Gespielin der Cyborgs

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„Keine Panik. Wenn Sie aufwachen, Kristin Webster, wird Ihr Körper für die dortigen Bräuche und die Anforderungen Ihres Gefährten präpariert worden sein. Er wird dort auf sie warten.“ Es klang, als würde sie ein Skript herunterbeten, und das bedeutete, dass ich nicht die einzige Frau war, die an diesem Punkt leichte Panik bekam.

Zwei große Metallarme mit riesigen Nadeln am Ende schienen zu beiden Seiten auf meinen Kopf heran zu fahren. „Moment bitte. Was zur Hölle sind diese Dinger?“

Ich versuchte, davonzurutschen, aber das funktionierte nicht, da ich immer noch an den verdammten Stuhl geschnallt war.

„Sie werden Neuroprozessor-Units anbringen, die sich mit den Sprachzentren in Ihrem Gehirn verbinden und es Ihnen auf diese Weise ermöglichen, jede Sprache zu sprechen und zu verstehen. Bleiben Sie ruhig, dann sind Sie schon bald bei ihrem Gefährten.“

Ich hielt den Atem an, als die Nadeln näherkamen und dann in meine Schläfen stachen, direkt über den Ohren. Ich zuckte zusammen, aber so schmerzhaft war es gar nicht. Sobald sich die Roboterarme zurückgezogen hatten, glitt mein Stuhl nach hinten und ich wurde in ein warmes, blau leuchtendes Bad gelassen. Ich atmete aus und entspannte mich, denn alle Furcht schien dahinzuschmelzen.

„Kristin Webster, Sie sind unterwegs zu Ihrem Prillon-Krieger. Ich bin nicht voreingenommen, denn jede Frau wird dem Planeten zugewiesen, der für sie perfekt ist, aber diese Prillon-Männer liegen mir besonders am Herzen. Ich weiß, dass Sie dort glücklich werden, so wie ich es einmal war.“

Ich seufzte und schloss die Augen. Glücklich? Das war der größte Traum von allen.

„Ihre Abfertigung beginnt in drei... zwei... eins.“

Alles wurde schwarz.

2


Captain Hunt Treval, die Kolonie, Basis 3, Abfertigungsraum für Neuankömmlinge

Ungeduld nagte an mir, ließ mich in meinem Stuhl zappeln. Über den Tisch hinweg starrten mich unsere vier letzten Neuankömmlinge mit einer Mischung aus Rage und Verzweiflung an. Sie versuchten, ihren Schmerz zu verbergen, aber den Zorn? Der Zorn zeichnete sich klar in den angespannten Linien ihrer Körper ab, in der grimmigen Spannung in ihren Lippen, der völligen Abwesenheit jeden Fünkchens Humors in ihren Augen. Sie waren Krieger der Koalitionsflotte, hatten Gefangenschaft und Folter in der Gewalt unseres Feindes, des Hive, überlebt, und nun waren sie hier.

Hierher wollte niemand.

Diese Teufelswut war etwas, das Kriegern nur allzu vertraut war. Und wer auf die Kolonie geschickt wurden, hatte mehr Anlass zur Rage als die meisten. Ich wusste das. Wir alle wussten es. Wir waren Ausgestoßene. Verlassen. Abgelehnt von jenen, für deren Schutz wir gekämpft hatten, bevor wir die Höllenqualen von Folter und Experimenten durch den Feind erlitten hatten. Wir hatten überlebt, einige von uns nur knapp, aber wir waren nicht länger erwünscht. Und es war schwer, das zu akzeptieren. Das Eintreffen in der Kolonie war der Nachweis für diese Ablehnung, so wie die Veränderungen an unseren Körpern der Nachweis waren, dass wir nie wieder ganz sein würden.

Wut überdeckt eine Bandbreite anderer Emotionen gut, aber ganz besonders Schmerz. Als Krieger waren wir die stärksten, härtesten Typen im Universum. Verletzte Gefühle waren nicht unser Ding. Die meisten, die in den vergangenen zwei Jahren durch dieses Zimmer gekommen waren—seit ich damit beauftragt worden war, Neuankömmlinge bei der Eingewöhnung zu unterstützen—würden lieber Folter als Tränen wählen. Diese Vier, so schien es, waren da keine Ausnahme.

