Heiße Colts und wilde Girls: Alfred Bekker präsentiert 8 Western

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12

"Sie haben keine Wachen aufgestellt?" Der Colonel runzelte die Stirn.

"So ist es, Sir", bestätigte Cunningham. "Eine merkwürdige Sache. Wir sollten vorsichtig sein. Vielleicht beobachten wir sie noch ein paar Tage lang."

Rooster schnaubte verächtlich.

"Sie neigen doch sonst nicht zur Vorsicht, Captain", sagte er so laut, dass selbst die Offiziere, die vor dem Kommandozelt standen, es hören mussten. Er steckte seine Rechte unter die Uniformjacke. In dieser Bonaparte-Pose begann er den Kartentisch zu umkreisen. "Ich sage Ihnen, warum sie keine Wachen aufstellen, Captain. Weil sie sich sicher fühlen." Seine Augen blieben kalt, als er lachte.

"Die dämlichen Rothäute fühlen sich so sicher in ihrem Versteck, dass sie es nicht einmal für nötig halten, Wachen aufzustellen!" Er lachte laut und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Auch einige der Offiziere begannen zu lächeln. Cunningham kam sich vor wie der letzte Idiot.

"Nein, Gentleman - wir werden Captain Cunninghams Vorschlag nicht folgen! Im Gegenteil - morgen brechen wir in aller Frühe auf. Und bevor übermorgen die Sonne aufgeht, werden wir sie angreifen." Beifallheischend sah er sich unter seinen Offizieren um. "Bevor diese dämlichen Rothäute auf die Schnapsidee kommen, die eine oder andere Wache aufzustellen!"

Die Offiziere stimmten in sein lautes Gelächter ein. Cunningham legte die Hand an die Hutkrempe und wandte sich ab. Mit heißem Gesicht drängte er sich zum Ausgang des Kommandantenzeltes.

"Haben Sie Captain McAuley gesehen, Captain Cunningham?", rief ihm der Colonel hinterher.

"Nein, Sir." Er drängte sich durch die Offiziere hindurch und ging ins Lager hinein. Rooster war nicht zu helfen. Der Ehrgeiz vernebelte ihm den Verstand. Er brannte auf den Kampf. Er brannte auf einen höheren Dienstrang.

Bei den Pferden stand Shakopee. Er blickte Cunningham entgegen. "Was sagt Reddog?"

"Morgen will er marschieren." Cunningham löste den Sattel von seinem Pferd. "Und übermorgen angreifen."

13

Der alte Späher führte seine Männer erst gegen Abend ins Lager der Kavallerie. Statt zu fünft kehrten sie zu sechst zurück.

Dutzende von Soldaten strömten zusammen, um die gefangene Indianerin zu begaffen.

"Hey, Dave!", rief McAuley ihm entgegen. "Schau dir mal den Vogel an, der uns in die Falle gegangen ist!"

Cunningham mischte sich unter die Neugierigen. Das Mädchen hockte gefesselt vor McAuley auf dessen Pferd.

"Wie ist das, Les?", rief jemand aus der Menge. "Hat sie dich nicht beim Reiten behindert?" Die Soldaten lachten laut.

McAuley ritt durch die Menge hindurch. Zögernd öffnete sich ihm eine Gasse. Männerhände streckten sich nach den nackten Schenkeln der jungen Frau aus. Derbe Scherze wurden gerissen.

Cunninghams Herz krampfte sich zusammen, als er die Gestalt der gedemütigten Indianerin zusammengesunken auf dem Pferd seines Partners sitzen sah. Sie hielt den Kopf gesenkt, als würde sie den Rücken des Pferdes anstarren. Wie ein Schleier fiel ihr langes, blauschwarzes Haar über ihre Wangen und verdeckte ihr Gesicht.

Eine immer größer werdende Traube von Uniformierten folgte McAuleys Pferd. Vor dem Zelt des Colonels straffte er die Zügel. Flankiert von einigen Offizieren stand Rooster im Zelteingang und sah seinem alten Späher entgegen.

