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Tausend Und Eine Nacht

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»Lange währt schon die Trennung, immer schwerer wird mein Kummer und meine Pein, und wie Regengüsse stürzen Tränen aus meinen Augen. Als ich am Trennungstag ihr Lebewohl sagte, verabschiedete ich auch zugleich mein Herz und nun bin ich allein, ohne Herz und ohne Hoffnung. O mein Freund! warte, bis sie mir noch einmal Lebewohl sagt, ihre Worte sind so erquickend, daß sie Kranke heilen.«

Als er diese Verse rezitiert hatte, weinte er und fiel in Ohnmacht. Als er wieder zu sich kam, sah er starr vor sich hin und sprach noch folgende Verse:

»Hütet euch vor ihrem bezaubernden Blick, denn niemand ist vor den Pfeilen ihrer schwarzen Augen sicher, sie sind sanft und schmachtend, doch schneidender als das blanke Schwert; hütet euch vor ihrer wohlklingenden Stimme, sie bringt euch Fieber und verwirrt eueren Verstand.«

Nachdem der Jüngling diese Verse rezitiert hatte, seufzte er tief und weinte wieder, bis er ohnmächtig wurde. Als er wieder zu sich kam, fragte ihn der Prinz, der ihm zu Häupten stand: »Warum hast du mir deine Waren nicht auch vorgelegt?« Der Jüngling antwortete: »Ich habe nichts, das würdig wäre, deiner Hoheit gezeigt zu werden.« Aber Tadj Almuluk versetzte: »Du mußt mir zeigen, was du hast; auch sollst du mir sagen, warum du so traurig bist und so viel weinst; ist dir ein Unrecht geschehen, so will ich es gut machen, bist du verschuldet, so will ich deine Schulden bezahlen, denn beim ersten Anblick fühlte ich mich schon zu dir hingezogen.« Er ließ dann gleich zwei Stühle bringen aus Elfenbein und Ebenholz, mit grüner, golddurchwirkter Seide bepolstert, und einen Teppich ausbreiten, und bat den Jüngling noch einmal, ihm seine Waren vorzulegen. Der Jüngling sagte: »Ich beschwöre dich bei Gott! laß mich, ich habe nichts, das deiner würdig wäre.« Aber Tadj Almuluk nötigte ihn, seine Waren herbeizuholen. Der Jüngling legte endlich mit Tränen in den Augen ein Stück Ware nach dem anderen vor Tadj Almuluk. Es war unter anderem ein Stück Atlas dabei, ganz mit Gold durchwirkt, das zweitausend Dinare wert war. Als er dieses aufrollte, fiel ein Päckchen heraus, das er schnell verbarg, während er folgende Verse sprach:

»Mein Leben vergeht in Sehnsucht, Täuschung, Trennung und Liebesqual. Die Trennung will mich nicht töten und keine Vereinigung mich beleben; die Entfernung läßt mich trostlos und doch ist mir deine Nähe nicht gegönnt; du bist ungerecht und erbarmungslos, von dir ist keine Hilfe zu erwarten, und doch kann ich mich nicht von dir losreißen. Alle meine Kräfte vermögen nichts gegen deine Liebe, ich weiß nicht, wohin mich wenden.«

Als der Kaufmann das Päckchen unter seinen Beinen verbarg, fragte ihn Tadj Almuluk erstaunt: »Was enthält dieses Päckchen?« – »Mein Herr, kümmere dich darum nicht und verlange es nicht zu sehen, ich habe mich darum nur geweigert, dir meine Waren zu zeigen, weil ich befürchtete, du möchtest es bemerken. Ich darf dir es durchaus nicht zeigen. « Tadj Almuluk ließ aber nicht ab und drang so lang in den Jüngling, bis er es hervorholte. Als aber Tadj Almuluk einen alten Lappen Tuch sah, sagte er höchst erstaunt dem immer weinenden und Verse rezitierenden Jüngling: »Ich glaube, du bist nicht recht bei Verstand; was vergießest du so viele Tränen über diesen alten Lappen?« – »Mein Herr! meine Geschichte ist wunderbar, ich weine nur über das Bild, das in diesem Lappen verborgen ist, und über das Mädchen, das es gestickt.«

