Durch die Hölle in die Freiheit

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Die Geistherrscher

Als Schwager Krzysztof und Schwester Barbara ihre ersten Schritte in der Sekte machten, war Jan schon eine wichtige Figur in dem Gotteshaus der Pfingstbewegung BGG. Im Laufe der Andacht lernten sie einander ganz schnell kennen und blieben in einem engen Kontakt. Jan war schon ein geübter Sektierer mit großer Erfahrung. Er führte eine Hausgebetsgruppe in Waiblingen in der Nähe von Stuttgart. Mit der Pfingstbewegung hatte er schon in Polen zu tun, aber er floh vor ihnen nach Deutschland. Das nutzte ihm aber kaum. Sie folgten ihm, wie die Windhunde nach dem Wildschwein. Er wurde erwischt und wieder getäuscht. Er erzählte, dass er sich dann gegen seine Bestimmung und die Quelle des Lebens gesträubt hatte. Er gab zu, dass er nicht wusste, was er dann gemacht hatte und dass die Pfingstler seine Brüder seien. Die Erzählungen von Jan trieben den schon verblendeten Frauen die Tränen in die Augen. Auch meine Schwester Barbara seufzte, als sie die diese Geschichten hörte.

Dann tauchte Krzysiek auf. Er spürte einen missionarischen Drang zu evangelisieren und die Wahrheit Gottes zu verkünden. Das war derselbe Kerl, der versuchte, meine Stimme bei den Wahlen des Anführers mit Alkohol zu erkaufen. Barbara und mein Schwager befanden sich im siebenten Himmel, luden Krzysiek und Jan mit ihren Frauen nach Hause ein und behandelten die Gäste, als ob sie zu ihrer Familie gehört hätten. Es war für sie nicht von Belang, dass sie diese Leute vor einer Weile kennenlernten, weil man den Brüdern und Schwestern aus der Pfingstgemeinde grenzenlos glauben konnte. Diese Begegnung war ein Meilenstein für die Entwicklung der polnischen Pfingstgruppe in Stuttgart und sorgte dafür, dass die in Stuttgart wohnhaften Polen aus der Pfingstbewegung nun eine Gemeinschaft bilden konnten. Wie sich später herausstellte, war dies die einzige Gruppe dieser Art. Es gibt viele Gründe dafür, dass keine weiteren Gruppen entstanden. Man konnte viel darüber erzählen. Es lang unter anderen daran, dass die Gurus wahnsinnig danach strebten das Denken von anderen Mitgliedern unter Kontrolle zu bekommen. Das nennt man eine geistige Manipulation.

Jan und Krzysztof kämpften miteinander um den Posten des ersten Anführers der Gruppe. Mit geschlossenen Augen und erhobenen Händen entfalteten sie abwechselnd die unglaublichen Visionen von Erlösung des Menschen und Besiegung des Teufels. Ich überlegte, mit was für Leuten ich zu tun hatte. Ich dachte mir: „Sie gehören in die Psychiatrie, und zwar in eine geschlossene Abteilung und sind gar nicht für die Verkündung des Evangeliums geeignet!“ Meine Geschwister aber waren anderer Meinung. Sie waren sehr bemüht die angeblich verlorenen Katholiken zu bekehren. Sie wurden von den demagogischen Gangstern dieser Art geführt. In der Wohnung von meiner Familie ging es nun lebhaft zu. Viele Polen kamen zu Besuch, um die Langeweile zu vertreiben, etwas zu plaudern und aus purer Neugier zu hören, was dort über Gott und Erlösung unterrichtet wurde. Ich tat dies ebenfalls und merkte mir alle Informationen, die mir in meinem Weg aus der Alkoholsucht helfen konnten. Das war mir am wichtigsten. Obwohl ich mich vor den verblendeten, hochmutigen und alleswissenden Sektierern unglaublich ekelte, hörte ich demütig ihre Ausführungen, um etwas davon für mich mitzubekommen. Mir ging es darum, mein Leben, das zu entgleisen drohte, zu verbessern. Diese Taktik von mir erwies sich später als sehr kostspielig und riskant. Dennoch bekam ich gerade unter den Pfingstlern ein richtiges Interesse für Gott und die Bibel.

