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Tausend Und Eine Nacht

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Dann fragte ihn die Christin, ob er das Schachspiel verstehe? und als er ihre Frage bejahte, holte sie ein Schachspiel herbei und spielte mit ihm. So oft aber Scharkan ihr Gesicht sah, war er so verwirrt, daß er den Ritter an die Stelle des Turms und den Turm an die Stelle des Ritters setzte. Sie lachte über sein Spiel und sagte: »Wenn du nicht besser spielst, so verstehst du nichts.« Scharkan erwiderte: »Die erste Partie zählt nicht.« Sie spielten hierauf eine zweite, eine dritte, vierte und fünfte, die Scharkan wieder verlor. Da sagte sie: »Du wirst allenthalben geschlagen.« Scharkan versetzte lächelnd: »Wer kann dir widerstehen?« Sie ließ dann wieder Speisen und Wein bringen, dann spielte sie Harfe, worin sie Meisterin war und so wurde auch dieser Tag, schöner noch, als die früheren, zugebracht. Abends ging sie in ihr Bett und Scharkan schlief allein auf den Teppichen, bis er des Morgens wieder geholt wurde. Sie nahm die Harfe und sang:

»Führe keine Trennung herbei, sie schmeckt bitter, selbst die Sonne erblaßt beim Untergang vor Trennungsschmerz.«

Als er wieder vergnügt neben der Christin saß, hörte er auf einmal Lärm und ein Herbeidrängen von Männern, und siehe da, die Mönche traten mit gezogenem Schwert herein und sagten in griechischer Sprache: »So bist du, Scharkan, endlich in unsere Hand gefallen, zweifle nur nicht mehr an deinem Tod!« Als Scharkan dies hörte, dachte er: Die Christin hat mich durch List solange aufgehalten, bis die Männer heimgekehrt, und so habe ich mich selbst in den Abgrund gestürzt. Als er aber einen Blick auf sie warf und ihr Vorwürfe machen wollte, sah er, wie sie ganz blaß geworden, dann aufstand und die Männer fragte: »Wer seid ihr?« Der oberste Patriarch antwortete: »O edle Prinzessin, einzige Perle! weißt du nicht, wer hier bei dir ist?« Sie sagte: »Nun, wer ist‘s denn?« Er erwiderte: »Es ist der beste Ritter, der größte Länderverwüster; es ist Scharkan, der Sohn des Königs Omar; er ist‘s, der so viel Schlösser erobert und so viele Festungen erstürmt. Die alte Frau Dsat Dawahi hat unserm Herrn, deinem Vater, dem König Hardub, die Nachricht gebracht, und so hast du die griechische Armee von diesem reißenden Löwen befreit.« Als sie diese Worte vernahm, fragte sie ihn: »Wie heißt du?« – »Mein Name ist Masur, ich bin der Oberste der Patriarchen.« – »Wie wagtest du es, unangemeldet vor mir zu erscheinen?« – »Als ich an die Tür kam, hielt mich kein Pförtner und kein Kammerherr auf, sondern alle standen vor mir auf und begleiteten mich; auch ist es gar nicht Sitte, daß ein Bote deines Vaters an der Tür warte, bis du ihm den Eintritt gestattest; übrigens ist es jetzt keine Zeit, darüber viel zu reden, dein Vater erwartet uns mit diesem Prinzen, der feuersprühenden Kohle der muselmännischen Armeen; er will ihn töten, dann wird es ihm leicht, seine Armee heimzuschicken.« – »Was du hier sagst, ist gar nicht schön; die Alte hat gelogen oder nicht gewußt, was sie gesagt; bei dem Messias! Scharkan ist nicht bei mir. Dieser Mann hier hat meine Gastfreundschaft in Anspruch genommen, die ich ihm auch gewährt, ohne zu wissen, wer er sei; nun steht er als Gast unter meinem Schutz, selbst wenn er Scharkan wäre, und ihr werdet mich wohl durch ihn nicht zuschanden machen. Geh nur zum König zurück, verbeuge dich vor ihm und sage ihm, Die Frau Dsat Dawahi habe gelogen.« – »Ich kann nicht, o Prinzessin, ohne meinen Auftrag vollbracht zu haben, zurückkehren.« – »Wehe dir! bring meinem Vater nur meine Antwort und es trifft dich kein Tadel.«

