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Tausend Und Eine Nacht

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Die Zauberin entfernte sich aus dem Palast, und da man sie belehrte, an welchem Ort der Prinz Ahmed seinen Pfeil gefunden hatte, so begab sie sich augenblicklich dahin und versteckte sich in der Nähe der Felsen, so daß sie nicht bemerkt werden konnte. Am anderen Morgen reiste der Prinz Ahmed in aller Frühe ab, ohne weder beim Sultan, noch irgend einem anderen bei Hof Abschied genommen zu haben, denn dies war so seine Gewohnheit. Die Zauberin sah ihn kommen und begleitete ihn mit den Augen so weit, bis sie ihn samt seinem Gefolge aus dem Gesichte verlor. Da die Felsen so steil waren, daß kein Sterblicher weder zu Fuß, noch zu Roß sie hätte übersteigen können, so schloß die Zauberin, hier können nur zwei Sachen möglich sein: Entweder müsse sich der Prinz in irgend eine Höhle zurückziehen oder an einen unterirdischen Ort, wo Geister und Feen wohnen. Sobald sie nun vermuten konnte, daß der Prinz mit seinen Leuten verschwunden und in die Höhle oder den unterirdischen Ort, den sie sich dachte, eingegangen sein müsse, so verließ sie ihr Versteck und ging geraden Wegs auf die Schlucht zu, wo sie dieselben hineinreiten gesehen hatte. Sie ging nun selbst hinein und schritt so weit vor, bis die Schlucht sich in allerlei Krümmungen endigte; hier sah sie sich nach allen Seiten um und ging mehrere Male auf und ab. Allein trotz der angestrengtesten Aufmerksamkeit konnte sie weder eine Höhlenöffnung entdecken, noch die eiserne Türe, die dem Prinzen Ahmed sogleich aufgefallen war. Diese Türe war nämlich bloß für Männer sichtbar, und zwar nur für solche, deren Gegenwart der Fee Pari Banu angenehm sein konnte, nicht aber für Frauen. Da die Zauberin sah, daß sie sich vergeblich abmühte, so beschloß sie endlich, sich mit dieser Entdeckung zu begnügen. Sie ging also wieder nach Hause, um dem Sultan Bericht abzustatten, und nachdem sie ihm umständlich alles erzählt, was sie getan hatte, fügte sie hinzu: »Mein Herr wird aus dem, was ich eben zu erzählen die Ehre hatte, deutlich ersehen, daß es mir nicht schwer fallen wird, ihm über das Betragen des Prinzen Ahmed den befriedigendsten Aufschluß zu geben, den er nur wünschen kann. Ich will für jetzt noch nicht sagen, was ich davon halte: Ich ziehe es vor, dir eine so genaue Kenntnis davon zu verschaffen, daß du gar nicht mehr zweifeln kannst. Um dies aber möglich zu machen, erbitte ich mir Zeit und Geduld, nebst der Erlaubnis, mich nach eigenem Gutdünken schalten zu lassen, ohne nach den Mitteln zu fragen, deren ich mich dabei zu bedienen gedenke.« Der Sultan genehmigte zum voraus alle Maßregeln, welche die Zauberin ergreifen würde. »Du kannst tun, was du willst«, sagte er zu ihr, »um die Sache zum Ende zu führen; ich will dir nichts dareinreden und mit Geduld erwarten, bis du deine Versprechungen erfüllst. « Dann schenkte er ihr noch zur Aufmunterung einen sehr kostbaren Diamant mit der Bemerkung, dies bekomme sie bloß vorläufig, die vollständige Belohnung werde nachfolgen, sobald sie ihm den wichtigen Dienst, wobei er sich ganz auf ihre Geschicklichkeit verlasse, geleistet haben würde. Da der Prinz Ahmed, seit er von der Fee Pari Banu die Erlaubnis erhalten hatte, dem Sultan von Indien seine Aufwartung zu machen, regelmäßig jeden Monat einmal erschienen war, so wartete die Zauberin, die dies recht gut wußte, bis der laufende Monat zu Ende ging. Einen oder zwei Tage vorher aber begab sie sich an den Fuß des Felsen, und zwar an die Stelle, wo sie den Prinzen und seine Leute aus den Augen verloren hatte, und wartete dort, um den Plan, welchen sie entworfen, auszuführen. Gleich am anderen Tag ritt der Prinz Ahmed, wie gewöhnlich, mit demselben Gefolge, das ihn jedesmal zu begleiten pflegte, zur eisernen Türe heraus und kam ganz in die Nähe