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Tausend Und Eine Nacht

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Wunderbare Geschichte Omar Alnumans und seiner beiden Söhne Scharkan und Dhul Makan

Einst war in Bagdad,Man liest allenthalben Bagdad in der Herzogl. Gothaischen Handschrift, aus welcher diese Erzählung übersetzt wurde. Im Bulaker Text liest man hier und an einigen anderen Stellen Damask, was freilich zur Regierung eines Königs, der vor dem Omejjaden Abd Almelik lebte, besser paßt, da Bagdad damals noch nicht existierte, viel weniger Residenz war, aber im Laufe der Erzählung heißt es dann auch Bagdad, wir haben es daher durchweg stehen lassen. Wollte man aber auch allenthalben Damask lesen, so könnte man doch den Erzähler nicht von Anachronismen freisprechen, da, um nur eines zu erwähnen, im Laufe der Erzählung Nushat Essaman behauptet, sie habe Avicenna und Ibn Beitar gelesen, die bekanntlich erst unter den späteren Abbasiden lebten. noch vor dem Kalifat Abdulmaliks, ein sehr mächtiger König, welcher Omar Alnuman hieß. Er war der tapferste Herrscher seiner Zeit, Funken sprühten aus seiner Nase, wenn er zürnte, und niemand wagte es, ihm zu widersprechen; die mächtigsten Fürsten mußten sich vor ihm beugen und die entferntesten Länder ihm Gehorsam leisten, Seine Befehle erstreckten sich bis zur Provinz Hedjas und dem glücklichen Arabien, und bis zu den indischen und chinesischen Inseln; sowohl Abessinien, als der entfernteste Norden war ihm untertan, und von allen Seiten kamen täglich Boten zu ihm, die ihm die Unterwürfigkeit, die Glückwünsche, Abgaben und Geschenke von den entlegensten Städten brachten. Omar Alnuman war von sehr edler Abkunft; er hatte vier Frauen, von denen ihm eine einen sehr tapferen und heldenmütigen Sohn gebar, den er unaussprechlich liebte. Außer den vier Frauen hatte er dreihundertundsechzig Sklavinnen bei sich, für jeden Tag im Jahr eine andere. Jede hatte eine eigene Wohnung innerhalb seines Palastes, der nach den Monaten des Jahres in zwölf Teile eingeteilt war, deren jeder dreißig Wohnungen in sich faßte. So pflegte er bei jeder eine Nacht im Jahr zuzubringen, dann sah er sie bis zum folgenden Jahr nicht wieder. Sein Sohn Scharkan hatte schon viele Länder erobert und war wegen seiner Tapferkeit und Einsicht längst zum Thronerben eingesetzt, als die Bestimmung wollte, daß eine der Sklavinnen Omars schwanger wurde. Omar freute sich sehr mit der Aussicht auf die Vermehrung seiner Nachkommen und behandelte die Schwangere mit viel Güte. Scharkan aber war sehr betrübt über diese Nachricht, denn er dachte: wie leicht könnte der Neugeborene mir einst mein Reich rauben. Er beschloß daher bei sich selbst, wenn die Sklavin einen Sohn gebären würde, ihn umzubringen.

Die schwangere Sklavin war eine Griechin, die einst der König von Cäsarea Omar mit vielen anderen Geschenken geschickt hatte. Safia, so hieß die Griechin, war sehr liebenswürdig, bescheiden, tugendhaft und geistreich. Omar gewann sie sehr lieb, und wenn er bei ihr war und sie ihn bediente, sagte sie immer: »Ich bete zu Gott, daß er mir einen Sohn beschere; ich will ihn zur Tugend und Gottesfurcht heranbilden.« Während ihrer Schwangerschaft fastete und betete sie immerfort zu Gott und war sehr fromm und wohltätig; Gott erhörte aber auch ihr Flehen und ließ sie ohne Schmerzen niederkommen. Omar sowohl, als sein Sohn Scharkan, hatten, als die Zeit der Niederkunft nahe war, jemanden zu ihr geschickt, der ihnen berichten sollte, was Safia geboren. Sobald also das Kind zur Welt kam und die Ammen erklärt hatten, es sei ein Mädchen, brachten die Boten diese Nachricht dem König und seinem Sohn, und Scharkan freute sich außerordentlich mit dieser Botschaft. Als aber die Boten weg waren, sagte Safia zu den Ammen: »Wartet nur noch ein wenig, ich fühle noch etwas in meinem Leib;« sie stieß dann einen Schrei aus und gebar mit Gottes Hilfe auch einen Sohn, so schön und frisch wie der leuchtende Mond, mit klarer Stirne und rosigen Wangen. Safia und alle Anwesenden waren außer sich vor Freude.