„Ich wünsche, auf meinen Heimatplaneten zurückzukehren.“ Der große atlanische Kampflord, ein Riesenkrieger namens Rezz, funkelte mich aus seinem Stuhl heraus an. Seine tellergroßen Hände ballten sich wieder und wieder um die Armlehnen an seinem Stuhl zu Fäusten zusammen, und ich blickte in die Ecke des Raumes, wo mein Sekundär Captain Tyran mit einem Ionen-Blaster und einem Betäubungsgewehr im Anschlag bereitstand. Ich traf seinen dunklen Blick, nur für einen Augenblick, mit fragendem Ausdruck.

Tyran nickte, die Bewegung war kaum wahrnehmbar. Er war schussbereit. Nicht, dass er die Waffen brauchen würde, selbst gegen das Biest. Der Hive hatte Tyrans Knochen und jede wichtige Muskelgruppe in seinem Körper verstärkt. Er war stark, stärker als jede andere lebende Kreatur, die ich gesehen hatte, einschließlich eines Atlanen im vollen Biest-Modus. Als Tyran und ich gemeinsam in Gefangenschaft gerieten, waren wir Freunde gewesen. Nach dem, was sie uns angetan hatten, wusste ich, dass es niemand anderen gab, dem ich eine Gefährtin anvertrauen würde, und ich hatte ihn gebeten, mein Sekundär zu werden.

Damit, dass wir das Vertrauen des anderen im Kampf brauchen würden, war es nun vorbei. Eine Gefährtin zu teilen, würde hoffentlich unsere Zukunft sein und noch viel wichtiger als alles andere, was wir getan hatten.

Als zum ersten Mal jemandem auf der Kolonie eine Gefährtin zugeordnet worden war, eine Erdenfrau namens Rachel, war ich skeptisch gewesen. Aber zuzusehen, wie sie einen von uns in den Armen hielt, während er starb, hatte meine Meinung über das Interstellare Bräute-Programm geändert. Darüber, eine Gefährtin zu haben. Ich hatte mich nach der sanften Berührung von Frauenhänden auf meiner Haut gesehnt, nach jemandem, der mich mit etwas anderem als Angst in den Augen anblicken würde. Götter, ich sehnte mich so sehr danach, aber ich hatte angenommen, dass die Verbannung auf die Kolonie bedeuten würde, dass dieses Glück nie mir zuteil werden würde. Dass ich niemals eine Gefährtin gewährt bekommen und niemals eine heiße, willige Frau mit Tyran teilen würde.

Aber Rachels Ankunft hatte alles verändert. Begierig ließ ich mich sofort am nächsten Tag testen, Tyran am Tag darauf. Und nun warteten wir einfach und versuchten, nicht zu hoffen. Hoffnung war schmerzhaft, erfüllte meine Brust mit einer Leere, die keine noch so große Menge an Alkohol oder Arbeit je stillen konnte. Jedes Mal, wenn ich Rachel—Lady Rone—mit ihren Gefährten Gouverneur Maxim und Captain Ryston zusammen sah, wurde diese Hoffnung schlimmer.

Ich hatte gelernt, dass Hoffnung eine gefährliche Sache war. Ein wenig davon war zum Überleben notwendig, aber zu viel davon, und die Enttäuschung würde grausam sein. Es war ein empfindliches Gleichgewicht, mit dem ich seit meiner eigenen Ankunft auf diesem Planeten leben musste.

Aber seit meinem und Tyrans Test waren Wochen vergangen. Hunderte Krieger waren auf der Kolonie getestet worden, und keine neuen Bräute waren eingetroffen. Diejenigen von uns, die hier in der Falle saßen, fingen an, die Hoffnung auf eine Zuordnung wieder aufzugeben. Hoffnung verblich. Wut war besser. Und Arbeit.