Der Jüngling rollte dann das Tuch auf, es stellte auf der einen Seite eine Gazelle vor, von feiner Seide gestickt und mit Goldfäden durchwirkt, auf der anderen Seite eine Gazelle, mit Silberfäden durchwirkt; am Hals hatte sie eine goldene Kette und drei längliche Smaragdsteine; auch hatte sie ein buntmarmoriertes, mit Perlen besetztes seidenes Kleid überhängen. Tadj Almuluk bewunderte die kostbare Arbeit dieser Stickerei, die einer lebendigen Gazelle glich, und sagte: »Gepriesen sei der, welcher den Menschen so viel Weisheit und Geschicklichkeit verliehen! Der Künstler, welcher diese Gazelle gestickt hat, findet seinesgleichen nicht.« – »Mein Herr! ein Frauenzimmer hat dies Bild verfertigt, und ich habe wunderbare Abenteuer mit ihr erlebt.« Der Prinz war so begierig, die Geschichte dieses Jünglings zu hören, daß er solange in ihn drang, bis er folgendermaßen erzählte: Wisse, mein Herr! mein Vater war ein reicher Kaufmann, und Gott hatte ihm keine Nachkommen, außer mir, beschert. Ich wurde mit meines Vaters Nichte erzogen, welche früh ihren Vater verloren hatte. Man ließ uns unbewacht beisammen leben und wie Geschwister auf einem Bett schlafen, weil mein Vater meinem seligen Onkel versprochen hatte, daß er seine Tochter mir zur Gattin geben wolle. Als ich kaum das Jünglingsalter erreicht hatte und noch ganz unerfahren war, sagte mein Vater zu meiner Mutter: »Nun ist es Zeit, daß wir unseren Sohn mit unserer Nichte vermählen, wir haben keinen Grund mehr, länger zu warten.« Sie beschäftigten sich hierauf mit unserer Ausstattung und beschlossen, nächsten Freitag nach dem Gebet den Ehekontrakt schreiben zu lassen und die Hochzeit zu feiern. Schon wurden alle Verwandten und Freunde meiner Eltern eingeladen, und als der Freitag kam, wurde unser Haus gewaschen und mit Teppichen belegt, und alles Nötige zum Fest hergerichtet. Mein Vater ging aus, um Süßigkeiten, Rosenwasser und dergleichen einzukaufen; meine Mutter hieß mich ins Bad gehen und schickte mir ein neues Kleid nach, das ich nach dem Bad anzog, Ich wollte dann in die Moschee gehen, als mir einfiel, daß ich noch einen Freund vergessen hatte einzuladen. Ich ging in seine Wohnung, er war nicht zu Hause, und ich mußte in der ganzen Stadt herumlaufen, um ihn aufzusuchen. Da kam ich in eine Straße, die ich in meinem Leben nicht betreten hatte; ich war sehr ermüdet und angegriffen vom Bad sowohl als vom neuen Kleid, dessen Wohlgeruch die ganze Straße parfümierte; ich setze mich auf eine Bank am Eck dieser Straße und legte mein gesticktes Taschentuch unter, in welches einiges Geld eingebunden war. Die Hitze war so groß, daß mir der Schweiß zum Gesicht herunterlief und auf mein Kleid tropfte. Da ich auf meinem Sacktuch saß, wollte ich meinen Kaftan nehmen, um mich abzutrocknen, da fiel mir auf einmal ein weißes Tuch in den Schoß, zarter als der Zephyr. Ich nahm das Tuch und warf einen Blick in die Höhe, um zu sehen, wo es hergekommen; da begegnete mein Auge der Meisterin dieser Gazelle an einem Fenster, vor welchem ein großes messingenes Gitter war; sie legte den Finger vor den Mund und zeigte mir ein so schönes Gesicht, daß ich dessen Reize gar nicht beschreiben kann. Sie legte dann den Zeigefinger und den mittleren Finger auf ihren Busen, schloß das Fenster und verschwand, ließ aber in meinem Herzen eine brennende Flamme zurück; ich wußte nicht, was beginnen, denn ich verstand ihren Wink nicht, und obschon ich bis Sonnenuntergang vor ihrem Haus sitzen blieb, sah und hörte ich doch niemanden mehr. Endlich stand ich auf und entfaltete das Tuch, das mir das Mädchen zugeworfen, und es kam mir ein Moschusduft entgegen, der mir ins Hirn stieg und so sehr meine Nerven reizte, daß mir wurde, als befände ich mich im Paradies. Als ich von meiner Betäubung mich wieder erholte, sah ich ein Briefchen vor mir, auf dem folgende Verse geschrieben waren:

»Hier schicke ich dir in zarter Schrift meine Klage über den Schmerz der Entfernung; wundere dich nicht, daß meine Schrift so fein und fast unleserlich zart, so müssen Liebende schreiben, die selbst vor Gram so mager geworden.«

Auf dem Tuch selbst stand geschrieben:

»Ich bin das Tuch der treu Liebenden und diene nun gerne dem schönen Jüngling, um ihm Stirne und Wangen abzutrocknen.«

