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Tausend Und Eine Nacht

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Nach einer kurzen Weile kam Ghadhban wieder mit zwei Kamelen und drei Pferden, eins für sich, eins führte er der Prinzessin vor und das dritte Murdjana. Sie reisten nun im Gebirge den ganzen Tag nebeneinander her; gegen Abend fühlte Ibris ihre Entbindung so nahe, daß sie Ghadhban bat, sie vom Pferd zu heben. Als sie aber abgestiegen war, zog der Teufel in Ghadbans Herz, und seiner Leidenschaft nicht mehr Herr, lief er mit gezogenem Schwert auf sie zu und drohte ihr mit dem Tode, wenn sie seine Umarmung nicht dulden wollte. Aber Ibris stieß ihn von sich und sagte: »Nun fehlt mir nichts mehr, als auch noch von einem schwarzen Sklaven geschändet zu werden, nachdem ich schon einen großen König verschmäht habe. Wehe dir! wie du wagst es, so mit mir zu sprechen? lieber würde ich den Todeskelch leeren, als mich dir hingeben.« Der Schwarze wurde so aufgebracht, daß er Ibris am Hals verwundete; in diesem Augenblick kam sie nieder und Murdjana eilte herbei, um sie zu unterstützen. Als sich hierauf in der Ferne ein mächtiger Staub erhob, versetzte ihr Ghadhban noch einen Hieb in den Hals, woran sie starb, und entfloh ins Gebirge mit ihrem Pferd und ihrer ganzen Habe. Murdjana nahm den Sohn, den Ibris vor ihrem Tode geboren, zu sich und stillte ihn an ihrer Brust, zerriß ihre Kleider, streute Erde auf ihr Haupt, schlug sich ins Gesicht, bis sie blutete, und schrie: »Wehe! meine Herrin ist von einem nichtswürdigen Sklaven erschlagen worden.« So jammerte und weinte sie fort, bis sich der Staub legte und sie eine mächtige Armee herbeikommen sah. Es war die Armee des Königs Hardub, der, sobald er gehört, daß seine Tochter mit ihren Mädchen entflohen sei, sich auf den Weg gemacht hatte, um Kundschaft von ihr einzuziehen. Als der König seine Tochter erkannte, warf er sich vom Pferd herunter und fiel ohnmächtig zu Boden. Alle seine Leute, die Veziere und Fürsten, die bei ihm waren, stiegen ab, ließen ein Zelt für den König aufschlagen und blieben außen vor dem Zelt stehen. Als der König wieder zu sich kam, ließ er sich von Murdjana den ganzen Hergang der Sache erzählen, und das Verfahren Omars und des Sklaven gegen seine Tochter erbitterte ihn so sehr, daß ihm die Welt ganz schwarz vor seinen Augen erschien; er weinte heftig und alle Anwesenden weinten mit ihm; er ließ dann seine Tochter in einen Sarg legen und nach Cäsarea bringen; er aber begab sich sogleich zu seiner Mutter Dsat Dawahi, und sagte ihr: »Sieh! wie die Muselmänner mit meiner Tochter umgegangen sind; zuerst hat der König Omar sie mit Gewalt entehrt, dann hat ein schwarzer Sklave sie erschlagen; bei dem Messias! wir müssen Rache nehmen und die Schmach tilgen oder ich mache meinem Leben ein Ende.« Dsat Dawahi erwiderte: »Niemand anders, als Murdjana, hat deine Tochter erschlagen, sie haßte sie schon lange innerlich. Was aber die Rache an Omar betrifft, so sei ganz unbesorgt; bei dem Messias! ich werde ihn und seine Kinder erschlagen und Taten vollbringen, die noch kein Held vollbracht und von denen die Erzähler in allen Ländern erzählen werden; tu nur, was ich fordere, du wirst deinen Zweck erreichen.« – »Und was befiehlst du mir?« sagte Hardub. Die Alte fuhr fort: »Bringe mir schöne Jungfrauen und schaffe mir die gelehrtesten Männer der Zeit herbei, daß sie die Mädchen in allen Wissenschaften ausbilden, besonders in der Poesie und Beredsamkeit und in der Art, mit Königen zu verkehren; die Gelehrten müssen aber Muselmänner sein, damit sie die Geschichte der Kalifen und die Sagen der alten Araber lehren. Habe nur Geduld, wenn es auch mehrere Jahre dauert, denn die Araber pflegen zu sagen: Nach vierzig Jahren Blutrache nehmen, ist auch noch bald.«