Ich hatte drei Koalitionskrieger vor mir sitzen und einen der furchteinflößenden Jäger von Everis, der selbst jetzt in einiger Distanz zu den anderen saß. In ihren Augen lag überhaupt keine Hoffnung mehr. Das war der Grund, weshalb Tyran seine Hand aufmerksam über seine Ionen-Pistole hielt, auf seinem Posten neben der Tür.

Der Jäger Kjel war aus einem getrennten Bereich des Hive-Baus geborgen worden, einem Bereich, der für die Zucht vorgesehen war. Er sah harmlos genug aus, sein dunkles Haar und seine blasse Haut eher wie ein Krieger von der Erde oder von Trion. Aber er war alles andere als menschlich, die Jagdkünste seines Volkes furchteinflößend und unerklärlich. Sie waren wie Phantome, die in die Abgründe des Weltraums blicken konnte. Nichts und niemand konnte sich vor ihnen verbergen.

Kjel war unser erster Jäger, und ich war mir noch nicht ganz sicher, was wir mit ihm anfangen sollten.

Niemand außer mir und Gouverneur Rone kannte den gesamten Inhalt der Akten dieser Männer, aber mir schauderte bei dem Gedanken daran, was dieser stolze und tödliche Jäger hatte ertragen müssen. Die Everianer waren die tödlichsten Auftragskiller, Spione und Fährtensucher der Flotte. Sie machten einen großen Teil des Geheimdienstes der Koalitionsflotte aus, und der Hive war, wenn sie einen Jäger gefangen nehmen konnten, absolut gnadenlos. Ich war schockiert darüber, dass der Jäger überhaupt überlebt hatte.

Kjel von Everis musste einen Willen aus Eisen haben. Unzerbrechlich. Was in der Schlacht hilfreich war, aber nicht hier. Ich brauchte von diesen Männern, dass sie als Team zusammenarbeiteten und sich in unsere Gesellschaft integrierten. Ein wenig Hoffnung schöpften, dass ihr altes Leben vielleicht vorüber war, aber ein neues sich schaffen lassen konnte. Es war meine Aufgabe, meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass sie das taten.

Diese Männer brauchten Arbeit, einen Zweck, einen Wohnplatz und eine neue Gruppe von Waffenbrüdern, die ihnen dabei helfen konnten, mit ihrem neuen Leben fertigzuwerden.

Die Kolonie war kein Zuhause, für niemanden von uns. Selbst die Gefährtin des Gouverneurs hier zu haben, reichte nicht aus. Dieser Ort war ein Gefängnis, unsere Endstation, und wir alle wussten das. Eines Tages, mit Gefährtinnen und Kindern, konnte es vielleicht ein Zuhause für uns alle werden. Aber bis dahin...

„Keiner von uns kommt nach Hause, Kampflord.“ Ich deutete zu meinem rechten Auge und schob den linken Ärmel hoch, um den metallischen Schimmer sichtbar zu machen, der knapp unter der Hautoberfläche meinen entblößten Arm und die Hand überzog. Zu diesen Treffen trug ich nie meine Rüstung, wählte stattdessen eine zivile Tunika mit kurzen Ärmeln und Hosen, um diese Krieger daran zu erinnern, dass ich nicht gegen sie kämpfte. Ich war nicht der Feind. Auch ich hatte gekämpft, war in Gefangenschaft geraten. Gefoltert worden. Befreit worden. Hatte überlebt. Lebte.

 

Rezz‘ Blick flog zu meinem Arm, dann verweilten er auf den handgenähten Ziernähten am Ärmel, bemerkten den grünen Gefährtenkragen um meinen Hals, und er verzog das Gesicht noch stärker. Dieser verweilende Blick, und die verächtlich verzogene Lippe beim Anblick meines Kragens verbesserten meine Laune nicht gerade. Ich trug ihn schon seit drei Monaten, seit dem Tag, an dem ich mich den Testprotokollen des Bräute-Programms unterzogen hatte. Ich trug ihn, um andere dazu zu ermutigen, sich ebenfalls testen zu lassen. Um ihnen zu zeigen, dass ich Hoffnung hatte, dass sie kommen würde. Dass ich ihr bereits gehörte, wo auch immer im Universum sie noch war. Als meine Hoffnung nach und nach geringer wurde, wurde die Gegenwart des Kragens eine Quelle von Spott zu den Mahlzeiten, wenn die anderen meine Zuversicht verhöhnten. Manche zweifelten sogar daran, dass ich mich überhaupt hatte testen lassen.