Unter den Pfingstlern gab es tatsächlich Menschen, die von der Alkoholsucht befreit wurden. Auch wenn ich ihre Lehre für verrückt hielt, war ich bereit, sie zu akzeptieren, nur um die Freiheit von dem Fluch des Alkohols zu erlangen. Zu jener Zeit trank ich nicht viel und nahm selten an den Trinkgelagen teil. Das war der Fall, wenn das Problem in mir zum Vorschein kam. Ich verlor die Kontrolle über mich selbst. Das war für mich der größte Grund zur Sorge. Die „geistlich Aufgeklärten“ erläuterten uns, dass man auf das eigene „Ich“ vollständig verzichten sollte, damit der Heilige Geist zu uns kommen und ein Wunder der Heilung wirken würde. Allerdings konnten sie dieser wundervollen Wirkung nicht auf den Grund gehen. Sie ließen uns demütig auf die Gnade Gottes warten. Da ich schon begriff, wie schwer es war die Sucht mit eigenen Kräften zu bekämpfen, lernte ich, blind auf Gott zu vertrauen und wartete auf das Wunder. Auch wenn sich mein Gewissen dagegen auflehnte, wollte ich diese neue Taktik ausprobieren. Die Wunder folgten aber nicht. Allmählich fing ich an, diese Lösung zu anzuzweifeln. Auch meine Willenskraft wurde immer schwächer, obwohl sie zu jenem Zeitpunkt noch etwas zu sagen hatte. Hätte ich alle meine Kräfte mobilisiert und mir Rat von Experten in puncto Abstinenz geholt, hätte ich mich vielleicht von der Alkoholabhängigkeit befreien können. Ich aber schlug einen anderen Weg ein. Ich ließ mich von der neuen Lehre inspirieren und verzichtete dadurch auf meinen natürlichen Schutz und die Willenskraft, die noch ganz stark war. Ich ließ die Scharlatane die Kontrolle über mich übernehmen. Mir war natürlich nicht bewusst, dass ich so etwas tat. Ich verließ mich auch auf meine Schwester und meinen Schwager, weil sie mir aus ganzem Herzen helfen wollten. Ich glaube jedoch, dass es ihnen mehr darum ging, mich zu ihrer Gruppe anzuwerben. Sie versuchten mich zu verführen. Ihre angeblich gutgemeinten Absichten mir gegenüber führten zur Tragödie. Sie selbst fielen diesen destruktiven spirituellen Kräften zum Opfer, was ich bisher nicht nachvollziehen kann.

Zu jener Zeit schlug ich die Bibel manchmal wahllos auf, um etwas davon zu lesen. Ein paar Mal öffnete sich das Buch auf dem Psalm 42. Das gab mir zu denken, weil ich merkte, dass das kein Zufall sein konnte. Anscheinend wollte mir die Vorsehung Gottes dadurch zeigen, dass mir noch ein langer, beschwerlicher Weg zur göttlichen Wahrheit bevorstand – und vielleicht auch, dass mich Gott am Ende des Tages erhören würde. Ich stellte mir nur die Frage: „Wann eigentlich?“

Dieser tragische Krieg brach in mir 1995 aus. Ein Jahr später, als ich einen Schimmer der Neugeburt im Geist erlebte, war ich froh, dass ich schon über diese dramatische Lage hinweg war. Meine Freude war aber frühzeitig. Die richtige Schlacht war nicht vorbei. Sie fing gar noch nicht an. Bisher war das nur ein Vorspiel davon, was auf mich zukommen sollte. Der regelrechte Kampf stand noch vor mir. In meinen privaten Krieg sollten sich auch die weltlichen und himmlischen Interventionsarmeen einmischen. Dieser Schicksalssturm dauerte bis Anfang Juni 2007 an. Dann passierte etwas Unglaubliches: Alle Angriffe gegen mich wurden eingestellt. Ich konnte endlich aus voller Brust atmen.

Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann darf ich kommen und Gottes Antlitz schauen? Tränen waren mein Brot bei Tag und bei Nacht; denn man sagt zu mir den ganzen Tag: «Wo ist nun dein Gott?» Das Herz geht mir über, wenn ich daran denke: wie ich zum Haus Gottes zog in festlicher Schar, mit Jubel und Dank in feiernder Menge. Meine Seele, warum bist du betrübt und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, meinem Gott und Retter, auf den ich schaue. Betrübt ist meine Seele in mir, darum denke ich an dich im Jordanland, am Hermon, am Mizar-Berg. Flut ruft der Flut zu beim Tosen deiner Wasser, all deine Wellen und Wogen gehen über mich hin. Bei Tag schenke der Herr seine Huld; ich singe ihm nachts und flehe zum Gott meines Lebens. Ich sage zu Gott, meinem Fels: «Warum hast du mich vergessen? Warum muss ich trauernd umhergehen, von meinem Feind bedrängt?» Wie ein Stechen in meinen Gliedern ist für mich der Hohn der Bedränger; denn sie rufen mir ständig zu: «Wo ist nun dein Gott?» Meine Seele, warum bist du betrübt und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, meinem Gott und Retter, auf den ich schaue

(Psalm 42:2-12; Einheitsübersetzung).

Bombardiert mit der Liebe

Gebt Acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und falschen Lehre verführt, die sich nur auf menschliche Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte der Welt, nicht auf Christus berufen.

(Brief an die Kolosser, 2:8)

Am Anfang von jedem Treffen wurden die Lieder gesungen, und der Herr wurde verherrlicht. Die Menschen, die die Begegnung führten, sorgten dafür, dass niemand mit zweitrangigen Angelegenheiten beschäftigt war, die seine Aufmerksamkeit ablenken konnten. Die besonders Frommen beteten mit geschlossenen Augen und majestätisch erhobenen Händen. Es ging ihnen vielleicht darum, mehr Kraft von Gott zu erhalten, die Herzen der Schwachen zu ermuntern oder um beide Dinge zugleich. Das Gruppengebet wurde immer wieder unterbrochen, weil die Leute einander in die Arme fielen, sich drückten und küssten. Man konnte nur nicht zwischen einem väterlichen und einem Judaskuss unterscheiden. Es herrschte die Atmosphäre der allgegenwärtigen Liebe. Die Anwesenden überschütteten sich mit den biblisch geprägten Komplimenten wie z. B. „Gott liebt dich und hat einen schönen Plan für dich”, oder: „Das ist gar kein Zufall, dass du heute hier mit uns bist“. Das war einfach eine ganz andere Welt, frei von alltäglichen Sorgen, die uns immer wieder plagten.

Ich guckte neidisch auf die heiteren Gesichter um mich herum. Alle waren ähnlich. Man hatte den Eindruck, dass sie alle die gleiche Energie ausstrahlten. Sie funkten auf der gleichen Wellenlänge, die mir leider nicht bekannt war. Nur mein Antlitz machte nicht mit und ließ sich nicht mit diesem Glanz anstecken. Auch ihr Lachen war irgendwie komisch, nicht spontan. Ich fühlte mich in dieser Herde wie ein Versager, aber zugleich wurde ich von vielen Leuten mit tröstlichen Worten aufgemuntert: „Gregor! Gott liebt dich! Kehre um zum Herrn! Gregor, du musst dich ändern!“ Immer wieder bekam ich die gleichen Floskeln zu hören. Wieso sollte ich mich ändern? Was sollte ich überhaupt damit anfangen?

 

Mein Glaube war offenbar zu schwach, um mich von all diesen Aussagen auf einmal überzeugen zu lassen. Meine Seele wurde von verschiedenen widersprüchlichen Gefühlen gequält. Ich war mal ganz hilflos und versuchte mal, die Freude zu täuschen, und mal war ich vom Hass ergriffen. In solchen Momenten legten sie mir die Hände auf den Kopf und beteten für mich mit Pietät und Ehrfurcht, damit ich von der Kraft des Teufels befreit und unter den Schutz Gottes geführt werden würde. Mit dem Schutz Gottes meinten sie ihre liebevollen Arme.

Besonders die Ältesten der Gemeinde konnten hier brillieren. Sie beteten mit Engelsprachen. Diese Rede war unverständlich und zwar nicht nur für die Leute, sondern auch für den Teufel selbst. Da der Satan nicht wusste, wofür diese Leute beteten, konnte er die Folgen des Gebets nicht verhindern. Dadurch konnte seine Macht zu Fall gebracht werden. Daran glaubten sie zumindest. Sie waren davon sogar felsenfest überzeugt.

