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Tausend Und Eine Nacht

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Da diese Masse von Handwerksleuten eine verhältnismäßige Menge von Arbeiten fertig machen mußte, so mietete ich mir an verschiedenen Orten Lagerhäuser und stellte in jedem einen Geschäftsführer auf, der die angefertigte Arbeit in Empfang nehmen und den Verkauf im ganzen wie im einzelnen besorgen mußte: Eine Einrichtung, die mir bald bedeutenden Gewinn und eine ansehnliche Einnahme verschaffte.

In der Folge kaufte ich, um meine vielen zerstreuten Warenlager auf einem einzigen Punkte zu vereinigen, ein großes Haus, das zwar sehr vielen Raum hatte, aber baufällig war, ließ es niederreißen und an seiner Stelle dasjenige erbauen, das du, Herr König, gestern gesehen hast. So stattlich es auch erscheint, so besteht es doch nur aus den notwendigen Warenböden und aus den Wohnzimmern, so viel ich für mich und meine Familie brauche.

Es war schon einige Zeit, daß ich mein altes Häuschen verlassen und mein neues, großes Haus bezogen hatte, als Saadi und Saad, die bisher nicht mehr an mich gedacht, sich auch einmal meiner erinnerten. Sie verabredeten einen Spaziergang, und als sie durch die Straße kamen, wo sie mich sonst immer gesehen hatten, verwunderten sie sich höchlich, da sie mich nicht mehr wie gewöhnlich an meinem kleinen SeilergestelI arbeitend antrafen. Sie fragten, was aus mir geworden und ob ich tot oder noch am Leben sei? Aber wie groß war ihr Erstaunen, als sie vernahmen, daß der, nach welchem sie fragten, ein vornehmer Kaufmann geworden sei und nicht mehr schlechthin Hasan, sondern Chogia Hasan Alhabbal, das heißt: Kaufmann Hasan der Seiler, heiße, und sich in der und der Straße ein Haus habe erbauen lassen, das aussehe wie ein Palast.

Die beiden Freunde suchten mich in der ihnen bezeichneten Straße auf, und da Saadi sich nicht denken konnte, daß das Stück Blei, das Saad mir gegeben, die Ursache so großen Glücks für mich geworden sein sollte, so sagte er unterwegs zu Saad: »Ich freue mich außerordentlich, daß ich Hasan Alhabbals Glück gegründet habe; nur gefällt es mir nicht, daß er mich zweimal belogen hat, um mir vierhundert statt zweihundert Goldstücke abzulocken: Denn dem Stück Blei, das du ihm schenktest, kann ich doch sein Glück nicht zuschreiben, auch wird sich niemand dies sonst einfallen lassen.«

»Das mag deine Meinung sein«, antwortete Saad; »die meinige ist es nicht; auch sehe ich keinen Grund, warum du gegen Chogia Hasan so ungerecht sein willst, ihn für einen Lügner zu halten. Erlaube mir, zu glauben, daß er uns die Wahrheit berichtet und nichts verheimlicht hat, und daß das Stück Blei, das ich ihm gab, die einzige Ursache seines Glückes ist. Doch Chogia Hasan wird uns bald selbst Aufschluß darüber erteilen.«

Unter solchen Gesprächen kamen die Freunde in die Straße, wo mein Haus liegt. Sie fragten nach demselben, und man zeigte es ihnen. Als sie die Vorderseite betrachteten, konnten sich kaum glauben, daß es mir gehören sollte. Gleichwohl klopften sie an die Tür und mein Pförtner öffnete ihnen.