Es sagt der Erzähler, daß die alte Dsat Dawahi zu ihrem Sohn, dem König Hardub, also weiter gesprochen: »Ich weiß, daß Omar sehr die Vergnügungen der Welt liebt, er hat dreihundertundsechzig Mädchen, und nun noch hundert dazu von der Umgebung deiner seligen Tochter; wenn daher die Jungfrauen gehörig unterrichtet sein werden, so reise ich mit ihnen zu ihm.« Der König küßte seine Mutter vor Freude über ihren Rat und schickte sogleich Leute aus, um muselmännische Gelehrte zu werben. Als sie ankamen, überhäufte er sie mit Geschenken und versprach ihnen reichen Lohn, wenn sie die Jungfrauen unterrichten wollten, die er ihnen vorstellte, und die Gelehrten erboten sich, ganz nach seinem Wunsch zu handeln. —

Omar war sehr betrübt, als er von der Jagd zurückkam und Ibris nirgends zu finden war; er konnte nicht begreifen, wie sie aus dem Schloß entkommen konnte, ohne daß jemand sie bemerkt habe, und beschloß, daß, wenn er in Zukunft wieder auf die Jagd gebe, er die Türen durch vertraute Leute bewachen lassen werde, da sonst sein ganzes Reich zugrunde gehen könnte. Bald nachher kam auch Scharkan von seinen Kriegszügen zurück, und als sein Vater ihm erzählte, daß Ibris heimlich entflohen, war auch er sehr betrübt darüber. Scharkan grämte sich ohnehin schon, weil sein Vater seine Geschwister so zärtlich liebte und durch die gelehrtesten Männer erziehen ließ, er suchte zwar seinen Groll zu verbergen, aber sein entstelltes Aussehen verriet ihn. Eines Tages fragte ihn sein Vater, warum er so übel aussehe? Er antwortete: »So oft ich sehe, daß du meinen Geschwistern Liebe und Aufmerksamkeit erweisest, tut es meinem Herzen weh, ich fürchte, mein Neid möchte so stark werden, daß ich sie umbringe, und dann würdest du auch mich um ihretwillen töten; ich bitte dich daher, mir irgend eine Festung zu schenken, in der ich fern von hier lebe; denn ein Sprichwort sagt: Was das Aug‘ nicht sieht, betrübt das Herz nicht.« Als Omar aus diesen Worten den heftigen Neid seines Sohnes erkannte, sagte er ihm: »Mein Sohn! ich will deinen Wunsch erfüllen und dich zum Statthalter von Damaskus ernennen, der größten Stadt in meinem Reich.« Er sandte sogleich einen Eilboten dahin, um Scharkan anzukündigen, und ließ die gehörigen Bevollmächtigungsschreiben ausfertigen; Scharkan machte die nötigen Vorbereitungen zur Reise, ebenso Dendan, der ihn als Vezier begleiten sollte. Nachdem alles zur Reise bereit war, empfahl Omar seinem Sohn, mit Milde und Gerechtigkeit zu regieren, dann nahmen er und alle Vornehmen des Reichs Abschied von ihm, und Scharkan machte sich mit seinen Truppen auf den Weg nach Damaskus, wo bei seiner Ankunft Trompeten und Pauken vor ihm her erklangen und alle Straßen der Stadt festlich geschmückt waren.