Ich glaube, dass viele, die mit diesen übernatürlichen Sprachen beteten, selbst nicht genau wussten, wofür sie beteten. Außer viel Heulen, Jammern, Geplapper und Seufzen konnte ich kaum etwas vernehmen. Das war ein großer Schwarm von Bienen, Ameisen, Ringelnattern, Schakalen… Die Stimmen, die die verblendeten Menschen von sich gaben, konnten nicht von einer einzigen Tierart erzeugt werden. Bei einem so tiefen Gebet schaltete sich das Bewusstsein aus und somit konnten verschiedene komische Dinge passieren. Es folgten die transzendentalen Zustände mit vielen Visionen wie nach einer ordentlichen Dosis Marihuana. Die Leute um mich gerieten in einen spirituellen Gruppenrausch. Solche Zustände kann man nur mit geschlossenen Augen erreichen, sonst funktioniert es nicht.

Nach einem langen Durcheinander des Gebets konnte man wieder vereinzelte Worte in der menschlichen Sprache vernehmen. Am Anfang wurden diese Worte etwas schüchtern und ohne Kontext ausgesprochen. Es sah so aus, als ob die aus diesem Rausch allmählich heraustretenden Leute wieder die menschliche Sprache gelernt und dafür etwas Zeit gebraucht hätten. Nachdem einige schon ihre Muttersprache „wieder beherrscht hatten“, sprachen sie Prophezeiungen in Bezug auf Gruppenmitglieder bzw. Gäste aus. Es ging hauptsächlich darum, die Leute zum Handeln und zum Gehorsam gegenüber dem Guru zu bringen, weil der Höchste es so wollte. Angeblich sprach Gott selbst durch die „Propheten“. Dann führte der Älteste der Gemeinde die Vorlesung zur Bibelauslegung. Er erklärte, wie man bestimmte Bibelstellen verstehen sollte.

Als ich die Bibelstellen selbst genauer analysierte, hörten mir die Leute aufmerksamer als dem Leader zu. Das gefiel dem Ältesten natürlich nicht. Kaum war ich gekommen, schon lenkte ich die Aufmerksamkeit auf mich. Die Leader hatten eine harte Nuss zu knacken. Sie entschieden sich dafür, mich subtil zum Schweigen zu bringen, damit ich etwas Demut und Gehorsam gegenüber den Vorgesetzten lernte. Ich hielt dies für Einschränkung meiner spirituellen Freiheit, aber solche Regeln galten in dieser Gemeinschaft, und man musste sich anpassen. Jeder musste warten, bis er gefragt wurde und sollte sich darauf konzentrieren zu lernen und aufmerksam zuzuhören. Ich konnte es aber nicht erdulden von den Dummen belehrt zu werden. Ich gab es ihnen ausdrücklich zu verstehen. Daraufhin geriet ich immer wieder in ernsthafte Konflikte mit den Anführern und fanatischen Mitgliedern solcher Gruppen. Diese Fanatiker waren manchmal strohdoofe Schafe, die die Leader blind unterstützten. Manchmal hätte ich in dem Gespräch mit den Sektierern beinahe zu dem überzeugendsten Argument gegriffen, und zwar zu einem Schlag ins Gesicht mit der offenen Hand.

Ich muss mit Erstaunen zugeben, dass sie von mir nie genug hatten, obwohl meine Auseinandersetzungen mit ihnen nicht zur Seltenheit gehörten. Anscheinend wollten sie mich um jeden Preis anwerben. Es war ihnen klar, dass ich eine kostbare Beute war. Sie wollten meine Eigenschaften zur Verbreitung ihres „erlösenden“ Glaubens anspannen. Auch wenn ich immer wieder nicht mit ihnen einverstanden war, besuchte ich lieber ihr Gotteshaus als die Kneipen. Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, was das schlimmere Übel war. Manchmal flüchtete ich mich nach einer solchen Evangelisation in der Pfingstgemeinde ins Komasaufen, um mich an der Gehirnwäsche abzureagieren. Ich wusste damals noch nicht, dass man ihre Lehre genau so nannte und dass diese verheerende Folgen für die menschliche Psyche hat.

Die Kraft der Überzeugung, die eine Gruppe gegen das Individuum anwenden kann, ist eine unmenschlich starke Macht. Meine Lage war noch schwieriger, da meine eigenen Geschwister aktiv an dieser Manipulation beteiligt waren. Auf diesem Weg lassen sich derart große spirituelle Kräfte erzeugen, denen auch eine sehr starke Person nicht widerstehen kann, es sei denn, sie verlässt dieses Milieu rechtzeitig. Ich wusste es gar nicht und bemerkte es nicht, als ich endlich den Köder der Sekte schluckte.