Saadi, der eine Unhöflichkeit zu begehen fürchtete, wenn er das Haus, das er suchte, mit dem irgend eines bedeutenden Mannes verwechselte, sagte zu dem Pförtner: »Man hat uns gesagt, dieses gehöre dem Chogia Hasan Alhabbal; sprich, ob wir uns irren oder nicht.« – »Nein, Herr, du irrst dich nicht«, antwortete der Türsteher, indem er die Pforte noch weiter öffnete, »du bist im rechten Hause: Tritt nur herein, er befindet sich eben im Saal, und einer von seinen Sklaven wird dich anmelden.«

Die beiden Freunde ließen sich bei mir anmelden, und ich erkannte sie auf den ersten Blick. Ich stand sogleich auf, lief ihnen entgegen und wollte den Saum ihres Kleides fassen, um ihn zu küssen. Sie ließen es nicht zu, und ich mußte mir wider meinen Willen gefallen lassen, daß sie mich umarmten. Ich lud sie ein, auf eine mit Teppichen belegte Erhöhung zu treten, und bot ihnen da ein Sofa an, das die Aussicht nach dem Garten hatte. Hier bat ich sie, sich zu setzen; allein sie verlangten, ich solle den Ehrenplatz einnehmen. »Edle Herren«, sagte ich zu ihnen, »ich habe nicht vergessen, daß ich der arme Hasan Alhabbal bin, und wenn ich auch ein ganz anderer wäre, als ich bin, und nicht die Verpflichtung gegen euch hätte, die ich wirklich habe, so weiß ich doch, was euch gebührt. Ich bitte euch also, beschämt mich nicht länger.« Sie nahmen jetzt den ihnen gebührenden Platz ein, und ich setzte mich ihnen gegenüber.

Nun ergriff Saadi das Wort und sagte, gegen mich gewendet: »Chogia Hasan, ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich mich freue, dich in der Lage zu sehen, die ich dir damals wünschte, als ich dir zweimal hintereinander und ohne Vorwürfe zweihundert Goldstücke schenkte, und ich bin überzeugt, daß diese vierhundert Goldstücke die wunderbare Veränderung deiner Lage bewirkt haben, die ich mit so vielem Vergnügen wahrnahm. Nur eins kann ich nicht begreifen, nämlich aus welchem Grund du mir zweimal die Wahrheit verhehltest und Verluste vorspiegeltest, deren Veranlassung mir heute noch so unglaublich erscheint, wie damals. Nicht wahr, das letzte Mal, als wir dich sahen, hattest du mit den vierhundert Goldstücken deine Angelegenheiten noch so wenig verbessert, daß du dich schämtest, es uns zu gestehen? Ich will dies wenigstens zum voraus annehmen, und erwarte, daß du meine Meinung bestätigen wirst.«

Saad hörte diese Rede Saadis mit großer Ungeduld, ich will nicht sagen mit Unwillen, an, was er auch durch seine gesenkten Blicke und durch sein Kopfschütteln zu erkennen gab. Gleichwohl ließ er ihn aussprechen, ohne den Mund zu öffnen. Als er aber zu Ende war, sagte er: »Verzeihe, Saadi, wenn ich vor Chogia Hasan das Wort ergreife, um dir zu sagen, daß ich mich über dein Vorurteil gegen seine Aufrichtigkeit, sowie darüber sehr wundern muß, wie du auf deinem Unglauben an seine früheren Versicherungen beharren magst. Ich habe es dir schon einmal gesagt und wiederhole es jetzt, daß ich gleich im Anfang seiner schmucklosen Erzählung von dem doppelten Mißgeschick, das er hatte, Glauben schenkte, und du magst sagen, was du willst, ich bin dennoch überzeugt, daß die Sache sich wirklich so verhält. Lassen wir indes ihn selbst sprechen, er wird uns am besten darüber Auskunft geben können, wer von uns beiden ihn richtig beurteilt hat, und wer nicht.«

Nachdem die beiden Freunde so gesprochen, ergriff ich das Wort und sagte, zu beiden gewendet: »Edle Herren, ich würde mich in betreff des von euch verlangten Aufschlusses zu ewigem Stillschweigen verdammen, wenn ich nicht zum voraus überzeugt wäre, daß euer Streit wegen meiner nicht imstande ist, das Freundschaftsband, das eure Herzen verknüpft, zu zersprengen. Ich werde mich also, da ihr es verlangt, erklären, zuvor aber beteure ich, daß es mit derselben Aufrichtigkeit geschehen wird, womit ich euch früher erzählte, was mir begegnet war.« Ich erzählte ihnen hierauf die ganze Geschichte Punkt für Punkt, wie ich sie meinem Herrn König erzählt habe, und vergaß keinen einzigen Umstand.