Bald nach Scharkans Abreise kamen die gelehrten Erzieher Dhul Makans und Nushat Assamans zu ihrem Vater und sagten ihm: »Herr! deine Kinder sind in jeder Wissenschaft vollkommen ausgebildet.« Omar belohnte die Lehrer reichlich und entließ sie. – Dhul Makan hatte ein Alter von vierzehn Jahren, er war sehr fromm, beschäftigte sich viel mit dem Koran und anderen religiösen Büchern, liebte die Gelehrten und Armen, und war deshalb bei allen Bewohnern Bagdads, Männern und Frauen, sehr beliebt. Einst, als die Karawane der Pilgerfahrt abreiste, bat er seinen Vater, ihn auch wallfahren zu lassen, aber Omar erlaubte es nicht und sagte: »Warte bis zum nächsten Jahr, da pilgern wir miteinander.« Da aber Dhul Makan sehr ungeduldig war, ging er zu seiner Schwester, welche gerade betete, und sagte zu ihr, nachdem sie ihr Gebet vollendet hatte: »Ich sterbe vor Sehnsucht nach dem heiligen Haus Gottes und dem Grab des Propheten, und da mein Vater mir nicht erlauben will, zu pilgern, so werde ich etwas Geld zu mir nehmen und diese Nacht heimlich der Pilgerkarawane nachreisen.« Nushat Assaman erwiderte: »Ich beschwöre dich bei Gott! nimm mich mit dir, ich will auch das Grab des Propheten besuchen.« Dhul Makan willigte ein und sagte: »Verlasse dein Zimmer um Mitternacht, ohne jemandem etwas davon zu sagen.« Nushat Assaman nahm einiges Geld zu sich, kleidete sich als Mann und wartete vor der Tür des Schlosses, bis Dhul Makan geritten kam und sie zu sich nahm. Sie mischten sich dann in der Nacht unter die Karawane und Gott ließ sie glücklich nach Mekka gelangen. Sie hielten sich in Arafa auf und erfüllten dort die Pflichten des Pilgers, dann besuchten sie das Grab des Propheten. Als hernach die Karawane wieder in die Heimat zurückkehrte, sagte Dhul Makan zu seiner Schwester: »Bei Gott! ich habe im Sinn, das heilige Jerusalem und das Grab des geliebten Abraham auch zu besuchen.« Nushat Assaman erklärte sich bereit, ihm zu folgen, und so gesellten sie sich zur Karawane von Syrien. Aber in der Nacht erkältete sich Dhul Makan und wurde so krank, daß Nushat Assaman, obschon selbst leidend, einzig mit seiner Pflege beschäftigt war. Indessen setzten sie doch ihre Reise nach Jerusalem fort und mieteten eine Wohnung in einem Chan; aber Dhul Makans Krankheit nahm immer zu, obschon seine Schwester ihn sorgfältig pflegte und all ihr Geld für ihn ausgab. – Als Nushat Assaman kein Geld mehr hatte, gab sie dem Diener des Chans einige ihrer Effekten zu verkaufen, und fuhr so fort, bis ihr nur noch eine zerrissene Matte blieb; dann rief sie aus: »Nun stehe Gott uns bei!« In diesem Augenblick sagte Dhul Makan: »Ich fühle mich besser und habe Lust, gebratenes Fleisch zu essen.« Sie mußte ihm nun gestehen, daß sie nichts mehr habe und sich nicht entschließen könne, zu betteln; »aber weißt du«, fuhr sie fort, »ich will morgen bei irgend einem vornehmen Mann Dienst nehmen; es fällt mir zwar schwer, mich von dir zu trennen, doch muß ich das tun, um uns zu ernähren.« Dhul Makan erwiderte: »Sollst du nach einer solchen Herrlichkeit so tief sinken? Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer bei Gott, dem Erhabenen!« Sie weinten lange miteinander, dann sagte Nushat Assaman: »Wir sind hier fremd und leben schon ein Jahr, ohne daß jemand an unsere Tür geklopft, wir müssen vor Hunger sterben, wenn ich nicht diene, bis du gesund wirst und wir in unsere Heimat zurückreisen können.« Sie stand dann auf, bedeckte ihr Haupt mit einem Lumpen, den der Kameltreiber bei ihnen vergessen hatte, küßte und umarmte ihren Bruder, und ging weg, ohne zu wissen, wohin. Es wurde Nacht, ihr Bruder erwartete sie, aber sie kam nicht, auch des Morgens ließ sie sich nicht sehen; nachdem nun Dhul Makan vergebens zwei Tage gewartet und den schrecklichsten Hunger gelitten hatte, rief er dem Jungen des Chans und bat, ihn, er möchte ihn auf die Straße tragen; der Junge trug ihn hinaus, und als die Bewohner Jerusalems ihn in einem so erbärmlichen Zustand sahen, versammelten sie sich um ihn und weinten.

 