Diese Verse vermehrten noch meine Flamme, schnell steckte ich das Tuch und das Briefchen ein und ging damit nach Haus. Es war schon eine Weile Nacht, als ich nach Hause kam. Meine Braut hatte den Kopf auf die Knie gestützt und weinte; als sie mich aber sah, trocknete sie ihre Tränen ab, stand auf, zog mir mein Kleid aus und sagte: »Alle Gäste sind gekommen, nebst dem Kadhi und den Zeugen, und sind schon längst von der Tafel aufgestanden; da du aber immer nicht erschienst, schwor dein Vater, aufgebracht darüber, daß er so viele Unkosten vergebens gehabt, daß er nun vor einem Jahr unseren Ehekontrakt nicht schreiben lassen werde. Wo warst du denn so lange?« Ich erzählte ihr alles, was mir widerfahren, und bat sie, mir beizustehen und mir die Fingersprache meiner Geliebten zu erklären. Sie schwor, mir mit allen Kräften behilflich sein zu wollen und sagte: »Das Zeichen mit dem Finger auf dem Mund bedeutet: bei dem, der Himmel und Erde geschaffen! du bist mein Leben und mein Herz; das Tuch bedeutet einen freundlichen Gruß von der Geliebten, und die zwei Finger, die sie auf den Busen legte, bedeuten: nach zwei Tagen komme wieder, da können wir uns wiedersehen und unseren Gram verscheuchen. Glaube nur, mein Vetter! sie liebt dich sehr und setzt ihr Vertrauen auf dich, das kann ich dir sagen; und dürfte ich frei ein— und ausgehen, ich würde euch unter meinem Schutz vereinigen.« Als ich dies hörte, dankte ich ihr und dachte: hier ist nichts zu tun, als zwei Tage Geduld zu haben. Ich ging nicht aus, aß und trank nicht, sondern blieb die zwei Tage traurig zu Hause sitzen, den Kopf auf dem Schoß meiner Cousine ausruhend, die mich herzlich liebte. Als die zwei Tage vorüber waren, sagte sie mir: »Nimm dich nun zusammen und fasse Mut!« Sie holte mir dann andere Kleider, zog mich an und beräucherte mich; ich ging wieder in jene Straße und setzte mich auf die Bank vor dem Hause meiner Geliebten,

Als ich eine Weile dasaß, öffnete sich das Fenster, ich blickte hinauf und begegnete dem Auge meiner Geliebten, und war ganz außer mir vor Entzücken. Als ich mich wieder faßte und aufwärts blickte, erschien sie mit einem Spiegel und einem roten Tuch, sie schob ihre Ärmel zurück und legte alle fünf Finger auf die Brust, dann hob sie die Hand weg und zeigte mir den Spiegel am Fenster, dann hing sie das rote Tuch dreimal zur Straße heraus, nahm es wieder hinein, preßte es aus und legte es zusammen; hierauf winkte sie mit dem Kopf nach dem Ende der Straße, schloß das Fenster, verschwand und nahm mein Herz mit und kehrte nicht mehr wieder. Ich war wieder in der größten Verwirrung, denn sie hatte abermals kein Wort gesprochen, und ich hatte wieder ihre Zeichen nicht verstanden. Ich blieb bis Sonnenuntergang auf der Bank sitzen und ging dann zu meiner Cousine, welche, die Wangen auf ihre Hand gestützt, weinend dasaß. Sobald sie mich sah, sprang sie auf und nahm mir mein Kleid ab, legte meinen Kopf in ihren Schoß, trocknete mein Gesicht mit ihrem Ärmel ab, bemitleidete und ermutigte mich. Als ich ihr erzählte, was ich gesehen, sagte sie: »Das Zeichen mit den Fingern bedeutet, nach fünf Tagen kehre wieder; das Zeichen mit dem roten Tuch und dem Spiegel bedeutet: warte im Laden des Färbers, bis mein Bote kommt und dich abholt.« Ich sagte: »Bei Gott! deine Erklärung ist richtig, denn ich habe am Ende der Straße den Laden eines jüdischen Färbers gesehen; aber«, setzte ich weinend hinzu, »wer kann fünf Tage warten?« Meine Cousine tröstete mich und sagte: »Fasse Mut! wie manche Leute schmachten jahrelang vergebens, und du liebst ja erst seit zwei Tagen.« Sie brachte mir dann Speisen, ich nahm einen Bissen und wollte essen, da fiel mir meine schöne Geliebte ein und es schmeckte mir nichts. Das Leben wurde mir sauer, ich konnte weder essen noch trinken noch schlafen; ich wurde blaß und sah sehr übel aus, denn ich war noch sehr jung und empfindsam, und liebte zum ersten Mal in meinem Leben. Meine Cousine wachte stets bei mir und erzählte mir Liebesgeschichten bis ich einschlief. Beim Erwachen fand ich sie wieder neben mir, mit Tränen des Mitleids in den Augen. So brachte ich fünf Tage zu. Dann brachte mir meine Cousine warmes Wasser, wusch mich, trocknete mich ab und sagte: »Nun geh! Gott stehe dir bei und stille dein Verlangen nach deiner Geliebten!« Ich ging ans Ende der Straße und setzte mich vor den Laden des jüdischen Färbers, der des Samstags wegen geschlossen war. Ich wartete den ganzen Nachmittag und den ganzen Abend, bis man vor Dunkelheit gar nichts mehr sah, aber niemand ließ etwas von sich hören. Da fürchtete ich mich, länger hier allein zu sitzen, und kehrte, mit Mühe meine Beine nachschleppend und wie ein Betrunkener taumelnd, nach Hause zurück. Meine Cousine kam mir entgegen, trocknete mir Tränen und Schweiß ab und sagte lächelnd: »Warum hast du nicht die Nacht bei deiner Geliebten zugebracht?« Diese Worte brachten mich so sehr auf, daß ich sie mit einem Stoß auf die Brust zu Boden warf. Sie fiel mit dem Kopf auf einen Pflock, und das Blut strömte aus ihrer offenen Stirn. Sie stand auf, ohne ein Wort zu sagen, legte verbrannte Lumpen auf ihre Wunde, verband sie, wusch das Blut vom Teppich ab und sagte mir lächelnd und mit zarter Stimme: »Bei Gott! mein Vetter, meine Absicht war nicht, dich oder deine Geliebte zu verspotten. Ich hatte Kopfschmerzen und wollte mir das Blut abwischen und jetzt ist durch diesen Blutverlust mein Kopf viel leichter; erzähle mir nun, wie es dir heute gegangen.« Als ich ihr weinend erzählte, wie ich vergebens meine Geliebte erwartet, sagte sie: »Sieh das nicht als Zeichen ihrer Gleichgültigkeit an, sie wollte gewiß nur deine Ausdauer prüfen; geh morgen wieder hin: deine Erlösung ist nahe.« Sie sagte mir dann noch manches zu meiner Beruhigung, aber ich war untröstlich.