Meine Beteuerungen machten indessen nicht so viel Eindruck auf Saadi, daß er von seinem Vorurteil zurückgekommen wäre. Als ich zu Ende war, sagte er zu mir: »Chogia Hasan, das Abenteuer mit dem Fisch und dem in seinem Bauche gefundenen Diamanten scheint mir ebenso unglaublich, als die Entführung deines Turbans durch einen Hühnergeier, und der Umtausch des Kleiengefäßes gegen Waschton; dem mag übrigens sein wie ihm wolle, ich habe mich jetzt jedenfalls überzeugt, daß du nicht mehr arm bist, sondern reich, was ich gleich anfangs zu bewerkstelligen beabsichtigte, und ich freue mich von ganzem Herzen darüber.«

Da es schon spät war, so stand er auf und wollte sich verabschieden; Saad mit ihm. Ich stand ebenfalls auf, hielt ihn zurück und sagte zu ihnen: »Edle Herren, erlaubt, daß ich euch um eine Gnade bitte, die ihr mir nicht abschlagen dürfet. Erzeiget mir die Ehre, eine einfache Abendmahlzeit und ein Nachtlager bei mir anzunehmen, damit ich euch morgen früh zu Wasser nach einem kleinen Landhause führen kann, das ich mir gekauft habe, um daselbst von Zeit zu Zeit frische Luft zu genießen; ich werde euch noch am selben Tage mit meinen Pferden zu Lande wieder zurückführen.«

»Wenn Saad keine Geschäfte hat, die ihn anderswohin rufen«, sagte Saadi, »so nehme ich es von Herzen gern an.« – »Ich habe nie Geschäfte«, antwortete Saad, »sobald es sich davon handelt, deine Gesellschaft zu genießen; wir müssen aber«, setzte er hinzu, »beide nach Hause schicken und sagen lassen, daß man uns nicht erwarten soll.« Ich ließ ihnen einen Sklaven kommen, und während sie ihm ihren Auftrag erteilten, benutzte ich die Zeit, um Befehle zur Zubereitung des Mahles zu geben.

Inzwischen zeigte ich meinen Wohltätern mein Haus, und sie fanden es für mein Geschäft sehr zweckmäßig angelegt. Ich nenne sie beide ohne Unterschied meine Wohltäter, weil ohne Saadi Saad mir das Stück Blei nicht gegeben und ohne Saad Saadi sich schwerlich an mich gewendet haben würde, um mir die vierhundert Goldstücke zu schenken, von denen ich den Anfang meines Glückes herschreibe. Sodann führte ich sie in den Saal zurück, wo sie über die Einzelheiten meines Geschäfts allerlei Fragen an mich richteten, die ich zu ihrer Zufriedenheit beantwortete.

Endlich meldete man mir, das Abendessen sei aufgetragen. Da die Tafel in einem anderen Saale gedeckt war, so lud ich sie ein, sich dahin zu bemühen. Sie wunderten sich höchlich über die glänzende Beleuchtung und die Niedlichkeit des Saales, und auch die Getränke, sowie die Speisen fanden sie ganz nach ihrem Geschmack. Während der Mahlzeit unterhielt ich sie mit einem Konzert, und als abgetragen war, ließ ich einen Trupp Tänzer und Tänzerinnen ihre Künste zeigen und sorgte für alle möglichen Ergötzlichkeiten, nur um ihnen zu zeigen, wie sehr ich von Dank gegen sie durchdrungen sei.

