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Tausend Und Eine Nacht

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Der Prinz Ahmed vermochte den inständigen Bitten der Fee nicht länger zu widerstehen und sagte also zu ihr. »Geliebteste meines Herzens, Gott verlängere das Leben des Sultans, meines Vaters, und segne ihn bis ans Ende seiner Tage! Ich verließ ihn voll Kraft und in der besten Gesundheit. Dies ist es also nicht, was mir den Kummer verursacht, den du an mir gemerkt hast; nein, der Sultan selbst ist es, und die Sache betrübt mich um so mehr, da sie mich in die verdrießliche Notwendigkeit versetzt, dir lästig zu fallen. Fürs erste, geliebte Prinzessin, weißt du, wie sorgfältig ich ihm mit deiner Genehmigung das Glück zu verhehlen gesucht habe, das mir dadurch zuteil wurde, daß ich dich sah, dich liebte, dein Wohlwollen und eine Liebe verdiente und von dir das Gelübde der Treue empfing, indem ich dir das meinige gab; gleichwohl ist es mir unbegreiflich, auf welche Art er alles erfahren hat.«

Bei diesen Worten unterbrach die Fee Pari Banu den Prinzen und sagte zu ihm: »Ich weiß es recht gut. Erinnere dich nur an das, was ich dir in Betreff jener Frau vorausgesagt habe, die sich vor dir krank stellte und mit der du so großes Mitleid hattest; eben diese hat dem Sultan, deinem Vater, alles berichtet, was du ihm verbergen wolltest. Ich hatte dir schon damals gesagt, daß sie so wenig krank sei, als du und ich, und dies hat sich auch bestätigt. Denn kaum hatten die beiden Frauen, denen ich sie zur Pflege übergeben, ihr einen allgemeinen Trank gegen alle Arten von Fieber, dessen sie aber gar nicht bedurfte, überreicht, so stellte sie sich, als hätte dieser Trank sie sogleich geheilt, und ließ sich zu mir führen, um Abschied zu nehmen und unverzüglich von dem Erfolg ihrer Sendung Bericht abzustatten. Ja, sie hatte so große Eile, daß sie fortgegangen wäre, ohne meinen Palast zu besehen, wenn ich ihr nicht zu verstehen gegeben hätte, daß dies wohl der Mühe wert sei, worauf zwei von meinen Frauen sie auf meinen Befehl überall herumführten. Fahre indes nur fort und laß sehen, wodurch der Sultan, dein Vater, dich in die Notwendigkeit versetzt hat, mir lästig zu fallen, was übrigens, wie ich dich zu glauben bitte, niemals vorkommen wird.«

»Liebe Gemahlin«, fuhr hierauf der Prinz Ahmed fort, »es kann dir nicht entgangen sein, daß ich mich bis jetzt mit deiner Liebe begnügt und dich nie um irgend eine andere Gunstbezeigung gebeten habe. Was könnte ich auch bei dem Besitz einer so liebenswürdigen Gemahlin noch weiter wünschen? Ich wußte gut, wie groß deine Macht ist, allein ich hatte mir zur Pflicht gemacht, sie niemals auf die Probe zu stellen. Deswegen beschwöre ich dich, bedenke wohl, daß nicht ich, sonder der Sultan, mein Vater, die meines Erachtens höchst unbescheidene Bitte an dich tut, du möchtest ihm ein Zelt verschaffen, das ihn nebst seinem ganzen Hofe und seinem ganzen Heere, so oft er im Felde ist, gegen die Unbilden der Witterung schütze, dabei aber in einer Hand Platz habe. Ich sage es noch einmal, nicht ich bin es, der um die Gefälligkeit bittet, sondern der Sultan, mein Vater.«