Mir war egal, was diese Scheißkerle dachten. Ich hatte die verdammte Hoffnung. Ich war fest entschlossen, stärker zu sein als sie. Ich weigerte mich, daran zu glauben, dass dieses einsame Leben mein Schicksal war. Ich weigerte mich, den Kragen abzunehmen. Sie würde kommen. Irgendwann.

„Ich werde hier nicht verweilen wie ein Gefangener“, sagte Rezz nachdrücklich.

„Sie sind kein Gefangener, Kampflord.“ Ich seufzte, lehnte mich in meinem Stuhl zurück und machte mich aufs Schlimmste gefasst. Zweimal in den letzten zehn Jahren war ein Biest hier eingetroffen und hatte die Beherrschung verloren. Diese Tatsache war mir und allen anderen Kolonie-Offizieren, die der Unterhaltung beiwohnten, nur allzu bewusst. Tyran war nicht die einzige Sicherheitskraft im Zimmer. Drei Krieger pro Neuankömmling war meine Präferenz. Heute waren wir weit unterbesetzt. Mit Tyran waren nur sieben Wachen anwesend—und keiner von ihnen war Atlane. Wenn Kampflord Rezz die Beherrschung verlor und in den Biest-Modus wechselte, würden wir selbst mit Tyrans Kraft den Atlanen wahrscheinlich töten müssen. Eine Aktion, die ich gerne vermeiden wollte.

Früher einmal hätte der Gedanke daran, das Biest exekutieren zu müssen, mich in einen Teufelskreis aus Trauer und Selbsthass gestürzt. Reue. Frust und das Gefühl, verraten zu sein. Aber nicht nur er musste gerade damit fertig werden, auf der Kolonie zu sein, sondern auch sein Biest. Es war ein innerer Willenskampf, und ich musste bei Kampflord Rezz erst herausfinden, wer gewinnen würde.

Ich wusste, wie er sich fühlte. Gefangen. Einem Gefängnis entkommen, nur um in einem anderen Gefangnis zu landen. Vor drei Jahren hatte ich mit Tyran auf der anderen Seite des Tisches gesessen. Und kurz davor hatten wir drei grauenvolle Tage in den Händen der Hive-Integrationseinheit verbracht, bevor das Bergungsteam der Koalition uns herausgeholt hatte. Wir hatten Glück gehabt. Waren noch zu retten gewesen. Auch wenn es sich zu der Zeit nicht wie Glück angefühlt hatte.

Nun war die einzige Emotion, die mich durchströmte, während ich Rezz bei seinen Beherrschungsversuchen beobachtete, Resignation. Er würde sich entweder unter Kontrolle bringen, oder nicht. Es gab keinen Mittelweg.

Und er hatte nicht unrecht. Obwohl dies hier genau betrachtet kein Gefängnis war, würde niemand von uns nach Hause zurückkehren. Nie wieder. Und auch, wenn in den Koalitionswelten allgemein die Ansicht herrschte, dass die Krieger auf der Kolonie mit Hive-Technologie verseucht waren und nicht dazu geeignet, sich wieder in die Gesellschaft auf ihren Heimatplaneten einzugliedern, war die Wahrheit noch schlimmer—aber einfacher zu akzeptieren.