 

Als meine Cousine mir zu essen brachte, stieß ich es mit den Füßen weg und sagte: »Wer liebt, ist verrückt, dem schmeckt keine Speise und kein Schlaf mehr.« Sie weinte, hob die Schüssel vom Boden auf, wusch den Boden und unterhielt mich mit Erzählungen und Märchen; ich aber betete zu Gott, er möge doch bald Tag werden lassen. Des Morgens früh eilte ich wieder nach der Straße meiner Geliebten und setzte mich auf die Bank. Da öffnete sich das Fenster, meine Geliebte erschien und lachte, sie verschwand eine Weile und kehrte wieder mit einem Spiegel, einem Säckchen und einem Gefäß, das mit grünem Samen gefällt war; sie öffnete das Säckchen, steckte den Spiegel hinein, knüpfte es wieder zu und warf es ins Zimmer; dann löste sie ihre Haare auf und ließ sie über ihr Gesicht herunterhängen; zuletzt brachte sie eine Lampe und stellte sie zum Samen hin, verschwand und kehrte nicht wieder. Mein Herz zerbrach fast vor Qual über ihre stummen Zeichen, ich kehrte traurig zu meiner Cousine zurück, welche mit Tränen in den Augen an die Wand gelehnt stand und zwei Tücher um den Kopf hatte, eines über der Stirn auf ihrer Wunde und das andere um die Augen, die von vielem Weinen entzündet waren. Als sie mich sah, trocknete sie ihre Tränen ab, wagte es aber lange nicht, mich anzureden; endlich sagte sie: »Nun, mein Vetter, wie geht es denn?« Ich erzählte ihr weinend, was meine Geliebte vor meinen Augen getan. Da sagte sie: »Habe Geduld, du bist dem Ziel deiner Wünsche nahe. Das Verstecken des Spiegels und das Herabhängen der Haare bedeutet Sonnenuntergang und dunkle Nacht; die Samen bedeuten eine Zusammenkunft im Garten, der hinter ihrer Straße ist; und durch die Lampe wollte sie sagen, du solltest im Garten nur diese Lampe aufsuchen und sie dort erwarten.« Als ich diese Erklärung vernahm, rief ich aus: »O wie lange wird noch unsere Trennung währen!« Meine Cousine sagte mir: »Habe nur noch diesen Tag Geduld!« nahm mir mein Kleid ab und hatte nicht den Mut, mir zu essen vorzustellen; sie bat mich dann, mich mit ihr den Tag durch zu unterhalten, da ich doch abends bei einer anderen sein würde; ich aber betete immerfort zu Gott, daß er doch bald die Nacht heranbrechen lasse. Als endlich die Sonne unterging, gab mir meine Cousine weinend ein Stückchen Moschus und sagte mir: »Stecke das in den Mund, und wenn du nach süßen Umarmungen von deiner Geliebten Abschied nimmst, so sprich folgenden Vers:

»O ihr Liebenden! bei Gott! sagt mir, wenn die Liebe den Jüngling überwältigt, was soll er tun?«

Sie küßte mich dann und ich mußte ihr schwören, daß ich diesen Vers beim Herausgehen sagen würde. Hierauf ging ich in den Garten, dessen Türe offen war, und nahm meine Richtung nach einem Licht, das ich in der Ferne sah, und ich fand es in einem Gartenhäuschen mit einer Kuppel von Elfenbein und Ebenholz. Das Zimmer war mit seidenen Teppichen belegt und außer der Lampe von einer großen Wachskerze beleuchtet; in der Mitte des Zimmers war ein Springbrunnen mit allerlei Figuren und daneben stand ein Tischchen mit einem seidenen Tuch, auf dem, zwischen allerlei Blumen und Aromaten, die kostbarsten Speisen und Getränke in den feinsten chinesischen und goldenen Gefäßen standen. Das Gartenhäuschen entzückte mich und heiterte mich auf, doch sah ich keinen Menschen darin, um mich zu empfangen.