»Prinz«, erwiderte die Fee lächelnd, »es tut mir leid, daß diese Kleinigkeit dir so viel Unruhe und Bekümmernis verursacht hat, wie du so eben blicken ließest. Ich sehe wohl, daß zweierlei Sachen dazu beigetragen haben. Erstens, weil du dir zum Gesetz gemacht hattest, dich mit unserer gegenseitigen Liebe zu begnügen und mich nie um etwas zu bitten, was meine Macht auf die Probe stellen könnte; zweitens, weil du, du magst es nun leugnen oder nicht, der irrigen Ansicht warst, das Begehren, das du auf den Wunsch des Sultans, deines Vaters, an mich richten solltest, liege außerhalb der Grenzen meiner Macht. Was nun den ersten Grund betrifft, so lobe ich dich darob und würde dich nur noch mehr lieben, wenn es irgend möglich wäre. In Beziehung auf den zweiten aber wird es mir nicht schwer werden, dir zu beweisen, daß das Verlangen des Sultans eine Kleinigkeit für mich ist, und daß ich gelegenheitlich noch ganz andere, weit schwierigere Sachen zu vollbringen vermöchte. Deswegen beruhige dich und sei überzeugt, daß du mich nicht nur nicht belästigt hast, sondern ich mir stets ein großes Vergnügen daraus machen werde, dir alles zu bewilligen, um was du mich jemals bittest, sobald dir eine Gefälligkeit damit geschieht.«

Nach diesen Worten befahl die Fee, ihre Schatzmeisterin zu rufen. Die Schatzmeisterin kam und die Fee sagte zu ihr: »Nurdschihan, – so hieß nämlich die Fee, – bring‘ mir das größte Zelt, das in meinem Schatze ist.« Nurdschihan kam nach einer kleinen Weile zurück und brachte ein Zelt, das nicht nur auf ihrer Hand Platz hatte, sondern man konnte es sogar darin verschließen; sie überreichte es ihrer Gebieterin, der Fee, und diese übergab es dem Prinzen Ahmed, damit er es besehen sollte.

Als der Prinz Ahmed sah, was die Fee Pari Banu ein Zelt und zwar das größte Zelt in ihrer Schatzkammer nannte, so glaubte er, sie wolle seiner spotten, und verriet sein Befremden darüber durch Mienen und Gebärden. Pari Banu, die dies bemerkte, lachte laut auf und rief: »Wie! Mein Prinz, meinst du denn, ich wolle deiner spotten? Du sollst sogleich sehen, daß ich nicht so boshaft bin. Nurdschihan«, sagte sie hierauf zu ihrer Schatzmeisterin, indem sie das Zelt aus den Händen des Prinzen nahm und ihr zurückgab, »geh‘, spanne es aus, auf daß der Prinz sehen kann, ob der Sultan, sein Vater, es nicht groß genug finden wird.« Die Schatzmeisterin ging aus dem Palast und entfernte sich so weit, daß beim Ausspannen des Zeltes das eine Ende davon bis an den Palast reichte. Als sie damit fertig war, fand der Prinz Ahmed es nicht nur nicht zu klein, sondern groß genug, um zwei ebenso zahlreichen Heeren, wie das des Sultans von Indien war, ein Obdach zu verschaffen. »Prinzessin«, sagte er jetzt zu Pari Banu, »ich bitte dich tausendmal um Verzeihung wegen meiner Ungläubigkeit. Nach dem, was ich jetzt sehe, glaube ich nicht, daß dir irgend etwas, was du einmal unternehmen willst, unmöglich sein könnte.« – »Du siehst«, erwiderte die Fee, »das Zelt ist größer, als nötig war; indes mußt du wissen, daß es die Eigenschaft hat, ganz selbst, ohne daß jemand Hand daran legt, größer oder kleiner zu werden, je nach der Größe dessen, was dadurch bedeckt werden soll.«

Die Schatzmeisterin schlug das Zelt wieder ab, legte es in seine vorige Lage und übergab es dem Prinzen. Der Prinz Ahmed nahm es, und gleich am folgenden Tage stieg er ohne längeres Zögern mit seiner gewöhnlichen Begleitung zu Pferd, um es dem Sultan, seinem Vater, zu überreichen.

Der Sultan, der des festen Glaubens lebte, ein solches Zelt, wie er verlangt hatte, könne gar nicht aufgefunden werden, erstaunte nicht wenig über die schnelle Rückkehr seines Sohnes. Er empfing das Zelt und wunderte sich über die Maßen, daß es so klein war; noch höher aber stieg seine Bewunderung, als er es auf der oben erwähnten Ebene ausspannen ließ und sich überzeugte, daß noch zwei andere ebenso große Heere, wie das seinige, bequem darunter Platz gehabt hätten. Da er indes diesen letzteren Umstand als überflüssig und beim Gebrauch sogar unbequem hätte betrachten könne, so vergaß der Prinz Ahmed nicht, ihn darauf aufmerksam zu machen, daß die Größe des Zeltes sich stets der Stärke seines Heeres anpassen werde.

