Heiße Colts und wilde Girls: Alfred Bekker präsentiert 8 Western

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8

Drei Tage lang trabten Shakopee und Cunningham mit ihrem Spähtrupp an den Ausläufern der Rockys durch das Büffelgras. Keine Spur von Indianern.

Am Morgen des vierten Tages erreichten sie die Grenze des von den Crow bezeichneten Gebietes. Cunningham und Shakopee orientierten sich noch einmal an der Kartenskizze, die sie angefertigt hatten. Dann lenkten sie ihre Pferde in westliche Richtung. Der Wald wurde dichter, die Berghänge schroffer - es ging in die Rockys hinein.

Cunningham ritt neben Shakopee.

"Könnte es sein, dass wir beide noch eine Rechnung offen haben?", fragte Cunningham plötzlich.

Überrascht sah ihn der Sergeant an. "Was soll das, Dave? Du musst schon ein bisschen konkreter werden. Wovon sprichst du?"

"Ich spreche von dem Abend vor dem Abmarsch. Der Colonel wusste, dass ich mich in Normas Zimmer mit seiner Frau getroffen habe."

"Herzlichen Glückwunsch", stöhnte Shakopee. "Und nun glaubst du, ich hätte dich bei ihm angeschwärzt?"

"Der Gedanke geht mir im Kopf 'rum, so ist es."

"Du liegst falsch, Dave, glaub mir, du liegst vollkommen falsch."

Sie lenkten die Pferde einen Hang hinauf. Das Laubdach der Eichen wurde so dicht, dass die Strahlen der Mittagssonne kaum einen Weg hindurch fanden. Es wurde dämmrig.

"Niemand außer dir wusste, dass Helena Rooster und ich an diesem Abend..."

"Denk mal nach, Dave", unterbrach ihn Shakopee. "Vier Leute wussten es: du, ich, die Schwarze und Roosters Frau."

"Willst du damit sagen, dass Norma geplaudert hat?"

"Die würde sich eher die Zunge abbeißen", sagte Shakopee. "Ist dir nicht aufgefallen, dass Roosters Frau sich nicht vor dem Haus blicken ließ, um ihren Gatten zu verabschieden?" Er musterte seinen Captain von der Seite.

Cunningham blickte geradeaus in den Wald hinein. "Ich höre, Shakopee, sprich weiter."

"Ich hab' sie gesehen, als ich Rooster weckte. Ihre Augen waren nicht nur verweint, sondern zugeschwollen und blau."

"Er hat sie geschlagen?"

"Ich hab' sie in der Nacht schreien hören." Shakopee stieß ein bitteres Lachen aus. "Beide. Rooster vor Wut und seine Frau vor Angst. Ich nehme an, er hat seit langem den Verdacht, dass sie fremdgeht. Und sie wird nicht so dumm gewesen sein, ihm gleich ein Dutzend Namen zu nennen."

"Und jetzt muss ich für alle bezahlen, die sie gevögelt haben."

"Bezahlen?"

"Er will sich nach der Expedition mit mir duellieren."

"Das wird er nicht tun. Washington gibt niemandem das Kommando über ein Regiment, der sich duelliert. Aber sei vorsichtig, Dave. Reddog wird andere Wege finden, sich an dir zu rächen."

Schweigend ritten sie weiter. Die Stunden vergingen, das Waldgelände stieg an. Shakopee ließ sich immer weiter zurückfallen.

"Reitet weiter!", rief er, als sie die Bergkuppe erreichten. Ein Fels ragte aus den Bäumen. "Ich muss was erledigen, was man nur allein erledigen kann." Die Männer grinsten.

Shakopee stieg vom Pferd. Er wartete, bis Cunningham und die anderen drei zwischen den Bäumen verschwunden waren. Dann kletterte er auf den Felsen. Oben angekommen, konnte er über das Laubdach des Waldes blicken. In allen Himmelsrichtungen ragten Bergkuppen aus dem Wald.