Die Nachricht verbreitete sich bald im ganzen Schloß, alle Sklavinnen beneideten Safia, der König aber war entzückt, ging zu ihr und küßte Mutter und Kinder, nannte den Sohn Dhul Makan (Lichts des Orts) und die Tochter Nushat Assaman (Ergötzung der Zeit), und sorgte für Ammen, Diener und Wärterinnen, sowie auch für allerlei Getränke und Öle. Die Bewohner Bagdads schmückten die Stadt vor Freude über diese Begebenheit, und die Veziere, die Fürsten und Großen des Reichs erschienen, um dem König Glück zu wünschen. Der König dankte ihnen und beschenkte sie reichlich. Vier Jahre verstrichen, in denen der König jeden Augenblick sich nach Safia und den Kindern erkundigte, sie mit allerlei Schmuck und anderen Kostbarkeiten beschenkte und für die Erziehung seiner Kinder sorgte. Scharkan aber glaubte noch immer, Safia habe nur eine Tochter geboren, denn er war stets nur mit seinen Kriegszügen beschäftigt. Eines Tages kamen Omars Adjutanten und kündigten Gesandte vom Kaiser von Konstantinopel an. Omar ließ sie hereinkommen, ging ihnen entgegen und fragte sie nach der Ursache ihrer Sendung. Die Gesandten verbeugten sich vor ihm und sagten: »O erhabener König, Herr der weitesten Länder! Der in Konstantinopel residierende Gebieter der Christen, der Kaiser Feridun, läßt dich wissen, daß er einen hartnäckigen Krieg gegen den Herrn von Cäsarea und Armenien führt. Folgendes war die Veranlassung dazu: Ein König der Araber fand auf seinen Eroberungszügen einen alten Schatz von den Zeiten Alexanders her; unter den unzählbaren Kostbarkeiten waren auch drei Perlen, so groß wie ein Straußenei; es waren Talismane, mit griechischen Charakteren darauf gegraben, die gar mannigfache Tugenden hatten; unter anderem konnte eine solche Perle, einem Kind angehängt, dasselbe vor jeder Krankheit schützen. Der König der Araber schickte nun diese Perlen mit anderen kostbaren Geschenken an den Kaiser Feridun; er ließ zwei Schiffe ausrüsten, das eine enthielt die Schätze und das andere Soldaten, um sie zu bewachen; er glaubte übrigens nicht, daß jemand es wagen würde, seine Schiffe anzugreifen, um so weniger, da sie mit Geschenken für den mächtigen Kaiser Feridun beladen waren und ein Meer durchschifften, dessen Küstenbewohner ihm untertan sind, und ließ sie daher nur von einer geringen Mannschaft bedecken. Als aber die Schiffe bei uns landeten, fielen armenische Straßenräuber, in Verbindung mit Truppen von Cäsarea, über sie her, plünderten das ganze Schiff und töteten die Mannschaft. Feridun schickte sogleich eine Armee gegen Armenien, sie wurde aber geschlagen; auch eine zweite noch stärkere vermochte nichts. Nun hat er geschworen, selbst gegen den Feind zu ziehen und nicht eher zurückzukehren, bis Cäsarea und die Hauptstadt Armeniens verwüstet sein würden. Er sendet uns daher mit Geschenken zu dir, o mächtiger König, damit du uns doch mit deinen Truppen beistehen möchtest.« Hierauf verbeugten sich die Gesandten wieder und ließen die Geschenke des Kaisers Feridun herbeiholen.