Als der Oberste der Patriarchen aber noch immer darauf bestand, nicht ohne ihren Gast heimkehren zu können, fuhr die Prinzessin fort: »Ich sage dir, als der Fremde hereintrat, zeigte er so viel Selbstvertrauen, daß er es gewiß mit hundert bewaffneten Reitern aufzunehmen wagt; er wird es gar nicht leugnen, wenn er Scharkan ist, wird aber auch euch allen das Leben nehmen, denn er hat sein Schwert und seinen Bogen bei sich.« Der Patriarch sagte: »Ich kann mich dem Zorn deines Vaters nicht aussetzen; frage ihn nach seinem Namen, und ist er Scharkan, so gebe ich diesen Leuten ein Zeichen, sie fallen über ihn her und führen ihn gefangen zu deinem Vater.« – »So unedel darf nicht gehandelt werden, er ist nur allein, und ihr seid viele. Wenn ihr wollt, so fordert ihr ihn, einer nach dem andern, heraus, der König wird dann sehen, wer von euch der Wackerste ist.« Der Patriarch antwortete: »Bei dem Messias! du hast recht; es sei, wie du gesagt und ich will der erste sein, der mit ihm kämpfe.« – »Gut, ich will es ihm sagen; wenn er es jedoch ausschlägt, so dürft ihr ihm nichts zuleid tun, ich und alle meine Mädchen sterben lieber für ihn.« Sie erzählte dann Scharkan, was sich zugetragen; dieser sah wohl ein, daß er nicht von der Prinzessin verraten worden, sondern daß der König ohne ihr Hinzutun von ihm Kunde erhalten. Er bereute es, sich in dieses Land gewagt zu haben, als er aber hörte, daß hier von keiner Gewalt die Rede sei, sondern daß er mit einem nach dem anderen sich schlagen dürfe, trat er dem Patriarchen mit dem Schwert entgegen, sprang wie ein Löwe über ihn her und durchbohrte ihn. Als die Prinzessin dies sah, stieg Scharkan in ihrem Ansehen, und sie merkte wohl, daß wirklich ihre Reize, und nicht ihre Kraft, ihn überwunden. Sie sagte dann den übrigen Griechen: »O ihr Diener des Messias, rächt euern Obersten!« Der Bruder des Getöteten trat hervor, und obschon er ein mächtiger Ritter war, durchstach ihn doch Scharkan ohne Mühe. Die Prinzessin trieb nun die übrigen zur Rache an, und einer nach dem anderen focht mit Scharkan, der gleichsam spielend fünfzig Mann tötete. Nun wurden die übrigen so ängstlich, daß es keiner mehr wagte, Scharkan allein herauszufordern, sondern sie fielen in Masse über ihn her; er aber war unerschrocken und zermalmte sie wie ein Felsen. Die Prinzessin, welche, sobald sich Scharkan in Gefahr sah, sich schnell bepanzert und ein Schwerte ergriffen hatte, um ihm beizustehen, fand, als sie in den Saal zurückkam, schon achtzig Feinde erschlagen auf dem Boden umherliegen, und zwanzig hatten die Flucht ergriffen. Sie sah Scharkan mit Bewunderung an, wie er als Sieger das Blut von seinem Schwerte abwusch, und sagte ihm: »Auf dich dürfen alle Ritter stolz sein.« Er rezitierte dann folgende Verse:

»Wie manche Schar hat mich überfallen, deren Häupter ich den wilden Tieren als Speise zurückgelassen, fraget das Schlachtfeld nach mir, ihr findet die Löwen der Menschheit auf den Boden hingestreckt.«