Er zog einen Spiegel aus der Tasche, fing die Sonne ein und sandte Blinkzeichen zu den Bergkuppen. Nach zwei, drei Minuten kam endlich die verabredete Antwort aus einem etwa vier Meilen entfernten Hang im Nordwesten. Gezielt schickte Shakopee eine Nachricht aus Blinksignalen hinüber.

9

McAuley hatte zwei Männer bei den Pferden zurückgelassen. Zu dritt schlichen sie durch das Unterholz. Sie waren auf Spuren von Indianern getroffen. Es war zu gefährlich, die Suche nach dem Cheyennelager zu Pferd fortzusetzen. Die großen Kavallerie-Wallache veranstalteten zu viel Lärm in dem dichten Wald.

Gegen Abend des vierten Tages arbeiteten sie sich von einer Bergkuppe hangabwärts auf ein Flüßchen zu. Von der Bergkuppe aus hatten sie in dieser Richtung die Rauchwolken eines kleinen Feuers gesichtet.

McAuley stutzte, als sich Stimmen in das Rauschen des Flusses mischte.

"Habt ihr das gehört?", flüsterte er. Seine beiden Begleiter nickten. Behutsam schlichen sie an die Böschung heran. McAuley schob sich bäuchlings unter den dichten Uferbewuchs. So weit, bis er endlich freie Sicht auf den Fluss hatte.

"Wer sagt's denn...?", seufzte er zufrieden.

Er zählte fünf Indianer. Zwei Halbwüchsige standen auf großen Steinen mitten in dem etwa zwanzig Schritte breiten Fluss und zielten mit Speeren auf das Wasser. Etwas abseits hockte ein Pärchen im dichten Ufergebüsch. Und schließlich sah McAuley eine junge Frau, die sich eben vom Rücken ihres Pferdes gleiten ließ.

"Lauter Jungvolk", flüsterte er. "Da kann das Lager nicht weit sein."

"Cheyenne?" Der Kopf einer seiner Begleiter tauchte neben ihm auf. Ein junger Bursche aus Louisiana; Charly nannten sie ihn. Der alte Späher hatte ihm im Fort ein paar Pokerkniffe gezeigt, seitdem wich der Bursche nicht mehr von seiner Seite.

"Das werden wir gleich haben." McAuley fummelte das Fernrohr aus seiner abgewetzten Ledertasche und zog es auseinander. Die Jungen im Fluss waren bis auf Lendenschurze nackt, aber die Frau am Flussufer trug ein langes Kleid. Saum und Brustschnürung waren mit bunten Stickereien gebordet.

Das farbenprächtige Muster erinnerte McAuley an die Art und Weise, wie Cheyenne ihre Kleidung schmückten. Auch das breite Stirnband um ihr blauschwarzes Haar sah nach Cheyennearbeit aus.

"Verdammt hübsches Mädchen", murmelte McAuley.

"Cheyenne?", bohrte Charly.

"Wart's ab, Bursche." Die Decken auf den Rücken der drei kleinen Pferde räumten McAuleys letzte Zweifel aus - Büffel und Adler. Derartige Tiermotive hatte er bei Cheyenne schon oft gesehen.

"Yeah - das scheinen Cheyenne zu sein." Er ließ das Fernrohr über die Uferböschung wandern und fing das Pärchen ein.

"Famos, famos", murmelte McAuley. Der Mann griff dem Mädchen unter das Kleid. Sie versuchte sich ihm zu entwinden, aber ihre Miene drückte tiefes Wohlgefallen aus - sie lachte.

McAuley umfasste das Fernrohr mit beiden Händen und stützte sich auf die Ellenbogen auf.

"Bei allen Heiligen", flüsterte er. "So etwas bekommt der gute Lesley nicht alle Tage zu sehen."

Im Schutz des dichten und hohen Ufergebüsches fühlte das Pärchen sich unbeobachtet. Die Hände unter dem Kleid des Mädchens, zog der junge Indianer es an sich heran. Er biss ihr in den Nacken und richtete sich über ihr auf. Mit einer raschen Bewegung zog er ihr das Kleid über den Kopf.