Am anderen Morgen hatte ich mit Saadi und Saad verabredet, sehr früh aufzubrechen, um die Morgenfrische zu genießen, und wir begaben uns daher noch vor Sonnenaufgang an das Ufer des Flusses; dort trafen wir ein bequemes und mit Teppichen belegtes Fahrzeug, stiegen hinein und kamen mit Hilfe sechs tüchtiger Ruderer und der günstigen Strömung des Flusses nach etwa anderthalbstündiger Fahrt bei meinem Landhaus an.

 

Als wir ausstiegen, blieben beide Freunde stehen, nicht sowohl um das schöne Äußere des Hauses zu betrachten, als um seine vortreffliche Lage und die herrlichen Aussichten zu bewundern, die weder zu beschränkt noch zu ausgedehnt, und nach allen Seiten hin sehr lieblich waren. Ich führte sie in die Zimmer, machte sie auf den Ausschmuck derselben, auf das An— und Zugehör und alles, was sonst zur Bequemlichkeit diente, aufmerksam, und sie fanden alles freundlich und anmutig.

Sofort gingen wir in den Garten, wo ihnen nichts besser gefiel, als ein Wald von Zitronen— und Pomeranzenbäumen aller Arten, deren Blüten und Früchte die Luft durchdufteten; sie waren in regelmäßige Baumgänge gepflanzt und durch ein immer fließendes Bächlein von lebendigem Wasser aus dem Strome bewässert. Der Schatten, die Kühle während der größten Sonnenglut, das sanfte Gemurmel des Wassers, der melodische Waldgesang unzähliger Vögel und mehrere andere Annehmlichkeiten machten einen solchen Eindruck auf sie, daß sie fast bei jedem Schritte stehen blieben, bald um mir ihren Dank dafür auszudrücken, daß ich sie an einen so anmutigen Ort geführt, bald um mir zu einem solchen Besitztume Glück zu wünschen und andere Artigkeiten zu sagen.

Ich führte sie bis ans Ende dieses Waldes, der sehr lang und sehr breit ist, und machte sie daselbst auf ein Gehölz von großen Bäumen aufmerksam, womit mein Garten aufhört. Hier führte ich sie in ein nach allen Seiten hin offenes, von einer Gruppe von Palmbäumen, die aber nach keiner Seite hin die Aussicht benahmen, überschattetes Zimmer, und lud sie ein, hineinzutreten und auf einem mit Teppichen und Polstern versehenen Sofa auszuruhen.

Zwei meiner Söhne, die ich der guten Luft wegen vor einiger Zeit mit ihrem Lehrer hierher geschickt hatte, waren tiefer in das Gehölz eingedrungen, um Vogelnester zu suchen. Endlich bemerkten sie eins zwischen den Zweigen eines großes Baumes. Sie versuchten anfangs hinaufzuklettern, da es ihnen aber sowohl an Kraft als an Geschicklichkeit gebrach, so zeigten sie es einem Sklaven, den ich ihnen mitgegeben, und der sie nicht verlassen durfte, und befahlen ihm, die Vögel auszunehmen.

Der Sklave stieg auf den Baum, gelangte bis an das Nest und sah zu seiner großen Verwunderung, daß dasselbe in einem Turban angebracht war. Er nahm nun das Nest, wie es war, stieg vom Baume herab und zeigte den Turban meinen Kindern. Da er indes nicht zweifelte, daß ich dies vielleicht selbst gern sehen würde, so machte er sie darauf aufmerksam und gab es dem ältesten, um es mir zu bringen.