der Zauberin, die er nicht für das erkannte, was sie wirklich war. Da er bemerkte, daß sie den Kopf auf den Felsen gelehnt da lag und gar jämmerlich klagte, wie wenn sie von heftiger Krankheit geplagt wäre, so bewog ihn das Mitleid, seitwärts abzulenken, sich ihr zu nähern und sie zu fragen, was für einen Schmerz sie habe und was er zu ihrer Linderung tun könne? Die arglistige Zauberin sah den Prinzen, ohne den Kopf empor zu heben, so jammervoll an, daß sein bereits rege gemachtes Mitleid noch dadurch vermehrt wurde, und antwortete bloß mit abgebrochenen Worten, als ob es ihr sehr schwer würde zu atmen, sie sei vom Hause weggegangen, um sich in die Stadt zu begeben, aber unterwegs habe sie ein so heftiges Fieber befallen, daß ihr die Kräfte geschwunden und sie genötigt worden sei, anzuhalten und in dieser unbewohnten Gegend ganz ohne alle Aussicht auf Beistand in dem Zustande zu bleiben, worin er sie gefunden. »Gute Frau«, antwortete der Prinz Ahmed, »du bist nicht so weit von der nötigen Hilfe entfernt, als du glaubst. Ich bin bereit, es dir zu beweisen und dich ganz in der Nähe von da an einen Ort hinzubringen, wo man dich nicht nur aufs sorgfältigste verpflegen, sondern auch in Bälde vollkommen wieder herstellen wird. Du darfst bloß aufstehen und erlauben, daß einer meiner Leute dich hinter sich aufs Pferd nimmt.«

Die Zauberin, die sich bloß deshalb krank stellte, um zu erfahren, wo der Prinz Ahmed wohne, was er treibe, und überhaupt, wie es ihm ergehe, lehnte dieses freundliche Anerbieten nicht ab, und um ihm mehr durch die Tat, als durch die Worte zu beweisen, daß sie es sehr gerne annehme, stellte sie sich, als gebe sie sich sehr große Mühe, um aufzustehen, werde aber durch die Heftigkeit ihrer angeblichen Krankheit daran verhindert. Indes stiegen sogleich zwei von den Reitern ab, halfen ihr auf die Beine und setzten sie hinter einen anderen Reiter aufs Pferd. Während sie selbst wieder aufstiegen, sprengte der Prinz an der Spitze seiner Reiterschar den Weg zurück und gelangte bald an die eiserne Türe, die ein vorausgeschickter Reiter geöffnet hatte. Er ritt hinein, und als er in den Hof des Feenpalastes gelangt war, stieg er nicht ab, sondern ließ der Fee durch einen seiner Leute melden, daß er sie zu sprechen wünsche. Die Fee Pari Banu eilte um so schneller herbei, weil sie nicht begreifen konnte, warum der Prinz Ahmed wohl so schnell wieder umgekehrt. Dieser ließ ihr indes keine Zeit, nach dem Grunde zu fragen, sondern sagte zu ihr, indem er auf die Zauberin deutete, welche zwei seiner Leute vom Pferd herabgehoben hatten und unter den Armen hielten: »Liebe Prinzessin, ich bitte dich, schenke dieser Frau ebenso viel Mitleid, wie ich. In dem Zustande, worin du sie jetzt siehst, habe ich sie soeben angetroffen und ihr den nötigen Beistand versprochen. Ich empfehle sie dir nun in der Überzeugung, daß du sie sowohl aus eigenem Antrieb, als auch aus Rücksicht auf meine Bitte nicht hilflos lassen wirst.«

Die Fee Pari Banu, welche während der Rede des Prinzen Ahmed ihre Augen auf die angebliche Krankheit geheftet hatte, befahl zweien ihrer Frauen, die ihr gefolgt waren, dieselbe aus den Händen der beiden Reiter zu übernehmen, in ein Zimmer des Palasts zu führen und ebenso sorgfältig zu verpflegen, wie wenn sie es selbst wäre. Während aber die beiden Frauen den empfangenen Befehl vollzogen, trat Pari Banu zu dem Prinzen Ahmed und sagte leise zu ihm: »Prinz, ich lobe dein Mitleid, es ist deiner und deines Ranges würdig, und mit großem Vergnügen werde ich deinen guten Absichten entsprechen; erlaube mir indes, dir zu sagen, daß ich sehr fürchte, diese gute Absicht möchte uns schlecht belohnt werden. Es scheint mir durchaus nicht, als ob die Frau so krank wäre, wie sie vorgibt, und mich müßte alles täuschen, wenn sie nicht ausdrücklich ausgesandt ist, um dir Unannehmlichkeiten zu bereiten. Laß dich indes dies nicht kümmern; was man auch anzetteln mag, so kannst du überzeugt sein, daß ich dich aus allen Schlingen befreien werde, welche man dir legt. So gehe denn hin und setze deine Reise fort.