"Famos", seufzte McAuley leise. "Siehst du diese herrlichen Titten?"

Charly neben ihm sperrte Mund und Augen auf. Er schob sich weit aus dem Gebüsch. McAuley legte ihm die flache Hand auf die Stirn und schob ihn zurück in die Deckung. "Bist du von allen guten Geistern verlassen, Junge? Reiß dich gefälligst zusammen!"

"Was gibt's da vorn zu sehen?" Die Stimme des dritten Mannes drang aus dem Gebüsch hinter McAuley und Charly. Samuel Murphy hieß er, ein altgedienter Kavallerist aus Washington.

McAuley wusste, dass er einer Methodistenkirche angehörte. Der fromme Mann trank nicht mal einen Whisky, ohne zuvor seine Hände zu falten. Das Naturschauspiel am anderen Flussufer würde den Methodisten komplett überfordern, entschied McAuley.

"Nichts, Sam, gar nichts." McAuley setzte wieder das Fernrohr ans Auge. "Ein bisschen Wasser, ein paar Indianerkinder, sonst nichts."

Der junge Cheyenne kniete nun hinter dem nackten Mädchen. Von hinten hatten seine Hände ihre Brüste umfasst. Mit kreisenden Bewegungen massierte er sie. Das Mädchen schmiegte ihren Rücken an seinen nackten Oberkörper und legte seinen zurückgebogenen Kopf auf ihre Schulter. Der Mann küsste ihr den Hals. McAuley sah ihre geschlossenen Augen, ihren weit aufgerissenen Mund.

"Famos", grunzte er, "ganz und gar famos." Er hörte, wie Charlys Atem neben ihm in ein Keuchen überging.

"Cheyenne?", erklang wieder Sams Stimme hinter ihnen im Gebüsch. McAuley brummte zustimmend.

"Was machen sie?"

"Sie spielen, Sammy, sie spielen."

"Und was gibt dann so lange zu glotzen?"

"Gar nichts, Sammy, ich peil' nur die Lage."

Jetzt drückte der Indianer den Oberkörper seiner Partnerin nach vorn. Sie stützte sich auf ihre Handflächen, senkte den Kopf, und ihr langes schwarzes Haar fiel zwischen ihre Hände ins Gras. Ihre schmale Taille bog sich durch; sie hob ihr Hinterteil und bot es dem Cheyennekrieger dar.

McAuley schluckte; seine Hände am Fernrohr wurden feucht. Neben sich hörte er Charly verblüffte Laute von sich geben.

"Erzähl mir nicht, wie man ein Ei aufschlägt, Les", zischte Samuel Murphy aus dem Gebüsch. "Ich will jetzt wissen, was es da zu glotzen gibt!"

"Man hat nicht alle Tage Gelegenheit, spielenden Indianerkindern zuzusehen, Sammy. Und jetzt gib endlich Ruhe! Das ist ein Befehl!"

Der Indianer fasste ihre Hüftknochen und zog ihr Gesäß in seinen Schoß. Bis herüber in ihr Versteck hörten die Männer das laute Stöhnen des Paares. Die beiden Körper zuckten aneinander.

"Was zum Teufel war das?" Es raschelte im Gebüsch hinter McAuley.

"Die machen's ja wie die Rinder im Stall meines Vaters...", krächzte Charly. "Ich dachte immer, die Frau liegt auf dem Rücken, und der Mann..."

"So machen's die Anfänger, du Hohlkopf", blaffte McAuley. "Und Leute wie Sammy. Wer mal Blut geschmeckt hat, lässt sich alles Mögliche einfallen..."

 

"Wie die Rinder? Auf dem Rücken? Anfänger?" Murphy schob sich durch das Gebüsch. "Leute wie ich? Jetzt will ich aber wissen, was ihr beide da..."