"Ich hab' Ihnen was mitgebracht, Sir", feixte McAuley. Er glitt aus dem Sattel und zog die Frau vom Rücken seines Wallachs. Mit zwei flinken Schnitten seines Messers säbelte er ihr die Fesseln durch.

Die Squaw stemmte ihre Beine in den Boden und klammerte sich am Sattelzeug fest. McAuley schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Sie stürzte ins Gras. Wieder Gelächter aus der Soldatenmenge.

McAuley packte sie am Arm und zerrte sie dem Colonel vor die Füße. "Hier, Sir. Ich dachte, eine Geisel kann nichts schaden. Sie könnte uns zum Lager ihres Clans führen."

"Wir kennen den Lagerplatz bereits, Captain. Trotzdem - danke." Als wäre sie ein fremdartiges Tier, musterte Rooster die Indianerin zu seinen Füßen. Gehetzt blickte sie um sich.

Rooster entdeckte Cunningham unter den Männern. Er winkte ihn zu sich. "Sie sprechen doch die Sprache dieser Wilden, Captain - sagen Sie ihr, sie soll aufstehen."

Cunningham ging vor der Frau in die Hocke und streckte ihr die Hand entgegen. Aus dunklen großen Augen funkelte sie ihn an. Angst und Stolz zugleich lag in diesen Augen.

Der Blick der jungen Cheyennne ging Cunningham unter die Haut. Zum ersten Mal nahm er die Indianerin als Frau wahr. Als unglaublich schöne Frau.

Sie hatte eine kleine schmale Nase. Eine zornige Falte stand zwischen ihren blauschwarzen Brauen. Das Haar hing ihr schweißnass in die Stirn und über die teilweise entblößten Schlüsselbeine. Ein trotziger Zug lag um ihren großen Mund. Das Muster ihres Stirnbandes verriet ihm die Häuptlingstochter. Er schätzte sie sechzehn, höchstens achtzehn Jahre.

"Fallen Ihnen die Worte dieses Kauderwelschs nicht mehr ein, oder was ist los, Captain?", blaffte Rooster.

"Ich weiß nicht, was diese Männer dir angetan haben, und ich weiß nicht, was sie dir noch antun werden." Cunningham sprach sie in dem Algonkin-Dialekt an, den er bei den Cheyenne gelernt hatte und der ihm zur zweiten Muttersprache geworden war. "Aber ich weiß, dass du eine Cheyenne bist. Die stolze Tochter eines großen Häuptlings. Vor niemandem musst du im Dreck liegen."

Etwas wie Staunen flog über ihr schönes Gesicht. Sie ignorierte seine ausgestreckte Hand und sprang auf. Sie warf ihr Haar aus dem Gesicht - kerzengerade, mit erhobenem Kopf, stand sie vor dem Colonel. Sie war eine Handbreit größer als er.

Rooster musterte sie misstrauisch. Sie dachte nicht daran, seinem Blick auszuweichen. Die Rechte halb unter die Uniformjacke geschoben, begann er sie zu umkreisen.

"Was haben Sie ihr gesagt, Captain?"

"Dass sie aufstehen soll, Sir."

"Brauchen die Cheyenne dafür so viele Worte?"

"Mitunter, Sir."

Der Colonel blieb vor ihr stehen. Er hob seine Rechte und fuhr ihr mit dem Rücken des gekrümmten Zeigefingers über die Wange, über ihren Hals bis zu ihren Brüsten hinab. Dort verharrte sein Finger einige Sekunden.

Die schwarzen Augen der Indianerin bohrten sich die ganze Zeit über in Cunninghams Blick. Als würde sie sich darin festhalten wollen.

Der Colonel begann sie wieder zu umkreisen. "Fragen Sie sie nach ihrem Namen, Captain."

"Er will deinen Namen erfahren." Sie tat genau das, was Cunningham erwartet hatte: Sie schwieg.

"Warum antwortet sie nicht, verdammt noch mal? Ich will ihren Namen wissen!" Rooster blieb hinter der Frau stehen.