Der Sultan von Indien stellte sich, als ob er seinem Sohne sehr dankbar für dieses prachtvolle Geschenk wäre, und bat ihn, der Fee Pari Banu in seinem Namen schönstens zu danken; zugleich befahl er, zum Beweis, wie hoch er dasselbe schätze, es sorgfältig in seiner Schatzkammer aufzubewahren; allein in seinem Inneren erwachte jetzt eine weit ärgere Eifersucht, als seine Schmeichler und die Zauberin ihm eingeflößt hatten, wenn er bedachte, daß sein Sohn mit Hilfe der Fee Sachen ausführen könne, die unendlich weit über die Grenzen seiner eigenen Macht hinaus gingen, obgleich er einer der gewaltigsten und reichsten König des Erdkreises war. Er wurde dadurch nur noch mehr aufgereizt, alles aufzubieten, um ihn zugrunde zu richten, und fragte die Zauberin darüber um Rat; diese aber riet ihm, den Prinzen aufzufordern, daß er ihm Wasser aus der Löwenquelle bringen sollte.

Als nun der Sultan abends, wie gewöhnlich, seine Höflinge um sich versammelt hatte und der Prinz Ahmed ebenfalls zugegen war, so sprach er folgendermaßen zu ihm: »Mein Sohn, ich habe dir bereits innigen Dank für das Zelt ausgesprochen, das du mir verschafft hast, und das ich als das kostbarste Stück in meiner ganzen Schatzkammer betrachte; du mußt mir aber noch einen anderen Gefallen tun, womit du mich ebenso sehr erfreuen kannst. Ich habe nämlich gehört, daß deine Gemahlin die Fee sich eines gewissen Wassers aus der Löwenquelle bediene, um alle möglichen Arten von Fieber, auch die gefährlichsten, zu heilen; da ich nun vollkommen überzeugt bin, daß meine Gesundheit dir sehr am Herzen liegt, so zweifle ich nicht daran, daß du die Güte haben werdest, für mich ein Gefäß mit solchem Wasser zu erbitten und es mir zu überbringen, als ein Heilmittel, dessen ich jeden Augenblick bedürftig werden kann. Erweise mir auch noch diesen wichtigen Dienst und setze dadurch deiner kindlichen Liebe, wie sie ein guter Sohn gegen einen guten Vater haben muß, die Krone auf.«

Der Prinz Ahmed, welcher geglaubt hatte, der Sultan, sein Vater, werde sich mit dem Besitz eines so einzigen und nützlichen Zeltes, wie er ihm gebracht, begnügen und ihm keinen neuen Auftrag mehr aufbürden, der ihn bei der Fee Pari Banu in Ungunst setzen könnte, war über diese zweite Forderung sehr verdrießlich, obgleich seine Gemahlin ihn versichert hatte, daß sie ihm alles bewilligen werde, was in ihrer Macht stehe. Er schwieg eine Weile, ohne zu wissen, was er antworten sollte; endlich aber nahm er das Wort und sagte: »Herr, ich bitte dich, als gewiß anzunehmen, daß es nichts gibt, was ich nicht zu tun oder zu unternehmen bereit wäre, um dir etwas zu verschaffen, was zur Verlängerung deines Lebens beitragen kann; nur wünschte ich, daß es ohne die Vermittlung meiner Gemahlin geschehen könnte, und kann es daher nicht wagen, mit Gewißheit zu versprechen, daß ich dieses Wasser bringen werde. Alles, was ich geben kann, ist die Versicherung, daß ich darum bitten werde, jedoch mit demselben Widerwillen, wie bei dem Zelte.« Als der Prinz Ahmed nun am anderen Tage zur Fee Pari Banu zurückgekehrt war, stattete er ihr einen aufrichtigen und treuen Bericht über alles ab, was er getan hatte und was am Hofe seines Vaters bei Überreichung des Zeltes vorgegangen war. Er meldete ihr dafür den großen Dank des Sultans und erzählte zugleich, welche neue Bitte er in seinem Namen an sie zu machen hatte; er schloß mit den Worten: »Geliebte Prinzessin, ich teile dir dies alles nur als einen einfachen Bericht über das mit, was zwischen meinem Vater und mir vorgegangen ist; im übrigen kannst du tun, was du willst, und ich bin ebenso zufrieden, wenn du seinen Wunsch erfüllst, als wenn du ihn gar nicht berücksichtigst; denn ich will nichts, als was dir angenehm ist.«