Omar freute sich sehr mit den überbrachten Geschenken. Sie bestanden aus fünfzig Sklavinnen, von den schönsten Mädchen Griechenlands, und fünfzig Mamelucken, in seidenen Kleidern mit goldenen Gürteln. Jeder Mameluck sowohl als jede Sklavin, hatte einen goldenen Ohrring mit einer Perle daran, die tausend Pfund Gold wert war, auch ihre Kleidung war von großem Wert. Der König ließ den Gesandten viele Ehre erweisen und rief seine Veziere zusammen, um sie um Rat zu fragen. Da erhob sich der älteste unter ihnen, sein Name war Dendan, verbeugte sich vor dem König und sagte: »O mächtiger Herr! ich kann dir nichts besseres raten, als eine tapfere Armee zusammenzuziehen und deinen Sohn Scharkan an ihre Spitze zu stellen; und wir folgen ihm als seine Sklaven. Es sprechen zwei Ursachen dafür: erstens hat der Kaiser der Griechen deinen Schutz angefleht und dir Geschenke verehrt, die du angenommen; zweitens, damit sein Feind nicht später auch unser Land bedränge; drum ist gut, du schickst ihm eine Armee entgegen, erwirbst dir den Ruhm einer gewonnenen Schlacht, dein Name wird dadurch allenthalben gepriesen werden, besonders auf den Inseln des Meeres und im Westen und von allen Ländern wird man dir Huldigungen und Geschenke darbringen.« Diese Worte fanden bei Omar solchen Beifall, daß er dem Vezier ein Ehrenkleid schenkte und ihm sagte: »Ein Mann wie du ist würdig, Ratgeber der Könige zu sein, auch ernenne ich dich zum Anführer der Hauptarmee; mein Sohn Scharkan aber führe die Reservetruppen an.« Omar ließ dann Scharkan rufen, teilte ihm die Angelegenheit der Gesandten und den Rat Dendans mit und befahl ihm, sich zur Reise vorzubereiten mit zehntausend wohlgerüsteten und ausdauernden Reitern, und in allen seinen Unternehmungen den Rat Dendans einzuholen. Scharkan besorgte die Befehle seines Vaters, teilte Geld unter den Truppen aus und kündigte auf den dritten Tag den Abmarsch an. Er begab sich dann in seinen Waffensaal und suchte die beste Rüstung heraus, wählte einen vorzüglichen Renner in seinem Stall, und nach drei Tagen lagerten die Soldaten vor den Toren Bagdads. Omar kam ins Lager mit vielen Schätzen, die er seinem Sohn gab, er nahm dann Abschied von ihm, umarmte auch Dendan und empfahl ersterem, den Vezier in allem um Rat zu fragen, und letzterem, für das Heer seines Sohnes besorgt zu sein und kehrte wieder in die Stadt zurück. Scharkan hielt dann Musterung über die zehntausend Mann starke Armee, und beim Schall der Pauken und Trompeten und dem Entfalten der Fahnen setzte sich die Armee in Bewegung, unter der Leitung Scharkans und Dendans, und machte nicht Halt, bis der Tag zu Ende war. Während der Nacht ruhten die Truppen aus, und sobald Gott wieder den Morgen leuchten ließ, zogen sie weiter auf dem Weg, den ihnen die Gesandten angegeben, welche vor Scharkan und Dendan herritten. Als sie nach zwanzig Tagen des Abends in ein großes, fruchtbares Tal kamen, beschloß Scharkan, hier drei läge zu rasten. Die Soldaten stiegen ab, schlugen ihre Zelte auf und zerstreuten sich rechts und links, um Lebensmittel zu holen. Dendan blieb mit den Gesandten mitten im Lager; Scharkan aber wollte, da dieses Tal schon auf feindlichem Boden lag, bevor er sich in sein Zelt begab, die Gegend ein wenig auskundschaften; er schickte sein Gefolge zum Vezier und ritt allein im Tal umher, bis ein Viertel der Nacht vorüber war; da wurde er so müde und schläfrig, daß er, nach Gottes Bestimmung, nicht mehr Kraft hatte, sein Pferd zu spornen, und er schlief nach seiner Gewohnheit auf dem Pferd ein, das mit ihm in einen dichten Wald sich vertiefte.

 