Dann fragte sie, ob noch Männer im Schloß wären? und als man ihr antwortete: »Nur noch zwei Pförtner«, ließ sie sie vor sich führen und fragte sie: »Warum habt ihr ohne meine Erlaubnis die fremden Männer zu mir hereingelassen? Ihr habt meine Schande gewollt und den Tod meines Gastes.« Sie antworteten: »Es ist ja nicht üblich, daß Boten deines Vaters einer Erlaubnis bedürfen;« aber sie sagte: »Ihr verdient den Tod, ihr Hunde!« und bat Scharkan, ihnen den Kopf abzuhauen. Dann sagte sie zu Scharkan: »Nun ist es notwendig, daß ich dich mit mir bekannt mache; wisse, ich bin die Tochter des griechischen Könige Hardub, mein Name ist Ibris, und die Alte, die du gesehen und die mich verraten hat, ist meine Großmutter Dsat Dawahi. Wenn nun mein Vater hört, daß ich mich mit dir verbunden habe und an dem Tod der Patriarchen schuld bin, so kann ich nicht mehr in diesem Land bleiben, drum bitte ich dich, o Prinz, so gegen mich zu verfahren, wie ich gegen dich; bedenke, daß ich um deinetwillen mich mit meinem Vater entzweit habe, und behandle mich freundschaftlich.« Scharkan war vor Freude außer sich über diese Worte und schwor bei Gott, daß, solange er atme, niemand ihr nahekommen dürfe; doch fuhr er fort: »Bist du stark genug, deine Familie und dein Vaterland auf immer zu verlassen?« – »Ich kann alles für dich tun; nur fordere ich noch eins von dir!« – »Was denn?« – »Daß du mit deinen Truppen in deine Heimat zurückkehrst.« – »O meine Herrin! mein Vater hat mich gegen den deinigen geschickt, wie kann ich so zurückgehen?« – »Dein Vater hat dich nur der Schätze willen geschickt, die mein Vater genommen, worunter auch die drei großen segensreichen Perlen; sei nur zufrieden, ich will dir die ganze Begebenheit erzählen, sowie auch die Ursache unserer Feindschaft mit dem König von Konstantinopel: Wisse, wir feiern jedes Jahr ein Fest, das wir das Klosterfest nennen; da versammeln sich alle Königinnen und Prinzessinnen und andere vornehme Mädchen, und belustigen sich sieben Tage nacheinander; auch ich wohnte früher diesen Festlichkeiten bei; erst seit Ausbruch des Krieges läßt mich mein Vater nicht mehr dazu gehen. Bei einem dieser Fest war auch Safia, die Tochter des Königs von Konstantinopel, anwesend; diese wollte nach dem Feste nicht zu Land, sondern zu Wasser in ihre Heimat zurückkehren, man rüstete ihr ein Schiff aus, das sie mit ihrem Gefolge bestieg. Aber bald überfiel sie ein Sturmwind, der sie vom rechten Weg abführte und sie in die Nähe christlicher Seeräuber von der Insel Zypern trieb, wo fünfhundert bewaffnete Franken eine Festung besetzt hielten. Die Franken steuerten hastig auf das Schiff zu, in welchem Safia war, nahmen ihm die Segel ab und schleppten es dem ihrigen nach, das ihrer Insel zusegelte. Da drehte sich der Wind auf einmal wieder und blies so heftig von der Insel her, daß er ihre Segel zerriß und sie zu uns hertrieb; wir fingen die Schiffe auf, töteten die Franken und bemächtigten uns des Schiffs, worin Safia mit vierzig Sklavinnen und vielen Schätzen war. Die Mädchen wurden meinem Vater vorgestellt, der nicht wußte, daß Safia darunter war; er wählte zehn für sich, unter welchen auch Safia war, und verteilte die übrigen unter seine Umgebung. Er wollte aber nur fünf davon für sich behalten und schickte die übrigen, worunter auch Safia war, deinem Vater Omar mit allerlei Tuch— und Seidenstoffen. Dein Vater nahm die Geschenke an und behielt die Prinzessin Safia für sich.«

Es sagt der Erzähler, daß die Prinzessin also fortfuhr: »Am Anfang dieses Jahres schrieb nun Safias Vater, der König Feridun, dem meinigen einen Brief, in welchem er sich nach vielen Vorwürfen folgenderweise ausdrückt:

 

»Ihr habt schon vor zwei Jahren euch unseres Schiffs bemächtigt, das ihr fränkischen Seeräubern weggenommen und in welchem meine Tochter Safia war, ohne mir Nachricht davon zu geben; ich wagte es nicht, öffentliche Nachforschungen anzustellen, aus Furcht, meiner Tochter Ehre zu verletzen, darum schwieg ich bis jetzt; nun habe ich aber einige von den Franken ausgeforscht, die unter den Seeräubern waren; und sie sagten mir, sie haben sie in deinem Land gelassen, und erzählten mir die ganze Geschichte; wenn ihr daher nicht meine und meiner Tochter Schande wollt, so schickt sie mir bei Empfang des Briefes zurück, wo nicht, so werde ich euch zu bestrafen wissen.«