Ich setze mich auf das Sofa, um meine Geliebte zu erwarten, aber drei Stunden vergingen und niemand kam; da verlor ich die Geduld, auch stiegen mir die feinen Gerüche der Speisen in die Nase, denn ich hatte schon mehrere Tage nichts gegessen, so daß ich ziemlich ausgehungert war; ich näherte mich dem Tischchen und deckte die Platte ab, da fand ich in deren Mitte auf einem chinesischen Teller vier gebratene Hähne, und rund herum standen Granatäpfelbeeren und mehrere andere saure und süße Zuspeisen; ich aß, bis ich satt war, und da ich schon lange nicht schlafen konnte, so hatte ich kaum meine Hände gewaschen, als sich meine Augen schlossen und mein Kopf auf das Kissen fiel, ich hatte einen sehr tiefen Schlaf, aus dem ich nicht eher erwachte, bis mich die Sonne brannte. Als ich die Augen öffnete, fand ich auf meinem Leib einige Kohlen und Salz umhergestreut; ich stand auf, schüttelte mein Kleid ab, sah mich rechts und links um, fand aber niemanden; auch bemerkte ich, daß ich auf dem harten marmornen Boden gelegen war. Ich war sehr traurig, weinte heftig vor Ärger über meinen Schlaf und ging wieder nach Hause zu meiner Cousine, welche sich auf die Brust schlug und heftig weinte. Als sie mich sah, trocknete sie schnell ihre Tränen ab, kam mir freundlich entgegen und sagte: »O mein Vetter! tadle mich nicht, wenn ich darüber weine, daß du in deiner Liebe glücklich bist, während ich verlassen zu Hause bleibe.« Sie nahm mir dann lächelnd mein Kleid ab, schüttelte es aus und sagte: »Bei Gott! das ist nicht der Geruch eines Glücklichen; was ist dir geschehen, mein Vetter?« Als ich ihr alles erzählte, sagte sie: »Wehe, mein Vetter! wahrlich du dauerst mich, dieses Weib plagt dich sehr, sie hat dich wahrscheinlich schlafend gefunden und war böse darüber, denn sie hielt dich für einen Lügner, weil wahre Liebende nicht schlafen; aber auch sie liebt dich nicht wahrhaft, darum hat sie dich auch nicht geweckt, sondern dich mit Salz bestreut, um dir zu sagen, du seiest sehr geschmacklos und bedürftest gar zu sehr noch einiger Würze, denn ernstlich Liebenden ist der Schlaf eine Sünde. Mit den Kohlen meinte sie: Gott schwärze dein Angesicht! Gott bewahre dich vor ihr!« Als ich diese Erklärung vernahm, sah ich mein Unrecht ein und bedauerte, so viel gegessen zu haben, brach in laute Tränen aus und beschwor meine Cousine, Mitleid mit mir zu haben und mir zu raten, was ich nun tun könnte, um nicht vor Verzweiflung zu sterben. Da meine Cousine mich sehr lieb hatte, sagte sie: »Bei meinem Haupt und meinen Augen, ich habe dir schon gesagt: wenn ich ausgehen dürfte, ich hätte euch schon längst unter meinem Schutz vereint; doch nun kann ich dir keinen besseren Rat geben, als diesen Abend wieder in das Gartenhäuschen zu gehen, du mußt aber den vierten Teil der Nacht ruhig warten und nichts essen, damit dich nicht der Schlaf überfalle.« Ich dankte ihr für ihren Rat und betete zu Gott, daß es doch bald Nacht werden möchte. Als die Nacht heranbrach und ich weggehen wollte, rief mir meine Cousine noch einmal zu, ich möchte ja den Vers nicht vergessen.