Erst als das Pferd mit dem Huf auf den Boden schlug, erwachte Scharkan; er erschrak, als ihm der helle Mondschein zeigte, daß er sich mitten im Wald befand, und sagte den Spruch, dessen sich niemand zu schämen hat: »Es gibt keinen Schutz und keine Macht, außer beim erhabenen Gott.« Nachdem er aber, vor wilden Tieren sich fürchtend, eine Weile im Wald umherirrte, sah er eine schöne Wiese, wie die Fluren des Paradieses, in der Ferne vor sich liegen, und vernahm laute, süße, bezaubernde Stimmen. Er stieg ab, band das Pferd an einen Baum, nahm sein Schwert in die Hand und ging in die Wiese, die an einem Fluß lag. Da hörte er, wie eine weibliche Stimme in arabischer Sprache sagte: »Bei dem Messias! das ist nicht schön von euch; wer von euch den Mund öffnet, die werfe ich zu Boden und feßle sie mit ihrem Gürtel.« Während sie so sprach, näherte sich Scharkan leise unter dem Murmeln der Bäche und dem Gott preisenden Zwitschern der Vögel. Er sah nun ein Mädchen wie der Mond, von zehn herrlich geschmückten weißen Jungfrauen umgeben, mit herabhängenden schwarzen Haaren und Augen, die wie Pfeile die felsigsten Herzen durchbohren. Aber das Mädchen in ihrer Mitte übertraf die übrigen an Schönheit und Anmut. Sie schien die Herrin zu sein, denn Scharkan hörte, wie sie zu den übrigen sagte: »Kommt, daß ich mit euch ringe, ehe der Mond ganz verschwindet.« Hierauf näherten sich die zehn Jungfrauen, wurden auf den Boden geworfen und mit ihrem Gürtel gebunden. Dann sagte eine alte Frau, die auch bei ihnen war, ganz zornig: »Du Dirne hast deine Freude daran, diese Mädchen zu fesseln; bei Gott! ich bin ein altes Weib und habe sie vierzigmal zu Boden geworfen, du hast also keinen Grund, über deinen Sieg dir viel einzubilden; ich möchte sehen, ob du mich zu Boden werfen kannst.« Das Mädchen lachte, ging auf das alte Weib zu und sagte: »Willst du dich wirklich mit mir messen?« Die Alte antwortete: »Jawohl.« – »So steh auf«, rief das Mädchen entrüstet, »und komme, wenn du Mut hast.« Die Alte glühte vor Zorn und glich mit ihren borstigen Haaren einem Stachelschwein. Als das Mädchen dann auf sie losspringen wollte, warf sie schnell ihr Oberkleid von sich und band nur ein seidenes Tuch um die Hüften, und nun sah sie ganz wie ein häßliches Gespenst aus; auch das Mädchen legte, von der Alten dazu aufgefordert, ihr Gewand ab, und Scharkan bemerkte an ihr so schöne Formen, daß er den Kopf gen Himmel richtete und zu Gott betete, das Mädchen möchte doch die Alte besiegen. Er hatte kaum sein Gebet vollendet, als das Mädchen die Alte mit der linken Hand umfaßte und mit der rechten am Hals packte und sie in die Höhe hob, sie entschlüpfte aber ihren Händen und fiel auf den Rücken. Dann nahm das Mädchen seine seidenen Tücher und zog sie der Alten an, entschuldigte sich bei ihr und dankte Gott, daß ihr der Sturz weiter nichts geschadet. Die Alte verschwand hierauf, ohne ein Wort zu sagen, und das Mädchen blieb allein vor den zehn Sklavinnen stehen. Da dachte Scharkan: jede Bestimmung hat ihren Zweck; gewiß hat auch mich nur der Schlaf überfallen und das Pferd mich hierhergebracht, damit ich dieses Mädchen als Beute davontrage; und was für eine Beute! Er nahm dann sein Schwert in die Hand, bestieg sein Pferd, das wie ein Pfeil daherschoß, und lenkte es den Sklavinnen zu.

Als das Mädchen sich von einem Reiter verfolgt sah, sprang es über den Fluß, der sechs Ellen breit war, und rief dann laut zu Scharkan hinüber: »Wer bist du, der du uns so in unserm Vergnügen störst? warum ziehst du dein Schwert, als zögest du gegen Soldaten aus? Sprich nur die Wahrheit, wo willst du hin? Lüge nicht, denn nur gemeine Menschen scheuen ein offenes Geständnis; gewiß hast du dich hierher verirrt, und kannst es als ein Glück betrachten, mit heiler Haut davonzukommen, denn wisse, du befindest dich hier an einem Ort, wo auf unseren Ruf im Augenblick viertausend Mönche zu unserer Hilfe erscheinen; sage nur schnell, was du begehrst; soll ich dir den Weg zeigen, oder willst du Proviant?« Scharkan erwiderte: »Ich bin ein fremder Muselmann, ich streifte allein diese Nacht umher, um Raub zu suchen, nun konnte ich nichts Schöneres finden, als diese zehn Mädchen, die ich jetzt mit zu meinen Freunden nehmen will.« – »Bei Gott!« rief das Mädchen, »diese Sklavinnen sind nicht für dich; wenn ich nicht deinen Tod fürchtete, so würde ich mit einem einzigen Schrei diese ganze Ebene mit Kriegern füllen; doch habe ich mit Fremden Mitleid. Hast du aber Lust nach Beute, so steige ab und ringe mit mir; schwöre aber bei deinem Glauben, daß du keine Waffen gegen mich gebrauchen willst; bist du der Stärkere, so sollst du mich und die zehn Sklavinnen haben, besiege ich dich aber, so bin ich deine Gebieterin; aber schwöre, ehe ich zu dir komme, denn ich fürchte Verrat von dir, und das Sprichwort sagt:

»Wo Treulosigkeit herrscht, ist Vertrauen Schwäche.«

Wenn du aber schwörst, so setze ich über den Fluß und komme zu dir.«

Der lüsterne Scharkan dachte bei sich: Diese Mädchen weiß nicht, daß ich ein wackerer Held bin; er sagte ihr daher: »Ich schwöre, wie du willst, daß ich dir nichts zuleide tue, bis du kampfbereit bist und mir selbst gebietest, den Kampf zu beginnen; werde ich besiegt, so bin ich reich genug, um mich loszukaufen; siege ich, so führe ich die schönste Beute davon.« – »So schwöre«, sagte das Mädchen, »bei dem, der die Körper beseelt und den Glauben geoffenbart, daß du nichts anderes im Sinne hast, als mit mir zu ringen.« Scharkan schwor dann, wie sie es verlangte, band sein Pferd wieder an einen Baum, pries Gott, der ein so vollkommenes Wesen geschaffen, und bat das Mädchen, über den Fluß zu kommen, da er doch keinen so weiten Sprung zu machen imstande wäre. Das Mädchen schürzte sich auf und sprang zu Scharkan hinüber, der jetzt erst recht ihre Schönheit bewunderte und sich selig fühlte, als ihm ihr Atem entgegenwehte. Als er, sie anstaunend und nachdenkend, stehenblieb, rief sie ihm zu: »Rüste dich zum Kampf, ehe die Sonne aufgeht!« Er fiel über sie her und zweifelte nicht am Sieg; als aber seine Hand ihre zarte Taille umfaßte, zitterte er wie ein Rohr bei einem Sturmwind, und es war ihr leicht, ihn zu Boden zu werfen.

Die Christin sagte dann zu Scharkan: »Bei euch Muselmännern ist es wohl erlaubt, einen besiegten Christen zu töten, wie wäre es, wenn ich nun auch dein Blut vergießen wollte? Doch der Prophet Muhamed (Gottes Friede sei mit ihm!) hat verboten, Frauen, Kinder, Greise und Mönche zu töten, und da du noch viel schwächer als ein Mädchen bist, muß ich auch dir das Leben schenken; übrigens ist eine fromme Tat nie bei Gott verloren.« Scharkan sprang vom Boden auf, schüttelte den Staub ab und blickte zur Erde. Die Christin fuhr dann fort: »Wie mag jemand nach Griechenland kommen, um einem König gegen einen anderen beizustehen, wenn er selbst sich nicht einmal gegen ein schwaches Mädchen zu verteidigen weiß?« Scharkan erwiderte: »Es fehlt mir keineswegs an Kraft; nicht deine Stärke, sondern deine Reize haben mich besiegt; willst du noch einen Kampf versuchen, so sollst du dich davon überzeugen.« Die Christin sagte lächelnd: »Es sei! doch will ich zuerst die Sklavinnen losbinden, deren Arme von den Fesseln gedrückt sind.« Sie tat dies und sagte ihnen in griechischer Sprache: »Geht an einen Ort, wo ihr vor der Lüsternheit dieses Muselmannes sicher seid.« Die Mädchen verschwanden und Scharkan sah ihnen mit feuersprühenden Augen nach. Ohne ein Wort zu sagen, umfaßte er dann die Christin wieder, aber sie hob ihn in die Höhe, schleuderte ihn wie ein Blitz auf den Boden und sagte: »Ich habe dir das erste Mal das Leben geschenkt, weil du schwach wie ein Weib bist; jetzt schenke ich es dir, weil du noch ein Kind im Ringen und weil du bei uns fremd bist. Nun geh aber, und weißt du jemand bei der Armee, die Omar dem König von Konstantinopel zu Hilfe schickt, der stärker ist als du, so schicke ihn her, ich bin bereit, auf jede Weise mich mit ihm zu messen.« Sie sprang dann wieder über den Fluß und rief lachend Scharkan zu: »Mein Herr! es tut mir leid, mich von dir trennen zu müssen, geh zu deinen Gefährten, ehe es später wird, sonst möchten die Mönche dich überraschen.« Scharkan rief ihr, als sie schon auf das Kloster zuging nach: »O meine Herrin! kannst du mich armen Fremden und Liebeskranken so allein hierlassen?« Die Christin wendete sich lächelnd nach ihm und sagte: »Was willst du denn von mir?« – »Laß mich dein Land betreten, an deinen süßen Worten mich ergötzen und an deiner Kost mich laben; ich will wie einer deiner Diener sein.« – »Nun, in Gottes Namen, das sei dir gewährt; denn nur gemeine Menschen weisen Gäste zurück. Komm, bei meinem Haupt und meinen Augen! besteige dein Pferd und reite am Ufer des Flusses mir gegenüber.« Scharkan holte freudig sein Pferd und ritt, nur vom Fluß getrennt, neben der Christin, bis er an eine gesperrte Kettenbrücke kam. Hier sah er die Mädchen wieder, die ihrer Herrin warteten. Als diese zu ihnen gelangte, sagte sie einer von ihnen in griechischer Sprache: »Laß diesen Reiter über die Brücke und führe ihn dann ins Kloster.« Scharkan war sehr verlegen und dachte: Wäre nur der Vezier Dendan bei mir, daß er auch diese Mädchen sähe.