 

»Nein, nein«, antwortete die Fee Pari Banu, »es ist mir sehr angenehm, dem Sultan von Indien zeigen zu können, daß du mir nicht gleichgültig bist. Ich will ihn zufrieden stellen, und welche Ratschläge ihm auch die Zauberin erteilen kann (denn ich sehe wohl, daß er nur auf sie hört), so soll er weder mich noch dich in Verlegenheit bringen können. Es liegt diesmal etwas Boshaftes in seiner Forderung, wie ich dir sogleich auseinandersetzen werde, Die Löwenquelle befindet sich nämlich mitten im Hof eines großen Schlosses, dessen Eingang von vier ungeheuren Löwen bewacht wird, von denen immer zwei schlafen, während die anderen wachen; denn sie wechseln so miteinander ab. Laß dich indes dadurch nicht bekümmern; ich werde dir ein Mittel an die Hand geben, vermöge dessen du ohne die mindeste Gefahr mitten durch sie hindurchgehen kannst.«

Die Fee Pari Banu war eben mit Nähen beschäftigt, und da sie mehrere Zwirnknäuel neben sich liegen hatte, so nahm sie einen, überreichte ihn dem Prinzen Ahmed und sagte: »Zuerst nimm diesen Knäuel, ich werde dir bald sagen, wozu du ihn gebrauchen kannst. Fürs zweite laß zwei Pferde anschirren, eines, um darauf zu reiten, das andere, um es als Handpferd nebenher zu führen, belastet mit einem in vier Teile geschnittenen Hammel, der heute noch geschlachtet werden muß. Drittens versieh dich mit einem Gefäß, daß ich dir geben lassen werde, damit du Wasser damit schöpfen kannst. Morgen in aller Frühe setze dich dann zu Pferd, führe das andere Pferd am Zügel nebenher, und sobald du vor der eisernen Türe draußen bist, so wirf den Zwirnknäuel aus. Er wird dann anfangen zu rollen und immer fortrollen bis ans Tor des Schlosses. Du reitest ihm nach, und da das Tor offen sein wird, so wirst du die vier Löwen erblicken. Die beiden wachenden werden durch ihr Gebrüll sogleich die beiden anderen schlafenden aufwecken. Erschrick indes nicht darüber, sondern wirf, ohne vom Pferd abzusteigen, jedem ein Hammelviertel zu. Hierauf gib deinem Pferd die Sporen und reite, so schnell du kannst, zur Quelle; dort fülle, aber ohne abzusteigen, dein Gefäß und eile dann mit derselben Schnelligkeit zurück. Die Löwen werden noch mit Fressen beschäftigt sein und dich ungehindert hinausziehen lassen.« Der Prinz Ahmed ritt am anderen Morgen zur Stunde, welche die Fee Pari Banu bestimmt hatte, aus und vollzog Punkt für Punkt, was sie ihm vorgeschrieben. Er gelangte ans Tor des Schlosses, warf die Hammelviertel den vier Löwen zu, ritt sodann unerschrocken mitten durch sie hindurch, kam bis zur Quelle und füllte sein Gefäß mit Wasser. Sodann kehrte er sogleich wieder um und gelangte gesund und wohlbehalten wieder zum Schlosse hinaus. Als er aber ein Stück Weges fortgeritten war, sah er sich um und erblickte zwei Löwen, die hinter ihm hersprangen. Er erschrak indes nicht, sondern zog seinen Säbel und wollte sich zur Wehr setzen. Da er aber unterwegs bemerkte, daß der eine in einiger Entfernung seitwärts ablenkte und mit Kopf und Schweif zu verstehen gab, er komme nicht, um ihm etwas zuleide zu tun, sondern um vor ihm herzulaufen, und daß der andere zurückblieb, um hintennach zu folgen, so steckte er seinen Säbel wieder ein und ritt unausgesetzt bis in die Hauptstadt Indiens. Die beiden Löwen begleiteten ihn fortwährend und wichen nicht von ihm, bis sie vor das Tor des königlichen Palastes kamen. Hier ließen sie ihn allein hineinreiten und sprangen dann denselben Weg, den sie gekommen waren, zurück, zum großen Entsetzen des Volkes und aller derer, welche sie erblickten und sich entweder versteckten, oder rechts und links von ihrem Wege ab flohen, obwohl die Löwen in gleichmäßigem Gange vorwärts eilten und durchaus mit keinem Zeichen ihre Wildheit verrieten. Mehrere Palastbeamte eilten sogleich herbei, um dem Prinzen Ahmed vom Pferd zu helfen und begleiteten ihn bis vor die Zimmer des Sultans, der eben mit seinen Günstlingen sprach. Er näherte sich dem Throne, stellte das Gefäß zu den Füßen des Sultans, küßte den reichen Teppich, der die Stufen des Thrones bedeckte, stand dann wieder auf sagte: »Herr, hier ist das heilsame Wasser, welches mein Herr in der Sammlung von Kostbarkeiten und Seltenheiten zu besitzen wünscht, die seinen Schatz zieren und bereichern. Indessen wünsche ich dir eine so vollkommene Gesundheit, daß du nie in den Fall kommst, Gebrauch davon machen zu müssen.«