Ich sah ihn schon von weitem mit großer Freude herbeikommen, wie Kinder, wenn sie ein Nest gefunden, sie gewöhnlich haben. Er überreichte es mir und sagte: »Sieh, lieber Vater, da ist ein Nest in einem Turban.«

Saadi und Saad waren über diese neue Erscheinung nicht minder überrascht, als ich; noch größer aber war mein Erstaunen, als ich den Turban für denjenigen wiedererkannte, den der Hühnergeier mir entführt hatte. Nachdem ich ihn voll Verwunderung genau besichtigt und nach allen Seiten gedreht hatte, fragte ich die beiden Freunde: »Edle Herren, habt ihr wohl ein so gutes Gedächtnis, um euch zu erinneren, daß dies der Turban ist, den ich an dem Tage trug, da ihr mir zum erstenmal die Ehre erwieset, mich anzureden?« – »Ich glaube nicht«, antwortete Saad, »daß Saadi besser darauf geachtet haben wird, als ich; aber weder er noch ich können daran zweifeln, wenn sich die hundertundneunzig Goldstücke darin finden.« – »Herr«, versetzte ich, »zweifle nicht, es ist derselbe Turban; ich erkenne ihn ganz gut und bemerke auch an seiner Schwere, daß es kein anderer sein kann; du wirst es selbst einsehen, wenn du dir die Mühe nimmst, ihn in die Hand zu nehmen.« Mit diesen Worten überreichte ich ihm den Turban, zuvor aber nahm ich die Vögel heraus und gab sie meinen Kindern. Er nahm ihn in die Hände und überreichte ihn dann Saadi, damit dieser sich ebenfalls von seiner Schwere überzeugen sollte. »Ich will gern glauben, daß es dein Turban ist«, sagte Saadi zu mir, »doch wäre meine Überzeugung noch stärker, wenn ich die hundertundneunzig Goldstücke darin sehen würde.« Als ich nun den Turban wieder in die Hand genommen hatte, sagte ich zu ihm: »Ich bitte dich, Herr, bevor ich ihn anrühre, überzeuge dich vorerst, daß der Zustand, worin du ihn siehst, sowie dieses hübsche und bequeme Nest, woran keine Menschenhand gearbeitet hat, deutliche Beweise sind, daß er sich seit jenem Tage, wo der Hühnergeier mir ihn entführte, hier befindet; ohne Zweifel hat ihn der Vogel auf diesen Baum gelegt oder fallen lassen, dessen Äste ihn nicht auf den Boden kommen ließen. Ihr werdet mir diese Bemerkung zugute halten, denn es liegt mir gar zu viel daran, euch jeden Verdacht gegen meine Ehrlichkeit zu benehmen.« Saad unterstützte mich hierin. »Saadi«, sagte er, »dies geht dich an, nicht mich, denn ich war von jeher überzeugt, daß Chogia Hasan uns nicht täuschen will.«

Während Saad so sprach, nahm ich das Tuch weg; das mehrfach um die innere Mütze des Turbans gewickelt war, und zog den Beutel heraus. Saadi erkannte ihn sogleich für denselben, den er mir gegeben hatte. Ich schüttelte ihn vor ihren Augen auf den Teppich aus und sagte zu ihnen: »Seht, ihr Herren, das sind die Goldstücke; zählt sie selbst und überzeugt euch, ob die Zahl richtig ist.« Saadi zählte sie zehn für zehn, brachte wirklich hundertundneunzig heraus und da er nun eine so offenkundige Wahrheit nicht mehr leugnen konnte, nahm er das Wort und sprach zu mir: »Chogia Hasan, ich gebe zu, daß du von diesen hundertundneunzig Goldstücken nicht hast reich werden können; allein die anderen hundertundneunzig, die du in ein Kleiengefaß versteckt haben willst, haben dir sicherlich aufgeholfen.« – »Herr«, antwortete ich, »ich habe dir in Beziehung auf die letzte Summe so gut die Wahrheit gesagt, wie bei der ersten. Du wirst doch nicht glauben, daß ich schmählich genug handeln könnte, dich zu belügen.«