Die Koalitionsflotte war nicht in der Lage, die Ausstrahlung von Hive-Steuerbefehlen im großen Ausmaß zu unterbinden. Jeder Krieger hier hatte Hive-Technologie eingepflanzt bekommen, die nicht entfernt werden konnte, ohne uns umzubringen. Wir waren auf der Kolonie nur deswegen in Sicherheit, weil wir so tief im Koalitionsraum waren, dass der Hive uns nicht erreichen konnte, um mit unseren Gedanken zu spielen und uns wie Marionetten zu steuern. An ein paar von uns wurden experimentelle Implantate getestet. Wir testeten ein neues Gerät zum Scannen und Generieren von Störfrequenzen. Und Lady Rone, eine wissenschaftliche Expertin im Bereich Gehirn- und Körperchemie, half uns, neue Wege zu testen, wie wir unsere Körper gegen Hive-Angriffe stärken konnten.

Aber ich wusste, dass das vielleicht nicht ausreichte.

Auf den höchsten Befehlsebenen wollte man die Zivilbevölkerung unserer Planeten nicht darauf aufmerksam machen, dass wir Schwierigkeiten damit hatten, den Hive aufzuhalten. Es war beängstigend und konnte zu Massenpanik führen. Wir waren der Beweis für dieses Versagen, und wir durften einen solchen politischen Alptraum nicht durch unsere Anwesenheit auf den Heimatwelten enthüllen.

Die Koalitionsflotte hatte große Mühe, die Ausdehnung des Hive in das Gebiet der Koalition zu verhindern. Wir standen knapp davor, diesen verdammten Krieg zu verlieren.

Als Prinz Nial Primus unseres Planeten wurde, hatte er damit den Mantel des Kommandanten der gesamten Koalitionsflotte geerbt. Prillon Prime war die erste Welt gewesen, die sich dem Hive entgegengestellt und andere rekrutiert hatte, und die Koalition war um uns herum gewachsen. Wir kämpften schon seit langer, langer Zeit. Seit Jahrhunderten. Als Primus Nial an die Macht kam, hatte er den Bann auf die Heimkehr von Hive-verseuchten Kriegern aufgehoben, besonders, da er selbst einer war. Einer von uns. Das hatte zu weiteren Erkenntnissen geführt...hatte den Koalitions-Geheimdienst I.C. dazu gezwungen, mit ein paar harten Wahrheiten herauszurücken.

Wir konnten nicht nach Hause. Nie wieder. Nicht jeder von uns.

Primus Nial war selbst mit Hive-Technologie infiziert. Aber nachdem er den Thron bestiegen hatte, hatte er ein Treffen mit dem I.C. gehabt. Die hatten ihm die Lage erklärt, die Dinge, die wir auf der Kolonie bereits wussten—dass es keinen Weg gab, sicherzustellen, dass er sich unter Kontrolle haben würde, sollte er einen Hive-Befehl empfangen. Die Technologie, die in seinem Körper eingebettet war, gehorchte immer noch ihrem Meister und würde seinem Ruf folgen.

Der Primus hatte vom I.C. ein spezielles Implantat erhalten, einen dauerhaften Signalhemmer, der ihn frei von Hive-Kontrolle halten sollte. Aber es war experimentell. Und selbst mit den verfügbaren Signalhemmern weigerten sich die meisten Koalitions-Planeten, den Bann darauf aufzuheben, dass verseuchte Krieger sich ihrer Zivilbevölkerung wieder anschließen durften.

Verseuchte Krieger waren ein zu großes Risiko. Dem widersprach ich nicht. Ich musste mich täglich mit ihnen herumschlagen. Verdammt, ich war einer von ihnen. Darauf zu hoffen, dass jene auf Prillon Prime mich und Tyran als normal akzeptieren würden, war zu viel, selbst für mich.

Primus Nial gab sein Bestes, aber am Ende beschlossen die meisten der Prillon-Krieger auf der Kolonie, einschließlich mir und Tyran, zu bleiben. Wir alle hatten dafür gekämpft, unser Volk zu beschützen. In unserem Zustand nach Hause zu gehen, selbst mit der experimentellen Technologie, die der I.C. anbot, würde unsere Familien in Gefahr bringen und unser Opfer, und die Tode so vieler Freunde und Mitstreiter, wertlos machen. Keiner von uns wollte den Hive zu ihnen führen, ihnen in den Rücken fallen und die Kontrolle verlieren.

Also blieben wir in einem Gefängnis, das wir selbst gestalteten.