Auf dem ersten Blick sieht solch ein Gebetstreffen einer Gruppe ganz harmlos aus. In der Tat werden die Leader regelmäßig ausgebildet und erfahren, wie man das Treffen gestalten soll. Sie wissen, wie man die Leute manipuliert und demütigt, um dem Kerl dann zu helfen, sich von dem Fall zu erheben und sein Wertesystem auf den Kopf zu stellen. Die vorher gedemütigten und zum Nervenzusammenbruch geführten Personen sind dann von liebevollen Gefühlen umgeben. Und plötzlich passiert etwas Unglaubliches. Diese Personen fangen an ihre Verfolger, ihre Anführer zu verehren. Man muss für diese Gehirnkontrolle einen hohen Preis zahlen, weil sie im Endeffekt die Depersonalisation bzw. einen Identitätsverlust zur Folge haben kann. Dann bekommt man quasi ein neues Bewusstsein. Das wiederum führt zur Desintegration der Persönlichkeit. Wenn sich das Opfer schon in solchem Zustand befindet, ist es für die Sekte meist ein leichtes Spiel, die von dieser Person früher erworbenen Werte aus dem Gehirn zu entwurzeln. Wenn auch diese Manipulation zustande kommt, wird die Person empfänglich für Suggestion und Lehre neuer Art.

Darüber hinaus gibt es einen Faktor, der das Opfer zur Selbstvernichtung führt. Durch regelmäßige Mantren macht man das Gehirn des Opfers rein von allem, was dort bisher verankert war. Es wird affirmativ mit einer neuen Ordnung ersetzt, indem der Mensch immer die gleichen Botschaften zu hören bekommt. Man erlangt dadurch das Gefühl der Glückseligkeit. Diese Zustände sind noch angenehmer als der durch Alkohol, Drogen bzw. andere Suchtmittel erzeugte Rausch. Obwohl wir es hier mit einer sehr destruktiven Wirkung zu tun haben, merken das viele Leute nicht, weil sie gleichzeitig auf einem richtigen Trip, in einem ekstatischen Zustand sind und viele schöne Erlebnisse erfahren. Jeder, der durch die Gehirnwäsche einen solchen Zustand – eine himmlische Lethargie – erlangt, ist absolut davon überzeugt, dass Gott in ihm auf diese Art und Weise wirkt. Die Person in diesem Zustand ist auch für Suggestionen von noch höherer Stufe anfällig. Das Individuum hat dann keine Autonomie und Kontrolle mehr. Es kann sich nicht von der ihm auferlegten Ideologie sowie von den in der Gemeinschaft geltenden Werten distanzieren. Wichtig ist, dass niemand in einer solchen Gruppe individuell und unabhängig denken darf. Das kommt nicht in Frage. Die Person, die die Realität nicht eigenständig wahrnehmen kann, ist passiv, unterwürfig und unkritisch. Sie nimmt die neue Lehre wie ein Schwamm auf. Sie glaubt an alles und vertraut allen Mitgliedern der Gemeinde. Lässt das Opfer die Gehirnwäsche regelmäßig über sich ergehen, so kann dies destruktiv sein und zu Gehirnschäden führen. Nach einiger Zeit fängt das Gehirn an auf pathologischer Weise zu funktionieren. Man nimmt die Welt anders wahr. Die Emotionen und sinnliche Eindrücke, die man spürt, sind ganz anderer Natur als früher. Alles ist anders! Der Mensch schwebt nur unbewusst in der Realität. Er funktioniert halbwegs zwischen der realen Welt und dem manipulierten Wachzustand. Er ist bereit sein Leben für etwas zu opfern, was tatsächlich gar nicht existiert. Der starke Glaube an etwas, was nicht existiert, wird durch das tiefe Gemeinschaftsgefühl verstärkt. Man befindet sich in einer anderen Welt, vermeintlich frei von Sorgen. In der Tat ist einfach ein anderes Bewusstsein im Spiel, das keinen Bezug auf die reale Welt haben kann. Um Menschen in diesen Zustand zu bringen, lernen die Anführer verschiedene Manipulationstechniken. Die Eliten dieser Kirchen machen eine entsprechende Ausbildung.