« Der Prinz Ahmed ließ sich durch diese Worte nicht beunruhigen und antwortete seiner Gemahlin: »Prinzessin, da ich mich nicht erinneren kann, irgend jemandem etwas zuleide getan zu haben, und da ich auch gegen niemanden eine böse Absicht hege, so kann ich mir durchaus nicht denken, wer wohl im Sinne haben sollte, mir ein Leid zuzufügen. Dem mag übrigens sein, wie ihm wolle, ich werde nie aufhören, Gutes zu tun, so oft sich mir Gelegenheit darbietet.« Herauf nahm er Abschied von der Fee, trennte sich von ihr und setzte seine Reise, die er wegen der Zauberin unterbrochen hatte, wieder fort. Nach wenigen Stunden langte er am Hofe des Sultans von Indien an, der ihn fast ganz wie gewöhnlich empfing, da er sich so viel als möglich Gewalt antat, um seine Unruhe nicht blicken zu lassen; denn die Einflüsterungen seiner Günstlinge hatten ihm doch einigen Verdacht eingeflößt.

Indes hatten die beiden Frauen, welchen die Fee Pari Banu die Sache aufgetragen, die Zauberin in ein sehr schönes und reich geschmücktes Zimmer geführt. Sie ließen sie zuerst auf ein Sofa sitzen, wo sie sich auf ein Kissen von Goldbrokat lehnte, und bereiteten ihr dann auf demselben Sofa eine Lagerstätte, deren Unterdecken aus Atlas und mit Seidestickereien verziert waren; das Bettuch bestand aus der feinsten Leinwand und die Oberdecke war von Goldstoff. Als sie ihr nun ins Bett geholfen hatten, – denn die Zauberin stellte sich fortwährend, wie wenn ihr Fieberanfall sie so quälte, daß sie sich kaum rühren könnte, – ging eine von den Frauen hinaus und kam bald darauf mit einem überaus feinen Porzellangefäße zurück, worin sich eine Flüssigkeit befand. Sie reichte es der Zauberin, während die andere Frau ihr aufsitzen half, und sagte zu ihr: »Da nimm diesen Saft, es ist Wasser aus der Löwenquelle und ein unfehlbares Mittel für alle und jede Fieber. Du wirst in weniger als einer Stunde die Wirkung verspüren.« Die Zauberin ließ sich, um ihre Rolle besser durchzuführen, lange bitten, wie wenn sie eine unüberwindliche Abneigung gegen diesen Trank gehabt hätte. Endlich jedoch nahm sie die Schale und schluckte den Saft hinunter, schüttelte aber dabei den Kopf, gleich als ob es sie große Überwindung kostete. Als sie sich sodann wieder gelegt hatte, deckten die beiden Frauen sie gut zu, und diejenige, die den Trank gebracht, sagte zu ihr: »Bleib jetzt ganz ruhig und schlafe, wenn du Lust hast; wir verlassen dich auf ungefähr eine Stunde und hoffen, bei unserer Wiederkehr dich vollkommen gesund anzutreffen.«

 

Die Zauberin, die nicht gekommen war, um lange die Kranke zu spielen, sondern bloß, um den Aufenthalt des Prinzen Ahmed auszuforschen und zu erfahren, was ihn wohl veranlassen möchte, sich vom Hofe des Sultans, seines Vaters, zu entfernen, wußte jetzt schon, was sie wollte, und hätte gern auf der Stelle erklärt, der Trank habe seine Wirkung getan, denn sie hatte großes Verlangen, nach Hause zurückzukehren und den Sultan von der glücklichen Ausführung seines Auftrags zu benachrichtigen. Da man ihr aber nicht gesagt hatte, daß der Trank auf der Stelle wirke, so mußte sie, wiewohl sehr ungern, die Rückkehr der Frauen abwarten. Diese kamen zur bestimmten Zeit zurück und fanden die Zauberin aufgestanden und angekleidet auf dem Sofa. Sie lief ihnen sogleich entgegen und rief: »O, der herrliche Trank! Er hat weit schneller gewirkt, als ihr sagtet, und ich wartete schon geraume Zeit voll Ungeduld auf euch, denn ich möchte euch bitten, daß ihr mich zu eurer mildtätigen Gebieterin führt, damit ich ihr für ihre Güte, welche ich nie vergessen werde, danken und nach dieser wundervollen Genesung ohne weiteren Aufschub meine Reise fortsetzen kann.