Und hofften auf Besserung, darauf, dass wieder ein wenig Leben in unseren Alltag einkehren konnte.

Auf eine Gefährtin.

„Das hier fühlt sich an wie ein Todesurteil.“ Kampflord Rezz knurrte, und ich sah die Anfänge seiner Verwandlung zum Biest in seinem Gesicht, wo die Knochen zu schmelzen und länger zu werden schienen, bevor sich alles wieder normalisierte. „Sie hätten mich in dieser Höhle verrecken lassen sollen.“

„Es tut mir leid.“ Ich deutete zu den Kriegern, die an den Wänden entlang bereitstanden. „Uns allen ging es genauso, als wir hier eintrafen.“ Der Raum war groß genug, dass noch mindestens fünfzig Kämpfer in voller Rüstung Platz gehabt hätten. Mit nur elf fühlte es sich an wie eine leere Höhle, in der unsere Isolation verhallte. „Aber es wird mit der Zeit einfacher. Und die Kolonie empfängt inzwischen Gefährtinnen aus dem Interstellaren Bräute-Programm. Sobald Sie sich alle eingelebt haben, können Sie sich für eine Zuordnung testen lassen.“

„Nein.“ Der Atlane erhob sich und seine Schultern wurden größer, als er mich anfauchte.

„Beruhige dein Biest, Rezz.“ Der Prillon-Krieger Captain Marz, der teilnahmslos auf dem Nachbarsstuhl gesessen hatte, war etwa so groß wie ich und hatte ebenfalls goldenes Haar, goldene Haut und Augen. Ein blasser Farbton, der mit den kälteren Regionen unserer Heimatwelt Prillon Prime in Verbindung stand. Zumindest, bis der Hive ihn in die Finger bekommen hatte. Nun war sein linkes Auge ein seltsames, schimmerndes Silber, und die Hive-Technologie, die in seine Haut eingepflanzt war, verwandelte auch seine Hautfarbe in blasses Silber. Die Färbung verlief um sein betroffenes Auge herum, über seine Schläfe und verschwand unter seinem Haar. Es war, wie in einen Spiegel zu blicken, und es war ein wenig nervenaufreibend. Ich hatte seine Akte offen vor mir liegen und wusste, dass er unter seiner Uniform noch mehr davon trug, mehr Narben des Hive. So wie wir alle. Auch Narben, die nicht körperlich sichtbar waren. Und deswegen waren wir hier.

Rezz verdrehte den Kopf, knackte lautstark die Gelenke entlang seiner Wirbelsäule und setzte sich wieder. Aus dem Augenwinkel sah ich zu, wie Tyran sich erneut gegen die Wand lehnte, und wir alle atmeten erleichtert auf. Diese verdammten Atlanen und ihre Biester waren unberechenbare Typen. An der Front wären wir ohne sie verloren, aber sie gehörten nicht wirklich nach Drinnen, wo sie brav sitzen und politische Unterhaltungen führen sollten. Nicht, wenn ihre Biester knapp davor standen, die Kontrolle zu verlieren, ob vor Wut oder Paarungsfieber. Bei Rezz vermutete ich beides.

„Captain Marz. Ich habe Sie alle vier dazu eingeteilt, zusammen in Abschnitt 9 zu arbeiten. Primus Nial hat uns aufgetragen, die Befestigungen um alle Kolonie-Basen herum zu verstärken und Erweiterungen vorzubereiten.“ Ich konzentrierte mich auf den prillonischen Captain. Ich hatte dies schon zuvor gesehen. Wusste genau, was diesen Kriegern widerfahren war. Sie kannten einander vielleicht nicht vor der Gefangennahme, aber irgendwo in den Höllenqualen war Captain Marz derjenige gewesen, der das Kommando übernommen und sie beisammen gehalten hatte. Sie bei Sinnen gehalten. Und nun brauchten der Kampflord und der andere Prillone mir gegenüber, Leutnant Perro, Marz als Stütze. Er war ihr Gruppenanführer geworden. Was gut war. Diese Kerle brauchten jeden Freund, den sie finden konnten. Freude, und das Gefühl eines Lebensinhaltes. „Wir brauchen mehr Männer, die dort beim Aufbau und der Verstärkung der Mauern helfen.“

Captain Marz nickte, und wir beide ignorierten Kampflord Rezz, der sich langsam wieder unter Kontrolle brachte.