»Chogia Hasan«, sagte Saad zu mir, »laß Saadi bei seinem Glauben. Ich will ihm herzlich gern die Überzeugung lassen, daß du ihm vermöge der letzten Summe die Hälfte deiner Wohlhabenheit verdankest; allein er muß dann auch zugeben, daß ich vermöge des Stückes Blei, das ich dir gab, wegen der anderen Hälfte ein Verdienst ansprechen kann, und er darf die Auffindung des kostbaren Diamanten im Bauche des Fisches nicht mehr in Zweifel ziehen.«

»Saad«, antwortete Saadi, »ich bin mit allem zufrieden, wenn du mir nur meinen Glauben unangefochten lässest, daß man Schätze Geldes nur durch Geld aufhäufen kann.« – »Nein«, antwortete Saad; »wenn der Zufall wollte, daß ich einen Diamant im Wert von fünfzigtausend Goldstücken fände, und auch wirklich die Summe dafür erhielte, hätte ich dann diese Summe durch Geld erworben?«

Dabei hatte der Streit sein Bewenden. Wir standen auf und gingen in das Haus zurück, wo das Mittagsmahl aufgetragen war, und setzten uns zu Tische. Nach dem Essen ließ ich meine Gäste allein, damit sie während der größten Hitze nach Belieben Ruhe und Kühlung suchen konnten; ich selbst aber ging zu meinem Schloßverwalter und meinem Gärtner, um ihnen die nötigen Befehle zu geben. Dann kam ich wieder zu ihnen und wir unterhielten uns von allen möglichen gleichgültigen Sachen, bis die größte Hitze vorüber war. Hierauf kehrten wir in den Garten zurück und blieben beinahe bis zum Sonnenuntergang in der Kühlung. Endlich stiegen die beiden Freunde und ich in Begleitung eines Sklaven zu Pferd und langten ungefähr um die zweite Stunde der Nacht bei schönem Mondschein in Bagdad an.

Ich weiß nicht, durch welche Nachlässigkeit meiner Leute es geschehen war, daß es in meinem Hause an Gerste für die Pferd fehlte. Die Getreidespeicher aber waren verschlossen und auch zu weit entfernt, als daß man so spät von dorther hätte etwas bekommen können.

Einer meiner Sklaven suchte in der Nachbarschaft umher und fand in einem Laden ein Gefäß mit Kleie. Er kaufte die Kleie und brachte sie samt dem Gefäß, hatte aber versprechen müssen, am anderen Tage das Gefäß zurückzubringen. Der Sklave schüttete die Kleie in die Krippe aus, und als er sie auseinander breitete, um jedem der Pferde seinen Anteil zukommen zu lassen, fühlte er unter den Händen ein zusammengebundenes Tuch, das schwer war. Er brachte es mir uneröffnet, ganz wie er es gefunden hatte, und setzte hinzu, dies sei vielleicht das Tuch, wovon er mich so oft habe sprechen hören, wenn ich meinen Freunden meine Geschichte erzählte.

Voll Freude sagte ich zu meinen Wohltätern: »Edle Herren, Gott will nicht, daß ihr von mir scheidet, ohne von der Wahrheit der Geschichte, die ich euch immer erzählt habe, vollkommen überzeugt zu sein. Hier«, fuhr ich gegen Saadi fort, »hier sind die hundert und neunzig anderen Goldstücke, die ich von dir empfangen habe, ich erkenne sie an dem Tuche.« Ich band sofort das Leintuch auf und zählte die Summe vor ihren Augen. Auch ließ ich mir das Gefäß bringen; ich erkannte es und schickte es meiner Frau mit der Frage, ob sie es kenne? Verbot aber, von dem ganzen Vorfall ihr etwas zu sagen. Sie erkannte es sogleich und ließ mir sagen, es sei dasselbe Gefäß, das sie mit Kleie angefüllt gegen Waschton ausgetauscht habe.