»Als mein Vater diesen Brief las, bedauerte er sehr, nicht gewußt zu haben, daß Safia eine Königstochter war; er wußte sich aber nicht zu helfen, denn nach so langer Zeit konnte er sie nicht von Omar zurückfordern lassen, um so weniger, da er vernommen hatte, daß sie ihm Kinder geboren; es blieb ihm also nichts übrig, als sich in das Mißgeschick zu fügen und bei Feridun zu entschuldigen und ihm zu schwören, daß er seine Tochter nicht erkannt und sie daher Omar zum Geschenk gemacht habe. Feridun war außer sich vor Zorn, als er meines Vaters Antwort erhielt, woraus er sah, daß seine Tochter wie eine Sklavin verschenkt und ohne gesetzliche Ehe einem König hingegeben worden; er schwur beim Messias, sich zu rächen und von sich hören zu lassen. Er sann dann die List aus, wodurch er deinen Vater bewog, ihm eine Armee zu Hilfe zu senden, und beabsichtigte dabei, dich mit deiner ganzen Armee zu vernichten. Was aber die drei Perlen angeht, von denen er deinem Vater geschrieben, daran ist gar nichts Wahres. Safia hatte die Perlen bei sich, mein Vater nahm sie ihr aber weg, schenkte sie mir, und ich besitze sie noch. Geh also zu deinen Truppen und führe sie, ehe sie sich zerstreuen, in ihre Heimat zurück, sonst möchten die Franken und Griechen über sie herfallen, und sie sind verloren; ich weiß, daß deine Armee noch an demselben Ort lagert, wo du sie verlassen, denn du gabst ihnen ja Befehl, drei Tage zu rasten, auch können sie nicht aufbrechen, weil sie dich vermissen.« Als Scharkan diese Erzählung hörte, blieb er eine Weile in Gedanken vertieft, dann küßte er Ibris die Hand und sagte: »Gelobt sei Gott, der dich zu meiner Rettung bestimmt hat; doch wie soll ich mich von dir trennen, ohne zu wissen, was in meiner Abwesenheit aus dir wird?« Ibris antwortete: »Geh nur zu deinen Truppen und führe sie in ihre Heimat zurück; nimm auch die Gesandten gefangen, da wirst du schon die Wahrheit hören; in drei Tagen bin ich bei euch, und wir werden zusammen nach Bagdad gelangen.« Sie bat ihn dann noch einmal, dem Bund, den sie geschlossen, treu zu bleiben und stand auf, um Abschied zu nehmen. Er umarmte sie und sprach weinend folgende Verse:

»Ich nehme Abschied von ihr und trockne mit der Rechten meine Thränen ab; während ich mit der. Linken sie umarme und an mich drücke, fragt sie mich: Befürchtest du kein Unglück? Darauf antworte ich: Der Trennungstag ist das größte Unglück der Liebenden!«

Scharkan verließ dann das Kloster, bestieg sein Pferd und ritt über die Brücke durch den Wald, bis er wieder in die Ebene kam.