Er tauchte neben seinem Captain auf. Aus weit aufgerissenen Augen starrte er hinüber zum anderen Flussufer. Sein glattrasierter Unterkiefer sank ihm bis auf den obersten Uniformknopf. "Lieber Heiland, bewahre mich..."

McAuley sah noch, wie die Beckenbewegungen des Indianers immer heftiger, immer schneller wurden, dann riss ihm Charly das Fernglas aus der Hand. Bevor McAuley es sich wieder schnappen konnte, entwischte der junge Kavallerist ins Gebüsch.

Murphy, neben ihm, bedeckte sein Gesicht mit seinen gefalteten Händen. Zwischen den Fingern linste er hinüber zu dem Liebespaar. Gleichzeitig murmelte er ein Vaterunser.

Der Indianer riss das Gesäß des Mädchens hoch. Beide schrien laut. Dann sanken sie übereinander ins Gras.

"Famos", murmelte McAuley. "Ganz und gar famos..."

Links neben ihm wiederholte Samuel Murphys Flüsterstimme das Vaterunser. Rechts neben ihm, irgendwo im Gebüsch, erklang rhythmisches Rascheln und unterdrücktes Stöhnen des jungen Texaners.

"Reißt euch zusammen, verflucht noch mal...", zischte McAuley. Er versuchte streng zu klingen, musste aber grinsen.

Die beiden fischenden Indianerjungen auf den Steinen in der Mitte des Flusses kicherten und deuteten in die Richtung der Böschung, wo das erschöpfte Liebespaar lag. Natürlich hatten auch sie seine Schreie gehört.

Eine halbe Stunde lang noch beobachteten die drei Kavalleristen die jungen Indianer. Das Liebespaar zog sich an und kroch die Böschung hinauf. Die beiden Halbwüchsigen spießten ein paar Fische auf. Je zu zwei auf einem Pferd ritten die vier in den Wald hinein. Nur die junge Frau blieb zurück.

Als die anderen zwischen den Bäumen verschwunden waren und sie sich unbeobachtet wähnte, zog sie ihr Kleid über den Kopf. Nackt stieg sie ins Wasser und begann sich zu waschen.

"Die holen wir uns", flüsterte McAuley.

"Reddog hat nichts dergleichen befohlen", zeterte Murphy.

"Er hätte es befohlen, wenn er diese Gelegenheit vorausgesehen hätte", widersprach McAuley. "Eine Geisel ist Gold wert. Sie wird uns den Weg zu ihrem Stamm zeigen." Er legte Weste, Hose und Hemd ab, steckte sich ein Messer zwischen die Zähne und glitt ins Wasser. Lautlos wie ein Alligator.

Das Mädchen entdeckte ihn erst, als er schon fünf Schritte vor ihr war. Sie schrie laut und sprang leichtfüßig aus dem Fluss. Am Ufer machte sie den Fehler, in ihr Kleid zu schlüpfen, statt sich nackt auf ihr Pferd zu schwingen.

Die beiden Kavalleristen beobachteten mit angehaltenem Atem, wie McAuley sich auf sie warf. Sie zappelte, als er seine Hand auf ihren Mund presste und ihr das Messer an die Kehle setzte.

Er schleppte die Frau über den Fluss. Charly und Sammy packten sie und zogen sie ans Ufer. Sie fesselten und knebelten sie. Dann zogen sie ihre menschliche Beute hinter sich her in den dichten Wald hinein.

10

Die Nacht fiel wie ein schwarzes Tuch über die Berghänge. Feuchter Dunst stieg aus dem Waldboden. Ein Uhu rief aus einer der dicht an dicht stehenden Eichen. Ein fliehendes Tier huschte raschelnd durch das Unterholz.

Zwölf Schatten glitten lautlos von Baumstamm zu Baumstamm. Ein dreizehnter bewegte sich ohne Deckung durch die Eichen den Berghang hinauf. Im Mondlicht glitzerte der Beschlag seines Gewehrkolbens. Fransen wehten an Armen und Beinen seiner Lederkleidung. Seine grauen Zöpfe baumelten bei jedem Schritt über seine Brust.