Ich fand im Garten wieder alles so hergerichtet, wie am vorhergehenden Abend, und ganz frische Speisen standen wieder auf dem Tisch, die einen solchen Wohlgeruch verbreiteten, daß ich meine Lust, sie zu sehen, nicht lange bezähmen konnte; ich deckte die Schüssel auf und sah wieder Hähne mit verschiedenen Zuspeisen, die mich so anlachten, daß ich mich nicht enthalten konnte, von jedem Gericht etwas zu nehmen; da es aber sehr wohlschmeckte, aß und trank ich, bis ich satt war, zog dann das Kissen herbei und dachte: ich will mich nur ein wenig anlehnen, gewiß nicht schlafen; aber bald fielen meine Augen zu und ich erwachte erst nach Sonnenaufgang. Als ich meine Augen wieder öffnete, fand ich auf meinem Leib einiges Spielzeug, einige Dattelkerne und Samen vom Heuschreckenbaum, und das ganze Häuschen war geleert; ich schüttelte alles ab und ging bestürzt nach Hause. Meine Cousine, die aus hoffnungsloser Liebe zu mir immer weinte und Verse rezitierte, kam mir entgegen; ich schmähte sie und schrie sie an, sie aber trocknete ihre Tränen ab, küßte mich zwischen die Augen und drückte mich an ihren Busen; da ich mich aber unfreundlich zurückzog, sagte sie: »Mir ist, als hättest du wieder geschlafen.« Ich erwiderte: »Ja, bei Gott!« erzählte ihr, was ich beim Erwachen auf meinem Leib gefunden, und beschwor sie bei Gott, mir es zu erklären. Sie sagte weinend: »Bei meinem Haupt und meinen Augen! sie wollte mit dem Spielzeug dir sagen, daß es ihr scheine, als wäre dein Sinn mit etwas anderem als mit der Liebe beschäftigt; mit den Dattelkernen wollte sie andeuten, daß, wenn du liebtest, dein Herz von Liebe glühen müßte und du die Süßigkeit des Schlafes nicht kosten könntest, denn die Liebe erfüllt wie Datteln das Herz mit Feuer. Der Heuschreckenbaumsamen aber bedeutet, daß das Herz des Liebenden schmachtet, und daß du den Schmerz der Trennung mit Geduld tragen mögest, wie Hiob seine Leiden.« Diese Erklärung schürte die Flamme in meinem Herzen, ich schrie und jammerte und bat meine Cousine, mir zu raten, was ich nun tun könne. Sie sagte: »Ich weiß nichts anderes, als daß du diesen Abend doch noch einmal hingehst, aber nimm dich ja in acht, nicht wieder zu schlafen.« Sie brachte mir dann zu essen und sagte: »Iß dich nur jetzt recht satt, damit du heute Abend nicht wieder in Versuchung gerätst.« Ich aß mich satt, und des Nachts zog mir meine Cousine ein kostbares Kleid an, küßte mich und erinnerte mich wieder an den Vers. Ich begab mich wieder in den Garten, ging aber weit vom Tisch weg, hielt meine Augen mit den Fingern offen und schüttelte meinen Kopf hin und her; als ich aber lange wartete, wurde ich hungrig, und der Geruch der Speisen und des Weines tötete mich fast. Ich näherte mich dem Tischchen und aß ein bißchen Fleisch mit einigen Zuspeisen; dann ging ich auf den Weinkrug los, in der Absicht, nur einen Becher voll zu trinken, aber es kam zu einem zweiten, dritten und bis zu einem zehnten Becher; da fiel ich wie eine Leiche um und kam erst, als der Tag herangebrochen war, wieder zu mir. Als ich erwachte, fand ich auf meinem Leib ein Schwert und eine eiserne Münze, und ich selbst lag vor dem Garten draußen.

 

Ich nahm das Schwert und die Münze und ging erschrocken nach Hause, warf Schwert und Münze vor meine traurige Cousine hin, schlug meine Brust und zerbiß mir die Hände vor Reue; meine Cousine weinte vor Mitleid eine Weile mit mir, bis ich sie bat, mir zu erklären, was das Schwert und das Eisen bedeute. Da sagte sie: »Die Münze stellt ihr Auge vor, bei dem sie schwört, daß, wenn du wiederkehrest und einschläfst, sie dich mit dem Schwert tötet; darum, mein Vetter, bin ich sehr ängstlich um deinetwillen und rate dir, dich ja keinem Unglück auszusetzen, wenn du nicht gewiß bist, daß du wach bleibst.« Ich fragte sie, was ich tun sollte, um mich vor dem Schlaf zu hüten? Sie drückte mich an ihren Busen, legte mich aufs Bett und liebkoste und streichelte mich solange, bis ich einschlief; sie nahm dann einen Fächer und machte mir Wind, bis die Sonne sich zum Untergang neigte; da weckte sie mich, und als ich die Augen öffnete, sah ich, wie sie ihre Tränen abtrocknete. Sie brachte mir hierauf zu essen, und als ich nichts essen wollte, sagte sie: »Hast du mir nicht versprochen, mir zu gehorchen?« Ich ließ mir nun von ihr Essen einstopfen, bis ich satt war, sie gab mir dann Sibebensaft mit Zucker zu trinken, wusch mich mit Rosenwasser, zog mir wieder ein schönes Kleid an und sagte: »Nun, mein Vetter! schlafe ja nicht und vergiß auch meinen Vers nicht, du wirst gewiß diese Nacht bei deiner Geliebten zubringen, bleibe nur wach, denn sie wird erst spät kommen.« Ich ging vergnügt und mit vollem Leib in den Garten und wartete wachend drei Viertel der Nacht, bis schon der Hahn krähte. Da wurde ich hungrig, näherte mich dem Tisch und aß, bis ich satt war. Schon war mir der Kopf schwer und ich wollte wieder einschlafen, als ich ein Rauschen hörte und aus der Ferne ein Licht sich nähern sah. Ich nahm mich zusammen und nach einem Augenblick erschien meine Geliebte von zehn Sklavinnen umgeben, wie der Mond zwischen Sternen hervorstrahlt; sie hatte ein grünes, golddurchwirktes Atlaskleid an, wie ein Dichter sagte:

»Sie erschien im Garten in grünem Gewand, mit aufgelöstem Gürtel und herabhängenden Haaren; ich fragte sie nach ihrem Namen und sie sagte: Ich bin die, welche Feuer schleudert ins Herz der Liebenden. Ich klagte ihr meinen Liebesgram; sie sagte: du klagst einem Stein und weißt es nicht. Ich erwiderte: Wäre dein Herz auch von Stein, so hat doch Gott aus dem harten Felsen schon süßes Wasser entspringen lassen.«

Sie lachte, als sie mich sah, und sagte: »Ich wundere mich, daß du doch einmal wach bist; dürfen die von Liebesqual Heimgesuchten so die ganze Nacht schlafen?« Sie gab dann ihren Sklavinnen einen Wink, worauf sie sich entfernten; dann fiel sie in meine Arme, wir küßten einander, ich sog an ihrer oberen und sie an meiner unteren Lippe, dann ließen wir uns auf das Sofa nieder und brachten die ganze Nacht in den seligsten Umarmungen zu. Als ich des Morgens weggehen wollte, sagte sie: »Warte eine Weile, ich muß dir noch etwas zeigen.« Sie zog ein Tuch heraus, in welches eine Gazelle gestickt war, und da es mir sehr wohlgefiel, schenkte sie mir es unter der Bedingung, daß ich sie jede Nacht im Garten besuchen wolle; sie sagte mir aber: »Nimm es wohl in acht, es ist die Arbeit meiner Schwester Nur Alhuda.« Ich war vor Freude ganz außer mir und verließ sie, ohne mich des Verses zu erinnern, den mich meine Cousine gelehrt.

Der Jüngling erzählte weiter: Als ich nach Hause kam, fand ich meine Cousine auf dem Bett, und Tränen stürzten auf ihre Wangen herunter. Sobald sie mich sah, kam sie mir entgegen, küßte mich und fragte, ob ich ihren Vers rezitiert habe? Ich sagte: »Nein, bei Gott, diese Gazelle hat mich ihn vergessen lassen«, und zeigte ihr das gestickte Tuch, das mir meine Geliebte gegeben. Als der Abend kam, sagte sie: »Gehe nun wieder in Gottes Namen, aber vergiß den Vers nicht!« Als ich in den Garten kam, war meine Geliebte schon da und erwartete mich. Ich setzte mich neben sie, wir aßen und tranken und brachten die Nacht wieder wie die vorhergehende zu; des Morgens beim Weggehen sagte ich den Vers:

»O ihr Liebenden, bei Gott! sagt mir, wenn Liebe den Mann überwältigt, was soll er tun?«

Als sie diesen Vers hörte, strömten Tränen aus ihren Augen und sie rezitierte folgenden Vers:

»Er soll seine Liebe verschweigen und mit Demut und Geduld alles ertragen.«

Ich lernte diesen Vers auswendig und freute mich, den Wunsch meiner Cousine erfüllt zu haben. Als ich nach Hause kam, fand ich sie auf dem Bett liegend; meine Mutter stand ihr zu Häupten und weinte um sie, und sagte mir: »Du bist ein schöner Vetter, deine Cousine ist sehr unwohl und du verläßt sie.« Mein Cousine richtete sich dann auf und fragte mich, was meine Geliebte gesagt? Als ich ihr den Vers meiner Geliebten mitgeteilt, sagte sie: »Ich beschwöre dich bei Gott, wenn du wieder zu ihr kommst, so rezitiere ihr folgenden Vers.