"Sie wird ihn nicht verraten, Sir. Die Cheyenne betrachten den Namen eines Menschen als Schlüssel zu seiner Persönlichkeit." Cunningham senkte die Stimme. "Als Schlüssel zu seinem Herzen, wenn Sie so wollen. Nur die Mitglieder des eigenen Stammes und wenige Vertraute kennen den Namen eines Cheyenne. Ihren Namen zu verraten würde für die Frau bedeuten, sich Ihnen auszuliefern, Sir."

"Dann hat sie genau verstanden, was ich will." Der Colonel griff nach ihrem Gesäß und betastete es.

Die Gestalt der jungen Frau straffte sich. Ihre Pupillen wurden starr. Sie klammerte sich mit den Augen an Cunningham fest.

Zwei Schritte, und Cunningham stand zwischen seinem Vorgesetzen und der Indianerin.

"Sir", flüsterte er. "Die Männer! Sie beobachten Sie! Denken Sie an die Disziplin der Männer! Sie sind ihr Vorbild!"

Rooster wurde blass. Selbst aus seinen Lippen wich das Blut. Er riss seinen Armee-Colt aus dem Halfter und richtete ihn auf Cunningham.

"Sie wollen mir was von Disziplin erzählen!", brüllte er. Er spannte den Hahn und legte an.

Zwei Offiziere traten zwischen Rooster und den Späher. Cunningham sah die erschrockenen Gesichter der Männer.

"Wir sollten alles tun, um die Kampfmoral unserer Leute zu stärken, Sir", hörte er einen der Offiziere sagen.

Rooster Kaumuskulatur mahlte. Aber er steckte den Colt zurück in das Halfter.

"Führt die Gefangene in mein Zelt!", rief er. "Ich werde sie persönlich verhören!"

Cunningham lag die Frage auf der Zunge, wie er sie ohne Dolmetscher verhören wollte. Aber er schluckte sie hinunter.

Zwei Männer fesselte die Indianerin an Händen und Füßen. Die ganze Zeit über suchten ihre Augen den Blickkontakt mit Cunningham. Schließlich wurde sie weggetragen und in das Schlafzelt des Colonels geworfen.

Rooster zog sich mit dem Stab in das Kommandozelt zurück. Gut hundert Soldaten hatten sich inzwischen vor dem Zelt versammelt. Cunningham ging auf die schweigenden Männer zu. Sie bildeten eine Gasse und ließen ihn durch. Irgend jemand klopfte ihm auf die Schulter. "Ich bin stolz auf dich, Dave." Aus den Augenwinkeln erkannte er Samuel Murphy.

"Es ist okay, Dave." Vor ihm war das undurchdringliche Gesicht des Halbbluts. "Hoffen wir, dass jemand unter den anderen Offizieren den Mut hat, Reddog in den Arsch zu treten."

Bis in die Nacht hinein beriet sich Rooster mit seinem Kommandostab. Die Petroleumlampen flackerten in dem großen Zelt. Als es dunkel geworden war, schlich Cunningham um das Lager herum und drang in das Schlafzelt des Colonels ein. Er konnte das Gesicht der Indianerin nicht erkennen, aber er spürte ihre Blicke. Mit seinem Jagdmesser durchtrennte er ihre Fesseln.

"Zwei Wachen stehen vor dem Zelt", flüsterte er ihr ins Ohr. "Wir müssen leise sein."

 

Gemeinsam schlüpften sie unter der Zeltwand hindurch. "Mehr kann ich nicht für dich tun, Häuptlingstochter." Er führte sie bis an den Berghang. "Jetzt lauf um dein Leben."

Sie blieb stehen und sah ihn an. Das Mondlicht spiegelte sich in ihren Augen.

"Ich bin Blauer Vogel", sagte sie. Mit einer raschen Bewegung zog sie ihr Stirnband vom Kopf. "Nimm das als Dank, weißer Cheyenne."

Sie legte das Band in seine Hand, drehte sich um und lief los. Sekunden später verschwamm ihre Gestalt mit der Dunkelheit.