Hin und wieder blieb er stehen und sah hinauf zu den schwarzen Umrissen des schroffen Felsens über ihm. Dorthin wollte er. Ungefähr dort hatte er zwei Stunden vor Sonnenuntergang vom gegenüberliegenden Hang aus das Lichtsignal gesehen.

Er bewegte sich scheinbar mühelos durch die Dunkelheit den steilen Berghang hinauf. Wie ein junger, abgehärteter Mann. Dabei war er weit über sechzig Jahre alt.

Wie alt genau, wusste er selbst nicht. Die vielen Winter im Wald und die unzähligen Sommer bei den Indianern hatten ihm jeden Begriff von verstreichender Zeit verblassen lassen. Er konnte nicht einmal mehr erklären, warum er sie in seinen frühen Jahren nach Monaten und Jahren gemessen hatte.

Am Fuß des Felsens, vor einer Höhle, ließ der alte Mann, den die Cheyenne den Bergfuchs nannten, sich auf einem Stein nieder. Er spähte durch die Dunkelheit den Hang hinunter. Keine Bewegung zwischen den Konturen der Eichenstämme verriet die Nähe seiner zwölf Begleiter.

Er wartete.

Irgendwann ertönte von fern der Ruf eines Waldkauzes. Der Alte formte die Hände zu einem Trichter und erwiderte den Ruf. Lange Zeit lauschte er in die Stille des Bergwaldes. Die Kälte kroch in seinen Körper. Er spürte es nicht.

Dann wieder der Ruf des Kauzes. Näher diesmal, viel näher. Noch einmal ahmte auch er den langgezogenen, klagenden Laut nach.

Über ihm kullerte ein Stein ins Unterholz. Er drehte sich um und spähte in den Felshang hinein. Ein Schatten löste sich aus den schroffen Konturen.

Der Bergfuchs stand auf und ging dem Schatten entgegen. Im spärlichen Mondlicht, das hier oben am Felsen den Weg durch das Laubdach fand, leuchteten gelbe Knöpfe an einer Jacke auf. Eine Uniformjacke! Es war der Mann, auf den der Bergfuchs gewartet hatte.

Sie fielen sich in die Arme.

"Mein Sohn", seufzte der Alte. "Nach so vielen Jahren..."

Der andere löste sich aus der Umarmung, zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Uniformtasche und reichte es dem Alten. Tuschelnd wechselten sie ein paar Worte. Dann eine kurze Umarmung, und der Mann in der Uniformjacke verschwand wieder im Schatten des Felsens.

Der Bergfuchs stieg den Hang hinab. Nach und nach lösten sich zwölf Schatten von den Eichenstämmen und schlossen sich ihm an...

11

Roosters Augen sprühten Hass. Er stand etwa zwanzig Schritte von Cunningham entfernt. Seine Rechte schwebte über dem Kolben seines Armeecolts.

Cunningham wusste nicht, wo sie sich befanden. Innerhalb der Palisaden von Fort Laramie? Irgendwo in der Prärie? Oder vor dem Cheyennelager, in dem er aufgewachsen war?

Einige Offiziere hockten etwas abseits im Gras. Sie grinsten zu Cunningham herüber. Weit hinter ihnen waren Indianer mit Kriegsbemalung und prächtigem Kopfschmuck. Cheyenne.

Cunningham versuchte dem stechenden Blick des Colonels standzuhalten. Er fühlte sich unendlich matt. Und jetzt erst entdeckte er die Frau zwischen sich und seinem Vorgesetzten. Helena Rooster. Vollkommen nackt räkelte sie sich im Gras und spreizte ihm die Beine entgegen.

"Zieh, Cunningham!", rief der Colonel.

Cunningham griff nach seinem Revolver. Er spürte den Griff der Waffe unter einem Stoffknäuel. Kaltes Entsetzen kroch ihm das Brustbein hinauf. Er sah an seiner rechten Seite hinunter: Der graue Stoff von Helenas Kleid war um seine Waffe geknotet. Der rüschenbesetzte Saum schlang sich um sein rechtes Bein.