Scharkan sagte dann zur Herrin: »Nun werde ich dir doppelten Schutz schuldig, als dein Begleiter und dein Gast; möchtest du nicht dann auch so gnädig sein und mit mir in das Land der Muselmänner kommen und dich daselbst umsehen, um die tapferen Helden und mich selbst kennenzulernen? du kannst auf meinen Schutz bauen.« – »Bei dem Messias! ich habe dich für einen verständigen Mann gehalten, nun läßt du aber deine Treulosigkeit durchschauen; wie magst du so verräterisch sprechen? Ich weiß recht gut, daß mich euer König Omar Alnuman verfolgen würde, obschon er zwölf Schlösser, jedes mit dreißig Wohnungen und ebensoviel Mädchen, besitzt; auch weiß ich, daß euer Gesetz euch erlaubt, gegen Gefangene oder Leibeigene oder Christinnen euch alles zu erlauben. Was aber eure Helden angeht, so schwöre ich beim Messias, ich habe eure ganze Armee gesehen, als sie unser Gebiet betrat, ich fand aber nichts Edles daran; sie schien nur ein zusammengeraffter Volkshaufen. Wisse auch, daß ich nicht aus Achtung und Liebe, sondern nur aus natürlicher Freigebigkeit gegen dich gütig bin. Du solltest also dergleichen Reden lassen und wärest du auch der berühmte Scharkan.« – »Hast du schon etwas von Scharkan gehört?« —»Wohl habe ich vernommen, daß er mit einer Armee von zehntausend Mann kommen würde, um dem König von Konstantinopel beizustehen.« – »Ich beschwöre dich bei deinem Glauben, erzähle mir den ganzen Hergang des Streites, daß ich die Wahrheit von Lüge unterscheide und wisse, wem es schlecht gehen wird.« – »Bei deinem Glauben! wenn ich nicht befürchtete, man würde erfahren, daß ich ein griechisches Mädchen bin, so hätte ich es allein mit den zehntausend Reitern aufgenommen und ihren Vezier Dendan getötet und Scharkan besiegt. Doch ich habe aus Büchern und Unterhaltungen mit Arabern so viel Bildung erlangt, daß ich es unschicklich finde, meine Tapferkeit selbst zu preisen, obgleich du von meiner Gewandtheit im Ringen dich selbst überzeugt hast. Ich wünschte nur, daß der Messias mir Scharkan hierher schickte, ich würde mich dann als Mann kleiden, ihn gefangennehmen und in Ketten werfen.« Bei diesen Worten erwachte Scharkans Heldenmut und Rittersinn, er wollte sich zu erkennen geben und sie zum Kampf auffordern, aber ihre Schönheit und Anmut hielten ihn gefesselt; wie ein Dichter sagte:

»Begeht eine Schöne einen Fehler, so legen ihre Reize tausend Fürbitten ein; in ihrem Gesicht ist ein mächtiger Fürsprecher, der ihre Untugenden aus dem Herzen tilgt, und wenn du sie zürnend ansiehst, so rufst du bewundernd aus: Sieh, der Vollmond ist aufgegangen. Der mächtige Geist der Belkis würde bei aller Kraft zu Boden stürzen, wenn er mit ihr ringen wollte.«

Scharkan ging daher, ohne zu antworten, mit ihr weiter, bis an ein großes Tor. Als die Christin es öffnete, sah Scharkan einen mit Marmor gepflasterten langen Säulengang vor sich, der von kristallenen Leuchtern erhellt war, welche wie die Sonne strahlten. Am Ende des Gangs standen Sklavinnen mit gestickten und juwelenbesetzten Kopfbinden; sie trugen wohlduftende Wachslichter in der Hand, und führten ihre Gebieterin mit Scharkan in einen Saal, wo mehrere Sofas einander gegenüber standen. Der Boden dieses Saales war ganz von Marmor, die Wände waren mit goldgestickten Vorhängen geziert, und mitten im Saal war ein Springbrunnen mit vierundzwanzig goldenen Röhren, aus denen das Wasser wie Silber schäumend sprudelte. Die Christin, welche die Herrin dieses Hauses war, hieß Scharkan auf ein an der Wand stehendes, mit Seide überzogenes Sofa sitzen, und verließ ihn.