Als Scharkan hier drei Reiter erblickte, nahte er sich ihnen mit Vorsicht; aber bald erkannte er den Vezier Dendan mit zwei Emiren; sie stiegen ab und begrüßten einander, und Scharkan erzählte dem Vezier alles, was ihm zugestoßen. Als er dann vom Vezier hörte, die Gesandten haben die Armee verlassen, ließ er unter seinen Truppen den Befehl zur Rückkehr bekannt machen; sie brachen auf und erreichten nach fünftägigem Marsch die Grenzen ihrer Heimat wieder. Da die Truppen hier in Sicherheit waren und ihre Landsleute ihnen mit Proviant für sie und ihre Tiere entgegenkamen, ruhten sie hier zwei Tage aus. Sodann ließ Scharkan den Vezier mit den Truppen vorausgehen, und er blieb nur mit hundert Reitern zurück. Nach zwei Tagen brach auch er auf, und als er zwei Meilen weit geritten und in einer engen Schlucht zwischen zwei Bergen war, da sah er einen dichten Staub vor sich, und als dieser sich legte, entdeckte er hundert Reiter, wie reißende Löwen, ganz in Eisen steckend. Als sie in der Nähe Scharkans und der seinigen waren, schrien sie: »Bei Johannes und Maria, nun haben wir unsern Zweck erreicht! wir sind Tag und Nacht geritten, um euch hier zuvorzukommen; nun steigt ab, legt eure Waffen nieder und ergebt euch, so wollen wir euch das Leben schenken.« Bei diesen Worten glühten Scharkans Augen vor Wut, und er sprach: »Ihr Hundschristen wagt es, uns hierher zu folgen in unser Land und eine solche Sprache mit uns zu führen? Glaubt ihr, so leicht mit uns fertig zu werden und dann wieder heimzukehren?« Er rief dann seinen Leuten zu: »Macht diesen Hunden ein Ende!« Er selbst zog sein Schwert und griff die Christen an, die sich ihrerseits mit felsenfesten Herzen schlugen; schrecklich war der Kampf, der bis zur Nacht dauerte, Scharkan zählte seine Leute, und es fehlte kein Mann; nur vier waren leicht verwundet, doch sagte er: »Bei Gott! ich habe in meinem Leben mit keinen so wackeren Rittern gekämpft.« Seine Leute sagten ihm: »Wisse, o König, ihr Anführer ist ein Franke, und ohne Gottes Gnade wären wir nicht davongekommen, denn wenn er gewollt hätte, er hätte uns alle, groß und klein, getötet.« Scharkan versetzte: »Morgen früh rücken wir wieder gegen sie aus, ich hoffe, Gott wird uns den Sieg verleihen.« Die Franken ihrerseits sagten zu ihrem Anführer: »Heute haben wir unseren Zweck nicht erreicht;« und er erwiderte ihnen: »Morgen soll die Schlacht von neuem beginnen, da fordern wir sie einzeln heraus.« So brachten beide Teile die Nacht zu, und sobald Gott wieder den Morgen leuchten ließ, bestiegen Scharkan und die Seinigen ihre Pferde und als sie auf den Kampfplatz kamen, waren die Franken schon schlagfertig. Da trat einer von den Franken aus den Reihen und rief: »Wer will meine Herausforderung annehmen!« Er hatte kaum diese Worte gesagt, da trat einer von Scharkans Leuten in die Schranken, der Franke war ganz in Gold gekleidet, mit starken Waffen in der Hand, und es dauerte nicht lange, bis er den Muselmann mit der Lanze vom Pferd stieß und ihn gefangen nahm. Er wurde jubelnd von den Seinigen empfangen, und sie erlaubten ihm nicht, sich wieder zu schlagen, sondern ein anderer trat in die Schranken, um mit dem Bruder des Gefangenen zu kämpfen, und auch dieser war bald mit der umgekehrten Lanze vom Pferd gestürzt und gefangen weggeführt; so wurden an demselben Tage zwanzig Muselmänner, einer nach dem anderen, gefangen. Scharkan war sehr betrübt und sagte abends zu seinen Leuten: »Was ist uns da geschehen! Morgen früh trete ich in die Schranken und fordere den Anführer heraus; ich will sehen, warum er in unser Land gekommen, und ihn warnen, daß er uns nicht länger bekämpfe, weigert er sich, so kämpfen wir gegen ihn, will er Frieden schließen, so nehmen wir ihn an.