Ich fühle mich gezwungen, dir einen guten Rat zu erteilen: der Sultan hat von den Versen gehört, die du in deiner Leidenschaft gedichtet, und mir den Befehl erteilt, dir den Zutritt zu Kadha zu versagen; drum komme gar nicht mehr ins Haus, und wenn du was brauchst, so laß mich herausrufen, ich reiche dir, was du verlangst, zur Türe hinaus.« Kana konnte vor Zorn und Tränen kein Wort herausbringen. Er eilte zu seiner Mutter und erzählte ihr, was ihm seine Tante gesagt. Seine Mutter sagte: »Das kommt von deinem vielen Reden und Ausplaudern deines Geheimnisses; du weißt, daß Kadha durch ihre Schönheit berühmt ist, und da ihr Vater dich erzogen hat, so hättest du mit ihr keine Liebschaft anknüpfen sollen.« Kana erwiderte hierauf: »Und wer verdient denn eher als ich ihr Gatte zu werden? Bin ich nicht ihr Vetter?« Seine Mutter antwortete ihm: »Laß ab von solchen Reden und hüte dich wohl, so etwas einem anderen als mir zu sagen; denn wenn der König Sasan so etwas hört, so ist es um dich geschehen; wer Kadha heiraten will, muß zuerst in den Himmel steigen und das Zwillingsgestirn herunterholen.« Kana war höchst bestürzt, als er seine Mutter so sprechen hörte, und nach einer Weile sagte er ihr: »Wenn dem so ist, kann ich nicht länger hier bleiben; laß uns von hier wegziehen!« Seine Mutter weinte heftig und willigte zuletzt ein. Sie ging in Sasans Palast und nahm das Nötige für sich und ihren Sohn; da begegnete ihr Kadha mit ihrer Mutter und erkundigte sich nach ihrem Sohn, und als sie ihr seinen Zustand schilderte, sagte Kadha: »Bei Gott! ich habe ihn ungern aus meiner Nähe verstoßen, denn ich liebe ihn noch heftiger, als er mich liebt, ich fürchte nur die Bosheit der Menschen; ich bin ihm von meiner Jugend her recht gut. Meine Zunge ist ohnmächtig, alle Liebe auszusprechen, die ich für ihn fühle, und wäre die seinige nicht so voreilig gewesen, so hätte ihm mein Vater seine Gunst nicht entzogen; doch die Zeiten sind veränderlich und die schönste Tugend ist Geduld; vielleicht wird derjenige, welcher jetzt unsere Trennung beschlossen, auch einst wieder uns vereinigen.« Kanas Mutter dankte ihr und ging wieder zu ihrem Sohn zurück, um ihn durch Kadhas freundliche Worte zu trösten. Dieser Trost belebte ihn wieder von neuem, aber seine Leidenschaft wurde auch wieder um so heftiger. Er lebte lange noch auf feurigen Kohlen, bis er siebzehn Jahre alt war; da dachte er in einer schlaflosen Nacht: Wie lange soll ich noch hier bleiben und meinen Körper zusammenschmelzen lassen, ohne meine Geliebte zu sehen? Mein Aufenthalt hier ist zu peinlich, ich habe nicht einmal einen Freund, dem ich meinen Kummer vertrauen kann: es ist besser, ich verlasse dieses Land. Er ging hierauf barfuß und halb nackt aus seiner Wohnung, mit einer alten siebenjährigen Mütze auf dem Kopf, einem trockenen Laib Brot unter dem Arm und in einem Kleid mit kurzen Ärmeln und wartete im Dunkeln, bis das Stadttor geöffnet wurde, dann lief er den ganzen Tag im Freien umher. Seine Mutter war verzweifelt, als sie ihn nicht wiederkommen sah, und schrie weinend: »O mein einziger Freund, o mein Sohn, o Verlangen der Edlen, wie betrübt mich deine Abwesenheit! Ich will nicht mehr essen und nicht mehr trinken und nicht mehr ruhen, ich will nichts als weinen und jammern; o mein Sohn, wo bist du? wo soll ich dich rufen? wo bist du, Dhul Makan? siehst du nicht, wie dein Sohn aus seiner Heimat vertrieben worden? du warst doch so gerecht, hast alle Hungrigen gesättigt und den Schutzlosen Hilfe gereicht.