14

Im Morgengrauen ließ Rooster aufsitzen. Zehn Kavalleristen blieben bei den Wagen mit dem Proviant und bei der deutlich geschrumpften Rinderherde zurück.

An der Spitze von über hundertdreißig Männern ritt Rooster in das Flusstal hinein. Am nächsten Morgen um diese Zeit wollte er über die Cheyenne Little Bears herfallen. Die Zeit drängte.

Shakopee tauchte neben Cunningham auf. Er ritt eine Zeitlang neben ihm. Er trug ein rotes Stirnband unter seinem Armeehut. Noch nie zuvor hatte Cunningham ihn mit einem Tuch um die Stirn gesehen.

"Die Indianerin ist verschwunden", sagte Shakopee. Cunningham antwortete nicht. Er sah starr geradeaus in den aus Moos und Laub dampfenden Nebel.

"Der Colonel schickt mich zu dir", sagte Shakopee. "Du sollst zu ihm an die Spitze kommen. Er will dich sprechen."

Cunningham trieb sein Pferd an und galoppierte an die Spitze der Reiterkolonne. "Sie wollten mich sprechen, Sir?"

"Jemand hat die Indianerin befreit, Captain." Der Colonel musterte ihn lauernd. "Waren Sie das?"

"Wer weiß, Sir."

"Ich habe Ihnen eine eindeutige Frage gestellt", schrie Rooster.

"Und ich habe eine zweideutige Antwort gegeben." Cunningham blieb gelassen. "Sonst noch Fragen, Sir?"

"Ich werde Sie vor ein Kriegsgericht stellen, Captain", zischte Rooster. "Das schwöre ich Ihnen..."

Cunningham ließ sich zurückfallen. Ihm war klar, dass der Zusammenstoß mit Rooster unvermeidlich war.

Das Flusstal, an dessen breitem Ausgang sie gelagert hatten, zog sich lang hin. Nebel kräuselte sich über dem schmalen Fluss und dem sumpfigen Boden. Die Hufe der schweren Armee-Wallache sanken tief ein. Das Gelände stieg leicht an. Das Tal verengte sich langsam.

Cunningham sah den roten Schimmer der Morgensonne auf den Eichenwipfeln in der Bergschneise am Ende des Tales glänzen. Keine hundert Schritte breit war das Tal an dieser Stelle. Etwas an dieser idyllischen Landschaft gefiel ihm nicht. Er trieb sein Pferd an, um noch einmal zu Rooster an die Spitze der Kolonne zu reiten.

Zwei Steinwürfe vor ihm, am Eingang des Tales, lichtete sich der Nebel. Cunningham hielt sein Pferd neben dem Fähnrich, der die Regimentsstandarte trug. Rooster ritt an dessen Seite.

Noch bevor der Captain ein Wort sagen konnte, sah er, wie sich die Lanze mit dem Regimentswimpel nach hinten neigte und dem Fähnrich aus der Hand glitt.

Rooster riss an den Zügeln. Sein Pferd bäumte sich auf. Der Fähnrich machte ein ungläubiges Gesicht und starrte auf den gefiederten Pfeil in seiner Brust. Dann kippte er vom Pferd.

Rooster hob die Hand. "Halt!" Hinter sich hörte Cunningham Metall über Metall scheuern. Die Kavalleristen zogen ihre Säbel. Er spähte nach vorn zum schmalen Eingang des Tales.

Umrisse von Reitern schälten sich aus dem grauen Morgenlicht. Indianer. Dreißig oder mehr. Sie bildeten eine Linie von etwa hundert Schritten. Vollkommen reglos saßen sie auf ihren Pferden. Als hätten sie eine Verabredung mit Rooster und würden seit Stunden geduldig auf ihn warten.

Kein einziger Pfeil flog mehr. Sekundenlang standen sich die Kavallerieschwadronen und die Indianerrotte stumm gegenüber. Aus den Augenwinkeln nahm Cunningham wahr, dass Rooster leichenblass wurde.