 

Nach einer Weile erkundigte sich Scharkan nach der Christin bei einer Sklavin, und diese antwortete ihm: »Meine Herrin ist zu Bett gegangen und hat uns hiergelassen, um dich zu bedienen.« Sie brachten ihm dann verschiedene Speisen, und nach der Mahlzeit ein goldenes Waschbecken mit einer silbernen Kanne, um seine Hände zu waschen. Dann fing er aber an, um seine Truppen besorgt zu werden, die ihm sein Vater anvertraut hatte; er versank in tiefes Nachdenken, bereute seine Kühnheit, brachte eine sehr unruhige, schlaflose Nacht zu und rezitierte folgende Verse:

»Mir fehlt es nicht an männlichem Ernst, aber ich bin ganz verblüfft, was soll ich beginnen? Wollte mich jemand von der Liebe heilen, ich hätte alsbald meine frühere Kraft wieder gewonnen. Mein Herz ist in die Irrwege der Liebe verstrickt, ich kann nur von Gott meine Rettung erwarten.«

Am folgenden Morgen kam die Christin wieder mit zwanzig Sklavinnen, die ihre Schleppe trugen. Sie hatte ein seidenes, königliches Kleid an, mit einem juwelenbesetzten Gürtel, der ihre Taille bezeichnete und ihren vollen Busen und ihre starken Hüften noch mehr hervorhoben. Auf ihrem Haupt hatte sie ein Perlennetz mit allerlei Edelsteinen. Als Scharkan sie voller Anmut selbstgefällig daherschreiten sah, war er außer sich vor Entzücken. Die Christin sah ihn lange starr an, bis sie ihn endlich erkannte und ihm sagte: »Du hast uns durch deine Anwesenheit große Ehre erwiesen, Scharkan, wie hast du die Nacht zugebracht? Wie ist es dir gegangen, wackerer Held, seitdem ich dich verlassen? Suche nur nicht länger dich zu verbergen, ich kenne dich, du bist des Königs Omar Sohn, und es ziemt so großen Männern nicht, zu lügen; deine Verstellung würde nur meinen Zorn reizen. Das Geschick hat dich nun einmal hierher gebracht, ergib dich gutwillig!« Scharkan sah ein, daß ein längeres Verleugnen unmöglich wäre, er gestand daher, daß er Scharkan sei, sie möge ihm tun, was sie wolle, beugte den Kopf zur Erde und blieb ruhig vor ihr stehen. Da sagte ihm die Christin: »Sei nur frohen Muts, du bist mein Gast, wir haben Salz und Brot miteinander gegessen, du stehst unter meinem Schutz; bei dem Messias, solange ich lebe, soll kein Mensch dir etwas zuleide tun!« Sie setzte sich dann neben ihn und liebkoste ihn solange, bis er seine Furcht verlor und dachte: Hätte sie meinen Tod gewollt, so stand es ja bei ihr, mich schon diese Nacht umbringen zu lassen. Sie sagte dann einer Sklavin etwas in griechischer Sprache; diese blieb eine Weile aus und kam mit einem Speisetisch voll Schüsseln wieder. Scharkan wollte nichts essen, denn er fürchtete, es möchte Gift an den Speisen sein. Die Christin aber erriet seine Gedanken und sagte: »Bei dem Messias! du irrst; wenn ich dich töten wollte, so hätte ich es schon getan;« sie aß dann selbst einen Bissen von jeder Speise, und Scharkan aß ihr nach. Als sie gegessen und sich die Hände gewaschen hatten, ließ die Christin allerlei Wohlgerüche, sowie goldene, silberne und kristallene Trinkgefäße bringen, füllte einen Becher und trank davon, dann füllte sie einen zweiten und überreichte ihn Scharkan, indem sie ihm sagte: »Siehst du, Muselmann, in welch schönes Leben du hineingekommen.« Sie tranken dann miteinander solange, bis Scharkan vor Wein und Liebe den Verstand verlor. Sie rief dann einer Sklavin: »Murdjana, bring Musikinstrumente herbei!« Murdjana holte eine Harfe und eine Laute und überreichte sie ihrer Gebieterin. Diese stimmte die Laute und sang mit einer Stimme, zarter als der Zephyr, folgende Verse:

»Gott verzeihe deinen Augen, die so viel Blut vergießen und so manche Pfeile schleudern. Ich verehre einen Liebenden, der die Geliebte unterdrückt und Mitleid als Verbrechen ansieht.