Nun gab sich der ungläubige Saadi endlich überwunden und sagte zu Saad: »Du hast gesiegt, ich erkenne jetzt mit dir an, daß das Geld nicht immer ein sicheres Mittel ist, um noch mehr Geld aufzuhäufen und reich zu werden.«

Als Saadi ausgesprochen hatte, sagte ich zu ihm: »Herr, ich kann es nicht wagen, dir die dreihundert und achtzig Goldstücke wieder anzubieten, die der Himmel in seiner Gnade heute wieder zum Vorschein gebracht hat, um deine schlechte Meinung von der Wahrheitsliebe zu berichtigen. Ich bin überzeugt, daß du sie mir nicht in der Absicht geschenkt hast, sie dereinst zurückzubekommen. Ich für meinen Teil bin zufrieden mit dem, was der Himmel mir von anderer Seite her beschert hat, und mache ebenfalls keinen Anspruch auf das Geld. Ich hoffe aber, daß du es genehmigen wirst, wenn ich es morgen unter die Armen verteile, damit Gott es dereinst dir und mir vergelten möge.«

Die beiden Freunde brachten diese Nacht noch in meinem Hause zu; am anderen Morgen aber umarmten sie mich und kehrten jeder in seine Wohnung zurück; sie waren sehr vergnügt über die Art, wie ich sie empfangen und wie sie mich in dem Glück, das ich nächst Gott ihnen verdankte, handeln sahen. Ich habe nicht ermangelt, beide in ihren Wohnungen aufzusuchen, um ihnen noch besonders zu danken. Seitdem schätze ich es mir zur großen Ehre, daß sie mir die Erlaubnis gegeben haben, Freundschaft mit ihnen zu halten und sie häufig zu sehen und zu sprechen.«

Der Kalif Harun Arraschid hörte die Geschichte Chogia Hasans mit großer Aufmerksamkeit an, und erst als der Erzähler schwieg, merkte er, daß sie zu Ende war. »Chogia Hasan«, sprach er darauf zu ihm; »ich habe seit langer Zeit nichts gehört, was mir so viel Vergnügen gemacht hätte, als die wunderbaren Wege, auf denen es dem Himmel gefallen hat, dich auf dieser Welt glücklich zu machen. Du mußt ihm durch Gebrauch seiner Wohltaten fortwährend deine Dankbarkeit bezeigen. Es freut mich, dir sagen zu können, daß der Diamant, der dein Glück gemacht hat, sich in meiner Schatzkammer befindet, und es ist mir lieb, zu wissen, wie er dahin gekommen ist. Da indessen in Saadis Herzen vielleicht noch ein Zweifel über die ausgezeichnete Vorzüglichkeit dieses Diamanten obwalten könnte, den ich für das Kostbarste und Bewundernswürdigste aller meiner Besitztümer halte, so wünsche ich, daß du ihn nebst Saad herbringst; mein Schatzmeister soll ihm dann den Diamant zeigen, damit er sich, wenn er von seinem Unglauben noch nicht ganz geheilt ist, hier überzeuge, daß das Geld nicht immer ein sicheres Mittel ist, wodurch sich ein armer Mann in kurzer Zeit und ohne Mühe Reichtümer erwerben könne. Ich wünsche auch, daß du die Geschichte meinem Schatzmeister erzählest, auf daß er sie zu Papier bringen lasse und neben dem Diamanten in meinem Schatze aufbewahre.

Nach diesen Worten gab der Kalif durch Kopfnicken Chogia Hasan, Sidi Numan und Baba Abdallah zu verstehen, daß er mit ihnen zufrieden sei; sie verabschiedeten sich daher, indem sie sich vor seinem Throne niederwarfen, und gingen dann nach Hause.

Die Sultanin Schehersad wollte noch eine andere Geschichte beginnen, allein der Sultan verschob die Anhörung auf die nächste Nacht.