Der Jäger Kjel beobachtete und wartete ab, wie das Raubtier, das er war. Er hatte noch kein Wort gesagt, aber ich hatte keinen Zweifel daran, dass er die genaue Position jeder einzelnen Sicherheitskraft im Raum kannte, inklusive welche Waffen sie trugen und wie aufmerksam sie diese Besprechung verfolgten. Er war nicht Teil von Captain Marz‘ Truppe, aber das musste ich ändern. Selbst ein einzelner Jäger musste irgendwo dazugehören, brauchte einen Grund, morgens aufzustehen. Und er war der einzige Everianer auf Basis 3. Soweit ich wusste, war er der einzige Jäger, der je die Hive-Gefangenschaft überlebt hatte.

Der andere Prillon-Krieger, Leutnant Perro, der sich bislang still verhalten hatte, verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Arme waren frei von Hive-Implantaten, die sanfte braune Haut ungetrübt. Ich hatte mir auch seine Akte angesehen. Seine Implantate befanden sich hauptsächlich am Nacken und an der Wirbelsäule, ein paar weitere im Hirngewebe. Sollte der Hive je hierher durchbrechen, würde ihm wohl das Hirn aus den Ohren tropfen. Aber jetzt waren seine Augen erst mal klar und scharf, von kupferner Farbe, die zu seinem Haar passte. „Was genau sollen wir nun die nächsten sechzig oder siebzig Jahre lang anstellen? Mauern bauen? Ich bin Pilot, und zwar ein verdammt guter.“

Ja, das war er. Und ungehorsam und ein wenig wild. Was wahrscheinlich zu seiner Gefangennahme geführt hatte...und letztlich zu seinen Qualen auf den Operationstischen der Hive-Integrationseinheiten.

„Ich bin mir über die Qualifikationen von Ihnen allen bewusst. Jeder Neuankömmling verbringt einige Zeit damit, zu bauen. Es hilft dabei, Stress abzubauen, und gewährt Ihnen Zeit, die anderen kennenzulernen. Dies ist kein Ort, an dem man es alleine schafft. Während Ihrer Eingewöhnungsphase werden Sie registriert und auch für andere Aufgaben in Betracht gezogen.

 

Wir betreiben Schiffe zu den anderen Basen, und für die brauchen wir auch Piloten. Aber der meiste Transfer von Gütern und Personal findet über die Transport-Pads statt. Wenn die Ärzte sie für den Flug freigeben, könnten Sie der Luftpatrouille zugewiesen werden, die die äußere Atmosphäre des Planeten überwacht. Aber da Sie hier neu sind, brauchen Sie Zeit, sich einzugewöhnen. Zeit, zu heilen. Sie mögen dem vielleicht nicht zustimmen, aber fürs Erste haben Sie leider keine Wahl. Keiner von Ihnen wird für Kernaufgaben eingeteilt werden, bis Sie einige Wochen hier verbracht haben.“

Oder noch länger. Besonders, wenn die anderen Krieger sie nicht mochten oder ihnen nicht trauten. Aber das sagte ich nicht dazu. Um ihnen ein wenig dieser verdammten Hoffnung zu geben, fügte ich hinzu: „Danach stehen alle Überlegungen offen.“

Captain Marz nickte. „In Ordnung. Ich nehme auch an, dass uns allen Quartiere im gleichen Bereich zugeordnet wurden.“

Den Göttern sei Dank, war das hier beinahe vorüber und Marz würde von hier an übernehmen. Ich sah es in seinen Augen das Bedürfnis dafür zu sorgen, dass seine Männer geschützt und gut versorgt waren. Zumindest einer von ihnen verstand die Veränderungen, die sie nun akzeptieren mussten. Wenn einer sich die Mühe machen wollte, dann konnte er die anderen besser überzeugen, als ich das je konnte.