Heil dem Aug, das deinetwillen stets wacht, und selig ist das Herz, das nach dir stets schmachtet. Du bist ein harter Richter, wenn du mich tötest, und doch gebe ich gern mein Leben für den gewalttätigen Richter.«

Jede Sklavin nahm dann ein anderes Instrument und sang ein griechisches Lied, Dann sang ihre Herrin wieder so schön, daß Scharkan vor Entzücken außer sich war. Da sagte sie ihm: »Muselmann, verstehst du dies? Er antwortete: »Nein, bei Gott! doch der Anblick deiner schönen Finger macht mich schon selig.« – »Und was wirst du tun, wenn ich dir etwas arabisches singe?« – »Ich werde nicht mehr Herr meines Verstandes sein.« Da sang sie folgende Verse:

»Bitter schmeckt die Trennung vom Geliebten; gibt es einen Trost für diesen Schmerz? Dreifache Qual bereitet mir das Abweisen, die Trennung und die Entfernung! Ach, wie liebe ich den Edlen, der mich bezaubert, und wie betrübend wird mir sein Scheiden sein!«

Scharkan verlor das Bewußtsein vor Entzücken, als er diese Verse vernahm, und blieb eine Weile leblos auf dem Boden hingestreckt. Als er wieder zu sich kam, wurden frische Getränke gebracht, und so verging der ganze Tag in angenehmster Unterhaltung bei Wein und Gesang. Sobald aber die Nacht ihre Flügel ausbreitete, zog sich die Christin in ihr Schlafgemach zurück, und Scharkan sagte: »Gott bewache sie!« Am folgenden Morgen kam eine Sklavin zu Scharkan und sagte ihm: »Meine Herrin läßt dich zu sich bitten.« Scharkan ging ihr nach und viele Mädchen begleiteten ihn mit Musik und Gesang, bis er an ein großes Tor von Elfenbein kam, das mit Perlen und Edelsteinen besetzt war. Als es sich öffnete, befand er sich in einem großen Saal mit verschiedenen seidenen Teppichen bedeckt; durch die offenen Fenster dieses Saales hatte er die Aussicht auf Bäume und Bäche; die Wände des Saals waren mit allerlei Bildern geschmückt, die man, wenn der Wind sie in Bewegung setzte, für lebendig hielt. Die Christin, die in diesem Saal saß, stand auf, sobald sie Scharkan erblickte, reichte ihm die Hand, ließ ihn neben sich sitzen und fragte ihn, wie er die Nacht zugebracht? Nachdem sie sich eine Weile miteinander unterhalten hatten, bat sie ihn, einige Verse, die auf Liebende sich beziehen, zu rezitieren; da trug er die Verse vor, die ein Dichter für Assa geschrieben:

»Niemals werde ich von Assas Liebe sprechen, denn ich habe es ihr feierlich geschworen. Die Mönche Madians, welche aus Furcht vor der Hölle weinten, würden, wenn sie, wie ich, Assa gehört hätten, sie angebetet haben und vor ihr niedergefallen sein.«

Sie sagte: »Assa wird für außerordentlich schön gehalten. Der Dichter dieser Verse (Kutheir) war sehr beredt und hat in folgenden beiden Versen seine Liebe zu Assa vortrefflich geschildert:

»Wollte Assa mit der Morgensonne um die Schönheit wetteifern, so würde sie den Preis erhalten; viele Frauen suchen Assa zu beschämen, deren Wangen Gott zu ihren Fußsohlen machen möchte!«

Sie fragte dann: »Was hat wohl der Dichter Djumeil gemeint, als er zu seiner Geliebten sagte:

»Du willst meinen Tod, nichts anderes; während ich nichts wünsche, als dich zu besitzen.«

Scharkan antwortete: »Er meinte wohl dasselbe, was ich auch dir sagen möchte.« Die Christin lachte und brachte den ganzen Tag singend und scherzend mit ihm zu. Abends zog sie sich wieder in ihr Schlafgemach zurück, und am folgenden Morgen ließ sie ihn wieder mit Musikbegleitung von ihren Sklavinnen in einen anderen Salon führen, der noch größer und mit noch viel schöneren Vögeln und wilden Tieren bemalt war. Hier erwartete sie ihn, reichte ihm die Hand und ließ ihn wieder neben sich sitzen.