« Die beiden Frauen, die ebenfalls Feen waren, bezeigten der Zauberin ihre Teilnahme und Freude über ihre schnelle Genesung, gingen dann vor ihr her, um ihr den Weg zu zeigen, und führten sie durch mehrere Zimmer, die alle weit prächtiger waren, als das, woraus sie eben kam, in den glänzendsten und am reichsten geschmückten Saal im ganzen Palast. In diesem Saale saß Pari Banu auf einem Throne von gediegenem Golde, der mit Diamanten, Rubinen und Perlen von außerordentlicher Größe reich verziert war, und neben ihr standen zur Rechten und Linken eine Menge Feen, sämtlich von ausnehmender Schönheit und sehr kostbar gekleidet. Beim Anblick all dieses Glanzes und dieser Herrlichkeit wurde die Zauberin ganz geblendet und so verwirrt, daß sie, als sie sich vor dem Throne niedergeworfen, nicht einmal den Mund zu öffnen vermochte, um der Fee zu danken, wie sie sich vorgenommen hatte. Pari Banu ersparte ihr auch die Mühe, indem sie zu ihr sagte: »Gute Frau, es freut mich sehr, daß sich diese Gelegenheit gefunden hat, dir einen Dienst zu erweisen, und daß du imstande bist, deine Reise fortzusetzen. Ich will dich nicht länger hier aufhalten, doch wird es dir nicht unangenehm sein, zuvor meinen Palast zu besehen. Geh mit meinen Frauen, sie werden dich begleiten und ihn dir zeigen.« Die Zauberin, die noch immer ganz verblüfft war, verneigte sich abermals mit der Stirne bis an den Teppich, der den Fuß des Thrones bedeckte, und verabschiedete sich dann, ohne Kraft oder Mut zu haben, ein einziges Wort vorzubringen. Die beiden Feen, die sie begleiteten, führten sie im ganzen Palast herum, wo sie mit Erstaunen und unter beständigen Ausrufen der Verwunderung der Reihe nach dieselben Zimmer, dieselben Reichtümer und dieselbe Pracht erblickte, welche die Fee Pari Banu dem Prinzen Ahmed gleich bei seiner Ankunft selbst gezeigt hatte. Was ihr aber die größte Bewunderung einflößte, war, daß die beiden Feen, nachdem sie das ganze Innere des Palasts in Augenschein genommen, zu ihr sagten, alles das, was sie so sehr bewundere, sei nur eine kleine Probe von der Größe und Macht ihrer Gebieterin, denn sie besitze im Umfang ihres Reichs noch unzählige andere Paläste, die alle von verschiedener Form und Bauart, aber nicht minder stattlich und prachtvoll seien. Indem sie sich so mit ihr über allerlei Gegenstände unterhielten, führten sie die Zauberin bis zur eisernen Türe, zu welcher der Prinz Ahmed sie hereingeführt hatte, öffneten dieselbe und wünschten ihr, nachdem sie Abschied von ihnen genommen und für ihre Bemühungen gedankt hatte, glückliche Reise. Als die Zauberin einige Schritte weit gegangen war, drehte sie sich um, um nach der Türe zu sehen und sich dieselbe genau zu merken; allein sie suchte vergeblich, denn die Türe war für sie, wie überhaupt für alle Frauen, was ich ja oben schon erzählt habe, unsichtbar geworden. Sie begab sich nun, abgesehen von diesem einzigen Umstande, ziemlich zufrieden mit sich selbst und der Vollziehung ihres Auftrags, zum Sultan zurück. Als sie in der Hauptstadt angelangt war, schlug sie Nebenwege ein und ließ sich wieder durch die geheime Tür in den Palast führen. Der Sultan ließ sie, sobald ihm ihre Ankunft gemeldet worden war, sogleich vor sich kommen, und da er sie mit sehr traurigem Gesichte erscheinen sah, schloß er daraus, die Sache müsse ihr nicht gelungen sein, und sagte zu ihr: »Nach deinem Anblick zu urteilen, ist deine Reise wohl vergeblich gewesen und du vermagst mir den Aufschluß, den ich von deinem Diensteifer erwartete, nicht zu geben?«