Dhul Makan gab den Bewohnern Jerusalems durch Zeichen zu verstehen, sie möchten ihm etwas zu essen bringen; man sammelte Geld für ihn, kaufte einige Speisen und gab sie ihm zu essen. Dann legte man ihn vor einem Laden auf einen Teppich und stellte ihm einen Wasserkrug zu Häupten. Gegen Mitternacht grämte er sich aber so sehr über den Verlust seiner Schwester, daß er wieder ohnmächtig wurde; da sammelten die Leute, die ihn alle bedauerten, dreißig Silberdrachmen für ihn, mieteten ein Kamel und ließen ihn ins Spital nach Damaskus bringen. Aber der Kameltreiber, der nur wenig Lohn erhielt, dachte: wie soll ich mit diesem Menschen reisen, der dem Tod ganz nahe ist? Er verbarg sich daher bis Nacht, und warf ihn auf einen Misthaufen in der Nähe eines Badofens. Als morgens der Badheizer das Bad wärmte, sah er Dhul Makan auf dem Rücken liegen und dachte: Warum mußten sie diese Leiche gerade hierher werfen? Er trat ihn dann mit den Füßen weg. Da aber Dhul Makan Lebenszeichen von sich gab, sagte ihm der Badherr: »Ihr Leute esset so viel Haschisch, bis ihr nicht mehr wisset, wo ihr euch hinlegt;« als er ihm aber ins Gesicht sah und einen jungen, bartlosen, hübschen Mann fand, bemitleidete er ihn und dachte: Dieser Jüngling scheint hier fremd und krank zu sein; bei Gott! ich will mich nicht an ihm versündigen. Der Prophet hat uns befohlen, Fremde zu ehren: dieser verdient es noch mehr, da er krank ist. Er trug ihn hierauf in sein Haus, brachte ihn seiner Frau, befahl ihr, ihn zu bedienen und ein Bett für ihn zurechtzulegen. Die Frau räumte ihm ein Zimmer mit Teppich und Kissen ein, wärmte Wasser und wusch ihm Hände, Füße und Gesicht. Der Mann kaufte dann etwas Rosenwasser und bespritzte Dhul Makans Gesicht damit, auch reichte er ihm süße Getränke und ein reines Hemd. Als Dhul Makan zu sich kam und sich auf das Kissen lehnte, freute sich der Badheizer sehr, dankte Gott, und betete, daß es ihm gelingen möchte, diesen Jüngling durch seine Pflege wieder ganz herzustellen. – Drei Tage lang gab der Badheizer Dhul Makan Rosenwasser und andere kühlende Getränke zu trinken, bis er sich wieder besser befand; dann ging er auf den Markt, kaufte zehn Hühner, gab sie seiner Frau und sagte ihr: »Koche jeden Tag zwei davon, eins zum Mittag— und das andere zum Abendessen.« Die Frau tat dies und gab Dhul Makan die Suppe davon zu trinken und das Fleisch zu essen; dann reichte sie ihm Wasser zum Waschen, legte ihm wieder seine Kissen zurecht, deckte ihn mit einem Tuch zu und blieb bei ihm sitzen, bis er einschlief. Nachmittags kochte sie ihm das zweite Huhn und brachte es ihm. Während er aß, kam ihr Mann herein und freute sich, Dhul Makan wieder gestärkt zu finden. Der Badheizer, der täglich fünf Drachmen verdiente, gab nun einen ganzen Monat lang jeden Tag vier Drachmen für Hühner und Getränke aus. Nach einem Monat, als Dhul Makan ganz hergestellt war, fragte ihn der Badheizer, ob er mit ihm ins Bad wolle? »Recht gern«, antwortete Dhul Makan. Da holte der Badheizer einen Esel und ließ Dhul Makan darauf ins Bad reiten, und kaufte auch allerlei Seife. Sie entkleideten sich im ersten Zimmer, gingen dann ins zweite und der Badheizer rieb Dhul Makan die Füße und wusch ihn am ganzen Körper mit Seife. Dann kam der Baddiener, welchen der Herr des Bades geschickt hatte, um Dhul Makan zu waschen, und als er sah, daß der Badheizer ihm die Füße rieb, sagte er: das ist ein Eingriff in die Rechte des Herrn. Der Badheizer erwiderte: der Herr überhäuft uns mit Wohltaten. Der Diener aber rasierte Dhul Makan den Kopf. Der Badheizer gab ihm dann eins von seinen Hemden, ein Kleid, einen Gürtel und eine Kopfbinde, führte ihn nach Hause, wo ihm seine Frau wieder Hühner kochte, die er ihm zu essen gab, während er ihn die Brühe nebst anderen süßen Getränken trinken ließ.

Als Dhul Makan nun dem Badheizer für seine Pflege danken wollte, sagte ihm dieser: »Laß dies! erzähle mir lieber, woher du bist und wie du hierhergekommen, denn ich sehe wohl, daß du von guter Familie sein mußt.« Dhul Makan erwiderte: »Erzähle du mir erst, wo du mich gefunden, dann sollst du meine Geschichte hören.« Der Badheizer sagte: »Ich habe dich krank auf dem Mist liegen sehen, als ich eines Morgens das Bad heizen wollte, mehr weiß ich nicht.« Da rief Dhul Makan: »Gepriesen sei Gott, der tote Gebeine wieder belebt; du hast gewiß deine Wohltaten keinem Unwürdigen erwiesen, du sollst die Früchte davon ernten.« Er fragte dann, in welcher Stadt er sich befinde? und als der Badheizer ihm Jerusalem nannte, fiel ihm wieder seine Verlassenheit und seine verlorene Schwester ein. Er erzählte dem Badheizer hierauf seine ganze Geschichte, weinte und sprach folgende Verse:

»Ich habe über meine Kräfte zu tragen, darum kann man mich schon zu den Sterbenden zählen; habt Mitleid mit meinem Herzen, denn selbst Schadenfrohe bedauern mich seit eurer Trennung, geizt nicht mit einem freundlichen Blick auf mich, der meinen Zustand mildere. Ich habe mein Herz zur Geduld ermahnt, aber es hat mir erwidert: das ist gegen meine Gewohnheit.«