« Sobald der Morgen anbrach, stellten sich beide Truppen wieder auf; Scharkan wollte eben in die Schranken treten, als ein Reiter kam, den mehr als fünfzig Fußgänger bis zur Mitte des Kampfplatzes begleiteten. Dieser Ritter war der Anführer der Franken; er hatte ein blaues atlasnes Oberkleid an und sah wie der leuchtende Mond darin aus; unter diesem Kleid trug er einen starken Panzer, an seiner Seite hatte er ein indisches Schwert; er saß auf einem dunklen Renner, mit einem silbernen Flecken auf der Stirn, und hatte gar keinen Bart. Der Ritter winkte, als er mitten auf dem Kampfplatz war, den Muselmännern zu und rief in arabischer Sprache: »O Scharkan, Sohn Omars, du Länderverwüster und Schlösserbesitzer! komm hervor als Herr deiner Leute und kämpfe mit mir, denn ich bin der Anführer deiner Feinde; wer von uns den anderen besiegt, dem sollen auch alle seine Leute untertan werden.« Scharkan ritt ihm wie ein zorniger Löwe entgegen, und der Franke griff ihn mit Heldenmut an; sie kämpften den ganzen Tag wie zwei Berge, die aufeinander stoßen, oder zwei Meere, die einander entgegenwogen. Als es dunkel wurde, gingen sie auseinander. Scharkan sagte zu den Seinigen: »Ich habe in meinem Leben keinen so gewandten Ritter gesehen, der so geschickt die Lanze führt; solche Leute möchte ich unter meinen Truppen haben. Das einzige, was mir auffällt, ist, daß, so oft er Gelegenheit hatte, mir einen tödlichen Stoß zu versetzen, er die Lanze umkehrte und mit dem Schaft stieß.« Am folgenden Morgen, als Scharkan wieder auf den Kampfplatz ging, war der Franke schon da, der Kampf begann sogleich und blieb wieder den ganzen Tag unentschieden. Als sie sich des Abends trennten, sagte der Franke zu seinen Leuten: »Morgen wird es sich entscheiden.« Mit Sonnenaufgang griffen sie einander wieder an, und bis Mittag dauerte der Kampf; da wollte der Franke einen neuen Angriff tun, aber sein Pferd stolperte und warf ihn zu Boden, Scharkan fiel über ihn her und wollte mit dem Schwert nach ihm hauen, da rief ihm der Franke zu: »O Scharkan! so handelt kein Mann; so handelt nur einer, der sich von Weibern besiegen läßt.« Scharkan wurde von diesen Worten betroffen, und als er den Franken näher ins Auge faßte, erkannte er die Prinzessin Ibris, die er im Kloster kennengelernt; er warf das Schwert weg, verbeugte sich vor ihr und fragte sie, was sie bewogen, so gegen ihn zu verfahren? Sie antwortete: »Ich wollte dich auf dem Kampfplatz erproben und sehen, wie geschickt du im Krieg bist. Die Leute, die du bei mir siehst, sind meine Sklavinnen; schwache Jungfrauen haben deine Ritter besiegt, und wäre mein Pferd nicht gestolpert, so hättest du auch meine Kraft kennengelernt.« Scharkan sagte lächelnd: »Gelobt sei Gott, der uns erhalten und wieder vereinigt hat, o Königin der Zeit!« Ibris ließ dann die Mädchen absteigen und die zwanzig Gefangenen befreien. Als die Mädchen sich vor Scharkan verbeugten, sagte er zu ihnen: »Euresgleichen bedürfen Könige in der Not.« Er gab dann seinen Leuten ein Zeichen und sie verbeugten sich vor Ibris, denn schon wußten sie alles, was vorgefallen war.