« Sie jammerte und weinte solange, daß sie alle Bewohner Bagdads rührte. Einige gingen zum König Sasan und sagten: »O König der Zeit! Kana ist doch der Sohn unseres Königs, wir müssen ihn aufsuchen lassen.« Er schrie sie aber heftig an und sagte: »Ergreift ihn und teilt ihn in zwei.« Alle Anwesenden wurden durch diese Worte eingeschüchtert und sagten für sich: »Wir müssen geduldig Gottes Beschluß abwarten.« Später erinnerte sich Sasan doch des letzten Willens des verstorbenen Königs, worin er ihm seinen Sohn empfahl. Er schickte Derkasch mit hundert Reitern aus, um ihn aufzusuchen, Derkasch kam aber nach zehn Tagen ohne Nachricht von ihm zurück. Kana irrte indessen in der Wüste umher, nährte sich von den Pflanzen der Erde und schützte sich gegen die Mittagssonne unter den Bäumen. Einst kam er in ein Tal in der Nähe eines Flusses, da hörte er in der Nacht, wie jemand seufzte und weinte und Liebesgedichte rezitierte; da er hoffte, hier einen tröstenden Freund und Reisegesellschafter zu finden, ging er der Stimme nach und rief: »O nächtlicher Wanderer, nähere dich mir und erzähle mir deine Geschichte, vielleicht kann ich dir in deinem Unglück beistehen. Der Fremde antwortete: »Zudringlicher, der du mich in meiner Freude störst und mich belauschest, sage mir, wer bist du? Bist du ein Mensch oder ein Geist? Nur schnell, ehe dein Tod sich naht; denn ich wandere schon zwanzig Tage umher, ohne einem lebendigen Wesen zu begegnen. Bist du ein Geist, so ziehe weiter in Frieden; bist du ein Ritter, so bleibe an deinem Platz stehen, bis der Tag heranbricht, da wird sich‘s zeigen, wer von uns der Wackerste.« Kana wich, als er dies hörte, nicht von der Stelle, und der Fremde ebensowenig, und beide rezitierten die ganze Nacht durch Liebesgedichte. Als der Tag heranbrach, sah Kana, daß der Fremde ein Beduine war. Er trug Schwert und Schild und einen Schlauch voll Lebensmittel, und sah verliebt und unglücklich aus. Kana grüßte ihn und der Beduine erwiderte seinen Gruß, sah ihn verächtlich an, weil er so jung und arm aussah, und sagte: »Wer bist du, Junge, daß du so in der Nacht umherwanderst? Du siehst ziemlich armselig aus, ich habe Mitleid mit dir und will dich in meine Dienste nehmen.« Als Kana merkte, daß der Beduine mit Verachtung auf ihn herabsah, sagte er mit sanfter Stimme: »Lasse meine Jugend und dein Anerbieten, mich in Dienst zu nehmen, und sage mir, wer du bist.«

 

Als der Beduine Kanas Bitte vernommen, erwiderte er ihm: »Wisse, ich bin Sabach, der Sohn Rabachs, des Sohnes Hamams, und mein Stamm gehört zu den syrischen Beduinen. Ich habe eine reizende Cousine, welche Nedjma heißt. Nach dem Tode meines Vaters wurde ich mit ihr bei meinem Oheim erzogen. Als wir aber beide herangewachsen waren, verstieß mich mein Oheim, weil ich ein armer Waise bin. Die Vornehmen des Stammes gingen zu ihm und redeten ihm zu, mir seine Tochter zur Frau zu geben. Er schämte sich, mir sie geradezu zu verweigern, und sagte: »Wenn er die Morgengabe entrichten kann, so soll er sie haben.