"Hören Sie, Sir", brach Cunningham das Schweigen. "Wenn Little Bear auch nur den Schimmer einer Ahnung von Strategie hat, wird er gleich unsere Nachhut und unserer Flanken angreifen. Wir sollten..."

"Erzählen Sie mir nicht, was ich zu tun habe", zischte Rooster. Er riss seinen Säbel aus der Scheide und ritt zur Seite. "Zwanzig Mann zur Attacke!"

Zwanzig Reiter lösten sich aus der vorderen Schwadron und formierten sich zur Angriffsreihe. Cunningham wusste, was jetzt kommen würde. Jedes einzelne Wort des Colonels sah er voraus.

"An die Spitze, Captain!", schrie Rooster. "Sie werden die Abteilung führen! Attacke!"

Keine Zeit, nachzudenken, keine Zeit, die Furcht zu spüren, keine Zeit, Rooster für den unsinnigen Befehl zu verfluchen - Cunningham zog seinen Colt und setzte sich an die Spitze der Abteilung. Der feuchte Boden spritzte unter den Hufen der Wallache auf. In gestrecktem Galopp hielten die Kavalleristen auf die immer noch ruhig abwartetenden Indianer zu.

"Hurra!", schrien die Soldaten rechts und links von Cunningham.

"Gewehr hoch und Feuer!", brüllte er selbst. Er schoss aus seinem Armeecolt auf die indianischen Reiter.

In diesem Moment kam Bewegung in die Indianer. Ihre Kette teilte sich genau in der Mitte. Die eine Hälfte wich nach links aus, die andere nach rechts. Cunningham stieß einen Fluch aus - egal welche Gruppe er attackierte, die andere würde ihm in den Rücken fallen.

Er ließ anhalten und sah sich nach Rooster und den beiden Schwadronen um. Plötzlich erhob sich vielstimmiges Geheul. Schüsse peitschten durch das Tal. Der Waldrand am Fuß beider Berghänge schien in Bewegung zu geraten. Dutzende von Indianerrotten brachen aus dem Wald und griffen die Flanken der Kavalleriekolonne an.

Und gleichzeitig sah Cunningham hinter den Schwadronen eine Angriffswelle vom Ausgang des Tales heranpreschen. Von allen Seiten kamen die Indianer.

Die etwa dreißig Reiter, die sich vor ihm geteilt hatten, galoppierten in zwei Angriffskeilen auf die Spitze der kleinen Armee zu, wo Rooster mit dem Säbel herumfuchtelte und Befehle herausschrie. Die beiden Reitergruppen schienen sich nicht weiter um Cunninghams Abteilung zu kümmern.

"Zurück zu Rooster!" Cunningham riss sein Pferd herum.

"Achtung, Captain!", schrie einer seiner Leute. "Wir werden angegriffen!" Cunningham blickte hinter sich - vom Eingang des Tales galoppierte eine weitere Rotte von mindestens vierzig Indianern heran. Gewehrschüsse näherten sich, Kugeln zischten über seinen Kopf, rechts und links von ihm rissen seine Kavalleristen die Arme hoch und stürzten vom Pferd.

"Absitzen! Verteidigungsformation!" Sie sprangen vom Pferd. Acht Soldaten gingen in die Knie und legte die Gewehrkolben an die Schultern. Neun stellten sich hinter ihnen auf und legten ebenfalls ihre siebenschüssigen .50er Spencer-Gewehre an. Drei lagen bereits tot oder verwundet im feuchten Gras.

"Ruhig Blut, Jungs!", rief Cunningham. "Wartet, bis sie nah genug heran sind!"

Die Indianer preschten heran. Einige schossen aus Gewehren, einige schwangen Streitäxte, andere trugen Speere und Lederschilde. Die Silhouette roter Falken war auf den Schilden abgebildet.

Cunningham konnte ihre Gesichter erkennen - schwarz-rot gefärbt. Er sah den Falken auf ihren nackten Brustkörben, er sah Adlerfeder und Skalps an ihrer gekrümmten Standarte. Ein Eiszapfen schien sich in sein Hirn zu bohren: Es waren Sioux! Siouxkrieger des Stammes, dessen Frauen und Kinder Rooster überfallen hatte.