Die zweihundert Reiter zogen dann sechs Tage lang miteinander, bis sie an eine Stadt kamen; da bat Scharkan Ibris, sie und ihre Frauen möchten die fränkische Kleidung ablegen und sich als Griechinnen kleiden. Am folgenden Morgen begegneten sie dem Vezier Dendan, den ihnen Omar, auf Scharkans Verlangen, mit tausend Reitern entgegengeschickt hatte; sie bewillkommten sich gegenseitig und ritten miteinander in die Residenz. Scharkan begab sich sogleich ins Schloß zu seinem Vater und berichtete ihm alles, was zwischen ihm und Ibris vorgefallen; auch ihre Absicht, für immer bei ihnen zu bleiben, und die List, die der König der Griechen angewandt hatte, in der Hoffnung, seine Tochter Safia wieder zu erhalten; er erzählte auch viel von Ibris‘ Tapferkeit und Gewandtheit im Krieg. Dem König Omar gab die Erzählung Scharkans eine so hohe Meinung von Ibris, daß er ihn bat, sie zu ihm zu bringen. Als Scharkan sie holte, entließ Omar alle Anwesenden und blieb allein auf dem Throne sitzen, nur von einigen Dienern umgeben. Ibris verbeugte sich vor ihm und hielt eine schöne Anrede, die ihm sehr wohl gefiel; er dankte ihr für das Gute, das sie seinem Sohn Scharkan erwiesen, hieß sie sitzen und sich entschleiern. Als sie den Schleier weghob, war Omar ganz außer sich; er ließ ihr eine Wohnung in seinem Schloß einräumen, gab ihr Mädchen zur Bedienung und bestimmte ihr ein reichliches Einkommen. Er fragte sie dann nach den Perlen, welche sie besaß; sie ging in ihr Zimmer, holte ihr Gepäck herbei, zog eine goldene Schachtel hervor, öffnete sie und nahm die drei Perlen heraus, küßte sie und überreichte sie dem König. Omar ließ seinen Sohn Scharkan rufen, schenkte ihm eine dieser Perlen und sagte dazu: »Die zweite ist für deinen Bruder und die dritte für deine Schwester.« Scharkan, der immer nur von einer Schwester wußte, sagte erstaunt: »Vater, hast du denn einen Sohn außer mir?« Omar antwortete: »Jawohl! er ist nun sechs Jahre alt und heißt Dhul Makan; er ist ein Zwillingsbruder der Nushat Assaman.« Scharkan war sehr betrübt über diese Nachricht; er warf im Zorn die Perle weg und zerriß seine Kleider. Omar fragte ihn: »Warum sehe ich dich auf einmal so verändert? Du bleibst doch mein Thronfolger, die Armee hat dir schon den Eid der Treue geschworen und steht unter deinen Befehlen, warum nimmst du nicht eine dieser drei Perlen?« Scharkan schlug den Kopf zur Erde nieder, schämte sich vor seinem Vater und wußte vor Zorn nicht, was er beginnen sollte. Er ging hierauf zu Ibris, setzte sich neben sie und erzählte ihr, was er von seinem Vater erfahren, und wie dieser zwei Perlen seinem Bruder und seiner Schwester geschenkt habe; dann setzte er noch hinzu: »Wisse, daß ich auch für dich besorgt bin; Omar hat ein Aug auf dich geworfen, ich fürchte, er wird dich heiraten wollen: was wirst du dazu sagen?« Ibris antwortete: »O Scharkan! der König hat keine Gewalt über mich, er kann ohne meinen Willen mich nicht heiraten, und eher nehme ich mir das Leben, als daß ich mich zwingen lasse. Was die Perlen betrifft, so glaubte ich nicht, daß er sie verschenken würde; ich dachte, er würde sie in seine Schatzkammer verschließen; ich bitte dich nun, mir die Perle zurückzugeben, die er dir geschenkt hat.« Als Scharkan sie ihr gab, sagte sie: »Wie sehr fürchte ich, wenn mein Vater hört, daß ich hier bin, er möchte mit Safias Vater sich vereinigen und hierher ziehen; das wird einen großen Krieg geben.«