»Herr«, antwortete die Zauberin, »erlaube mir die Bemerkung, daß du aus meiner Miene nicht schließen darfst, ob ich in der Vollziehung des Auftrages, womit du mich beehrt, glücklich gewesen bin, sondern nur aus dem getreuen Bericht über alles, was ich getan und was mir begegnet ist; du wirst sehen, daß ich nichts versäumt habe, um mich deines Beifalls würdig zu machen. Der traurige Zug, den du vielleicht auf meinem Gesichte bemerkt hast, hat einen anderen Grund, als das Mißlingen unseres Planes, und ich hoffe, daß mein Herr in dieser Beziehung mit mir wohl zufrieden sein wird. Ich sage dir die eigentliche Ursache nicht: Der Bericht, den ich dir nun abstatten werde, wofern du die Geduld hast, mich anzuhören, muß alles erklären.« Sofort erzählte die Zauberin dem Sultan von Indien, wie sie sich krank gestellt und die Sache so eingerichtet habe, daß der Prinz Ahmed, von Mitleid ergriffen, sie an einen unterirdischen Ort habe bringen lassen und in eigener Person einer Fee von unvergleichlicher Schönheit vorgestellt, empfohlen und dieselbe gebeten habe, für die Wiederherstellung ihrer Gesundheit Sorge zu tragen. Ferner, mit welcher Gefälligkeit die Fee sogleich zwei anderen Feen aus ihrer Umgebung befohlen habe, sie in ihre Pflege zu nehmen und nicht zu verlassen, als bis sie vollkommen genesen sein würde; daraus sei ihr ganz deutlich geworden, daß diese Willfährigkeit nur in einem Verhältnis zwischen Mann und Frau ihren Grund haben könne. Auch ermangelte die Zauberin nicht, ihr Erstaunen bei Erblickung des Feenpalastes zu schildern, von dem sie behauptete, daß es auf der ganzen Welt nichts Ähnliches geben könne, und in welchem die beiden Feen sie wie eine Kranke, die ohne ihren Beistand weder gehen noch stehen könne, herumgeführt haben. Sodann beschrieb sie ihm ausführlich, mit welchem Eifer die Feen sie in einem besonderen Zimmer verpflegt, welchen Trank sie ihr gereicht haben, und wie schnell darauf vollständige Heilung erfolgt, die aber, wie auch die Krankheit, nur verstellt gewesen sei, obgleich sie an der Kraft des Trankes durchaus nicht zweifelte; ferner von der Majestät der Fee, als sie auf einem ganz von Edelsteinen strahlenden Throne gesessen, dessen Wert alle Reichtümer Indiens übersteige, und endlich von den übrigen unermeßlichen und sowohl im allgemeinen als im besonderen ganz unberechenbaren Schätzen, die in dem weiten Umfange des Palastes enthalten seien. Damit schloß die Zauberin ihren Bericht vom Erfolg ihrer Genesung und fuhr dann weiter also fort: »Was denkt mein Herr und König wohl von diesen unerhörten Reichtümern der Fee? Vielleicht wirst du sagen, du bewunderst sie und freuest dich über das hohe Glück deines Sohnes Ahmed, der dieselben mit der Fee gemeinschaftlich genießt. Was indes mich betrifft, Herr, so bitte ich um Verzeihung, wenn ich mir die Freiheit nehme, dir vorzustellen, daß ich anders davon denke, ja sogar, daß der Gedanke an das Unglück, welches dir daraus erwachsen kann, mich in Angst und Schrecken versetzt. Gerade das ist der Grund meiner Unruhe, die ich nicht so gut zu verbergen vermochte, daß du sie nicht hättest bemerken können. Ich will gern glauben, daß der Prinz Ahmed bei seiner guten Gemütsart nicht imstande ist, gegen meinen Herrn etwas zu unternehmen; aber wer bürgt dafür, daß die Fee ihm nicht durch ihre Reize, durch ihre Liebkosungen und die Gewalt, die sie bereits über ihren Gemahl erlangt hat, den verderblichen Plan eingibt, dich zu verdrängen und sich der Krone des Reichs Indien zu bemächtigen? Es kommt meinem Herrn zu, dieser hochwichtigen Angelegenheit all die Aufmerksamkeit zuzuwenden, welche sie verdient. « So fest nun auch der Sultan von Indien von der guten Gemütsart des Prinzen Ahmed überzeugt war, so hinterließen diese Vorstellungen der Zauberin dennoch einigen Eindruck bei ihm. Er entließ sie mit den Worten: »Ich danke dir für deine Bemühungen und deinen heilsamen Rat. Ich erkenne die hohe Wichtigkeit desselben, kann aber in der Sache noch nichts beschließen, bevor ich meine Ratgeber angehört habe.