Als der Prinz seine Anrede geendigt hatte, hieß der Sultan ihn zu seiner Rechten Platz nehmen und sagte zum ihm: »Mein Sohn, ich bin dir für dein Geschenk um so mehr verbunden, als du dich mir zuliebe großer Gefahr ausgesetzt hast. (Er hatte dies nämlich von der Zauberin erfahren, die sowohl von der Löwenquelle, als von der Gefahr wußte, welche mit dem Wasserschöpfen daselbst verbunden war.) Tu mir jetzt den Gefallen«, fuhr er fort, »und sage mir, durch welche Geschicklichkeit oder welche unglaubliche Kraft du dein Leben gesichert hast.« – »Herr«, antwortete der Prinz Ahmed, »ich kann dein Lob durchaus nicht annehmen, sondern es gebührt einzig und allein meiner Gemahlin, der Fee, und ich habe dabei bloß den Ruhm anzusprechen, daß ich ihren guten Rat befolgt habe.« Er setzte ihm hierauf auseinander, worin dieser gute Rat bestanden habe, und erzählte ihm die ganze Reise, die er gemacht und wie er sich dabei benommen. Als er zu Ende war, stand er Sultan, der ihn fortwährend mit großen Freudenbezeugungen, aber innerlich mit immer wachsender Eifersucht, angehört hatte, auf, zog sich ins Innere seines Palastes zurück und ließ sogleich die Zauberin vor sich führen. Die Zauberin ersparte dem Sultan die Mühe, ihr die Ankunft des Prinzen Ahmed und den Erfolg seiner Reise zu erzählen. Sie war durch das Gerücht, das sich in der ganzen Stadt verbreitet hatte, gleich anfangs davon unterrichtet worden und hatte bereits ein Mittel ausgedacht, das sie für ganz unfehlbar hielt. Dieses Mittel teilte sie nun dem Sultan mit, und der Sultan erklärte es am anderen Tag in der Versammlung seiner Höflinge dem Prinzen Ahmed, der sich ebenfalls daselbst eingefunden hatte, mit folgenden Worten: »Mein Sohn, ich habe nur noch eine einzige Bitte an dich, und dann will ich keine weiteren Ansprüche mehr auf deinen Gehorsam und Einfluß bei deiner Gemahlin, der Fee, machen. Ich wünsche nämlich, daß du mir einen Mann herbeischaffst, der nicht über anderthalb Fuß groß sei, einen dreißig Fuß langen Bart habe und auf der Schulter eine fünfhundert Pfund schwere Eisenstange trage, die ihm als ein an beiden Enden beschlagener Stab diene; er muß übrigens auch sprechen können.«

Der Prinz Ahmed, der nicht glaubte, daß es auf der Welt einen solchen Menschen geben könne, wie sein Vater verlangte, wollte sich entschuldigen, allein der Sultan beharrte auf seiner Forderung und wiederholte ihm, die Fee vermöge noch weit unglaublichere Dinge.