 

Scharkan erwiderte der Prinzessin Ibris: »Kehre dich nicht daran, wenn du gerne hier bleibst; fürchte nichts, wenn auch alle Bewohner der Erde und der Meere sich gegen uns verbünden.« – »Gut!« rief Ibris, »solang ihr mir Gutes erweiset, bleibe ich bei euch, mißhandelt ihr mich aber, so ziehe ich weg.« Nach einer langen Unterhaltung aßen und tranken sie miteinander, dann verließ sie Scharkan mit betrübtem Herzen. Sein Vater Omar hatte inzwischen Safia besucht, und die zwei Perlen den ihm entgegenkommenden Kindern umgehängt. Die Kinder freuten sich sehr damit, liefen zu ihrer Mutter und küßten dem Vater die Hände. Er sagte dann zu Safia: »Warum hast du mir niemals gesagt, daß du die Tochter des Königs Feridun bist? ich hätte dir mehr Ehre erwiesen und dich viel höher gestellt.« Safia antwortete: »Was bleibt mir zu wünschen übrig bei der Fülle von Wohltaten, mit denen du mich überhäufst; und nun hat mir ja auch Gott noch einen Sohn und eine Tochter von dir beschert.« Omar war mit dieser Antwort sehr zufrieden, und sobald er sich von ihr trennte, ließ er ihr und ihren Kindern einen eigenen wundervollen Palast einräumen, bestimmte ihnen Diener, Gefolge, Lehrer, Ärzte, Astrologen und Pförtner, und war äußerst zärtlich und liebevoll gegen sie. Indessen zog bald die Prinzessin Ibris ihn so sehr an, daß er sich Tag und Nacht mit ihr beschäftigte; er besuchte sie jeden Abend und gab ihr in seiner Unterhaltung sein Verlangen nach ihrem Besitz zu erkennen. Aber Ibris schenkte ihm kein Gehör, und gab vor, sie habe gar keine Freude an Männern. Dies vermehrte noch des Königs Leidenschaft, die einen solchen Grad erreichte, daß er seinen Vezier Dendan rufen ließ und ihm seine Liebe zu Ibris und ihre Härte klagte. Dendan sagte zum König: »Wenn es Nacht wird, so nimm etwas Bendj mit, trinke Wein mit ihr, und wenn die Zeit kommt, wo ihr vom Wein aufzustehen pflegt und du ihr den letzten Becher reichst, so wirf das Bendj hinein; sie wird kaum an ihr Bett kommen, wird es schon wirken; du gehst dann zu ihr und hast keinen Widerstand zu befürchten; das ist mein Rat.« Omar befolgte diesen Rat, steckte Bendj in die Tasche und begab sich, sobald es Nacht war, zu Ibris, setzte sich zu ihr und sprach von den Freuden des Weins. Da ließ Ibris den Weintisch mit allerlei Früchten und Süßigkeiten bringen, trank und unterhielt sich mit Omar, bis ihr der Wein ein wenig in den Kopf stieg; sobald Omar dies sah, füllte er noch einen Becher und trank ihn aus, schenkte wieder ein und reicht ihn Ibris, nachdem er, ohne daß sie es merkte, Bendj hineingeworfen hatte. Omar wartete, bis das Bendj auf sie gewirkt hatte, ging dann zu ihr und war außer sich vor Freude, als er sie ganz bewußtlos auf ihrem Bett liegend, mit einem Wachslicht zu ihren Häupten und einem zu Füßen fand. Er fiel leidenschaftlich über sie her und umarmte sie, sagte dann beim Weggehen einer ihrer Sklavinnen, welche Murdjana hieß: »Geh hinein zu deiner Herrin!« Als Murdjana ihre Herrin bewußtlos auf ihrem Bett fand, wusch sie ihr Gesicht, Hände und Füße mit Rosenwasser. Dies machte Ibris nießen und das Bendj von sich werfen. Sie wusch sich dann den Mund und sagte zu Murdjana: »Erzähle mir, was mir geschehen!« Murdjana erzählte ihr alles, was sie wußte, und Ibris war sehr betrübt, als sie erfuhr, daß Omar sich durch List ihr genähert habe. Sie schloß sich ein und gab ihren Sklavinnen den Auftrag, allen, die nach ihr fragen, zu sagen, sie sei krank, So blieb sie mehrere Monate abgeschlossen; der König, der sie auch für krank hielt, schickte ihr süße Speisen und Getränke, drang aber nicht darauf, sie zu sehen, denn schon war das Feuer seiner Liebe erloschen. Ibris fühlte bald die unglücklichen Folgen der gelungenen List Omars, und als die Zeit der Entbindung herannahte, sagte sie zu Murdjana: »Wisse, daß ich gegen niemand mehr, als gegen mich selbst, klagen kann, weil ich Vater und Mutter und Vaterland verlassen; nun ist mir das Leben zuwider, alle meine Kraft und mein Unternehmungsgeist ist dahin. Ich kann kaum mehr ein Pferd besteigen, während ich früher ein jedes zu bändigen vermochte. Bleibe ich hier und komme hier nieder, werde ich vor allen Mädchen zuschanden, geh ich nach Hause zurück, mit welchem Gesicht soll ich meinem Vater entgegentreten? Doch will ich lieber zu den Meinigen zurückkehren, die mich in gefallenem Zustand aufnehmen werden, Gott mag mit mir verfahren, wie er will; ich bin entschlossen, heimlich von hier wegzureisen.« Murdjana sagte: »Befiehl, was du willst, Prinzessin! ich gehorche.« Ibris legte dann erst einstweilen, ohne etwas zu sagen, ihre Effekten zurecht und wartete, bis der König auf die Jagd ging und Scharkan sich in seinen Festungen aufhielt. Sie sagte dann zu Murdjana: »Ich möchte diese Nacht abreisen, doch, was soll ich tun, ich kann jeden Augenblick niederkommen und habe keine Kraft mehr, Waffen zu tragen; du mußt dich nach einem Mann umsehen, der uns begleite und auf der Reise beistehe.« Murdjana erwiderte: »Ich weiß keinen besseren als Ghadhban, den schwarzen Sklaven, den uns Omar zum Pförtner gegeben; er ist tapfer, und da wir ihm schon viel Gutes erwiesen haben, wird er uns folgen; ich will einmal mit ihm reden und ihm recht viel Geld und eine Frau, wie er sie wünscht, versprechen; er hat mir gesagt, er sei früher Straßenräuber gewesen, wenn er uns Gehör gibt, kann er uns am besten in unsere Heimat führen.« Da Ibris selbst mit Ghadhban sprechen wollte, begab sich Murdjana zu ihm und sagte ihm: »Gott hat für dein Glück gesorgt, wenn du tust, was deine Herrin von dir begehrt«, und führte ihn zu ihr. Ghadhban küßte Ibris die Hand; sein Anblick erregte Schaudern in ihr, doch gab sie der Not nach und fragte ihn, ob er gegen die Tücken des Geschicks ihr beistehen und ihr Geheimnis treu bewahren wolle? Ghadhban warf einen Blick auf sie und fühlte eine so starke Liebe zu ihr, daß er ohne Zaudern sagte: »Meine Herrin! ich werde allen deinen Befehlen gehorchen.« – »So sattle ohne Zaudern«, sagte Ibris, »zwei Pferde aus dem königlichen Stall und zwei Kamele, lege auf jedes einen Sack mit Geld und Proviant, folge uns in unsere Heimat und begleite uns, dann gebe ich dir auch das schönste meiner Mädchen zur Frau und so viel Geld du willst; es steht dir dann frei, bei uns zu bleiben oder wieder hierher zurückzukehren.« Dieser Vorschlag freute Ghadhban so sehr, daß er sagte: »Gewiß, meine Herrin! ich werde mit meinen Augen und meinem Herzen dir dienen, ich gehe sogleich und hole die Pferde.« Er ging freudig weg und dachte bei sich: sie darf mir auf der Reise nichts versagen – sonst töte ich sie und nehme ihr alles weg.