Dhul Makan fragte dann den Badheizer: »Wie weit ist es von hier nach Damaskus?« – »Sechs Tagreisen.« – »Willst du mich wohl dahin schicken?« – »Du bist noch zu jung, um diese Reise allein zu machen, ich werde dich dahin begleiten und meine Frau fragen, ob sie mitreisen will; tut sie dies, so bleiben wir dort beisammen, denn ich kann mich nicht mehr von dir trennen.« Der Badheizer begab sich sogleich zu seiner Frau und fragte sie, ob sie hierbleiben und ihn zurückerwarten, oder ob sie mit ihm nach Damaskus reisen wolle? und da sie letzteres vorzog, wurden die Anstalten zu einer gänzlichen Auswanderung getroffen. – Sie verkauften ihre Mobilien, kauften ein Kamel zu dem Esel, den sie schon hatten, versahen sich mit Proviant und machten sich auf den Weg nach Damaskus. Sie kamen am sechsten Tag vor Sonnenuntergang daselbst an und lebten fünf Tag in einem Chan; da wurde die Frau des Badheizers plötzlich krank und starb am folgenden Tage. Dies betrübte Dhul Makan ebenso sehr, als ihren Mann, weil sie ihn sehr sorgsam gepflegt hatte; doch tröstete er den Badheizer und sagte ihm: »Gräme dich nicht zu sehr, wir müssen ja alle durch dieses Tor wandern.« Nach einigen Tagen, als sie miteinander ausgingen, um sich ein wenig zu zerstreuen, sahen sie vor den Ställen des Statthalters Kamele mit Kisten voller Seidenstoffe beladen, denen viele gesattelte edle Pferde, Sklaven und Mamelucken folgten, und um die sich viele Leute neugierig drängten. Dhul Makan fragte einen Diener, wem dies alles gehöre? Der Diener antwortete: »Es sind Geschenke des Statthalters und der Tribut, den die Stadt Damaskus dem König Omar entrichtet.« Als Dhul Makan dies hörte, schwammen seine Augen in Tränen und er rezitierte folgende Verse:

»Sind sie auch aus meinen Augen gewichen, so bleiben sie doch in meinem Herzen fest; ich sehe ihre Reise nicht mehr, doch hat sich meine Sehnsucht nicht in mir geändert, vereint uns Gott wieder, so will ich eine lange Geschichte von meinem Liebesschmerz erzählen.«

Bei der Erinnerung an seine Heimat schrie und jammerte er dann so heftig, daß der Badheizer ihn bat, seine erst wieder gefundene Gesundheit zu schonen; aber er klagte immer über den Verlust seiner Schwester und seine Entfernung von der Heimat. – Nach langem Weinen rief er endlich: »Ich kann unmöglich hier bleiben, ich bin entschlossen, diesen Leuten in meine Heimat zu folgen.« Der Badheizer sagte: »Ich folge dir, denn ich kann mich nicht von dir trennen, ich habe nun einmal begonnen, dir zu dienen, ich will fortfahren, bis ans Ende.« Dhul Makan freute sich und dankte dem Badheizer, der sogleich sein Kamel verkaufte und einen Esel dafür eintauschte, und abends reisten sie miteinander ab. – Was aber Dhul Makans Schwester, Nushat Assaman, angeht, so begegnete sie, als sie weinend ihren Bruder verlassen hatte und, um einen Dienst zu suchen, auf die Straße gegangen war, einem Beduinen, dem sie so wohl gefiel, daß derselbe danach trachtete, sie sich anzueignen, sie möge aus Jerusalem oder eine Fremde sein. Er stellte sich ihr daher in einer engen Straße in den Weg und fragte sie, ob sie eine Freie oder eine Sklavin sei? Sie blickte ihn starr an und beschwor ihn, durch eine solche Frage ihren Gram nicht zu vermehren. Da sagte der Beduine: »Wisse, Gott hat mir sechs Töchter geschenkt, es sind aber fünf davon gestorben, nur die jüngste lebt noch; ich wollte dich darum fragen, ob du ein hiesiges Mädchen oder ein fremdes bist, und als meiner Tochter Gesellschafterin mit mir kommen willst? Wenn du keine Verwandten hast, so will ich dich wie eine Tochter betrachten.« Nushat Assaman, welche hier eine sichere Stelle zu erlangen hoffte, erwiderte: »Wisse, mein Herr, ich bin eine Araberin und habe hier einen kranken Bruder; gerne folge ich dir, aber unter der Bedingung, daß ich den Tag bei deiner Tochter zubringe, die Nacht aber bei meinem Bruder.« Als der Beduine diese Worte hörte, dachte er: bei Gott! ich komme bald ans Ziel, und sagte ihr: »Du wirst bei mir sehr gut gehalten werden, ich will dich nicht als Dienerin, sondern als Gesellschafterin meiner Tochter; du kannst jeden Abend zu deinem Bruder gehen oder, wenn du willst, ihn zu uns bringen lassen.« Er sagte ihr dann noch so viele süße Worte, bis sie sich entschloß, ihm zu folgen. Der Beduine schickte hierauf seine Leute voraus, um ihre Dromedare mit Lebensmitteln zu beladen und sich ganz reisefertig zu machen. Dieser Beduine war nämlich ein Satan, ein Teufelskind, ein Straßenräuber, der weder eine Tochter, noch sonst Familie hatte; er führte Nushat Assaman bis an das Tor der Stadt, wo seine Leute mit den Dromedaren ihn erwarteten; hier bestieg er ein Dromedar, nahm das Mädchen zu sich und ritt davon, ohne die ganze Nacht stillzuhalten. Nushat Assaman sah bald den Verrat ein, sie weinte die ganze Nacht, aber der Beduine ritt immer fort, bis er im Gebirge war, wo er nichts zu fürchten hatte. Da stieg er ab und sagte zu Nushat Assaman: »Was weinst du immerfort? Bei Gott! wenn du nicht aufhörst, so schlage ich dich, bis du liegen bleibst, du elender Wurm!« Nushat Assaman wünschte sich den Tod, als sie diese Worte hörte, und rief: »Du verruchter Alter, du Höllengreis! ich vertraute dir meine Person an und du verrätst mich? Ist das bei den Arabern Sitte?« Der Beduine wurde aufgebracht und schrie sie an: »Wie? du wagst es, mir zu antworten?« Er holte dann eine Peitsche herbei und schlug sie, bis sie still war.