Ich mochte Marz sofort und machte mir eine geistige Notiz davon, ihn rasch durch den Prozess zu schleusen. Nach der kürzlichen Hive-Attacke und dem Verrat durch eines unserer Mitglieder, einem medizinischen Offizier namens Krael, brauchte ich Männer, denen ich trauen konnte. Männer mit Ehre. Nicht, dass die anderen das nicht vorweisen konnten. Die drei anderen hatten hervorragende Dienstzeugnisse und hatten das Schlimmste des Hive überstanden. Wenn sie sich gut anpassten, sich in ihre neuen Leben eingewöhnten, würden sie bedeutsamen Positionen zugeteilt werden. Wir schätzten jeden auf der Kolonie, wenn er sein Bestes geben wollte.

Und doch kamen Verräter ans Tageslicht. Krael hatte einen Hive-Transmitter auf Basis 3 gebracht, und die toxischen Frequenzen hatten viele krank gemacht, darunter auch unseren eigenen Gouverneur, und hatten zum Tod von Captain Brooks geführt. Er war ein Krieger von der Erde gewesen, der leichtherzig war und gerne lachte, auch nach dem, was der Hive ihm angetan hatte. Er war mein Freund gewesen, und ich wollte nichts lieber, als den verräterischen Mistkerl zu schnappen, der ihn umgebracht hatte. Der ihn von innen heraus zerstört hatte.

Ich wandte mich an den Jäger Kjel. Vielleicht konnte ich mir die Fertigkeiten des Jägers ja doch zu Nutze machen. „Sie sind für die gleichen Pflichten und den gleichen Bereich eingeteilt worden.“

„Natürlich.“ Seine Stimme war gleichmäßig und ungerührt, als würde man mit einer Leiche sprechen. Ich wollte, dass er mir widersprach, wollte durch diese kühle Reserviertheit dringen. Er würde sich seinem Schmerz niemals stellen, seiner neuen Realität, wenn er alles in seinem Inneren verschlossen hielt.

Ich stand auf und rollte die Schultern. Die Anspannung dort bereitete mir Kopfschmerzen. Wieder einmal. Ich hatte früher nie unter Kopfschmerzen gelitten—bevor der Hive seine Nadeln und mikroskopischen Implantate in mich hineingeschoben hatte. Jetzt waren sie eine ständige Plage, ein Merkzettel dafür, dass ich nie wieder sein würde, was ich früher gewesen war. „In Ordnung. Das hier ist Phin, ein Mitglied meines Sicherheitsteams.“ Ich deutete mit dem Kinn auf die Wache. „Er bringt Sie zu Ihren Quartieren und gibt Ihnen eine Führung durch Basis 3. Sie melden sich in achtzehn Stunden für Ihre erste Schicht zum Dienst.“

Captain Marz erhob sich, gefolgt von Perro, dem Atlanen und dem Jäger, und vier Männern aus meinem Team führten sie den Korridor entlang zu den Privatquartieren. Die Männer waren mit nichts gekommen, also würde es nicht lange dauern, bis sie sich eingerichtet hatten und die Basis erkunden konnten. Wir hatten nicht viele Atlanen, und Kjel war unser erster Jäger. Sie würden zweifellos Aufmerksamkeit erregen, und viele Herausforderungen in den Kampfgruben.

Ich konnte sehen, wie Tyran an Kampflord Rezz im Vorbeigehen Maß nahm, und wusste, dass mein Sekundär dasselbe dachte. Tyran war der amtierende Nahkampf-Champion auf Basis 3. Ein Rang, den ihm der atlanische Kampflord gewiss nur zu gerne abnehmen würde. Wenn der Neuankömmling ihn bezwingen konnte. Tyran würde ihm das nicht leicht machen.

Ich folgte der Gruppe zur Tür und blieb neben Tyran stehen, während die Neuankömmlinge und ihre schwer bewaffnete Eskorte weiterzogen. „Er wird dich in Stücke brechen, mein Freund. Wie einen Zweig.“