« Als ich ihn aber fragte, was er als Morgengabe verlange, sagte er: »Fünfzig Pferde, fünfzig Kamele, zehn Sklaven und zehn Sklavinnen, fünfzig Kamele voll Weizen und ebensoviel mit Gerste, und fünfzig Stück Seidenstoff.« Bei dieser Forderung beschloß ich, von Syrien nach Irak zu reisen und in der Nähe von Bagdad eine reiche Karawane auszuplündern, um das von mir als Morgengabe Verlangte bezahlen zu können. Nun sage mir aber auch, wer du bist.« – »Ich bin der Sohn des Königs Dhul Makan, und befinde mich in derselben Lage, wie du; ich bin nur noch unglücklicher, weil meine Geliebte eine Prinzessin ist, für die ich keine Morgengabe auftreiben kann.« – »Du siehst wahrlich eher einem Bettler, als einem Prinzen gleich.« – »Edler Araber«, versetzte Kana, »wundere dich nicht über die Launen des Schicksals, das mich so tief gebeugt; der Aufenthalt in meiner Heimat, ohne meine Geliebte zu sehen, wurde mir so drückend, daß ich in diesem Aufzug nächtlich entfloh; aber nichtsdestoweniger bin ich ein königlicher Prinz.« Als der Beduine Sabach dies hörte, rief er freudig: »O welches Glück! mein Ziel ist erreicht, nun brauche ich nichts mehr; du bist von königlichem Geblüte und hast dich nur als Bettler verkleidet; gewiß werden die Deinigen dich aufsuchen und, wenn sie dich finden, die größten Schätze für dein Lösegeld bieten; kehre also um, Junge, und gehe als mein Sklave vor mir her.« Kana erwiderte: »O edler Araber, handle nicht so schlecht und mache dir keine eitlen Hoffnungen; meine Leute werden mich nicht um eine Drachme loskaufen, sie wünschen im Gegenteil nichts mehr, als mich ins Verderben gestürzt zu wissen, um Ruhe zu bekommen, und ich selbst bin sehr arm, habe nicht viel und nicht wenig; laß uns lieber zusammen fern von Irak umherreisen, vielleicht können wir miteinander die Morgengabe erringen, so daß du dann deine Cousine heiraten kannst.« Der hochmütige Sabach war sehr aufgebracht und sagte: »Wehe dir! du wagst es noch, mir zu widersprechen? Gleich kehre dich um und gehe vor mir her, sonst geht es dir schlecht.« – »Wie soll ich dir gehorchen«, versetzte Kana, »wenn du so ungerecht gegen mich handelst? Fürchtest du nicht den Tadel der Araber? Willst du mich demütig vor dir herführen, ohne mich vorher auf dem Kampfplatz erprobt zu haben? Weißt du denn, ob ich feig oder tapfer bin?« Sabach sagte lächelnd: »Bei Gott! das sind Worte eines wackeren Helden; nun, was hältst du denn für billig?« Kana antwortete: »Wenn du willst, daß ich dein Diener werde, so lege deine Waffen ab und ringe mit mir; wer von uns siegt, der gebiete dem andern.« Sabach lachte so heftig, daß er auf den Rücken fiel; dann warf er Schwert und Schild und den Sack mit Vorrat weg, schürzte sich auf und ging auf Kana los, und umfaßte ihn in der Meinung, ihn leicht auf den Boden zu werfen; aber er fand bald, daß Kana im Ringen unüberwindlich. Seine Füße standen so fest, wie zwei auf sicheren Pfeilern ruhende Minarette, oder wie zwei Berge. Schon wankten seine Füße und er bereute es, ihn nicht gleich mit dem Schwert getötet zu haben; er wollte daher auf das Schwert losspringen, aber Kana hielt ihn fest und schüttelte ihn so heftig, daß ihm die Eingeweide zerrissen, dann hob er ihn in die Höhe, und wollte ihn in den Fluß werfen.