Am folgenden Tag erinnerte sich Nushat Assaman wieder ihres Bruders und sagte dem Beduinen: »Du verdammter Alter! was willst du von mir, daß du mich durch List in dieses öde Gebirge geschleppt?« Der hartherzige Beduine schlug sie wieder, bis sie bewußtlos ihm zu Füßen stürzte und sie küßte; dann sagte er: »Bei Gott! wenn du noch einmal weinst, schneide ich dir die Zunge ab und stoße sie dir in den Rachen.« Nushat Assaman schwieg eine Weile, dachte über ihre traurige Lage nach und sprach folgende Verse:

»Das Schicksal ist veränderlich, es bringt bald Freude, bald Leid; alles vergeht, wenn es auch noch solange dauert, so wie dem Dasein des Menschen selbst auch ein Ziel gesetzt wurde. Aber wehe mir! wie lange muß ich noch solche Gewalt und solche Schrecken ertragen; einst wurde ich von Königen verzärtelt, und nun werde ich von den gemeinsten Menschen geschlagen.«

Als der Beduine diese Verse hörte, wurde er gerührt und sagte ihr: »Höre, ich habe nicht gerne, wenn man mir im Zorn antwortet, tu das nicht mehr, dann verkaufe ich dich einem gottesfürchtigen Mann, der dich gut behandeln wird.« Er wischte ihr dann die Tränen ab und gab ihr ein Laibchen Gerstenbrot, das sie in der Nacht verzehrte. Um Mitternacht erteilte der Beduine wieder den Befehl zum Aufbruch. – Nach einer dreitägigen Reise kamen sie nach Damaskus und stiegen in einem Chan ab. Nushat Assaman sah sehr übel aus und weinte immerwährend. Da sagte ihr der Beduine: »Wenn du nicht aufhörst zu weinen, so verkaufe ich dich einem Juden oder einem Christen, dann wirst du erst einsehen, wie wohl es dir bei mir erging.« Er nahm sie dann bei der Hand und ging mit ihr auf den Bazar der Abendländer. Er begab sich hierauf zu einigen Sklavenhändlern und erzählte, daß er eine Sklavin habe, deren kranker Bruder in Jerusalem zurückbleiben mußte, worüber sie sich sehr gräme, er wolle sie daher wohlfeil hergeben. Da fragte ihn ein Kaufmann: »Wie alt ist sie denn?« Der Beduine antwortete: »Sie ist noch Jungfrau, ist sehr schön, verständig und gebildet; nur sieht sie jetzt mager und übel aus, weil sie immer an ihren Bruder denkt.« Der Kaufmann folgte dem Beduinen, um die Sklavin zu sehen und mit ihr zum Statthalter Scharkan, dem Sohn Omars, zu gehen, von dem er einen Freibrief und ein Empfehlungsschreiben an seinen Vater wünschte; »gefällt ihm die Sklavin«, sagte er zum Beduinen, »und will er sie zum Geschenk annehmen und mir meine Bitte gewähren, so bezahle ich dir ihren Wert, wo nicht, so mußt du sie zurücknehmen.« Der Beduine sagte: »In Gottes Namen; ich nehme diese Bedingung an«, und führte den Kaufmann ins Zimmer, wo die Sklavin war. Er rief sie: »Radjia!« denn diesen Namen hatte er ihr gegeben – sie aber weinte und gab keine Antwort. Der Beduine sagte dann dem Kaufmann: »Dort sitzt sie, nähere dich ihr und sage ihr einige freundliche Worte.« Der Kaufmann ging mit freundlichem Gesicht auf sie zu und sagte: »Friede sei mit dir! wie geht es dir, meine Tochter?« Sie rief: »Es gibt keinen Gott, außer Gott! es war so über mich verhängt.« Als sie aber den Kaufmann anblickte und einen schönen, ehrwürdigen Mann vor sich sah, dachte sie: der will mich gewiß kaufen, weigere ich mich, so bleibe ich, Gott behüte! bei meinem Tyrannen, der mich noch totschlägt; ich will ihm daher freundlich antworten, um ihm zu gefallen.