« Als man dem Sultan die Ankunft der Zauberin gemeldet hatte, unterhielt er sich eben mit denselben Günstlingen, die ihm, wie schon oben erzählt, bereits früher Verdacht gegen den Prinzen Ahmed eingeflößt hatten. Er befahl nun der Zauberin, ihm zu folgen, und begab sich wieder zu den Günstlingen. Diesen erzählte er, was er soeben vernommen, und nachdem er ihnen mitgeteilt, warum er befürchte, daß die Fee das Gemüte des Prinzen umstimmen werde, so fragte er sie, welcher Mittel er sich wohl bedienen solle, um so großes Unheil zu verhüten? Einer der Günstlinge nahm hierauf für alle das Wort und sprach: »Herr, da du denjenigen kennst, der dieses Unglück veranlassen könnte, da er mitten an deinem Hofe lebt und in deinen Händen ist, so solltest du, um es zu verhüten, ihn sogleich verhaften und, wenn auch nicht hinrichten – denn dies würde zu viel Aufsehen erregen —, doch wenigstens auf Lebenszeit in einen engen Kerker werfen lassen.« Die übrigen Günstlinge gaben dieser Ansicht einstimmig ihren Beifall. Der Zauberin indes schien dieser Rat doch zu gewaltsam; sie bat den Sultan um Erlaubnis, zu sprechen, und als sie dieselbe erhalten, sagte sie zu ihm: »Herr, ich bin überzeugt, daß bloß der große Eifer für dein Wohlergehen deine Ratgeber bewogen hat, dir die Verhaftung des Prinzen Ahmed vorzuschlagen. Sie mögen mir es aber nicht übelnehmen, wenn ich sie zu bedenken bitte, daß man mit dem Prinzen notwendig zugleich auch seine Begleiter verhaften müßte, und diese sind Geister. Halten sie es wohl für etwas Leichtes, dieselben zu überfallen, Hand an sie zu legen und sich ihrer Person zu bemächtigen? Würden sie nicht vermögen der ihnen inwohnenden Kraft, sich unsichtbar zu machen, augenblicklich verschwinden und die Fee von der ihrem Gemahl angetanen Beleidigung benachrichtigen? Und würde die Fee diese Beleidigung wohl ungerächt lassen? Könnte sich der Sultan nicht vielleicht durch ein anderes weniger auffallendes Mittel gegen die bösen Anschläge, die der Prinz Ahmed haben mag, schützen, ohne daß dadurch der Ruhm meines Herrn im mindesten leiden oder irgend jemand ihm eine schlimme Absicht beilegen könnte? Wenn mein Herr einiges Vertrauen auf meinen Rat hätte, so würde er, da die Geister und Feen Sachen vermögen, welche alle menschliche Kraft bei weitem übersteigen, den Prinzen Ahmed bei seiner Ehre anfassen und verpflichten, ihm durch Vermittlung seiner Fee gewisse Vorteile zu verschaffen, unter dem Vorwande, daß ihm eine große Gefälligkeit damit geschehe. Z.B. sooft mein Herr zu Felde ziehen will, muß er einen ungeheuren Aufwand machen, nicht bloß für Schutzdächer und Zelte für sich und sein Heer, sondern auch für Kamele, Maulesel und andere Lasttiere: Könntest du ihn nun nicht verpflichten, daß er dir vermöge des großen Einflusses, den er bei der Fee haben muß, ein Schutzdach verschaffen soll, das in der Hand Platz haben, aber gleichwohl sich über dein ganzes Heer ausbreiten müßte. Mehr brauche ich meinem Herrn nicht zu sagen. Wenn der Prinz das Zelt herbeischafft, so kannst du noch so viele ähnliche Forderungen an ihn machen, daß er am Ende, so erfinderisch und reich an Mitteln auch die Fee, die ihn bezaubert und von dir abwendig gemacht, sein mag, den Schwierigkeiten erliegen und gestehen muß, es sei ihm unmöglich, deinen Wunsch zu erfüllen. Aus Scham wird er es dann nicht mehr wagen, sich sehen zu lassen, und genötigt sein, fern von allem Verkehr mit der Welt sein Leben mit der Fee zuzubringen; dann wird mein Herr auch nichts mehr von seinen Anschlägen zu befürchten haben, und man wird ihm eine so gehässige Handlung, wie die Hinrichtung oder lebenslängliche Einkerkerung seines eigenen Sohnes wäre, nicht vorwerfen können.« Als die Zauberin ihren Vortrag geendet hatte, fragte der Sultan seine Günstlinge, ob sie vielleicht etwas besseres wüßten, und da sie alle stillschwiegen, beschloß er, den Rat der Zauberin zu befolgen; denn dieser schien ihm der vernünftigste und den milden Grundsätzen, nach denen er bis jetzt geherrscht hatte, angemessenste zu sein.