Als nun der Prinz am folgenden Tage in das unterirdische Reich Pari Banus zurückgekehrt war, teilte er ihr die neue Forderung des Sultans, seines Vaters, mit und sagte, daß er diese Sache noch für weit unmöglicher halte, als die beiden früheren. »Ich für meine Person«, fuhr er fort, »kann mir durchaus nicht denken, daß es auf der ganzen Welt eine solche Art von Menschen geben soll. Er will mich ohne Zweifel auf die Probe stellen, ob ich wohl einfältig genug bin, mir viele Mühe zu geben, denselben aufzufinden, oder wenn es dergleichen gibt, so muß er die Absicht haben, mich zugrunde zu richten. Denn wie kann er verlangen, daß ich mich eines so kleinen Männleins bemächtigen soll, wenn es auf diese furchtbare Art bewaffnet ist? Welcher Waffen könnte ich mich bedienen, um ihn meinem Willen unterwürfig zu machen? Wenn es wirklich einen solchen Mann gibt, so bitte ich dich, mir ein Mittel zu sagen, wie ich mich mit Ehren aus diesem Handel ziehen kann.« – »Mein Prinz«, erwiderte die Fee, »sei deshalb ohne Sorgen. Gefahr gab es bloß damals, als du dem Sultan, deinem Vater, Wasser aus der Löwenquelle bringen mußtest; nicht aber jetzt, wo es sich darum handelt, den Mann aufzufinden, welchen er verlangt. Dieser Mann ist nämlich mein Bruder Schaibar, der zwar denselben Vater, wie ich, aber sonst durchaus nicht die mindeste Ähnlichkeit mit mir hat; denn er ist von so heftiger Gemütsart, daß er, sobald man ihm mißfällt oder ihn beleidigt, sich durch nichts abhalten läßt, blutige Beweise seines Zornes zu geben. Sonst aber ist er der beste Mensch von der Welt, und stets bereit, jede Gefälligkeit zu erweisen. Er ist ganz so gestaltet, wie ihn der Sultan, dein Vater, beschrieben hat, und führt keine andere Waffe, als die fünfhundert Pfund schwere eiserne Stange, ohne die er niemals ausgeht, und die er dazu benützt, sich in Respekt zu setzen. Ich will ihn sogleich kommen lassen, damit du selbst siehst, daß ich die Wahrheit spreche; bereite dich indes vor, daß du über seine seltsame Gestalt nicht erschrickst, wenn du ihn erscheinen siehst.« – »Meine Königin«, antwortete der Prinz Ahmed, »du sagst, Schaibar sei dein Bruder? So häßlich und mißgestaltet er auch sein mag, so ist mir dies allein schon genug, daß ich bei seinem Anblick nicht erschrecken, sondern ihn lieben, ehren und als meinen nächsten Angehörigen betrachten werde.« Die Fee ließ sich hierauf in die Vorhalle ihres Palastes eine goldene Rauchpfanne mit glühenden Kohlen, und eine Kapsel von demselben Metall bringen. Aus der Kapsel nahm sie wohlriechendes Rauchwerk, das darin aufbewahrt war, und als sie es in die Rauchpfanne geworfen hatte, stieg ein dicker Rauch daraus empor. Einige Augenblicke nach dieser Zeremonie sagte die Fee zu dem Prinzen Ahmed: »Siehst du, Prinz, da kommt mein Bruder.« Der Prinz sah hin und bemerkte Schaibar, der nicht über anderthalb Fuß hoch war, und mit seiner fünfhundert Pfund schweren eisernen Stange auf der Schulter und dem stattlichen, dreißig Fuß langen Barte, der sich vorn in der Höhe erhielt, feierlich einherschritt. Sein Schnauzbart war verhältnismäßig dick und bis zu den Ohren aufgestülpt, so daß er beinahe das ganze Gesicht bedeckte; seine Schweinsaugen steckten tief in dem ungeheuer dicken und mit einer spitzigen Mütze bedeckten Kopfe. Außerdem war er vorn und hinten bucklig.