 

Nushat Assaman sagte daher mit süßer Stimme, den Kopf zur Erde gebeugt: »Gottes Segen und Barmherzigkeit sei mit dir! es geht mir so, daß man einen solchen Zustand nur Feinden wünschen mag.« Der Kaufmann war vor Freude außer sich, als er diese Worte hörte, und sagte zum Beduinen: »Es ist ein recht vornehmes Mädchen; wie teuer ist sie?« Der Beduine wurde zornig und sagte: »Du verdirbst meine Sklavin, du nennst dieses Stück Lumpen ein vornehmes Mädchen? ich verkaufe sie dir gar nicht.« Der Kaufmann, der den Beduinen für wahnsinnig hielt, sagte: »Sei nur ruhig, ich will sie, trotz ihrer Fehler, kaufen.« Da fragte der Beduine: »Nun, was gibst du mir für sie?« – »Jeder Vater gibt seinem Kind einen Namen – fordere du, was du für deine Ware willst.« – »Biete du, was du geben willst.« Der Kaufmann dachte bei sich: Es scheint, der Beduine ist nicht recht bei Sinnen; bei Gott! sie ist für mich unschätzbar, sie spricht so gut und ist so hübsch, daß sie mein Herz gewonnen hat; wenn sie dazu noch lesen und schreiben kann, so ist sie vollkommen; der Beduine scheint ihren Wert nicht zu kennen. Er wandte sich dann zum Beduinen und bot ihm zweihundert Silberdrachmen. Der Beduine stellte sich aufgebracht und sagte: »Bei Gott! du kannst gehen, ich verkaufe dir nicht einmal das Stück Tuch, das sie bedeckt, für zweihundert Drachmen; lieber behalte ich sie und lasse sie mit Kamelen auf die Weide gehen und die Mühle herumdrehen; ich hielt dich für einen verständigen Mann, nun sehe ich, daß du dumm bist; drum geh, sonst mußt du noch manches Unangenehme hören.« Der Kaufmann dachte: der ist närrisch, ich will jetzt vom Preis schweigen; doch, wenn er wollte, ich gäbe ihm gern alles, was ich besitze. Er fragte dann: »Was hat sie für Kleidungsstücke bei dir?« – »Bei Gott! das Stück Tuch, in das sie eingehüllt ist, ist noch zu viel für sie.« – »Entschleiere einmal ihr Gesicht und zeige mir sie, wie es bei Sklavinnen üblich ist.« – »Du kannst sie untersuchen, solange du willst.« – »Bewahre Gott! ich will nur ihr Gesicht sehen, das genügt mir schon.« – Der Kaufmann setzte sich ganz schüchtern neben sie und fragte sie: »Wie heißt du?« – »Willst du meinen früheren oder meinen jetzigen Namen wissen?« – »Hast du denn zwei Namen?« – »Einst hieß ich Nushat Assaman (Zeitlust), jetzt aber Ghusat Assaman (Zeitleid).« Der Kaufmann, den diese Worte zu Tränen rührten, fragte sie dann, ob sie einen kranken Bruder habe? Sie antwortete: »Wohl, mein Herr! das Schicksal hat uns getrennt, er ist in Jerusalem.« Als hierauf die Erinnerung an ihren Bruder ihren Augen wieder viele Tränen entlockte, streckte der Kaufmann die Hand nach ihrem Gesicht aus, um dieselben abzutrocknen; sie aber bedeckte ihr Gesicht und sagte.»Hüte dich, mich zu berühren, mein Herr!« Der Beduine, der dies sah und glaubte, sie wolle sich nicht von ihm untersuchen lassen, fiel mit der Kamelpeitsche, die er in der Hand hatte, über sie her und schlug sie, bis sie zu Boden stürzte, aus Mund und Nase blutete und ohnmächtig wurde. Der Kaufmann, den dieser Auftritt tief ergriff, dachte bei sich: Bei Gott! ich will diese Sklavin kaufen, wenn ich sie auch mit Gold aufwiegen müßte, um ihr von diesem Tyrannen Ruhe zu schaffen.« Als sie wieder zu sich kam, wischte sie ihre Tränen und ihr Blut mit einem Lumpen ab, hob ihr Auge gen Himmel und sagte weinend und mit trauriger Stimme folgende Verse:

»O habt Mitleid mit der Edlen, die durch Gewalt so erniedrigt worden, die viele Tränen vergießt und denkt: wann wird diese Pein enden?«

Sie sagte dann leise zum Kaufmann: »Ich beschwöre dich bei Gott! laß mich nicht bei diesem gottlosen Übeltäter, lieber wollte ich mich umbringen, als nur noch eine Nacht bei ihm zubringen; kaufe mich für jeden Preis und befreie mich! Gott wird dich auch von der Pein der Hölle befreien.« Der Kaufmann sagte zum Beduinen: »Mißhandle diese Sklavin nicht so; sag mir, was du für sie willst!« – »Biete nur recht viel, dann kannst du sie haben; wo nicht, so geh deines Weges, ich behalte sie, daß sie Mist trage und die Kamele auf die Weide führe.« – »Nun, so höre ein einziges Wort: ich gebe dir fünfzigtausend Dinare.« – »Gott heißt dich noch mehr bieten.« – »Nun, siebzigtausend.« – »Bei Gott! du und deine ganze Familie, ihr habt in eurem ganzen Leben nicht für tausend Dinare Brot gegessen; doch, nun höre mein letztes Wort: ich gebe dir hunderttausend Dinare, bist du nicht zufrieden, so werde ich dem Statthalter von Damaskus einen Wink geben und er wird sie für nichts mit Gewalt nehmen.« Der Beduine willigte ein und sagte: »Nun werde ich dafür Salz kaufen.« Sobald der Kaufmann ihm aber das Geld brachte, machte er sich damit sogleich auf den Weg nach Jerusalem, denn er hoffte auch ihren Bruder zu täuschen und als Sklaven zu verkaufen. – Der Kaufmann bedeckte Nushat Assaman mit einem Tuch, führte sie in sein Haus und ließ ihr sehr kostbare Kleider zuschneiden. Nach einigen Tagen ging er mit ihr auf den Bazar und kaufte ihr einen schönen goldenen Schmuck, legte ihn in ein Kästchen mit Atlas überzogen, und sagte ihr: »Ich schenke dir, was du willst, nur bitte ich dich, wenn ich dich dem Statthalter von Damaskus vorstelle, sage ihm, wie teuer ich dich gekauft; es ist freilich wenig, denn der Abschnitt deines Nagels ist mehr wert, aber immerhin habe ich doch eine schöne Summe für dich gegeben; sage ihm auch, wie ich dich behandelt habe, und bitte ihn, daß er mir einen Empfehlungsbrief an seinen Vater Omar gebe, damit ich gar keinen Zoll von meinen Waren zu bezahlen habe.« – Als Nushat Assaman dies hörte, weinte sie. Da sagte der Kaufmann: »Ich merke, daß du weinst, so oft ich von Bagdad spreche: kennst du etwa jemanden daselbst? Sage mir es, bei Gott! denn ich kenne dort alle Kaufleute.« – »Mein Bekannter ist weder ein Kaufmann, noch sonst ein Privatmann; ich kenne den König Omar, den Herrn von Bagdad.« Der Kaufmann, der außer sich vor Freude war und schon seinen Zweck erreicht zu haben glaubte, fragte sie: »Hast du etwa bei ihm früher gedient?« – »Nein«, erwiderte Nushat Assaman, »sondern ich bin mit seiner Tochter erzogen worden, und ich war ihm sehr teuer; wenn du also von Omar einen Freibrief begehrst, so bringe mir nur Tinte und Papier, ich gebe dir auch ein Briefchen an ihn; sage ihm nur, Nushat Assaman sei vom Schicksal heimgesucht und als Sklavin verkauft worden, und befinde sich jetzt beim Statthalter von Damaskus.«