Ich weiß etwas davon, weil ich einige Schulungen dieser Art selbst absolvierte. Es gab einige Momente in meinem Leben, in welchen ich die Strategie des Feindes lernte, um etwas mehr über ihn zu erfahren. Er nahm mich für seinen Mann und bot mir die Ausbildung an.

Die Folgen der von den Pfingstlern geübten „christlichen Aufklärung“ sind verheerend. Viele „Kandidaten für Erlösung“ enden auf der geschlossenen Psychiatrieabteilung. Sie leiden überwiegend an der paranoiden Psychose. Schizophrenie und Depression kommen auch vor, und auch sie bringen verheerende Folgen.

Seit 1996 schaute ich mich die Pfingstler in Stuttgart genauer an. Besonders interessant für mich als Mann waren natürlich die deutschen Mädels. Anfangs waren sie nicht so schlecht. Sie reagierten ganz normal, und man konnte sich das gemeinsame Leben mit ihnen gut vorstellen. Nach einigen Jahren waren sie schon aber die Wracke des Menschen – von ihrer Weiblichkeit und Anmut blieb nicht viel übrig. Sie wurden von dem ihnen auferlegten Denkmuster versklavt. Die erzwungene Denkweise verdrängte die immer wieder zum Vorschein kommenden weiblichen Gelüste. Ihr Gewissen machte ihnen Vorwürfe wegen der Liebesbeziehungen, die sie wegen der Sekte nie eingehen konnten.

Noch früher waren sie niedlich, aufreizend und lebensvoll. Mit der Zeit wurden sie enttäuscht, niederschlagen, verdrängt und machen den Eindruck von etwas verrückten Wesen. Üblicherweise starrten sie abgestumpft auf einen Platz. Ihre Gesichter waren ausdruckslos, seelenlos. Wie verwelkte Blumen schienen sie schon keine Hoffnung mehr zu haben, dass irgendwann ein Tropfen lebensspendenden Wassers auf sie fallen würde. Ihnen fehlten der Mut und die Kraft, den Platz zu verlassen, wo sie bei lebendigem Leibe begraben wurden. Einst freuten sie sich darüber, dass sie in ihrem Leben Gott und Wahrheit entdeckten. Vermeintlich aufgeklärte und mit der neuen Lehre erfreute Frauen, die mal eine riesige Hoffnung auf die Erlösung hatten. Im Laufe der Zeit ließ ihr Enthusiasmus nach. Er erstarrte auf ihren Gesichtern wie der fest gewordene Bleichkalk oder der saure Pudding. Manchmal versuchten sie, ein gekünsteltes Lächeln zu zeigen. Das klappte aber in der Regel nicht, weil ihre immer düsteren und traurigen Augen den elenden Zustand von ihren stark gequälten Seelen widerspiegelten. Diese Seelen sind auf diesem Planeten schon nicht mehr zu retten. Alle diese Eindrücke zeigten eine tragische Lage dieser Frauen, die gar nicht zu beneiden war. Die Liebe von Pfingstlern führte sie zu diesem Zustand. Ironischerweise erfolgte dies im Namen Gottes! Der wahre Gott hatte damit aber gar nichts zu tun. Leider klammerten an dieser falschen Wahrheit immer mehr Opfer der Pfingstbewegung und verschiedener Bewegungen der Erneuerung im Geist fest. Was für ein Paradox!

An dem Punkt, wo die letzte Schutzmauer der katholischen Kirche endet, kann die richtige Hölle losbrechen. Diese Lage kann man durch falsches Verständnis der Bibel erreichen. Die religiösen Scharlatane, die den Leuten eine Falle stellen, sprechen das fundamentalste Bedürfnis des Menschen an, und zwar das bewusste oder unbewusste Begehren danach in der Gegenwart Gottes zu verweilen. Diese Sehnsucht ist in uns vorprogrammiert, ganz unabhängig von unseren Weltanschauungen. So ist unsere menschliche Natur.

Ich beschrieb die Folgen der psychischen Manipulation, die die Sekten ausüben, um den Menschen im Namen von ihren egoistischen Interessen zu verändern. Wenn die Vernunft den Glauben nicht stützt, können schreckliche Dinge passieren.

Glaube und Vernunft sind wie die beiden Flügel, mit denen sich der menschliche Geist zur Betrachtung der Wahrheit erhebt”

(Johannes Paul II)