"Zieh endlich, Cunningham!" Die Stimme des Colonels überschlug sich. Die nackte Frau im Gras stöhnte laut. Cunningham versuchte den Stoff von seiner Waffe zu lösen. Er war wie mit ihr verwachsen.

Er wollte den Knoten entwirren, zerrte am verschlungenen Rüschensaum - und zog die Fessel nur noch fester um sein Bein und seine Hüfte zusammen.

Die Waffe war so nah und doch so unerreichbar! Schließlich riss er so heftig an dem Kleid, dass sein Revolver aus dem Halfter rutschte und ins Gras fiel.

Aus den Augenwinkeln sah er den Armeecolt in Roosters Hand. Er spuckte eine Kugel nach der anderen aus...

Cunningham fuhr aus dem Schlaf hoch. Er schnappte nach Luft. Panik presste seine Brust zusammen. Er wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn.

Links und rechts von ihm schnarchten seine Leute. Einer fehlte. Cunningham tastete nach der Decke neben sich. Shakopee Lager. Es war leer. Aber es fühlte sich warm an.

Er stand auf und trat zwischen die Bäume. Tief atmete er durch. Die kühle Waldluft strömte in seine Lungen.

Reglos lauschte er in die Dunkelheit. Minuten später knackte ein Ast. Vielleicht einen Steinwurf weit entfernt. Dann ein leises Rascheln. Und schließlich tauchte die Gestalt eines Mannes zwischen den Baumstämmen auf. Shakopee.

"Wo warst du?"

"Pinkeln", sagte der Sergeant gleichgültig. Zu gleichgültig, fand Cunningham.

"Warum so weit vom Schlafplatz entfernt?"

"Ich konnte nicht schlafen und wollte mich ein wenig umhören." Shakopee schob sich an Cunningham vorbei. "Aber es scheint alles ruhig zu sein."

Cunningham musste sich zufriedengeben. Sie wickelten sich in ihre Decken. Bald hörte er die ruhigen Atemzüge des Halbbluts neben sich. Cunningham selbst fand keinen Schlaf mehr. Der Traum steckte ihm in den Knochen.

Es war noch stockdunkel, als er seine Leute weckte.

Im Morgengrauen ritten sie auf eine Lichtung. Unter ihnen, im Tal zwischen den Bäumen, schälten sich verwaschene helle Flecken aus dem aufsteigenden Morgendunst. Tipis.

"Ich glaub's nicht!", sagte einer der Männer. "Wir haben sie gefunden!"

Jemand schlug Cunningham auf die Schulter. "Das Cheyennelager, wir haben es gefunden!" Die drei Männer freuten sich wie kleine Jungs, denen man echte Gewehre statt Holzprügel mit Abzugsbügeln zum Geburtstag geschenkt hatte.

Cunningham und Shakopee aber sahen schweigend auf die aus dem Nebel ragenden Tipispitzen herab.

Cunningham verwünschte den Tag, an dem er sich freiwillig bei der US-Kavallerie gemeldet hatte.

Sie banden die Pferde an Bäume und pirschten sich näher an das Lager heran. Nirgends waren Wachen zu entdecken. Keine Menschenseele zwischen den Tipis. Erst als die Sonne den Nebel verjagt hatte, krochen ein paar alte Frauen ins Freie und schlurften mit Lederschläuchen zum Fluss hinunter.

Cunninghams Spähtrupp zog sich zurück.

"Morgen läuft unsere Frist ab", sagte Shakopee, als sie wieder auf den Pferderücken saßen. "Sehen wir zu, dass wir pünktlich bei der Truppe eintreffen und dem Colonel Bericht erstatten."

Cunningham nickte. Sein Instinkt sagte ihm, dass irgend etwas nicht stimmte. Sein Verstand wollte nicht wissen, was es war...