Hätte der Prinz nicht vorher gewußt, daß Schaibar Pari Banus Bruder war, so hätte er ihn nicht ohne das größte Entsetzen ansehen können; so aber war er beruhigt, erwartete ihn festen Fußes mit der Fee, und empfing ihn, ohne die mindeste Verzagtheit zu verraten. Schaibar, der, als er näher kam, den Prinzen Ahmed mit einem Blick ansah, welcher ihm das Herz im Leibe zu Eis hätte verwandeln können, fragte Pari Banu sogleich, wer dieser Mensch sei? »Lieber Bruder«, erwiderte sie, »das ist mein Gemahl; er heißt Ahmed und ist der Sohn des Sultans von Indien. Ich würde dich zu meiner Hochzeit eingeladen haben, allein ich wollte dich nicht von dem Kriegszuge abhalten, den du damals vorhattest, und von dem du jetzt, wie ich mit vielem Vergnügen gehört habe, siegreich zurückgekehrt bist. Bloß ihm zuliebe habe ich mir die Freiheit genommen, dich rufen zu lassen.« Bei diesen Worten blickte Schaibar den Prinzen Ahmed mit einem freundlichern Auge an, worin aber immer noch sein ganzer Stolz und seine ganze Wildheit zu lesen war, und sagte: »Liebe Schwester kann ich ihm in irgend etwas dienen? Er darf nur sprechen. Da er dein Gemahl ist, so halte ich es für Pflicht, ihm in allem, was er nur wünschen mag, gefällig zu sein.« – »Der Sultan, sein Vater«, antwortete Pari Banu, »ist neugierig, dich zu sehen: Ich bitte dich also um die Gefälligkeit, dich von ihm hinführen zu lassen.« – »Er soll nur vorangehen«, erwiderte Schaibar, »ich bin bereit, ihm zu folgen.« – »Lieber Bruder«, versetzte Pari Banu, »es ist heute zu spät, um diese Reise noch zu unternehmen: Habe also die Gefälligkeit, sie auf morgen aufzuschieben. Da es indes gut ist, daß du von allem unterrichtet wirst, was seit unserer Verheiratung zwischen dem Sultan von Indien und dem Prinzen Ahmed vorgegangen ist, so will ich es dir heute abend erzählen.«

 