 

Als nun der Prinz Ahmed am anderen Tage vor dem Sultan, seinem Vater, der sich eben mit seinen Günstlingen unterhielt, erschien und neben ihm Platz genommen hatte, so ließ dieser sich durch seine Gegenwart nicht abhalten, sein Gespräch über allerlei gleichgültige Gegenstände noch eine Weile fortzusetzen. Hierauf nahm der Sultan das Wort und sprach also zu dem Prinzen Ahmed. »Mein Sohn, als du erschienst und mich von dem tiefen Kummer, worein deine lange Abwesenheit mich versetzt hatte, befreitest, machtest du mir ein Geheimnis aus dem Orte, den du zu deinem Aufenthalt gewählt, und in der ersten Freude, dich wieder zu sehen und mit deinem Schicksal zufrieden zu wissen, wollte ich nicht weiter in dein Geheimnis eindringen, sobald ich merkte, daß du es nicht wünschest, Ich weiß nicht, welchen Grund du haben kannst, so gegen einen Vater zu handeln, der damals, so wie auch jetzt, den größten Anteil an deinem Glücke genommen haben würde. Indes weiß ich jetzt, worin dieses Glück besteht, ich freue mich mit dir darüber und billige deine Wahl, daß du eine so liebenswürdige, so reiche und so mächtige Fee geheiratet hast, wie ich aus guter Quelle erfahren. Bei all meiner Macht wäre ich nicht imstande gewesen, dir eine so vorteilhafte Verbindung zu verschaffen. Da du nun zu einem so hohen Rang erhoben bist, um welchen dich jeder andere, als ein Vater, wie ich, beneiden könnte, so bitte ich dich nicht bloß, daß du auch fernerhin, wie bisher, immer in gutem Einverständnis mit mir bleiben, sondern auch, daß du den ganzen Einfluß, den du bei deiner Fee haben kannst, aufbieten mögest, um mir in Fällen der Not ihren Beistand zu verschaffen, und du wirst mir erlauben, daß ich diesen deinen Einfluß noch heute auf die Probe stelle. Du weißt, mit welchen ungeheuren Kosten – um nichts von den Schwierigkeiten zu sagen – meine Heerführer, meine Hauptleute und ich selbst, sooft ich in Kriegszeiten zu Felde zu ziehen genötigt bin, Schutzdächer und Zelte, sowie auch Kamele und andere Lasttiere zur Fortbringung derselben anschaffen müssen. Wenn du nun bedenken wolltest, welchen Gefallen du mir damit erweisen könntest, so bin ich überzeugt, daß es dich nicht viele Mühe kosten wird, von deiner Fee ein Zelt zu bekommen, das in einer Hand Platz hat, unter welchem jedoch mein ganzes Heer ein Obdach finden kann, – zumal wenn du ihr sagst, daß es für mich bestimmt sei. Die Schwierigkeit der Sache wird dir keine abschlägige Antwort zuziehen: Alle Welt weiß ja, daß den Feen die Macht gegeben ist, noch weit außerordentlichere Dinge zu bewerkstelligen.«

Der Prinz Ahmed hatte sich einer solchen Forderung von seiten seines Vaters nicht versehen, und die Sache schien ihm gleich im Anfange äußerst schwierig, wo nicht ganz unmöglich. Denn obwohl ihm die Macht der Geister und Feen nicht ganz unbekannt war, so bezweifelte er doch, daß sie sich so weit erstrecke, ihm ein solches Zelt verschaffen zu können, wie verlangt wurde. Überdies hatte er bisher sich noch nie etwas Ähnliches von Pari Banu erbeten, sondern sich stets mit den Beweisen ihrer Liebe, die sie ihm fortwährend gab, begnügt und dabei nichts unterlassen, was sie überzeugen konnte, daß er ihre Zärtlichkeit von ganzem Herzen erwidere und keinen anderen Wunsch habe, als sich in ihrer Gunst zu erhalten. Er war daher in großer Verlegenheit was er seinem Vater antworten sollte. »Herr«, sagte er endlich, »wenn ich dir nach dem, was mir nach Auffindung meines Pfeiles begegnet ist, und wozu ich mich damals entschloß, ein Geheimnis gemacht habe, so geschah es bloß darum, weil ich dachte, es könnte dir an nähern Aufschlüssen darüber nichts liegen. Ich