Sabach schrie in Kanas Armen: »Was beginnst du mit mir?« – »Ich werfe dich in den Fluß, welcher sich in den Tigris ergießt, der dich dann in den Jesusbach trägt, und letzterer bringt dich in den Euphrat, mit dem du in deine Heimat schwimmst. Dort wird man dich erkennen und deine Tapferkeit loben und deine treue Liebe.« Sabach schrie: »Bei dem Leben deiner Cousine, der Zierde aller Schönen, laß mich!« Kana ließ ihn langsam zu Boden nieder. Als aber Sabach wieder auf seine Waffen zuging, um Kana damit anzugreifen, sagte ihm dieser: »Ich weiß, was in dir vorgeht, du denkst, im Ringen bist du der Schwächere, aber mit den Waffen in der Hand würdest du mich besiegen; nun, damit dir gar kein Vorwand bleibe, ergreife du dein Schwert, laß mir nur den Schild, wir wollen sehen, wer von uns den anderen erschlägt.« Sabach freute sich mit diesem Vorschlag und drang mit dem Schwert auf Kana ein; dieser schlug gar nicht, sondern verteidigte sich nur mit dem Schild, bis er merkte, daß Sabachs Kräfte abgenommen, und seine Hände vom Schlagen ermüdet waren; dann erst drang er auf ihn ein, stürzte ihn zu Boden und schleppte ihn an den Füßen dem Flusse zu. Sabach schrie: »Was willst du tun, du einziger Ritter deiner Zeit?« – »Habe ich dir nicht gesagt, ich will dich den Deinigen zusenden, daß sie nicht länger um dich verlegen seien und deine Cousine ihren Bräutigam wiederfinde?« Sabach schrie wieder. »Tu dies nicht, du Held deines Jahrhunderts! ich will dir schwören, daß ich dir als Diener folge.« Er rezitierte dann weinend folgende Verse:

»Wehe mir! Ich lebe schon lange fern von meiner Heimat als verstoßener Fremdling; o wüßte ich, ob ich in der Fremde sterben soll, ohne daß meine Verwandten meinen Tod erfahren, ohne daß ein Freund mich beweine!«

Kana bemitleidete ihn und ließ ihn los, nachdem er ihm einen Eid abnahm, daß er ihm als treuer Gefährte folgen wolle. Sabach holte dann, nachdem er Kana die Hand geküßt, seinen Vorrat an Gerstenbrot herbei und verzehrte ihn mit Kana am Ufer des Flusses; hierauf wuschen sie sich, beteten und unterhielten sich von ihren Familien-Angelegenheiten. Kana fragte dann Sabach: »Wohin möchtest du jetzt reisen?« Er antwortete: »Am liebsten nach Bagdad, in deine Heimat.« Da sagte Kana: »So zieh hin, ich sage dich von deinem Eid los und folge dir bald.« Als aber Sabach von ihm Abschied genommen hatte, dachte er: Bei Gott! in einer solchen Armut und in so elendem Zustand kehre ich nicht in die Heimat zurück, vielleicht wird mir durch Gottes Gnade geholfen. Er fiel dann vor dem Fluß zu Boden und betete: »O Gott! der du die Erde durch Regen befruchtest, den Fischen im Meer und dem Wurm im steinigen Boden ihre Nahrung reichst, du einziger Gott, habe Mitleid mit mir, und spende mir deine gnädige Hilfe!« Während er so in Verzweiflung mit der Stirne auf der Erde hingestreckt lag, hörte er ein Geräusch in der Ferne; er sah umher und erblickte einen Ritter, der wie der Blitz auf einem Pferd herbeisprengte. Der Ritter war verwundet, ließ dem Pferd die Zügel frei und hielt sich am Hals fest; als er zu Kana kam, der sich inzwischen erhoben hatte, war er in den letzten Zügen: das Blut strömte aus seiner Wunde wie Wasser aus der Mündung eines Schlauchs hervor, kaum hatte er noch Kraft genug, Kana zuzurufen: »O Herr der Araber! hebe mich langsam vom Pferd herunter und sieh mich als deinen Freund an, solange ich noch lebe, und gib mir ein wenig Wasser, obschon ein Verwundeter, besonders wenn ihm bald die Seele ausgeht, nicht trinken sollte. Wenn ich leben bleibe, so mache ich deiner Armut ein Ende, und wenn ich sterbe, so hast du durch deine Tat dir himmlischen Lohn erworben.