Am anderen Morgen brach Schaibar, von allem, was ihm zu wissen nötig war, unterrichtet, mit dem Prinzen Ahmed auf, der ihn dem Sultan vorstellten sollte. Als sie vor die Hauptstadt kamen und Schaibar sich am Tore zeigte, so wurden alle, die ihn sahen, beim Anblick dieser scheußlichen Gestalt so von Entsetzen ergriffen, daß sie sich in die Buden oder Häuser versteckten und die Türen hinter sich zuschlossen: Andere aber ergriffen die Flucht und teilten allen, denen sie begegneten, dasselbe Entsetzen mit, so daß sie sogleich umkehrten, ohne nur hinter sich zu sehen. Auf diese Art fanden Schaibar und der Prinz Ahmed, die mit abgemessenen Schritten vorwärts gingen, alle Straßen und öffentlichen Plätze bis zum Palast des Sultans öde und menschenleer. Die Pförtner des Palastes aber ergriffen, statt wenigstens Vorkehrungen zu treffen, daß Schaibar nicht hereinkommen könnte, nach allen Seiten hin die Flucht und ließen das Tor offen stehen. So kamen denn der Prinz und Schaibar unverhindert bis an den Beratungssaal, wo der Sultan auf dem Throne sitzend seine Befehle austeilte, und da die Türsteher auch hier bei Schaibars Erscheinung ihren Posten im Stich ließen, so traten sie ohne Hindernis hinein. Schaibar näherte sich stolz und mit erhobenem Kopfe dem Throne, und ohne zu warten, bis der Prinz Ahmed ihn vorstellte, redete er den Sultan von Indien mit folgenden Worten an: »Du hast nach mir verlangt, hier bin ich, was willst du von mir?« Der Sultan konnte nicht antworten, sondern hielt seine Hände vor die Augen und wandte sein Gesicht ab, um diese entsetzliche Gestalt nicht sehen zu müssen. Da ergrimmte Schaibar über diesen unhöflichen und beleidigenden Empfang, nachdem man ihn doch herbemüht hatte; er hob seine Eisenstange auf und schlug sie mit den Worten: »So sprich doch!« dem Sultan auf den Kopf, so daß er tot niedersank. Dies geschah so schnell, daß der Prinz Ahmed keine Zeit hatte, für ihn um Gnade zu bitten; alles, was er tun konnte, war, daß er ihn verhinderte, auch den Großvezier tot zu schlagen, der nicht weit von der Rechten des Sultans saß, indem er ihm vorstellte, daß er mit den guten Ratschlägen, die derselbe seinem Vater gegeben, nur zufrieden sein könne. »Diese da also«, sagte Schaibar, »haben ihm immer die schlechten Ratschläge gegeben?« So sprechend schlug er die anderen Veziere rechts und links, welche sämtlich Günstlinge und Schmeichler des Sultans und Feinde des Prinzen Ahmed waren. So viele Schläge, so viele Tote, und nur diejenigen entkamen, die der Schrecken nicht regungslos gemacht und gehindert hatte, sich durch die Flucht zu retten. Als das schreckliche Gemetzel zu Ende war, ging Schaibar zum Beratungssaale hinaus, und als er mit seiner Eisenstange auf der Schulter mitten auf den Hof gekommen war, sah er den Großvezier, der den Prinzen Ahmed, seinen Lebensretter, begleitete, an und sagte zu ihm: »Ich weiß, daß eine gewisse Zauberin hier lebt, die dem Prinzen, meinem Schwager, noch weit aufsässiger ist, als die unwürdigen Günstlinge, welche ich soeben gezüchtigt habe; ich will, daß man diese Zauberin vor mich führe.« Der Großvezier schickte nach ihr, und man brachte sie und Schaibar schlug sie mit seiner Eisenstange, indem er ihr zurief: »Ich will dich lehren, verderbliche Ratschläge zu geben und dich krank zu stellen.« Die Zauberin sank auf der Stelle tot nieder. »Das ist immer noch nicht genug«, sagte Schaibar, »ich werde auch noch die ganze Stadt schlagen, wenn sie nicht augenblicklich den Prinzen Ahmed, meinen Schwager, als ihren Sultan und als Sultan von Indien anerkennt.« Alsbald riefen alle, die zugegen waren und diesen Ausspruch hörten, so laut sie konnten: »Es lebe Sultan Ahmed!« und in wenigen Augenblicken widerhallte die ganze Stadt von demselben Rufe. Schaibar ließ ihm das Gewand des Sultans von Indien anlegen, setzte ihn feierlich auf den Thron, und nachdem er ihm hatte huldigen und den Eid der Treue schwören lassen, holte er seine Schwester Pari Banu ab, führte sie mit großer Pracht ein und ließ sie als Sultanin von Indien ausrufen.

Was nun den Prinzen Ali und die Prinzessin Nurunnihar betrifft, die an der soeben bestraften Verschwörung gegen den Prinzen Ahmed keinem Teil genommen, ja nicht einmal darum gewußt hatten, so wies ihnen Ahmed eine bedeutende Provinz an, um darin den Rest ihrer Tage zuzubringen. Auch schickte er einen seiner Beamten an seinen ältesten Bruder, den Prinzen Husein, um ihm die eingetretene Veränderung anzuzeigen und das Anerbieten zu machen, daß er sich irgend eine Provinz im ganzen Reiche, welche er wolle, auswählen könne, um sie als sein Eigentum in Besitz zu nehmen. Der Prinz Husein aber fühlte sich in seiner Einsamkeit so glücklich, daß er dem Abgesandten auftrug, seinem jüngeren Bruder, dem Sultan, in seinem Namen herzlich für dies gefällige Anerbieten zu danken, ihn seiner Unterwürfigkeit zu versichern und ihm anzuzeigen, er bitte sich bloß die einzige Gnade aus, daß ihm erlaubt sein möge, in seiner selbstgewählten Zurückgezogenheit sein Leben zuzubringen.