weiß nicht, auf welchem Wege dir dieses Geheimnis eröffnet worden ist, kann aber nicht verhehlen, daß man dir einen wahren Bericht abgestattet hat. Ich bin allerdings Gemahl der Fee, von der man dir gesagt hat; ich liebe sie und darf überzeugt sein, daß sie mich ebenfalls liebt. Was indes den Einfluß betrifft, den ich nach deiner Ansicht auf sie haben soll, so kann ich hiervon weiter nichts sagen. Es ist mir noch niemals in den Sinn gekommen, einen Versuch damit zu machen, und ich hätte sehr gewünscht, daß mein Herr mich dieses Versuches überhoben und mich im Besitze des Glückes, zu lieben und geliebt zu werden, gelassen hätte; denn diese Liebe war so uneigennützig, daß ich gar nichts anderes mehr wünschte. Indes ist der Wunsch eines Vaters Befehl für einen Sohn, der, wie ich, es sich zur Pflicht macht, in allen Stücken zu gehorchen. Obwohl höchst ungern und mit unbeschreiblichem Widerwillen, werde ich doch nicht ermangeln, meiner Gemahlin den Wunsch meines Herrn vorzutragen, kann aber nicht versprechen, daß ich ihn erfüllen werde. Sollte ich mir daher die Ehre versagen müssen, dir meine Hochachtung zu bezeigen, so wird dies ein Zeichen sein, daß ich nichts ausgerichtet habe, und ich bitte zum voraus, du mögest mir dann verzeihen und bedenken, daß du selbst mich in diese Notwendigkeit versetzt hast.« Darauf antwortete der Sultan von Indien: »Mein Sohn, es sollte mir sehr leid tun, wenn mein Verlangen mich jemals des Vergnügens berauben würde, dich bei mir zu sehen. Ich merke wohl, daß du die Gewalt nicht kennst, die ein Mann über seine Frau hat, und die deinige würde nur sehr schwache Liebe beweisen, wenn sie bei ihrer Macht als Fee die Kleinigkeit abschlagen wollte, um die ich sie durch dich bitten lasse. Lege deine Schüchternheit ab; sie kommt nur daher, weil du glaubst, sie liebe dich nicht ebenso sehr, als du sie liebst. Geh‘ hin, bitte sie nur und du wirst sogleich sehen, daß die Fee dich weit mehr liebt, als du glaubst; dabei mußt du wohl bedenken, daß man sich großer Vorteile beraubt, wenn man nie um etwas bittet. Wie du sie so sehr liebst, daß du ihr nie eine Bitte abschlagen würdest, so wird auch sie dir deine Bitte nicht abschlagen, weil sie dich liebt.« Der Sultan von Indien vermochte seinen Sohn durch solche Vorstellungen nicht zu überzeugen. Es wäre dem Prinzen weit lieber gewesen, wenn er irgend etwas anderes von ihm verlangt hätte, als daß er ihn der Gefahr aussetzt, seiner geliebten Pari Banu zu mißfallen. Er war darüber sehr verdrießlich, daß er zwei Tage früher, als er sonst zu tun pflegte, vom Hofe wieder abreiste. Als er nach Hause kam, fragte ihn die Fee, die ihn bisher immer mit heiterem Gesichte erscheinen gesehen hatte, sogleich, was die Veränderung zu bedeuten habe, die sie an ihm bemerke. Da er aber, statt zu antworten, sich nach ihrem Befinden erkundigte und zwar mit einer Miene, die deutlich zu erkennen gab, daß er ihre Frage zu umgehen suchte, so sagte sie zu ihm: »Ich werde deine Frage nicht eher beantworten, als bis du die meinige beantwortet haben wirst.« Der Prinz sträubte sich lange dagegen und versicherte, es sei weiter nichts; aber je mehr er sich sträubte, um so mehr drang sie in ihn. »Ich kann dich«, sagte sie, »unmöglich in deiner gegenwärtigen Stimmung sehen, ohne daß du mir die Ursache deiner Bekümmernis gestehst, auf daß ich sie hebe, sie mag bestehen, in was sie wolle. Sie müßte von ganz außerordentlicher Art sein, wenn es mir unmöglich sein sollte, abzuhelfen, es wäre denn, daß der Sultan, dein Vater gestorben wäre, In diesem Fall müßte dir nebst dem, was ich dazu beitragen könnte, die Zeit hauptsächlich Trost gewähren.«