« Kana bemitleidete den Ritter, hob ihn von seinem Pferd herunter, welches das beste seiner Zeit war, gab ihm Wasser zu trinken und, nachdem er ihn ein wenig in Ruhe gelassen, fragte er ihn: »Wer hat dich so mißhandelt?« Der Ritter antwortete. »Wahrheit ist besser als Trug, darum wisse, daß ich mein ganzes Leben als Pferderäuber zugebracht habe; sobald ich ein gutes Pferd sah, jagte ich ihm nach und scheute keine Gefahr, um mir es zuzueignen, und wenn es dessen Eigentümer zwischen seinen Augenlidern verborgen hielt; ich kann alle Ketten lösen und jedes Band zerreißen; mein Name ist Ghasan, und man nennt mich das Verderben aller Rosse und das Schrecknis aller Ritter. Ich hatte auch von diesem Pferd gehört, das dem König Feridun, dem Kreuzanbeter von Konstantinopel; gehörte, er hatte ihm den Namen Katul (das Tötende) und den Beinamen Madjnun (das Verrückte) gegeben, ich reiste daher nach Konstantinopel und blieb eine Weile dort, um es zu stehlen. Eines Tages sah ich auf diesem Pferd eine bei den Griechen hochverehrte alte Frau, ihr Name war Dsat Dawahi (die Unheilverbreitende). Sie war bloß von zehn Sklaven begleitet und begab sich nach Bagdad zum König Sasan, um Friedensverhandlungen mit ihm anzuknüpfen; Ich folgte Ihr, konnte aber nicht zum Pferd gelangen, weil es zu gut von den Sklaven bewacht wurde. Als sie endlich nicht mehr weit von Bagdad war und ich nachdachte, wie ich das Pferd mir zueignen könnte, ehe sie die Stadt erreicht, erhob sich ein mächtiger Staub, und fünfzig Reiter, welche Straßenräuber waren, kamen herbei mit ihrem Hauptmann, der wie eine zürnende Hyäne oder wie ein reißender Löwe aussah, Der Hauptmann, welcher Kadasch hieß, umzingelte mit seinen Räubern die Alte, und in einem Augenblick hatte er die zehn Sklaven gefesselt und die Alte und das Pferd weggenommen; da dachte ich, nun ist alle meine Mühe vergebens, mein Wunsch wird nicht in Erfüllung geben; ich blieb indessen doch in der Nähe, um zu sehen, wie das enden würde. Die Alte fing an zu weinen, als sie sich in solcher Not sah, und sagte: O mächtiger Held! was willst du von mir und meinen Sklaven? hast du nicht genug an meinem Pferd? ich bin ja nur eine Abgesandte; sie flehte dann so lange und versprach ihm so viele Pferde und anderes Vieh, bis er sie losließ und mit seinen Räubern wieder weiterzog. Ich folgte ihm bei Tag und bei Nacht, bis ich eine Gelegenheit fand, das Pferd zu stehlen; dann bestieg ich es schnell und trieb es fort; aber die Räuber holten mich ein, umzingelten mich von allen Seiten und drangen mit ihren scharfen Schwertern auf mich ein; ich hielt mich zwar fest auf dem Pferd, das für mich kämpfte mit den Vorder— und Hinterbeinen, bis es endlich wie ein fliegender Stern oder abgeschossener Pfeil mit mir davonsprang. Doch erhielt ich im Kampf eine schwere Wunde, und nun reite ich schon drei Tage umher, ohne etwas zu genießen oder zu schlafen, und das Blut strömt immerfort aus meinen Wunden. Du hast mir nun eine große Wohltat erwiesen, die dir Gott vergelten mag; aber sage mir doch, du siehst so arm und elend aus, und doch sind unverkennbare Spuren eines ehemaligen Wohlstandes an dir merkbar: wer bist du wohl?«