"Little Bear hat sich mit den Sioux verbündet!", brüllte einer der Kavalleristen.

"Kämpft um eure Haut!", schrie Cunningham. "Feuer!" Die Gewehre krachten, und ein halbes Dutzend Indianer stürzen von den Pferden. Der dritte Feuerstoß dezimierte die Angriffswelle um fast die Hälfte. Aber auch weitere sieben von Cunninghams Männern lagen reglos oder stöhnend im Gras.

Schließlich waren die Angreifer über ihnen. Sie kämpften mit leidenschaftlichem Hass. Die Männer um Cunningham gingen einer nach dem anderen von Speeren und Äxten getroffen zu Boden.

Zu viert mussten sie sich schließlich mit Gewehrkolben, Säbeln und Fäusten einer dreifachen Übermacht erwehren.

Cunningham hatte schon mit dem Leben abgeschlossen. Doch dann sah er, wie eine Kavallerieabteilung sich aus dem Schlachtchaos zwischen den Waldrändern löste, an ihrer Spitze McAuley.

Mit zwanzig Reitern gelang es dem alten Haudegen, die Umzingelung der Cheyenne zu durchbrechen. Die Kavalleristen schlugen Cunningham und sein dezimiertes Häuflein aus der tödlichen Umklammerung.

Vom Eingang des Tales her wogten neue Angriffswellen heran. Wieder die rachedurstigen Sioux!

"Das hat Reddog uns eingebrockt!", schrie McAuley. Unsicher sahen die Männer sich um.

Nach allen Seiten flohen die Kavalleristen. Von einer organisierten Verteidigung konnte keine Rede mehr sein. Flussufer und Tal waren mit Leibern in blauen Uniformen übersät.

"Es ist vorbei", sagte Cunningham tonlos. "Retten wir uns..."

Seite an Seite preschten er und McAuley auf den Wald zu. Dort wurden sie von Lanzen und Kriegsäxte schwingenden Cheyenne angegriffen. Etwas traf Cunningham hart im Nacken. Dunkelheit schwappte in sein Hirn und riss sein Bewusstsein ins Nichts...

15

Kleiner Bär ritt an der Spitze seiner Krieger ins Lager ein. Die Alten, Kinder und Frauen jubelten ihm zu. Dank seiner Kriegslist hatten sie die Blauröcke vernichtend geschlagen.

Umringt von den Ältesten des Stammes stand er später vor seinem Zelt. Mit vor der Brust verschränkten Armen beobachtete er, wie seine Männer die Kriegsbeute ins Lager brachten: zwei Wagen voller Kartoffeln und Mehl, eine kleine Rinderherde, Waffen und Munition.

Auch ein halbes Dutzend Gefangene schleppten die Krieger ins Lager. Einige torkelten gefesselt neben den Pferden her, andere hingen bewusstlos oder verwundet über den Pferderücken.

Kleiner Bär ließ sie rings um den Totempfahl im Gras lagern. Seine Krieger banden die Gefangenen aneinander.

Verhüllt mit seiner Bisonmaske, betrat Zorniger Büffel den Platz zwischen Häuptlingstipi und Totempfahl. Er entzündete eine Pfeife. Krieger mit Trommeln hockten sich in einem weiten Kreis um den Schamanen und den Totempfahl. Bald dröhnte der wilde Rhythmus der Trommeln weit über die Berghänge und verkündete den Sieg der Cheyenne und der Sioux über den Roten Hund und seine Soldaten.

Zorniger Büffel blies den Rauch auf die Erde, in den Himmel der Sonne entgegen und an seinen in Büffelfell gehüllten Körper. Danach schritt er die Reihen der Krieger ab und blies auch sie an. Mit geschlossenen Augen und zum Himmel gereckten Handflächen nahmen die Cheyenne die rituelle Berührung der Geister der Erde und der Sonne entgegen.

Anschließend wurden drei der erbeuteten Rinder geschlachtet und ein großes Feuer entfacht. Eine lange Nacht begann...