»Er hat nach Geduld gerungen, aber sein Herz verschmachtet vor Liebe.«

Ich versprach es ihr, und hielt auch Wort, als ich am folgenden Abend wieder, wie früher, mit meiner Geliebten vereinigt war. Letztere weinte über den Vers und rezitierte folgenden:

»Wenn er nicht Kraft genug hat, seine Liebe zu verbergen, so gibt es für ihn kein anderes Mittel, als den Tod.«

Als ich nach Hause kam, fand ich meine Cousine schlafend, und meine Mutter stand neben ihr. Aber sie hatte kaum meine Stimme vernommen, als sie die Augen öffnete und sagte: »O mein Teurer, hast du meinen Vers rezitiert?« Ich sagte: »Ja«, und wiederholte ihr den meiner Geliebten. Sie fiel in Ohnmacht, und als sie wieder zu sich kam, rezitierte sie folgenden Vers:

»Wir haben vernommen, wir gehorchen und sterben gern; bring nun meinen Gruß derjenigen, welche meine Liebe nicht erwidert. «

Als ich meiner Geliebten am folgenden Tag diesen Vers sagte, schrie sie: »Wehe! wehe! die, welche diesen Vers gesagt, ist tot; wehe dir, ist es nicht eine Verwandte?« – »Es ist meine Cousine.« – »Wehe dir, du hast ihre Liebe nicht erwidert, und so ist sie den Märtyrertod gestorben; Gott verdamme dich! hätte ich davon was gewußt, so wärest du nie in meine Nähe gekommen.« – »Sie aber wußte um unsere Liebe; sie erklärte mir deine Zeichen, und war mir in allem behilflich.« – »Gott zerstöre deine Jugend, wie du die ihrige zerstört, du Hund hast sie getötet, geh nur nach Hause und frage nach ihr.« Ich ging in der größten Verwirrung nach Hause, und schon, als ich in unsere Straße kam, vernahm ich ein lautes Wehgeschrei, und als ich fragte, was das bedeute, erhielt ich zur Antwort: man habe meine Cousine tot gefunden. Als ich nach Hause kam, sagte mir meine Mutter: »Du hast dich an deiner Cousine versündigt. Wehe dir! Möge Gott das Blut deiner Cousine an dir rächen, du schlechter Vetter!« Ich antwortete nicht, gedachte aber der Verse, die sie rezitierte. Nachdem sie beerdigt war und ich drei Tage lang an ihrem Grab getrauert hatte, fragte mich meine Mutter wieder: »Was hast du denn deiner Cousine getan, daß sie vor Gram gestorben? Ich«, fuhr sie fort, »habe sie oft nach der Ursache ihrer Krankheit gefragt, sie hat mir aber nichts gestanden.« Da ich meiner Mutter nichts gestehen wollte, behauptete ich, ihr nichts zuleid getan zu haben. Sie erzählte mir dann, sie sei kurz vor ihrem Tod noch bei ihr gewesen und habe gehört, wie sie mich immerwährend segnete und oft ausrief: Gott möge mir ihren Tod als keine Schuld anrechnen; aber trotz aller Bitten verschwieg sie hartnäckig die Ursache ihrer Leiden, und auf die Frage: was ich ihr zuleid getan, antwortete sie: »Nichts, Gott führt mich aus dieser vergänglichen Welt in jene ewigdauernde hinüber.« Ihre letzten Worte waren: »Sage deinem Sohn, wenn er wieder dahin geht, wo er hinzugehen pflegt, so möge er diese Worte sagen: Treue ist schön, Verrat aber abscheulich;« diese Worte, sagte sie, würden auch nach ihrem Tod mir noch ein Beweis ihrer aufrichtigen Teilnahme sein. »Dann«, fuhr meine Mutter fort, »gab sie mir noch etwas für dich, das ich dir aber nicht eher ausliefern soll, bis du über sie weinst und jammerst.« Ich wünschte es zu sehen, aber meine Mutter sagte: »Ich zeige und gebe es dir erst, wenn ich dich in dem Zustand sehe, wie meine Nichte mir anbefohlen.« Ich aber vergaß meine Cousine bald und dachte Tag und Nacht nur an meine Geliebte. Ich konnte kaum den Abend erwarten, bis ich in den Garten kam und sie mir wieder um den Hals fiel. Sie fragte mich nach meiner Cousine und ich sagte ihr: »Sie ist tot, und darum bin ich auch der Trauergebete willen vier Tage nicht gekommen.« Meine Geliebte sagte weinend: »Habe ich es nicht gewußt? du hast sie getötet; hätte ich es doch früher geahnt und sie für ihre Wohltat belohnt, die Edle, die mich mit dir vereint hat. Nun hüte dich! Gott hat sich ihrer erbarmt; ich fürchte sehr, du hast dich an ihr versündigt.« Ich sagte ihr: »Sie hat mir vor ihrem Tode verziehen«, erzählte ihr auch, was mir meine Mutter gesagt, und wiederholte ihre Worte: »Treue ist schön, Verrat abscheulich.« Als sie diese Worte hörte, sagte sie: »Gottes Erbarmen sei mit ihr! diese Worte retten dich, ich will dich nicht mehr betrüben und dir keinen Gram verursachen; aber ich bin sehr ängstlich um deinetwillen, du bist noch jung und unerfahren, kennst die List und Bosheit der Frauen nicht, und hast nun niemand mehr, der dir beisteht; drum nimm dich vor allem wohl in acht, jemanden dein Geheimnis anzuvertrauen: du könntest in ein Unglück stürzen, und deine Retterin ist nicht mehr.«